Copyright by Jan-Geert Lukner
Leider waren die Kinder schon furchtbar früh wach, so dass sie mich eine Stunde lang interessiert anstarren konnten. Ich weiß schon, warum ich normalerweise die oberen Liegen buche; diesmal hatte es nur für unten gereicht.
In Vännäs bekam die Lok des Zuges nach Umeå keinen Saft und versperrte mitsamt ihres Zuges die Ausfahrstraße für uns. Dieses Problem war aber nach 48 Minuten dann doch behoben.
Der einzige Zug des Tages ist in Lycksele angekommen. In Richtung Storuman geht es nur noch mit der Gummieisenbahn weiter. |
Wäre ich zwei Monate früher hier her gekommen, hätte ich nun irgendwo an dieser landschaftlich sehr reizvollen Strecke aussteigen, den sofort von Lycksele nach Hällnäs zurückkehrenden VT fotografieren und mit dem sofort von Hällnäs über Lycksele nach Storuman an der Inlandsbahn aufbrechenden Zug weiter fahren können. Was für ein Ärger, als ich im Sommerkursbuch feststellen musste, dass der Abschnitt Lycksele - Storuman stillgelegt worden war und der Abschnitt bis Lycksele nur noch von einem einzelnen Zugpaar bedient wurde. Mehr als ein reines Abfahren der Strecke bis Lycksele, die kurze Zeit später ebenfalls den Personenverkehr verlor, war nun nicht drin. Immerhin durfte ich neben dem Fahrer sitzen und an einer Zwischenstation auch mal ein Foto machen. Die Strecke schlängelte sich hoch oben auf einer Hügelkette von See zu See und bot weite Ausblicke über die einsamen Waldlandschaften. Wunderschön. Und ich bekam meinen bisher einzigen leibhaftigen Elch zu sehen, der nur unwillig dem Zug Platz machte.
Immerhin wurde in diesem "Länstraffiken"-Bus mein Ticket anerkannt, was natürlich daran liegen konnte, dass es niemand sehen wollte...
Im Postamt von Storuman wurde ich dann erstmalig über den ordnungsgemäßen Gebrauch der blauen "A-Post"-Aufkleber aufgeklärt. Wer weiß, mit welchem Bananendampfer meine bisherigen Postkarten nach Deutschland gelangten.
An der Südeinfahrt des Bahnhofs fotografierte ich bei tristem Wetter die Ankunft des VTs aus Östersund, der mich 30 Min warten ließ. Interessanterweise fuhr danach ein weiterer Zug ein, der aus einer alten SJ-Diesellok und einer endlosen Reihe von Schlafwagen bestand. Ein Eisenbahner meinte, dass es sich um einen Bauzug nach Avavika handeln würde; merkwürdigerweise schienen die Bauleute gleich ihre ganzen Familien mitgebracht zu haben. In den Wagen saßen Frauen und eigenartig viele Behinderte. Merkwürdiger Zug...
Mit dem nordwärts fahrenden VT fuhr ich jetzt meinem Zug nach Östersund ein Stück entgegen.
Der Haltepunkt Sandsele bestand nur aus einem Mini-Holzbahnsteig. Ansonsten gab es hier so ziemlich gar nix.
Die Fahrt verlief ohne nennenswerte Höhepunkte. An den Stationen gab es immer mal Gelegenheit zu Fotos, was aufgrund des trüben Wetters aber nicht so der Hit war. Zwei Frauen in Landestracht schoben eine Minibar durch den Zug, was bei einer Aneinanderreihung von einteiligen VTs bedeutete, dass immer mal angehalten werden musste, damit sie den Wagen wechseln konnten. Ausgerechnet auf dem langen Seedamm zwischen Dorotea und Hoting wuchteten sie mal wieder den Trillevogn von Wagen zu Wagen. Wäre bei Wetter ein herrliches Motiv gewesen.
Dieser 12 Wagen lange Zug verfügte sage und schreibe über einen ganzen Sitzwagen! Ich war froh, nicht bis Göteborg mit diesem Zug fahren zu müssen.
Die Fahrt war ganz angenehm. Zwar kamen um ca 0.30 Uhr noch irgendwelche Italiener mit ihrem angeborenen Temperament ins Liegewagen-Abteil, doch danach konnte ich durchschlafen, bis die ersten Abteilinsassen so um 6 Uhr ans Aussteigen denken mussten.
Nun war ich in Norrbotten, dem nördlichsten Län Schwedens angelangt. Noch bestand die Gelegenheit, mit einem Fiat-VT der Länstraffikken i Norrbotten die einzige grenzüberschreitende Bahnstrecke nach Finnland zu bereisen. Ein Jahr später wurde auch hier der Personenverkehr eingestellt. Erst 2000 nahm die norrländische Togkompaniet einen stark saisonierten Personenverkehr auf dieser Strecke wieder auf, allerdings nur bis Haparanda.
Geduldig wartet die Fahrdienstleiterin von Niemisel, bis ein verrückter deutscher Tourist ein Foto vom VT gemacht hat. Erst als alles im Kasten ist, gibt es mit dem Befehlsstab "Fahrt frei". |
Ich durfte mal wieder neben dem Fahrer sitzen und an vielen Stationen fotografieren: Niemisel, Avafors, Morjärv, Lappträsk und Karungi. Das ging teils sogar mit Sonne ab. Der mitten im Wald gelegene Bahnhof Niemisel war sogar örtlich besetzt! Brav wartete die Fahrdienstleiterin, bis ich fotografiert hatte, bevor sie dem VT mit der grünen Kelle "Ausfahrt frei" signalisierte. Wie würde sie sich wohl die Stunden bis zum nächsten Zug vertreiben??? Dem "Örtlichen" von Morjärv sah man gleich an, dass der Personenverkehr nur so nebenbei abläuft. Er war mit einer Rangierer-Kluft bekleidet. In Morjärv trennen sich die Wege der Güterzüge nach Haparanda und in die Hafenstadt Kalix.
Am Bahnhof von Tornio nahm mich Arne in Empfang, der gestern direkt hierher gekommen war. Wir brachten mein Gepäck in die Jugendherberge und spazierten dann ins schwedische Haparanda hinüber. Das finnische Tornio und das schwedische Haparanda bilden mehr oder weniger eine Stadt, durch die der breite Strom des Tornionjoki / Torneälven fließt und durch die die Zeitgrenze zwischen MEZ und OEZ führt. Von der Landesgrenze merkte man schon 1992 kaum etwas. Es gibt hier sogar einen Golfplatz, wo man die Bälle in möglichst wenigen Schlägen von einem Land in das andere befördern muss.
In Haparanda gab es erstmal leckere Puddingteilchen mit Himbeersirup. Dann noch paar Reservierungen für die Rückreise besorgt und einen finnischen Breitspur-Güterzug in Haparanda fotografiert. Die Breitspurgleise führen hier direkt über den Bahnhofsvorplatz. Die Strecke Haparanda - Tornio mit ihren zwei langen Brücken über die Arme des Tornionjoki ist als Vierschienengleis ausgelegt. Als wir alle Besorgungen erledigt hatten, liefen wir zur Brücke über den Hauptarm des Torneälven, wo es ein ausgesprochen nettes Motiv mit Brücke und Kirche gab. Das Wetter war sehr schön geworden und so standen Streckenaufnahmen von den als "Amanda I - III" bezeichneten VTs auf der Brücke nichts im Wege. Da die VTs gleich nach Ankunft in Tornio nach Haparanda zurück kehrten und erst kurz vor Abfahrt ab Tornio dorthin zurück fuhren, war die Zugfolge gerade auf dem grenzüberschreitenden Stück recht ordentlich (na ja, 4 Paare statt 2, aber gerade mittags fuhren vier Züge dicht hintereinander über die Brücken).
Dann noch-mehr-Puddingteilchen-essenderweise zurück nach Finnland gelaufen und in der JH eine Pizza in den Ofen geschoben.
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Im Prinzip reisten Arne und ich nun um einen Tag zeitversetzt. Er fuhr heute schon mal nach Rovaniemi weiter, während ich mir ein Fahrrad auslieh und morgens in den Stadtteil Kiviranta fuhr, um den Zug nach Kolari zu fotografieren. Dieser nur mittwochs und samstags verkehrende Zug nutzt eine Verbindungskurve, über die die Strecke Kemi - Kolari an Tornio vorbei führt. In diesem Gleisdreieck liegt der Haltepunkt Tornio-Pohjoinen (-Nord), der mir als Kulisse für den Zug Helsinki - Kolari diente. Die vier Schlaf-, Sitz-, Speise- und Packwagen sowie die zwei Autotransportwagen passten nicht so ganz an den ca 20m langen Holzbahnsteig... Der Lokführer schaffte es aber, den Sitzwagen genau am Bahnsteig zum Stillstand zu bringen. Zu meinem Erstaunen stiegen zwei Leute ein, niemand jedoch aus. Ein Jahr später sollte dann auch ich hier in den Zug steigen, um festzustellen, dass für Kolari der Begriff "Kaff" noch geschmeichelt wäre (siehe Reisebericht "Skandinavien 1993").
Nach diesem Fototermin ging es durch die nun allmählich aufwachende Stadt zurück in die JH zum Frühstückstermin. Sogar für ein kleines Verdauungsschläfchen war noch Zeit, bis ich um ca 10 Uhr zur Tornionjoki-Brücke aufbrechen musste. Diesmal sollte es ein Foto von der finnischen Seite aus sein. Während ich vierzig Minuten lang auf den verspäteten "Amanda"-VT wartete, konnte ich das akustische Klangerlebnis eines Kantenschneiders, mit dem der Friedhofsgärtner beschäftigt war, genießen.
Die Rückfahrt des VT passte ich dann an der Kirkkopudas-Brücke ab (Brücke über den "Kircharm" des Tornionjoki). Wäre ich danach nicht sofort wieder aufs Rad gestiegen, hätte ich hier auch noch einen Güterzug fotografieren können... Nun mit dem Rad auf die andere Flussseite "rübergemacht" und nach Schweden eingereist. Es ging über einen schönen Radweg zur interessanten Wohnsiedlung "Marielund". Die Radwege der "Provincia Bottnica", wie sich die Zwillingsstädte nennen, sind schön breit und gut zu befahren. Weniger gefiel mir die Siedlung Marielund. Zwar ist sie durch geniale Anlage von Stichstraßenringen frei von jeglichem Durchgangsverkehr, doch waren die Häuser derartig dicht nebeneinander gebaut, dass nicht viel Platz für Grün zwischen den Häusern übrig blieb. Früher war das alles mal Wald...
Mit Vollgas braust ein "Amanda"-VT über den Sandoberbau. Bereits in der Ferne sind die gleißenden Scheinwerfer und der aufgewirbelte Sand zu sehen. |
An der nahegelegenen Bahnstrecke zu einem Scheitelpunkt gegangen, an dem ein Jägerhochsitz einen schönen Ausblick bot. Allerdings war dieser Streckenabschnitt landschaftlich weniger eindrucksvoll. Das Gleis führt schnurgerade durch monotonen Wald. Die mit über 100 km/h über die ungeschweißten Schienen rasenden "Amandas" wirbelten den Sand des Oberbaus derartig auf, dass sie eine große Wolke hinter sich her zogen, was besonders aus der Ferne interessant aussah. Nach den Aufnahmen wollte ich mal testen, wohin man gelangte, wenn man einem Fahrweg in den dichten Wald hinein folgte. Irgendwann entschied ich mich dann jedoch für einen Seitenweg, der nun parallel zum Gleis nordwärts führte. Er schlängelte sich wunderschön zwischen den Bäumen hin. Anhand meines Schattens konnte ich kontrollieren, dass sich der Weg langsam wieder der Bahn näherte. Und am BÜ angekommen tauchte als weiterer Verkehrsteilnehmer eine kleine Rangierlok auf, die paar leere Wagen nach Karungi (?) brachte. An einem anderen BÜ auf die Rückkehr der Lok gewartet, die mich allerdings doch etwas länger warten ließ. Zwischendurch kam noch ein Zweiwege-Unimog durch (auf der Schiene). Was für ein Verkehr!
Über Mattila ging es nun wieder zurück nach Tornio, wo ich den Tag in der JH ausklingen ließ. Hier hatte ich nun eine ganze Wohneinheit mit Dusche, WC und Küche für mich allein.
Zunächst fing der Tag gut an. Ich konnte etwas länger schlafen, in Ruhe frühstücken und meine Sachen zusammenkramen.
Der Fahrer war ganz gut drauf. Auf meine Frage, ob meine Fahrkarte bei ihm gilt, meinte er nur "I don't know" und winkte mich durch.
P 601 ist in Rovaniemi angekommen. P=Pikajuna=Schnellzug. |
Vor Muurola schaukelte der Zug über einen Bahndamm, auf dem nur Schienen und Schwellen lagen; Schotter gab es jedoch nicht. Offenbar wurde hier gerade das Gleis unter dem rollenden Rad ausgetauscht. Ab Rovaniemi musste ich umplanen. Eigentlich hatte ich mit dem Bus weiter nach Kemijärvi gewollt (der einzige Zug verkehrt hier nur morgens). Doch nachdem ich den Rucksack schon verladen hatte, erklärte mir der Busfahrer, dass mein Fahrausweis bei ihm nicht gelten würde. Dabei war der Bus eindeutig als VR-Bahnbus ausgewiesen. Verärgert verließ ich den Bus mitsamt Rucksack wieder. Auch am Bahnschalter meinte man, dass ich für die Busfahrt 45 FIM bezahlen müsse. Nun also etwas anderes gemacht:
Vom Zug aus hatte ich nördlich von Muurola eine hübsche Brücke über ein Gewässer entdeckt, die ich nun aufsuchen wollte. Angesichts ca 50% Sonnenschein mit Schönwetterwolken war das nichtmal das verkehrteste. Vom Bahnhof Muurola lief ich ca 25 Min entlang der Straße nordwärts. An dieser Stelle muss ich mal die schönen Radwege an finnischen Straßen loben. Diese Radwege wurden übrigens auch fleißig von Skiläufern genutzt. In Finnland waren nämlich offenbar Sommer-Ski gerade groß in Mode. In Muurola gab es sogar eine Sommerski-Sprungschanze.
An der Brücke konnte ich nett im Gras sitzen und sogar zwei Züge mit Sonne fotografieren. Zur Rückfahrt nach Rovaniemi wollte ich nicht wieder zum Bahnhof zurück latschen. Ich hatte den Fahrplan der Fernbus-Linie Haparanda - Rovaniemi bei mir; ein Bus sollte um 18.25 Uhr fahren. Allerdings beobachtete ich auf der Straße immer mal wieder Stadtbusse mit einer großen "14" vorn drauf, die nach kurzer Wendezeit in Muurola immer gleich wieder nach Rovaniemi zurück kehrten. Bei einigen Datschen wartete ich rein profilaktisch am BÜ, da ich bis 18.25 Uhr noch Zeit hatte. Tatsächlich kam dann der einzige Güterzug des Nachmittags durch (allerdings eher ohne Sonne). Kurze Zeit später fuhr mal wieder Linie 14 in Richtung Muurola durch. In Erwartung der baldigen Rückfahrt nun an die nächste Haltestelle gestellt. Während es in Norwegen und Schweden durchaus üblich ist, Busse auf freier Strecke anzuhalten (entsprechend findet man in der Pampa keine Haltestellen-Schilder), gibt es in Finnland fast an jeder Hauseinfahrt und Wegabzweigung Bushaltestellen mit Haltebucht. Linie 14 tauchte dann allerdings erst kurz vor dem Fernbus auf:
Der abendliche Personenzug von Kemijärvi quert in Rovaniemi auf einer Doppelstock-Brücke den Kemijoki. |
Es war interessant, zunächst mit diesem Stadtbus noch eine Ehrenrunde durch Rovaniemi zu drehen. Hab mir dabei genau alle Häuser angeschaut, ob nicht vielleicht irgendwo das "JH"-Zeichen dran steht. Dann aber doch vom Bahnhof aus hin gelaufen. Nach mir kam gerade ein weiterer Deutscher auf das Zimmer. Nach dem Einzug drehte ich zu fuß eine Runde durch die Stadt. Pommes und eine lecker-würzige rippenförmige Angelegenheit, von der ich nicht wusste, ob es sich um Fleisch oder -Ersatz handelte, besorgt und am Ufer des Kemijoki verschlungen. "Zufällig" war die Doppelstock-Brücke, auf der die Bahnstrecke den breiten Strom quert, nicht weit entfernt. Als "Nachtisch" fotografierte ich hier den Zug von Kemijärvi (ein schöneres Bild gelang mir allerdings 1995). Danach in der JH mit dem Deutschen und einem älteren deutsch sprechenden Ami, der mittlerweile auch bei uns auf dem Zimmer war, unterhalten. Der Deutsche verspielte allerdings bald seine Sympatie bei mir, weil er meinte sein Auto breit auf dem Radweg parken zu müssen. Der Ami ließ sich von mir fünfmal erklären, wie er nach Narvik gelangen kann (incl Verbindung). Das schrieb er sich jedoch so konfus auf, dass er wahrscheinlich eher in Kolari gelandet ist. Im übrigen bat er sich, nachdem er früh schlafen gegangen war, absolute Ruhe aus. Vielleicht hätte er doch lieber ein Hotel nehmen sollen...
Das Frühstück war eines von der portionierten Sorte.
Diese Strecke gefiel mir ganz gut. Sie führt abseits aller Ansiedlungen durch die hügeligen Wälder, eröffnet allerdings durchaus den einen oder anderen weiteren Ausblick. Im Kemijärvi ist die Bahnlinie noch nicht zuende. Der Bahnhof liegt nördlich der Strecke und ist über ein Gleisdreieck an diese angebunden. Das Gleis führt dann über die Insel, auf der die Stadt liegt, über eine lange Brücke und über einen kilometerlangen Damm durch den See-ähnlich breiten Fluss Kemijoki weiter nach Salla, dem letzten Vorposten vor der russischen Grenze.
Ein Güterzug zu einer Papierfabrik am östlichen Ufer des Kemijoki quert den breiten Fluss. |
Noch nie kam mir ein Tag so lang vor wie dieser in Kemijärvi. Laut Aussage des netten Stationspersonals sollten zwischen 13 und 14 Uhr zwei Güterzüge den breiten Fluss auf dem Damm queren. Bis dahin etwas durch die Stadt geirrt. Angesichts des schönen Wetters hatte ich mir voreilig nur Shorts und T-Shirt angezogen. Alles andere befand sich im Schließfach im Bahnhof. Dummerweise wurde es im Angesichte der doch reichlich vorhandenen Schönwetter-Wolken (überhaupt - für einen Eisenbahnfotografen gibt es keine Schönwetterwolken...) immer bisken frisch. Besonders auf dem Seedamm, den ich gegen Mittag aufsuchte, ging ein frisches Lüftchen, um es mal harmlos auszudrücken. Lange musste ich warten, doch dann war es soweit. Eine lange Kette von Güterwagen kroch am Ostufer auf den Damm hinauf. Immerhin konnte ich diesen und auch den bald darauf in Richtung Osten fahrenden Zug bei Sonne fotografieren - was wollte ich mehr?
Nun zurück zum Bahnhof gegangen, wo der erste Güterzug noch immer stand. In Hoffnung auf dessen Weiterfahrt nach Rovaniemi trieb ich mich dann noch eine Weile am westlichen Einfahrsignal herum (Formsignal). Dort tauchte unterdessen der zweite Güterzug aus Richtung Damm auf, stoppte allerdings deutlich vorher und drückte in den Bahnhof hinein. Nun standen also der Reisezug und zwei Güterzüge in dem kleinen Bahnhof am Rande der Zivilisation vor der Kulisse der weiten Wasserflächen des Kemijoki. Zurück am Bahnhof umgezogen, einkaufen gegangen und etwas gelesen.
Die Schlafwagen nach Turku wurden erst in Rovaniemi angehängt. Das Erlebnis der geräumigen finnischen Schlafwagen wurde etwas geschmälert durch den Diesel-Gestank, der bis Oulu und ab Tampere von der Klimaanlage ins Abteil geblasen wurde.
In Turku satama traf ich nun wieder mit Arne zusammen, der einen Tag früher aus Rovaniemi hierher gekommen war. Zusammen "enterten" wir nun eines dieser schwimmenden Hotels auf der Ostsee, die FS "Silja-Festival".
Im Sund vor Turku kommt eine Fähre entgegen. |
Die Schifffahrt war herrlich entspannend. Vormittags konnten wir uns an Deck sonnen, wobei es allerdings im Windschatten entsetzlich heiß wurde. Eine ganze Weile mit einem Finnen aus Oulu geklönt. Ab ca 13 Uhr bezog es sich. Über dem Meer hing eine richtige Waschküche. Nun zum Essen gegangen. Neben Hamburger und Pommes gab es einen sehr leckeren Salat mit Erbsen und Krabbben. Das geniale Mittagsbuffet haben wir leider erst ein Jahr später kennen gelernt.
Nach dem Essen gab es eine Passage aus meinem Buch und dann ein Verdauungsschläfchen in den Pullman-Sesseln. Als das Wetter dann wieder schöner wurde, gingen wir erneut an Deck. Wir fuhren nun schon im Sund auf Stockholm zu. Die vielen Inseln und Schären, die schmucken Holzpaläste auf diesen Inseln sowie die Boote rundherum sahen herrlich aus.
Vom Anleger Värtan aus mit Bus nach Ropsten und mit Tunnelbahn in die Stockholmer Altstadt gefahren. Die Schaltertante in Ropsten meinte, dass unsere Fahrkarten in der T-Bahn durchaus gelten. Ein Jahr später bekam ich eine andere Auskunft... Von der Station Altstadt haben wir eine großzügige Runde durch die wunderschönen alten Gassen gedreht, wobei wir allerdings die großen Rucksäcke die ganze Zeit mitgeschleppt haben. Vor dem Schloss konnten wir sogar die Wachablösung beobachten.
Die Rückfahrt verlief angenehm. "Zuständiges" Fährschiff auf der Vogelfluglinie war die "Carl Carstens". Was will man mehr? Damals hätte ich jeden für verrückt erklärt, der mir gesagt hätte, dass die "Carl Carstens" acht Jahre später ausrangiert werden würde.
Eine hochinteressante und wunderschöne Tour ist mal wieder zuende gegangen. Wir hatten kaum Regen und zu fast allen Bahnaufnahmen schien die Sonne. Und das bei teilweise weniger als 50% Sonnenschein. Ein Novum war für mich die Benutzung von Leih-Fahrrädern, die ein Stück Freiheit mit sich brachte. Auch jetzt, acht Jahre nach dieser Tour, schaue ich mir gern die Bilder an, die zum größten Teil ein Stück Eisenbahngeschichte dokumentieren, das längst der Vergangenheit angehört.