Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.
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(Der Titel lässt sich übrigens auch singen *g*)
In der Pfingstwoche sollte es mal wieder nach Rumänien gehen. Ein Konzept hatten wir nicht. Also, eigentlich hatten wir schon eines, aber das hatte sich auf eine einzige Strecke konzentriert, und für die fragliche Ecke hatte uns der Wetterbericht ziemlich abgeraten. Nicht, dass er für andere Ecken entschiedener zugeraten hätte, aber im angepeilten Zielgebiet hätte man selbst an einem langen Maitag nur eine einzige Strecke mit ganzen drei Zügen innerhalb der Sonnenscheindauer. Und den Holzzug natürlich. Dem sollte aber eher die Rolle als Running Gag zukommen... Na ja, mal sehen, ob wir dort hinkommen, große Lust auf die nach dem Banater Semmering sicher zweitspektakulärste Bahnlinie Rumäniens war durchaus vorhanden. Bestellt waren wie immer nur die Flüge und der Leihwagen - alles andere würde man kurzfristig entscheiden.
Weil der Lufthansaflug auf der Umsteigeverbindung Hamburg - München - Cluj unwesentlich teurer als nur der Direktflug München - Cluj oder wesentlich günstiger als die Verbindung von Frankfurt nach Cluj war, war Yannick bereits gestern Abend zu mir gekommen, wo der Urlaub beim Griechen eingeläutet wurde. Heute mussten wir früh los. 5.30 fuhr der Bus am Fuße meines Wilstorfer Hügels ab. Die Verbindung klappte reibungslos, und eine Stunde später trafen wir bei Helmut Schmidt seinem Flughafen ein. Auch dort null Komplikationen bei Kofferabgabe und Sicherheitscheck, so dass wir gut Zeit für das obligatorische Marché-Frühstück auf der Ballustrade über dem Terminal hatten. Wenn man sich die einzelnen Bestandteile des Frühstücks selbst zusammensammelt, ist der Preis sogar noch ganz erträglich. Und lecker ist das da ja; da gibt es keine Aufbackbrötchen.
Hab noch nie einen so leeren Lufthansaflug erlebt. Wir hatten die hintere Hälfte des Flugzeugs fast für uns, und vorn herrschte jetzt auch nicht gerade Gedränge. Der Flug verlief angenehm und ereignislos. In München gab es wieder mal Terminalwechsel per Tunnelbahn. Macht immer Spaß, dort ganz vorn drin zu sitzen. Bei der Passkontrolle habe ich mir zum x-ten Mal gesagt, dass ich mir, obwohl meine Ausweise noch zwei Jahre gelten, dringend mal einen biometrischen Ausweis besorgen sollte. Yannick hatte nach seiner Kontrolle am Automaten schon den ganzen Duty Free Shop dahinter durchstöbert und stand dann noch paar Minuten sichtlich gelangweilt hinter der Kontrollstelle, als ich nach längerem Schlangestehen endlich im passtechnischen Ausland angekommen war.
Der Flug war nun deutlich voller. Die kleine Embraer von Air Dolomiti schien zu fast 100% besetzt zu sein. Aber auch diese anderthalb Stunden gingen vorüber. Ich konnte gut schlafen. Richtig langwierig wurde es erst in Cluj. Das Gepäck brauchte Ewigkeiten, und danach war weit und breit kein Payless-Vertreter (unser Autovermieter) zu sehen. Payless ist die einzige Autovermietung, die kein Büro im Flughafen unterhält, ist dafür aber auch sensationell günstig. Nach rund zehn Minuten rief ich die Payless-Nummer an, und nachdem man durch ein langes Menu durch war, wo man diverse Sachen durch Drücken von Ziffern auswählen musste, hatte ich den örtlichen Mitarbeiter an der Strippe. Ja, täte ihm leid, er sei allein, habe noch Kunden und könne leider erst in 20 Min bei uns sein. Wir sollten beim Enterprise-Büro auf ihn warten.
Dort machten wir es uns auf einer Bank gemütlich. Die Abfertigungshalle hatte sich mittlerweile schon gut geleert. Das hinderte allerdings nicht eine englisch sprechende Familiensippe, sich mitsamt eines schrecklich nervig-lauten Mädchens auf der Bank nebenan breit zu machen, so dass es mit der Ruhe nicht lang anhielt. Zum Glück kam dann bald ein Mitarbeiter von Enterprise zu uns rüber und fragte, ob wir bei Payless bestellt hätten. Er fuhr uns dann zum ca 1 km entfernten Payless-Stützpunkt, einer original balkanischen Hinterhof-Werkstatt mit paar staubigen Stellplätzen und einer kleinen Butze, vor der an einem Tisch ein Kumpel und eine Freundin des Mitarbeiters bei Kaffee und Keksen darauf warteten, die Unterhaltung mit dem "Chef" des Standortes fortsetzen zu können.
Dieser war allerdings sichtlich im Stress. Mit einem Pärchen gab es wohl Probleme, es wurde diskutiert und herumtelefoniert, um an einen Wagen zu kommen. Als die beiden mal besonders lange mit irgendeinem Telefonjoker zuhause oder sonstwo sprechen mussten, wurden wir erstmal nach bzw mit tausend Entschuldigungen bedient. Uns störte es nicht so, denn wir hatten wie gesagt kein Konzept, dafür aber viel Zeit. Am Himmel hatte es Richtung Nordwesten eine Mischung aus großen Cumuli und blauem Himmel, ostwärts jedoch schien es komplett dicht zu sein. Als wir unseren Duster endlich beziehen konnten, hatte Yannick zwischenzeitlich Wolkenfilme und Wettervorhersagen studiert. Heraus kam die klare Ansage: Wir müssen nach Jibou!
Yippieh! Da konnten wir uns an unserem Motiv bei Poptelec zum dritten Mal von einem Desiro "überraschen" lassen! Ansonsten hatte ich dem aber nicht viel entgegen zu setzen. Vielleicht würde da ja was Interessantes gehen. Die Fahrt dort hoch war entspannend, die Straßen leer und gut zu fahren. In Jibou dann erstmal etwas Ernüchterung. Sowohl ein IR als auch Bummelzüge nach Zalău und Dej waren aus Desiros gebildet. Und zwar aus übelst beschmierten Desiros.
Dann aber schob sich von Norden ein 614 in den Bahnhof. Und der war auch noch sauber. Klar, den Fahrplan von/nach Baia Mare hatten wir uns gar nicht angeschaut. Der kam von dort, und wir mutmaßten, dass der auch als R 4097 dorthin zurückfahren würde. Zwar käme der weitestgehend aus dem Licht, aber vielleicht wäre ja ein Nachschuss möglich. Und wir hatten Glück! Frustrierte uns auf dem ersten Abschnitt nördlich Jibou noch der komplett zugewucherte Gleiskörper, fanden wir später einige richtig nette Motive: Zwischen Someș Odorhei und Inău von einer Anhöhe, am Friedhof von Aluniș Sălaj und zwischen Ticău und Ulmeni Sălaj (das eigentlich gar nicht mehr in Sălaj, sondern in Maramureș liegt; aber der Bahnhofsname hat lt Kursbuch diesen Zusatz), wo der Nordfahrer sogar ins Licht kurvte.
R 4097 brummelt von Jibou nach Baia Mare zurück und wird zwischen Someș Odorhei und Inău beobachtet.
Es handelt sich um einen ehemaligen deutschen 614, dessen Fronten modernisiert worden sind.
R 4097 am Friedhof von Aluniș Sălaj...
...und mit der Ortschaft Ticău im Hintergrund. Der Tf winkt uns fröhlich zu.
Und der Nachschuss, während R 4097 auf Ulmeni zubrummelt.
Interessant ist hier der Durchbruch des Someș durch die Berge. Während sein Tal sonst eher weitläufiger ist, fließt der Fluss zwischen Benesat und Ticău durch einen ganz engen Einschnitt durch die Berge. Nach Besichtigung der Fähre von Ulmeni, auf der drei Fährleute vor Kulisse der im Bau befindlichen Straßenbrücke tätig waren, ging es durch den engen Talabschnitt zurück nach Benesat. Nachdem es bislang wolkentechnisch unproblematisch war, schoben sie sich jetzt vereinzelt zu uns in Richtung Ebene. Für den Nachtzug IR 1642 wurde es in Benesat richtig knapp, aber als der Zug kam, waren die Wolken gerade weg. Der IR wurde sogar von einer 60 bespannt! Das zweite Mal nahmen wir ihn nicht wie geplant von dem Abhang von vorhin, sondern am Friedhof Aluniș Sălaj. Hier war nämlich Sonne, am Abhang wäre keine gewesen.
Die Fähre von Ulmeni bzw Bac wird durch Stahlseile gehalten, die Fährleute müssen durch Staken etwas nachhelfen.
IR 1642 mit den Nachtzug-Kurswagen nach Bukarest fährt in den Bahnhof Benesat ein und passiert dabei die weltbekannte Himmelsrampe, für die leider kurz vor Erreichen des Zieles das Geld ausgegangen war. Vielleicht ist ja jetzt mit Hilfe des EU-Restrukturierungsfonds ein Weiterbau möglich...
Derselbe Zug weiterhin auf der Erde bei Aluniș Sălaj.
Zurück in Jibou stellten wir fest, dass ein Güterzug abfahrbereit im Bahnhof stand, Lok Richtung Norden. Da wir auf der Zalăuer Strecke schon mehrfach Güterzüge gesehen hatten, auf der nach Baia Mare jedoch nicht, fuhren wir in Richtung Poptelec und schauten nach Möglichkeiten zu dieser späten Stunde. Allerdings drängte auf der Piste nach Baia Mare nun auch noch ein IR aus Bukarest, bei dem wir von einem lokbespannten Zug ausgingen. Yannick wollte lieber auf den etwaigen Gz warten, mir war der IR wichtiger. Somit fuhr ich allein über Jibou zu dem Aussichtshügel zwischen Someș Odorhei und Inău, von wo es IR 1745 gab. Glück gehabt, viel Verspätung hätte er schattentechnisch nicht haben dürfen.
Den hatte ich mir doch tatsächlich etwas länger vorgestellt: IR 1745 zwischen Someș Odorhei und Inău. (Fotografenschatten ex)
Dicht gefolgt von R 4049 in der Ausfahrt des Bf Someș Odorhei.
Yannick fotografierte derweil den Güterzug in Popeni, dessen Hp aber Poptelec heißt.
Auf dem Rückweg nahm ich im Bf Someș Odorhei noch R 4049 quasi im Vorüberfahren mit und gabelte Yannick in Poptelec auf. Bei ihm war sogar noch ein zweiter Güterzug aus der anderen Richtung durchgekommen. Das gebuchte Hotel Cabana de la Trei Brazi lag nicht weit von hier, schön einsam in den Bergen oberhalb von Zalău. Und es hatte sogar ein Restaurant. Die beiden Damen an der Rezeption und in der Gaststube waren sehr herzlich und sprachen auch etwas englisch. Wir ließen uns ein ganz hervorragendes Gulasch mit weißen Bohnen schmecken und genossen den Ausblick auf den Sonnenuntergang in den Hügeln.
Wunderschöner Ausblick aus dem Restaurant unserer Unterkunft "Gasthaus drei Tannen".
Auch dieser Ausblick vermochte zu überzeugen...
Die Nacht war leider viel zu kurz. Der Wecker klingelte um 5.30, da wir uns um einen IR kümmern wollten, der 6.24 ab Jibou gen Dej fahren sollte. Der erste Blick aus dem Fenster bemerkte fast nur blauen Himmel, also "mussten" wir wirklich los. Immerhin war die Rezeptionsdame schon wach und konnte uns aufschließen. Das Hotel Cabana de la Trei Brazi war klasse, der Standard zwar einfach, aber die schöne Lage machte es aus, und bei einem Übernachtungspreis von 12,50 Euro pro Person durfte die Tür der Duschkabine auch gern mal etwas klemmen... Daumen hoch!
Weniger "Daumen hoch" war das nun folgende Programm. Der Himmel war zwar wolkenlos, das Tal des Someș, dem die Bahn komplett folgt, jedoch nicht. Dick und finster hing der Nebel darin. Auf dem Weg nach Jibou kam uns ein Güterzug entgegen. Mit dem hätte man sogar eine Sonnen-Nebel-Streiflichtstimmung machen können, wenn man es gewusst und die passende Stelle parat gehabt hätte. Die doch recht weite Fahrt ostwärts führte nun komplett durch Suppe und war furchtbar anstrengend, auch wenn die Straßen leer waren. Sobald die Straße an den Talhängen etwas anstieg, wurde der Nebel gelblich und etwas heller und die Sonne war zu erahnen, doch abwärts zum Talgrund wurde es sogleich wieder finster-blau. Im von uns motivlich angepeilten Bahnhof Ileanda hatte der Nebel zwar völlig unerwartet ein Einsehen mit uns und ließ die Sonne durch - bloß nicht, als unser wichtigster Zug, der Nacht-IR 1641 sein Hauptmotiv erreicht hatte. Grrr! Immerhin war vorher der IR 1746 mit Sonne abgegangen.
Vermutlich war es eine kleine Luftströmung aus einem Seitental, der der Bf Ileanda an diesem Morgen seinen Sonnenschein verdankte. Die Garnitur des gestrigen IR 1745 ist auf die planmäßige Länge gebracht worden und jetzt als IR 1746 von Baia Mare auf dem Rückweg in die Hauptstadt.
Der Nachtzug IR 1641 ist nur in der Ferne beleuchtet und kann daher nur frontal genommen werden. Die Südausfahrt von Ileander zieren Formsignale und ein Wasserturm.
Der Nachtzug hatte sogar einen ex-DSG-Schlafwagen in älterer roter Lackierung. Den hätten wir ja eigentlich schon gern mal vernünftig gehabt! Deshalb fuhren wir dem Zug wie geplant voraus, was auch nur dank der Halte zu schaffen ist. Nördlich von Jibou, am Hp Aluniș Salaj, hatte es auch paar Risse in der Nebeldecke gegeben, doch die waren leider Geschichte, als der Zug kam.
Hier sehen wir den Nachtzug nochmal seitlich. Also, wir erahnen ihn jedenfalls da hinten im Nebel...
Der Nebel hat sich endlich gelöst: Bf Jibou mit endlosen Reihen abgestellter blauer Wagen.
Nun erst war Zeit für einen Kaffee und Teigtaschen von Penny (jaaaa, kulturlos...) in Jibou, die wir am BÜ zwischen Someș Odorhei und Inău verzehrten, während wir - natürlich immer in Hoffnung auf einen lokbespannten Ersatzzug - dem RE 4096 auflauerten, der natürlich auch noch als beschmierter Desiro auftauchte. Netter war dann ein weiterer (sauberer!) Desiro auf der anderen Strecke als R 4451 von Zalău in Poptelec.
Desiro trifft Erntegerät: R 4451 in Popeci bzw vorm Hp Poptelec.
10 Uhr war nun durch, und bis das Licht völlig übel wurde, warteten wir einfach mal völlig relaxed an einem Wiesenhang zwischen Poptelec und Mirșid, ob vielleicht noch ein Güterzug käme. Hauptanliegen war dabei ganz klar, etwas zu dösen bzw diesen Bericht fortzusetzen. Und die weitere Planung war nötig: Die Wetterberichte waren alle unterschiedlich, es schien keine genaue Vorhersage möglich zu sein. Daher hatten wir heute Morgen beschlossen, doch heute rüber ins konzeptionelle Zielgebiet zu fahren, denn wir hatten einfach Lust dazu, und man würde dann halt sehen, was geht. Doch jetzt kristallisierte sich in den kurzfristigen Wetterberichten eindeutiger heraus, dass es morgen wohl insgesamt schlechter sein solle, heute hier in der Gegend hingegen noch komplett schön. Somit reifte schnell die Idee, noch etwas hier zu bleiben und wieder im Hotel "Drei Tannen" von letzter Nacht einzuchecken.
Gesagt - getan. Im Pfingstsonntagmittagshochbetrieb drückte die nette Kellnerin uns einfach den Schlüssel für unser altes Zimmer in die Hand, das nicht gereinigt war und wohl heute auch nicht gereinigt werden würde, verlangte dafür allerdings auch nur 100 Lei, das sind dann pro Person nur noch gut zehn Euro... Wir nutzten die Gelegenheit, uns etwas frisch zu machen. Und während ich so aus dem Fenster schaute, wurde ich gewahr, dass wir sogar Bahnblick hatten. Man hatte ein freies Streckenstück oberhalb von Mirșid im Blick!
Da im Hotelrestaurant die Hölle los war (zu Pfingsten wohl eher der Himmel...), schauten wir in Zalău nach was Essbarem. Natürlich gab es auch eine Erkundungsfahrt entlang des Bahnhofs und Güterbahnhofs. Für rumänische Verhältnisse war hier ganz schön viel Güterverkehr zu beobachten. An einem Containerbahnhof standen mindestens zwei Züge mit Seekisten, und ein größeres Werk bekam endlose Reihen Schüttgut- und Kesselwagen. Essenstechnisch blieben wir an der Mici-Bruzzelbuzze vorm Kaufland hängen. Jeder nahm eine Portion mit. Wir aßen sie in den Feldern an dem BÜ oberhalb von Mirșid, wo wir wieder mal schön entspannt warten konnten. Warten auf was eigentlich? Na klar, auf einen Desiro im Hochlicht natürlich...
Der Anstieg durch die Felder oberhalb von Mirșid bis zur Passhöhe, von der es dann wieder steil und gewunden nach Zalău Nord hinunter geht. R 4074 ist der Akteur dieser Szene.
Erster ernsthafter Nachmittagsprogrammpunkt sollte nun der 614 von Baia Mare in Ulmeni sein. Im Bahnhof war der Lichtstand ausgezeichnet. Einen fotogenen Speicher konnte man zwar nicht komplett ins Bild integrieren, weil ausgerechnet hier paar (intakte!) Schiebewandwagen an einer Ladestraße davor standen. Aber mit angeschnittenem Speicher und den Formsignalen im Hintergrund sah es auch gut aus. Es näherte sich dann allerdings das doppelte Elend: Eine Wolke blendete hinterm VT alles aus, aber was viel schlimmer war: Der VT war ein Desiro! Damit war unser Programm für die nächsten zwei Stunden perdu...
R 4092 fährt von Baia Mare kommend in den Bahnhof Ulmeni ein.
Wir beschlossen, nach Jibou zurück zu fahren und am Bahnhof zu schauen, ob a) der Desiro vielleicht zur Rückfahrt gegen den 614 ausgetauscht wird, den wir im Bw hatten stehen sehen oder b) ob vielleicht ein Güterzug im Bf bereit stände. Ja ja, die Hoffnung stirbt zuletzt... Auf dem Weg wollten wir vor Benesat allerdings schauen, ob man auf einem geeignet aussehenden Fotohang hochkäme. Das erwies sich dann sogar einfacher als erwartet. Ein asphaltierter Weg führte steil aufwärts zu paar Höfen, eine weitere Spur dann direkt zum Standpunkt. Ok, aber der Ausblick erschien uns buschtechnisch für den Nachtzug dann doch nicht ganz so geeignet. Der Blick Richtung Bahnhof mit den Himmelsrampen war schon netter.
Um diese Erkenntnis reicher ging es nach Jibou zum Bahnhof weiter. Erster Blick: Moment mal - die Wagen kennen wir, die gehören hier aber nicht her!!! Wir sahen nur die Seite eines MAV-Reisezugwagens. Wir wussten ja, dass die Ungarn zu Pfingsten lange Sonderzüge nach Rumänien fahren, aber hier hatten wir nicht damit gerechnet. Yannick sprang schnell zu den Gleisen, schaute, wo die Lok hing und fragte den Cheffe "Baia Mare oder Zalău". Cheffe konnte zwar mit der Frage genau gar nichts anfangen, antwortete aber "Zalău". Noch bevor er den Befehlsstab heben konnte, rollten wir vom Hof... Wo ihn nun nehmen? In Poptelec waberte ein Wolkenfeld in nicht näher definierter Richtung, also schnell weiter. Wir landeten bei unserem Ruhe-BÜ von heute Vormittag, wo das Licht zwar noch recht spitz kam, man aber von dem langen Pilgerzug möglichst viel sehen konnte.
Der "Pilger"sonderzug hat den Ort Popeci mit dem Hp Poptelec hinter sich gelassen. Einen interessanten Aufsatz über den Hintergrund dieser Pfingstausfahrten mit weiterführenden Links hat Hubert G. Königer 2017 im DSO-Auslandsforum gebracht.
Zunächst fuhren wir der illustren Fuhre noch hinterher. Wir hätten sie sicherlich irgendwo hinter Zalău nochmal umsetzen können, allerdings wussten wir, dass unmittelbar hinter Zalău nichts geht. Vor Sărmășag hatten wir hingegen sogar Motive notiert. Diesem Zug zu folgen, hätte allerdings den Verzicht auf den Nachtzug von Baia Mare auf der anderen Strecke bedeutet, auf den es uns gerade heute wegen des roten ex-DSG-Schlafwagens besonders ankam. Uns interessierte in Rumänien der Planverkehr. Der Sonderzug mit den Schlierenwagen vorne war ja doch bischen "Mickymaus", wenn auch eine feste Größe zu Pfingsten.
So fuhren wir also wieder mal die inzwischen bestens bekannten Straßen via Jibou zu unserem Fotohügel bei Inău zurück. Zeit hatten wir genug; wir konnten sogar noch eine Weile im Gras sitzen. Wie wir so da saßen und an nichts böses dachten, kam unten die Kuhherde vorbeigetrieben, die wir gestern im Vordergrund für den 614 hatten. Die Hüterin rief erst irgendwas hoch, was wir nicht verstanden. Plötzlich stand sie vor uns! Und auch ohne Rumänischkenntnisse verstanden wir, dass sie Geld wollte und Hunger hätte usw. Und ihr Kind, das uns allerdings ganz fröhlich angrinste, habe auch Hunger. Dabei entwickelte die Zigeunerin eine enorme Penetranz und pendelte zwischen Yannick und mir hin und her. Wir blieben eisern, was uns zum Abschied einige sehr unnette Worte und die kuriose Drohung mit der Polizei einbrachte. Eine Drohung mit ihrer Truppe hätte uns nachdenklicher gemacht, wobei die anderen Mitglieder ihrer Sippe, die da vereinzelt rumgelaufen waren, total nett gegrüßt und uns nicht angebettelt haben. - Der Nachtzug IR 1642 klappte gut und hatte sogar zwei ex-DSG-Schlafwagen dabei.
Ach ja, der kam vorher auch noch: IR 1543 Baia Mare - Cluj-Napoca.
IR 1642, der Nachtzug von Baia Mare nach Bukarest.
Und für die Freunde alter deutscher Schlafwagen nochmal seitlicher.
Für IR 1745 stellten wir uns einfach etwas spitzer an die Strecke. Um das Warnkreuz mit ins Bild zu bekommen und nicht ganz tief im Gras zu stehen, parkten wir unseren Duster entsprechend im Gras. Der Zug hatte heute sogar eine etwas buntere Garnitur und wie heute Morgen schon drei Wagen.
Unser Leihwagen wurde in Position gebracht.
Diesmal hat er die planmäßigen drei Wagen: IR 1745 bei Inău.
Wie immer gefolgt von R 4049, aufgenommen an der Ausfahrt von Someș Odorhei.
Ganz durch waren wir noch nicht. Der R 4049 folgte wie gestern sofort hinterher und wurde von uns mit der Weichenwärterbude von Someș Odorhei genommen. Danach ging es zum Tanken nach Jibou und ins Hotel. Gestern hatte Erika, die Kellnerin, von einer original rumänischen Suppe gesprochen, die ich heute unbedingt mal probieren sollte. Dazu nahm ich einen sehr leckeren "Griechischen Salat" (nebenan in Serbien hätte der als Šopskasalat durchgehen können) mit gegrillter Hähnchenbrust. Die Suppe war natürlich das, was ich schon befürchtet hatte: Ciorbă de burtă, Kuttelsuppe. Die Suppe selbst hatte einen wunderbar sämigen Geschmack, doch die "Fleisch"einlage war in ihrer Konsistenz erwartungsgemäß gewöhnungsbedürftig. Dennoch war ich nicht unglücklich, diese landestypische Spezialität mal probiert zu haben.
Vorm Schlafengehen hatten wir noch eine kleine Diskussion, ob man morgen wieder so einen frühen Gewaltstart machen müsste. Es war Wind angekündigt, so dass die Nebelgefahr nicht so groß war. Andererseits hatten wir jetzt auch nicht so das Übermotiv, das ein erneutes Aufstehen um ca 5.30 gerechtfertigt hätte. So kamen wir überein, rechtzeitig zum Nachtzug nördlich Jibou loszufahren, was uns anderthalb Stunden mehr Schlaf ermöglichte.
Die Nacht über hatte es wirklich ordentlich gewindet. Beim Aufwachen war der Himmel tatsächlich komplett klar. Gegen 7 fuhren wir los und konnten praktisch in Sichtweite des Hotels schonmal den R 4362 im Gegenlicht oberhalb von Mirșid nehmen.
Es geht, wie weiter oben schon gesagt, um die Kursbuchstrecke 409 Salva - Vișeu de Jos - Valea Vișeului - Sighetu Marmației. Einen Namen habe ich für diese eindrucksvolle Strecke nicht gefunden. "Maramureșgebirgsbahn" würde es nur zu einem kleinen Teil treffen, da auch noch andere kleine Gebirgssektionen der Karpaten berührt werden. Fangen wir mal in Salva an, wo die 409 von der eingleisigen E-Piste (Dej -) Beclean pe Someș - Vatra Dornei - Suceava abzweigt. Die eingleisige Dieselstrecke verschwindet sofort im Tal der Sălăuța, dem sie zunächst noch talgrundnah folgt. Hinter Coșbuc wechselt die Bahn auf die - talaufwärts betrachtet - rechte Talseite, wo sie ab Telciu beginnt, höher den Hang zu erklimmen. Ein erster niedriger Viadukt folgt in der Umrundung des Talkessels von Telciu. Nach einigen landwirtschaftlichen Parzellen rund um den Hp Fiezel wird das Tal enger und waldreicher. Rechterhand liegen die Muntii Rodnei (Rodnagebirge), linkerhand die Muntii Tibesului (Tiblesgebirge). Die Bahn steigt jetzt deutlich über dem Talgrund an.
Es geht los mit Telegraphenglühen im Gegenlicht: R 4362 brummt von Mirșid über den Hügel nach Zalău.
In Jibou besorgten wir bei Penny wieder Kaffee und Gebäck und schauten dann mal bei Aluniș nach Motiven. Dabei landeten wir auch wieder am Mohnblumenfeld von gestern, das mit eingeblendetem Hintergrund durchaus gefiel. Hier sollte sogleich als R 4042 von Norden ein 614 kommen, den wir hier mal abwarteten. Ausgerechnet an diesem Seit-Nachschussmotiv kam jetzt natürlich ein lokbespannter Ersatzzug. Na ja, so hatte man das Motiv immerhin mal mit Sonne, so sehr störte mich die leichte Nachschussperspektive bei dem kurzen Zug nicht.
Wieder die Mohnblumen von Aluniș und wieder klappts nicht ganz wie erwartet: R 4042 bremst für die Halta Aluniș Sălaj (links zu sehen) ab, wird aber nicht rechtzeitig zum stehen kommen, so dass die wartenden Reisenden noch ein Stück hinterm Zug herrennen müssen. In Norwegen war das immer sehr gefährlich, weil die dann blindlings zurückgesetzt haben, hier jedoch nicht.
Für den Nachtzug könnte man wiederkommen, doch wollten wir erst nochmal den Blick vom Hauptstraßen-BÜ in Benesat mit eingeblendetem Hintergrund testen. Und dank der im Hintergrund erkennbaren Formsignale und einem hübschen Hintergrund-Berg waren wir uns sofort einig, dass wir hier den IR 1641 abwarten wollten. Dabei wurden wir von zwei kleinen Hundebabies beobachtet.
Die wild in Rumänien streundenden Hunde sind meistens total süß und eher zurückhaltend - sie haben wohl schon all zu viele Tritte entgegen nehmen müssen; gefährlich wirkte bisher noch keiner auf uns, selbst aufdringlicheres Betteln habe ich bei den Hunden in Rumänien noch nicht erlebt. Und wenn es sich dann noch um Hundebabies handelt, möchte man sie am liebsten direkt einpacken...
IR 1641, der Nachtzug aus Bukarest, fährt aus dem Bf Benesat aus.
Den Plan einer Zugverfolgung ließen wir angesichts der zügigen Geschwindigkeit des Zuges fallen. Man hätte ihn eh erst vor Baia Mare wieder machen können, weil er in Ulmeni die Flussseite wechselt und dort straßenmäßig nur die Fähre ist. Am BÜ vor der Brücke bekamen wir ihn nur nochmal ziemlich nichtssagend.
Und in Baia Mare kamen wir am Bahnhof an, als die Lok gerade abgespannt hatte. Aber uns gelangen immerhin noch paar Aufnahmen beim Umsetzen der 60 um ihren Nachtzug und beim Abräumen. Die Ferkeltaxenleistung aus Satu Mare, der R 4313, machte zuvor noch Lokumlauf. Nein, nicht der Trieb- um den Steuerwagen, sondern die 82 um ihren einzelnen Wagen, der statt der Ferkeltaxe gekommen war. In der Abstellung stand eine 60 mit einem Dreiwagenzug, dessen Leistung wir uns nicht so recht erklären konnten. Dem Wagenstandsanzeiger zufolge gab es unter den Fernzügen nur die zwei gesehenen Lokbespannten.
Baia Mare: Der Ferkel-Ersatzzug 4313 macht Lokumlauf.
Die Lok vom IR 1641 ist danach dran.
Wagenstandsanzeiger in Baia Mare.
IR 1641 wird in die Abstellung zurückgedrückt.
Wir hatten gestern bereits ein Hotel in Vișeu de Sus gebucht. Dieses Ziel stand also für heute fest. Unser Programm für die nächsten Tage sollte - ihr habt es vielleicht schon erraten - die Bahnstrecke Salva - Vișeu de Jos - Valea Vișeului - Sighetu Marmației sein. Erreichen wollten wir die Gegend über Sighetu. Die Passstraße dort rüber kannten wir ja schon. Zunächst blieben wir allerdings in der Innenstadt von Baia Mare hängen. Beim Durchfahren mit dem Auto blickten wir in ganz nette Straßenzüge der Altstadt, die uns Lust auf einen kleinen Stadtrundgang zu machen. Am eindrucksvollsten Bauwerk, einer tollen alten Holzkirche, kamen wir allerdings nur mit dem Auto vorüber. Letztendlich landeten wir in einem der schönen Cafés auf dem großzügigen Marktplatz, wo wir einen Kaffee und eine Cola tranken.
Blick aus der Strada Vasile Lucaciu auf die Piața Libertății.
Piața Libertății mit dem Turnul Ștefan im Hintergrund.
Über die bekannte Passstraße, die auf knapp über 1000m Höhe einen Karpatenkamm quert, ging es dann nordostwärts. Nach meinem ersten Reisebericht hatte jemand geschrieben, dass man dort ja am "Lustigen Friedhof", einer der Haupt-Sehenswürdigkeiten Rumäniens vorüber käme. Doch fanden wir an der Route den Ort Săpânta nicht, in dem der Friedhof liegen sollte. Eine weiträumigere Suche auf der Karte zeigte den Ort dann westlich von Sighetu. Das war uns dann doch etwas zu viel Umweg. Wir fuhren auch gar nicht ganz nach Sighetu hinein, sondern nutzten eine östliche Umfahrungsmöglichkeit über eine Nebenstraße. Bei Querung der Bahnstrecke Sighetu - Valea Vișeului mit ihrem Vierschienengleis war deutlich zu sehen, dass die Breitspur momentan ungenutzt ist.
Ein Thema, das leider bischen kurz gekommen ist: Die Holzkirchen hier in Maramureș. Da wir paar Tage bleiben wollten, dachten wir, dass wir angesichts eines bevorstehenden fahrplantechnisch sehr entschleunigten Programms sicher auch mal Holzkirchen würden besichtigen und fotografieren können. Diese Bauwerke finde ich äußerst faszinierend, teils werden sie sogar neu gebaut! Am Ende hat man sich dann doch mehr um "Holztransport" denn um "Holzkirche" gekümmert; und so mag die verschämt hinter den Bäumen aufragende Kirche von Sat-Șugatag sinnbildlich für unseren "Erfolg" in diesem Punkt stehen...
Nun ging es bald wieder aus der Besiedlung raus und durch die Wälder südostwärts. Nach Verlassen des letzten Dorfes fanden wir ein nettes Waldlokal, wo wir uns bischen was Gegrilltes bestellten. Leider gab es keine Sprachengleichheit, so dass die Bestellung nicht ganz einfach und von Missverständnissen geprägt war. Die selbstgemachte Wurst erwies sich ein wenig größer als erwartet, aber zum Glück wurden die mitbestellten Mititei gar nicht erst geliefert.
Gestärkt fuhren wir nun rüber ins Vișeutal, durch das die Bahn südlich von Valea Vișeului aufwärts führt. Die Straße trifft in Petrova auf die Bahn. Hier ist das Tal des Vișeu noch relativ breit, bevor der Fluss durch ein sehr enges Waldtal, in dem wunderschön der Weiler Bistra liegt, abwärts an die Tisa gelangt, in die er in Valea Vișeului mündet. Dieses Tal mitsamt dem Ort Valea Vișeului, in dessen Bf die Züge kopf machen, ist vollkommen abgeschieden nur über eine kleine Straße erreichbar. Dennoch ist in Valea minimaler Straßenlärm zu hören. Am anderen Flussufer ist ukrainisches Territorium, und dort führt auch eine Hauptstraße durch das Tal. Wir schauten uns dort den R 11402 an. Nach dem Lokumlauf kam sogar für einige Minuten die Sonne heraus, während ansonsten seit Mittag die Wolken vorherrschten.
R 11402 hat in Valea Vișeului Lokumlauf gemacht und steht nun zur Weiterreise nach Salva und Dej bereit.
Wir fuhren dem Zug ein Stück voraus. Im breiteren Tal von Petrova und Leordina gab es einige blaue Flächen am Himmel, doch wo wir Motive ausmachten, gab es keine Sonne. Hinter Leordina erwischten wir den Zug zwar nochmal MIT Sonne, aber wegen eines Busches mussten wir zu spitz stehen, so dass bestenfalls ein BddWnb zustande kam.
Und nochmal am Ortsende von Leordina.
In Vișeu de Jos am Bahnhof trafen wir den Zug wieder, der hier einige Minuten Aufenthalt hatte. Der Lokführer kam auf uns zu und ließ sich erstmal die Bilder zeigen. Haben wollte er aber keine. Er meinte, er mache den Job schon zwanzig Jahre und seinen Zug hätte er oft genug gesehen. Mit einem Handschlag verabschiedete er sich von uns, natürlich nicht ohne noch ein wenig über die maroden Loks sinniert zu haben. Er sprach fließend englisch.
An dieser Stelle möchte ich die Bahnstrecke(n), die uns jetzt paar Tage lang beschäftigen werden, näher skizzieren. Eine Übersicht habe ich dazu auch gemalt:
Zur Übersichtsskizze.
Der besetzte Bahnhof Fiad liegt vollkommen einsam am Hang. Nun beginnen die Tunnel und Viadukte. Vor Romuli sind es schon vier höhere Brücken. Innerhalb der Ortslage Romuli, die sich Zugfahrgäste linkerhand aus der Vogelperspektive anschauen können, folgen rund um den nicht mehr besetzten und zur Halta degradierten ex-Bahnhof vier weitere Brückenbauwerke über Seitentäler, von denen zumindest drei eine beeindruckende Höhe und Länge besitzen. Der Talgrund steigt oberhalb von Romuli nun auch kräftiger an, erreicht das Höhenniveau der Bahn allerdings nicht. Bereits in Dealu Ștefăniței überspannt ein weiterer markanter Viadukt die parallele Landstraße. Hier zweigen Bahn und Straße zusammen in das eben von der Bahn überspannte Seitental nach Norden ab. Es folgt der Bahnhof von Dealu Ștefăniței, der wohl der höchste der Strecke sein dürfte. Dahinter verschwindet die Bahn im 2388m langen Passtunnel vom Șetrefpass und wechselt hier vom Județul Bistrița-Năsăud in den Landkreis Maramureș. Oberhalb kleiner Bachtäler steigt die Bahn nun wieder ab, hinab in das Tal der Iza. Auf diesem Abstieg gibt es zwei weitere Viadukte, darunter ganz untypisch sogar eine Brücke mit obergurtigem Träger. Der Talkessel von Săcel wird umrundet, bevor der Bahnhof erreicht wird. Von hier bis zum nächsten Bahnhof Iza macht die Bahn keinerlei Anstalten, den Talgrund der Iza zu erreichen, wird das Tal doch eh bald wieder verlassen. Um die Höhe an den Hängen zu wahren, sind aber mindestens vier weitere Viadukte erforderlich.
Anstelle nun dem Iza-Tal weiter bis Sighetu Marmației zu folgen, schwenkt die Bahn im besetzten, aber nicht für Kreuzungen nutzbaren Bf Iza wieder in ein Seitental nach Norden ab, quert unmittelbar hinterm Bahnhof das Seitental auf einem großen Viadukt und verschwindet bald darauf in einem nächsten kleinen Passtunnel (ca 700m lang). Auf der anderen Seite geht es abseits von Straßen und Ortschaften durch ein liebliches Seitental der Vișeu (Wischau) auf Vișeu de Jos zu, das im Vișeutal liegt. Hier stößt die erst 1949 eröffnete Strecke aus (Salva -) Telciu auf die schon ältere Strecke von Borșa und Vișeu de Sus nach Valea Vișeului (Eröffnet 1913). Den Bahnhof von Vișeu de Jos mit seinen vielen Formsignalen kann man heute wohl als Streckenmittelpunkt bezeichnen. Die Strecke von Borșa und Vișeu de Sus bis hier ist stillgelegt und nicht befahrbar.
Auch wenn der folgende Talabschnitt im Valea Vișeu nochmal etwas enger ist, ist der Abschnitt mit den großen Kunstbauten nun zuende. Ab Leordina weitet sich das Tal, bevor es hinter Petrova landschaftlich nochmal sehr reizvoll wird. Eng treten die Bergwände zusammen und in einem schmalen Waldtal winden sich Fluss und Bahn abwärts. In diesem engen Abschnitt liegt malerisch der Weiler Bistra, in dem die Bahn auch ein letztes Mal die Flussseite wechselt. Die Vișeu mündet in Valea Vișeului in die Tisa (Theiß), die hier die Staatsgrenze zur Ukraine bildet. Unsere Bahnlinie mündet hier historisch betrachtet wieder in eine andere Strecke: In die 1894 eröffnete Theißtalbahn. Die äußerst spannende Geschichte der Bahnen rund um Sighetu vor dem Hintergrund immer wieder wechselnder Staatsgrenzen vollständig zu umreißen, würde hier den Rahmen sprengen. Heute stellt es sich so dar, dass die Theißtalbahn breitspurig ist und als Korridor zwischen Campulung la Tisa (westlich Sighetu) und Valea Vișeului über rumänisches Territorium führt. Lediglich zwischen den beiden genannten rumänischen Bahnhöfen gibt es ein Vierschienengleis für die Züge unserer Strecke 409, die in Valea Vișeului Kopf machen und durch das Theißtal nach Sighetu gelangen. Und die Breitspur wird mittlerweile gar nicht mehr genutzt.
Ein kurzer Satz noch zum Zugangebot: Zwischen Salva und Vișeu de Jos gibt es tatsächlich nur drei Zugpaare, und davon liegen leider nur anderthalb, also drei Züge, innerhalb der Sonnenscheindauer. Nördlich Vișeu de Jos kommen anderthalb weitere Zugpaare dazu, ab Valea Vișeului sogar noch eines. Somit weist die Strecke am Ende sogar mehr Züge auf als am Anfang. Dies entspricht der Besiedlungsstärke; zwischen Valea Vișeului und Sighetu Marmației mag hinzu kommen, dass es dort keine direkte Straße auf rumänischer Seite durch das Theißtal gibt. Ach ja, und dann gibt es natürlich noch den Holzzug... (Quellen: Eigene Beobachtungen, Landkarten, Fahrplan, Wikipedia).
Zurück zu unserer Tour. Unser Konzept war nun in ein Stumpfgleis eingefahren. Wir waren uns nicht so richtig einig, was wir weiter wollten. Ich wäre gern noch etwas südwärts zum Kundschaften gefahren, Yannick wollte aufgrund der Sonne über Vișeu de Jos und Vișeu de Sus und der fetten Bewölkung weiter südlich lieber mal zur Wassertalbahn rüber schauen. Nach einigem Hin und Her ging es also erstmal zur Waldeisenbahn. Einen Besuch im Normalspurbahnhof von Vișeu de Sus konnten wir uns angesichts der zugewucherten und rostigen Zuführungsstrecke sparen.
Am Werk stand ein Triebwagen mit Beiwagen abfahrbereit zur Fahrt ins Vasertal. Wir probierten, ein wenig auf der Straße ins Tal hinein zu gelangen, doch die Piste war übelst und nach paar Kilometern des Schlaglochumkurvens gaben wir auf. Statt dessen kundschafteten wir doch nochmal südwärts bis Romuli, wo Yannick trotz einsetzenden Regens versuchte, einen Fotopunkt für den Viadukt zu entern, was zwar mühsam war, aber dennoch gelang. Wie vorhin schon im Bf Leordina fanden wir auch in Săcel beladene Holzwagen vor. Durften wir auf ein Verkehren des Holzzuges am morgigen Tage hoffen?
Um kurz nach 7 trafen wir im gebuchten Hotel in Vișeu de Sus ein. Auf der Speisekarte des Restaurants standen sogar paar rumänische Gerichte und nicht nur die üblichen Grillfleischstücke an austauschbarer Beilage. Ich nahm Tochitura Moldoveana, Schweine- und Putenfleischwürfel mit reichlich Knoblauch an Maisgrießbrei mit Spiegelei und Käse gekrönt. Unser Hotel war das dekadente "Resort Mirage". Für 17,50 Euro pPN konnte man sich das geben. Es war schick designed und wirklich gut, das Zimmer und vor allem das Bad riesig! Und für Nicht-Regen-Abende wäre auch ein wunderschöner großer Balkon vorhanden.
Der geschmackvoll gestaltete Hotelflur war eine Fotogalerie mit historischen Bildern aus der Umgebung, auch viele Motive aus den Wäldern inklusive Waldbahn...
Der morgendliche Blick beim Aufwachen fiel auf geschlossene Bewölkung. Da konnten die Wetterdienste noch so viel Sonne gerade für die Morgenstunden lügen. Um 8 sind wir zu einem entspannten Frühstück vom Buffet gestartet. Bei Wetter wäre das nicht gegangen, da das Frühstück erst um 7.30 begann, genau der Zeitpunkt, zu dem man los musste.
Rechtzeitig zum großen Vormittagsknoten in Vișeu de Jos fuhren wir zum dortigen Bahnhof. Es war schon interessant. Erst kam R 4650 von Sighetu an. Eine 60 mit zwei graublauen Wagen. Dann kam eine 65 mit vier Wagen aus der anderen Richtung als RE 4135. Die 60 war nach Ankunft sofort mit ihren zwei Wagen auf ein Ausziehgleis im Osten gefahren (vermutlich das alte Streckengleis nach Borșa) und drückte nun die zwei Wagen hinter die vier roten Wagen des 4135. Man vereinigte also beide Zugparks. Doch die 60 durfte nicht etwa hinten bleiben. Sie wurde jetzt noch umgesetzt und hatte fortan führende Position vor der 65. Mit zwei Loks und sechs Wagen ging es nun nach Valea Vișului, wo vermutlich die Zweiwagengarnitur für den Mittagszug ab dort nach Sighetu hinterstellt wird.
Bilder haben wir keine gemacht. Zwar ließ sich die Sonne immer mal kurzzeitig blicken, aber sie stand komplett in der Gleisachse. Unser weiteres Konzept führte uns nun erstmal aus reiner Neugier nach Leordina, um nachzuschauen, ob die Holzwagen noch da waren. Waren sie, und sie wurden immer voller...
Als nächstes sollte es zur Kundschaft in die andere Richtung gehen. Wir kannten die Gegend erst bis Romuli, doch wollten wir nun auch mal weiter südwärts schauen. Vorher gab es allerdings einen Abstecher zur Erkundung des Viaduktes von Săliștea de Sus, gleich in der Nordausfahrt des Bf Iza. Man kann Bahnhöfe ja mal nach dem Fluss und nicht nach dem Ort benennen... Eigentlich wollten wir nur schauen, wie man auf den Fotohang gelangt. Doch als wir dort ankamen, war das nördliche Einfahrsignal gezogen! Der nächste Personenzug stand erst in fünf Stunden an, kommt etwa ein Güterzug?
Das Licht war für den Viadukt eigentlich schon zu spitz, aber wir hechteten und hechelten den Hang doch mal hoch. Der Blick war klasse - wir kannten ihn ja durchaus von Flickr-Bildern. Die Wolken hatten mittlerweile ganz gut aufgemacht, so dass wir in der stechenden Mittagssonne standen. Aber ein Zug kam dann doch nicht. Schade, einen geeigneten Personenzug gibt es nämlich nicht für diese Topp-Perspektive auf die Brücke. Aber auf Flickr tauchen immer wieder Bilder mit einem Holzzug auf. Deshalb waren wir auch so interessiert an der Holzverladetätigkeit in Leordina.
Für mich ist dieses Motiv - natürlich mit besserem Lichtstand - eines der schönsten der Strecke. Würden wir es jemals mit Zug umsetzen können? Mit dem Holzzug vielleicht?
Als nach einer halben Stunde nix gekommen war, gingen wir von einer vorsorglichen Fahrtstellung für den Personenzug heute Nachmittag aus und machten uns vom Acker bzw von der Blumenwiese. Beim Abstieg kamen wir auf Höhe des Brückenkopfes auch an der Weichenwärterbude vorüber. Und was hing da im Fenster? Der Dienstfahrplan des Bf Iza! Nun hatten wir also die Güterzugfahrzeiten! Dumm nur, dass die den Flickr-Fotos und ihren Lichtständen bzw Aufnahmezeiten in keinster Weise entsprachen! Es waren praktisch zwei Zugpaare verzeichnet. Eines zum Grenzbahnhof Câmpulung la Tisa hinter Sighetu an der ukrainischen Grenze und eines wohl für den Holzverkehr bis Leordina. Aber irgendwie mit verschiedenen Trassen und ohne Angabe von Verkehrstagen. So richtig geholfen fühlten wir uns jedenfalls nicht. Und dass nach Campulung noch was führe, hielten wir auch für tendenziell unwahrscheinlich...
Der Dienstfahrplan vom Bf Iza, mal schnell mit Handy abfotografiert...
Die nachträglichen Fahrplanänderungen bei den Personenzügen sind allerdings nicht berücksichtigt.
Wir fuhren weiter südwärts. Wie es immer so mit landschaftlich eindrucksvollen Strecken ist, war das Finden von Fotostellen nicht ganz trivial. Dabei mochte es durchaus eine Rolle spielen, dass man nur drei Züge zum fotografieren hatte... Unsere Erkundungsfahrt führte uns bis Coșbuc, wo abends die beiden Pz kreuzen und man fotografisch auf den Gegenzug übergehen würde. Coșbuc ist ein Bahnhof vor Salva, wo unsere Strecke auf die E-Piste von Suceava trifft.
Paar Höfe in Romuli.
Das Wetter hatte sich äußerst vielversprechend entwickelt. Mittlerweile konnte man von über 50% Sonne sprechen. Anstelle nun den Rest der Hochlichtphase bei einer Mittagsspeisung zu verbringen, beschlossen wir, dem ersten Nachmittagszug so weit wie möglich entgegen zu fahren. Zum Glück fanden wir heraus, dass man den Ballungsraum von Vișeu de Sus / de Jos via Bogdan Vodă umfahren konnte. Kürzer war die Route wohl nicht, doch dank leerer Straßen viel angenehmer zu fahren als durch das Gewühl einer 15tsd Einwohnerstadt (angesichts der einsamen Umgebung nannten wir Vișeu de Sus nur noch "die Großstadt").
Die Verfolgung des R 11402 (der steht nicht im Kursbuch bzw bis Vișeu de Jos unter anderer Nummer!) starteten wir nördlich von Petrova, wo wir gleich mal einen satten Wolkenschaden hinlegten. Die weiteren Aufnahmen gingen dann aber mit Sonne: Leordina Halta, ein Viadukt zwischen Iza und Săcel, der große Viadukt in Dealu Ștefăniței und ein kleiner Viadukt im Ortsbereich von Telciu. Leider war da der Zug doch länger als erwartet und sogar der Viadukt verkrautet.
R 11402 hat den Bf Leordina vor 5 Min verlassen und rollt auf die Halta Leordina h. zu,
... am Ortsende von Lordina,
... auf einem Viadukt zwischen Iza und Săcel,
... auf dem großen Viadukt von Dealu Ștefăniței
... über den Dächern von Telciu.
Gegenzug 4110 hat oberhalb von Telciu die Halta Fiezel verlassen.
Gegenzug R 4110 gab es im herrlichen Abendlicht kurz hinter der Halta Fiezel. Danach versuchten wir es nochmal mit dem Viadukt von Dealu Ștefăniței, doch hing die Sonne nun in einem Wolkenfeld. Da es westwärts grundsätzlich recht bewölkt aussah, verzichteten wir auf die weitere Verfolgung und zogen uns ins Hotel zurück. Da trotz der langen Hochlichtphase sogar das Mittagessen ausgefallen war, hatten wir nun gut Hunger. Und Durst auf Ursus. Wir freuten uns, dass heute noch einiges geklappt hatte. Die Wetterberichte hatten für heute jedenfalls ziemlich verkehrt gelegen...
Da auf die Wetterberichte eh null Verlass war, hatten wir für heute einfach mal ein Konzept für unsere Morgenwunschmotive aufgestellt. Eigentlich gab es für morgens zwei Musthaves. Der große Viadukt von Romuli, für den es um 9 einen passenden Personenzug gab, und der Viadukt am Bf Iza, für den man auf das Verkehren eines passenden Güterzuges angewiesen wäre. Da die Holzwagen in Leordina gestern einen beladenen Eindruck gemacht hatten, bestand unserer Ansicht nach eine Chance auf einen Güterzug. Aber wegen einer Chance das Mussmotiv mit sicherem Zug in Romuli sausen lassen? Hm, konnte auch doof enden... Andererseits fuhr der in Romuli benötigte Zug jeden Tag, der Holzzug hingegen sicher nicht. Ich glaube, die Verflixtheit unserer Möglichkeiten ist deutlich geworden?
Aber genau dafür hatten wir wie gesagt ein Konzept. Wir hatten rückwärts gerechnet. In Romuli mussten wir wegen der nötigen Hangbesteigung um 8.30 sein. Wir konnten vorher um 7.30 in Leordina schauen, ob eine Güterzuglok da wäre. Das taten wir, obwohl im Osten ziemlicher Schlonz am Himmel stand. Und tatsächlich stand in Leordina ein wohl gerade erst angekommener Güterzug mit leeren E-Wagen auf dem Durchfahrgleis! Zuglok war eine geleckte CFR Marfa 60 mit Revisionsdatum aus diesem Monat! Ok, also Güterzugprogramm! Hier war für die Lok noch einiges zu tun, weshalb wir erstmal in Leordina blieben. Die Lok war allerdings aus. Da wir von einem Wagenmeister ganze Zeit beobachtet wurden, sprachen wir den mal mit paar Brocken aus dem Google-Übersetzer an. Er erklärte uns dann auch ausführlich, worauf man warten würde. Allein wir verstanden ihn nicht...
Der Holzzug ist da! Rangierarbeiten im Bf Leordina.
Irgendwann rasselte im Dienstraum eindeutig der Streckenblock. Daraufhin herrschte sofort Betriebsamkeit. Auf der Lok lebte es plötzlich, der Motor wurde angeworfen, das kleine EG spuckte eine Handvoll Eisenbahner aus, die sich nun an den Weichen oder einfach so am Schienenstrang postierten, und los ging es. Erstmal wurde der Eingangszug in den Anschluss geschoben, mit ihm die beladenen Wagen rausgeholt, die dann bis auf zwei in Richtung Streckengleis geschoben wurden. Weil das Streckengleis mehrfach in die Rangiermanöver einbezogen wurde, hatte man wohl auch auf den Rückblock aus Vișeu de Jos warten müssen. Nur - Rückblock von was? Das konnten wir uns nun gar nicht erklären. Wir waren uns aber einig, dass das nichts Großes gewesen sein kann.
Rangierarbeiten in Leordina.
Noch konnte der beladene Güterzug vor den Personenzügen zur besten Zeit über das Viadukt am Bf Iza fahren. Und selbst wenn erst nach den Personenzügen gestartet würde, das würde immer noch reichen. Klar, wäre hochlichtiger, aber sich bei den paar Zügen hier über Hochlicht Gedanken zu machen, wäre echt Luxus...
Immer noch Rangierarbeiten in Leordina.
So rangierte man also hin und her, es ging zügig vorwärts. Dann wurden die beladenen Wagen in den Bf gezogen. Komischerweise fuhr der Zug recht weit durch und kam erst kurz vor der Nordausfahrt zum stehen. Spanisch kam es uns erst vor, als die Lok zum Umlauf nicht das durchgehende Hauptgleis nutzte, sondern das völlig zugewucherte dritte Gleis. Und als sie nicht durch fuhr, sondern vorm EG zum stehen kam, war klar: Man dachte nicht daran, vor den Personenzügen abzufahren. Aber warum hatte man die Lok nicht wenigstens schon an den Zug rangefahren? Man könnte ja schon mal mit der Bremsprobe anfangen... Statt dessen kam jemand mit dem rumänischen Pendant einer Sh2-Scheibe und steckte diese vor den Holzwagen ins Gleis. Und der Motor der Lok wurde ausgestellt. Oh oh!
Und das war's dann. Wagen und Lok wurden abgestellt. Der Motor auch...
Beim Durchstreifen der Gräser am Bahnhof wurden Wolken von Pollen aufgeweht. Wir beide waren nur noch am Niesen; Schnöff und Tränen rannen nur so aus uns raus. Wir schmissen Loranos ein, doch bis die wirkten, mussten wir erstmal leiden. Nun denn. Also erstmal Personenverkehr. Wir fuhren dem R 4650 von Sighetu nach Vișeu de Jos bis Petrova entgegen. Dort im ehemaligen Bahnhof und nochmal am Ortseingang von Leordina konnten wir den mit einer 60 bespannten Zug hübsch nehmen.
R 4650 erreicht den inzwischen nicht mehr besetzten Bahnhof von Petrova...
... und erreicht den Ortseingang von Leordina.
Danach wieder Kontrollblick zum Bahnhof Leordina. Es hatte sich nichts getan. Die Lok war aus, stille ruhte der See. Wir waren sicher, dass sich vor dem nordfahrenden Personenzug nichts mehr tun würde. Daher wollten wir schon mal erkunden, wo man den RE 4135 nördlich Petrova nehmen könnte. Frontlicht würde es kaum geben, aber dort war bei einigen Heufeimen ein sehr seitlicher Blick möglich. Groß reinlaufen wollten wir aber nicht, denn in den Heuwiesen wimmelte es nur so von Erntehelfern, außerdem stand in Sichtweite ein Auto der Borderpolice Streife. An dem waren wir heute letztendlich so oft vorbei gekommen, dass wir uns schon wundern mussten, dass die Besatzung in uns keine verdächtigen Subjekte sah.
Die Zeit bis zum 4135 wollten wir einfach nutzen, um nochmal am Bf Leordina vorbei zu schauen. Für uns war es wichtig zu wissen, ob jetzt vielleich schon rangiert wurde, so dass man direkt nach X4135 hätte abfahren können. Es war zwischendurch allerdings nicht rangiert, sondern Zug gefahren worden. Die Lok war weg! Sie war hinter dem 4650 in Richtung Vișeu de Jos ausgefahren! Das gibt es ja nicht! Nun denn, dann konnten wir auch für den 4135 hoch nach Valea Vișeului fahren, wo bei Einfahrt in den Bahnhof der Lichtstand am günstigsten sein musste. Leider war aus der Schlonze im Südosten, die uns bisher ziemlich verschont hatte, nun dickere Bewölkung geworden. Und diese war bis Valea hinter uns her gezogen. Aber die Einfahrt des 4135 klappte gut, es war gerade rechtzeitig wieder heller geworden. Und der Zug bestand heute aus zwei 60ern mit den sechs Wagen.
RE 4135 mit seiner stattlichen Länge erreicht den Bf Valea Vișeului.
Hier konnten wir nun die Rangiermanöver a) zum Lokumlauf und b) zum Auseinandernehmen der zwei Zuggarnituren beobachten. Die zwei in Vișeu de Jos angehängten Wagen wurden hier abgenommen, um den 13-Uhr-Zug zu bilden. Es gab also einiges zu fotografieren. Ein Arbeiter, der an seinem Bagger rumwerkelte, hatte Yannick angesprochen und gemeint, dass wir mit fotografieren vorsichtig sein sollten. Irgendwas mit Putin meinte er noch, aber das eigentliche Problem ist wohl eher die rumänische Grenzpolizei und nicht Putin. Aber angeschwärzt hat uns niemand, obwohl wir unser Tun kaum vor den ganzen Menschen im Bahnhof und vor dem örtlichen Café verbergen konnten. Ein Wagen der Grenzpolizei kam erst vorbei, als wir wieder im Auto saßen und nahm keine Notiz von uns.
Beide Loks setzen nun einzeln um.
Die erste Lok nimmt nun die in Vișeu de Jos beigestellten Wagen aus dem 4650 ab und rangiert diese in das Nachbargleis.
Die Ausfahrt schenkten wir uns. Auf dem Weg hierher hatten wir uns dafür zwar ein im Net entdecktes Motiv mit den beiden Esigs von Sighetu aus erhöhter Perspektive angeschaut, aber da war jetzt alles zugewuchert. Wir konnten also die Hochlichtphase einläuten. Über Leordina und Săcel, wo wir in den Bahnhöfen nochmals bzw erstmals für heute nach der Holzzugsituation schauten (in Săcel waren auch weitere leere Wagen hinzu gekommen, aber keine Lok weit und breit), ging es zum Șetref Pass zwischen Săcel und Dealu Ștefăniței. Hier waren wir nun schon so häufig an dem einladend wirkenden Wirtshaus Hanul Tentea vorbeigekommen, dass wir hier heute mal essen mussten. Man konnte schön draußen auf der Terrasse sitzen. Ich hatte Hähnchenbrust mit Gorgonzolasauße und Mămăligă (Maisgriesbrei), dazu ein Salat aus Tomate und Gurke. Wie hierzulande üblich gab es kein Dressing, sondern man nahm sich Öl oder Essig, Salz und Pfeffer. Und das schmeckt sogar! Vor allem liebe ich es, etwas mehr Öl als nötig zu nehmen und das hinterher mit dem obligatirischen Weißbrot aufzunehmen.
Nach dem Essen machten wir einen Verdauungsspaziergang auf dem Kammweg. "Spaziergang" ist gut, es ging ganz schön steil aufwärts. Aber da kam man bald in eine Region, wo man sämtlichem Verkehrslärm entfleucht war. Obwohl es gelegentlich leicht tröpfelte, legten wir uns auf eine Wiese und hielten ein Mittagsschläfchen. Hier über dem Gebirge hielten sich stationäre Wolken, während rund herum recht viel Blau zu sehen war. Aber gerade die Schatten spendenden Wolken ermöglichten es, sich in der offenen Pläne ohne Schatten spendenden Baum lang auszustrecken. Die Aussicht war klasse. In der Ferne war mal Donnergrollen zu hören, ansonsten hörte man nur das Zirpen der Zikaden.
Rechtzeitig zum R 11402 fuhren wir trotz schlechter Sonnenchancen zu einem der Viadukte zwischen Iza und Săcel. Ein stationären Wolkenloch gab alles, und so gelang hier wider aller Erwartung ein erstes Sonnenbild von dem Zug. Bei der Ausfahrt Dealu Ștefăniței hatten wir weniger Glück, aber an der Halta Fiezel hatten wir die große Bewölkung hinter uns gelassen und konnten ein zweites Bild von dieser Eisenbahn machen.
R 11402 nun auf einem ggü gestern anderen Viadukt zwischen Iza und Săcel.
Und nochmal in den Bauernwiesen bei der Halta Fiezel.
Den Gegenzug verarzteten wir gleich hinter Coșbuc. Hier gab es mal wieder Lex Wilderness in Reinkultur: Wir hatten uns ein Trockengestell für Heu als Vordergrund ausgewählt. Fünf Minuten vor Zugdurchfahrt kam eine ältere Dame mit ihrer Enkelin, breitete vor dem Gestell einen alten Teppich aus und lud Heu vom Gestell zum Transport auf den Teppich. Gut, unsere Befürchtung, dass sie das ganze Gestell leerräumen würden, bewahrheitete sich nicht, und da der Bergschatten das Gestell bald in die Dunkelheit beförderte, entschieden wir eh, darüber hinweg zu telen, aber das war wieder so ein Zufall der Marke "unglaublich". Die Enkelin der Marke "Teenager mit Flunsch" rührte übrigens die ganze Zeit keinen Handschlag, während sich die alte Dame abmühte... R 4110 konnte hier von uns gut umgesetzt werden.
Der Gegenzug R 4110 hat Coșbuc verlassen.
Weiter oben sah es wolkentechnisch wieder schwieriger aus. Mal fuhr man durch einen heftigen Schauer, dann kam wieder die Sonne durch. Wir hatten als Hauptmotiv den Viadukt vor Dealu Ștefăniței auf dem Zettel. Als wir dort ankamen, sah es nicht ganz chancenlos aus. Also mal wieder raus aus dem Auto und Hang hoch. Bis zum Zug war zwar noch über eine Viertelstunde Zeit, aber wir spekulierten auf den stationären Halt der Wolkenlöcher. Und das Wunder wurde dann auch Wirklichkeit, nämlich in der Form, dass sich trotz dickster Regenwolken rundherum die Sonne bis auf kurze Unterbrechungen wohl eine halbe Stunde lang hielt. Aber dem Wunder fehlte der allerletzte Schliff, das allerletzte Quentchen Durchdenkung. Warum gibt man uns in dieser Wetterlage diese halbe Stunde Sonnenschein, wenn ausgerechnet zum Zug eine der kurzen Unterbrechungen herrscht? Mann! Dann doch bitte lieber eindeutig schlecht, als dieses halbstündige Vor-Augen-führen dessen, wie es perfekt aussehen könnte - so nach dem Rudi Carell Motto "Das wär' Ihr Preis gewesen!" - die Älteren unter euch wissen, worauf ich anspiele. Und warum sowas ausgerechnet bei einem Hauptmotiv? Na ja, genug des Genörgels (das hat uns am Abend aber schon runtergezogen, das könnt Ihr glauben!). Jedenfalls beschlossen wir, hier mit elektronischer Bildbearbeitung das Letzte rauszuholen. Um eine Montage anfertigen zu können, hatten wir das Motiv auch "trocken" bei vollem Licht umgesetzt.
And here are the results: Dies ist nun nichtmal eine Montage, sondern lediglich ein in Vorder- und Hintergrund unterschiedlich herausgearbeitetes Foto. R 4110 auf dem Viadukt von Dealu Ștefăniței. Wer ganz genau hinschaut, erkennt sogar Ansätze eines Regenbogens (der war definitiv ebenfalls echt!).
Über Penny, wo wir uns das Frühstück für morgen besorgten, ging es ins Hotel. Bei Ankunft im Zimmer schlug uns erstmal beißender Gestank entgegen. Die Minibar hatte offenbar einen Schaden. Bevor wir ins Restaurant gingen, meldeten wir das an der Rezeption. Als wir wiederkamen, hatte man etwas Raumspray verteilt, offensichtlich aber auch den Schaden behoben. Jedenfalls schien die Minibar nicht mehr zu stinken. Zum Essen gab es für mich "Friptura de Porc", in Knoblauch gekochtes Schweinegeschnetzeltes mit Karotten u.ä., dazu Mămăligă und gegrilltes Gemüse. Einen Fehler (oder auch nicht) machten wir anschließend, wo wir uns von der Bar eine leckere Flasche gut gekühlten rumänischen Weißweins aufs Zimmer mitnahmen. Der Preis entsprach nun eher dem norwegischen oder schweizer Preisgefüge als dem rumänischen. Na ja, sei es drum. Wir haben Urlaub, und der Wein aus der Oltregion war hervorragend, ein halbtrockener Wein aus der Traube "Tămâioasă românească". Im Nachhinein war der Wein wirklich eine gute Idee gewesen, und preislich hatte das Hotel gegenüber dem recherchierten Handelspreis von 50 Lei ca 30% draufgeschlagen, was für ein Hotel glaub'ich vollkommen ok ist.
Heute wachten wir bei blauem Himmel auf. An Schlonz waren bestenfalls einige schwache Kondenzstreifen auszumachen. Ein Morgen für Romuli! Zwar beschlossen wir, weil wir ohnehin kein Frühstück bekämen, wie gestern den Schlenker über Leordina zu machen, aber es bestand Einigkeit, dass - ob nun eine Güterzuglok da wäre oder nicht - heute Romuli mit dem sicheren Personenzug gemacht wird. Der Konflikt bestand am Ende aber gar nicht, denn es war keine Lok in Leordina und die Holzwagen standen genau so, wie wir sie gestern verlassen hatten.
Also auf nach Romuli, natürlich wieder auf der schönen Route hintenrum über Bogdan Vodă. Die Fahrt war stimmungsvoll, zum Teil hielt sich noch etwas Nebel in den Tälern. In Romuli liefen wir den vorgestern von Yannick getesteten Pfad von der Straße zum Gleis hoch. Diese ganzen Wiesenhänge sind natürlich in Privatbesitz. Wir konnten nur hoffen, dass niemand sich daran störte. Nach Querung des Gleises war erneut ein Zaun zu queren, aber Yannick hatte das alles gut ausgekundschaftet. Der einfachere Weg wäre sicher über das Gelände eines Sägewerkes zu Füßen des Viaduktes gewesen, aber mit Sägewerk und Erklärung unseres Anliegens inkl Stichwort "Foto" hatten wir letztes Jahr paar Täler weiter ostwärts ganz schlechte Erfahrung gemacht. Insofern war unser Weg vermutlich erklärungstechnisch der einfachste.
Blick von der Passhöhe zwischen Bocicoel und Bogdan Vodă...
...zurück in Richtung Bocicoel.
Der Ausblick war dann auch wirklich topp. Was konnte schief gehen? Mir fiel da was ein. Der Wagen, der gestern an dritter Stelle lief, konnte heute an erster Stelle laufen. Und der hatte ein kleines Graffito. Das erste, das wir auf unserer Tour an einem Reisezugwagen sahen! Es blieb also spannend...
Es passte alles: RE 4135 auf dem größten der Viadukte von Romuli. Ein Hauptmotiv, über das wir uns sehr gefreut haben.
Na gut, endlich hatte auch mal an einem Hauptmotiv alles geklappt! Schön, dass der R 4135 sogar vier Wagen hat. So füllte er die große Brücke schon sehr gut aus. Das war nun wirklich schön gewesen, auch wenn dies wohl das einzige Bild des Morgens bleiben würde. Ganz konzeptlos waren wir allerdings noch nicht. Am Viadukt nördlich des Bf Iza musste das Licht jetzt bestens stehen. Da wir ohnehin nichts besseres zu tun hatten, fuhren wir dort einfach mal hin. Vermutlich zwar für genau gar nichts, aber man weiß es ja nicht. Das sind so die Fälle, wo man sich sogar über einen Skl oder eine Stopfmaschine freuen würde.
Wir parkten dort wieder zu Füßen des Viaduktes. Auf den Fotohang ging es wieder mal nur über einen Zaun. Prompt wurden wir vom nächsten Bauernhof von einer laut und ohne Unterbrechung energisch schreienden Frauenstimme angerufen. Wir wollten schon gerade wieder umdrehen und uns über die Bahnanlagen anschleichen, da rief ich mal laut die Losungsworte "Foto, Trenul, Viaductul". Sofort hörte das Gemecker auf und sie machte eine Geste wie "dann hoch mit euch!" Wenn die Kommunikation immer so einfach liefe, würde man ja vorher mal fragen, zumindest wenn ersichtlich ist, zu welchem Hof eine Wiese gehört. Wir bedankten uns und konnten uns dann droben herrlich in die Sonne setzen.
Wie gesagt, sehr wahrscheinlich war das Auftauchen eines Zuges nicht. Als der 4135 in Vișeu de Jos angekommen sein musste, wurde das Esig aus der Richtung gezogen. Aber auch das kannten wir ja von neulich, dass das nichts heißen muss. Etwas stutzig machte uns, dass erst ein Mensch mit Warnweste und dann sogar der rotbemützte Bahnhofscheffe unten telefonierend umherliefen und dabei von der Brücke schauten. Musste uns aber nicht jucken. Mehr juckte uns, dass aus Richtung Vișeu de Jos plötzlich ein Pfiff ertönte und die geleckte Marfa-60 um die Ecke kam. Sie hatte zwar - mal wieder - keine Wagen dran, aber dennoch empfand zumindest ich diese Lokfahrt als sensationellen Bonus, dank dem wir den Viadukt jetzt also nicht als Stillleben zeigen müssen.
Auch wenn es nur die Lok war, aber für mich hatte soeben unerwartet ein zweites Hauptmotiv geklappt! Und irgendwie passt die Lok super vor den grünen Hintergrund und lässt hinter sich schön den Blick auf den kurvigen Viadukt frei.
Wo die Lok wohl gesteckt hatte? Vielleicht war sie gestern gar nicht nach Dej zurückgekehrt, sondern in Vișeu de Jos hinterstellt worden? Da wir uns ausrechnen konnten, dass die Lok vielleicht in Săcel zu tun hätte, hielten wir uns auf unserem Fotohang nun gar nicht weiter auf. Mit beiderseitigem Gruß zur Veranda des Bauernhofs, auf der man bei genauem Hinschauen tatsächlich einen Kopf ausmachen konnte, stiegen wir ins Auto und fuhren nach Săcel. Dort stand die 60 tatsächlich auf einem Nebengleis und wartete auf die Dinge, die da nun passieren mochten.
Es war nun 10.40 und die Sonne stieg höher und höher. Gänzlich Fotos vergessen ließ uns allerdings ein Mr Wichtig, der noch viel wichtiger als Cheffe tat und sofort von uns eine Fotoerlaubnis sehen wollte. Seine Reaktion auf ein Nichtvorhandensein des gewünschten Papiers war, dass er uns die Hand gab und "a revedere" (auf Wiedersehen) zu uns sagte. Das war schon bischen frech. Da sich unsere Motivation zu Fotos aufgrund der ungünstig stehenden Lok eh gerade in Grenzen hielt, packten wir die Kameras wieder ins Auto, blieben aber vor Ort und beobachteten einfach mal. Wir hatten schließlich jede Menge Zeit, zum Essen war es noch viel zu früh. Spannend wurde es, als plötzlich Durchfahrt in Richtung Vișeu de Jos gezogen wurde. Was mochte da kommen? Es war dann nur ein Skl mit angehängtem K-Wagen.
Irgendwann wurde die Lok angeschmissen, und man begann ein wildes Sortieren der Wagen. Wenn zuhause bei Bruno Bock in Niedermarschacht die Wagen quasi einzeln sortiert werden und das Personal der Bedienfahrt Stunden mit Sortieren beschäftigt ist, so liegt das an den verschiedenen Chemikalien in den einzelnen Wagen. Hier müssen wohl in jedem Wagen andere Holzsorten gewesen sein, oder was wissen wir? Das wieder mal reichlich vorhandene Personal nahm währenddessen kaum Notiz von uns bzw amüsierte sich höchstens über uns. Mr Wichtig war in Richtung Verladung entschwunden und ward dann auch nie wieder gesehen. Zu CFR Infra kann der nicht gehört haben, eher zu Marfa oder sogar zum Holzhandel. War reines Pech, dass wir dem über den Weg gelaufen sind. Später im Zuge der Rangierarbeiten stand die Lok - natürlich im Hochlicht - schön frei vor der Hochgebirgskulisse, doch wir ließen die Kameras lieber mal stecken.
Unser Beweggrund, uns das ganze Rangiermanöver anzuschauen, war - abgesehen von "Sonst nichts zu tun" - die Hoffnung, dass irgendwann der Ausgangszug erkennbar gewesen wäre, dem wir dann trotz Hochlicht ein Stück voraus gefahren wären. Wohl gemerkt: Wären! Gegen 13 Uhr hatte man alles sortiert, die Wagen standen so, dass sie gewiss nicht so schnell startklar waren und die Lok hielt vorm EG und wurde ausgemacht. Das kannten wir doch schon! Das war für uns das Signal, dass wir endlich Essen gehen konnten, natürlich wieder in dem schönen Hanul Tentea auf der Passhöhe. Für mich gab es Cartofi ca la coasa, Kartoffeln in einer schmackhaften Käsesahnesauce mit Schinken und Paprika. Sehr lecker, aber auch mächtig.
Was taten wir nach dem Essen? Natürlich wieder zum Bahnhof Săcel schauen. Dort hatte sich gar nichts getan. Und das einzige Anzeichen, dass sich überhaupt etwas tun könnte, war die Tatsache, dass die Lok auf dem durchgehenden Hauptgleis abgestellt war. Wir stellten uns einfach etwas abseits vom EG in eine Beobachtungsposition, stellten die Rückenlehnen zurück und machten ein Nickerchen. Natürlich dauerte es nicht lange, bis einer von den gelangweilten Eisenbahnern (vermutlich der Wagenmeister) uns trotzdem entdeckte. Wir versuchten eine Art Konversation, auch mit Google Translator, und glaubten verstanden zu haben, dass der Zug heute eher nicht rausginge. Es klang nach "morgen". Vielleicht hieß es aber auch alles andere... Als der Mann abgezogen war, schossen wir in einem lichten Moment dann doch noch ein Bild von der in der Sonne stehenden Lok und machten uns vom Acker.
Die Lok steht im Bf Săcel. Und steht. Und steht... Im Hintergrund sind paar der höheren Gipfel des Rodna-Gebirges zu sehen.
Über Mittag war der Himmel schon wieder ganz schön zugequollen. Aber was soll's. Mit dem Güterzug war - wenn überhaupt - nicht innerhalb der nächsten Stunde zu rechnen. Deshalb testeten wir als erstes noch eine heute Morgen erspähte Fotomöglichkeit, nämlich den großen Viadukt von Romuli von der anderen Seite. Yannick erbarmte sich und sprang den steilen Pfad hoch, während ich mich lieber an der kühlen Brise auf der Bachbrücke erfreute. Yannicks Nachforschung ergab: Da geht was! Daraufhin stellten wir uns aber erstmal an den Bahnhof Dealu Ștefăniței, wo wir den Güterzug ggf mitbekämen. Dazu hatten wir uns aus dem Magazin Mixt in Romuli Eis und kalte Getränke mitgebracht.
Rechtzeitig zum Nahverkehrszug wechselten wir wieder nach Romuli. Doch während die Wolken sich in Dealu Ștefăniței schon wieder merklich gelockert hatten, hielt sich über Romuli ein fetter Klopper. Und so richtig zogen die Wolken nicht. Daher kam R 11402 dann auch bei Schatten durch. Wir folgten dem Zug nicht weiter, denn so die Toppmotive fielen uns da unten nicht mehr ein. Statt dessen brachten wir uns profilaktisch in Dealu Ștefăniței am Bahnhof in Position. Es hätte ja sein können, dass der Holzzug doch noch auftaucht. Statt dessen erregten wir den Argwohn des Weichenwärters, der sich von einem anderen Eisenbahner zu uns fahren ließ und fragte, was wir da machen. Na ja, ich versuchte ihm klar zu machen, dass wir Kollegen aus Deutschland seien, was er auch soweit verstanden hat. Doch sein Blick sagte ganz deutlich: Was zur Hölle wollt ihr dann hier? Und ein latentes Misstrauen, dass wir keine Kollegen aus Deutschland sind, mag auch vorhanden gewesen sein. Yannick stand etwas abseits von mir. Ihm gegenüber wurde er dann deutlicher: Fotografieren verboten! Soviel rumänisch können wir schon...
Na ja, doll getroffen hat uns das hier nicht, denn der Güterzug kam ja gar nicht. Es hinterlässt bloß immer ein blödes Gschmäckle, gerade nachdem wir auf der letzten Tour gar nicht und auf dieser Tour ebenfalls erst heute des Feldes verwiesen wurden. Wir verzogen uns nun ziemlich früh auf den Fotohang für den Nordfahrer auf dem großen Viadukt von Dealu Ștefăniței. Dort konnte man abseits von allem Verkehr und allen Blicken sitzen und das spannende Spiel der Wolken "genießen". Es war nun unser dritter Anlauf an dieser Stelle. Wir befanden uns jetzt offenbar genau an einer Wolkengrenze. Richtung Norden war es praktisch wolkenfrei, während südwärts die fetten Wolkenfelder hingen. Bei unserer Ankunft befand sich die Sonne in einem gewaltigen Wolkenklopper, der kein Stück zu ziehen schien. Aber wir hatten ja noch 30 Minuten Zeit...
Im Gegensatz zu vorhin in Romuli konnte man doch irgendwann eine Zugrichtung ausmachen. Es ging aber nur äußerst langsam voran. Langsam wurden die Berge hinter der Brücke immer sonniger. Der Bahnhof links von uns hatte praktisch durchgehend in der Sonne gelegen und sandte nun auch immer mehr beschienene Flächen in unsere Richtung. Ca 10 Minuten vor der erwarteten Durchfahrzeit gelangte der Viadukt in die Sonne. Alles schien perfekt! Aber warum kommt die blöde Kuh drüben am Hang hinterm Viadukt eigentlich nicht in die Sonne? Und warum werden die hinteren Segmente des Viaduktes schon wieder dunkler? Die eben von links herüber gekommene Wolkengrenze verschob sich nun wieder nach links zurück. Der Viadukt war dunkel! Noch fünf Minuten bis zum Zug!
Gaaaanz zaghaft näherte sich nun wieder beschienene Fläche von links und von hinterm Viadukt. Aber das war zu langsam! War der Zug hinten schon zu hören? Oder doch nur ein LKW? Die Bäume am linken Rand unserer Wiese wurden laaangsam wieder hell - keine 20m von uns entfernt. Der Zug musste jetzt eigentlich kommen! Der nächste Baum wurde hell, wieder waren zwei Minuten vergangen. Die übliche Verfrühung von zwei Minuten hatte der Zug schon mal nicht. Noch ein Baum wurde hell. Erstes zartes Licht auf dem Viadukt. Der Zug hätte längst kommen müssen. Nun wurde der Viadukt komplett hell. Wie herrlich! Und die Helligkeit machte nun nicht kehrt, sondern zog nach rechts hin weiter auf. Stellte sich jetzt bloß noch die Frage, wo denn der Zug bleibt. Eine Anfrage im www brachte die Erkenntnis: +15! Na gut, die ersten Minuten davon waren praktisch rum, es hätte schlimmer kommen können. Die Sonne hielt sich tapfer! Der erste verspätete Zug dieser Tour ging im besten Abendlicht auf dem Viadukt! Wäre er pünktlich gewesen, hätte es nicht geklappt.
Diesmal mit voller "Natursonne": R 4110 auf dem Viadukt von Dealu Ștefăniței mit vielen blühenden Akazien (?).
Wir waren happy! So enttäuscht wir gestern diesen Hügel verlassen hatten, so beswingt und heiter gelangten wir heute zurück zum Auto. Die große Frage war nun: Geht jetzt noch was? Weniger als eine Stunde vor Sonnenuntergang musste ja noch der Nachtzug kommen. Den hätten wir ja schon gern mal irgendwo erwischt. Aber das war leider nicht drin. Wir steuerten noch einen Viadukt zwischen Săcel und dem Pass an, der gar nicht von der Straße einsehbar ist. Yannick hatte ihn beim Überflug mit dem Luftbild gefunden. Es war traumhaft dort, aber bald kam der Bergschatten. Wir schauten uns in Săcel, wo übrigens die Marfa-Lok nicht mehr, alle Wagen jedoch noch am selben Ort wie vorhin standen, den Nachtzug aus der Ferne an. Auch hier fahren offenbar noch ex-DSG-Schlafwagen.
Landschaftsüberblick am Șetrefpass, Blick nordwärts.
Zwischen der Passhöhe und Săcel gibt es abseits der Straße noch diesen Viadukt, den Yannick auf dem Luftbild entdeckt hatte und der sicher auch aus mehreren Richtungen fotografisch umsetzbar wäre. Interessant ist auf diesem "Neubau"abschnitt von 1949 der ständige Wechsel von Beton- und Stahlviadukten.
Mit Kurzbesuch an der Tanke trafen wir gegen halb 9 wieder im Hotel ein, wo wir erst duschten und dann erst zum Essen runter gingen. Ich nahm eine gemischte Grillplatte mit Kartoffelpüree und Grüner-Pfeffer-Sauce. Alles sehr lecker. Yannick hatte als Beilage Kartofi Taranesti, mit Schinken gekochte Kartoffeln. Die waren sehr schmackhaft.
Auch wenn wir heute nur drei Streckenaufnahmen (davon eine Lz) gemacht hatten, so waren wir sehr glücklich. Denn alle drei Stellen waren absolute Wunschmotive. Für diese Viaduktbilder war man schließlich hergekommen.
Heute wollten wir das Hotel verlassen, um abends schon mal ein Stück in Richtung Cluj runter zu kommen. Aber für das Tagesprogramm gab es mehrere Optionen. Erst hatte es so ausgesehen, dass der Tag wettertechnisch schlecht werden soll. Dann wären wir einfach mal mit dem Tourizug auf der Wassertalbahn gefahren. Aber mittlerweile wurde die Vorhersage immer weiter nach oben korrigiert. Sollte man doch noch Fotos machen? Wir hatten gestern Abend beschlossen, uns nach dem morgendlichen Wetterblick aus dem Fenster zu richten.
Und der Wetterblick war eine eindeutige Empfehlung für die Wassertalbahn. Es war komplett bewölkt. So konnten wir ab 7.30 wenigstens noch ein zweites Mal das riesige Frühstücksbuffet genießen, bevor wir um 8.20 auscheckten und zum Waldbahnhof Mocănița fuhren. Davon ließen wir uns auch durch paar größere Aufrisse am Himmel nicht abschrecken. Auf dem riesigen Parkplatz war noch eine Menge Platz. Trotzdem gab es erst für den dritten Zug, den um 10 Uhr, Fahrkarten. So hatten wir noch schön Zeit, dem Touritreiben zuzuschauen. Zug 1 fuhr mit zehn Minuten Verspätung los, weil noch auf eine Bustruppe gewartet werden musste. Außerdem geriet der ganze Platz in helle Aufregung, als plötzlich laute Rufe nach Marcie über den Platz gellten und einige Leute hektisch herumsuchten. Wir dachten schon, ein Kind wäre verloren gegangen. Nachdem dann eine Sichtungsmeldung aus Richtung Betriebswerk kam, sah man bald Marcie auf den Armen einer Frau zurückkehren. Marcie war ein kleiner weißer Pudel, den ich kaum von den anderen hier herumlaufenden niedlichen Straßenhunden hätte unterscheiden können.
Zug 1 ins Valea Vaser (Wassertal) steht vor dem EG der Waldbahn bereit.
Zug 2 fuhr pünktlich um 9.30 hinterher. Wir bestiegen schon mal einen Wagen von Zug 3, wurden dann allerdings noch einen Wagen weiter nach vorn gebeten. Das war kein Problem, noch waren Plätze auf der Flussseite (also in Fahrtrichtung links) frei. Bis auf wenige Kilometer im oberen Abschnitt verläuft das Gleis talaufwärts betrachtet auf der rechten Talseite. Wir vermuteten, dass Wagen 3 und alle weiteren für Reisegruppen reserviert wären. Allerdings näherte sich die Abfahrtszeit, ohne dass dort jemand Platz nahm.
Als zur Abfahrtszeit die Plattformgitter zugeknallt wurden und wir nach wie vor kein Gegenüber in unserer Vierersitzgruppe hatten, waren wir ähnlich glücklich, wie wenn im Flugzeug der Platz neben einem noch leer ist und die Durchsage "Boarding completed" erfolgt. Denn sonst wäre es ganz schön eng geworden. Als der Zug anruckte, wurden wir gewahr, dass unser zweiter Personenwagen auch schon der letzte war. Das eröffnete uns natürlich ganz neue Perspektiven von der hinteren Plattform. So wurde die Fahrt richtig klasse. Man konnte immer mal zwischen "eigener" Vierersitzgruppe und der hinteren Plattform hin und her pendeln.
Unser Kurzzug 3 beim "Erfrischungshalt" in Novat, Yannick beobachtet das Treiben der "normalen" Touris.
Wir waren überrascht, wie weit in das Tal hinein noch ein Fahrweg führt. Das letzte Stück war allerdings nur noch Fahrzeugen mit dicken Rädern vorbehalten. An einer Ausweichstelle, als die zum Glück übersichtliche Anzahl an Fahrgästen aus unseren zwei Wagen gerade am Packwagen für Krapfen und Beerenschnaps anstand, kam von oben ein kreuzender Ford Transit. Ein Bahnhof später kam ein längerer Zug, der offenbar sowohl der Mitarbeiter- als auch der Holzbeförderung diente. Ein GmP sozusagen. Bevor später ein hölzernes Tor den Eingang zum - ja, wozu eigentlich? - markierte, bog nach rechts ein Gleis zu einem größeren Holzverladeplatz ab. Das letzte Streckenstück war wirklich spektakulär, das Tal schluchtähnlich eingeschnitten und es ging immer wieder um Felsnasen herum.
Grausig fanden wir dann das große Tourilager am Endbahnhof der Touristenzüge in Paltin. Vor Schreck, aber auch wegen des Regens, haben wir ganz das Fotografieren vergessen. Aber die "Normaltouristen" mögen es, und darauf kommt es an. Wenn auf diese Weise eine Masse Geld in die Kassen gespült werden kann, so ist der Verein auf dem richtigen Tripp. Die Tourizüge fahren zum Umlaufen und zur Abstellung noch ein Stück weiter in einen Schattenbahnhof. Nee, keine Ahnung, der Blick dorthin war uns verborgen. Die Strecke geht ja bekanntlich noch viel weiter. Was für eine Zukunft hat sie, wenn im Nationalpark kein Holz mehr geschlagen werden darf? Zudem gräbt sich die Forststraße immer weiter vor, und es gibt noch andere Transportmöglichkeiten...
Wozu braucht man eine Bahn? Holztransport im Flussbett ist viel bequemer...
Was ich eigentlich erst jetzt wieder aus meinem Gedächtnis hervorgekramt habe: Genau diese Waldbahn war es, die mich vor zig Jahren - zum Beispiel durch Heikos abenteuerliche Erlebnisberichte - ein erstes Mal denken ließ: Man müsste mal nach Rumänien fahren. Dieses Thema "Waldbahn in den Karpaten" hatte etwas Geheimnisvolles, Verwunschenes, eine Bahn in tollster Natur abseits aller Zivilisation... Das hätte man schon gern mal erlebt. Aber irgendwie konnte ich mich all die Jahre nie zu Rumänien durchringen... Nun also war ich auf diese "Bahn der Träume" gelangt. Aber alles war ganz anders, als ich es mir vor zwanzig Jahren ausgemalt hatte. Natürlich war man heute auf den Touristenrummel vorbereitet, insofern werde ich jetzt nicht von geplatzten Träumen sprechen. Aber ich verstehe die Stimmen im DSO-Auslandsforum oder auch im Freundeskreis, die versuchen, die Bahn mit den Arbeiterzügen zu erleben und entsprechend auch noch viel weiter als Paltin zu gelangen.
Zurück zur Realität: Ein in einen weißen Regenumhang gehüllter Waldschrat tanzte auf einem dicken Holzstumpf stehend zu irgendwelcher Volksmusik vor sich hin, und bald hatte sich eine Gruppe Frauen um ihn herum geschart und tanzte um ihn herum. Das hatte einfach etwas skurriles... Halbwegs zwischen zwei Regenschauern konnten wir einen kleinen Grillteller verputzen. Interessant fanden wir den doch sehr hohen Anteil an rumänischen Touristen, auch wenn natürlich auch genug andere Sprachen (vor allem deutsch) zu hören waren. Im Gegensatz dazu mussten wir bemerken, dass es insgesamt wenig Englischsprachiges auf Hinweisschildern gab. Auch die Ansprache, die eine Mitarbeiterin bei Abfahrt in unserem Wagen hielt (vielleicht war es nur die UVV-Unterweisung *g*), beschränkte sich auf rumänisch.
Vor der Rückfahrt hatten wir nicht aufgepasst. Einer der für diese Bahn typischen Ford Transits machte sich bereit, uns im Sichtabstand zu folgen. Hätten wir das geschnallt, hätten wir nicht unsere alten Plätze wieder eingenommen, sondern hätten uns auf die hintere Plattform gestellt. Da hätten wir eine Menge Streckenaufnahmen machen können, denn pünktlich zu unserer Rückfahrt war die Sonne wieder rausgekommen, nachdem man die Stunde in Paltin zum Teil im Regen verbracht hatte. Aber wir waren nun leider im ersten Personenwagen und konnten nicht in den zweiten gelangen.
Die letzten Bediensteten des Touristenlagers folgen unserem Zug im Sichtabstand...
...mit ihrem Ford Transit.
Erst nach etwa zwei Dritteln der Strecke gab es nochmal einen Stopp, und da siedelten wir um. Doch nun hatte der Himmel wieder dicht gemacht. Wir erwischten den Transit gerade noch einmal in Sonne.
Jetzt nochmal von der letzten Bühne aus weiter unten im Tal.
Die übrige Zeit konnten wir dem Bremser ein wenig zuschauen, wie er die Handbremse immer mal fester schraubte, um die Lok beim Bremsen zu unterstützen. Und irgendwann war dann auch noch ein Drehgestell des Packwagens von der Schiene gehoppst. Das Aufgleisen dauerte keine Viertelstunde, völlig unspektakulär... Yannick hat ein Video dazu gedreht; interessant finde ich die Pfeifsignale mit der Trillerpfeife: Video auf Youtube.
Zurück in Vișeu de Sus-Mocănița stand unser Auto als eines der letzten auf dem Hof. Es war nun schon 16 Uhr. Wir wollten jetzt wie geplant schon mal in die Gegend von Cluj fahren. Hier regierten die Regenwolken und es gab für uns nichts Nennenswertes mehr zu tun. Bei Cluj hingegen würden wir vielleicht morgen noch etwas mit besserem Wetter hinbekommen.
Gesagt getan. Auf der Straße, die wir die letzten Tage x-mal gefahren sind, hieß es Abschied nehmen. Tschüß Hotel Mirage, tschüß Hanul Tentea! Und tschüß --- Holzzug! Ich hatte noch gelästert, dass gleich in Săcel, wo es unter der Bahn durchgeht, garantiert der Holzzug über uns rüber fährt. Tat er aber nicht. Die Wagen im Bahnhof waren aber augenscheinlich weg. Na gut, nach den gestrigen Beobachtungen und Aussagen des Wagenmeisters hatten wir schon erwartet, dass der Zug heute gefahren wäre. Bestätigt worden war das durch einen ungarischen Bahnfotografen, der hier schon oft den Holzzug fotografiert hatte, und dessen Antwort eben eingetrudelt war: Ja, heute sollte der Holzzug gefahren sein.
Gut, wir hatten definitiv nichts falsch gemacht mit dem Programm auf der Wassertalbahn. Dem Holzzug hatten wir schon genug Zeit geopfert, und die Sonnenchancen dürften heute äußerst bis verschwindend gering gewesen sein. Das Thema "Holzzug" war also definitiv aus dem Sinn, hatte halt nicht geklappt. Ist eben so.
Doch das war ja nun mal wieder viel zu einfach! Einfach so "aus dem Sinn", das konnte uns so passen! Als kleiner Erinnerungsanstoß rangierte nämlich bei Vorbeifahrt am Bahnhof Dealu Ștefăniței die altbekannte Marfa-60, natürlich wieder allein. Was will die denn hier? Hier hatten nie Wagen zur Beladung gestanden! Wir wollten da jetzt gar nicht weiter drüber nachdenken, denn Wetter war eh nicht, und riefen auch ihr unser symbolischen "Tschüß!" zu und fuhren ohne Halt an ihr vorüber. Ha, da hatten wir es der Lok stellvertretend für den Holzzug aber gezeigt!
Was für ein grandioser Abgang für uns, wir hatten uns nicht von der Lok zu einem Stopp und weiterer verschwendeter Zeit hinreißen lassen. Der Punkt ging ganz klar an uns. Und damit konnten wir endgültig den Haken an das Holzzug-Thema setzen, wobei uns ja ehrlich gesagt nicht so recht klar war, ob die Lok nun schon ihren Holzzug nach Dej gebracht hatte und leer wieder hochgekommen war oder der Holzzug noch irgendwo rumstand oder was auch immer... Keine Ahnung. Aber es regnete ja eh... Thema durch!
Das Thema war für genau 5 Minuten durch. Oder etwa für die Distanz, die man von Dealu Ștefăniței nach Romuli benötigt. Im Glanz der Helligkeit, die zum Ende des Regens hin auf die Landschaft und die Viadukte fiel, war eine gleichmäßige Bewegung droben auf den großen Brücken zu erkennen. Eine schier endlose Kette brauner Wagen glitt in diesem Glanz talwärts! Und davor hing --- halt eine andere Lok! Wie unglaublich war das denn jetzt?
Dafür, dass wir das Thema "Holzzug" gerade für "durch" erklärt hatten, packte uns nun mit erstaunlicher Macht erneut das Holzzug-Fieber! Und der noch bescheidene neue Vorsatz, den Zug weiter unten auch bei bedecktem Himmel oder gar Regen wenigstens einmal zu dokumentieren, wurde schnell durch die Hoffnung verdrängt, dass da sogar was mit Sonne gehen könnte. Denn talabwärts waren mattblaue Stellen am Himmel zu erahnen. Wir hatten schon die ganze Zeit ein Wunschmotiv inpetto, für das der nachfolgende Personenzug immer zu spät lag, für das der Güterzug aber passen müsste, nämlich die Bahnhofsausfahrt von Telciu.
Es wurde richtig übel, denn plötzlich hatten wir auf den kurvigsten Kilometern zwei lahme LKWs und zwei PKWs, die sich nicht zu überholen trauten, vor uns. Sollte der Holzzug uns nun endgültig die Nase drehen, indem wir ihn verpassen? Nein, irgendwann konnten wir überholen. Nun wieder zügiger gelangten wir nach Telciu; vom Zug war über uns am Hang (noch?) nichts zu sehen. Nein, er konnte nicht vorbei sein! In Telciu war die richtige Abzweigung von der Hauptstraße die an der Dunlop-Fahne. Gut, dass man sich so einen Kleinkram gemerkt hatte! Schnell den Weg hoch, niemand meckerte uns im Angesicht unserer Kameras an, das Licht hielt, der Zug war in der Ferne zu hören und machte sich erst jetzt an die Umrundung des Städtchens, und fünf Minuten später hatten wir tatsächlich ein Foto vom Holzzug im Kasten!
Ist es zu glauben? Wir waren auf der Rückreise und bekamen nun doch noch durch einen Riesenzufall den Holzzug vor die Linse. Gz 42564 in der Ausfahrt von Telciu.
Nun in Ruhe beratschlagt, ob wir hier noch irgendwo die bald anstehenden Personenzüge abwarten, doch es lag noch eine lange Fahrt vor uns, und so begossen wir noch die Blumen, stiegen wieder ins Auto und fuhren auf Salva zu. Hinter Coșbuc hatten wir ihn schon wieder! Wir wollten ihn nicht verfolgen, ganz bestimmt. Aber an einem BÜ in Salva bekamen wir ihn nochmal, und zwar gar nicht mal schlecht...
Und nochmal am Ortseingang von Salva.
Der große Holztransport hatte für diese Woche das Maramureșgebirge verlassen. Doch in der nächsten Woche wird er am Mittwoch sicherlich wieder sein Verwirrspiel beginnen. Jetzt müsste eigentlich die Karrikatur einer fies grinsenden Lok eingeblendet werden, denn die rotgraue Lok hatte den Güterzug offenbar nur bis zum Pass nachgeschoben und verbleibt anscheinend in Vișeu de Jos, um jederzeit ihr undurchsichtiges Spiel neu zu beginnen... Und der Rückblock, den wir am Mittwoch Morgen in Leordina gehört hatten, muss wohl von der anderen Lok gewesen sein, die leer wieder nach Dej (oder auch nur nach Vișeu de Jos?) zurück fuhr.
Zwar schien die Sonne matt, aber doch mit einiger Intensität, die sicher noch paar Bilder an der Hauptstrecke ermöglicht hätte. Aber angesichts der bevorstehenden Fahrt ließen wir das lieber. Die Straßen waren voll. Wieder mal erwies sich gerade die Europastraße zwischen Dej und Cluj als eine der größten Rennpisten - in unserer Richtung zumindest. Auf der anderen Seite war meist Stau, Freitagabendverkehr eben. Zum Glück fuhren wir ja größtenteils nach Cluj rein.
Erst in Cluj, als man so langsam der Ausfallstraße stadtauswärts näher kam, begann für uns der Stau. Egal. Gegen 20.00 erreichten wir das Hotel Bonanza, das wir ja schon vom letzten Mal kannten. Hier konnten wir schön essen, wobei wir beide Lamm in verschiedenen Varianten nahmen. Bei Yannicks Nachtisch musste bzw durfte ich sogar etwas mithelfen: Er hatte Papanasi, Krapfen mit Schmand und Blaubeeren. Leeeecker! Und auf das Finale Furiosum in Sachen Holzzug stießen wir dann noch auf dem Zimmer mit einem Weißwein, einem Fetească Regală an.
Profilaktisch wachte ich mal um 6 Uhr auf, aber der Himmel war komplett verschlonzt. Kein Grund für einen Gewaltstart. Um 8 liefen wir gemütlich zum Frühstück und um 9 fuhren wir nach Cluj rein, wo wir in der Nähe des Bahnhofes einen Parkplatz fanden. Am Bahnhof tat sich gerade gar nichts. Auf dem Bahnhofsvorplatz mussten wir drei Automaten durchprobieren, bis uns einer vier Einzelfahrkarten verkaufte. Mehr Automaten sahen wir dann auch nicht.
Mit der Straßenbahn, einem Pesa Swing, fuhren wir in die Innenstadt. Oder zumindest so weit, bis die Bahn vorher rechts abbog, denn die Straßenbahn führt eher an der Altstadt vorbei. Bei zunehmend schwüler Hitze und brennender Sonne drehten wir eine Runde durch die Stadt. Ausgestiegen waren wir an der Hst Opera Marghiară Est. An der Michaeliskirche vorbei ging es in ein Viertel mit zahlreichen studentischen Einrichtungen, vor denen High Life herrschte. Die Stadt war voll von festlich gekleideten Jugendlichen; das sah aus, als würde man heute den Schulabschluss feiern. Leider litt das aus tollen Fassaden bestehende Stadtbild vielfach unter eingerüsteten Fassaden oder mit Buden vollgestellten Plätzen. Dieses Wochenende fand hier das TIFF statt, das Transilvanian International Filmfestival. Auf den Werbeplakaten biss ein junger Mann einer jungen Frau gerade in die Schulter. Was man hier in Transsilvanien halt so macht...
Cluj: Das "Bistro Viena" vor der Casa Memorială Matei Corvin.
Blick entlang der Strada Iuliu Maniu zum Turm der Michaeliskirche.
Mit einem Trolleybus ging es von der innenstadtnäheren Station Sora wieder zum Bahnhof zurück. Dort in der Umgebung, in der Strada Horea bzw erst in der einmündenden Strada Ion Luca Caragiale, fotografierten wir nun noch einige Straßenbahnen. Gegen 12 war es auch schon Zeit für den Endspurt. Mit dem Auto fuhren wir einmal "außen rum" zum Flughafen, wobei unterwegs in einem Arbeiterviertel gegenüber einem großen Werk noch eine Straßenbahn "mitgenommen" werden konnte.
Eine ex Potsdamer Straßenbahn biegt aus der Strada Ion Luca Caragiale in die Strada Horea ab.
Ein moderner Pesa Swing in der Strada Horea.
Und nochmal ein Berliner an fast der gleichen Stelle; die unterschiedlichen Auslösemomente sind ein wenig durch die entgegen kommenden Autos beeinflusst...
Und noch een Berliner auf der Nordstrecke auf dem Bulevardul Muncii vorm Sinterom Werk.
Beim finalen Tanken dann wieder ein Extremfall der Marke "merkt nichts" vor mir. Es kamen nur zwei Säulen in Frage. An beiden stand je Einer. Ich also rechts angestellt. Da kam dann auch bald ein älterer Herr aus dem Shop, setzte sich aber nicht ans Steuer, sondern klönte mit dem noch am Auto stehenden Beifahrer und fing in aller Seelenruhe an, die Scheibenwischer vorzuklappen und gaaanz langsam und immer noch quatschend die Scheibe zu wischen. Ich war mir in dem Moment sicher, dass das nicht der Fahrer sei, sondern dass man auf den noch warte. Bald wurde links frei. Zum Glück stand da niemand Schlange. Ich also rum, musste aber feststellen, dass dort nur das teure Diesel angeboten wird. Nebenan hatte man nun die Scheibenwischer wieder angeklappt und der ältere Herr setzte sich nun doch ans Steuer! Ich also wieder zurückgesetzt und hinter ihn gefahren. Er dachte jedoch noch längst nicht daran, seinen schönen Platz an der Zapfsäule zu verlassen. Erst als ich ihn böse angehupt habe (und glaubt mir, das tat extrem gut!) fuhr er ab und machte eine Geste a la "ist doch alles frei", was aber bei unserer Ankunft, als er die Scheibenwäsche begann, definitiv nicht der Fall war. Ok. Danke, dass ihr mir zugehört habt, das musste ich jetzt einfach loswerden. Leider trifft man diese Gedankenlosigkeit, hinter der sicher kein böser Wille steckt, immer mehr in der Gesellschaft an...
Um 12.30 fuhren wir das Auto bei Payless auf den Hof. Hier mussten wir warten, weil der Agent wieder alleine war und gerade paar Leute zum Flughafen fahren musste. Die genaue Inaugenscheinnahme des Autos ließ ihn wohl keine neuen Schrammen finden, und wir wurden zusammen mit zwei weiteren Angekommenen von dem Agenten in "unserem" Duster zum Abflugterminal gebracht.
Check in und Sicherheitskontrolle gingen schön schnell, die eigentliche, winzige Abflughalle erwies sich dann allerdings als brechend voll. Unser Flug war mit +25 vorgemeldet. Und auch bei den anderen angezeigten Flügen tat sich auch nichts. Zum Glück hatten wir zwei nebeneinanderliegende Sitze abbekommen, weil zwei Leute meinten, sich besser schon mal am Gate anzustellen. Abflug und Parken in München waren heute irgendwie besonders langwierig...
Im Flug saß um uns herum eine nervige, laute und wohl auch schon angetrunkene Truppe Norweger. Hoffentlich flogen die nicht über Hamburg... In München trennten wir uns. Für Yannick ging es mit dem Zug weiter und ich hatte jetzt Hüngerchen und leistete mir eine Chinapfanne mit Ente für 16,50. Das war im Prinzip das Preisgefüge von Rumänien, bloß dass ich nicht durch 4,7 teilen konnte. Und Lei wollte die Kassiererin auch nicht haben... Schmeckte aber erstaunlich gut...
Auch dieser Flug war gut voll, und ich war froh, als ich unten das VW Werk Wolfsburg liegen sah und wir bereits an Höhe verloren. Das beste am Flug war dann der über die schönste Stadt. Man konnte den kompletten Hafen und die gesamte Innenstadt überblicken. Gewässer reflektierten die im Westen stehende Sonne und sorgten für extreme Kontraste. Es "blendete" sich einem geradezu auf, wieviel Wasser diese herrliche Stadt hat. Mit den Verkehrsmitteln des HVV gelangte ich wohlbehalten bis zum Fuß meines Wilstorfer Hügels. Und bei der schwülen Hitze, die uns die nächsten Tage bevorstehen sollte, habe ich sehnsüchtig an die angenehmen gut 20° und den fischen Wind zurückgedacht, die den Aufenthalt in Rumänien so angenehm gemacht hatten.
Mit dem Ergebnis der Tour konnten wir angesichts des unbeständigen Wetters mehr als zufrieden sein. Selbst der konzeptbefreite Anfang der Tour rund um Jibou hat uns - nicht zuletzt auch dank der Wolkenformationen - schöne Bildeindrücke gebracht. Und im Gebirge denke ich, konnten wir angesichts des spärlichen Zugangebotes und der Wetterbedingungen definitiv nicht mehr erwarten. Und die Sache mit dem Holzzug war am Ende ein völlig überraschendes "Finale Kuriosum...". Aber nicht zuletzt hat auch Rumänien selbst wieder viel Spaß gemacht. Auch ohne Holzkirchen und mit quakenden Weichenwärtern kann man es bestens dort aushalten... Zuletzt geht mal wieder der Dank an Yannick für die wahrlich offensive Durchführung der planerischen Tätigkeiten, die dem Beifahrer so obliegen (z.B. Hänge zum Kundschaften hochrennen *g*).