Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.
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Nach zwei ganz erfolgreichen Herbsttouren nach Skandinavien bestand mal wieder Lust auf eine Sommertour, und zwar ganz in den Norden in die ewige Helligkeit. Diesmal ging es zusammen mit Leander los, der vorher in Berlin zu tun hatte, von dort aus nach Stockholm fliegen wollte und zwei Stunden nach mir ankommen sollte. Gebucht waren die Flüge nach Stockholm und von dort auch wieder zurück, außerdem der Nachtzug von Stockholm ganz in den Norden bis Kiruna, eine Hütte in Björkliden erstmal für drei Nächte und ein Leihwagen per Einwegmiete von Kiruna nach Stockholm. Den Weg für die Autofahrt wollten wir uns offen halten, am liebsten wäre uns der Weg durch Norwegen.
Aber zunächst waren ja paar Tage an der Erzbahn im schwedischen Teil Lapplands fix gebucht. Da war es eine mega-geniale Einstimmung, dass das ZDF einige Wochen zuvor den französisch-schwedischen Vierteiler "Midnight Sun" zeigte, ein Krimi, der neben wunderbaren Naturaufnahmen auch jede Menge bekannte Schauplätze zeigte. Die Haupthandlung spielte in Kiruna vor dem Hintergrund des bevorstehenden Umzuges der ganzen Innenstadt aufgrund der weiteren Ausdehnung des Eisenerzabbaus. Das Häuschen, in dem die französische Ermittlerin untergebracht war, lag oberhalb des Bf Abisko Östra, und die erste Mordszene (ein Franzose wurde am Hubschrauber-Rotorblatt festgebunden und zentrifugiert) spielte sich direkt oberhalb unseres Hüttenplatzes in Björkliden ab - natürlich mit Lapporte und Torneträsk im Hintergrund. Der später eintreffende französische Agent wohnte gar in einer "unserer" Hütten im Björkliden Stugby. Es waren auch mehrere Szenen in Kiruna in der Grube gedreht worden. Der Film ist noch in der Mediathek abrufbar, allerdings täglich erst ab 22 Uhr.
Schweife ich gerade ab? Gehörte aber zum Thema "Vorfreude" unbedingt dazu. Nun ja, die letzten Tage vor Reisebeginn waren ganz schön anstrengend. Wir hatten bestes Wetter, so dass man nach der Arbeit lieber die Zeit draußen verbrachte, statt sich auf den Urlaub vorzubereiten. Am Samstag konnte ich aber in Ruhe alles fertig machen, so dass ich Sonntag früh dann mit dem Koffer meinen Wilstorfer Hügel hinunterrollern konnte.
Wegen des Zwanzigminutentaktes und einer Baustelle in Harburg an meiner Busstrecke, riskierte ich lieber nicht den Vierminutenübergang vom Bus zur S-Bahn und lief komplett zu Fuß. Es klappte auch alles reibungslos, so dass ich am Ende nach allen Kontrollen am Flughafen noch ne halbe Stunde Zeit zum frühstücken hatte, ratet mal wo ;-).
Leider hatte man mir beim Boarding einen anderen Platz zugewiesen als gebucht, eine Reihe weiter hinten. Meinen gebuchten Platz gab es gar nicht. Offenbar war außerplanmäßig ein größeres Fluggerät gekommen, und nun saß ich am Notausgang. Da hat man zwar schöne Beinfreiheit, aber man darf den Rucksack halt nicht unten bei sich behalten. Gut, dass mein Rucksack schwarz ist; wenn der unter den Knien steht, sieht den niemand. Der Flug war unspektakulär. Ich saß ja nun an der Tragfläche, doch die schwedische Ostküste und Gotland waren gut zu erkennen. Auch die Stockholmer Innenstadt war perfekt unter uns ausgebreitet. Dann ging es immer niedriger. Bald hatten Wälder die letzten Trabantenstädte abgelöst, und der Flieger kam den Baumwipfeln immer näher. Erst im letzten Moment begann die Landebahn von Arlanda.
Mit den Koffern dauerte es etwas, doch als das Band anlief, kam mein feuerroter Riesenkoffer (an den war ich ohne Kosten nagelneu rangekommen, ansonsten wäre er mir wohl zu groß) gleich als dritter angefahren. Da ich nicht mit dem Express fahren wollte, musste ich zum Bahnhof Arlanda Central laufen. Dort kaufte ich mir eine SL-Tageskarte für 125 SEK (momentan lassen sich schwedische und norwegische Kronen ziemlich genau durch 10 in Euro umrechnen). Allerdings kam noch eine Flughafenbahnhofsgebühr von 120 SEK dazu. So werden die Leute auf die Busse gehetzt! Es gibt allen Ernstes von SL die offizielle Empfehlung, von Arlanda den Linienbus nach Märsta zu nehmen und dort ohne Flughafengebühr in die S-Bahn zu steigen, völlig blöde! Und zu allem Überfluss bekam ich, obwohl ich ausdrücklich die Tageskarte auf einem Einwegticket verlangt hatte, die blöde Aufladeversion, die mich weitere 20 SEK kostete. Leider hatte ich das erst zu spät mitbekommen; hatte mich schon über das "robuste" Einwegkärtchen gewundert. Bezahlung am Schalter in Arlanda übrigens nur per Kreditkarte. Ok, hatte eh nicht vor, Kronen zu besorgen.
Na ja, mit meinem Großgepäck musste ich in den sauren Apfel beißen. Immerhin bekam ich dann auch noch ohne Hetze die S-Bahn um 11.11 aus dem Grottenbahnhof im Gestein tief unterm Flughafen. Dass hier eine S-Bahn, also der SL-Pendeltåg, in der Relation Uppsala - Stockholm fährt, war mir auch neu. Ich kenne das noch mit Umstieg in Upplands Västby, nördlich davon mit Regionalzug. Noch etwas war völlig an mir vorbei gegangen. Der Pendeltåg gelangt gar nicht mehr in den Bahnhof Stockholm Central, sondern hält mega tief darunter an der Station Stockholm City. Der Bahnsteig war sogar mit Glaswänden eingefasst. Die Züge mussten passend zu den Türen in der Glaswand anhalten. Gut, dass hier keine X1 und X10 und X420 mehr unterwegs sind, die hätten wegen der Türabstände vermutlich alle eigene Bahnsteigkanten benötigt...
Kaum zu erkennen, aber wir stehen an der Bahnsteigkante eines S-Bahnsteigs, an dem ein X60 hält.
Über ewig lange Rolltreppen gelangte man in eine Ladenpassage, durch die man bald im Untergeschoss des Centralbahnhofs rauskam. Die Schließfächer befanden sich ebenfalls im Untergeschoss. Es gab zwei verschiedene Größen, und dummerweise beanspruchte mein Trumm von Koffer die größere Variante. Frei waren aber nur kleine. Bei mir wollte fast schon eine Ahnung von Panik aufkommen, denn mit dem Koffer wollte ich mich heute nun definitiv nicht abschleppen. Und ich war nicht der einzige auf der Suche. Irgendwann räumte zum Glück eine Gruppe mehrere große Fächer und ich war gerade passend zur Stelle. Für 90 SEK schnappte das Schloss zu.
Das "Treppenhaus" der Pendeltåg-Station Stockholm City, tief unterm Vorplatz des Hauptbahnhofs. Die obere Rolltreppe ist mindestens nochmal so lang wie der sichtbare Teil, und hinter mir geht es die Treppen zu den Bahnsteigen nochmal genau so weit in die Tiefe. Das Foto ist von der Verteilerebene aufgenommen.
Ich hatte bei dem herrlichen Wetter eigentlich keine Lust auf Innenstadt. Zu fotografieren gab es wegen der Eisenbahnsperrung im Stadtbereich ohnehin nichts. Nein, mir stand der Sinn nach Wasser! Andererseits hatte ich auch Lust etwas herumzufahren. Und ich fand die perfekte Verbindung! Mit der S-Bahn fuhr ich wieder ein kleines Stück zurück bis Solna. Ab dort hatte mich auf der Karte die Tvärbana angelacht, eine neue "Straßenbahn", die vom Norden im Halbkreis um die Innenstadt herum in den Süden führt und dort in Sickla Anschluss an die Saltsjöbana ans Wasser hatte!
Die Tvärbana steht in Solna zur Abfahrt nach Sickla bereit.
Die Tvärbana war erwartungsgemäß höchst abwechslungsreich, denn die Topografie Stockholms ist ja nicht ganz anspruchslos. Die Strecke führte größtenteils auf eigenem Gleiskörper, mal im Tunnel durch nen Felsenberg, dann wieder auf einer hohen Brücke über einen Sund, zwischendurch aber auch immer mal wieder mitten auf der Straße durch irgendein Stadtteilzentrum. Alles war neu, alles war Beton, klar, aber ich fand die Fahrt sehr kurzweilig, zumal ich mir natürlich gleich den Touriplatz vorn hinter der Fahrerin gesichert hatte. Merkwürdig fand ich diverse Abzweige, einmal offenbar ein Hafenbahngleis, einmal mitten im Tunnel ein Gleis zu einem Betriebshof. Ich war erstaunt, dass diese eigenständige Bahn offenbar zwei riesige Betriebswerke hat. Es gibt auch eine Weichenverbindung zur Tunnelbana, doch die dürfte höchstens für Baufahrzeuge interessant sein, denn Tvärbahn ist oben, die T-Bana aber unten (Stromschiene) elektrifiziert.
Leander war gerade erst am Centralbahnhof angekommen. Deshalb fuhr ich von Sickla voraus nach Saltsjöbaden, wo es sich definitiv besser warten ließ. Er kam eine halbe Stunde später nach. Saltsjöbaden war wunderbar. Die Seeluft war klasse, das Panorama typisch klischeemäßig schwedisch. An einem kleinen Eispavillon kaufte ich mir ein Eis. Es gab zur Auswahl: 1 Kugel für 30 oder 3 Kugeln für 45 SEK. Natürlich wählte ich drei Kugeln, wie immer für mich im Becher. Nun ja, seine Becher waren nicht so riesig, und er hörte gar nicht auf, Schokoeis für die erste Kugel abzugreifen. Als diese erste Kugel im Becher war, war der dann auch voll! Ratlos schaute er mich an und fragte, ob ich drei Becher haben möchte, was ich zuungunsten des Preisleistungsverhältnisses dann aber dankend ablehnte. Diese 30 SEK dürften dann wohl der kleinste Betrag gewesen sein, den ich auf der Reise mit der Kreditkarte gezahlt habe.
Saltsjöbaden.
Man konnte herrlich rumlaufen. Erst allein und nach Leanders Ankunft nochmal ging es über zwei Brücken auf ein kleines vorgelagertes Inselchen, wo man auch ein nettes Restaurant gehabt hätte. Dann spazierten wir noch am Ufer ein Stück rein und relaxten etwas auf einem Felsen.
Die Saltsjöbana am Endpunkt Saltsjöbaden. Die Züge sind ehemalige Tunnelbana-Züge aus Stockholm, denen aufgrund des kleineren Profils Übergangsbretter zu den Bahnsteigen spendiert wurden. Diesen Zustand hatte ich bereits bei meinem letzten Besuch vor rund 17 Jahren so erlebt und war verwundert, dass da inzwischen nichts Neueres fährt.
Die Inneneinrichtung der Saltsjöbana sieht noch ganz schön original aus...
Um 16.15 traten wir die Rückreise an. Die letzte Station ab Henriksdal bis Slussen herrschte Schienenersatzverkehr, und zwar offensichtlich schon lange und gemäß Ankündigungen noch bis 2020. Der Umsteigebahnhof Slussen und die ganze Umgebung ist eine einzige Großbaustelle. Nach einem Bild vom bekannten Stadtblick, der leider auch aufgrund der Bauarbeiten nur bedingt tauglich war, schlenderten wir gemütlich durch die Altstadt zum Hbf zurück, wobei wir uns von den am stärksten bevölkerten Gassen fern gehalten haben - die Massen wälzten sich dort durch. Aber: Stockholm ist und bleibt eine wunderbare Stadt!
Blick von der Großbaustelle Slussen auf die Gamla Stan mit einem Tunnelbana-Zug im Vordergrund.
Blick entlang des Stora Gråmunkegränd zur Storkyrka.
Blick entlang der Straße Storkyrkobrinken in die Altstadt.
Bei Coop im Centralbahnhof besorgten wir uns an der imposanten Salatbar eine große Salatschüssel und Bier für den Nachtzug. Dann noch Koffer abholen, und der Zug konnte geentert werden. Uns stand die Fahrt in einem der letzten "intakten" und langlaufenden Nachtzüge Europas bevor. Wobei sich "intakt" auf die "gesunde" Länge des Zuges von 14 Wagen und die Einrichtung bezog, und weniger auf die nicht arbeitende Klimaanlage, die hierzulande aber verschmerzbar ist.
Leider mussten wir lange drauf warten, bis der Konduktör durch war. Vorher wollten wir lieber nicht das Bier aufmachen, weil wir vermuteten und das auch aus der schwedischen Durchsage herauszuhören glaubten, dass Alkohol nur im Speisewagen erlaubt sei. Hinter Uppsala hatten wir aber keine Lust mehr zu warten. Wir machten uns über den leckeren Salat her - und das Bier wurde halt nicht zu offen hingestellt.
Zum Glück paar Abteile weiter war ne Familie mit lautem Kind, das immer wieder laut schreiend durch den Wagen rannte, und aus deren Abteil ununterbrochen Radio schallte (nein, keine WM-Übertragung). Na ja, wir haben uns nicht zu sehr aus der Ruhe bringen lassen. In Söderhamn wurden wir von einer Renn-Regina als Snabbtåg überholt. Wir konnten aber erstaunlich schnell hinteran weiterfahren.
Mit der Zeit ging die Spackenfamilie aber doch gewaltig auf den Senkel, besonders das Radio, aus dem ständig irgendeine Stimme krächtzte. Zum Glück hatten wir eh überlegt, noch nen kleinen Spaziergang in den Cafevogn zu unternehmen. Aus dem Spaziergang wurde eine Wanderung durch vier Wagen, doch am Ziel wurden wir belohnt mit einem freien Tisch, an dem wir uns nun noch ein herrliches Mariestads schmecken lassen konnten. Unser Abteilbier hatte nur 3,5 % (mehr scheint es in schwedischen Supermärkten nicht zu geben), und danach schmeckte das Mariestads starköl doch noch ein ganzes Stück besser. Und aus dem Cafevogn hat man eben auch einen viel besseren Rundumblick. Wobei es da nicht viel zu erblicken gab, die Strecke Gävle - Sundsvall kann nicht gerade mit markanten Blicken aufwarten. Da sucht das Auge dann eher zwischen den Bäumen nach einem Elch oder anderem Viehzeug. Im allerletzten Sonnenschein so zwischen 22 und 23 Uhr wurden die schon in voller Blüte stehenden Rallarråsen (das Schmalblättrige Weidenröschen) herrlich plastisch beleuchtet. Ansonsten fand ich interessant, dass auf dieser Strecke, die ja nun das große Neubauprojekt "Bottniabana" von Süden her anschließt, bestenfalls punktuell Ausbaumaßnahmen gegriffen haben, dass es oft aber auch langsam durch die Kurven oder mitten durch die (wenigen) Städte geht.
Langsam gewann die Müdigkeit die Oberhand. Gern hätte ich das Stück bis zum Erreichen der Bottniabana noch aus dem Cafe beobachtet, doch war es vernünftiger, die Zeit ohne strahlenden Sonnenschein zum Schlafen zu nutzen...
Abgesehen von gelegentlichem Aufwachen beim Anhalten habe ich dann auch hervorragend geschlafen. Ab 7 Uhr wurde es auf dem Gang wieder etwas lebendiger. Leander schlief noch tief und fest, so dass ich ihn nicht wecken mochte. Aber ich lief einfach mal in den Cafevogn, wobei das nun ein anderer war (Kurswagentausch in Boden). Und wieder hatte ich Glück, dass ich einen freien Tisch fand, obwohl der Wagen weniger Plätze hatte. Die Sicht war minimal beeinträchtigt durch äußerliche Graffiti-Schmierereien. Sogleich ging man im Geiste die Motive durch, doch das Geschmier befand sich auf der Nordostseite, wohingegen man dieses Zugpaar wohl nur von der Südseite aufnehmen würde. Finde den Fehler! Gefunden? Der Zug macht ja in Kiruna Kopf, und somit würde das Graffito sehr wohl auf der Südseite sein, und zwar bei Fahrt nach Narvik gleich hinter der Lok.
Na ja, die Sicht war jedenfalls besser als im Schlafwagenabteil, und so konnte ich meinen sehr guten Kaffee und ein Gebäckstück bei schönem Ausblick auf die Landschaft genießen. Auch hier herrschte tiefblauer Himmel. Hoffentlich würden wir derartig schönes Wetter nicht nur auf der Anreise haben; die Wetterberichte ließen allerdings genau dies befürchten...
Die erste Verspätung wurde in Gällivare produziert, wo bei Abfahrt ein Typ ganz aufgeregt in den Bistrowagen gestürmt kam, der wohl noch raus wollte. Das Cafe-Personal gab dem Tf Bescheid, und dieser hielt schnell wieder an. Da wir aber mittlerweile komplett aus dem Bahnsteig raus waren, setzte man kurzerhand wieder zurück. Ich möchte nicht wissen, was für Bürokratie dafür in Deutschland nötig wäre. Mit +7 ging es für uns dann auch schon weiter...
Das Gelände wird jetzt hügeliger, der Wald spirriger und die Ausblicke weiter. Eine tolle Naturlandschaft fernab jeder Straße. Und irgendwann war es so weit: In der Ferne war die Stadt Schneehuhn am Schneehuhnberg zu sehen. Oder auf sami: Die Stadt Kiruna mit dem markanten Erzberg Kirunavaara und den weithin sichtbaren Turmbauten des Bergwerkes. Aber es war erstaunlich, wie lange der Zug nun doch noch brauchte, um das Gleisdreieck Råtsi mit dem Abzweig nach Svappavaara zu erreichen. Ab hier ging es auf für mich neuer Strecke hinten um den Kirunavaara, also um das Bergwerksgelände herum. Das waren mal neue Ausblicke.
Im Bahnhof Kiruna standen zwei hübsche rote TMX verteilt, die hier offenbar im Bauzugeinsatz waren. Der Shuttlebus in die Stadt stand direkt bereit, und nachdem die Fahrerin alle Fahrgäste angewiesen hatte, sich anzuschnallen, was aber niemand befolgte, ging es los und wir landeten um kurz vor 10 am Busbahnhof. Wir verfrachteten Leander und das Gepäck in eine Grünanlage, während ich mich zu Fuß auf den Weg ins Industiegebiet machte, um das Auto zu holen.
Der Turm der Kiruna kyrka. Im Hintergrund lauert schon die Grube. Die Kirche samt Turm muss wegen der Grubenerweiterung auch mit umziehen.
Wir hatten das Auto erst für 11 Uhr bestellt. Und prompt war niemand da an der Europcar Station. Und es stand bereits noch ein Fahrgast aus dem Nachtzug dort und wartete. Der hatte für 10 Uhr bestellt gehabt. Nach rund zehn Minuten kam immerhin ein Gehilfe der Station, der aber offenbar nicht befugt war, Mietverträge zu unterschreiben. Aber er konnte den Zuständigen anrufen und uns einen Sitzplatz zwischen diversen Autos anbieten, denn der Europcar Tresen befand sich mitten in einem Autohaus. Irgendwann kam noch eine zweite Europcar-Mitarbeiterin ohne Unterschriftsbefugnis und fing nun auch an, hinter dem "Chef" herzutelefonieren. Das Gespräch endete damit, dass die beiden das Gespräch ohne Telefon beenden konnten, weil er gerade reinkam.
Na ja, um 11 hatte ich das Auto aber bezogen. Es war ein schöner Golf mit Automatik - so mag ich das! Nur der Kofferraum war arg klein für unsere zwei Großgepäckstücke, aber da konnte man sich behelfen. Ich gabelte also Leander in seiner Parkanlage wieder auf, konnte mich schon mal wieder etwas an die völlig sinnbefreit-defensive Fahrweise der Skandinavier gewöhnen (warum bei Grün losfahren, nächste Phase wird bestimmt ein noch viel hübscheres Grün!) und gemeinsam ging es noch in den ICA im Industriegebiet. Auch hier gab es wieder was von der reichhaltigen Salattheke.
Wir packten Garou (hatten wir letztes Mal an der Erzbahn gehört) ins Autoradio und starteten westwärts. Diese Straße kann man auch beim x-ten Besuch zum ersten Mal im Urlaub fahren, und man hat immer wieder ein erhabenes Gefühl. Die Weite, wie das Gebirge immer näher rückt und dann natürlich der erste Blick auf den Torneträsk. Und dann die vielen weiteren Blicke über diesen wunderbaren See...
Wir wurden gewahr, dass man sich fototechnisch doch noch besser für Südostfahrer stellt. Damit ließen wir einen Erzzug, der irgendwo vor uns her fuhr, erstmal sausen und suchten für Zug 95 die schöne Stelle zwischen Torneträsk und Bergfors auf. Dort gab es dann auch bei Topp-Panorama und noch genügend Zeit das Mittagessen.
Wir beginnen mit einem Klassiker. Zug 95 zwischen Torneträsk und Bergfors mit dem Torneträsk im Hintergrund. Bei allen Reisen an die Erzbahn habe ich genau diese Stelle immer am "bewegendsten" gefunden, wenn der Torneträsk in Sicht kommt.
Die Erzzüge 9909 und 9914 nahmen wir nun im Bf Bergfors und mit einem Seeblick zwischen Torneträsk und Stenbacken. Dem 9914 folgte noch ein Skl.
Der 9909 im Bf Bergfors.
Ihm kommt der 9914 entgegen, dem wir zwischen Torneträsk und Stenbacken auflauerten. Diese Motive oberhalb der Straße erfordern Kraxelei und das Durchrobben unterm Wildzaun hindurch.
Ein Skl kam direkt hinterher.
Der Plan war nun, den 9914 nochmal zu überholen. Das klappte im Bereich Absisko dann auch, doch brachen wir die Verfolgung in Björkliden ab, weil wir "komische Wagen" im Bahnhof stehen sahen. Tatsächlich stand da ein Veterantåg, leider abgestellt und abgebügelt.
Der Kalmar Veterantåg steht abgestellt im Bahnhof Björkliden, während seine Reisenden eine mehrtägige Tour mit der Hurtigrute unternehmen.
Den Erzzug konnten wir zwar nochmal wieder überholen, aber nur noch Leander bekam ein Foto im Bahnhof Vassijaure hin. Wir beide machten uns dann auch schleunigst zu Fuß auf den Weg ostwärts, wo wir in der ersten Kurve mit einem Bahnwärterhäuschen den Regio 96 mitnehmen wollten. Das Panorama war prima, doch als Motiv war die Kurve etwas kompromissbehaftet, weil man vegetationstechnisch ein Mastfeld zu weit hinten auslösen musste.
Zug 96 kurz vor Vassijaure.
Es war sehr warm geworden. Unterwegs konnten wir uns Abkühlung verschaffen, indem man bei einem Schneefeld, an dem man vorüber kam, einfach mal ne Handvoll mitnehmen konnte. Aus der gewonnenen Eiskugel konnte man sogar eine mobile Dusche bauen, indem man sie einfach überm Kopf in die Sonne hielt.
Nun wurde es aber definitiv Zeit für Einkauf und Bezug der Hütte. Zu spät wollten wir das nicht machen, denn anschließend sollte schließlich noch Abendprogramm sein. Zum Einkauf ging es nach Abisko. Der gute ICA "Lapporten" Supermarkt ist ja leider schon länger Geschichte. Dessen Nachfolger hat aber offenbar auch aufgegeben. Wir befürchteten schlimmstes, als wir die Hinweise auf den "Godis Supermarkt" sahen. Tatsächlich bestand dann auch über die Hälfe des Marktes aus Süßigkeiten, und nur in einer verhältnismäßig kleinen Ecke fand sich ein kleines "herkömmliches" Supermarkt-Sortiment. Immerhin fanden wir alles, was wir zum Frühstück und für eine Köttbullar Mahlzeit benötigten. Und ein Norrlands Guld war auch drin...
Als wir Abisko verließen, fuhren wir gerade parallel zu einem Erzzug. Kurzerhand verschoben wir das Einchecken noch ein wenig und fuhren dem Zug bis zum zweiten Bahnwärterhaus vor Vassijaure voraus. Da zeitgleich mit uns zwei Fahrbahner von Trafikverket dort auftauchten und wir somit nicht ungesehen auf die andere Gleisseite gelangen konnten, dort allerdings eh mehr Bäume standen als erwartet und der Lichtstand schon sehr spitz war, sahen wir von einem Foto ab. Das Bahnwärterhaus stand mitten im Birkenwald, und man musste von der Straße ca 5 Min einen Weg reinlaufen. Vor dem Haus saß ein missgelaunter Mann, der uns anmaulte, dass wir den Weg gar nicht hätten reinlaufen dürfen. Rund um seinen Tisch standen mindestens zehn leere Bierdosen...
Durch lichten Birkenwald führt der Weg zur "Hütte des maulenden Mannes" (so entstehen Namen...).
Nach dieser "äußerst erfolgreichen" Aktion ging es aber nun endlich nach Björkliden zu unserem gebuchten Hüttendorf. Beim Einchecken an der Rezeption des Hotels hatte ich mich gleich etwas geärgert, dass er uns Hütte 35 geben wollte. Dem Plan zufolge lag die direkt am Eingang zum Hüttendorf am Parkplatz. Ich fragte mal profilaktisch nach ner Hütte mit besserer Aussicht (ohne diese zu kennen), doch er meinte, die mit besserer Aussicht wären die teureren Hütten. Na ja, wir fuhren mal hin und waren entsetzt. Aussicht war wirklich gleich null und die Hütte stand fast AUF dem zentralen Platz des Hüttendorfes, man konnte wirklich von allen Wegen rings um die Hütte hinein schauen. Nee nee, und da sollten wir mindestens drei Nächte drin bleinen? Nö!
Wir schauten uns paar netter gelegene baugleiche Hütten in der Nähe an, merkten uns die Nummern und fuhren wieder zur Rezeption hoch. Klare Absage: Nr 35 nehmen wir nicht, welche können uns zu unserem Tarif noch angeboten werden? Und plötzlich gingen dann doch ne Reihe weiter hinten liegender Hütten. Wir wählten mal Nr 59 aus und fuhren dorthin. Siehe da: Die hatte eine perfekte Aussicht über den See und zur Lapporte! Geht doch! Nee, ging nicht! Wir kamen nicht rein, die Schlüsselkarten funzten nicht. Das ging nun zweimal so. Erst, nachdem wir zum vierten Mal an der Rezeption gestanden hatten, gab es richtig programmierte Karten und wir konnten endlich einräumen.
Die Einrichtung der Hütte war schon ziemlich verschlissen, Hütte 35 erschien uns im Vorbeigehen moderner eingerichtet (ja, man konnte von außen alles sehen!). Aber das war uns nun völlig wurscht. Es funktionierte alles, die Aussicht war topp, was wollten wir mehr? Eigentlich sollte nun bald der Erzzug 9918 fällig sein, doch der war noch nichtmal in Kiruna ab. Somit entschlossen wir uns zum Anheizen einiger Köttbullar mit Kartoffelbrei und Preisselbeeren. Als wir fertig waren, war der 9918 im Zulauf, und es passte prima, den Hügel oberhalb des Hotels hoch zu laufen und ihn dort aufzunehmen. Ein weiteres Mal erwischten wir ihn unterhalb der Hütte von dem maulenden Mann.
Zug 9918 rollt durch Björkliden. Im Hintergrund das Wahrzeichen Lapplands, die Bergformation "Lapporte".
Derselbe Zug nochmal zwei Kurven vor Vassijaure unterhalb der Hütte des maulenden Mannes.
Der Zug hatte anderthalb Stunden Verspätung gehabt. Der nachfolgende Zug 9920 wäre nun auch fällig gewesen, doch ließ man den offenbar ganz ausfallen. Irgendwann bewegte sich auf dem Zugradar zwischen Riksgränsen und Narvik überhaupt nichts mehr. Ein herrlicher Abend ohne Zugverkehr! Aber die beiden Containerzüge fahren nunmal montags nicht. Wir fuhren erstmal in die Hütte zurück. Zum Öffnen des ersten Bieres setzten wir uns eine Frist bis 22.30. Dann wäre klar, dass die Spätabendfotos komplett ausfallen. Um 22.25 vermeldete Leander, dass auf dem Zugradar der Erzzug 9922 aufgetaucht sei. Natürlich ganz hinten bei Kiruna.
Für die von uns ausgekundschafteten Stellen oberhalb von Björkliden würde der Zug zu spät kommen. Wir beschlossen, ihm ein Stück entgegen zu fahren und auf ein freies Streckenstück zu hoffen, das auch nach 23.30 noch von der Sonne beschienen würde. Das war jetzt konkret abhängig von der Höhe der Berge auf der anderen Seeseite. Bei Pessisjåkka wurden wir fündig. Wir mussten hier allerdings noch sehr lange warten. Schade, denn von der anderen Richtung näherte sich auch noch ein Erzzug, den man gern an einem freien Moorabschnitt zwischen Abisko und Stordalen gemacht hätte. Warten und warten, eine Mücke nach der anderen abklatschen. Hoffentlich würde nicht erst noch der Zug von hinten kommen. Irgendwann war es dann so weit und der Zug passierte topp von der nächtlichen Sonne beschienen unseren Motivausschnitt. Es war 23.26!
Zug 9922 um 23:26 bei Pessisjåkka zwischen Kaisepakte und Stordalen.
Die beiden Erzer kreuzten nun in Stordalen. Wir versuchten, die Moorfläche zwischen Stordalen und Abisko jetzt mit unserem 9922 umzusetzen, auch wenn das Motiv für die andere Richtung idealer war. Wir liefen ein Stück in das Moor hinein. Alles war knochentrocken - also, für Moorverhältnisse jedenfalls. Wo normal das Wasser unter einem hervorgeschmatzt wäre, lief es sich wie auf einem Trampolin, auf einem trockenen Trampolin. Zudem befanden sich da irgendwelche Versuchseinrichtungen mit Messgeräten im Moor, die mit Bohlenwegen erschlossen waren. Hier blühte viel weißes Wollgras. Um 23.46 betrat der 9922 die Showbühne!
...und nochmal um 23.46 an der "Moorstelle" zwischen Stordalen und Abisko.
Der Zug hätte sogar auf der Abiskojåkkabrücke in Abisko Turist noch Licht abbekommen! Danach gab es paar Mitternachtssonnenbilder am See. Mittlerweile röhrten die Falco Symphonics aus der Auto-Stereoanlage. Zu "Helden von heute" konnten wir den Ausblick auf den nächtlichen Torneträsk im tiefen Sonnenlicht genießen, während wir nach Björkliden zurück fuhren. Wir fanden, dass der Titel passte, denn wir hatten heute echt alles gegeben. Die heutigen Fotostellen - besonders die von tagsüber - hatten alle viel Kraxelei durch die Wildnis und pro Bild zwei- bis viermaliges Unterdurchrobben unterm Wildschutzzaun bedeutet. Da wusste man, was man getan hatte.
Mitternacht am Torneträsk!
Die Kraftanstrengung, möglichst viel am Anreisetag zu wuppen, hatte leider ihren Grund: Die Wetterberichte verhießen nun nämlich für die nächsten Tage gar nichts Gutes mehr. Außer Wetteronline natürlich... Die Nacht wurde beschlossen bei einem Norrlands Guld, und um 1.30 waren wir im Bett.
Nach dem späten Zubettgehen hatten wir eigentlich eher an späteres Aufstehen gedacht. Doch als morgens um 6 die Sonne in die Hütte bratzte und es noch immer relativ wolkenlos war, schaute ich doch mal aufs Zugradar. Ein ostfahrender Erzzug war nun gerade weg. Aber nach einer Stunde sollte ein weiterer kommen. Der tauchte auch pünktlich auf dem Zugradar auf. Bis wir startklar waren, fuhr der 9905 sogar schon unter unserer Hütte durch Björkliden, doch dank eines Kreuzungsaufenthaltes in Abisko Östra konnten wir ihn überholen. Ich hatte noch ein Motiv zwischen Kaisepakte und Stenbacken offen, wo wir den Zug im heftigen Sturm wie angepeilt umsetzen konnten.
Zug 9905 vor der Kaisepakte zwischen dem nach ihr benannten Bahnhof und Stenbacken.
Das hätte auch alles schlechter ausgehen können. Im Süden hing eine Wolkengrenze, die sich zum Zeitpunkt des Fotos ganz schön weit zurückgezogen hatte. Doch nun war sie wieder massiv auf dem Vormarsch und kam hinter uns her, als es für uns erstmal zu einem gemütlichen Frühstück und einer weiteren Stunde Siesta in die Hütte zurück ging. Das Schläfchen war auch wirklich nötig. Etwas unruhig machte uns dann aber irgendwann die Tatsache, dass trotz naher Wolkenfront ständig die Sonne schien.
Also mal Bildblatt und Suncalc gewälzt und geschaut, zu wann sich denn ein Besuch an einem Motiv bei Låktatjåkka aus der DSO-Galerie lohnen könnte. Das wäre um 12 Uhr, also mussten wir um 11.15 wieder los. Gesagt, getan. Natürlich wurde ziemlich schnell klar, dass der blaue Himmel über Björkliden eben auch nichts anderes war als blauer Himmel über Björkliden - mit Betonung der letzten zwei Wörter. Westwärts fuhren wir direkt in die Wolken hinein. Egal, anschauen wollten wir uns die Stelle allerdings mal.
Jetzt am Mittag war es plötzlich deutlich kälter geworden als am Morgen! In Låktatjåkka (klingt nach Ort, ist aber keiner) parkten wir am Straßenrand, zogen erstmals auf unserer Reise Pullover über und liefen den Wanderpfad hinein. Dieser führte zum mitten im Birkenwald gelegenen Haltepunkt und dann weiter aufwärts in Richtung Trollsjön. Und zwar ganz schön steil aufwärts. Der Ausblick in Richtung Vassijaure Bahnhof mit dem gleichnamigen See dahinter war schon wunderbar, bloß halt bischen finster. Wir fotografierten Regio 95 und Erzzug 9909, dann sahen wir zu, dass wir vor etwaigem Regen wieder zum Auto kamen. Unterwegs inspizierten wir noch das Hp-Gebäude von Låktatjåkka.
Erzleerzug 9909 passiert von Vassijaure kommend gerade die Hütte vom maulenden Mann und wird gleich den Hpl Låktatjåkka durchfahren. Im Hintergrund Vassijaure Bahnhof und Vassijaure See.
Wanderer, stößt du nach langer, entbehrungsreicher Tour durch die Wildnis mitten im einsamen Birkenwald auf diese Hütte, so hast du es geschafft: Hier ist der Birkenwald an die weite Welt angeschlossen, hier ist der Bahnhaltepunkt Låktatjåkka. Doch was ist, wenn man keinen Fahrplan dabei hat? Wird hier in der Einsamkeit einer aushängen?
Dies ist der Moment, wo der Wanderer, der aus dem Lande der DSA kommt, bitterlich anfängt zu weinen, und er sinkt auf die Knie und fragt flennend: Wieso können die hier sowas und wir nicht??? (DSA sind diese unsäglichen Laufschriftanzeiger, mit denen die DB versucht, ihre Fahrgäste zu informieren). Ein kleiner Hinweis noch zum Mobiliar: Hier gibt es einen kleinen Unterschied zu Norwegen, wo an vergleichbaren Stationen bequeme Sofas stehen...
Leander wollte nun gern mal den Rest der Straße und Bahn bis zur norwegischen Grenze sehen. Vor allem interessierte uns die Lokschuppenruine in Riksgränsen, von der wir gelesen hatten, dass in die jetzt ein Hotel hinein gebaut worden sei. Also auf nach Riksgränsen. Dort besichtigten wir als erstes besagtes Bauwerk. Hatte ich mir vorgestellt, dass man dort das alte Gemäuer als Hausmauer genommen hätte, sah ich mich enttäuscht. Das Edel-Hotel bestand aus einem normalen Holzhaus, das man über ein Stück Lokschuppenmauer gesetzt hat. Die Mauer verlief innen durch das Haus bzw durch die Bar. Ich fand das ziemlich respektlos gegenüber dem historischen Gemäuer, das dadurch einfach nur entstellt wurde.
Haus auf Lokschuppenmauer in Riksgränsen. Nun ja...
Vergleichsbild von anno 2001: Na ja, etwas aufgeräumter sieht es heute ja durchaus aus.
Das Wandern hatte uns hungrig gemacht. Wir kauften im ICA Riksgränsen ein und fuhren dann wieder zur Hütte zurück, wo wir uns die zweite Hälfte der Köttbullar kochten. Davon ließen wir uns auch nicht abhalten, als es weiter südöstlich auf dem Torneträsk immer heller wurde.
Hüttenessen mit Köttbullar und brauner Soße, dazu Kartoffelpü und Preisselbeeren.
Als es nach Beendigung des Essens im Osten eher noch heller als dunkler geworden war, beschlossen wir dann doch mal schweren Herzens, auf das Mittagsschläfchen zu verzichten und im Osten nach dem Rechten zu schauen. Das mit dem Regio 96 wurde dann aber zur puren Punktlandung. Die Sonnenregion hatten wir am Fuße des Kaisepakte, dem markanten Tafelberg von unserem Morgenfoto, erreicht. Schnell durchs Geröll zum Bahndamm, unterm Wildzaun durchrobben, übers Gleis und drüben den Hügel erklommen, da kam der Zug auch schon. Kurz zog noch eine Wolkenfluse durch, doch dann klappte der Zug topp.
Regio 96 zwischen Kaisepakte und Stenbacken.
Da wir dort doch arg nah an den Wolken waren, schauten wir für einen nachfolgenden Erzzug mal weiter. Ganz unkritisch war es nirgends, es handelte sich halt nur um größere blaue Flächen, in denen aber auch noch was rumwaberte. Wir entschieden uns für den Aussichtsberg am Bf Torneträsk. Fast wären uns noch zwei Signaler mit ihrem weißen Lieferwagen ins Bild gefahren, doch als der Erzer 9916 ums Eck kam, waren die beiden gerade wieder aus dem Bildausschnitt raus.
Mgt 9916 durchfährt den Bf Torneträsk. Die kurzen Mastabstände sind nix für die Riesenloks...
Da es südostwärts am Himmel deutlich besser aussah als gen Westen, fuhren wir nun doch noch ganz bis Kiruna weiter. Doch die finsteren Wolken hatten uns verfolgt. Wir hatten sie direkt im Nacken, bzw sie waren halt schon da, so dass wir uns keine Chance auf Sonne mehr ausrechnen konnten. Im Bahnhof war gerade eine Tågkraft TMX mit Schotterzug von Süden eingetroffen. Wir fuhren durch das mittlerweile geräumte Viertel südöstlich der Innenstadt ins Industriegebiet und tankten. Abgesehen von einer Zapfsäule in Abisko gibt es dazu westlich von Kiruna ja keine Möglichkeit. Aber wer fährt dort auch so viel hin und her wie wir? Im Bahnhof Björkliden konnten wir in einem halblichtigen Moment die Kreuzung der Erzzüge 9918 und 9915 beobachten.
Zug 9918 erreicht Björkliden,...
...woraufhin Zug 9915 den Bahnhof verlässt.
Danach inspizierten wir noch den Veterantåg, der, wie wir herausgefunden haben, mehrere Tage hier abgestellt sein soll, während die Reisenden eine Schiffsreise mit der Hurtigroute absolvierten. Ganz schöne Ressourcenverschwendung... Gegen 20 Uhr waren wir wieder in der Hütte und beglückwünschten uns abermals, dass wir nicht Hütte 35 akzeptiert hatten. Die Leute in der ähnlich exponierten Nachbarhütte 36, denen wir gestern vom Weg aus im Vorbeigehen beim Essen zuschauen konnten, schienen wieder ausgezogen zu sein. Dafür gab es jetzt Anzeichen von Leben in Hütte 35. Man sah allerdings nichts, weil die armen Leute dort mit zugezogenen Vorhängen drin saßen... Mit unserem Abendessen ließen wir uns noch etwas Zeit. Wir waren beide noch nicht so hungrig.
Während des Abendessens und danach, als Leander mir seine Fotos aus dem Maramuresgebirge zeigte, konnten wir aus unserem Fenster einen kuriosen Lichtstreifen beobachten, der sich stationär unmittelbar östlich von Abisko hielt. Er wurde mal größer und mal kleiner, wanderte etwas hierhin und dorthin, aber der Spot hielt sich, und zwar für mehrere Stunden.
Sonnenspot über dem Torneträsk.
Da es ansonsten überall finster war und uns gar nichts aus der Hütte trieb, planten wir für die beiden nun anstehenden Containerzüge ein Experiment. Die leuchtenden Bänder der Züge müssten doch den Spotbereich durchqueren. Wir sperrten das Panoramafenster unserer Hütte so weit es ging auf (man muss dafür einen kleinen Haken lösen) und stellten uns mit den Teleobjektiven bereit. Beim ersten Zug 41904* hatten wir natürlich mal wieder genau Wolkenpech. Aber wir konnten eroieren, wo man den Zug am besten sehen konnte. Für den zweiten Zug 41964* lag die beschienene Fläche zwar auch ein Stück zu hoch und die Bahn lag in einem halblichtigen Randbereich, aber die Container leuchteten so genial, dass man das Bild in unseren Augen getrost als vollwertig betrachten konnte. Nein, es war sogar ein Hammer-Bild, weil man den Zug viel deutlicher sah als erwartet. (*Zugnummer lt schwedischem Bildblatt und norwegischem Daglig Graf, Nummern lt Zugradar waren 41902 und 41962)
Zug 41964 ist ein Cargonet-Containerzug und wird sogar mit einer El16 bespannt. Die Kette des Zuges strebt aus Richtung Osten auf Abisko zu.
Danach waren wir aber auch totmüde. Die Maramuresbilder hatten wir durch, und die Betten riefen.
Für heute war lediglich für den späten Abend wieder eine Chance auf Sonne angekündigt. Man konnte den Tag also ganz entspannt angehen. Wir hatten eine Bahnfahrt nach Narvik angedacht. Doch das sollte alles nicht zu einfach werden. Als wir im Internet die Tickets buchen wollten, wurde uns beschieden, dass der für die Hinfahrt geplante Zug 94 ausgebucht sei. Das war ja nun doof, denn gestern Abend war er noch buchbar. Die Rückfahrt war noch buchbar. Wir entschieden, einfach mal zum Bahnhof zu laufen und das Zugpersonal zu fragen.
Am Bahnhof angekommen sahen wir auch bald den Grund für den ausgebuchten Zug. Zwei Reisebusse fuhren vor und spuckten eine riesige Gruppe Deutscher aus, die sehr offensichtlich auch unseren Zug frequentieren wollten. Als der Zug anhielt, liefen wir direkt auf das Zugpersonal zu. Die meinten, wir sollten mal einsteigen und uns das Ticket im Cafevogn kaufen. Leider mussten wir da den Tarif "kan återbetales", also den Full Flexi Preis, zahlen, der mal eben 125 statt 65 SEK im Internet für den "ej ombokas" kostete. Danke, deutsche Reisegruppe!
Das Verstauen der Reisegruppen brachte dem bis dahin pünktlichen Zug dann auch direkt mal zehn Minuten Verspätung. Aber das Zugpersonal nahm das ganz gechilled. Wir blieben direkt im Cafévogn sitzen, denn da war zufällig gerade ein Tisch auf der Aussichtsseite frei, und in den Sitzwagen hätten wir eh nichts bekommen. Die Ausblicke waren wieder mal nett. Es geht ja gerade hinter Björkliden schon mal mit weiter Aussicht los.
Da erblasst jeder Fahrkartensammler vor Neid: Ein Kassenbon als Fahrkarte!
In Riksgränsen fing nun das Bedienmädel an, ihren Laden zu verrammeln. Und, obwohl sie gerade noch einer Familie deren Mikrowellenfraß (in der Original-Mikrowellenverpackung! Wie stillos ist das denn?) serviert hatte, forderte sie uns alle auf, den Wagen zu verlassen. Da mussten die Kinderchen halt etwas schneller kauen... Wir hatten für solch einen Fall schon ein Konzept: Im Liegewagen gab es genug verlassene Abteile, und ein solches, das schon komplett in Tagesstellung war, bezogen wir einfach mal. Vom Gang aus hätten wir nun den Topp-Panoramablick auf Norddalen und Rombakksfjord gehabt, wenn - tja! - wenn da nicht der Nebel gewesen wäre... Nur an wenigen Stellen konnte man bis in die Tiefe blicken. Das war natürlich etwas schade.
Allerdings war ich gerade auf norwegischer Seite vom Ausbauzustand der Strecke begeistert. Die Infrastruktur wirkte wie geleckt, und ich hatte das Gefühl, dass dort schneller gefahren wurde als auf schwedischer Seite. Dies war das erste Mal, dass ich diese Strecke nach den ganzen Umbauten in fertigem Zustand erlebte. Na ja, nicht ganz fertig, denn vor Narvik wird offenbar ein weiterer Ausweichbahnhof gebaut. Und der Umbau des Bf Narvik steht wohl in den nächsten Jahren bevor; dafür gab es schon Ankündigungstafeln. In Bjørnfjell stand ein silberblauer Y1. Ein Bereisungsfahrzeug?
In Narvik spazierten wir durch die Stadt, schauten mal von der Brücke auf den Erzverladebahnhof und liefen dann die Fagernes-Straße runter an den Hafen, wo wir ein wenig auf der Mole herumspazierten. Laut Wetteronline herrschte übrigens purer Sonnenschein, aber wetteronline.de, das ich mittlerweile selbst gar nicht mehr nutze, sollte sich auch auf dieser Tour zum "Running Gag" entwickeln...
Im Hafen von Narvik liegt alles, vom alten Fischerpott bis zum Kreuzfahrer...
Danach stromerten wir noch ein wenig durch das Einkaufszentrum am Bahnhof, vor allem auf der Suche nach einer typisch norwegischen Cafeteria mit der leckeren Hausmannskost, doch eine mit entsprechendem Angebot war nur klein und vollbesetzt, eine andere hatte nur Imbiss-Standardkost. Wir waren uns einig, dass ein Hüttenessen die beste Alternative sein würde und kauften entsprechend bei Coop ein.
Für diese Richtung hatten wir noch ein Internetticket bekommen können. Die damit verbundene Reservierung wies uns immerhin auf einen Reihenplatz in Fahrtrichtung auf der Aussichtsseite, wenn auch leider an einer mega breiten Fensterstrebe. Angesichts des immer noch herrschenden Nebels war die dann auch nicht so schlimm, schade!
Bei Rückkunft in der Hütte hatten wir nun aber auch gut Hunger. Es gab Hähnchen Tikka Masala mit Reis. Ja, die gute Soße vom Uncle stand uns mal wieder zur Seite. Und dann? Anstatt uns nun hinzulegen und die Völlerei auszuschlafen, zogen wir die Schuhe über und drehten noch ne Runde durch die wunderbare Berglandschaft oberhalb des Hotels. Hier gab es einen imposanten Wasserfall, mehrere Seen, viele Hügel und noch viel mehr Ausblick über die Wasserwelt des Torneträsk und seiner Nachbarseen. Wir versuchten den Hügel zu erkennen, wo der Rotormord per Hubschrauber im Film "Midnight Sun" gedreht worden war und fanden eine kleine Hütte auf Kufen, die das Hotel als Nordlicht-Observationsraum aufgestellt hat und die stilvoll eingerichtet war. In einer anderen Hütte an einem kleinen Tümpel glaubte ich die Schamanenhütte aus dem Film zu erkennen... (Fand ich überhaupt interessant, wie die Sami, also die Ureinwohner, im Film in den Vordergrund gestellt wurden; auf unseren Urlaubstouren bekommt man von den Sami bestenfalls mal Hinweisschilder am Straßenrand mit, wo deren Kunsthandwerk angepriesen wird...).
Nein, dies ist keine Schamanenhütte der Sami, dies ist das Nordlicht-Observationshäuschen des Hotels - wirklich gemütlich eingerichtet. Leider nicht gemütlich genug, dass wir dort auf das nächste Nordlicht hätten warten mögen. An den endlosen Tagen konnte es noch so viel Nordlicht-Aktivität geben, man sieht sie nicht.
Zurück in der Hütte hatten wir wieder Hunger. Hmm, ist das der Sinn eines Verdauungsspaziergangs? Bei einem dunklen Mack Bayer Bier aus Tromsø schauten wir paar ältere Skandinavien-Scans auf meinem Tablet.
Für heute hatte der Wetterbericht nochmal etwas mehr Sonne angesagt, so dass wir lieber mal den Wecker gestellt haben. Und tatsächlich herrschte dann auch blauer Himmel, als wir aufwachten. Nur ganz im Osten über dem See hing die Bewölkung. Dumm war nur, dass diese während des Frühstücks immer näher kam. Als wir eine halbe Stunde vor der geplanten Zeit losfuhren, war Björkliden bewölkt. Der Wetterbericht hatte allerdings für Riksgränsen deutlich mehr Sonnenstunden angesagt als für Björkliden. Deshalb war geplant, in Søsterbekk mit den großen Brücken anzufangen.
Wir fuhren dann auch bald aus den Wolken raus. Auf norwegischer Seite herrschte die Sonne! So sollte es sein! Wir fuhren den Fahrweg nach Haugfjell rein und wanderten dann auf dem Pfad oberhalb der Bahn in Richtung Søsterbekk weiter. Auf halbem Wege hatte man den Aussichtsfelsen erreicht, wo wir Stellung bezogen. Die Wolken waren dummerweise hinter uns her gekommen. Bald standen wir im Schatten. Doch kurioserweise stoppten die Wolken hier. Aus dem Norddalen kam wohl eine gegenläufige Strömung... Jedenfalls gelangten die Brücken nie in den Schatten und bald drehten die Wolken auch wieder ab und lösten sich auf.
Dafür kroch durch das Norddalen nun ein fetter Nebel hervor. Das Gefühl, dass er uns gefährlich werden würde, hatten wir allerdings nur einmal kurz, als hinter der alten Norddalsbru kurzzeitig gar nichts mehr zu sehen war. Bald hörte man es von oben tröten. Falsche Richtung! Es handelte sich allerdings um den Regio 90, der in Bjørnfjell nun erstmal 14 Minuten auf den leeren Erzer 9907 warten sollte. Und der kam dann auch genau in seiner Trasse und perfekt für uns durchs Bild gefahren.
Während über dem Rombakksfjord und im Norddalen der fette Nebel hängt, rollt Zug 9907 im besten Sonnenlicht über die Brücken von Søsterbekk. (Eine Mastspitze wurde elektronisch im Birkendickicht verborgen).
Und nochmal etwas weiträumiger.
Nun standen paar Züge in der Gegenrichtung an. Auf den 90 verzichteten wir mal, der hatte eh ne schwatte Lok vor. Aber für die darauffolgenden Züge liefen wir nun rüber auf die andere Talseite. Dort gab es den 9908 und den nur Mo Do fahrenden Green Cargo Güterzug 45904.
Erzzug 9908 rollt durch den Hpl Søsterbekk. Im Vordergrund schlängelt sich der Rallarveien durch die Botanik; dieser internationale Wanderweg folgt der Erzbahn vom Rombaksfjord unterhalb der Station Katterat bis Abisko.
Der zweimal wöchentlich verkehrende Green Cargo-Zug 45904 mit den Häuschen vom Hpl Søsterbekk.
Nun hatten wir auch nicht zu viel Zeit. Als Leander von seinem Aussichtsberg runtergestiegen war, liefen wir zügig den Wanderweg zurück nach Haugfjell zum Parkplatz und bewegten unser Leihmobil zum Parkplatz für den Tornehamns Kyrkogård. Dort stand die nächste Wanderung an. Ziel war ein Fotopunkt an eben jenem Friedhof der Eisenbahnbauer. Doch zwischen Parkplatz und dem Friedhof lagen 1,8 km Wegstrecke, vor allem aber so mancher Höhenmeter. Und bis zu unserem Aussichtsfelsen oberhalb des Friedhofs und des ehemaligen Haltepunktes kamen weitere Höhenmeter hinzu.
Am westlichen Ende des Torneträsk, in Tornehamn.
Aber was solls. Zu hetzen brauchten wir noch nicht, und diese Wanderpfade durch das duftende Moos und Kraut, die sich zwischen Felsen und Seen hindurch schlängeln, sind einfach nur traumhaft. Und letztendlich war der Anstieg gar nicht so heftig, da er sehr kontinuierlich verlief. Der Friedhof selbst ist ein wunderschönes Plätzchen in der Einsamkeit.
Unten an der Straße steht die Kapelle, doch der eigentliche Tornehamns kyrkogård liegt hoch oben an der Bahnstrecke.
Die Wolken machten es jetzt spannend. Zum Glück nur am Nordufer des Sees hing die Bewölkung sehr massiv, doch auch bei uns zogen immer wieder Störungen durch. Beim Regio 95 war es letztendlich wie bei dem einen Pz vorgestern. Zug kam von vorn, Schatten von hinten, doch bei Erreichen des Auslösepunktes war der Spuk von hinten schon wieder vorbei.
Zug 95 durchfährt den ehemaligen Haltepunkt Tornehamns kyrkogård.
Blöd war also nur die schwarze Lok, aber wir waren froh, diese Toppstelle immerhin schon mal zu haben. Und von so nahem kann man die Lok ja durchaus erkennen. Wir hofften dennoch, dass auch noch ein nachfolgender Erzzug klappen würde. Bis dahin konnte man die Aussicht genießen. Gern hätte ich auch von Stille gesprochen, doch die Straße war trotz der Entfernung ganz schön laut...
Tja, und wie wir da so im Kraut auf unserem Felsen lagen, ging plötzlich und unerwartet das Licht aus. Von Südosten hatte sich eine geschlossene Wolkenfront vor die Sonne geschoben. Da war nichts mehr zu wollen. Wer aber auch nicht wollte, war der von uns hier noch erhoffte Erzzug. Er kam einfach nicht. Na ja, lieber einmal ein ausfallender Erzzug ohne Sonne als ein fahrender ohne Sonne oder ein ausfallender mit Sonne...
Da das alles keinen Zweck mehr hatte und sich so langsam ein kleines Hüngerchen bemerkbar machte, verließen wir den schönen Aussichtspunkt und liefen die herrlichen Wege zurück zum Auto. Beherrschendes Thema auf diesem Weg war "Was machen wir uns zu Mittag?" und "Wo kaufen wir ein?". Auf etwas weiteres als den Bonschesupermarkt in Abisko hatten wir keine Lust. Die Wahl war auf Spaghetti Bolognese gefallen, und die Zutaten dafür würden wir zwischen den Süßigkeiten wohl finden. So war es dann auch. Und nach dem Essen gab es endlich mal ein Mittagsschläfchen...
So gegen 17.30 zeigte der Himmel zumindest über dem See wieder deutliche Auflockerungen. Das nahmen wir zum Anlass, nach einem Gemütlichkeitskaffee wieder aufzubrechen. Wir steuerten für den nächsten Erzzug die "Moorstelle" zwischen Stordalen und Abisko an. Hier schien recht kontinuierlich die Sonne. Die Wolkengrenze lauerte aber unmittelbar hinterm Motivausschnitt. Wenn sie mal näher kam, wurde sie aber immer bald wieder zurück gepustet. So war es auch vor dem Erzzug. Bis auf das Zurückpusten. Gut, Satz mit x.
Wir folgten dem Zug nochmal bis hinter Björkliden, aber da war das Licht noch nicht weit genug rum. Da es uns jetzt am Abend hauptsächlich auf die Containerzüge ankam, drehten wir direkt wieder um zur Moorstelle. Unsere Hoffnung war, dass die Sonne da jetzt tief genug gesunken wäre, um unter die Wolken hinein zu scheinen. Denn andere Motive mit genügend Seitenlicht fielen uns auch gerade nicht ein. Bei Ankunft lag die Moorstelle im Dunkeln, doch es sah nach Chance aus. Lieber das richtige Motiv wagen, als auf Krampf irgendwas anderes anzustellen. Und die Rechnung ging diesmal auf, die Wolken um die Sonne lösten sich auf, Gz 41916 (lt Zugradar 41914) kam bei fetter Theaterbeleuchtung durchgefahren.
Norwegische El16 sind für mich ein ungewohnter Anblick auf der Erzbahn. Insofern freuten wir uns, dass wir hier eine vor dem Kistenzug 41916 bekamen. Es hätte nur gern eine in der neuen, hellen Lackierung gewesen sein dürfen.
Schade war nur, dass heute offenbar Tag der Finsterloks war. So sehr wir uns auch über die El16 freuten, hätte sie nicht unbedingt die alte Cargonet Farbgebung haben müssen. Nun ja, da müssen wir wohl hinterher am Rechner etwas aufhellen... Der Containerzug sollte in Abisko mit dem Regio 99 kreuzen. Für den bezogen wir Position am anderen Ende der Moorstelle. Der Zug ging gut im Streiflicht, war höchstens büschen kurz für den langen Abschnitt.
Regio 99 an der Moorstelle zwischen Abisko und Stordalen.
Das nächste war der Erzzug 9920 von Kiruna. Der wäre ein Kandidat für den Lapportenblick in Abisko gewesen, doch hing der Ort im fetten Schatten eines Wolkenwulstes über dem Hausberg Njulla. Wir bezogen deshalb einfach wieder den Aussichtshügel für die Moorstelle. Und nachdem ein Wolkenwulst genau so plötzlich abgezogen war, wie er auftauchte, klappte der 9920 prima. Wir folgten ihm ein wenig und nahmen ihn nochmal vor und hinter Kopparåsen und im Bf Vassijaure. Beim Motiv hinter Kopparåsen hatten wir die um diese Zeit gähnend leere Straße im Bild. Und genau mit dem Zug kam natürlich ein Auto angefahren, das wir dann prominentest im Bild hatten.
Mgt 9920 an der Moorstelle zwischen Stordalen und Abisko...
...sowie im Bf Vassijaure.
Nun näherte sich auch der 41964 (lt Zugradar 41962) schon wieder. Wir fuhren ihm ein Stück entgegen - allerdings nicht weit, denn bereits vor Björkliden hatte man schon wieder eine ziemlich massive Bewölkung erreicht. Aber praktisch an den gleichen Stellen wie zuvor beim 9920 (außer Moorstelle) konnten wir die leuchtende Containerkette wunderbest nehmen. In Vassijaure kam der Zug richtig gut, schade war bloß, dass ein kreuzender Erzzug im Bahnhof stand und den Blick auf die Holzhäuschen verbarg.
Gz 41964 hinter Björkliden mit Spiegelung im See,...
...an einem Wasserfall zwischen Kopperåsen und Låktatjåkka...
...und im Bf Vassijaure. Auf den kreuzenden Erzzug hätte ich verzichten können; aber wenigstens stand der nicht VOR dem Kistenzug.
An den Bergen im Norden hingen massive Wolkenbänke, in die die Sonne nun immer mehr eintauchte. Hier noch auf den Erzzug 9922 zu warten, hatte wohl keinen so rechten Sinn mehr. Deshalb beschlossen wir den Fotoabend um 23 Uhr und fuhren mit laut aufgedrehten Falco Symphonics zufrieden in die Hütte, wo es endlich Abendessen gab...
Für die nächsten Tage war hier oben kein brauchbares Wetter mehr angekündigt. Deshalb waren wir uns einig, dass man nun langsam mal südwärts ziehen könnte. Der morgendliche Blick aus dem Fenster fiel auch auf wenig einladendes Wetter. Die Wolken hingen tief. Das marchte den Abschied ein wenig leichter. Na ja, wir hatten hier in Summe ja doch bischen was hinbekommen, damit konnten wir zufrieden sein. Aber diese Gegend und die herrliche Hütte waren eben nicht nur Bahnfotografiererei, sondern einfach Urlaub! Was für ein Glück, dass wir uns nicht mit Hütte 35 zufrieden gegeben hatten. Wenn man vorbei ging, saßen die Leute dort auch heute wieder mit zugezogenen Vorhängen drin, um nicht auf dem Präsentierteller zu sitzen. Machte ja auch nichts, denn Aussicht wäre eh nicht gewesen.
Um 9.20 hatten wir zusammengeräumt, die Hütte gereinigt und oben im Hotel ausgecheckt. Eine ganz positiv klingende Wettervorhersage gab es für die Dovrefjellregion in der nächsten Woche. Auch wenn wir gern noch was an der Nordlandsbahn gemacht hätten, würde es uns recht sein, den großen Sprung in Richtung Süden bereits an diesem Wochenende zu erledigen, so dass wir mal so grob und vage mit Ziel Dombås planten - allerdings in drei relativ kleinen, entspannenden Etappen. Als heutiges Etappenziel hatten wir uns Fauske ausgeschaut.
Die Fahrt durch komplett geschlossene Bewölkung und vereinzelten Regen verlief relativ unspektakulär. In Riksgränsen gaben wir noch unsere Pfandflaschen ab. Es ging durch Narvik hindurch und dann die abwechslungsreiche, ja, landschaftlich oftmals sogar eindrucksvolle und spektakuläre E6 südwärts. Der Verkehr war noch sehr erträglich, ich hatte jetzt in den Sommermonaten mit dem Schlimmsten gerechnet. Unterwegs stand ein Elch auf der Gegenfahrbahn und überlegte offenbar, was er als nächstes tun sollte. Die Autos konnten ihn offenbar nicht zur Entscheidung verhelfen, doch wenigstens die Straße zu verlassen... Wir schafften mit zwanzig Minuten "Luft" die 12.05 Fähre von Skarberget nach Bognes. Da danach für 70 Min nichts fahren sollte, war das auch gut so. Die letzten Ankommer, ca drei Autos und drei Womos, fanden keinen Platz mehr auf unserer Fähre und mussten nun 70 Min warten...
Für uns gab es Pølsebrød aus der Fähr-Cafeteria, die wir draußen im Freien stehend verzehren konnten. Die Kulisse rund um den Tysfjord ist immer wieder eindrucksvoll - ob nun aufgrund des Gebirges rund herum oder der Silhouette der entfernt daliegenden Lofoten. Auch die weitere Fahrt war dann entspannend. An einer Stelle, wo die E6 in einem Tunnel verschwand, bogen wir auf die alte Straße ab, stellten uns in deren Verlauf an den Rand, aßen paar Polarbrød mit Tubenkäse und hielten ein Mittagsschläfchen. Gegen 16 Uhr erreichten wir Fauske, wo wir eine Doppelhüttenhälfte im Fauske Camping gebucht hatten.
Nach dem Einchecken gab es eine Runde durch die Stadt. Erst zum Bahnhof, wo wir die Ankunft des Dagtogs aus Trondheim beobachten konnten. Dann kauften wir ein und bruzzelten uns in der Hütte eine Art Chili con carne. Auf dem anschließenden Verdauungsspaziergang durch das ausgedehnte Gelände des Campingplatzes bewunderten wir einige sehr feudal wirkende Riesenhütten. Fast hätte man vom Gelände Bahnfotos auf einem Damm machen können, aber da hingen leider die Kabel einer Überlandleitung vordergründig im Weg.
Ein Tag ohne ein einziges Foto geht zuende. Das ist mir lange nicht mehr auf einer Reise passiert...
Heute stand also die zweite Etappe unserer Fahrt südwärts an. Wir hatten den Hüttenplatz Langnes in Grong gebucht, der ja noch von vor zwei Jahren in bester Erinnerung war. So ca 10.30 zogen wir in Fauske los. Der Himmel war nach wie vor bedeckt. Tja, was gibt es von der Fahrt zu berichten? Soll ich von den überforderten Wohnmobilfahrer(vor allem -inne)n berichten, die in den einspurigen Baustellen des E6-Ausbaus über jeden Huppel nur im Schritttempo fuhren und so lange brauchten, dass die Ampel für die Gegenrichtung schon wieder einmal auf grün und wieder rot gewechselt hatte? Ich glaube, diese und ähnliche Details erspare ich euch mal. Insgesamt war die Fahrt trotz erhöhtem Womo-Aufkommen nämlich durchaus noch angenehm.
Auf dem Saltfjell kamen uns eine arbeitende Stopf- und Bettungsreinigungsmaschine entgegen. Eine Stopfmaschine von Leonard Weiß mit Namen "Filstalexpress" hatte ich zufällig irgendwann schon mal an fast derselben Stelle fotografiert. Diesmal war hier aber der "Frankenexpress" im Einsatz. Und die BRM wirbelte eine hübsche Staubwolke auf, so dass wir mal auf ein Foto rangefahren sind.
Der "Frankenexpress" kommt uns auf dem Saltfjell entgegen und wird verfolgt von einer Bettungsreinigungsmaschine.
Interessant war der E6-Ausbau. Den Abschnitten im Altzustand geht es jetzt offenbar massiv an den Kragen. Massive Bautätigkeiten konnten wir zwischen Junkerdalen und Lønsdal beobachten, vor allem dann aber auf nahezu dem gesamten Südabstieg durch das Dunderlandsdalen, angefangen am Südende der Saltfjell-Hochfläche und beendet in Mo. Auf einigen Abschnitten, auf denen wir 2016 schon Bautätigkeit festgestellt hatten, konnte man heute schon auf der neuen Trasse fahren. Sicher ist jedenfalls, dass die gesamte Saltfjellquerung außer auf der Hochfläche zwischen 2019 und 2020 ein neues Gesicht haben wird. Auch auf vielen anderen Abschnitten war Bautätigkeit zu beobachten, so zwischen Korgfjell und Mosjøen oder auch immer mal wieder im Vefsn- und Namdalen. Wohlgemerkt: Es handelt sich nur um einen Ausbau von schmaler, kurviger Landstraße auf eine sehr begradigte Landstraße mit insgesamt zwei LKW-breiten Spuren inklusive Talschleifen abkürzender Tunnels.
Im Gegensatz zu 2016 war der Korgfjelltunnel diesmal nicht gesperrt. Doch dieses Mal sind wir freiwillig über das Korgfjell gefahren, denn so langsam drückte der Hunger. Und oben auf der Passhöhe gibt es trotz geöffneten Tunnels einen Veikro. Dort gab es für uns eine ordentliche Portion Elgkarbonader mit Kartoffeln und Ertestue (Erbsenpüree). Und natürlich einen Kaffee. Wir konnten das Essen bei wunderschönem Ausblick auf die Gebirgslandschaft genießen.
Unter der Soße verborgene Elgkarbonader im Kro auf dem Korgfjell.
Leander hatte auf der Autofahrt noch bemerkt, dass es am Straßenrand viele Hinweisschilder zu Kriegsgedenkstätten gäbe und wir hatten uns ein wenig über Partisanenaktivitäten unterhalten. Da Leander ja Norwegen-Neuling ist, allerdings schon vielfach die ex-Jugo-Staaten bereist hat, kam das Gespräch beim Thema "Partisanen" natürlich auch auf den Balkan. Wie verwundert haben wir geschaut, als wir auf dem Korgfjell auf einen Gedenkstein stießen, auf dem an jugoslawische Kriegsgefangene erinnert wurde, die offenbar von den Nazis zum Bau der Passstraße übers Korgfjell "benutzt" wurden und von denen viele nicht überlebt hatten.
Insgesamt war heute ja fast nix an Zügen auf der parallelen Nordlandsbahn angekündigt. Einen Zug sollten wir laut daglig graf allerdings sehen, der im Selfrivatn pukkverk (Steinbruch) auf der Passhöhe bei Majavatn beginnen sollte. Doch von dem war nichts zu sehen. In Majavatn am Bahnhof gab es nochmal etwas Augenpflege. Obwohl hier nur noch zwei Zugpaare halten, gibt es im EG einen frisch renovierten Warteraum mit Sofas und eine blitzeblanke Toilette.
Einzelne Risse in der Wolkendecke hatten Hoffnung auf zunehmende Auflockerungen in Richtung Süden gemacht, doch die Hoffnung wurde enttäuscht. Nach Bezug der Hütte in Grong und einer Einkaufsrunde beobachteten wir den südfahrenden Dagtog im Bahnhof. Ein Fahrgast kam mit einem kleinen Hubschrauber zum Bahnhof und war auf der Wiese neben dem P&R-Platz gelandet. Ein anderer Herr, der mit dem Auto vorgefahren war, übernahm den Heli und startete zur Gaudi der Zuginsassen genau im Moment der Zugeinfahrt.
Auch hier in Grong hatten wir mal wieder die "erste Hütte am Platz" - natürlich nur von der Lage her - gezogen. Hütte Nr 1, gleich an der Zufahrt. Allerdings hatte sie dann doch noch genügend Abstand, niemand konnte reinschauen und so viel Verkehr war ja nicht. Kein Vergleich zur 35 in Björkliden. Insofern alles gut :-)
Zum Abendessen auf der Hütte gab es verschiedenen Kleinkram: Tomaten, Brot, Schinken, Geitost (Ziegenkäse), Nøkkelost (Kräuterkäse) und Namdalsgomme. Kennt Ihr nicht? Wir auch nicht. Klang aber einladend einheimisch. Letztendlich handelte es sich um eine süße Käsepaste mit deutlichem Zimtgeschmack. Das passte perfekt zum Nachtisch, denn wir hatten Rømmegrøt gekauft, aber weder Zimt noch Zucker zur Verfügung...
Abends begann dann noch ein ziemlich frustriertes Studium der Wettervorhersagen. Mittlerweile sahen die Aussichten für Mo i Rana, wo wir ja nun heute Mittag gerade durch waren, wesentlich besser aus als für unser eigentlich angepeiltes Ziel in der Dovre-Region. Nochmal wieder drei Stunden zurück fahren? Angesichts unseres Finalzieles im Südosten erschien das keine gute Idee, obwohl wir in der Rana-Region im Vorbeifahren zahlreiche potentielle Motive gesehen hatten. Wir waren frustiert und ratlos. Letztendlich vertagten wir die Entscheidung auf morgen früh.
Der Morgen ging eigentlich ähnlich weiter. Die Wetterberichte waren für weiter im Norden tendenziell etwas besser als für die Dovreregion. Für die Ecke südlich Trondheim sah es allerdings auch ganz gut aus. Das gab letztendlich den Anstoß, dass wir uns gegen den langen Ritt zurück nach Mo (und dann die doppelt lange Reise zum Zielpunkt der Tour) entschieden. Falls das Wetter auf dem Fjell einbrechen würde, könnte man halt unter Inkaufnahme einer längeren Anreise ins Motiv Richtung Støren o.ä. fahren.
Unser Mietwagen vor der Hütte in Grong auf dem Langnes-Camping.
Also buchten wir mal die Hütte in Furuhaugli bei Dombås auf der Fjellhochfläche. Das wird jedenfalls nochmal herrliches Wohnen in der Einsamkeit des Hochgebirges. Die nächste Ernüchterung war die Buchungsbestätigung, die uns eine Hälfte einer Doppelhütte verhieß. Das schöne an (Einzel-)Hütten ist ja immer, dass man keine lärmenden Nachbarn hat. Und Holzhütten sind ja immer sehr hellhörig. Blöde, man wird sehen, wie es wird.
Während dieses ganzen Hütten- und Wetter-Hinundhers saßen wir zu allem Überfluss auch noch zunehmend in der Sonne, obwohl diesmal alle Berichte übereinstimmend geschlossene Bewölkung ansagten (auch für aktuell!). Nun denn, Zugverkehr war erstmal eh nicht. Rechtzeitig zu dessen Beginn zogen wir zur Namsenbrücke um. Kaum hatten wir dort geparkt, schaute ein Bauer in unsere Richtung. Wir erklärten, was wir vorhaben und fragten, ob wir seine offenbar frisch ausgesäte Wiese betreten dürften. Ja, durften wir. Und so trug es sich zu, dass wir nach einiger Wartezeit sowohl Dt 471 als auch Gz 5799 auf der Brücke mit Sonne bekamen. Es mag wohl mein vierter Anlauf an dieser Stelle gewesen sein - und endlich hat es mal geklappt!
Nördlich von Grong quert der Dagtog 471 den Namsen und dessen Tal auf einem Viadukt.
Wiedermal typisch: Alle Züge kommen auf einmal, dann ist wieder stundenlang nichts. Dem Dagtog folgte der Gt 5799, dessen hinterer Teil sich auf der Namsenbru und dessen vorderer Teil sich auf der Fosslandselvabru befindet.
Der Sonnenschein war gar nicht mal sooo selbstverständlich, denn um die Sonne herum war alles vorhanden, vom Schleier bis zu kleinen Küddelwolken. Nun sollte noch der Talent aus Mo kommen. Für den suchten wir den Straßenviadukt bei Formofoss auf. Bei Durchfahrt von Rt 478 war leider das Licht eher gedimmt und im Hintergrund hell - eine ganz blöde Konstellation.
Mit partieller Aufhellung des Vordergrundes ließ sich die Szene noch ganz gut retten: Rt 478 von Mo i Rana hat Formofoss verlassen.
Wir hatten noch ein gutes Stück Wegstrecke vor uns! Deshalb haben wir uns nun erstmal auf die E6 gesetzt, auf der es bis kurz vor Steinkjer auch schön zügig voran ging. Danach mal so und mal so, aber immer noch alles im grünen Bereich. An der Aglo-Kommune westlich Langstein machten wir Pause für paar Reste aus der Fresstüte. Da wir spät dran waren und heute Abend in Dombås was essen wollten, sparten wir uns jetzt was größeres.
Und weiter ging es. Der Verkehr um Trondheim war wie immer anstrengend. Nachdem man hinter Støren die übelsten Schleicher überholt hatte, ließ es sich allerdings hervorragend fahren. Wir hatten offenbar viel Glück mit dem Verkehr. Auf der anderen Spur wälzte sich uns eine endlose Karawane im Minimaltempo entgegen. Wenn mal ne längere Pause war, kam bald das nächste Wohnmobil mit erneut endlosem Gefolge entgegen. Hier in Skandinavien überholt man ja auch nicht. Man erträgt mit stoischer Ruhe, dass man dann eben zig Kilometer nur mit 60 durch die Gegend öttelt. Oder hinter besonders hilflosen Fällen eben noch langsamer...
Gegen 18 Uhr trafen wir in Furuhaugli ein. Wir hatten nicht nur eine Doppelhütte, sondern wir hatten auch wieder die Pförtnerhütte gleich vorn an, so dass wir auch ganz sicher alle Autos, die mit auf dem Schotter knirschenden Reifen den Hof erreichten, hören mussten. Immerhin hatten wir die dem Zufahrtsweg abgewandte Seite der Hütte, hatten einen hübschen Blick und saßen keineswegs auf dem Präsentierteller, wie es bei Hütte 35 in Björkliden gewesen wäre. Insofern haben wir die Hütte durchaus widerstandslos bezogen.
Nach dem Bezug unserer Doppelhaushälfte, deren andere Hälfte noch nicht lebte, drängte uns der Hunger nach Dombås. Dort war es so warm, dass wir uns sogar bei Frichs Cafeteria draußen auf die Veranda setzen konnten. Kurz schien mal die Sonne. Wir aßen gekochte Lammhaxe mit Kartoffeln und Möhrenpüree. Das gab es als "Dagens" mitsamt einem kleinen Fruchtcocktail. Beim Essen konnten wir unten auf dem Parkplatz das wuselige Leben beobachten. Es war wirklich mega voll dort. Und es war wirklich köstlich, die Skandinavier dort mit ihren Autos beim wuseln zu beobachten. Norwegen dürfte das Land mit der größten Tesla-Dichte sein, und ich halte Norwegen auch für ein gutes Land, um das von Tesla entwickelte führerlose Fahren einzuführen. Es kann dadurch nur sicherer werden; wie kann man nur beim "fahren" so kopflos anderen im Weg herumstehen???
Lammhaxe bei Frichs zu Dombås auf der Veranda.
Zur Verdauung gab es eine kurze Visite am Bahnhof. Eine Bane Nord TMZ stand dort mit einem Schotterzug und Begleitwagen abgestellt. Die hätte man ja gern mal auf Strecke... Zurück in der Hütte konnte ich diesen Bericht auf der Veranda sitzend fortsetzen, während Leander fürs Internet zum Hauptgebäude gegangen war. Teilweise saß man allerdings in einer nach Weihrauch riechenden Wolke. Vielleicht ein Saunaaufguss in einer der umliegenden Hütten? Danach gab es, weil ja Sonntagabend war, einen Tatort. Allerdings nicht den heutigen im Livestream - dazu war die WLAN-Qualität definitiv zu schlecht. Leander hatte einen älteren runtergeladen, der ganz spannend war.
Auch wenn immer mal einzelne Risse in der Wolkendecke auftauchten, so herrschte doch das in meinem bevorzugten Wetterbericht "Meteoblue" für heute angekündigte wolkige Nieselwetter vor. Wir waren darauf seelisch vorbereitet. Nach drei Tagen des Reisens auf der E6 nutzten wir das Wetter, um einfach mal faul zu sein. Nach einem ausgiebigen Frühstück, dem Leander sogar Rührei hinzufügte, taten wir - nichts! Wir hingen einfach nur faul in der Hütte ab, während nebenan der hinzubuchbare Reinigungsdienst laut polternd die andere Hüttenhälfte säuberte, nachdem man von den Nutzern abends und morgens praktisch gar nichts gehört hatte.
Zum Rt 41, der laut Togsammensetninger jetzt Mo-Do lokbespannt fahren soll, fuhr ich allein mal nach Kongsvoll. Paar einzelne Aufrisse waren auch jetzt immer mal vorhanden. So auch rund um Kongsvoll, wo ich noch den einen oder anderen Ausblick auf der Todo-Liste gehabt hätte. Ich stieg dazu den Fjellbotanik-Lehrpfad bis auf einen Felsen hinauf. Die Viertelstunde, die der Zug Verspätung hatte, musste ich im eisigen Wind warten. Der Zug war dann weder lokbespannt, noch kam er in irgendeiner Art von Licht. Wetteronline hatte übrigens wieder 11 Stunden Sonnenschein verheißen :-)
Rt 41 kommt nicht lokbespannt, sondern als doppelte Bm73-Garnitur.
Zurück in der Hütte nahm ich nur kurz die Einkaufsliste auf, bevor ich nach Dombås aufgebrochen bin. Was sich dort in Dombås auf dem Dorfparkplatz vor den Geschäften abspielte, spottete jeder Beschreibung. Autos und Wohnmobile fuhren Ringelreihen um die Parkplätze herum, ließen einen dabei allerdings nicht aus der Parklücke, so dass also auch schwerlich was frei werden konnte. Sicherlich nicht aus Boshaftigkeit, sondern weil der Fahrende eben vor dem aus der Parklücke Vorfahrt hat. Oh liebe Deutsche, wenn Ihr denkt, Ihr könntet am "deutschesten" fahren, dann seid ihr noch nicht in Skandinavien gewesen! Was sehnt man sich dann auf den Balkan, wo alles zwar etwas chaotisch abläuft, aber wo jeder ein Auge auf den anderen hat.
Ok, zurück zur Hütte. Nach bischen Foddos guggen haben wir uns Kjøttkaker mit Reis, brun saus und Preisselbeeren gemacht. Viel zu viel, nun ja. Der Magen war voll und schwer. Und was soll man mit vollem Magen tun? Richtig: Ruhen oder tausend Schritte tun. Wir entschieden uns fürs Ruhen. Nein, wir entschieden uns natürlich für beides! Nach dem Ruhen ging es schon fast auf 18 Uhr zu (wo war heute die Zeit geblieben?) und wir verließen zum ersten Mal gemeinsam die Hütte. Und zwar für einen Spaziergang von Furuhaugli aufwärts in die Berge, weg von der Zivilisation. Wir stießen bald auf den Pilgrimsleden, den Pilger-Wanderweg, dem wir bis zu einem kleinen Berggipfel folgten. Hier ging wieder der fiese kalte Wind. Aber die Sonne kam raus und ermöglichte paar Labis.
In den Bergen oberhalb von Furuhaugli: Blick vom 1148m hohen Langranden über die Fokstumyra, einem Hochmoor, durch das auch die Bahn führt.
In die andere Richtung blickt man vom Langranden zum Furuhaugli Hof (die Wohnmobile leuchten links aus dem Wald). Der markante Bergkegel weiter rechts ist die Mehøe. Rechts am Bildrand folgt eine massive Bergwand, die alles noch deutlich überragt.
Wieder zurück in der Hütte. Die Sonne kam ja durchaus immer mal durch. Fast dachte man, dass sich die Wolken langsam auflösen. So hatte es der Wetterbericht auch für den Abend angekündigt (nicht nur Wetteronline). Wir dachten, wir schauen einfach mal in Dombås, ob die TMZ wieder da ist und sich ablichten lässt. Doch auf der Fahrt sah es Richtung Dombås dunkel aus, so dass wir "nur" oben auf der Hochfläche den Nysætervegen reingelaufen sind. Zug 47 klappte dort auch tatsächlich mit Sonne!
Vom Nysætervegen schauen wir auf den See Kringluttjønne.
Rt 47 rollt von Fokstua auf uns zu...
...und verschwindet in Richtung Vålåsjön.
Zurück in der Hütte. Die Wolken lösten sich tatsächlich immer mehr auf. Wollen wir jetzt wirklich einen Film sehen? Nee, um 22.24 sollte GreenCargo Gz 4812 durch Hjerkinn kommen. Auch wenn ich mir wolken- und bergtechnisch jetzt nicht die megagrößten Chancen ausrechnete, wollte ich es mit eigenen Augen sehen, wie das dort um 22.24 aussieht! Leander hatte nur auf diese Entscheidung gewartet und es ging bei wunderbar tiefer Sonne nach Hjerkinn. Die Stimmung dort war wunderbar! Oben auf dem Tverrfjell war diesmal der Parkplatz voll mit Caravans. Es herrschte zwar Schatten, aber nur aufgrund einiger noch über der Snøhetta hängenden Wolken, die mehr und mehr zerfaserten.
Blick von den Tverrfjell gruver auf Hjerkinn.
Vor der Kulisse der gewaltigen Natur hatten sich die Womos in einem magischen Kreis aufgestellt. Die von diesem Kreis ausgehende Kraft benötigten wir jetzt auch und stellten einfach unser farblich abgestimmtes Mietmobil dazu. Sonne, bleib bei uns!
Die Wolken lösten sich tatsächlich komplett auf. So gegen 22.15 merkten wir allerdings, dass der Bergschatten langsam gefährlich wurde. Also, das "langsam" war jetzt gelogen. Mit der Planzeit des Zuges konnte das nichts mehr werden. Zum Glück kam der von einer blauen Rc-Lok (!) gezogene 4812 rund fünf Minuten vor Plan um die Ecke. Die Landschaft ums Gleis herum sah schon nicht mehr wirklich beleuchtet aus. Aber der Zug erstrahlte noch in vollem Licht.
Die Kraft war mit uns: Um 22:17 rollt Green Cargo Gt 4812 noch voll angeleuchtet durch das Motiv. Um 22:18 war dort alles dunkel!
War das eine tolle Sache? Wir waren happy! Darauf gab es im Auto auf der Rückfahrt laut aufgedreht "Helden von heute" von Falkos Symphonics; das hatten wir uns verdient! In der Hütte folgte ein weiterer Tatort aus der Konserve (das hatte uns gestern gefallen!), wobei wir nebenbei den morgigen Tag planten, der wettertechnisch ganz schön werden sollte - nicht nur laut Wetteronline ;-)
Morges ist ja auf dem Dovrefjell praktisch gar nichts los. Um 4.30 zur Zeit des Nachtzuges lag das Fjell noch nicht in der Sonne. Doch dann wachten wir bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein auf. Letzteres ist ja mein Lieblingssatz für jeden Reisebericht... Zwischen 6 und 9 sollte heute ein Baufahrzeug arbeitend langsam von Dombås nach Hjerkinn fahren. Das konnte natürlich die TMZ mit dem Schotterzug sein. Das konnte aber auch alles andere Hässliche sein und war uns zu vage und überhaupt. Deshalb hatten wir uns davon nicht stressen lassen wollen, ggf konnte man die Fuhre in Hjerkinn nach Lokumlauf topp im Licht nehmen. Somit stellten wir den Wecker auf 7 und frühstückten in Ruhe. Ein zufälliger Kontrollblick von unserer Veranda ergab: Es war tatsächlich die TMZ!
Schotterzug 53013 konnte unterhalb unserer Hütte beobachtet werden und war das Zeichen, langsam mal aufzubrechen.
Nun blieb also ein angekautes Butterbrot auf dem Küchentisch zurück, und die Zahnbürste blieb trocken. Der Zug war natürlich an den freiesten Stellen auf dem Fjell vorüber. Das war nun ärgerlich, aber nicht zu ändern. Wir bekamen Zug 53013 querab nochmal an einer halbwegs freien Stelle am Vålåsjøn und nochmal im Bahnhof dieses Namens - hier leider mit furchtbar spitzem Licht.
Schotterzug 53013 ist im neuen Ausweichbahnhof Vålåsjø angekommen und hatte keine Lust mehr. Oder keinen Schotter. Jedenfalls hängte der Tf seine Lok ab und es ging zurück nach Dombås.
Hatte der Zug erst noch freie Durchfahrt nach Hjerkinn gehabt, blieb der Zug stehen und die Ausfahrt flog auf Halt. Klar, die Schotterwagen waren bis auf einen schon leer. Man würde bereits hier nach Dombås zurück wenden. Da wir zu unserem übrigen Programm noch Zeit hatten, beschlossen wir, die Rückfahrt irgendwo querab und dann vor allem wenigstens einmal mit gutem Lichtstand bei der Einfahrt in Dombås zu nehmen. Na ja, das Bild von 53014 auf dem Fjell war dann eher Spielerei.
Zwischen Herrenhaus und Scheune von der Fokstua (namensgebend für den Ausweichbahnhof unterhalb) rollt der nunmehr leere Schotterzug 53014 zurück nach Dombås.
Der Zug hatte nun ganz gut Tempo drauf. Wir gingen aber davon aus, ihn im Abstieg nach Dombås einholen zu können, da der Zug ja die riesige Rundkehre befährt. Das Konzept hätte auch durchaus aufgehen können, zumal der Verkehr in Dombås noch nicht voll angelaufen war. Aber die Bahnhofszufahrt war einspurig mit Ampelregelung, und inmitten des Einspurabschnittes stand ein LKW und ließ Beton oder Asphalt raus. Das konnte dauern. Wir gaben auf, zumal der nächste Güterzug, den wir in Hjerkinn machen wollten, schon in Oppdal gemeldet wurde. Der Snøhettablick ging dann auch richtig topp mit dem Gt 5710, wenngleich es nicht unbedingt so eine Dunkellok hätte sein müssen. Dass die ollen El14 immer noch fahren müssen...
Gt 5710 vor der 2278m hohen Snøhetta, die sich nur selten wolkenfrei zeigt. Vor dem Gaskesselwagen hängt eine Lok. Kann man kaum sehen, ist aber da.
Es folgte der Rt 42. Den wollte ich gern mal in Kongsvoll von den Felsen mit dem Fjellkräutergarten machen. Leander setzte ich zuvor in Grønbakken aus. In Kongsvoll kletterte ich also den Kräuterlehrpfad hoch, und ein Stück hinter dessen Umfriedung fand ich einen hübschen Ausblick in das Tal ohne Straße im Vordergrund.
Rt 42 hat in Kongsvoll gehalten und rollt nun weiter bergauf zum höchsten Punkt der Dovrebahn.
Nun ging es mit Stopp in Grønbakken wieder zur Hütte zurück, wo wir das Frühstück schön draußen auf der Terrasse fortsetzen konnten. Ein wunderschöner Tag. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir vorm Losfahren nochmal "eben schnell" die Hütte um eine Nacht bis übermorgen verlängern wollten. Das ging ja nun gar nicht, man sei in der Preisklasse ausgebucht. Na super, das wäre ja auch zu einfach gewesen...
Ähnlich "erfolgreich" ging es weiter. Für den nun bald anstehenden Rt nach Trondheim und einen Güterzug nach Oslo bestiegen wir erneut den Kräuterfelsen von Kongsvoll. Beide Züge kamen bei Wolke, lediglich vom Rt 41 war ein Nachschuss drin. Die Sache begann ärgerlich zu werden, da brauchte man sich nichtmal über den Tine-LKW aufzuregen, der im letzten Moment auf den Kongsvollhof, den ich für den Gz im Vordergrund haben wollte, hineinfuhr.
Immerhin kam noch bischen Kleinkram bei Sonne durch...
...und besagter Nachschuss auf den Rt 41.
Von Süden stand nun noch ein Holzzug nach Skogn an. Für den fuhren wir zum Vålåsjøn. Der ließ allerdings länger auf sich warten. Und die 50% Bewölkung (Nicht-Bahnfotografen würden von "Schönwetterwolken" sprechen) machte auch hier gar nicht mal soooo viel Hoffnung auf ein Sonnenbild. Jetzt war eindeutig der Wurm drin. Und er wurde natürlich zu Wolkenschaden Nr 3.
Das ursprüngliche Konzept hätte uns jetzt ein Stück nach Norden in das tief eingeschnittene Drivadalen fahren lassen, wo vermutlich ein schöner Talblick von weiter oben am Hang möglich gewesen wäre. Doch dort oben hingen so viele dicke Klopper am Himmel, dass wir das direkt schleunigst aufgaben. Südwärts hatte es wesentlich besser ausgesehen. Warum nicht einfach dorthin fahren? Gesagt, getan. Tatsächlich fuhren wir am Ende der Hochfläche aus dem Bereich der ganz großen Wolkenklopper, die jetzt auch nicht mehr "nur" 50% des Himmels einnahmen, hinaus. Über Dombås schien die Sonne. Nur wenige kleine Wölkchen bevölkerten den Himmel.
Kurios: Ich erhielt eine englischsprachige SMS vom Fire Department Hallingdal, die mich auf das momentane extrem hohe Waldbrandrisiko hinwies und dass ich doch bitte feuergefährdende Handlungen unterlassen möge. Stellte sich nur die Frage, wo die meine Nummer her hatten. Eine SMS an alle im Zuständigkeitsbereich eingeloggten Handys kann es nicht gewesen sein, da man auf dem Dovrefjell sicherlich nicht auf die Feuerwehr aus dem Hallingdalen wartet. Oder anders gesagt: Wir waren weeeeeit aus deren Zuständigkeitsbereich heraus, das Hallingdalen liegt an der Bergenbahn.
Wir hatten keine Lust, für einstweilen nur einen Südfahrer unnötig weit zu fahren. Die doppelte Tunnelausfahrt im Bf Dombås darf auch gern mal wieder genommen werden. Wir saßen in der Sonne auf dem Bahnsteig, ich konnte schon mal ein Hotel für Freitag in Nyköping buchen, wo wir in Flughafennähe sein wollten. Wir beobachteten einen unfotogenen Güterzug aus der falschen Richtung, dessen Personal in der prallen Sonne Tf-Wechsel machte. Wir liefen in den Ort runter und kauften uns ein Eis. Der Tag war wieder schön, so ein Eis kann Kräfte wecken! Die Sonne sengte heiß vom Himmel, als wir durch die staubige Baustelle zum Bahnhof zurück liefen.
Aus dem einen Tunnelloch sollte nun der Talent aus Åndalsnes kommen, aus dem anderen der Bm73 von Trondheim. Die Wolke kam etwa fünf Minuten, bevor der erste Zug kommen sollte. Und sie waberte nun ohne konkrete Zugrichtung vor sich hin, dehnte sich aus, zog sich zusammen. Rund um die Planzeit des Talents hatte sie sich sogar wieder gut zurückgezogen und das Motiv lag für fünf Minuten in der Sonne. Bloß der Talent kam nicht. Der kam zwei Minuten vor dem Schnellzug, und in dieser Zeit war es komplett dunkel. Wolkenschaden Nr 4 und 5! Und das Umsetzen des Talents auf seinen Abstellplatz ging ebenfalls bei Wolke.
Nein, wir hatten keine Lust mehr. Auf das heutige Programm nicht mehr, aber allmählich auch auf diese Tour nicht mehr. Denn es gab ja wirklich null Anhaltspunkt, wohin zu wenden sich noch lohnen würde. Heute war gemäß Ankündigjng der schönste Tag dieser Woche, doch wenn da nur zwei richtige Streckenaufnahmen klappen, ist das ätzend.
Wir machten in Dombås Besorgungen, wobei wir passend zum Tag den Supermarkt mit der schlechtesten Auswahl nahmen, und zogen mit unseren Einkaufsbüddeln hoch zur Hütte. Der Himmel hatte mittlerweile komplett dicht gemacht, doch es war noch immer warm genug zum draußen sitzen. Dabei konnten wir vor unserer "Pförtnerhütte" die Parade der ankommenden Autos und Wohnmobile abnehmen...
Als wir davon genug hatten, schlüpften wir gegen 18 Uhr nochmal in die Schuhe und liefen auf einen ggü gestern anderen Hügel hoch. Der Hügel, die Mehøe, entpuppte sich dann allerdings doch als ganz ordentlicher Berg. Wie eine Pyramide hatten wir den vermeintlichen Gipfel beim Anstieg ständig als gen Himmel zeigende Spitze vor Augen. Oben angekommen durften wir feststellen, dass es sich um ein kleines Hochplateau handelt und wir gar nicht auf der höchsten Erhebung dieses Plateaus standen. Der Weg zum höchsten Gipfelpunkt war nun allerdings ein Spaziergang. Und vom dem aus hatte man einen tollen Ausblick auf die Bahn und E6 zwischen Vålåsjøn und Hjerkinn.
Blick von der 1271m hohen Mehøe auf den Avsjøen und die Verkehrswege zwischen Vålåsjø und Hjerkinn.
Hier oben wurden wir zudem gewahr, dass es im Westen und gar nicht soooo weit von uns entfernt ein jähes Ende der Bewölkung gab. Doch wir hatten den Eindruck, dass diese Grenze kein Stück näher käme. Zurück in der Hütte gab es ein Lamm Tikka Masala, danach paar Balkanfotos. Die Wettervorhersage für morgen war nun auch wieder ziemlich zusammengebrochen. Ein Stück weiter nördlich, im Raum Trondheim, sollte es deutlich besser sein. Aber so rechte Lust, wieder zurück zu fahren, hatten wir nicht. Zum Fotografieren hätte man in Norwegen eh nur den morgigen Mittwoch gehabt. Die Reise zum Flughafen Skavsta südlich von Stockholm wollten wir nicht komplett an einem Tag abreißen.
Wir hatten den entspannten Start beschlossen. Der Himmel zeigte sich mit einer Mischung aus etwas Blau und vielen Wolken. Unsere Erwartungen waren niedrig, eher dachten wir an ein Programm abseits der Bahn. Der Bomveg durch das Grimsdalen im Rondane Nationalpark hätte uns interessiert. Aber der Bomveg (Privatstraße gegen Bezahlung) hat eine eigene Website, auf der die Rede davon ist, dass man zum Bezahlen nur Kreditkarten ohne PIN nutzen könne. Zwar kann ich in Deutschland bis 25€ ohne PIN bezahlen, aber in Stockholm hatte ich sogar für eine Kugel Eis die PIN eingeben müssen...
Mit dem Aufräumen der Hütte waren am Himmel nun doch paar blaue Stellen, so dass wir einfach mal nach Kongsvoll dem Rt 42 entgegen fuhren. Dort war man auch tatsächlich aus einem größeren Wolkenfeld hinaus gefahren. Der Zug klappte mit Blick aus dem Kräutergarten. Allerdings hatte ich ein kleines Stück E6 mit im Bild, und dort fuhr natürlich gerade ein extra langsames Wohnmobil. Es folgte noch Zug 12340, eine Talentüberführung.
Nochmal Kongsvoll: Rt 42 hält im Bahnhof. Der Kongsvoll-Hof im Vordergrund wurde 1712 als Pilgerherberge errichtet, nachdem der Vorgänger-Gasthof aus dem 12. Jahrhundert einem Bergrutsch zum Opfer gefallen war.
Blick aus dem Netz der Fjellkräuter-Lehrpfade auf Zug 12340, eine Talentüberführung für die Raumabahn.
Zum bisherigen Schlonz quollen die Queller schon wieder wie blöde. Es machte keinen Sinn, länger hier zu bleiben. Grobe Richtung sollte für heute "Schweden quer durch die Wälder" sein. Von der E6 hatten wir genug. In Hjerkinn links ab und es hieß adé Dovrebahn, adé E6. Weit kamen wir allerdings nicht. In Folldal gefiel uns das Ensemble des alten Bergwerkes oben am Hang. Wir beschlossen, uns das anzuschauen. Und dort stießen wir auf Schienen!
Der Grubenzug der Folldal-Gruver steht für die nächste Fahrt bereit.
Das ganze war recht liebevoll erhalten. Offenbar kümmerte sich ein Verein rege um den Erhalt der 1993 geschlossenen Kupfergrube. Wir machten paar Bilder. Man konnte auch mit dem Grubenzug in den Stollen fahren, doch der Zug war nicht zu sehen. Wir vermuteten einfach mal, dass die Abfahrt immer zur vollen Stunde sei und stellten uns, als es auf 12 Uhr zuging, mit gezücktem Fotoapperat an den Stollenausgang. Und wir mussten nicht lange warten. Man hörte ein Rumpeln im Berg und plötzlich flog die Stollentür auf und der von einer Akkulok gezogene Zug kam herausgeschossen. Leider schien gerade keine Sonne.
Die Stollentür flog auf und die Eisenbahn kam angebraust. Gut, dass gerade kein hilfloses Wohnmobil auf den Schienen stand...
Immer den Gedanken im Hinterkopf, dass wir noch büschen Strecke machen wollten, überlegten wir, ob wir nicht eine Runde unter Tage mitmachen wollen. Irgendwie musste man das ja unterstützen. Wir kauften also für 120 NOK pro Person Fahrkarten und fuhren mit in den nur 5° warmen Stollen. Das ließ sich aber trotz kurzer Hose gut aushalten. Nach rund 600m Fahrt durch den sich windenden und immer mal verzweigenden Gang stiegen wir aus. Hier gibt es einen unterirdischen Fahrstuhlschacht, wobei der Fahrstuhl abgebaut ist. Und im Raum von dessen einstiger riesiger Kabelwinde hat man heute eine kleine unterirdische Partygrotte eingerichtet. Dort gab es einen kleinen Vortrag, von dem wir immerhin bischen verstanden. Wir bekamen danach ein Blatt mit der deutschen Übersetzung zum nachlesen. Wir waren uns einig, dass dieses Stündchen gut investiert war. Interessantes Detail: Das Bergwerk war früher über eine 34 km lange Materialseilbahn mit der Rørosbahn verbunden. Das war zumindest damals die längste in Europa.
Teile der Seilbahn hat man museal wieder aufgebaut.
Wir verließen Folldal dann südwärts. Wenn wir schon nicht durchs Grimsdalen kamen (jetzt schon allein zeitlich nicht), wollten wir zumindest die Panoramastraße am Ostrand der Rondane nehmen. Am Sohlbergsplassen, einem wunderschön gelegenen Aussichtspunkt, hielten wir Mittagsrast.
Auf der Weiterfahrt genossen wir natürlich weiterhin viel tolle Landschaft. Trotz der schwarzen Wolken ließ sich die Sonne immer wieder blicken und beleuchtete die violetten Rallarråsen, die hier massenweise standen. Als wir auf dem Rv3 unten waren, legten wir uns während der Fahrt endlich die Karten, was wir weiter wollten. Morgen sollte das Wetter in der Hallsberger Ecke ganz gut werden. Und dort ist ja auch immer büschen Verkehr. Man könnte sich dort den privaten Fern-Personenzügen widmen. Eigentlich müsste man dort heute noch ganz runter fahren. Die Recherche ergab, dass man trotz Fahrt durch die Wälder unter Meidung der großen Hauptachsen bis 21 Uhr im Zielgebiet sein konnte.
Unterkunftstechnisch wurde es im Raum Örebro etwas schwierig. Bei den Innenstadthotels war die Parkplatzfrage größtenteils ungeklärt oder bissi teuer, bei einigen Campingplätzen war es nichts mit Spätanreise, ein Hotel an der E18 war Leander zu steril, ein wunderschönes Holzhaus-Hotel in der Pampa westlich von Örebro war mir etwas zu spartanisch (Du/WC auf dem Zimmer darf schon gerne sein...). Somit wechselten wir gedanklich nach Kristinehamn, wo es ein günstiges Hotel mitten in der Innenstadt gab, das kostenlose Parkplätze versprach.
Über all dies waren wir in Rena vom Rv3 abgefahren und bereits wieder in die Wildnis abgebogen. Wir fuhren nun auf gut befahrbarer Straße (Rv25) stramm ostwärts auf die Grenze zu. Man bekam nochmal das volle skandinavische Programm mit weiten Blicken über Seen und über noch weitere Wälder. Nur Viecher haben sich uns nicht gezeigt. Auch hier hinten gab es noch Siedlungen. Oft sah man von denen aber nurmehr Wegweiser am Straßenrand, die irgendwo in die Büsche zeigten. Aber auch Lex Wilderness war hier zuhause. Wir hielten zum Pinkeln kurz an einem völlig einsamen Nebenweg vor einem verschlossenen rostigen Bom an und verschwanden in die Büsche. Als wir wiederkamen, stand hinter unserem Auto ein zweites und der Fahrer war verzweifelt, weil er nicht in seinen Weg hinein kam. Na ja, am Ende haben alle Beteiligten kopfschüttelnd gelacht.
Kurz vor der Grenze konnten wir in einem sonnigen Moment für ein Labi mit Überblick über die weite Waldwildnis anhalten...
...und den Mietwagen zusammen mit blühenden Rallarråsen ablichten. So häufig wir die lila Blüten auch gesehen haben, uns gelang kein einziges Bahnbild mit denen.
Weit vor der schwedischen Grenze kam eine Zollstelle im Nichts, auf der aber von den PKWs null Notiz genommen wurde. Vor der eigentlichen Grenze waren wir auf eine Nebenstraße abgebogen, wo uns gar kein Auto mehr entgegen kam. Die Grenze bestand aus einem Schild "Schweden" und einer Erklärungstafel zu den Tempolimits - das war alles. Unmittelbar hinter der Grenze folgte das verschlafene Nest mit dem passenden Namen "Gränsbo". Völlig JWD das ganze...
Vor Malung ging es entlang eines alten Bahnkörpers. Dem geübten Blick fällt sowas ja doch immer auf, wenn da so eine ebene Trasse durch die Gegend führt. Interessant wurde es aber kurz vor Malung, denn auf dieser stillgelegten Trasse wurde ein Gleis neu verlegt. Wohlgemerkt - nicht auf dem 2011 im Personenverkehr stillgelegten Abschnitt östlich von Malung, sondern auf dem schon ewig nicht mehr genutzten Abschnitt westlich der Kleinstadt in den Wäldern. Östlich lag das Gleis noch und war offenbar gerade kürzlich neu geschottert (oder hier zutreffender: gekiest) worden. Auch einige neu installierte, aber noch abgedeckte BÜ-Anlagen fielen auf.
Vansbro erreichten wir gegen 19 Uhr. Wir wollten uns gern mal den Knotenbahnhof anschauen, in dem die Strecke Borlänge - Malung die Inlandsbana kreuzt. Wobei dies der im Pv stillgelegte Abschnitt der Inlandsbana ist. Der Bahnhof verfügt noch über zwei Gleise und einen Mittelbahnsteig, der allerdings nicht unbedingt nach einer bevorstehenden Reaktivierung des Personenverkehrs aussah. Lustigerweise war der Bahnhof mit ETCS-Signalen und Balisen ausgestattet...
Das Bahnhofsgebäude von Vansbro von der Straßenseite. Hier gibt es momentan keinen Personenverkehr.
Das kleine Hüngerchen hatte sich auch gemeldet, und zufällig gab es gegenüber des Bahnhofs eine Pizzaria, wo wir draußen auf der Veranda ein kleines Abendessen zu uns nahmen. Danach konnte der Endspurt kommen. Und zwar in der Form des um diese Uhrzeit schon herrlich leeren Inlandsvägen. Immer wieder berührte man die Trasse der Inlandsbahn, auf der das Gleis sogar noch größtenteils vor sich hin oxidierte, teils allerdings unter hohen Bäumen verborgen. Sogar Signale standen mitunter noch.
Hinter Filipstad ist die Inlandsbana wieder im Güterverkehr befahren und ab Nykroppa ist sie gar seit einigen Jahren elektrifiziert, wofür auch immer... Kurz vor Kristinehamn hatten wir plötzlich einen Polizeiwagen hinter uns. Natürlich hielt ich mich nun an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Das schaute sich die Polizei zwei Minuten an, bevor man eilig überholte und bald unseren Blicken entschwunden war. Ohne Blaulicht natürlich...
So gegen 21.45 erreichten wir nach langer Tagesetappe Kristinehamn. Unser Hotel, das City Hotell in Kristinehamn, lag mitten in der Stadt in der Fußgängerzone. Es war der Billigableger des ersten Hauses am Platz, des Stadshotells. Dort, am Stadshotell, war auch der angebotene Parkplatz und die Rezeption - keine 200m von unserer Unterkunft entfernt. Das Zimmer im City Hotell war modern eingerichtet und erfüllte alle Bedürfnisse. Hier würden wir es zwei Tage aushalten können.
Als der Wecker klingelte, fiel der Blick auf 95% Morgenschlonze. Wecker auf 7.45 verstellen und umdrehen waren die Handbewegungen weniger Sekunden. Auch die Kehrmaschine, die jetzt wohl zum zwölften Mal unten die Fußgängerzone schrubbte, konnte uns nicht am weiterschlafen hindern. Um 7.30 bläute es schon etwas mehr, was dann zwar zum Aufstehen motivierte, noch nicht jedoch zum Losfahren. Wenn man schon im Übernachtungspreis ein Frühstück im besten Hotel vor Ort inklusive hat, dann kann man selbiges auch mitnehmen.
Das Stadshotell war allerdings auch definitiv eines von der Sorte "Gediegener Charme, etwas abgenabbelt". Farbe blätterte von der Decke, die großen Türen hätten mal einen neuen Anstrich vertragen. Und der Zimmerpreis lag hier immerhin noch deutlich über 100 Euro. Na ja, da konnten wir mit unserer modern und zweckmäßig eingerichteten Billigdependance schräg gegenüber ja sehr zufrieden sein. Wobei wir natürlich nicht wussten, wie die Zimmer im Stadshotell aussehen.
Das Frühstücksbuffet war sehr ok, mehr für das Land der mehrstöckigen Smörgåser aber auch nicht. Also nicht falsch verstehen, es war wirklich gut und reichlich. Aber das "boa!", das mir durchaus schon das eine oder andere raffinierte skandinavische Frühstücksbuffet entlockt hat, blieb aus.
Weil der eigentliche Frühstücksraum nicht ausreichte, hatte man paar Tische in den Ballsaal des Hauses ausgelagert...
Danach wurde es auch schon Zeit für den ersten speziellen Programmpunkt, den TÅGAB-Zug von Falun, der über die Inlandsbahn reinkommen sollte. Wir fuhren ihm entgegen und peilten mal an den verschiedenen Bahnübergängen. Am besten gefiel uns dann banalerweise der Blick von der Hauptstraßenbrücke südlich von Storfors. Wir hielten hinter der Brücke, wo schon paar Baufahrzeuge für Markierungsarbeiten auf der frisch asphaltierten Hauptstraße standen. Ein Herr dirigierte uns in eine Einfahrt zu einer Hütte, die anscheinend unbewohnt war. Er dachte wohl, wir wären Bauarbeiter. Als das Woher und Warum geklärt war, fragte er, ob wir Dänen seien. Nach unserer Antwort sprach er deutsch weiter. Er war Österreicher. Als er allerdings anfing, mit uns noch eben die ganze verfehlte deutsche Politik, vor allem die Asylpolitik, analysieren zu wollen, mussten wir zum Glück schnell auf die Brücke.
Die Firma TÅGAB frequentiert den elektrifizierten Teil der Inlandsbahn mit zwei Fernzugpaaren in der Relation Falun - Göteborg. Der Vormittagszug 7045 hat nun Storfors hinter sich gelassen und strebt auf Kristinehamn zu.
Tja, man wendet sich ja in Schweden nun extra den Privaten zu, weil die schwarzen SJ-Züge einfach gar nicht gehen. Da war es natürlich schön blöd, dass der TÅGAB 7045 eine schwarze ex-SJ-Lok vor hatte. Na ja, was solls. Nun sollte noch der Gegenzug kommen. Für den hatten wir uns den Blick über eine Kurve auf die Brücke von Nässundet ausgeschaut. Den besten Blick hätte man leider nur von einem Privatgrundstück gehabt. Da noch etwas Zeit war, blieben wir einfach im Auto sitzen. Plötzlich rief es von hinten, von ebenjenem Grundstück mit der Topp-Fotoposition, "hallo!" zu uns rüber. Da stand eine Dame in hellblauem Morgenrock und wollte wissen, ob wir Züge fotografieren. Nachdem das geklärt war und sie sich schon abwenden wollte, warfen wir mal die Frage ein, ob wir denn von ihrem Grundstück fotografieren dürften. Das war natürlich kein Problem. Die Dame betreibt übrigens die Facebookgruppe "Jernvägsbron Nässundet", auf der nun gleich ein Foto von den zwei Deutschen landete. Bitte mal liken, oder was man sonst so auf Facebook tut! TÅGAB 7010 kam wunderbar und hatte zum Glück auch die passende Lok. (Nachträglich bei der Bildbeschriftung erst entdeckt: Das war ja gar nicht die zugehörige Lok in TÅGAB-Farben, die SSRT-Farben passten aber auch!).
Von einem Privatgrundstück hat man einen schönen Blick auf Zug 7010 auf der Bahnbrücke Nässundet.
Da laut Bildblatt jetzt erstmal nichts mehr hier fahren sollte, fuhren wir zur Östervikens kapell bei Kristinehamn, ein Ort, den man immer gut mal aufsuchen kann, weil es einfach schön ist dort. Plötzlich begann das Auto laute Quietschgeräusche von sich zu geben. Da hatte sich wohl mal wieder ein Stein irgendwo im Fahrwerksgestänge oder an der Bremsscheibe eingeklemmt. Man musste warten, bis es den Stein zermahlen hat, was dann auch bald der Fall war. Das Quietschen war mega-peinlich, erstarb aber zum Glück bei höherer Geschwindigkeit. IC 30680 ging hier, dann entdeckte Leander auf der Suche nach Güterzügen im Zugradar, dass sich ein Zug auf der Inlandsbahn von Norden nähern würde. Wir erwischten Gz 47415 gerade noch an einem schön freien Feldweg-BÜ vor Nässundet.
Eine Rennregina - zwar aus einem Regionaltriebwagen hervorgegangen, aber momentan schnellster Zug Schwedens - umrundet als IC 30680 eine Bucht am Nordufer des Vänern bei Kristinehamn.
Nochmal die Inlandsbahn: Gt 47415 ist ein leerer TÅGAB-Holzzug und konnte ein Stück südlich von Nässundet beobachtet werden.
Auf dem Weg zurück nach Kristinehamn mussten wir feststellen, dass erstmal garnichts auf der Hauptstrecke fahren sollte. Unseren Plan, am frühen Nachmittag den Holzzug aus Torsby bei Kil abzupassen, mussten wir aufgeben, weil westwärts die Wolken den Himmel komplett dicht machten. Darauf hatten wir keine Lust. Das waren zwei Gründe, doch noch nach Hallsberg rüber zu fahren. Am meisten Verkehr erwarteten wir dort auf der Nord-Südwest-Achse, doch wegen der Streckenneigung fuhren wir erst rüber zur Hallsberg kyrka. Dort kamen so einige Züge vorbei. Und ggü meinem Besuch vor 11 Jahren war die Kirche aus dieser Perspektive freier von Vegetation. Unter anderem kamen Gt 5360 und Gt 4465.
Die Hallsberg kyrka befindet sich ein ganzes Stück außerhalb von Hallsberg, dem großen schwedischen Eisenbahnknoten, an der Strecke nach Katrineholm (nicht zu verwechseln mit unserem Unterkunftsort Kristinehamn). Green Cargo Gt 5360 passiert.
Ein X2 schiebt als IC (Nummer konnten wir nicht zuordnen) nach Stockholm Syd Flemingsberg, wo in Stockholm momentan der Zugverkehr von Süden endet.
Die Gesellschaft mtr express macht SJ massiv auf den Hauptachsen Göteborg - / Malmö - Stockholm Konkurrenz und setzt dabei auf schweizer Eisenbahntechnik (Stadler Flirt).
Green Cargo nochmal mit ätzend stinkender Fuhre: Gt 4465.
Als nächstes wollten wir mal nördlich von Örebro nach Motiven schauen. Das fanden wir letztendlich aber alles nicht so richtig ergiebig. Leider pressierte nun der Blå Tåget 7071, der dann auch noch deutlich früher als erwartet kam. Ich stand zwar an einer unter den gegebenen Umständen günstigen Stelle, Leander hatte hingegen weniger Glück.
Blå Tåget 7071 in den Feldern nördlich von Örebro.
In der Hoffnung, dass man den Zug in Örebro o.ä. stehen lässt, weil er erst in über einer Dreiviertelstunde in Hallsberg sein sollte, und weil uns das hier motivlich nicht gefiel, fuhren wir mal wieder nach Mosås südlich von Örebro. Da konnte man an einem BÜ mit weiten Kornfeldern etwas machen. Der Blå Tåget kam allerdings kein zweites Mal. Dafür schaute noch die "NOHAB der Tour" vorbei - ganz knapp nach Durchfahrt eines Containerzugs in der Gegenrichtung. Ansonsten war es dort aber weniger ergiebig, weil das Licht da langsam von der Front wegkurvte.
Es gibt einen Punkt, ab dem so viele Zugtrassen auf dem Bildblatt enthalten sind, dass dieses eine Spur unübersichtlich wird. Das sind dann die Momente, an denen man sich den daglig graf zurücksehnt, denn das Gewusel heißt ja nicht, dass ständig ein Zug kommt, sondern kommt daher, dass einzelne Züge über den Fahrplanabschnitt zehn oder mehr verschiedene Trassen haben können.
Die NOHAB der Tour bei Mosås.
Weit erstrecken sich die Kornfelder bei Mosås.
Der weitere Plan sah vor, erst bei Burger King ein schnelles Abendessen abzugreifen und dann südwestlich Hallsberg weiter zu schauen. Das erwies sich dann aber leider noch unergiebiger als die Geschichte nördlich Örebro. Wir schauten in den Bereichen Östansjö und Vretstorp. Aber das Problem war nicht nur die extreme Verkrautung der Bahnstrecke, sondern der Umstand, dass die Bewölkung aus dem Westen inzwischen ihren Weg in unsere Richtung gefunden hatte. Schade. Wir entflohen den Wolken dann zwar wieder ein Stück nach Mosås, doch dort kam bis zum Eintreffen der Wolken ziemlich genau gar nichts - jedenfalls nicht aus der richtigen Richtung. Ein Nachschuss (egal!) auf einen Elefanten war das höchste der Gefühle...
Ein Elefant bei Mosås. Dann kamen die Wolken.
Mit Eintreffen der Bewölkung war Feierabend. Schön zügig ging es über die E18 zurück nach Kristinehamn. Da der Landschaftscharakter sich mit Erreichen der Ortsumgehung von Kristinehamn nicht nennenswert ändert (Wald, Wald, Wald...), hätte ich fast die Abfahrt verpasst, weil ich gar nicht damit gerechnet hatte, dass wir schon da wären... Nach kurzem Frischmachen setzten wir uns in den "Biergarten" vorm Stadshotell und genossen das gute Mariestads, das hierher nicht weit transportiert werden musste...
Ausblick vom Biergarten in Kristinehamn.
Während wir da so in die leere Grünanlage schauten, beobachteten wir zwei ältere Herrschaften mit Warnweste, die offenbar einer Art freiwilligem Sicherheitsdienst angehörten. Sie verschwanden in der Parkanlage, wurden länger nicht gesehen, und tauchten dann telefonierend wieder auf. Bald erschien ein Polizeiwagen. Die Besatzung verschwand mit dem Sicherheitspärchen im Dickicht, und bald tauchte man geschlossen wieder auf - mit einem herrenlosen Fahrrad in der Hand! Was für ein spannender Abend in Kristinehamn! Wir fragten uns nur, ob die Zusammenarbeit zwischen Polizei und den Sicherheitsbürgern von Vertrauen geprägt ist oder ob die Polizei bei deren Anruf nur dachte "Oh nein, die schon wieder!". Immerhin war die Polizei ja schnell da gewesen.
Während wir also einen wahren Krimiabend verlebten, wurde all das leider untermalt von einem Kanadier am Nachbartisch, der mit durchdringender Stimme einen Inder zutextete. Wenn der Inder mal wagte was zu sagen, antwortete der Kanadier meist mit "Nonono!", weil er es eben besser wusste... Und die Bedienung textet er ebenfalls bei jeder Gelegenheit zu. Später auch noch paar Norweger, die unvorsichtigerweise eine Bemerkung an ihn haben einfließen lassen. Und wir mussten das ununterbrochene Gelaber mit anhören. Ansonsten saß man dort aber wunderschön.
Mit den Wolken war es ähnlich wie gestern. Beim ersten Aufwachen war alles bewölkt, während des Frühstücks lockerte es immer mehr auf. Auf dem Weg zum Frühstück durften wir mit dem Kanadier zusammen Fahrstuhl fahren. Es herrschte eisiges Schweigen; ob er wohl unser Geläster gestern mitbekommen hatte? *g* Weil wir vor dem TÅGAB Zug von Falun wieder die schwarze Rc-Lok befürchten mussten, beschlossen wir, uns heute für den Nordfahrer am Ortsrand von Kristinehamn aufzustellen. Die beiden TÅGAB-Züge von der / zur Inlandsbahn kreuzen in Kristinehamn.
Das war dann auch der erste Programmpunkt des Tages. Schon ein Stück aus der Stadt raus gab es ein Gehöft, das aus einer Pension und einem Rollo- und Markisenhandel bestand. Von dessen Parkplatz hatte man einen außerordentlich hübschen Blick auf die Bahnlinie. Nach unserer Ankunft musste natürlich erstmal mit dem Markisenmann das Woher und Warum geklärt werden, aber das ist ja auch ok so. Ein Kunde, der uns mit den Kameras da stehen sah, fragte später nur "Vögel oder Fische?" Ja ja, lustig, die Schweden... Uns war allerdings gar nicht so lustig zumute, denn über uns befand sich nun genau die Grenze eines sehr großen Wolkenfeldes. Genauer gesagt befanden wir uns auf der falschen Seite dieser Grenze. Während bei uns die Sonne um einen Fingerbreit im Modder drinsteckte, war weiter östlich nur noch Blau zu sehen. Hätten wir wie gestern an der Inlandsbahn was gemacht, hätten wir ziemlich sicher Sonne gehabt. Und dann kam es, wie es kommen musste: Bei uns kam - natürlich ohne Sonne - die schwarze Lok angefahren, während von der Inlandsbahn eine blaue Rc vorm Zug gehangen hätte...
Überraschung! Die Schwatte hing extra für uns vorm 7010 Göteborg - Falun...
Irgendwie war das schon wieder ein Grund, ziemlich genervt zu sein. Alternativen fielen uns hier auch nicht mehr ein, und so fuhren wir schon mal ostwärts. Der Hauptplan war, den Nachmittag rund um Norrköping an der Södra Stambana zu verbringen. Bei Mosås schauten wir nochmal an den bekannten BÜ, doch der ließ sich vormittags nicht wirklich gut umsetzen. Weiter südlich zur Hallsberg kyrka hin fuhr man direkt in die Quellwolken. Na ja, da hatte man also an einem Vormittag mit 90% Sonnenschein kein einziges Foto hinbekommen! Ok, muss es auch geben...
Um südwärts zu kommen, mussten wir irgendwo auf die Straße 51 abzweigen. Allerdings entdeckten wir, dass man auch vorher schon auf eine weiße Straße abzweigen konnte, über die man dann viel weiter südlich auf die 51 treffen würde. Und das wurde dann der erste richtig schöne Programmpunkt für heute. Erst noch auf Asphalt, später auf Erdpiste ging es in die Waldwildnis hinein. Aber immer wieder passierte man mal ein einsames Gehöft, mal verfallen, mal bewohnt. Es begegnete einem (fast) kein Auto. Wir hatten ja Zeit, so macht es Spaß. Fotos gab es beim Hof Norra Ässböle südlich von Skogaholm und bei einem Pferdehof in Haddebo.
Unsere Erdpiste mit dem offenbar noch bewohnten Hof Norra Ässböle.
Prächtige parkähnliche Landschaft bei Haddebo mit einem Pferdehof.
Bei Hjortkvarn gelangten wir auf die 51. Diese Hauptstraße erwies sich als sehr kurvenreich, ließ sich aber mangels Autos vor uns gut fahren. Vor Finspång liefen wir allerdings auf eine Karawane der Lahmen und Schwachen auf, eine üble Mischung aus Wohnmobilen und LKWs. Zum Glück stellten wir fest, dass wir in Richtung der angepeilten Motive in Finspång rechts abzweigen konnten. Dort war wieder angenehmeres Fahren. Vor Finspång war uns schon ein ehemaliger Bahnkörper neben der Straße aufgefallen, der zu einer verflossenen Schmalspurbahn Örebro - Kimstad gehört hat. Hier hinter Fåvang fiel nun der Blick auf diesen Bahnkörper mitsamt einem blank aussehenden Normalspurgleis. Und der Ausblick war sogar wunderschön! Der Blick in den Bildfahrplan ergab dann auch noch, dass gerade eine Übergabe in Finspång sein musste! Wir stellten uns mal für eine Dreiviertelstunde ans Motiv, wollten allerdings dann doch nicht gerade bis zur Planzeit warten, weil wir ja an der Hauptstrecke auch noch bischen kundschaften mussten.
Ach ja, hätte ja auch klappen können: Unser Ausblick auf die Nebenbahn Finspång - Kimstad...
Aus der Dreiviertelstunde wurde dann doch eine Stunde, die hinterher eindeutig zuungunsten der Kundschaft an der Hauptstrecke ging. Bevor wir aber in Richtung Hauptstrecke verschwanden, fuhren wir doch mal nach Finspång zurück, um zu schauen, ob denn die Übergabe da irgendwo zu sehen ist. Die Stadtdurchfahrt des Anschlussgleises ist sehr interessant, sogar mit Spitzkehre. Aber eine Übergabe war nicht zu sehen, wobei das Werkstor offen stand, wir aber nicht groß reinschauen konnten.
Das war uns alles zu vage, und so fuhren wir mal an die Hauptstrecke. Natürlich hatten sich nun auch massiv Wolken gebildet, die es uns nicht leichter machten. Wir schauten erst südlich von Kimstad, wo es in einem parkähnlichen Naturschutzgebiet wunderschön war, wo mir aber zu viele Leitungen durchs Bild führten. Leander blieb dort und ich versuchte mich an einer "Stelle" (von Motiv will ich nicht sprechen) nördlich von Kimstad. Meine Güte, was sind die Strecken in Schweden zugewuchert! Erst entdeckte ich nur eine Möglichkeit direkt am Gleis, später dann doch noch von leicht erhöht, und zum Schluss wieder vom Gleisesrand..
"Der Zug mit dem Flatsch": Die Östergötland-S-Bahn ("Östgötapendeln", klingt fast sächsisch, ist es aber nicht) bediente den Streckenabschnitt Norrköping - Linköping - Motala in dichtem Takt. Die Vorgängertriebwagen der Baureihe X14 hatten so ein Spiegelei auch auf der Front kleben, was ich designmäßig noch etwas lustiger fand.
Der klassische schwedische ET der 80er und 90er Jahre aus der Reihe X10ff kommt auch noch vorüber. Es ist ein X12 der SJ, noch in der alten blauen Farbgebung.
Die Abend-Übergabe auf die Nebenbahn nach Finspång, an der wir heute Mittag gewartet hatten, kommt auch noch aus Norrköping. Sie hat je eine T44 vorn und hinten und wird sogleich in Kimstad an die Seite genommen, um nach Fahrtrichtungswechsel auf die Nebenbahn zu gelangen. Mit solch einer Länge hatten wir nicht gerechnet, wobei viele Wagen sicherlich für das Holzwerk in Skärblacka sind.
Und nochmal die S-Bahn von nahem. Es handelt sich um X60-Triebzüge, die ja inzwischen in Schweden in verschiedenen Farbvarianten weit verbreitet sind, ob nun bei der Stockholmer S-Bahn oder im Hochgeschwindigkeits-Regionalverkehr auf der Bottniabahn. Die Bauartbezeichnung der in Salzgitter gebauten Züge ist Alsthom Coradia Nordic.
Güterzüge kamen, bis auf die lange Abendübergabe für Skärblacka und Finspång, nur, bevor wir unsere Standpunkte eingenommen hatten bzw bei Wolke. Die hell leuchtenden Triebwagen vor den dunklen Wolken waren hübsch, doch eigentlich wollte man mal weiter. Daran hinderten aber irgendwelche Güterzüge, die im Zugradar auftauchten, dann aber nicht wirklich kamen. Und irgendwann hatte es keinen Sinn mehr gemacht, vor dem Snälltåg zu wechseln, auf den es uns am meisten ankam. Und der dann eh in einer Zeit größter Dunkelheit kam.
Der interessanteste Zug kommt im Dunkeln: Snälltåg 3943.
Danach gabelte ich aber endlich Leander auf, der leider - obwohl nur ca 3 km entfernt - die ganze Zeit nur einen einzigen Zug mit Sonne bekommen hat. Was uns aber besonders beinahe den Finger in den Rachen stecken ließ, war die Tatsache, dass die Sonne nun so richtig im dicken Modder drinsteckte und kaum Aussicht auf Licht für die nächsten Züge machte. Und einige beiweitem nettere Abendmotive entdeckten wir auf der weiteren bahnparallelen Autofahrt über kleine Feldwege. Es war null Bewegung in den Wolken, was für ein Jammer! Wir hatten keinen Bock mehr auf die Ratespiele, die Sonne und Wolken mit uns spielten. Es ging nun auf 19 Uhr zu. Wir gaben unser Tagesziel Nyköping in das Navi ein und fuhren los. Kaum waren wir aber an der Hauptstraße, rollten wir durch feinstes, intensivstes Abendlicht! Was sollte das denn jetzt? Die Wolken zogen zwar nicht, sie schienen sich aber jetzt so langsam aufzulösen! Wir fuhren direkt zur zweiten entdeckten Brücke zurück, wo dann auch gleich ein Hector mit Sonne ging!
Blick von der Brücke Stora Trostad zwischen Fiskeby (Norrköping) und Kimstad. Die Sonne kommt raus und ein Hectorrail Zug passiert die Brücke.
Aus der Gegenrichtung ein X12, nunmehr im neueren SJ-Grau.
Rechtzeitig für einen nordfahrenden Snälltåg wechselten wir auf die zuerst gesehene Brücke, wo der Blick Richtung Süden freier war, und die uns auch für den Nordblick fast besser gefiel. Auch hier konnten wir nun im herrlichsten Abendlicht einige Züge fotografieren. Nur der Snälltåg kam natürlich bei Wolke, was angesichts der anderen Bilder aber zu verschmerzen war.
Nun sind wir zwischen denselben Bahnhöfen, aber auf der Brücke von Lundby. So attraktiv lokbespannte Reisezüge für den Fotografen auch sind, in Schweden sind sie aufgrund ihrer schwarzen Farbgebung zu einem echten Nogo geworden. Stellvertretend für die heute und gestern gesehenen schwatten SJ-ICs sei IC 243 aus Stockholm ("untenrum" über Nyköping) gezeigt.
Aus der anderen Richtung kommt ein schön angeleuchteter Green Cargo-Zug durch die Kornfelder gefahren.
Die S-Bahn und im Hintergrund eine entgegenkommende Railcare-NOHAB, die allerdings beschmiert war.
Nochmal der Blick nach Norden mit dem Östgötapendeln. Die Birken nehmen im Juli schon Herbstfarben an; die Trockenheit fordert ihren Tribut.
Bauernhof im Abendlicht.
Als die Schatten in den Auslösepunkt wuchsen, ging es für die allerletzte halbe Stunde nochmal auf die nördlichere Brücke. Immer wieder zeigte das Zugradar Güterzüge an, die auf dem Radar auch an uns vorbei zogen, allein es kam real kein einziger davon. Wirklich sehr unzuverlässig.
In der letzten halben Stunde mit Sonnenlicht versetzten uns die Güterzüge; deshalb gibt es Standardkost in Stora Trostad: Ein dreiteiliger X40...
...und zum Abschluss nochmal der Östgötapendeln.
Mittlerweile war es 21.30 und wir hatten noch nichts gegessen. Da kam der Mägges an der nahegelegenen Autobahnauffahrt genau richtig. Wir nahmen uns für die Autobahnfahrt paar handliche Burger mit und verspeisten sie unterwegs. Das wichtigste war jedoch die große Cola, was hatten wir einen Durst!
Zum Hotel fanden wir schnell. Das "Sunlight Hotel" war in einer alten Seifenfabrik untergebracht und sehr stilvoll eingerichtet. Zwischen 22.30 und Mitternacht konnten wir noch herrlich auf der Terrasse vor der Hotelbar bei dem einen oder anderen sehr schmackhaften "Nils Oscar Södermalms Pilsner" direkt hier aus Nyköping unseren letzten Abend begießen. Schön, dass der Abend nochmal fotomäßig alles gegeben hat!
Zum Abschluss der Tour und eines Tages, der gerade noch die Kurve gekriegt hatte, gibt es Nils Oscar...
Tja, damit war der Abreisetag erreicht! Leander konnte die Vorzüge der vermutlich besten Unterkunft der Tour hier im "Sunlight Hotel" zu Nyköping leider nicht komplett auskosten, da sein Flieger nach Memmingen bereits um 9 Uhr ab Skavsta ging. Meine Maschine nach Bremen sollte hingegen erst 13.35 starten. Um 7.30 fuhr ich Leander eben zum Flughafen Skavsta rüber (Fahrzeit keine zehn Minuten). Danach ging es ins Hotel zurück, wo ich das hervorragende Frühstücksbuffet ausgiebig genossen habe. Es gab allein drei weichgekochte Eier mit "Kalles Kaviar"paste. Musste man ja nochmal ausnutzen, gehört in Deutschland ja nicht so zum Standardangebot...
Danach schaute ich im Zimmer erstmal nach, was man an diesem sonnigen Vormittag noch alles anfangen konnte. Das Bildblatt verhieß nun ab 9.30 keinen einzigen Zug mehr in die richtige Richtung! Wären hier ja eh nur schwarze ICs gewesen... An die hier kreuzende Nebenbahn nach Öxelösund hatte ich gar keinen Gedanken verschwendet. Bei dem herrlichen Wetter auf der Bude zu hocken, kam nicht in Frage. Mit dem Gedanken, mich für eine halbe Stunde auf die Brücke von gestern Abend zu stellen, rollte ich westwärts auf die Autobahn. Doch wie die Landkarte auf dem vor mir eingehängten Tablet so durchzog, brachte mich die nahe Küstenlinie auf eine ganz andere Idee. Warum nicht einfach ein halbes Stündchen ans Meer setzen?
Ich verließ die Autobahn bei Jönåker und fuhr eine gewundene Straße durch die Wälder südwärts. In Kvarsebo erreichte ich die Küste, die hier allerdings eher ein Fjord ist. Ich konnte mich schön auf eine Sitzgruppe in einer kleinen Parkanlage setzen. Allerdings hielt es mich dann doch nur eine Viertelstunde dort, denn ich wollte über kleine Nebenstraßen entlang der Küste zurück fahren und wusste nicht genau, wie lange das dauern würde.
Die schöne Grünanlage in Kvarsebo.
Die Rückfahrt über gewundene einspurige asphaltierte Straßen mit runtergelassenen Fenstern war dann auch wunderschön. Wenn ich den USB-Stick nicht schon sichergestellt und verpackt gehabt hätte, wäre es nochmal Zeit für die "Helden von heute" von Falcos Symphonics gewesen...
Genau pünktlich erreichte ich nach einem Tankstopp den Flughafen. Die Pünktlichkeit hätte ich mir schenken können, denn der Europcar-Schalter war gar nicht besetzt. Und bis zum Flug waren noch über zwei Stunden Zeit. Ich warf also den Schlüssel ein. Ansonsten war ja nichts zu sagen, Schäden wie den üblichen skandinavischen Steinschlag hatte es ja zum Glück nicht gegeben. Vor dem Flughafen patroullierten schwer mit Maschinengewehren bewaffnete Polizisten. Ich kann jetzt nicht sagen, dass mir der Anblick ein Gefühl von Sicherheit gegeben hätte...
Hab noch nie so eine desinteressierte Sicherheitskontrolle erlebt wie hier. Die beiden Tussis an der Durchleuchtung und dahinter hatten sich so viel zu erzählen, dass sie mich überhaupt nicht beachteten und ich darauf aufmerksam machen musste, dass sich das Band abgeschaltet hatte, mein letztes Körbchen aber noch in der Durchleuchtungskiste vor sich hin schmurgelte...
Mit noch immer viiiiel Zeit setzte ich mich nun auf eine Cola ins Restaurant. Getränke gingen diesertage immer!
Ich hatte den IC um 16.19 nach Hamburg angepeilt. Das sollte auch etwas werden, denn ich erreichte die Straßenbahn um 15.41. Am Hbf angekommen leuchtete mir von der Abfahrtstafel ein IC um 15.50 mit 15 Min Verspätung entgegen. Gibt es jetzt einen Zwischentakt, der mir entgangen ist? Nee, die Fahrzeiten des 15.19-ICs waren einfach wegen irgendeiner Baustelle eine halbe Stunde nach hinten verlegt worden, was dann auch im Zug zu ziemlichen Irritationen bei den Fahrgästen führte...
Ach ja, ist doch schön, wenn die Verspätungen der Bahn einem derartig ins Konzept spielen :-) So konnte ich zehn Minuten früher als erwartet mit dem roten Trumm von Koffer meinen Wilstorfer Hügel hochrollern.
Wenn man vor dem Urlaub und nach dem Urlaub zuhause bzw auf der Arbeit je eine Woche komplett in der Sonne sitzt, der Urlaub selbst aber wettertechnisch eher schwierig war, so mag natürlich leicht die Aufregung über die "Ungerechtigkeiten dieser Welt" aufkommen. Das war alles etwas schade, obwohl für Skandinavien eben auch nicht unbedingt etwas besonderes. Ansonsten war es eigentlich sogar ein richtig schöner, erholsamer Urlaub (mit Betonung eben dieses U-Aspektes) gewesen. Ob Faulenzen in der Hütte, kleine Wanderungen oder sehr entspannte Tagesetappen bei den weiten Wegen, die wir zu fahren hatten, - Hektik war eigentlich nie aufgekommen. Und es gab immer lecker zu essen. Einerseits fand ich es auch faszinierend, mal diese drei landschaftlichen Aspekte "Wildnis Erzbahn", "Gebirge Norwegens" und "Kulturlandschaft Östergotland" miteinander zu verbinden. Andererseits würde ich mir allerdings auch mal einen längeren Aufenthalt an der Erzbahn wünschen, denn das da oben ist einfach Urlaub pur! Bleibt zum Schluss noch der Dank an Leander. Gerade bei diesen "halbgaren" Wetterverhältnissen war es sehr wertvoll, dass wir uns eigentlich immer einhellig gegen das Hinterherhetzen hinterm letzten Sonnenloch und für den Spaziergang abseits der Strecke o.ä. entschieden haben. Somit war es unterm Strich eigentlich (<-was auch immer das jetzt heißt) eine schöne Reise :-)