Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.
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Natürlich erst nach dem extrem frühen Aufstehen um 4.45 warf man mal den Fahrplangenerator an und durfte feststellen, dass man nicht erst wie im Geiste überschlagen um 5.30 los müsste, sondern lieber schon um 5.20, dem 20 Min Takt sei Dank (als Hamburger ist man ja eher 10- oder 5 Min Takte gewöhnt). Und dafür käme man auch nicht wie angedacht um 6.30 am Flughafen an, sondern erst um 6.44. Dem SEV Barmbek - Ohlsdorf sei Dank. Hafas warf wilde Verbindungen mit Metronom und U-Bahn aus, so dass ich erst schon dachte, dass auch die S3 dicht wäre. War sie aber nicht. Ich nahm die S3 bis Jungfernstieg, wo mir zusammen mit vielen anderen der Eine-Treppe-hoch-in-einer-Minute Anschluss auf die U1 gelang. Auf die richtige Treppe kommt es an :-) In Ohlsdorf waren es nun vier Minuten auf die Flughafen S-Bahn, das passte!
Somit war ich dann doch schon um 6.24 am Flughafen. Nicht, dass die gewonnene Zeit nötig gewesen wäre. Die Kofferabgabe am Lufthansa Kofferautomaten klappte zügig, an der Sicherheit war fast keine Wartezeit und man hatte wirklich null an mir zu bemängeln. Aber ich verbringe dann doch lieber meine Zeit bei einem gemütlichen überteuerten Marché Frühstück, als 20 Min in den Katakomben der Tunnelstation Jungfernstieg abhängen zu müssen...
Erstmal frühstücken...
Beim Besteigen des Fluges sprachen die Beiden vor mir urbayrisch und eine ganze Familie mit allen Generationen hinter mir plattdeutsch. Das sind Kontraste! Der Flug war angenehm, aber unspektakulär. Nach einem Start in nordwestliche Richtung beschrieb der Vogel eine Runde mit Traumausblick über die Stadt und den Hafen. Leider hatte sich die Sonne nur so weit vorgearbeitet, dass lediglich das obere Ende der Rauchfahne vom Kraftwerk Moorburg angeleuchtet war. Nachdem meine Sitznachbarin und ich wiederholt von der Stewardess bei der Müllentsorgung übersehen worden waren, kamen wir miteinander ins Gespräch. Sie war Russin und wollte ab München weiter nach Moskau.
Und es ging wieder los, dass man den Leuten erklären musste, warum man als deutschstämmiger Deutscher nach Rumänien fliegt. Irgendwie fällt mir die Antwort darauf immer nicht ganz leicht, denn mit Züge fotografieren dürfte man bei einer Russin älteren Semesters eher das Fragezeichen im Gesicht auslösen. Ja, äääh, also, fotografieren, es ist viel Unbekanntes zu entdecken, da fliegt kaum jemand hin, schöne Landschaft, nette Menschen, topp neue Hotels und Restaurants und letztendlich die für uns niedrigen Preise. Das fand sie soweit nachvollziehbar, bis auf das mit den Menschen. Das sind doch alles Zigeuner da, oder nicht? Oh, armes Rumänien! Ihr müsst dringend an eurem Renommé im übrigen Europa arbeiten! Es ist ja wirklich so, in den Zeitungen liest man im Zusammenhang mit Rumänen ja auch immer nur von "Banden", wobei dabei im Anflug von übertriebener Korrektness gern das Wort "Zigeuner" vermieden wird. Jedenfalls scheinen die meisten Mitteleuropäer gar nicht zu wissen, dass sich der durchschnittliche Rumäne kaum von ihnen unterscheidet und sogar sehr entfernt mit ihnen verwandt sein kann...
In München mussten wir zum Glück nicht erneut durch die Sicherheitskontrolle. Mit einer Shuttle-U-Bahn ging es zu einem anderen Terminal. Dort traf ich mich mit Yannick, der nicht wesentlich vor mir eingetroffen war. Beim Gate waren Boxen mit Büroarbeitsplätzen oder sogar Betten, die man sich stundenweise mieten konnte. Witzige Geschäftsidee. Ich frage mich, wer die Betten neu bezieht.
Als Fluggerät stand tief unten eine kleine Embraer des italienischen Betreibers Dolomiti Air. Ok, wir waren ja durchaus unterwegs in den romanischen Sprachraum, aber ansonsten konnten wir uns diese Zusammenarbeit nicht so ganz erklären. Eine offizielle Air Dolomiti Linie war das jedenfalls nicht. Vielleicht eine Füllleistung?
Der Service an Bord war überraschend anständig. Statt des erwarteten Schokoriegels gab es zwei Würstchen, eine kleine Semmel, einen Lebkuchen und ein Stück Schokolade. Und an Getränken stand die gesamte Palette zur Verfügung. Yannick nahm für diese bayrische Brotzeit ein passendes Bier. Ich selbst nahm doch mal lieber die klassische Cola-Tomatensaft Kombi (in getrennten Bechern natürlich...). Man muss an der Autovermietung ja nicht gleich mit Bierfahne auftauchen...
Brotzeit an Bord von Air Dolomiti.
Unten war die Donau zu sehen. Die Stadt Linz wurde von Yannick anhand des Stahlwerkes identifiziert. Später verriet uns OSMAND, die Android Karten App, dass wir mit 918 km/h über Wiener Neustadt flogen. Praktisch mit der ungarischen Grenze herrschte unter uns nur noch geschlossene Bewölkung. Es ging geradewegs über Budapest und Püspökladany auf das Zielgebiet zu. Unsere Position war nun nur noch per GPS auf der Handy Karte bestimmbar. Vor Cluj tauchten wir durch tief hängende Wolken hinab. Wie angekündigt war das Wetter heute trüb und grau.
Nein, das Wetter ist bei der Landung in Cluj nicht sehr einladend...
Nach der Ankunft in Cluj hielten wir nach dem Mann von der Leihwagenfirma Ausschau. Wir hatten über Autoeurope einen Dacia Duster bei Payless gemietet. Der war um ein Vielfaches günstiger als SUVs bei anderen Vermietern, nur 204 Euro für die gute Woche. Allerdings war Payless dann wohl auch die einzige Autovermietung, die im Weltflughafen Cluj kein Büro unterhielt. Die Übergabe sollte per meet&greet erfolgen. Nun ja, hatten wir erwartet, dass am Ausgang jemand mit der großen "Mr Lukner" Tafel auf uns wartete, lagen wir falsch. Weit und breit war nix und niemand zu sehen.
Erst als sich die anderen Fluggäste allmählich in alle Richtungen zerstreut hatten und fast nur wir wie bestellt und nicht abgeholt dastanden, flitzte ein schmucker dunkelblauer Duster auf den Hof und es stieg ein Herr aus, der sich in der Halle suchend umschaute. Der ganze Vertragskram wurde nun an einem Tisch des Flughafen Cafés absolviert. Sehr rustikal, aber ein schlechtes Gefühl hatten wir nicht, denn erstens hätten wir bei allen Problemen die deutschsprachige Hotline von autoeurope ansprechen können und zweitens machte das Auto einen allerbesten Eindruck. Es war nämlich nagelneu. Insofern musste man nichtmal die Reifen näher unter die Lupe nehmen. Erstmalig in Rumänien verlangte ein Vermieter allerdings noch 1x 10 Euro extra als Highway Tax. Diese generelle Straßenbenutzungsgebühr war sonst immer inklusive. Aber gut, dass noch "local taxes" anfallen konnten, war lt Autoeurope Voucher ok.
Ehrlich gesagt - wir wussten nun nicht wohin. Cluj hatte uns mit kühlen Temperaturen und Nieselregen empfangen. Die Vorhersagen für die nächsten Tage waren recht wechselhaft und widersprüchlich; eben so, wie unsereiner es "gern" hat... Wir sahen erstmal zu, dass wir aus der Stadt raus kamen. Schon auf halbem Wege nach Dej bogen wir an einem BÜ auf einen Seitenweg ab, um uns im Auto einzurichten und uns die Karten zu legen. Unsere Wunschziele waren einerseits der Nordosten, den wir noch gar nicht kannten, also rund um Suceava und Iași, und andererseits die Ecke westlich und nördlich von hier, also Apuseni Gebirge und bis hoch Richtung Satu Mare.
Die Vorhersage für die nächsten Tage schien uns tendenziell im Nordosten geringfügig besser zu sein (aber auf niedrigem Niveau). Und der heutige Nachmittag schrie ja geradezu danach, zum Reisen verwendet zu werden. Insofern beschlossen wir, ostwärts zu fahren, und zwar parallel zur elektrifizierten Strecke Cluj - Dej - Salva - Vatra Dornei - Suceava. Um es am ersten Tag nicht zu doll zu treiben, buchten wir eine Unterkunft in Vatra Dornei, die Pensiunea Vanatorul. Nicht zu doll treiben, wenn wir gewusst hätten... Bei dem Aufenthalt überholte uns der Nachmittagszug nach Sighetu Marmației mit der 60 hinter einer Ellok.
Die Fahrt auf der Europastraße 58 verlief trotz der vielen langgezogenen Straßendörfer sehr zügig. Wir mussten uns erstmal wieder an den hiesigen Verkehr gewöhnen. Wenn wir mit 70 durch die geschlossenen Ortschaften fuhren, stellten wir ein ernst zu nehmendes Verkehrshindernis dar und wurden schon mal innerorts von LKWs überholt... Hinter Dej wurde die Landschaft interessanter und mittelgebirgiger.
Da wir der Bahn folgen wollten, verließen wir die E58 in Beclean de Șomes, und auf nun deutlich leererer Straße ging es nach Salva, wo wir rund 50 Min vor dem Bummelzug eintrafen, der uns vorhin überholt hatte. Ganz nette Fotomöglichkeiten schien es uns im Bereich von Rebrisoara und Poderei zu geben, so mit kleinparzelliger Landwirtschaft, Heufeimen und den Bergen. Bei Ilva Mica schauten wir uns noch kurz die hier abzweigende Nebenbahn Richtung Rodna Veche an, die zwar im Personenverkehr stillgelegt ist, deren Gleis aber nicht ganz unbefahren wirkte. (Nachtrag: Sie ist ja auch im Pv reaktiviert worden! Das wussten wir aber nicht.) Danach bogen wir auf eine noch kleinere, aber sehr gut zu fahrende Straße ab.
Bei diesen kleinen Straßen rechnet man auf dem Balkan ja schon fest damit, dass die irgendwann immer kleiner werden und plötzlich ganz aufhören. Leider hat uns OSMAND / Openstreetmaps da schon manch einen Streich gespielt. Unterstrichen wurde das ungute Gefühl durch die Wegweiser, die nicht nach Vatra Dornei wiesen, sondern nur bis Lunca Ilvei. Uns war klar, dass wir da hinten, wo die Bahn über heftigste Rundkehren durch die einsamen Wälder an Höhe gewann, sicherlich ein ganzes Stück Dreckpiste würden fahren müssen. Da konnte die Straße noch so gelb auf OSMAND eingezeichnet sein. Aber wir hatten dafür das ideale Fahrzeug und waren uns einig, nur im äußersten Notfall umzudrehen.
Es war nun nach 17 Uhr. Als wir schon endlos auf dieser kleinen Straße gefahren waren, gab Yannick mal spaßeshalber Vatra Dornei ins Navi ein. Das Navi kannte auch keine Straßen hinter Lunca Ilvei. Wenn wir da nicht durchkämen, wären es vier Stunden zur Unterkunft! Wir MUSSTEN da durch!
Die Bahn führte in den engen Teilen des Ilva Tals oft dicht bewaldet am Hang entlang. Nördlich von Poiana Ilvei geht es mal durch eine Steinbruch Landschaft, wo die Bahn vor einem imposanten Tunnelportal ein kurzes Stück frei auf einem Damm verläuft. Weitere Motive sprangen uns erst - allerdings ungetestet und nur aus der Ferne eingeschätzt - im Bereich eben jenen letzten Ortes Lunca Ilvei ins Auge, wo der Bahn plötzlich der sanfte Talanstieg nicht mehr reicht, sondern wo sie abhebt und kurvig an den scheinbar offenen Wiesenhängen an Höhe gewinnt, bevor sie dann in den Wäldern verschwindet.
Ja, nach mehreren erstaunlich großen Ortschaften für solch ein abgeschiedenes Karpaten Tal, in denen wir insgesamt an drei Hochzeitsgesellschaften vorüber kamen, hatten wir also den ausgeschilderten Endpunkt der Straße erreicht, Lunca Ilvei. Wegweisern und Tafeln zufolge gibt es hier einiges an Tourismus. Wir waren wirklich schon weit gekommen! Laut OSMAND sollte jetzt die gelbe Straße mitten durch die ganzen Verschlängelungen der Bahn rüber nach Vatra Dornei führen. Wir waren aufs höchste gespannt!
Dies war die Ansicht auf OSMAND. Wer wäre da nicht auf den Gedanken gekommen, aus Richtung Westen über Lunca Ilvei nach Vatra Dornei zu fahren?
Die Asphaltierung endete bereits im Ortsbereich! Na gut, damit hatten wir gerechnet. Wo wir nun aber überhaupt nicht mit gerechnet hatten, das war der geöffnete Schlagbaum am Ortsausgang. Oh oh, böse Falle! Dazu ein Schilder Sammelsurium: Geöffnet im Sommer bis 22 Uhr - ok. "Gute Fahrt!" - noch besser. Sackgasse - gaaanz schlecht. Allein die Kombi aus "Gute Fahrt" und Sackgasse hätte man eigentlich fotografieren müssen, aber wir hatten jetzt echt andere "Sorgen". Trotz allem beschlossen wir, die nun ganz leidlich zu befahrende Schotterpiste hinein zu fahren, zumindest so lange sie sich an den Straßenverlauf auf der Karte hält.
Nun, wir brauchten nicht lange zu warten, bis sie es nicht mehr tat. Wir fuhren trotzdem mal ein ganzes Stück in die finsteren Wälder hinein. Wirklich ein gaaaanzes Stück. Die OSMAND Wegführung bog bald nach links ab und unter einem ersten Bahnviadukt hindurch. Dorthin führte aber nur eine wirklich unbefahrbare Piste. Wir weiter auf der Schotterpiste. Die Bahn kurvte nun zu uns herüber. Es ging auch für unseren Weg unter einem hohen Stahlviadukt hindurch. Irgendwann, als der nächste Viadukt schon ein ganzes Stück höher vor uns auftauchte, schwenkte die gut befahrbare Schotterpiste aber in ganz andere Richtung ab. Das war uns nun alles zu unsicher. Wir drehten um. Die Streckenführung der Bahn hatte hier etwas von der Rhätischen Bahn Bergün - Preda...
Eine zweite Chance war eine weiß auf OSMAND eingezeichnete Straße, die aus dem Ort Lunca Ilvei ostwärts weiter führen sollte. Die testeten wir auch noch. Und das sah anfangs auch richtig hoffnungsvoll aus. Es kamen keine Schranken oder Sackgassenschilder. Statt dessen war die Straßennummer sogar an neuen Schildern angeschrieben und eine ziemlich neu aussehende einspurige Asphaltstraße führte aus dem Ort hinaus. Nun ja, der Asphalt endete dann aber hinter der nächsten Kurve. Die weitere Piste war allerdings hervorragend befahrbar und führte nun steil bergan. Und das beste war - sie stimmte genau mit dem auf OSMAND verzeichneten Straßenverlauf überein! So ging es also zwei-drei Kilometer frohen Mutes weiter. Doch dann kam ein kleiner Platz, und schlagartig wurde die Piste zu einer seifig-schmierigen Lehmpiste mit Furchen, die nur noch für RICHTIGE Crossfahrzeuge, nicht aber für unseren "kleinen" Duster geeignet waren. Hinzu kam, dass hier wirklich alles extrem nass war, das Wasser stand in den Furchen. Nein, auch hier konnten wir nicht weiter.
Durch diese ganze Sucherei hatten wir natürlich extrem Zeit verdödelt. Es war jetzt schon fast 18.30. Statt bei dem ersehnten gemütlichen Abendessen in Vatra Dornei zu sitzen, standen wir 26 km vorm Ziel und mussten uns vom Navi belehren lassen, dass wir zur Erreichung dieses Ziels vier Stunden benötigen würden. Das war Wahnsinn! Aber aufgrund der Straßenführungen nicht unrealistisch. Dennoch konnten wir das einfach nicht glauben. Als wir zum zweiten Mal zurück in Lunca Ilvei waren, beschlossen wir, jemanden zu fragen, der sich damit auskennt.
Im Nachhinein zuhause gecheckt: Die "Mutterkarte" von Openstreetmaps sah deutlich realistischer aus! Ich habe mal unsere beiden Wendepunkte eingetragen. Die weiße Straße ist hier nur so weit drauf, wie sie asphaltiert war, daher ist der Wendepunkt 2 am Ende der Schotterpiste nur grob geschätzt.
Vor einem kleinen Lokal stand ein älterer Herr an der Straße. Wir hielten und ich stieg aus. Netter Gruß, und mein fragendes "Vatra Dornei" ließ den Herrn auch sofort unser Anliegen verstehen. Leider war es mit unserem Verständnis für seine Antwort nicht so weit her, aber sie klang irgendwie nicht ganz aussichtslos. Er zeigte in südliche Richtung. Da war auf unserer Karte nur ein langer Stichweg in die Berge hinein verzeichnet. Ich war aber auch nicht ganz sicher, ob er den meinte. Das merkte er, und kurzerhand schaffte er zwei junge Männer herbei, die zwar auch kein Englisch sprachen, die sich aber in ihr Auto setzten. Wir sollten denen folgen.
Meine Güte, ging es jetzt in das einsame Waldtal, wo wir dann ausgeraubt würden? Das wäre dann noch die Steigerung, zumal sich auf dem Weg durch den Ort auch noch ein Auto hinter uns setzte. Gedanken zweier deutscher Touristen, die doch nur zum Abendessen nach Vatra Dornei wollten...
Es war völlig unbegründet. Unser Führfahrzeug fuhr, nachdem wir auf der besagten Straße nach Süden angekommen waren, rechts ran, wir ebenfalls und der hinter uns entschwand. Die beiden Jungs gaben uns die ziemlich eindeutige Weisung: Ja, dieser Weg führt durch, da kommt ihr nach Vatra Dornei. Herzliches und erleichtertes Händeschütteln, vielen Dank (das kann ich schon auf rumänisch *g*) und wir fuhren nunmehr allein aus dem Ort hinaus. Rumänische Hilfsbereitschaft. Ich werde dran denken, wenn mich das nächste Mal im Hamburger Hafen ein rumänischer Trucker nach dem Weg fragt, versprochen!
Zur Sicherheit stellte ich allerdings dann doch noch einem Schäfer, der bald am Wegesrand stand, die Vatra Dornei Frage. Begeistert, uns helfen zu können, sprudelte er extra viele rumänische Wörter heraus. Aber seine Handbewegungen waren eindeutig: Hier waren wir richtig! Dieser nun also südwärts führende Weg konnte uns immerhin drei von vier Stunden Fahrzeit ersparen.
Hatte ich erwähnt, dass der Asphalt kurz hinterm Dorf endete? Doch das war auch alles. Dieser Weg war offensichtlich erst kurz vorher aufwändig befestigt worden. Zum Bach hin immer wieder neue Stützmauern und viele neu aussehende hölzerne Leitplanken. Und sogar hie und da mal ein Verkehrsschild! Dann kam eine Weggabelung. Wir wären gefühlt links gefahren, doch hier tauchte das erste Mal das auf, worauf wir schon den ganzen Nachmittag gewartet hatten: Ein Wegweiser "Drum Forestier Vatra Dornei"! Forststraße nach Vatra Dornei. Und der Pfeil zeigte nach rechts. Wir folgten damit weiter der auf OSMAND dargestellten weißen Straße, und zwar über deren eingezeichnetes Ende hinaus! Erst war noch ein Pfad verzeichnet, dann bog die Piste scharf nach rechts ab. Wir ließen jetzt mal GPS mitlaufen. Zurück zuhause wird auf Openstreetmaps in dieser Gegend viel zu ändern sein!
Hier liegt eine ziemliche Schwachstelle des Openstreetmap Systems, die uns auch andernorts schon immer wieder in die Irre geführt hat. Da sind dann übelste Ackerpisten offiziell scheinbar als Kreis- oder Kommunalstraße eingestuft. Und bei Openstreetmaps gibt es leider einige Verfechter der Lehre, dass man die Straßen nach ihrem offiziellen Status und nicht nach deren Befahrbarkeit darstellen sollte. Wobei hier vermutlich noch niemand dagewesen ist, um überhaupt zu schauen, wie die Pisten aussehen.
Na ja, wir kamen bald aus dem mittlerweile doch recht finsteren Tal heraus auf eine viel hellere, aber neblige Hochfläche. Bald konnten wir auf eine Asphaltstraße abbiegen, die ihrerseits bald auf die E58 traf. Hier oben befanden wir uns auf dem Tihuța Pass, einem der höchsten Karpatenpässe. Auch Graf Dracula soll schon hiergewesen sein. Ich muss mir den originalen Roman bei Gelegenheit nochmal durchlesen. Es gab viele Hotels und Pensionen, und alles sah recht wohlhabend aus, soweit man es jetzt schemenhaft im Nebel erkennen konnte. Wir gelangten nun zügig und heilfroh, dieses Abenteuer überstanden zu haben, runter nach Vatra Dornei. Die Pensiunea Vanatorul lag etwas höher am Hang über dem Ort und war schnell gefunden. Und das beste war: Sie hatte auch ein Restaurant. Es war immerhin nun doch 20 Uhr, und zu einer großen Suche hatten wir keine Lust mehr. Das Essen war einfach, ich nahm simples Nackensteak mit Pommes und Tomaten-Schafskäse Salat. Dazu ein nicht gekühltes Bergenbier, nun ja...
Am Morgen, als ich Reisebericht schreibend an der Balkontür saß, hörte man unten die Züge tröten. Die reinste Nebenbahn, bloß mit Fahrleitung. Wir ließen uns etwas Zeit. Die brauchte ich auch für den doch etwas längeren Text über das gestern Erlebte. Und der Regen draußen animierte uns auch nicht gerade zu einem Gewaltaufbruch. So kamen wir erst gegen 8.45 zum Frühstück.
Leider hatte sich gestern noch ein anderes Problem mit OSMAND aufgetan. Die Markierung der aktuellen Position und weitere eingeblendete Angaben wie z.B. die Höhenangabe blinkten ständig. Wenn man die automatische Kartennachführung eingeschaltet hatte, war es sogar eher nur ein kurzes Aufblitzen, bei manueller Nachführung verschwanden Markierung und Anzeige immer nur mal kurz und eher selten. Nur im Stillstand ging das Geblinke wieder los. Da ich am Tag vor der Abfahrt mal wieder meinem Motto "never change a running system" untreu geworden bin und mir noch schnell die neueste Rumänienkarte, zwingend mitsamt neuester World Basemap, runtergeladen hatte, war mein Verdacht natürlich, dass bei diesen Karten irgendein Komma verrutscht, irgendein Bug enthalten war. Ich hatte nun überlegt, wie man die älteren Dateiversionen wieder herstellen könnte. Im Prinzip natürlich gar nicht, aber ich hatte zuhause nur das Tablet, nicht aber das Smartphone upgedated.
Leider erst beim Frühstück kam ich auf zwei Lösungen, wie ich die alten Dateien vom Handy auf das Tablet bekäme. Die erste Lösung war eine Verbindung über USB Kabel, die allerdings daran scheiterte, dass kein Gerät das andere als externen Speicher akzeptierte. Oder ich war zu blöd dazu. Die andere Lösung war der Upload vom Phone auf meinen Google Speicher und der anschließende Download aufs Tablet. Obwohl das WLAN in der Pensiunea Vanatorul sehr gut war, dauerte der Upload von rund 500 MB natürlich sehr lange. Aber Wetter war eh keins. Und wenn dafür eine Chance bestand, dass dieses Geblinke aufhört, hätte es sich gelohnt.
Während die Dateien also hochladen, habe ich viel Zeit, euch diese ganzen Dinge aufzuschreiben. Da ist noch ein Thema, das uns "so am Rande" beschäftigte. Auch wenn der Urlaub nach dem ersten halben Tag alles andere als ereignislos gewesen ist, würden wir natürlich gern mal irgendwann Züge fotografieren - und zwar bitte mit Sonne! Das Wetterwürfeln der Orakel ging wildest durcheinander. Die für den Nordosten angesagten Sonnenstunden ab heute Nachmittag brachen schon wieder zusammen. Laut einem Wetterbericht sollte dafür der Südwesten ab Dienstag toll werden, laut einem anderen Wetterlügi aber auch nicht so. Der Blick auf die landesweite Wolkenanimation besagte nun allerdings, dass wir uns wohl in der einzigen Ecke des Landes mit Regenwolken aufhielten und dass der gesamte Süden sonnig sei. Tja...
Wenn wir die weitere Fahrt in den Nordosten nun abbrechen würden, würden wir dort vermutlich später auch nicht wieder hinkommen. Deshalb entschieden wir uns, heute mal nördlich von Suceava zu kundschaften und möglichst dann noch Richtung Iași weiter zu fahren. Durch die Hochladerei brach nun allerdings die uns dafür zur Verfügung stehende Zeit auch schon wieder stark zusammen.
Mit dem Hochladen war es wie mit der Straße durch das Ilva Tal gestern. Man brauchte lange, kam immer weiter, doch man wusste nicht, ob es am Ende etwas bringen würde. Immerhin würde man nicht den ganzen Weg zurück müssen...
So kamen wir also erst um 11.30 Uhr los, viel zu spät natürlich. Und hat es was gebracht? Natürlich nichts, der Standort und weiteres auf der Karte blinkten immer noch. Wir mussten damit leben. Den Versuch war es jedenfalls wert. Ich hatte nicht den Eindruck, dass der GPS Empfänger kaputt sei, denn er zeigte konstanten Empfang an und ortete uns ja im Prinzip auch. Und in anderen Anwendungen waren ebenfalls keine Probleme erkennbar. Nun fiel mir jedenfalls keine Ursache mehr ein...
Das Auto sah vielleicht aus! Durch die gestrigen Pisten war es heftigst mit Schlamm bespritzt. Na, Hauptsache, die Türgriffe sind noch sauber. Wir fuhren zügig die E58 weiter. Das nun folgende Stück bis Iacobeni kannten wir schon von vor drei Jahren. Morgens / vormittags hätte man paar hübsche Ausblicke von der Straße auf freie Abschnitte der Bahn - natürlich auch mit den obligatorischen Heufeimen. Es ging nun den nächsten Pass hinan. Hinter der Passhöhe ergaben sich von den Haarnadelkurven der Straße bis Valea Putnei für nachmittags schöne Ausblicke auf die Bahn.
Eine in Pojorata abzweigende Strecke sowie die in Vama abzweigende Nebenbahn nach Moldovița schienen uns nicht mehr befahren (erstgenannte bestimmt nicht, da fehlte ein Stück Gleis im BÜ Bereich). Das Tal verlor langsam seine Spektualität. In einem der großen Orte fuhr man an einem riesigen Hotelbau im Wildweststil vorbei, Hotel Montana hieß das. Auch hier gibt es Leute mit Fernweh! Mehrfach an der E58 sahen wir täuschend echt gemachte zweidimensionale Seitenmodelle von Polizeiwagen. Nicht Ortskundige wie wir treten da durchaus mal etwas auf die Bremse.
Bei Paltinoasa, wo sich "unsere" Strecke in zwei eingleisige Zweige nach Suceava aufteilt, zweigten wir nordostwärts nach Suceava ab. Kurz vor der großen Stadt kam auch die Trasse der südlicheren Strecke wieder in Sichtweite. Sie querte hier eine relativ offene Pläne. Zur Kundschaft und zum Pinkeln steuerten wir auf einem Feldweg einfach mal nen BÜ an. Und wie wir da so den Kaffee an den Busch stellten, schaltete ein bis dahin oranges Signal für Ostfahrer auf rot. Messerscharf kombinierten wir, dass da wohl jetzt ein Westfahrer käme. Der Blick in den Fahrplan bestätigte dies. Offenbar wird im Personenverkehr überhaupt nur noch diese südliche Verbindung genutzt. Eine Ahnung von Licht war da und wir drückten einfach mal ab, als der IR 1831 vorüber kam.
Mit der auf einem Hügelrücken gelegenen Stadt Suceava im Hintergrund zeigt sich IR 1831, der von Galați nach Cluj unterwegs ist.
Damit hatten wir praktisch schon die Umgehungsstraße von Suceava erreicht. Nach Norden führte sie tatsächlich, nach Süden existierte sie nur bei OSMAND. Wobei sie auch dort verschwand, wenn man näher reinzoomte... Wir wollten zum Glück nordwärts und konnten die neue Umgehungsstraße, die selbstverständlich auch die klassischen rumänischen Kilometersteine spendiert bekommen hatte (wenn auch nur Nachbildungen aus Plastik), nutzen, um zügig die nordwärts aus Suceava rausführende E85 zu gewinnen.
Nördlich von Dărmănești fuhren wir Kundschaft. Als erstes besuchten wir den Bahnhof Milișăuți. Dort ließe sich um die Mittagszeit bestimmt etwas machen. Nettes EG und ein Form Asig. Wie es der Zufall wollte, konnten wir direkt den internationalen Schnellzug IR 380 im Bahnhof beobachten, der hier sogar hielt. Hatte ich mit einer Zugbildung vornehmlich aus ukrainischen Wagen gerechnet, so sah ich mich etwas enttäuscht. Nur ganz am Ende hinter drei rotgrauen rumänischen IR Wagen hing ein einzelner ukrainischer Schlafwagen. Tja, hätten wir da schon gewusst, dass der nur einmal die Woche verkehrt, hätten wir sicher ein Bild gemacht.
Wir schauten weiter nordwärts. Bei einem BÜ nördlich der Halta Tibeni gab es weitere Fotomöglichkeiten, ebenso wie Stück weiter nördlich von einem kleinen Damm an der Zufahrt zu einem Kieswerk. Dann erreichten wir auch schon Dornești. Die mit Malaxas gefahrenen Bummelzüge enden hier. Dafür beginnt hier die Breitspur, und zwar bis in einige größere Werksanschlüsse an der einstigen Nebenbahn nach Nisipitu und Putna hinein. Zunächst fanden wir einen langen Zug Breitspur Kesselwagen, bei denen auch ein Kutter, also eine 60er, von Unicom Tranzit stand. Die Lok hatte Mittelpuffer Kupplung, dürfte also wohl auf der breiten Spur gestanden haben. Weiter hinten gab es das neu aussehende Spanplattenwerk Egger bzw eine Filiale der in Brilon ansässigen Firma. Und ein Schweighofer Holzwerk. Deren Konzept ist wohl, hier günstiges Holz und andere benötigte Chemie aus der Ukraine auf Breitspur vorfahren zu lassen, weiter zu verarbeiten und dann auf Normalspur nach Westeuropa abzufahren. Hier standen massig Schiebewandwagen und ein grauer Kutter auf Normalspur. Wir hatten gedacht, später nochmal herzukommen und uns das alles genauer anzuschauen, was wir dann aber leider nicht mehr taten. Zum südfahrenden IR 381 aus dem ukrainischen Vadul Siret (bis wo offenbar die Normalspur führt) bauten wir uns dann nördlich Tibeni auf. Es hatte jetzt immer mal Aufhellungen gegeben, nicht aber zum Zuge.
Unser Tagesziel war ja immer noch Iași. Deshalb ging es nun auf der E85 wieder stramm südwärts. In Dărmănești fuhren wir aber doch mal lieber an den Bahnhof, da nun bald die Zeit des Nahverkehrs war und wir schauen wollten, ob da hoch nach Dornești wirklich Malaxas fahren. Bis Dărmănești fahren die Züge vereint mit denen nach Cacica. Und es erschien ein interessantes Triebwagengespann aus einem ex französischen ET und einem Malaxa!
Weil es eine ganz interessante Kombi ist, gibt es mal ein Bild ohne Sonne und mit Graffiti: R 5737 ist von Suceava in Dărmănești angekommen und wird bei seiner Weiterfahrt nach Cacica den Malaxa stehen lassen. Dieser wird seine Fahrt als R 5635 nach Dornești fortsetzen. - Dies war dann auch schon DAS Graffito der Tour. Ansonsten haben wir alle Züge topp sauber erlebt, lediglich ein einzelner Klecks wird nochmal irgendwo zu sehen sein.
Wie wir da so gewartet hatten, kamen von Süden immer größere blaue Flächen auf. Eigentlich hätten wir nun um 15 Uhr den Dreistundenritt nach Iași antreten wollen, doch machte uns die klar aussehende blaue Zone am Himmel mit skandinavischer Ringsumbewölkung dann doch ein wenig nervös. Hier oben wäre man mit dem Malaxa voraussichtlich nichts mit Sonne geworden. Aber wir rechneten uns Chancen an der Hauptstrecke südlich von Suceava aus.
Relativ zügig gelangten wir einmal komplett durch die gesamte Stadt. Man fuhr nun fast durchgehend durch Sonne. Südöstlich von Suceava steuerten wir die Gegend um Verești an. Da passte es dann auch mit den Wolken bzw mit der Sonne, als der IR 1765, der Nachtzug Iași - Timișoara erschien. Wenn wir das richtig verstanden haben, ist dieser Zug mitten in der Nacht in Dej entgleist. Oh oh, das ist schon das zweite Mal, dass ich einen Nachtzug fotografiere, der in der Folgenacht entgleist. Letztes Mal war es 2016 ein Amtrak Zug...
Da hinten bewegt sich was in den Feldern. Es ist...
... IR 1765, der Nachtzug von Iași nach Timișoara, hier kurz vor Verești.
Ein Regio aus der falschen Richtung kam auch noch mit Sonne, doch zwei weitere Züge, die wir an der Ausfahrt des völlig einsam gelegenen Bahnhofs Văratec nehmen wollten, gingen leider bei Wolke ab. Die Sonne sank hier halt immer mehr in die im Westen hängenden Wolken hinein.
Blick von Verești über das weite Tal der Suceava.
R 5608 Suceava - Iași wird sogleich Verești erreichen. Die Diesellok der Baureihe 60 "Kutter" wird hier abgehen und sich vor einige Kurswagen aus Bukarest setzen, die der IR 1753 mitbringen wird und die über die dort abzweigende Nebenbahn nach Botoșani zu befördern sind.
Unser Mietwagen hat leider bereits nach dem Anreisetag den Gipfel an Verschmutzung erreicht...
Im tief stehenden Abendlicht geht es los,...
... das goldene Leuchten der trockenen Maisfelder. Wir sollten es noch häufiger erleben.
Die Fahrt nach Iași war natürlich gestorben. Wir hatten in Suceava nun das Hotel Balada gebucht, das wir mit Erkundungsumweg über den Hp Bursuceni an der Nebenbahn nach Botoșani erreichten. Der Hp war bestens gepflegt und rund um ihn hatte die Gemeinde sogar eine kleine Parkanlage angelegt.
Wir befanden uns hier in der Bucovina, nordöstlich außerhalb des Karpatenringes. Aber an diesem klaren Abend konnte man die Karpaten von hier noch sehr gut sehen.
Unser Hotel Balada in Suceava erwies sich nun als die gehobenere Kategorie. Das Zimmer war zwar nicht riesig, aber topp eingerichtet. Nun ja, bei 19 Euro pP war das dennoch alles sehr erschwinglich. Es gab sogar Parkplatz Einweiser. Wir sollten unsere Dreckskarre doch glatt vorn, direkt neben dem Eingangsportal hinstellen...
Dort mussten dann auch alle Teilnehmer der Hochzeitsfeier vorbei, wegen der das Hotel Restaurant okkupiert war. Durch die Feier wurden wir immerhin "gezwungen", einen kleinen Spaziergang in die zwar baulich nicht hübsche, aber doch sehr gepflegt wirkende Innenstadt zu tätigen. An Gastronomie fanden wir nur einen Amerikaner und einen Iren, wobei das irische "Oskar Wilde" ganz klar das Rennen gegen Mc Donalds gewann. Im Britannien Urlaub hatte ich beim Italiener das beste britische Essen bekommen, hier gab es beim Iren eine hervorragende Lamm Grillplatte, die dank beigelegtem Balkangemüse und Polenta dann auch eher der rumänischen denn der irischen Küche zuzurechnen war. Nur mit den irischen Bieren werde ich mich wohl nie anfreunden. Rumänische gab es nicht.
Beim Essen fand mal wieder das übliche Wetterberichte Studium statt. Man hielt allgemein an einer deutlichen Verbesserung für die zweite Wochenhälfte fest - nun auch hier im Nordosten! Nun ja, wir hätten nichts dagegen, hier etwas ausführlicher tätig zu werden. Aber je nach morgigem Wetter wollten wir es nochmal mit dem Tagesziel Iași probieren.
Und wenn wir nicht Wetterberichte studiert haben, konnte man auf dem tonlos laufenden Flachbildschirm im Restaurant die neueste Schlagzeile lesen: "Partidul de extremă-dreapta a intrat in Bundestag". "Dreapta" heißt "rechts", alles andere dürfte verständlich sein. Heute war Bundestagswahl. Und wir fanden es gar nicht so schlimm, davon nicht viel mehr mitzubekommen... - Im Hotelzimmer gab es dann noch ein vorhin besorgtes Timișoreana (wenn die Dose nicht vor mir stehen würde, hätte ich jetzt "Timișoarener" geschrieben...). Das Bier gab es bestimmt nicht "aufs" Wahlergebnis, war aber auch nicht zum verdrängen nötig...
Aufwachen bei blauem Himmel! Eigentlich immer wieder ein Vorfreude weckendes Ereignis. Nur waren die Vorhersagen für heute leider all zu eindeutig, dass wir uns noch nicht auf einen Sonnentag freuen durften. Und nach Verlassen der Wiederaufbereitungsanlage namens Badezimmer standen dann auch schon ordentlich Nebelflusen am Himmel. Erster Programmpunkt für heute sollte der Malaxa nach Dornești sein. Frühstück hatten wir nicht bestellt. Also mit Sack und Pack ausgecheckt. Der Morgenverkehr war in Suceava schon ganz beträchtlich, aber wir kamen zügig genug durch.
Was ist ungünstiger als ein kleiner Malaxa in einem Weitblick Motiv? Klar, ein kleiner Malaxa im Nebel an einem Weitblick Motiv. Wir stellten uns deshalb unterhalb unseres ursprünglich geplanten Standpunktes an den Bahnübergang. Der Nebel war nicht dick, man konnte die Sonne immer wieder durch die Schwaden erkennen. Man hätte hier gut eine Gegenlichtaufnahme vom Malaxa machen können, wenn die Sonne nicht zuletzt immer intensiver geschienen hätte. Deshalb bauten wir uns dann auch bald auf der anderen Gleisseite auf, um wenigstens Licht auf der Seite zu haben. Schade war bloß das nicht eingeschaltete Spitzenlicht.
Der Malaxa hat sich in Dărmănești vom ET nach Cacica getrennt und rollt nun gar nicht so gemächlich hoch nach Dornești. Nächster Halt ist Milișăuți.
Kaum bei uns vorbei verschwindet er schon wieder im Nebel.
Der R 5633 war doch erstaunlich schnell bei der Sache gewesen. Da die Hauptstraße alles andere als parallel verläuft, verwarfen wir jeden Gedanken an eine Verfolgung und trafen dann auch erst nach dem Triebwagen in Dornești ein. Dort stand der Kleine allerdings im besten Licht. Cheffe war nicht zu sehen und ein anderer angesprochener Eisenbahner zuckte nur lieb lächelnd die Schultern. So fingen wir einfach mal an zu fotografieren. Auch wenn die Breitspur bis hier geht, handelt es sich ja doch nicht gerade um einen direkten Grenzbahnhof.
R 5633 war bereits vor uns in Dornești angekommen. Und zu unserer Freude war die Schlussscheibe bereits ab.
Ein Weichenwärter sprach uns bald an und fragte nur, wo wir her kämen. Fotografieren wollt ihr? Das ist kein Problem! Bereits wenige Minuten nach dem Auspacken der Kamera kam dann sogar ein Güterzug auf der Breitspur angerollt, gezogen von einem GFR Kutter mit rundlicherer Front. Der Breitspurkutter fing dann sogar paar Rangiermanöver an unserem Bahnhofskopf an, so dass unsere Kameras gut zu tun hatten.
Zu unserer noch größeren Freude fuhr paar Gleise weiter ein Breitspurkutter von GFR mit Güterzug ein.
Die 60 1504 hatte dann erstmal paar Wagen auszusortieren, bevor sie...
Als wir das hatten, schauten wir nochmal durch den Ort zur nördlichen Einfahrt. Der BÜ war gerade geschlossen und die eben fotografierte Lok schob einen Güterzug auf ein reines Breitspur Anschlussgleis. Leider hatten wir anfangs die falschen Objektive drauf, sonst hätten wir die Abteilung topp neben zwei weiteren abgestellten Kuttern (1x Breit- und 1x Normalspur) nehmen können.
Auch hier waren Eisenbahner anwesend. Ein Wärter fragte auch nach unserem Tun, fand das aber wohl eher gut, dass wir uns für "seine" Eisenbahn interessieren. Auch ein vorbeifahrender Autofahrer, ein ganz Junger, hielt an und fragte interessiert auf englisch, was wir da machen. Der Wärter nutzte gleich die Gelegenheit, paar Fragen an uns übersetzen zu lassen. Wir erzählten, dass wir in Deutschland bei der Bahn arbeiten und uns für die rumänische Bahn interessieren.
... die verbleibenden Wagen auf ein reines Breitspur Anschlussgleis nordwärts aus dem Bahnhof hinaus schob. Bemerkenswert finde ich den Standpunkt der Spitzenbesetzung! - Rechts ist die Verschlingung von Breitspur und Normalspur zu sehen. Bekanntlich erfordern die Spurweiten 1435mm und 1520/1524mm ein Vierschienengleis, da bei einem Dreischienengleis die beiden getrennten Schienen so dicht beieinander lägen, dass der Spurkranz der Breitspur durch die Normalspurschiene behindert würde.
Zum Glück kehrte die Lok bald aus dem Anschluss zurück, so dass wir das Dreiergrüppchen dann doch noch bekamen, denn der nächste Programmpunkt drückte so langsam. Das war alles genau rechtzeitig passiert, um für die Rückfahrt des Malaxas an die Strecke raus zu fahren. Wir erwarteten den R 5632 an dem BÜ nördlich des Hp Tibeni, wo wir gestern schon den IR gemacht hatten. Trotz in diesem Bereich schon wieder verstärkt durchziehender Nebelflusen klappte der Personenzug mit Sonne!
Der Malaxa kehrt als R 5632 zurück nach Suceava. In Kürze wird er die Halta Tibeni erreichen.
Das war schon mal prima, denn auch wenn die Breitspur Güterzüge dem kleinen Triebfix etwas die Show stahlen, so waren wir doch hauptsächlich wegen des Malaxas an diese Strecke gekommen. Mit Stopp am Magazin Mixt im benachbarten Dorf Satu Mare, in dem wir gestern schon ganz leckere Salami bekommen hatten, ging es nun auf Erkundung nordwärts. Wir wollten sehen, ob man am Vierschienengleis bis zum letzten rumänischen Bahnhof Vicșani noch Fotostellen fände.
Hier führten nur noch "weiße Straßen" weiter. Es ging nördlich aus Dornești raus. Die Piste war gut befahrbar. Sie führte dann zwar anders als bei OSMAND dargestellt, aber man landete wie erhofft im nächsten Dorf Iaz. Der richtige Straßenverlauf wurde von uns aufgezeichnet. Unterhalb des Ortes gab es einen BÜ über das Vierschienengleis, der fotografisch aber uninteressant war. Die weiße Straße sollte mit vielen Windungen weiter nordwärts nach Vicșani führen. Hinterm BÜ ging die gute Schotterpiste allerdings scharf links und recht bahnparallel weiter. Wir fuhren da einfach mal rein und landeten in einer Art Torf Abbaugebiet. Der Weg führte ein ganzes Stück parallel zur Bahn, wo man vielleich nachmittags auf der anderen Gleisseite von einem Hügel sogar was machen könnte. Dann verendete der Weg leider. Also zum BÜ zurück und nun der weißen Straße gefolgt, die allerdings nur eine lehmige Ackerspur war.
Unser Mietwagen in den weiten Hügeln der Bucovina.
Und weil "Bucovina" so viel wie "Buchenlandschaft" heißt, war man hier auch dabei, jede Menge Buchenhaine anzupflanzen.
Der Weg kurvte durch interessante Buchen(?)haine durch eine hübsche hügelige Landschaft. Kurz vor Vicșani ging es an einigen völlig einsamen Settlements vorüber. Im Dorf hatten wir wieder Asphalt unter den Hufen. Am Bahnhof Vicșani dann mehrere Wahrnehmungen auf einmal. Erstens: Der Bahnhof ist komplett hoch eingezäunt! Hier wird "Grenzbahnhof" ernst genommen. Zweitens: Die Einfahrt für den RE hoch nach Vadul Siret war gezogen, Vorsicht beim Queren des technisch ungesicherten BÜs! Drittens: Im Bahnhof wartete ein Güterzug auf Kreuzung, und der war mit einer 2TE10M, dem klassischen sowjetischen Krachmacher bespannt! Viertens: Leider war vor dem Zug eine Gleisbaurotte am arbeiten, die auch das freie Schussfeld auf den Zug verdeckte. So versuchten wir gar nicht erst, "aus der Hüfte" ein Bild in diesem Zaunverschlag zu machen.
Ein kleiner Hof kurz vor Vicșani.
Statt dessen überschlugen wir im Geiste: Bis zum RE war noch paar Minuten Zeit. Würden wir die ukrainische Lok noch an "unserem" BÜ in Dornești bekommen? Über die eben befahrene Ackerpiste wohl eher nicht. Aber die Straßen, die teils auch unasphaltiert waren, machten einen riesigen Bogen über Siret. Wir versuchten es natürlich. Doch dieses Siret ist richtig groß, und an der Einmündung in die Europastraße ging es für Minuten gar nicht vorwärts. Auch wenn wir schon fast nicht mehr an einen Erfolg glaubten, versuchten wir es. Der Güterzug mochte länger brauchen als die Personenzüge und vielleicht auch nicht sofort in Vicșani rauskommen.
Als wir endlich an "unserem" BÜ in Dornești ankamen, wurden wir sogleich von "unserem" Wärter empfangen, der ganz aufgeregt rief, dass in fünf Minuten ein Güterzug von Norden käme. Alles klar! Da direkt am BÜ ein Breitspurkutter von GFR betankt wurde, waren die Fotomöglichkeiten etwas eingeschränkt, aber wir konnten einfach auf dem BÜ in unmittelbarer Nähe des zu befahrenen Gleises stehen und den Zug spitz nehmen. Das hatte vorhin schon niemanden interessiert. Und das Licht kam eh sehr spitz. Bald kam das grüne Ungetüm um die Ecke. Dass ich das noch erleben durfte: Solch ein sowjetisches Ungetüm neben Formsignalen deutscher Bauart!
Die ukraninische 2TE10M erreicht mit ihrem Holzzug den rumänischen Bahnhof Dornești. Normalerweise hätte für diesen Breitspurzug das kleine Signal gezogen sein müssen, aber es funktionierte offenbar nicht. Das große Signal auf dem Ausleger ist für die Normalspur. Teleblick von einem Bahnübergang aus auf den im Schritttempo fahrenden Zug.
So, nun hatten wir es aber auch wirklich mir dem Bahnhof Dornești. Na gut, für einen Blick von der Bahnhofsbrücke liefen wir nochmal die ganze lange Brücke hoch, doch die 2TE10M war inzwischen beim Umlaufen schon ziemlich weit nach hinten verschwunden.
Und der Gesamtüberblick über den Bahnhof Dornești. Da die Brücke sehr lang ist, hatte die 2TE10M schon abgehängt und entschwand zum nördlichen Bahnhofskopf, während wir hoch liefen.
Im Süden war schon den ganzen Vormittag eine Schlonzschicht erkennbar gewesen. Das Satellitenbild bestätigte, dass wir großes Glück gehabt hatten, gestern nicht nach Iași gefahren zu sein, da dürfte nur Pampe am Himmel gehangen haben. Aber nun erreichte diese Schlonzgeschichte unseren Bereich auch immer mehr. Deshalb verabschiedeten wir uns erstmal gedanklich von hier und machten uns auf den Weg südwärts. Südfahrender Güterverkehr auf Normalspur südlich Dornești war sicher nicht zu erwarten, deshalb stellten wir uns an den Bahnhof Dărmănești, um endlich mal unser Salamifrühstück aus dem Magazin Mixt Satu Mare zu verspeisen. Bisher waren wir dazu ja nicht gekommen. Es war jetzt 13 Uhr, der Hunger drückte beträchtlich, und dort auf der Ladestraße hatte man seine Ruhe. Komischerweise saßen wir dort dann doch fast durchgehend im Sonnenschein. So konnten wir vom nordfahrenden IR 380 im Bahnhof ein Sonnenbild machen.
Der internationale IR 380 fährt nach Dărmănești ein. Er wird so weit fahren, wie die Normalspur führt: Bis ins ukrainische Vadul Siret.
Das Gehadere ging schon wieder los. Nun war es doch wieder gut blau am Himmel. Leider fuhr das mittägliche Malaxa Pärchen momentan nicht. Das ist seit diesem Fahrplanabschnitt der letzte Schrei im rumänischen Kursbuch: Der Hinweis "Zug fährt nur, wenn derundder Zug nicht fährt". Berühmt-berüchtigt sind im rumänischen Kursbuch ja schon immer die "inchiderilor" Hinweise, also die Fußnote mit der lapidaren Aussage, dass ein Zug bei (wohl baubedingter) Sperrung der Strecke nicht fährt. Jetzt hat man allerdings angefangen, Ersatztrassen zu veröffentlichen. Hier auf der Strecke war es so, dass das von uns fotografierte Malaxa Pärchen heute Vormittag den inchiderilor-Hinweis hatte. Und beim Mittagszugpaar stand der Hinweis, dass es nur fahren würde, wenn der Vormittagszug nicht gefahren wäre. So kann man das Kursbuch auch füllen. Auf anderen Strecken treibt das solche Blüten, dass zwei Züge mit denselben Zeiten parallel veröffentlicht sind. Der "normal" fahrende hat den inchiderilor-Hinweis, und der daneben ist der Ersatzzug, bei dem man sehr genau hinsehen muss, denn ab irgendeinem Bahnhof ändern sich die Zeiten und er bleibt stundenlang stehen und fährt zu einer ganz anderen Tageszeit weiter...
Würde es sich lohnen, doch hier in der Gegend noch bis zum Nachmittagspaar zu bleiben? Erstmal fuhren wir für den südfahrenden IR 381 wieder nordwärts. Die Idee war, den auf dem Vierschienengleis an der vorhin entdeckten Außenkurve zu machen. Doch erstens wurde das zeitlich zu knapp und zweitens waren da oben plötzlich jede Menge Wolken, so dass wir den Zug simpel an dem BÜ von gestern bei Tibeni mitnahmen. Mit der Sonne ging das dann noch gerade so eben gut.
Der Gegenzug von Vadul Siret ist der IR 381, hier bei Tibeni.
Aber der Schmodder war nun praktisch da. Wir waren uns jetzt sicher, dass wir die Kurve kratzen wollten, auch wenn wir gerade für den Nachmittags Malaxa noch ne ganz nette Stelle im Ortsbereich Tibeni fanden. Von der E85 konnten wir kurz vor Suceava das Gespann aus Franzosen ET und Malaxa beobachten - mittlerweile bei geschlossener Bewölkung.
Möglichst Bahn parallel ging es nun nach Iași (sprich: Iasch). Dabei nutzten wir zumindest bis Pașcani nicht die Hauptstraßen, sondern schöne leere "gelbe" Straßen, die dieses Prädikat auch verdienten, über Verești, Fântânele, Liteni, Dolhasca, Lespezi. Im Bereich der Ortschaft Probota am Westufer des Flusses führt die Bahn anscheinend schön offen zwischen kahlen Hängen und dem Fluss entlang. Ab Târgu Frumos hatte uns die E58 wieder. Der Verkehr war hier extrem stark, die Straße allerdings auch fast komplett so breit, dass man mit Hilfe des Seitenstreifens zweispurig je Richtung fahren konnte und deshalb zügig voran kam.
Über eine west-südliche Umgehung ging es an der Innenstadt von Iași vorbei in das von uns gebuchte Hotel Capitol, das für uns günstig im Süden der Stadt lag. Dort konnten wir auch essen, wobei das Restaurant selbst etwas ungemütlich wirkte, aber in dicken Pullovern haben wir und einige andere Gäste gut noch auf der schönen Veranda ausgehalten. Das "Capitol" ist ein riesiger Veranstaltungskomplex mit mehreren großen Häusern auf einem großen Campus verteilt. Direkt daneben sind jede Menge Sportstätten. Beim Abendessen hatten wir plötzlich am Nachbartisch eine ganze Fußballmannschaft sitzen. Da war's dann etwas lauter.
Das Hotel selbst war ok, aber der Kühlschrank auf dem Zimmer funzte nicht und die bei booking versprochene Klimaanlage gab es auch nicht. WLAN war ebenfalls nur in homöopatischen Dosen unterwegs. Die Einrichtung versuchte auf edel zu machen, aber edel war nur der Preis, mit 22 Euro pP unverdient teurer als letzte Nacht. Und da unser Zimmer nicht weit von der Eingangshalle entfernt lag, bekam man von dort akustisch alles mit. Dafür war das Haus von außen illuminiert. Und da die Strahler mit ihren ständig wechselnden Farben vor Glasscheiben keinen Halt machen, hatten wir die Lichtspielchen auch im Zimmer. Vorhang musste also vor, Fenster musste aber auf, na ja irgendwie ging es. Dank Ohropax konnte ich dann auch sehr gut schlafen. Und es ist niemand durchs Fenster zu Besuch gekommen... Ach ja, was positives: Kurz vorm Einschlafen war noch der wohlklingende Sound einer 65, vermutlich mit dem Nachtzug nach Constanța, und das zugehörige Getröte auf der unweit des Hotels verlaufenden Strecke zu hören.
Von Iași aus interessierte uns vor allem die Dieselstrecke in Richtung Süden, eine Zweigleisstrecke mit zumeist lokbespannten Zügen. Motive kannten wir praktisch gar nicht. Lediglich eine Kurve noch im Stadtbereich von Iași war mir auf Flickr oder Railpictures.net motivlich aufgefallen. Da würden wir heute also erstmal etwas schauen müssen. Leider war auch durch die letzten Jahre der Fahrplan dieser Strecke gewaltig eingedampft worden. Gerade die erste Tageshälfte war schmerzhaft: Um 7.45 ein IR leider als Desiro, dann erst wieder um 10.45 ein Bummelzug. Erst ab 13.15 würde es dann deutlich besser rollen. Zur heutigen Wetterprognose passte das allerdings. Es sollte erst am Nachmittag auflockern. Ach ja, und der hiesige Straßenbahnbetrieb schien ähnlich interessant zu sein wie der in Arad. Damit könnte man sich ggf auch noch beschäftigen... Das Frühstück gab es in einem riesigen Ballsaal. Dort kamen wir uns etwas verloren vor. Schüchtern nahmen wir auf zwei nebeneinander liegenden Plätzen an einem der Riesentische platz.
Das Frühstück gab es im Ballsaal. Fast waren wir mit der Platzwahl etwas überfordert...
Während des Frühstücks hatte es am Himmel sogar etwas aufgemacht. Danach checkten wir aus, obwohl wir in der Gegend bleiben wollten und obwohl das Hotel für uns ideal gelegen war. Aber es gibt sympatischere Unterkünfte... Dass wir als erstes das Motiv am Stadtrand mit Industriebrache und Klosterkirche anschauen wollten, war ohnehin klar. Und wenn dort der Bummelzug gegen 11 Uhr mit Sonne klappen sollte - um so besser.
Das Motiv war mit kleinem Schlenker am Bf Ciurea vorbei dann auch schnell gefunden. Es handelt sich um eine auf der Südostseite schön freie Außenkurve, die man aus verschiedenen Perspektiven umsetzen kann. Der von Flickr bekannte Blick von unten litt zwar etwas unter den Büschen, aber nach Besteigen eines Hanges hatten wir einen klasse Blick.
Es hatte sich sogar recht großzügig am Himmel aufgemacht. Die Hochhäuser von Iași im Hintergrund waren ständig prachtvoll von der Sonne angestrahlt. Wir hingegen standen kontinuierlich in einem vor sich hin wabernden Wolkenfeld mit Schlonzummantelung. Bestenfalls kam mal abgeschwächter Sonnenschein hervor. Und dann stellte uns der Zug auf die große Geduldsprobe. Laut Kursbuch sollte er ja nur auf besondere Anordnung fahren. Im Auskunftssystem war er allerdings aktiviert. Und das ist ja eigentlich immer eine ganz zuverlässige Aussage. Wir entdeckten den Hinweis "Abfahrt verspätet sich" im System. Nun ja, wir warteten einfach mal weiter - fast durchgehend unter Wolke mit dem blauen Himmel vor uns natürlich... So eine stationäre Wolkengrenze ist auch eher selten...
Als der Zug endlich mit +33 hinten um die Ecke kam, hatte das Motiv sogar eine gewisse Erleuchtung, doch als der Zug den Auslösepunkt erreicht hatte, war schon wieder Licht aus. Bevor wir nun zur Erkundung gen Süden fuhren, wollten wir uns allerdings noch den Umspurbahnhof bzw das Ende der Breitspur von Moldavien her anschauen. Die endet im Stadtgebiet von Iași im Bahnhof Socola. Bis hier gibt es von Freitag bis Montag sogar einen moldavischen Personenzug von/nach Chișinău. Das ganze Areal des Güterbahnhofs war allerdings auch mal wieder mehr "lost place" als genutzt. Klar, ein winziger Teil der Gleise wurde wohl noch genutzt.
Das kann sich schon tragisch entwickeln, wenn der Fdl eine Lokfahrt vor der Einfahrt vergisst... Ob das Gerippe des verhungerten Lokführers noch an Bord ist, haben wir aber nicht geschaut...
Wir folgten dem Vierschienengleis nochmal ostwärts bis Cristești. Im Prinzip reihte sich hier ein Bahnhof an den anderen, ein lost place am anderen, zur Erschließung von einem lost place Kombinat nach dem anderen. Bei Holboca riesige Reihen abgestellter österreichischer S-Bahn Triebwagen und niederländischer Reisezugwagen. Beim Fotografieren stoßen wir auf einen jaulenden Hundewelpen, der rund um den schon stinkenden Körper seiner verwesenden Mutter im Müll nach Nahrung sucht. Endzeitstimmung!
Niederländische Wagen reihen sich kilometerweit in einer Abstellgruppe bei Holboca.
Und mit mehr Weitwinkel kommen auch noch die abgestellten österreichischen 4020er ins Bild.
Am nördlichen Ortsende von Cristești hatte man zwischen den Grundstücken den freien Blick auf den Bahndamm in der Ferne, wie die Strecke durch die Niederung der Jijia von Moldavien herüberkommt. Und im Bahnhof rangierte unfotografierbar ein normalspuriger Kutter. Gut, dann wussten wir das jetzt auch. Nun sollte es zur Kundschaft an die Strecke nach Süden gehen. Wir trafen in der Peripherie von Iași auf die Straßenbahn. Da jetzt gerade die Sonne Höchstleistung zeigte, drückten wir zweimal ab.
Ein Esslingerle aus Stuttgart an der Haltestelle mit dem wohlklingenden Namen Hotel Basarabia. Die Gegend war aber nicht so wohlklingend...
Noch ein Stuttgarterle Stück weiter auswärts an der Haltestelle Blocuri Dancu. Das Taxi wartet brav, bis der Ausstiegsvorgang beendet ist.
Unsere Kundschaftstour ergab nun, dass man unsere Fotokurve von heute Vormittag von der Straße ganz weit oben auch topp für morgendliche Nordfahrer nutzen konnte. Das heißt, Yannick fand momentan gar nichts topp, denn er hatte Hunger. Auch das Ensemble der Halta Picioru Lupului gefiel ihm nicht so. Aber das lag ebenfalls nicht am Ensemble, sondern am Hunger UND an der Schlonzschicht am Himmel. Die war insofern von Bedeutung, da jetzt zwei Regios (Regiotrans R 14846 nach Roman und CFR R 6314) im Blockabstand anstanden und der Lukner die hier fotografieren wollte. Der hatte sich nämlich sagen lassen, dass man nicht tausende Kilometer irgendwohin fahren solle, um dann das Foto bleiben zu lassen, weil 30% am Volllicht fehlen. Jaaaa, man ist lernfähig. Und der Reisebericht lebt ja auch von Dokubildern.
Die erste Begegnung mit einer Caravelle hatten wir an der Halta Picioru Lupului. Es handelt sich um den Regiotrans Zug 14846, der in Buhăiești auf die Nebenbahn nach Roman abzweigen wird. Wenn das die neue Farbgebung von Regiotrans werden sollte, hätten wir nichts dagegen.
Na gut, es fehlten zu den Zügen dann deutlich mehr als nur 30% Sonne, aber was will man machen? Imposant war aber allemal das Konzert der 64, die man schon mindestens fünf Minuten vor ihrem Erscheinen hörte. Die Strecke steigt hier ganz schön an, denn hier gibt es einen Höhenzug zu queren. Weiter aufwärts verläuft die Strecke auf einem interessanten Sattel. Beiderseits von Bahn und Straße geht es ganz ordentlich in die Tiefe. Darstellbar war mit Bahn aber gar nichts, denn die Strecke verlief im Rumänien typischen Kokon aus Buschwerk. Am letzten auf OSMAND verzeichneten BÜ vor Verschwinden der Bahn in den Wäldern querten wir die Bahn und fuhren auf einer Schotterpiste an die Hauptstraße.
Oben auf der Passhöhe führen die beiden Streckengleise durch je einen kleinen Tunnel und kamen am völlig einsam gelegenen Waldbahnhof Bârnova raus. Diese Station suchten wir nun auf. Er war nur über eine schmale Schotterpiste zu erreichen. Aber die beiden Tunnelportale waren vom schon recht spitz stehenden Licht ganz nett angeleuchtet, so dass wir uns entschieden, den bald folgenden IR 1664 hier zu fotografieren. Der hielt hier sogar! Alle Züge halten hier, auch die Nachtzüge. Was mag das für einen Sinn machen? Wir hatten ähnliches schon 2014 an der E-Piste zwischen Siculeni und Ghimes (KBS 501) beobachtet, wo das IR Paar an allen Dörfern durchfährt, aber am einsamen Waldbahnhof Livezi Ciuc halten muss. - Und als ich mal von unserem Standpunkt zum EG geschlendert war, glaubte ich meinen Augen nicht: Es gab hier sogar einen bedienten Bahnhofskiosk! Wofür? Bereits 10 Min vor der Abfahrtszeit kristallisierte sich aus dem Rauschen des Waldes das Geräusch des "Jimmy", also der 64er, heraus. Der Zug hatte hier einige Minuten Aufenthalt. Es stiegen immerhin eine gute Handvoll Leute aus.
IR 1664 hält im einsam gelegenen Waldbahnhof Bârnova. Offensichtlich sind die bisher als Baureihe 65 bekannten Loks allesamt irgendwie umgebaut worden und tragen jetzt die Baureihenbezeichnung 64. Wir haben im ganzen Urlaub keine 65 mehr gesehen.
Das Wetter entwickelte sich. Zwar waren noch manche Wolkenschleier am Himmel, aber das Blau herrschte eindeutig vor und die Schleier waren auch nicht so dick. Wir kundschafteten südwärts weiter. Wie erwartet, sprangen einem die Motive jetzt nicht gerade entgegen. Der Bahnhof Grajduri wäre vormittags sicher nett mit seinem Wasserturm und dem alten EG, aber vormittags fehlten bekanntlich die Züge. Als nächstes stand der nordfahrende R 6403 an. Den warteten wir einfach mal an einem freieren Stück südlich von Grajduri ab. Dabei mussten wir wieder länger warten, denn das war der Umlauf, der heute Vormittag verspätet runter gefahren war und nun Wendeverspätung hatte. Yannick hatte zu allem Überfluss auch noch festgestellt, dass dieser Umlauf planmäßig auch ein Desiro sei. Wie blöde für unser Vormittagsmotiv...
Während der Mais im frühen Nachmittagslicht noch nicht so golden leuchtet, strahlen von weiter hinten die Rückseiten vertrocknender Sonnenblumen fast neongelb zu uns herüber und stellen den Hintergrund für R 6403 unweit der Ortschaft Lunca dar.
Wir fuhren mal weiter südwärts. Und je weiter wir uns bewegten, um so freier war doch tatsächlich die Strecke! Und das Land war nicht nur flach, wie ich es anhand der Luftbild "Überfahrt" vermutet hatte, sondern die Strecke verlief in einem relativ weiten Tal. Zwischen Scânteia und Rebricea wurde die parallele Landstraße sogar zur regelrechten Panoramastraße, die so einige hübsche Ausblicke von erhöhter Perspektive auf die Bahn ermöglichte. Da ging dann auch die Herausforderung auf, einen Zweirichtungsstandpunkt zu finden, denn die nächsten zwei Züge würden sich bei Rebricea begegnen. Beide Züge waren pünktlich und klappten wunderbar!
Zwischen Scânteia und Rebricea begegnet uns R 6412. Er hat als Besonderheit die in Rumänien Farben gehaltene 64 1227 vor.
Aus Richtung Süden taucht der mit einer 60 bespannte R 6313 auf. Die roten Wagen werden wohl nach und nach in das Graublau umlackiert.
Weiter südwärts! Auch im Bereich der Ortslage Rebricea ginge etwas. Uns interessierte nun aber auch der Rest bis zur Abzweigstation Buhăiești. Das gesamte Bahnhofsareal dort mit Wasserturm, Güterschuppen und vielen anderen Gebäuden, die zu einem Bahnknoten gehören, sah einfach toll aus, weil es ein geschlossenes Ensemble absolut für sich im weiten Tal zu Füßen eines kleinen Hügels bildete. Allerdings fiel uns jetzt keine Möglichkeit ins Auge, das sauber mit einem Zug umzusetzen.
Die Gegend nördlich Buhăiești hatte von der nun auf der Ostseite verlaufenden Straße mit den kahlen Höhen im Hintergrund wie mongolische Steppe ausgesehen. Als wir nun aber von Podeni auf diese kahlen Höhen fuhren, war der gegenläufige Blick mit einer fetten Hochspannungsleitung leider doch etwas ernüchternder. Aber immer noch gut genug für ein Foto.
Das Problem war nun allerdings, dass der erwartete IR 1666 weder im System, noch vielleicht unter anderer Nummer auf der Online Abfahrtstabelle von Buhăiești auftauchte. Zum Glück konnten wir kaum glauben, dass man so "mal eben" einen völlig Fußnoten freien Fernzug Iași - București ausfallen lässt. Vielleicht würde er ja unter anderer Zugnummer und ohne Halt in Buhăiești kommen. Allein uns fehlte der Glaube daran. Wir standen dort allerdings herrlich und befassten uns ein wenig mit dem Hotelangebot in Iași. Yannick hatte gerade von booking.com das Angebot bekommen, dass er einen Link zu booking an jemand anders schicken soll und beide eine 15€ Gutschrift erhalten, wenn der Jemand Anders von dem Link aus bucht. Somit war es an mir, die kommende Nacht über diesen Link zu buchen... Und wir waren gerade fertig, als unten der BÜ anfing Lärm zu machen. Da kam was IR ähnliches, hielt aber tatsächlich nicht in Buhăiești, wo sonst wirklich alles hält. Lag ja schließlich genau so einsam, wie der Waldbahnhof mit Kiosk vorhin...
Der bunte Kurz-IR 12660 nähert sich dem Bf Buhăiești, den er allerdings ohne Halt durchfahren wird. Ein Leitungsmast wurde elektronisch beseitigt.
Im Nachhinein haben wir nochmal nachgeschaut: Der Zug fährt als IR 12660 und hält zwischen Iași und Vaslui nur an einer Station. Ratet mal wo! Klar: Im Waldbahnhof Bârnova! - Die letzte Amtshandlung des Tages sollte nochmal eine fast Zugbegnung in unserer Ecke sein. Wir versuchten uns diesmal im Ortsbereich Rebricea, wo an wenigen Stellen Durchblicke in Richtung Strecke möglich waren. Die Sonne stand nun schon ganz schön niedrig, und über dem Horizont waberte schon noch so einiger Schlonz. Deshalb war das Licht dann auch insbesondere für den Südfahrer R 6406 mit 60er nicht ganz voll da. Zum nordfahrenden IR 1663 kam sie nochmal besser raus.
R 6406 beschleunigt aus dem Ort Rebricea.
Aus Bukarest kommt zu uns gereist der IR, der 1663 heißt.
Danach war Feierabend. OSMAND warf als Wegezeit zu unserem neuen Hotel Villa Grande im Norden von Iași 40 Min Fahrzeit aus. Das war annehmbar. Schade, das letzte Hotel war von der Lage her ja wirklich ideal, aber das war dann auch alles. Ca fünf Beinaheunfälle später (vor uns) hatten wir es durch die Innenstadt der 300tsd Einwohner Stadt geschafft und konnten unser Auto an der ruhigen, gepflegten Wohnstraße vor der Villa Grande abstellen. Das Restaurant hatte noch bis 20 Uhr warme Küche und wurde auch von einigen anderen Gästen genutzt. Nur Rindersteaks hatte man nicht da. Der Koch kam extra aus der Küche und entschuldigte sich auf deutsch bei uns. Man wolle ja frisches Fleisch anbieten, und habe deshalb keinen so großen Vorrat davon. Wir fanden die Einstellung völlig ok und haben Schnitzel bestellt. Dazu heute mal Ciuc Bier (sprich "Tschuck", das hatten wir 2014 vor Ort in Mircurea Ciuc gelernt).
Blick aus der Villa Grande auf die Skyline von Iași.
Die Villa Grande gefiel uns sehr gut. Der Kellner, der auch die Rezeption schmiss, sprach englisch. Vermutlich war das ganze ein Familienbetrieb. Das Zimmer war zwar einfach, aber zweckmäßig eingerichtet. Wir beschlossen, endlich mal mehr als nur eine Nacht in einem Hotel zuzubringen und verlängerten gleich mal bis Donnerstag Morgen. Mit dem heutigen Nachmittag konnten wir jedenfalls sehr zufrieden sein. Da hatte sich der Tag doch noch sehr zum guten gewendet.
Beim Frühstück entschieden wir uns beide mal für das süße Frühstück mit Honig und Marmelade. Nun ja... An das Hotelfrühstück darf man in Rumänien wohl keine zu hohen Erwartungen stellen. Oder wir sind einfach nicht "frech" genug, mehrere Sachen auszuwählen. Normalerweise frühstückt man ja eher bischen was Süßes und bischen was Herzhaftes. Wenn man aber die Frühstückskarte ausgehändigt bekommt, trauen wir uns immer gar nicht mehrere Sachen, also z.B. Brot mit Marmelade UND ein Schinken Omelette auszuwählen. Vielleicht sind wir da selbst Schuld...
Erster Programmpunkt sollte heute natürlich unsere Fotokurve im Süden von Iași sein. Trotz Berufsverkehrs kamen wir bei nur zwei gesehenen Beinaheunfällen gut durch die Stadt durch. Es war sogar noch Zeit für einen Kaffee an einer Tanke. Der sollte eigentlich "to go" sein, aber sie verstand mich nicht und dachte, wir wollten draußen auf der Terrasse sitzen. Das haben wir aufgrund des Porzellan Geschirrs dann auch mal gemacht. In der Fotokurve hing noch ziemlicher Dunst im Tal. Aber der nordfahrende R 6311 kam im gedämpften Morgenlicht schon ganz nett.
Auch morgens kann der Mais golden leuchten. R 6311 fährt als Pendlerzug in die große Stadt, hier in der Fotokurve nördlich von Ciurea.
Nun waren bis zum nächsten Nordfahrer und dem einzigen Südfahrer zwischen 10 und 11 noch viel Zeit. Wir hätten uns natürlich auf den Feldherrenhügel setzen und auf Güterzüge warten können. Aber da wir die Chancen auf einen solchen mit Null gleichsetzten, unternahmen wir ähnlich wie gestern eine Spazierfahrt durch die Industriebrachen Richtung molwanische Grenze. Aber wir konnten null Bewegungen auf der Schiene wahrnehmen. Also zurück. Den nächsten Nordfahrer IR 1831 gab es nochmal ähnlich.
IR 1831 kennen wir bereits aus Suceava. Er fährt von Galați nach Cluj. Im Vordergrund wird der goldene Mais von einem ganzen Trupp in mühsamer Handarbeit geschnitten.
Yannick hat den IR durch das Eingangstor des Klosters Hlincea fotografiert.
Danach bestiegen wir unseren Feldherrenhügel mit dem schönsten Ausblick in die Kurve. Die Spannung stieg. Würde es diesmal ein planmäßiger Desiro sein oder wieder der erhoffte Lokbespannte? Zunächst einmal war aber wieder warten angesagt. Im System stand wie gestern "Warten auf Abfahrt". Möglicherweise Anschlussaufnahme vom Nachtzug aus Timișoara? Am Himmel standen bisher nur dünne Schleierwolken, die viel Licht durchließen. Allerdings bildeten sich nun allmählich auch kleine Quellwolken. Es blieb spannend! Vermutlich hatte aber der Schaffner aus dem Nachtzug zur Betriebsleitung gesagt: "Wart', isch zähl die Anschlussreisenden für dich nochmal nach!" und man war zu dem Schluss gekommen, doch nicht zu warten. Mit nur rund 10 Min Verspätung tauchte auf --- keine 65! Aber auch kein Desiro. Eine 60 mit zwei Wagen, alles war gut!
Das ist nun endlich der eigentliche Ausblick auf die Fotokurve. Auf der einen Seite das abgewickelt aussehende Kombinatul Utilaj Greu, in Teilen dessen laut Website des heutigen Betreibers Fortus aber auch heute noch Großmaschinen gebaut werden. Der Werkshaltepunkt im Hintergrund ist allerdings aufgelassen. Hinter der Bahn thront Kloster Cetățuia auf dem Hügel. R 6404 ist zwar recht kurz, macht sich aber als farbfroher Punkt doch sehr nett auf dem Bild. Längere Züge gibt es hier bei korrektem Sonnenstand nicht. Güterzüge haben wir hier leider nicht gesehen.
Was jetzt tun? Die Straßenbahnen von Iași standen jedenfalls noch auf unserem Programm. Aber jetzt schon? Das musste nicht sein. Die Nebenbahn von Lețcani nach Dorohoi hatte vorgestern an der Abzweigung interessant ausgesehen, wie sie zwischen den kahlen Hügeln verschwand. Auch auf der Landkarte sah die Streckenführung sehr interessant aus. Da ging es sogar direkt an irgendwelchen Seen entlang. Wir beschlossen, uns die Strecke einmal anzuschauen. Zeitlich passte es gerade für einen Zug in jeder Richtung. Dazu mussten wir allerdings wieder komplett durch Iași hindurch. Dabei gab es nur drei Beinaheunfälle zu sehen, zwei allein am großen Mörderkreisel an der Piața Roș, wo sich die Strada Nicolina, Bulevardul Å¢uțora und zwei weitere Hauptstraßen trafen. Und Yannick meinte noch einen weiteren Beinaheunfall gesehen zu haben, aber ich fand, dass ich da noch gut zwischen dem vor mir haltenden LKW und meinem Nebenmann zur Linken durchgepasst hatte.
Die E58 führte dann auch wieder ziemlich schnell nordwärts aus der Stadt heraus. Plötzlich war man im Grünen. Kilometerlang fuhr man nun an Erholungsgebieten mit zahlreichen Parkanlagen, Tischen und Bänken vorüber. Sonntags zur Mittagszeit ist es hier wahrscheinlich brechend voll. Ab Vânători ging es nun wieder auf kleineren Straßen über Horlești nach Larga-Jijia an der gesuchten Nebenbahn. Die offene bergige Landschaft war wunderbar. Auf dem letzten Abschnitt führte eine Pappelreihe parallel zur Straße. In dieser wunderbaren Landschaft musste man einfach Fotos machen.
Wunderschöne Pappelreihe zwischen Horlești und Larga-Jijia.
Für den nordfahrenden Triebwagen auf die Schnelle eine geeignete Stelle zu finden, war nun nicht ganz trivial. Er kurvte hier im Ortsbereich mal kurz ins Licht. Doch die kleinen Quellwolken von vorhin waren nun schon ganz groß geworden und bevölkerten den Himmel in der Überzahl. R 14819 fiel denen dann auch direkt zum Opfer.
Statt des verschatteten Zuges folgen wir mit unseren Blicken einfach mal einem Weg in die Ferne.
Für den Südfahrer R 14818 wollten wir mal an den See schauen. In Richtung Norden führte eine Schotterpiste - erst zum völlig periphär gelegenen Bahnhof, der allerdings im Personenverkehr durch einen Hp im Ort ersetzt worden war, in dem aber noch Getreidewagen beladen wurden. Dann hatte man bald einen Blick aus den Hügeln auf den See. Da die Triebwagen im nächsten Ort Vlădeni kreuzen sollten, war auch gar nicht so viel Zeit mehr für die Suche. Allerdings fanden wir auf Anhieb einen kleinen Ausschnitt, passend für eine Caravelle, mit nettem Seeblick. Äääh, hatte ich gesagt "passend für EINE Caravelle"? Die Wolken machten es extrem spannend, aber am Ende hatten die ZWEI Caravellen dann doch noch gutes Licht.
Zwischen Vlădeni und Larga Jijia rollt R 14818 am Eleșteele Jijiei și Miletinului entlang...
Da der Zug einen Hügel umrunden musste, sind wir nochmal schnell ein Stück voraus gebraust und bekamen immerhin noch einen Nachschuss bei der Einfahrt in den Bf Larga-Jijia hin.
...und fährt einige Minuten danach in den Bf Larga Jijia ein. Dort wird allerdings nicht gehalten, denn...
...so richtig zentral liegt der Bahnhof nicht, und man hat es tatsächlich geschafft, einen neuen ortsnahen Haltepunkt zu errichten. Ob sowas Fortschrittliches dem Engagement der Privatbahn (in diesem Falle Regiotrans) zu verdanken ist?
Nun wollten wir aber zur Straßenbahn schreiten und damit etwas Stadtbesichtigung in Iași betreiben. Es ging wieder zurück, wobei noch einige vorhin gesehene, aber verschattete Landschaftsmotive "erledigt" werden mussten. Angesichts dieser tollen Landschaft, die uns etwas an die Dobrogea erinnerte, wuchs in uns die Idee, vielleicht morgen nochmal mehr an dieser Strecke zu machen.
Zurück in Iași parkten wir das Auto am Hotel, machten uns kurz frisch und liefen dann zu der Straßenbahn Strecke direkt unterhalb des Hotels, wo es sogar ein Stück auf eigener Trasse entlang geht. Dort starteten wir direkt mal unsere Fotos.
An der Straßenbahnstrecke unterhalb unseres Hotels, zwischen den Stationen Pădurii und Ateneu.
Blick in die Gegenrichtung.
Und ein Stück weiter unten kurz vor der Hst Pădurii.
Dann arbeiteten wir uns langsam zu Fuß in Richtung Stadtzentrum vor. An der Haltestelle Târgu Cucu fanden wir eine Fahrkartenbuzze. Mit unserem Wunsch nach einer Tageskarte, die es lt Aushang für 8 Lei geben sollte, kamen wir aber nicht so recht weiter. Sie meinte immer irgendwas von Passaporte, doch wir wollten ja kein Abo. Irgendwann gab sie uns dann einfach zwei Doppelfahrkarten für je 4 Lei, und wir hatten dann wenigstens was in der Hand. Zu Fuß liefen wir noch bis Filarmonica Nationala und stiegen einfach mal in die Bahn Richtung Nordwesten. An der Piața Eminescu kam die Sonne schön hin und man hatte paar markante Gebäude für den Hintergrund. Dort warteten wir paar Bahnen ab. Aber wir sollten lernen, dass aufgrund anderer ins Bild wollender Verkehrsteilnehmer die Straßenbahnfotografie ein nervenaufreibendes Geschäft ist...
An der Piața Mihai Eminescu. Links ist die Uni Bibliothek zu sehen.
Es fuhren neben den ganzen Esslingern auch noch wenige Schweizer Einheitswagen. Hier an der Piața Mihai Eminescu mit dem Uni Theater.
Anschließend wollten wir mal einen Abschnitt am Palast, dem wirklich beeindruckendsten Gebäude der Stadt, aufsuchen. Leider war auf den aushängenden Netzplänen die neue Linie 9 noch nicht eingezeichnet, so dass wir ewig auf eine 1 warteten. Der erhoffte Abschnitt erwies sich dann schattiger als erwartet. Weiter oben hatten wir hingegen ein schönes Motiv mit der Kirche Sfântul Nicolae entdeckt. Die Straßenbahn dachte aber erstmal nicht daran anzuhalten, zumindest nicht zum aussteigen. Erst hinterm Mörderkreisel an der Piața Roș, den die Straßenbahn auf einem Viertel gegen die Fahrtrichtung befährt (!), konnten wir aussteigen. Yannick hat die Durchfahrt durch den Kreisel mal gefilmt: Youtube.
Jetzt hatten wir erst überlegt, auf der Blumen geschmückten Mittelinsel des Mörderkreisels Fotos zu machen, da man dort keine ins Bild fahrende Autos, sondern hübsche Blumenrabatten als Vordergrund hätte. Im Prinzip war das keine schlechte Idee. Der Haken war nur, dass man, sollte man die Insel je lebendig erreichen, dort vermutlich elendig verhungern müsste, weil man es nie und nimmer zurück schaffen würde. Och nee... Wir zogen uns statt dessen an einem der zahllosen Verpflegungsstände ein Stück Pizza und liefen den ganzen langen Weg zur Kirche St Nicolai zurück. Das Licht schmodderte nun schon ziemlich, aber zwei der mittlerweile in deutlich längeren Abständen fahrenden Bahnen gingen immerhin ohne all zu große Autoschäden.
Hinter der Hst Moldova Mall fährt die Straßenbahn über die Piața Palat, hindurch zwischen Casa Dosoftei (links) und der orthodoxen Kirche Sfântul Nicolae Domnesc.
Irgendwann hatten wir aber keine Lust mehr. Es war mittlerweile 17.30. Nun sollte es noch eine kleine Runde mit der Straßenbahn geben, und dann wollte man auch gern um 19 Uhr zum Essen im Hotel sein. An der nahegelegenen Haltestelle Tudor Vladimirescu gab es sogar einen Fahrkartenautomaten! Weshalb nicht gleich so? Wir direkt nach der Tageskarte geschaut. Doch was war das? Der Automat wollte den Namen und eine Nummer wissen! Dann war das vorhin am Schalter doch kein Missverständnis gewesen! Also zogen wir uns für die geplante Tour je drei Einzelfahrscheine.
Irgendwie schafften wir es aber, noch paar Bahnen durch absolute Planlosigkeit zu verpassen. Bei unserer ursprünglichen Planung hatten wir vergessen, dass da einmal Umsteigen mit bei gewesen wäre und wir dafür vermutlich noch eine Fahrkarte mehr gebraucht hätten. So hatten wir - auch aufgrund der längeren Taktzeiten - wieder viel Zeit verdödelt. Es ging einmal durch das Uni Viertel und viel Grün hoch bis Copou und von dort mit der Linie 1 über eine Schleife durch die Innenstadt und durch das südöstliche Industriegebiet, dann durch Tătărași wieder westwärts bis Pădurii, der Haltestelle unterhalb unserer Pension.
Yannick gelang noch eine stimmungsvolle Aufnahme oberhalb der Hst Pădurii.
In Ländern mit christlich orthodoxer Bevölkerung fällt es ja immer mal auf, dass sich gerade ältere Leute beim Anblick von Kirchen oder Kapellen bekreuzigen. In der Straßenbahn saß mir nun eine Zeit lang ein ca 14jähriger Junge gegenüber. Auch dieser bekreuzigte sich bei der Vorbeifahrt an einer Kirche. Das fand ich dann doch bemerkenswert, hatte ich doch gedacht, dass das nur die Alten machen.
Im Hotel wartete endlich lecker Essen auf uns.
Waren wir nun tatsächlich schon "durch" hier oben rechts, rund um Iași in der Moldova? Wir hatten von allem etwas bekommen, und damit waren wir fürs erste ganz zufrieden. Da für diesen Urlaub nur eine gute Woche Zeit war und wir noch paar andere Dinge auf dem Wunschzettel hatten, beschlossen wir, uns wieder westwärts zu wenden. (Nachtrag: Im Nachhinein muss ich sagen, dass mir von allen Fotos des Urlaubs die der Lok bespannten Personenzüge am liebsten waren. Und zu dem Thema hat die Strecke Iași - Vaslui und weiter südwärts sicherlich noch einiges an Potential. Zumindest nachmittags dürfte man hier landesweit eine der dichtesten Konzentrationen Diesellok bespannter Personenzüge antreffen! Da geht noch was, so dass man sicher gerne mal wieder kommt.)
Der Plan für heute sah vor, entlang der gestern "entdeckten" Nebenbahn nach Dorohoi nordwestwärts zu fahren und dann zum Nachmittag hin vielleicht nochmal ein Malaxa Paar auf der Piste nach Dornești mitzunehmen. Als Übernachtungsort wählten wir wieder Vatra Dornei. Bis dort sollten wir das wohl noch gut schaffen, wenn die Straße nicht irgendwo wieder aufhörte ;-) Als allererstes hatten wir auch noch ein bestimmtes Straßenbahnmotiv hier in Iași mit einer netten Gefällestrecke angedacht. Beim Aufwachen hing allerdings eine ziemliche Hochnebel Decke über der Stadt. Erstmal gab es Frühstück.
Nochmal der Blick vom Hotelbalkon auf die Skyline, diesmal allerdings im Morgenlicht.
Nach der Zimmerräumung waren zumindest im Osten einige blaue Flächen. Im Westen hingegen, also in Richtung unserer Nebenbahn, hing es noch dick und fett am Himmel. Somit konnten wir uns also getrost erstmal an der Haltestelle Pădurii für eine Straßenbahn aufbauen. Da kam dann auch sofort eine in Bestlicht. Dank der Haltestelle klappte es auch mal mit den Autos.
Die Straßenbahn hält an der Haltestelle Pădurii.
Danach kam erstmal wieder ein größeres Wolkenfeld, so dass wir nach etwas Gehader den Aufbruch beschlossen. Wir wollten jetzt einfach mal die angedachten Stellen für die wenigen Züge auf der Nebenbahn ansteuern. Dazu fuhren wir wieder in diese traumhafte Hügellandschaft.
Weite Hügellandschaft bei Movileni. Durch das Tal im Hintergrund führt die Nebenbahn.
Bei Movileni trafen wir auf die Bahn, die hier aber nur anhand der Telegraphenleitung und zweier gemauerter Entlüftungsschächte erkennbar war. Das Gleis selbst unterquerte diesen Bergsattel in einem kleinen Tunnel. Hier hätte es tausend Fotomöglichkeiten gegeben! Natürlich befanden wir uns nun innerhalb der Bewölkung, die den Himmel nicht unmaßgeblich verdunkelte. Aber wenn dann mal Licht durchkam, hob sich der Mais wunderbar golden vor den blauschwarzen Wolken ab. Doch das allerbeste war, dass langsam aber sicher das Ende der geschlossenen Bewölkung auf die Sonne zurutschte. Und danach war wirklich Schluss mit Wolken!
Um die von uns anvisierte Kurve zu erreichen, mussten wir auf dem Tunnel von der Straße nach links in einen Feldweg einbiegen, der zumindest mit dem Duster gut befahrbar war. Er führte uns entlang der Telegraphenleitung bis zum Fuß einer Hügelkette. Yannick stieg den einen Hang hoch und ich den anderen. Man befand sich hier wirklich in der absoluten Abgeschiedenheit. Nur unten an der Bahn gab es ein kleines Bahnwärterhaus, das tatsächlich noch bewohnt schien und dessen kleiner Garten bewirtschaftet war. Irgendwann war es dann so weit, und die Wolkengrenze war erreicht, das Sonnenlicht brach hervor!
Rumänische Goldfelder in Bestform - bei Movileni.
Dieser Moment war zum Glück noch zeitig genug vor dem Zug gekommen. Man konnte nun entspannt warten auf das, was da kommen mochte, und die geniale Aussicht genießen. R 14817 ließ dann auch noch etwas auf sich warten, aber paar Minuten nach der errechneten Planzeit war in der Ferne ein Pfiff zu hören. Und zu unserer Freude tauchte eine Caravelle in der cremeroten Ursprungsfarbgebung auf. Dieser rote Farbklecks war nun genau das, was wir hier brauchten!
R 14817 rollt gemächlich durch die einsame, goldene Hügellandschaft.
Der Ausblick vom Tunnel in Richtung Norden war auch nicht schlecht. Aber länger wollten wir uns hier nicht aufhalten. Bis zum nächsten Zug, einem Südfahrer um die Mittagszeit, wollten wir einen großen Sprung an dieser langen Nebenbahn gen Norden gemacht haben.
Ein Entlüftungsbauwerk für den kleinen Scheiteltunnel bei Movileni.
Es ging zunächst nach Larga-Jijia, das wir ja noch von gestern kannten. Um bahnparallel nordwärts zu gelangen, konnten wir allerdings nicht den Weg von gestern westlich des Sees nehmen, sondern mussten über einen Dammweg die Flussebene der Jijia queren. Das war ein übler Erdweg, bei dessen Bodenwellen man sich in unserem Duster vorkam wie eine Nussschale im Seegang. An einer Stelle kam uns in gestrecktem Galopp ein Zweispänner entgegen. Das sah so dynamisch aus, dass wir dem direkt Platz gemacht haben. Dem Zweispänner folgte dann noch ein Fohlen in gestrecktem Galopp. Überhaupt fanden wir, dass hier im Nordosten noch sehr viele Pferdegespanne unterwegs waren.
Die Straße am Ostufer der Jijia war dann aber perfekt befahrbar. Wir gelangten zügig nach Vlădeni, wo eine lange Reihe Getreidelaster darauf wartete, ihre Ladung in die auch hier bereit stehenden blauen Getreidewagen zu kippen. Weiter ging es auf der guten Straße bis Șipote. Hier mussten wir uns aber leider von der Qualitätsstraße verabschieden, denn es sollte ja bahnparallel weitergehen. An einem riesigen, staubigen Zigeunermarkt bogen wir auf eine Schotterpiste ab und gelangten über Iazu Nou und einen Hügelrücken zurück ins Jijia Tal.
Dem und der darin laufenden Bahn folgten wir jetzt nordwestwärts. Mit dem interessanten Südteil der Bahn war dieser Abschnitt nicht mehr vergleichbar, obwohl man sicherlich fast überall von den Hängen im Westen freie Ausblicke auf die Bahn haben dürfte. Unsere Straße war jetzt zwar asphaltiert, aber mit vielen richtig fiesen großen und scharfkantigen Schlaglöchern gespickt. Da war das Fahren viel anstrengender als auf guter Schotterpiste. Über Rediu, Răuseni gelangten wir nach Hlipiceni. Hier warteten wir den südfahrenden R 14818 ab.
R 14818 kommt wieder als Doppelgespann und fährt in den Bahnhof Hlipiceni ein.
Weiter ging es auf der Schlaglochpiste. Mal auf der einen Seite der Bahn, mal auf der anderen. Wie häufig mochten sich hier Fremde hin verirren? In einem Magazin Mixt, den wir in einem der Dörfer ansteuerten, hätte man die Ausländer sichtlich gern gefragt, was sie hierher geführt hat. Aber sprachlich war eine Verständigung leider nicht drin.
Für den nächsten Zug von Norden hatten wir einen Viadukt nordwestlich von Dângeni angepeilt, den wir auf dem Luftbild ausgemacht hatten. Bis Dângeni war es jetzt wieder ein größerer Sprung. Bislang hatten wir zu unserer Verwunderung an keinem einzigen Bahnhof Signale gesehen - auch an Kreuzungsbahnhöfen nicht! Offenbar kennt man in Rumänien auch sowas wie Zugleitbetrieb? In Dângeni sah man allerdings schon von weitem Formsignale stehen. Aus Richtung Nordwesten standen sogar zwei Esigs nebeneinander! Bei näherem Hinsehen war aber klar, dass kein einziges dieser Signale noch bedient wird.
Und nach Norden hin zweigte hier eine Strecke ab, die auf unserer OSMAND Karte gar nicht verzeichnet war. Es handelt sich um die Strecke nach Săveni, die genau zwei Jahre von 1991 bis 1993 in Betrieb war, bevor sie wegen diverser Erdrutsche wieder stillgelegt wurde. Hinter Săveni ist die Strecke nie über den Bauzustand hinaus gekommen. Wir suchten nun einen Punkt mit Blick auf den gewünschten Viadukt auf. Leider war der Himmel binnen einer halben Stunde fast komplett mit Wolken zugequollen. Das war so nicht geplant gewesen. Leider ging der Zug nicht mit Sonne - das Motiv mit dem Viadukt wäre nett gewesen, auch wenn wir uns das ursprünglich anders vorgestellt hatten...
Entgegen unserer ursprünglichen Annahme kommt der Zug nicht über den Viadukt gerollt, sondern davor entlang gefahren. Das wäre alles kein Problem gewesen, wenn zum R 14820 die Sonne geschienen hätte...
Tja, der Viadukt gehörte leider zu eben jener Zweigstrecke, die offensichtlich nicht mehr befahren werden konnte, auch wenn das wirklich grün leuchtende Vorsignal etwas anderes suggerierte. Weiter oben in den Bergen muss es im Zuge dieser "zweijährigen" Strecke einen noch deutlich größeren Viadukt geben.
Wir fuhren weiter. Der nächste Plan war eigentlich, nochmal den Malaxa nach Dornești zu fotografieren - diesmal natürlich die Nachmittagsleistung. Und als Etappenziel hatten wir Vatra Dornei angepeilt. Was die nächsten Fotoambitionen anging, so hatten wir allerdings unsere Zweifel, dass wir wolkentechnisch überhaupt noch was werden würden. Es war in einer Zone exakt zwischen dem heutigen Ziel Vatra Dornei und der moldawischen Grenze komplett zugezogen! Und das am ersten der als komplett sonnig angekündigten Tage! Na, wenn das so weiter geht...
Weniger wegen der vollständigen Erkundung der Bahnstrecke bis Dorohoi als der Unlust, durch die Städte Botoșani und Suceava hindurch zu müssen, beschlossen wir, der Bahn auf weißen und gelben Straßen zu folgen (Risiko!) und dann die nördliche Route über Siret zu nehmen. Bis zum Dorf Durnești klappte das dann auch sehr gut - sogar ohne Schlaglöcher! Doch von dort bis zum nächsten Dorf Mândrești wurde die Straße zur üblen Ackerpiste. Hier dürfte übrigens der schönste Abschnitt des nördlichen Streckenteils liegen; der Fluss durchbricht hier einige sandige Anhöhen, auf denen man gut stehen kann, und die ganze Gegend inklusive Bahnkörper ist von den Weidetieren der Umgebung absolut kahl geknabbert worden. Die ganze Gegend sieht aus wie von englischem Rasen überzogen.
Den Abschnitt mit der Ackerpiste (die zur Motiverreichung sicher noch verwendet werden kann) konnten wir zum Glück leicht umfahren. Die Wolkenpanzer am Himmel machten nichtmal Lust, auf den nächsten Nordfahrer in zwanzig Minuten zu warten. Und so gelangten wir zügig über Dorohoi und Siret in unser altes Einsatzgebiet bei Dornești. Mit paar Schleckereien aus dem Supermarkt stellten wir uns in Tibeni ins Motiv. Weniger, weil wir uns ernsthafte Sonnenchancen errechneten, sondern mehr, um einfach mal Pause zu machen. Natürlich ging der Bummelzug bei Wolke.
In Dornești war man übrigens ordentlich am rangieren. Eine normalspurige 60 bespannte einen Güterzug südwärts und im Industriegebiet waren zwei Breitspurkutter von GFR und Unicom Tranzit am rangieren. Da wir jedoch noch bischen was vor hatten und eh kein Wetter war, ließen wir das an uns abprallen und nahmen nun die direkte Straße mitten durch die Berge nach Campulung und dann die E58 weiter nach Vatra Dornei. Die Gebirgsquerungen auf leerer Straße waren nochmal ein schöner Tageshöhepunkt, zumal man sich bei diesen Straßen sicher sein konnte, dass sie nicht plötzlich im Karpatenwald verenden. Nur Bären haben wir trotz angestrengter Ausschau keine gesehen.
Die westliche Wolkengrenze war noch immer in Vatra Dornei. Kurz vor Untergang kam die Sonne nochmal kurz hervor und blendete uns, als wir gerade das Hotel ausfindig machen mussten. Da wir keinen Appetit auf ungekühltes Bier zum Abendessen hatten, war die kommende Nacht woanders als neulich gebucht, und zwar im Hotel Belvedere mitten in der Stadt. Das war auch sehr schön. Wir erhielten ein geräumiges Zimmer unterm Dach und konnten uns dann ein leckeres Essen mit gekühltem Bier im Hotelrestaurant schmecken lassen.
Anschließend drehte ich noch ne Runde durch die Nachbarschaft. Kalt war es geworden, und zwar schon den ganzen Nachmittag unter den Wolken. Hier oben in den Bergen herrschte allerdings eine herrlich würzige und klare Luft.
Die Wettervorhersagen hielten nach wie vor an topp Wetter für heute fest. Der Plan war, erst hier in der Umgebung von Vatra Dornei die wenigen Züge des Vormittags aufzunehmen und dann quasi mit dem IR nach Timi westwärts zu fahren. Gegen Abend war unser Fixpunkt eine planmäßige Ferkel Leistung von Dej nach Jibou. Mal sehen...
Wir hatten uns darauf geeinigt, den 8.30 Bummelzug vorm Frühstück irgendwo zu nehmen, wo Licht wäre. Vermutlich musste das auf den Bahnhof Argestru hinauslaufen. Während des Aufstehvorgangs zog draußen allerdings Nebel auf. Dachte ich, dass ich Yannick mit der Mitteilung beglücken könnte, dass wir erst zum Frühstück gehen können, sah ich mich getäuscht. Er meinte, der Nebel könne sich ja auflösen. Mein Gedanke war auch mehr, dass man für den Zug eh noch kein vernünftiges ausgeleuchtetes Motiv haben würde.
Aber gut, wir fuhren los. Natürlich erst, als Yannick die Windschutzscheibe mit seiner Krankenkassenkarte freigekratzt hatte. Ja, dieses Jahr begann für uns die Eiskratzsaison in Vatra Dornei, Rumänien. Als wir einen Kilometer gefahren waren, hörte der Nebel auf. Das hatte ja schon mal was. Natürlich bekam ich das von Yannick jetzt nicht nur einmal aufs Brot geschmiert, dass ich ja gar nicht hätte fahren wollen.
Aber noch hatten wir kein Foto! Erwartungsgemäß lief es auf den Bf Argestru hinaus. Die Bergkulisse im Hintergrund war sogar ganz schön. Und man hatte einen netten Blick auf den Bahnhof vom oberen Teil eines kleinen Holzumschlagplatzes. Doch da hatten wir die Rechnung ohne die Arbeiter dort gemacht. Natürlich kapierten die überhaupt nicht, was wir da wollten und dass es uns mitnichten um ihren Platz ginge. Der Wortführer meinte, er müsse Cheffe anrufen. Gesagt, getan, und Yannick, der etwas vorgelaufen war, das Handy in die Hand gedrückt. Der Chef sprach wohl englisch, kapierte unser Anliegen aber trotzdem nicht. Nein, fotografieren ginge ja nun gar nicht. Leider vergaß Yannick, ihn darauf hinzuweisen, dass der große Führer seit 28 Jahren tot ist und fotografieren anno 2017 nicht mehr zwangsläufig als Spionage gilt... Na ja, wir liefen dann aber von den Arbeitern unbemerkt auf den unteren Teil des Platzes, wo wir unserem Teufelswerk auch noch mehr schlecht als recht frönen konnten.
Das Gleis war gerade von der Sonne freigegeben worden, als R 5701 den Bahnhof Argestru verließ. Der Blick von oben wäre schöner gewesen...
Die Tankanzeige war eben auf der Hinfahrt von drei Balken auf Reservealarm gesprungen (vielleicht ein kleiner Kälteschock?), so dass wir erstmal Diesel fassten und dann ins Hotel fuhren. Beim Frühstück traute ich mich dann auch mal, Marmeladenbrot und Spiegelei zu bestellen. Und - von Bestürzung ob meiner Gier konnte ich im Gesicht der Kellnerin dann auch nichts feststellen.
Für den IR waren wir zwar noch eine Stunde zu früh, und im Bahnhof hatte sich Gz technisch auch etwas verändert, denn ein gemischter Zug stand jetzt drin, Ellok war ab und der Kutter, der vorhin hier stand, war gar nicht zu sehen. Aber wir entschieden uns dennoch, in unser Motiv zwischen Iacobeni und Argestru zu fahren. Vielleicht käme ja noch ein Güterzug durch.
Wir konnten direkt an einem Parkplatz an der E58 halten und über die Leitplanke auf eine Wiese hinab laufen. Der Abschnitt war schon gut ausgeleuchtet und landschaftlich wirklich klasse und typisch. Wir wurden auf der Wiese auch sogleich vom Besitzer begrüßt, der zum weiter unten gelegenen Brunnen musste. Sprachliche Übereinstimmung war zwar gleich null, aber er verstand, dass wir jetzt eine Stunde auf einen Zug warten wollten und hatte kein Problem damit. Wir verstanden hingegen sein Problem, dass seine Wiese im Bereich einer jetzt trockenen Bachrinne übersät war von Müll, den das Wasser wohl vom Parkplatz oben auf seine Wiese schwemmte. Zur weiteren Unterhaltung schickte er uns allerdings seine zwei Damen, wobei die auch ganz schön einsilbig waren und uns die ganze Zeit nur blöde anglotzten.
Fortan mussten wir uns die Wiese mit zwei Jungkühen teilen. Ich fand, die beiden sahen ungewöhnlich sauber und gepflegt aus...
So standen wir also da und warteten. Ein Güterzug kam leider nicht. Nichtmal eine Lok oder ein Skl. Aber der IR 1833 entschädigte dann sehr schön für die Wartezeit. Es war zwar eine völlig "banale" Garnitur, aber hier, im Lande der bunten Züge, ist eben auch das was besonderes.
Durch die typische Landschaft eines Karpatentals mit seinen kurzgeknabberten Weiden rollt IR 1833 zwischen Iacobeni und Argestru abwärts. Der Zug fährt von Iași nach Timișoara und nimmt dabei ab Cluj die Dieselroute via Oradea. Wir werden dem Zug in paar Tagen nochmal begegnen.
Der Plan war nun eine Verfolgung des Zuges. Also nicht im klassischen Sinne, aber nach anderthalb Fahrstunden (Auto gemäß Navi) bzw zweieinhalb Stunden (Zug gemäß Fahrplan) wollten wir den Zug nochmal bei den erkundschafteten Motiven bei Rebrișoara nehmen. Die Umsetzung dieses Konzeptes ging allerdings ziemlich schleppend los, denn wir hatten hinter Vatra Dornei sechs Bahnübergänge vor uns, und an allen sechsen mussten wir ungelogen den IR vorlassen! So langsam war der Zug! Denn wir mussten ja erstmal hinter jedem BÜ langsam im Tross der LKWs beschleunigen. Allerdings hatte der IR in diesem Bereich inkl Bf Vatra Dornei auch drei Halte.
Durch das Gebirge ging es nun zügiger - vor allem, um westwärts voran zu kommen. Die E58 ist hier topp ausgebaut, bergauf zumeist mit Doppelspur. Die Fahrt über den Tihuța Pass war wieder mal wunderschön. Da oben gibt es auch ein Hotel "Schloss Dracula". Willkommen in Transsilvanien! Im Norden dieser historischen Region, die natürlich auch als "Siebenbürgen" bekannt ist, werden wir uns heute bis gegen Tagesende aufhalten. Im Einzugsbereich von Bistrica wurde der Verkehr deutlich mühsamer. Ein Ort reiht sich an den anderen, und OSMAND verschob unsere Ankunftszeit immer weiter nach hinten. Und wir hatten ein Alternativprogramm gefunden. Von Bistrița bindet eine Nebenbahn eben diese ganze Reihe von Orten an die große weite Schienenwelt an. Und wir dachten, dass da auch welche von den frisch importierten 628ern fahren könnten. Den IR gaben wir endgültig auf und schauten mal im Bahnhof Susenii Bârgăului vorbei. Die Zufahrt war gerade Großbaustelle, aber zu Fuß kam man rein. Und siehe da...
Der Bahnhof Susenii Bârgăului scheint einen kleinen Betriebsmittelpunkt der Strecke darzustellen. Das EVU Interregional Calatori IRC betreibt hier eine kleine Freiluftwerkstatt. Auf einer Grube verweilte dann auch gerade der 628 463.
Nun stand in Kürze ein Zug in Richtung Endbahnhof Bistrița Bârgăului an. Die Bahn führte bald in ein kleines Seitental, das allerdings auch komplett zersiedelt war. Wir klapperten verschiedene Bahnübergänge ab und hatten letztendlich einige recht nette Stellen bei Bistrița Bârgăului Sat und zwischen Bistrița Bârgăului Halta und dem gleichnamigen (!) Endbahnhof gefunden, die wir mit dem R 15822 umsetzen konnten. Es kam zwar eine Caravelle, aber ich finde die schön urig, und sie gehören ja mittlerweile zu Rumänien. Nach Fotos im Endbahnhof verfolgten wir nochmal die Rückfahrt R 15823, den wir an der Flussbrücke am Halt Prundu Bârgăului und zwischen Josenii Bârgăului und Rusu Bârgăului nahmen.
IRC R 15822 kurz vor dem Endbahnhof. Die Bergspitze rechts mit dem Funkturm (schon halb in den Zweigen) ist der Heniu Mare (1610m).
...und im Endbahnhof Bistrița Bârgăului.
Angesichts dieser Ortsnamen konnte man denken, dass man sich wohl im Bârgăutal befand. Das stimmte aber nicht, es war das Bistrițatal. Und ich bin ja eh der Meinung, dass rumänische Ortsnamen alle gleich klingen bzw immer wieder aus gleichen Komponenten zusammengewürfelt werden. Diese Bahn von Bistrița (Stadt) durchs Bistrițatal nach Bistrița (30km entferntes Dorf) bestärkte mich jedenfalls in diesem Gedanken. "Bârgăului" steht für "im Bârgăugebirge". So nennt sich dieser Teil der Karpaten.
Zurück geht es als R 15823. Unmittelbar hinter der Halta Prundu Bârgăului wird ein Flüsschen gequert, dessen Namen ich weder auf OSM, noch auf Google gefunden habe.
Zwischen Josenii Bârgăului und Rusu Bârgăului beobachten wir R 15823 von Bistrița nach Bistrița ein letztes Mal. Die Bergspitze des Heniu Mare verbirgt sich ein wenig hinter der Bergflanke davor, hinter der nur der Funkturm erkennbar ist.
Als wir genug von der Caravelle hatten, streiften wir kurz Bistrița (Stadt). Das reichte uns dann auch an Verkehr. Besonders an den ganzen unbeschrankten Bahnübergängen bildeten sich lange Staus, weil die Autofahrer die am Warnkreuz angebrachten Stoppschilder extrem ernst nehmen. Jedes Auto hält an, der Fahrer legt eine Gedenksekunde ein, in der er fieberhaft den Hals nach rechts und links verrenkt, bevor er weiter fährt. Was das für eine Hauptverkehrsstraße bedeutet, kann man sich ja denken.
Wir wählten die Route über Năsăud, Salva, Beclean nach Dej. Zumindest ab Salva war mal wieder ganz angenehmes Fahren auf leerer Straße. Bei der Wiedereinmündung in die E58 gab es eine übertrieben lange einspurige Verkehrsführung wegen Asphaltierung. Zum Glück war gerade unsere Fahrtrichtung an der Reihe, so dass wir da von der Nebenstraße einfädeln konnten. In der Gegenrichtung war der Stau mindestens zwei Kilometer lang. Durch Dej ging es dann etwas zäh, aber wir erreichten den Bahnhof immerhin doch noch 50 Min vor planmäßiger Abfahrt des Zuges, von dem wir uns eine Ferkelleistung erhofften. Im Bahnhof stand allerdings noch nichts.
Um nicht am Stau zu scheitern, fuhren wir voraus auf Strecke. Kurz vor Câțcău entdeckten wir einen Güterzug vor uns, den wir sogar zwischen Câțcău und Căpâlna pe Someș an einer ganz vernünftigen Stelle umsetzen konnten.
Der Güterzug von Unicom Tranzit mit der 60 0003 davor verlässt gerade den Landkreis Cluj und befindet sich dann im Județul Sălaj, dessen Hauptort Zalau ist.
Dann stellten wir uns in Câțcău am Hp hin, betrieben etwas gärtnerische Arbeit und hofften, dass R 4423 tatsächlich aus einem Ferkel besteht. Und obwohl der erste Tröt in der Ferne irgendwie anders klang, kam ein zweiteiliges Ferkelchen. Weitere Bilder gab es trotz teils extrem vollen Straßen und lahmarschiger Fahrweise einiger Verkehrshindernisse im Bf Gâlgău, zwischen Răstoci und Letca sowie im Bf Surduc Sălaj. Der Cheffe im letztgenannten Bahnhof rief irgendwas rüber, wollte wohl nur wissen, was wir vor haben. Als wir zurück riefen, dass wir Deutsche seien, war für ihn alles ok.
Eine der wenigen verbliebenen Ost-Schienenbus Umläufe umfasst eine extrem frühmorgendliche Fahrt Jibou - Dej und dann dessen Rückfahrt am Nachmittag als R 4423. Den erwarten wir in Câțcău.
Weitere Bilder gab es im Bf Gâlgău,...
...zwischen Răstoci und Letca mit der Kirche von Cormeniș, Sfinții Apostoli Petru și Pavel,...
...und im Bf Surduc Sălaj.
Das sollte es für heute gewesen sein. Es war jetzt 18.30. Aufgrund der Planungen für morgen sollte es jetzt noch ganz bis Satu Mare gehen. Damit ist jetzt nicht das Dorf in der Bucovina mit den leckeren Salami aus dem Magazin Mixt gemeint, sondern die richtige Stadt dieses Namens am Nordende der "Westlichen Ebene". Wir machten über booking alles klar und fuhren los. Erst Jibou (tolles EG!), dann weiter auf Zalau. Allerdings erlitt unsere Fahrt am Bahnhof Mirșid bereits wieder eine Unterbrechung. Der Güterzug von vorhin stand hier zur Kreuzung. Da mussten wir ja doch nochmal tätig werden. Wirklich im Licht der untergehenden Sonne gab es die allerallerletzten Bilder vom Gz, der hier mit R 4455 kreuzte. Letzterer bestand nicht wie erwartet aus einem Desiro, sondern aus einer 60 mit zwei Wagen.
Da haben wir die 60 0003 wieder. Sie wartet in Mirșid auf Kreuzung.
Die Fahrt nach Satu Mare war eine Fahrt in die Dunkelheit hinein. Zum Glück waren die Straßen jetzt leer und gut zu befahren. In Zalau stand eine Rangierabteilung im Nordbahnhof und in Borla kam uns ein Kesselwagenzug mit grünem Kutter entgegen. Um 20.30 trafen wir vor den Hotels ein. Links das Aurora im sozialistischen Stil, rechts das sehr finster daliegende Astoria aus einer Zeit davor. Das hatten wir für 19 Euro pP gebucht. Die Rezeptionistin in ihrer dicken Daunenweste in Warnfarbe vermittelte dann auch nicht unbedingt das Flair eines gediegenen Luxushotels aus der K&K Zeit. Dass wir erst irrtümlich in ein Doppelzimmer geschickt wurden und dass dann ein Satz Handtücher fehlte, konnte diesen Eindruck auch nicht vermitteln. Aber das Mobiliar... Das konnte eigentlich nur original sein. Hmm, aber kannte man damals schon Plastik?...
Unser Zimmer...
...im Hotel Astoria zu Satu Mare.
Und das WLAN System dürfte auch noch aus den Gründertagen dieses Hauses gewesen sein. Zwar volle Ausleuchtung, aber null Datenaustausch. Zum Glück wehte von irgendwo draußen ein sehr gutes offenes WLAN ins Zimmer, so dass wir hatten, was wir brauchten. Das versprochene Hotelrestaurant war geschlossen, aber man verwies uns an den Chinesen nebenan, wo wir als einzige Gäste des Abends im Gewölbe unterm Hotel Hühnchengerichte aßen. Da wir den ganzen Tag nichts gegessen hatten, waren wir dankbar über die großen Portionen.
Die Ferkelei ging weiter. Heute wollten wir uns gern um den Ferkelumlauf von Satu Mare nach Baia Mare kümmern. R 4313 würde sich sogleich nach Sonnenaufgang auf den Weg machen. Den guten Illy Latte Macchiato hatten wir schon an Bord. Von einer Tanke gab es dann noch paar belegte Brote, deren Belag ich allerdings sehr balkanisch säuerlich fand. Hinter Odureu konnten wir das Schauspiel der über den Zacken der westlichsten Karpaten aufgehenden Sonne miterleben.
Nein, wir sind nicht mehr in den Karpaten. Man kann sie von hier aber noch sehr gut sehen! Sonnenaufgang über den Munții Maramureșului.
Dann wurde es auch bald Zeit für die Ferkeltaxe. Ok, die Strecke ist jetzt nicht die motivreichste, und problematisch war auch der tendenziell vielerorts sehr spitze Lichtstand. Aber wir konnten einige Aufnahmen machen: Vor Odureu mit einem Speicher in der Ferne, zwischen Apa und Seini an einem BÜ, am Hp Ilba von einer Förderband Brücke hinunter und nochmal zwischen Bușag und Baia Mare in einem Gebüschtunnel. Auf die Förderband Brücke in Ilba hätten wir uns normal gar nicht drauf getraut, zumal unten in der Kiesverladung gearbeitet wurde. Aber diese Brücke war ewig lang und querte auch noch den Fluss mittels einer großen Hängebrückenkonstruktion und wurde trotz steiler Metalltreppe aufwärts mangels alternativer Flussquerungen in der Umgebung auch von einem älteren, hutzelig vermummten Ehepaar als Fußweg genutzt. Neben dem Förderband war ein hinreichend breiter Fußweg mit Geländer. Es hat dann auch niemand Anstoß an uns genommen.
Die Ferkelei geht weiter! Der andere zuverlässige Umlauf ist einmal Satu Mare - Baia Mare und zurück. R 4313 nähert sich im goldenen Morgenlicht Odureu.
Ein kleiner BÜ zwischen Apa und Seini.
Blick von der langen Förderband Brücke, die auch von Einheimischen als Flussquerung genutzt wird, auf den Hp Ilba.
"Typisch rumänisch" ist das Zugprofil südlich des Flughafens Baia Mare in die Büsche gefräst worden. R 4313 nähert sich in der Ferne.
Nächster Programmpunkt war der R 4090, der hier eine Nachtzug Kurswagengruppe mitbringt. Leider kam der Zug überall ziemlich aus dem Licht. Lediglich in der Einfahrt Satu Mare rechneten wir uns gute Beleuchtung aus. Da man auf dieser Strecke den Zügen locker hinterher kommt, warteten wir allerdings bei Săbișa auf den R 4090. Das erwies sich auch als ganz gut so, denn so mussten wir nicht erst nach Satu Mare fahren, um festzustellen, dass der Zug gar nicht fuhr. Wir stellten uns jetzt wirklich die Frage, nach welcher Willkür das denn nun wieder ausgewürfelt wurde. Zwar hatte der Zug diese komische inchiderilor Fußnote, dass er bei Streckensperrung nicht führe, aber die Fußnote hatten andere Züge auch, die für heute im Auskunftssystem aktiviert waren. So z.B. die einzige andere Bewegung auf dieser Schiene, die uns nun beschäftigen konnte, der R 4315 von Satu Mare ab 11.24. Und der Gegenzug mit den Nachtzug Kurswagen sollte heute auch fahren!
Dem R 4315 fuhren wir wieder ein Stück entgegen und erwarteten ihn in Medieșu Aurit. Wir hatten keine Ahnung, was da käme. Vielleicht ein modernisierter 614? Oder mussten wir mit einem Desiro rechnen? Fünf Minuten vor Abfahrtszeit schlenderten wir zur Schranke. Ups! Im Bahnhof hatte sich etwas getan! Da stand eine 60. Erst dachten wir Lz, aber da hing noch was Kurzes hinten dran. R 4315 bestand aus Lok und einem einzelnen Wagen. Wir bekamen den Zug dann nochmal im Bf Seini, wo er mir am besten gefiel, und bei der Ausfahrt aus dem Hp Cicârlău.
Die 60 0544 dürfte nicht viel Mühe gehabt haben, ihren R 4315 aus dem Bahnhof Medieșu Aurit zu beschleunigen.
Derselbe Zug nochmal im Bf Seini.
Nun wurde es Zeit für die zurückkehrende Ferkeltaxe. Das wurde nun ziemlich unerfreulich, denn die Sonne war an beiden angedachten Motiven noch nicht weit genug rum, als dass die Front eine vernünftige Ausleuchtung bekäme. (Nachtrag: Na ja, auf den Bildern wirkt es dann doch besser als erst gedacht; die gewölbte Front der Taxe bekommt ja auch schon bei 90° Winkel der Sonne bischen Licht auf die Brust). Den R 4314 gab es bei Ilba und im Bf Apa.
Das Ferkel-Gespann kommt als R 4314 aus Baia Mare zurück. Nur hier bei Ilba und...
...im Bf Apa dreht die Strecke so weit nach Westen, dass man mal eine Ahnung von Licht auf der Front haben kann.
Schade, das hatten wir uns etwas günstiger vorgestellt. Mit einem informellen Blick von der Straßenbrücke über den Bahnhof Satu Mare fuhren wir westwärts. Uns stand jetzt der Sinn auf bischen was Lokbespanntem. Oder jedenfalls reichte es uns einstweilen mit den Ferkeln. Als erstes stellten wir uns einfach mal für eine halbe Stunde am Bf General Abramovitsch zur Pause ab. Der Bahnhof samt der kleinen Siedlung inmitten der weiten, flachen Pläne heißt in Wirklichkeit "General Gh. Avramescu", aber den Namen konnten wir uns nie merken, weshalb wir dem General immer wieder andere Nachnamen gaben. Der erhoffte Güterzug, mit dem wir natürlich fest gerechnet hatten, kam allerdings nicht. Noch deutlich vor dem angestrebten Zug wechselten wir nach Domănești, wo wir die Siesta im Motiv fortsetzten und dann den R 6823 nach Debrecen fotografierten.
Der internationale R 6823 fährt in den Hp Domănești ein. Offenbar fehlt heute ein Wagen.
Da uns für den nachfolgenden Zug R 4336, bei dem wir mal wieder mit einem Triebwagen rechneten, nichts weiter einfiel und der Sonnenstand nur entlang einer bestimmten Achse gut war, setzten wir einfach mal die Siesta fort und nahmen den dann auftauchenden ex deutschen 614 in etwas veränderter Perspektive.
Und nun fährt R 4336 nach Domănești ein. Der umgebaute 614 war nun nicht die ganz große Überraschung.
Eigentlich war nun angedacht, den Nachtzug von Satu Mare in Richtung Oradea - Bukarest hier irgendwo mitzunehmen. Leider erst jetzt checkten wir mal genauer die Sonnenstände und stellten fest, dass der praktisch überall arg spitzes Licht haben würde. Also nicht der Idealfall für eine seitliche Aufnahme der besonderen Wagen. Die Alternatividee zum Nachtzug war ein Bummelzug, der in einer Stunde von Halmeu in Richtung Satu Mare fahren sollte. Die Leistung konnte unseren Infos zufolge sowohl ein Ferkel als auch was Lokbespanntes sein.
Dank Wochenendes kamen wir erstaunlich gut und zügig durch Satu Mare auf die andere Seite der Stadt. Dort steuerten wir zunächst nördlich des Gleisdreiecks, an dem es Richtung Baia Mare abgeht, den Haltepunkt Ram Botiz an und schauten dann nochmal weiter nach Micula, wo wir den R 4410 erwarteten. Und es kaaaaaam? Eine 82 mit zwei Wagen. Das hatten wir diesen Urlaub ja auch noch nicht und wurde dankend angenommen.
Bei der Ausfahrt aus dem Bf Micula nördlich von Satu Mare konnten wir dann noch R 4410 mitnehmen.
Nach Zugdurchfahrt kam dann doch mal der Weichenwärter, mit dem wir vorher nur einen Gruß ausgetauscht hatten, zu uns rüber und fragte nett nach unserem Tun. Wie rund 23,5 Stunden zuvor beim Fdl Surduc Sălaj war ihm die Aussage, dass wir Deutsche seien und Züge fotografieren, vollends genug. Mittlerweile war es schon wieder 17.40. Die Sonne sank und im Westen hatte sich ohnehin schon wieder Abendschlonz gebildet, so dass wir noch paar Minuten auf den berühmten "Güterzug im Blockabstand" warteten und dann die Gelegenheit nutzten, mal wieder etwas früher im Hotel zu sein. Es musste ja auch noch ein Restaurant gesucht werden, denn dieser komische Kellerchinese musste nicht nochmal sein.
Natürlich sind wir dann doch NICHT direkt nach Satu Mare gefahren. Wir mussten ja unbedingt an der Abzweigstelle Ram Botiz nochmal vorbei schauen, wie dort die Morgenperspektive aussieht. Und da war dann das Signal in Richtung Norden gezogen! Brachte uns natürlich fotografisch genau gar nichts, aber man war ja neugierig, was da wohl kommen mochte und musste "zur Strafe" zwanzig Minuten bis zum nächsten Bummelzug gen Norden warten. Na ja, dann wussten wir jetzt immerhin, dass der aus einer 60 und vier nahezu leeren Wagen bestand.
Diesmal parkten wir auf der Rückseite des Hotels, geradewegs vor einer Überwachungskamera. Das sollte sicher sein. Zur Restaurantsuche schlenderten wir gemütlich einmal um den Parcul Central herum und dann in die Strada Horea hinein. Wir fanden ein großes Schnellrestaurant mit Dönergerichten u.a., zwei Pizzarien und einen Iren. Letzteres hatten wir ja schon. Deshalb nahmen wir den letzten freien Tisch in der Pizzaria Napoletana in der Strada Horea in Beschlag. Die Pizza war wunderbar. Wir konnten uns nur mit viel Mühe und je einem extrem gehaltvollen Tiramisu davon abhalten, dasselbe nochmal zu bestellen. Auf unsere Frage nach rumänischem Bier erhielten wir 1717 Weißbier aus der Red City Brauerei in Sibiu. Hmm, Weißbier hatten wir jetzt zwar nicht erwartet, aber ich mag es gern und das 1717 schmeckte auch nicht verkehrt.
Ein Zug, den wir gern hier noch fotografieren wollten und der deshalb gewissermaßen Fixpunkt des heutigen Vormittags sein sollte, wäre der Nachtzug aus Bukarest so gegen 10 in General Jankowitsch (Name von der Redaktion geändert). Einzige vorherige Beschäftigungsmöglichkeit wäre der Früh Bummelzug nach Halmeu hoch. Wobei der auf dem Stück nördlich von Satu Mare 20 Min nach Sonnenaufgang käme. Oder man hätte mal ganz nach Halmeu fahren müssen. Ob sich das nun alles lohnt? Wir stellten auf Suncalc fest, dass der Zug bei Halmeu gar kein Frontlicht mehr bekäme. Ok, Thema durch. Vielleicht einfach vor dem Nachtzug die ungarische Brotbüchse im Bf Carei fotografieren? Auf Strecke bekämen wir sie nicht, verlässt sie doch den Bf Carei - nein, nicht im Anschluss an den IR, sondern wenige Minuten vor Ankunft des Bukaresters. Oh Mann, wer denkt sich sowas aus? Na ja, ein Anschluss weniger, der in die Binsen gehen kann...
So, jetzt weiß ich mehr. Die einzige Betätigung vor dem Nacht IR war das Frühstücksbuffet. Ja, Buffet! Ab 8 sollte Frühstück sein. Natürlich verstießen wir mal wieder gegen die rumänische Höflichkeitsregel, lieber erst ne Viertelstunde später aufzuschlagen. Der Erfolg der Sache war, dass wir ab ca 8.05 der Aufwärterin beim Aufbau des Buffets zuschauen konnten, was von ihr mit einem nicht unbedingt erfreuten Blick quittiert wurde. Aber das Buffet war wirklich gut! Ich empfand das hierzulande wirklich mal als Wohltat, sich den Kaffee selbst portionieren zu können. Und alles andere natürlich auch :-)
Der Nachtzug hatte heute nur rund 35 Min Verspätung. Deshalb fuhren wir direkt ins Motiv, wo wir eine halbe Stunde vor dem Zug ankamen. Aus dem Bahnhof General Ivankowitsch (Ähnlichkeit mit echten Ortsnachnamen wäre ein dummer Zufall) hat man schon mehrere und wirklich schöne Fotos vom Nachtzug gesehen. Uns ging es aber vielmehr um den Blick von der nahe gelegenen Straßenbrücke zwischen den Haltas Domănești und Moftin. Hier trafen zwei in dieser Gegend einzigartige Dinge zusammen: Eine Straßenbrücke und ein See, der Lacul Moftinu. Und den einen konnte man von der anderen mit Zug davor aufnehmen! Das klappte mit dem IR 1741 dann auch wunderbar wunschgemäß!
Da verzichtet man doch gern auf das Rahmenprogramm in Form von stündlichen VTs o.ä., wenn die einzige Bewegung des Vormittags auf diesem Gleis so ein fotogener Zug ist! IR 1741 ist um 18.35 in București gestartet und wird gegen 10.45 sein Ziel Satu Mare erreichen.
Da die nächsten Stunden hier oben wieder eine einzige Zugpause dargestellt hätten, wollten wir uns mal südwärts wenden. Der Plan war, uns die Pendelzug Garnitur Zalau - Jibou anzuschauen. Wenn da wie vorgestern ein Lok bespannter Desiro Ersatzpark führe, könnten wir dort etwas machen. Ansonsten war geplant, früher oder später runter an die Apuseni Eisenbahn Cluj - Oradea runterzufahren. Zwischen Aghireș und Cluj hatten wir uns bereits in einer Unterkunft eingeloggt. Bei der Fahrt nach Süden machten wir nur den klitzekleinen Fehler, die gelbe Straße vorbei am Hp Moftin und weiter über Moftinu Mare, Criseni zu fahren. Sie führte zwar wirklich durch, aber es handelte sich mal wieder um so eine richtige Kraterpiste. Erst ab Craidorolt wurde es besser. Von hier auf den wohl 15 km bis Tășnad war man fleißig am neu asphaltieren. Aber wir konnten schon - teils in einspuriger Verkehrsführung - auf der neuen Asphaltdecke reisen. Generell haben wir während unseres Urlaubs festgestellt, dass man immer wieder mal auf neuer Asphaltdecke unterwegs war. Hier tut sich mächtig was!
Das Städtchen Tășnad war schon frühzeitig zu sehen. Hier ragt ein Hügel aus der Ebene, auf dem sich von weitem sichtbar die Stadtkulisse mit einer großen Kirche erhebt. Und noch etwas "erhebendes" sahen wir. Zumindest ich glaubte bei Querung der hiesigen Bahnstrecke Zalau - Carei, ganz in der Ferne das gezogene Esig des Bahnhofs gesehen zu haben. Der kleine Schlenker zum Bahnhof war dicke drin, und so schauten wir dort mal direkt vorbei. Das Esig war tatsächlich gezogen, und die Strecke drehte im Bahnhofsbereich so weit rein, dass ein Nordfahrer hier schon Frontlicht hätte. Da wir auf unseren ersten Programmpunkt bei Jibou noch Zeit hatten, stellten wir uns einfach mal wartenderweise auf die Ladestraße. Um 11.30 kamen wir bei gezogener Einfahrt an, 12.30 setzten wir uns als Limit zur Weiterfahrt.
Das Signal muss noch vom letzten Personenzug gezogen gewesen sein. Kurz bevor unser Zeitlimit erreicht war, kam der Weichenwärter gemütlich vom EG zu seiner Bude vorbei geradelt und stellte das Esig auf Halt. Gut, dann wussten wir das jetzt auch. Ganz undankbar für diese spannende, aber doch sehr entspannte Mittagspause waren wir nicht. Über Zalau gelangten wir rechtzeitig zum nächsten Pendelzug Jibou - Zalau nach Poptelec, wo wir den R 4076 erwarteten. Nach der 2014er Tour überraschte uns an diesem Ort zum zweiten Mal ein Desiro, bloß dass es 2014 eine Ferkeltaxe hätte sein sollen und er diesmal wohl planmäßig war, wir aber auf den Ersatzpark von vorgestern gehofft hatten.
Yannick war auf einen dieser Betonmasten hochgeklettert und konnte daher schon viel früher das Elend sehen, das sich da näherte: R 4076 war ein Desiro. Wobei - den Fahrgästen ist es natürlich zu gönnen, dass sie im komplett modernisierten Bahnhof Zalau Nord auch aus einem adhäquaten Fahrzeug aussteigen dürfen.
Somit mussten wir uns hier nicht mehr groß aufhalten. Durchstarten ins Apusenigebirge war angesagt. Sehr schön zügig gelangten wir über Jibou nach Huedin, wo wir uns gar nicht groß aufhielten, sondern gleich ins Kreischtal weiterfuhren. Yannick als Beifahrer plante schon mal bischen und fand heraus, dass die Ungarn ECs alle wegen Umleitung andere Trassen und Nummern hatten. Ich bleibe jetzt einfach mal bei der Bezeichnung "EC", obwohl diese Züge in Rumänien auch als IR laufen, aber IR ist gerade auf dieser Strecke ein weiter Sammelbegriff; selbst die 628/614/Wadloper von den Privaten nennen sich jetzt "IR". Die Änderung bescherte uns direkt noch die Möglichkeit, den EC 1366 Richtung Osten im Bf Ciucea aufzunehmen. Dazu mussten wir dort im Bahnhof über die Gleise. Wir hatten etwas Sorge, weil ältere Erzählungen vom Bf Ciucea besagten, dass das Personal hier ziemlich giftig auf Fotografen reagiere. Der Weichenwärter sah uns gar wohl, beachtete uns aber nicht weiter.
Auch die internationalen Züge werden immer weniger. Da freuten wir uns, dass wir beide Züge des bei Tageslicht fotografierbaren Zugpaars heute Abend noch mitbekamen: EC 1366 verlässt den Bf Ciucea.
Es ging jetzt wirklich Schlag auf Schlag. Es galt, möglichst viele Züge beider Richtungen abzugreifen, was angesichts von Verspätungen und verlegten Kreuzungen nicht ganz einfach war. Der Gegenzug EC 1367 war nun der passende Kandidat für ein aus 2014 übrig gebliebenes Motiv mit dem recht bekannten BÜ zwischen Piatra Craiului und Lacul Crișolui bzw Negreni. Leider waren die Schatten hier schon gewaltig auf dem Vormarsch und erzählten uns, dass wir mal besser zwei Wochen früher gekommen wären.
EC 1367 begegnet uns vor Piatra Craiului.
Der dritte uns wichtige lokbespannte Zug sollte der IR 1833 von Iași sein, den wir ja schon einmal vor paar Tagen bei Iacobeni in den Karpaten fotografiert haben. Langsam wurde es schwierig, in dem engen Tal der Crișul Rapede (Schnelle Kreisch) ausgeleuchtete Stellen zu finden. Auf der Motivsuche entdeckten wir den in Poieni beginnenden R 3630, den wir eben noch am Steinbruch südl Poieni dazwischen schoben. Laut Umlauf hätte es eine 64 mit Wagen sein sollen...
R 3630 am Steinbruch bei Poieni.
Dem IR 1833 musste nun auch irgendwo noch der TFC IR 15036 entgegen kommen. Für den fiel uns nichts ein, was nicht den 1833 gefährden würde. Erst als wir den 15036 schon im Bf Ciucea stehen sahen, fiel uns ein, dass wir den ja genau dort nehmen konnten, wo er gerade stand. Bischen Frontlicht hatte er hier noch. Rund um den Bahnhof Ciucea und auch anderswo im Crișul Rapede Tal waren immer noch Überbleibsel der Unwetter vor einigen Wochen in Form von umgefallenen Bäumen und abgeknickten Leitungsmasten zu sehen.
An den TFC Umläufen hier im Kreischtal scheint sich seit 2014 nichts geändert zu haben. Als Spätnachmittagszug IR 15036 kommt wieder die einzige 614 Leistung des Tages. - Mal ganz was anderes: Erstmals auf dieser Tour waren mir bewusst die vielen überdachten Ziehbrunnen aufgefallen, die auf Privatgrundstücken stehen. Dabei handelt es sich oft um wunderhübsche kleine Pavillons. Auch der Bahnhof Ciucea hat solch ein Brunnenhäuschen, zu sehen am rechten Bildrand links neben der Bank. Gut, dass es nicht durch den Baum dahinter zerstört worden ist, der bei den Unwettern neulich offenbar seine Spitze verloren hat.
Jetzt war aber der IR 1833 dran. Für den hatten wir die berühmte Formsignal Ausfahrt aus dem Bf Ciucea vorgesehen. Stück weiter stand ein Auto an einer kleinen Schranke, die wohl in Grundstellung eher geschlossen ist. Eine Gegensprechanlage zum Wärter gab es allerdings nicht, und so musste der Autofahrer durch Schläge an die BÜ Glocke, Pfeifen und Rufen die Aufmerksamkeit des Wärters auf sich lenken... Der IR kam dann mit der vom klaren Abendlicht angeleuchteten Signalgruppe sehr schön.
Da isser wieder: IR 1833 Iași - Timișoara verlässt den Bf Ciucea.
Leider war der Rest dann sehr Desiro dominiert. Wir bekamen noch R 3076 zwischen Lacul Crișului und Negreni, TFC IR 15037 ebenso, aber näher an L.C. Das war dann auch vom Lichtstand die engste Kiste. Und danach gab es sogar noch R 3075 bei Poieni, wo das Licht noch besonders lange hinkam. Schade an diesen Aktionen war, dass unser Umlaufplan bei den CFR Zügen Hoffnung auf Lokbespanntes gemacht hatte, dass aber beide Züge als Desiro aufgetaucht waren.
R 3076 erreicht gleich die Halta Negreni.
IR 15037 mit der Kirche von Negreni.
Der Mond ist aufgegangen, auf der Schien' die Lichter des R 3075 prangen...
Na gut, da hatten wir nach einem schleppenden Tagesverlauf den Abend noch sehr schön nutzen können. Wäre ja sonst auch sehr schade um das tolle Wetter gewesen. Nun ging es geradewegs in das gebuchte Hotel zwischen den Stationen Mera und Suceag, also kurz vor Cluj. So richtig verwundert waren wir, dass östlich Mera Fahrleitungsmasten standen! In unserem Hotel "Penziune Bonanza" konnten wir dann unser Abschlussmahl genießen. Morgen Nachmittag soll es ab Cluj wieder nach Deutschland gehen.
Was uns im Vorhinein gar nicht so klar gewesen war: In der ersten Tageshälfte ist auf der Strecke Cluj - Oradea nicht so richtig viel los. An lokbespannten Personenzügen sollte laut Diagramm ein Bummelzug mit 82 kommen, doch was davon zu halten war, hatten wir ja gestern Abend gesehen. Unsere einzige Hoffnung war, dass es an einem Wochentag dann wirklich eher zu Lok und Wagen kommt als am Sonntag. Danach würde irgendwann der mittlerweile dritte Personenzug Anbieter auf dieser Strecke, nämlich Interregional Calatori, vermutlich mit einem 628 runter kommen. Erst gegen Mittag käme dann der Schnellzug nach Iași vorbei. Frühstück gab es erst ab 8 Uhr. Da wollten wir aber bereits für die 82 los. Immerhin hatten wir mit dem Hotel bei Suceag diesmal quasi "Wohnen im Motiv", denn wir wollten uns heute ausschließlich auf der Ostseite des Gebirgskamms aufhalten und nicht nochmal ins Kreischtal rüber fahren.
Das mit dem IR von Interregional hatten wir erst gar nicht kapiert. Nachdem Bilder von 628 auf dieser Strecke zu sehen gewesen waren, dachten wir zunächst, dass TFC auch 628 bekommen hätte. Deshalb hatten wir gestern bei den TFC Leistungen schon auf einen 628 gehofft. Bei der Planung für den heutigen Vormittag wunderten wir uns erst, warum ausgerechnet ein bestimmter IR nicht in der Online Auskunft auftaucht. Bis uns dann endlich auffiel, dass dieser Zug von Interregional (IRC) betrieben wird, und deren Züge tauchten noch nie in der Online Auskunft auf, die von TFC und RT hingegen schon.
Dunstig ist das Morgenlicht im Nădaș Tal.
Wir fanden dann auch bald einen schönen Ausblick auf eine Stelle, wo die Züge zu dieser frühen Stunde schon brauchbares Licht bekommen konnten. Erst noch IR 1532, ein Desiro Doppel, dann kam der erhoffte Lokbespannte R 3624. Und es war --- ein Desiro! Oh Mann, jetzt holten wir all die Desiro Fotos nach, von denen wir den restlichen Urlaub über eigentlich gut verschont geblieben waren. Hatte man die noch funktionsfähigen Desiros hier alle zusammengezogen? Na ja, immerhin gab es dann noch nen Nachschuss auf IR 15033, einen Wadloper, der allerdings zwanzig Minuten vor Kursbuch Zeit unterwegs war, was aber aus der Online Auskunft hervorgegangen war.
IR 15033 hätte ja wenigstens der 614 sein dürfen... Ein Wadloper im goldenen Mais östlich von Gârbău.
Nun fuhren wir entlang der Strecke mal weiter aufwärts. Weit kamen wir allerdings nicht, denn der Bahnhof Gârbău hatte noch ordentlich Formsignale. Wir beschlossen, trotz arg spitzen Lichtstandes hier auf den Interregional IR 15722 (lt Kursbuch 15702) zu warten, bei dem wir mit einem 628 rechneten. Und wozu? Zu recht! Diesmal wenigstens... Spannender machte es ein Bautrupp am Bahnübergang, der absolut nicht gewillt war, im Angesicht des nahenden Zuges aus dem Gleis zu gehen. Der Zug bog allerdings im letzten Moment auf das durchgehende Hauptgleis der Gegenrichtung ab. Natürlich hatten wir diese Eventualität eingeplant...
Einfahrt in den Bf Gârbău: Der dritte Personenzuganbieter dieser Strecke fährt mit 628ern: IRC IR 15722 fährt ein.
Tja, das war dann auch schon der interessanteste Zug des Vormittags. Wir setzten unseren Kundschaftsritt Tal aufwärts mal wieder fort. In Aghireșu-Fabrici besorgten wir uns erstmal Frühstück bzw Yannick musste diverse zuhause versprochene Sachen besorgen. Dann setzten wir uns einfach an dem schön gelegenen, aber fototechnisch beim derzeitigen Lichtstand eher untauglichen Bahnübergang oberhalb Aghireșu, den wir 2014 ausgekundschaftet hatten, in die Sonne und ließen uns auch von vorüber kommenden Desiros oder 60ern nicht stören. Von letzteren nicht, weil sie nicht vorbei kamen. Bald wurde es Zeit für den ersten Lok bespannten Zug des Tages, den IR 1834 nach Iași. Für den suchten wir sowohl zwischen Aghireș und Gârbău als auch im Bf Gârbău nach Möglichkeiten. Und mich machte dann doch eindeutig der Bahnhof mit der umfangreichen Formsignalgruppe im Hintergrund stärker an. Yannick sah das dann bald auch so. Jetzt war das "richtige" Gleis offenbar nur noch in Zugpausen gesperrt. Als der Zug kam, machte man Platz und ließ den Zug geradeaus durch.
Also ehrlich gesagt: Für das IR-Paar 1833/1834 Timi - Iași und zurück kramt man seit 2015 nur noch das allerletzte Wagenmaterial raus. 2014 hatte dieser Zug wenigstens die klimatisierten grauroten Bim (ex DB). Fotografisch war es uns allerdings recht, denn die komplett roten Wagen leuchten schöner. IR 1834 durcheilt ohne Halt den Bf Gârbău.
Nun sollte nochmal der 628 westwärts fahren. Für den war das Licht an unserem Entspannungsbahnübergang nun genau richtig. Da konnten wir also ganz gemütlich auf den von Interregional betriebenen IR 15723 warten.
IR 15723 oberhalb Aghireș. Von hier aufwärts bis zur Passhöhe führt die Bahn durch eine ziemlich einsame Gegend, die kaum durch befahrbare Wege erschlossen ist. Wer weiß, vielleicht verbrigt sich dort noch manches Hauptmotiv? ;-)
Weil wir beide glaubten, von oben aus den Bergen den Pfiff einer 60 gehört zu haben, fuhren wir möglichst zügig wieder ostwärts, da wir hier im Bereich keine Möglichkeit für einen Ostfahrer sahen. Doch als wir den Ortsrand von Aghireș erreicht hatten, war hinten noch immer nichts aufgetaucht. Sicherheitshalber setzten wir uns auf ein Mittagsschläfchen an die Südausfahrt des Bf Gârbău. Wenn ein Signal gezogen würde, bekämen wir es hier wohl mit. Wie fast erwartet erschien aber kein Güterzug.
Nun hatten wir vor dem Abflug noch zwei Programmpunkte. Es sollte noch ein 628 von Interregional kommen, diesmal eigenartigerweise als Regionalbahn zu einem völlig JWD gelegenen Waldbahnhof auf der Passhöhe vor Huedin. Und dann hatten wir sogar noch die Möglichkeit, den EC 1366 nach Budapest mitzunehmen. Wir fanden zwischen Gârbău und Nădășel einen sehr schönen Fotohang mit Blick auf ein freies Streckenstück. Der 628 enttäuschte leider, weil er komplett besprayt war.
Da konnten uns die Graffiti Jünger doch noch am letzten Tag ärgern: R 15843 zwischen Nădășel und Gârbău.
Der EC 1366 machte es spannend. Hatte er auf Cluj zu nur 9 Min Verspätung gehabt, wurden daraus vor Cluj +22 in der Ankunft und +24 bei der Weiterfahrt. Uns so langsam mussten wir ja nun doch mal an die Fahrt zum Flughafen denken, zumal man da mitten durch die Stadt durch musste. Zehn Minuten vor der erwarteten Durchfahrt des EC kam dann noch je ein Desiro in jede Richtung durch. Ordinary stuff... Aber dann hatte sich die Wartezeit amortisiert. Der EC wurde ausnahmsweise von einer 60 gezogen, und unten auf der Straße, die sich nicht ganz vermeiden ließ, befand sich kein einziges Auto.
Mit den Desiros hatten wir immerhin Glück, die waren alle sauber.
Zum Schluss dann nochmal ein Höhepunkt: Ein Kutter im EC Verkehr. EC 1366 zwischen Nădășel und Gârbău.
Das war nochmal ein richtiger Knaller zum Abschluss gewesen! Um 15.30 saßen wir im Auto mit Kurs Flughafen. 37 Min Fahrt wurden prognostiziert. Zügig gelangten wir nach Cluj rein. Aber bereits auf der Einfallstraße kam es zu ersten Stockungen. Und in der Innenstadt, die ja wirklich wunderschön zu sein scheint, kam der Verkehr vollends ins stocken. So langsam bekamen wir Not. Um überhaupt vorwärts zu kommen, suchten wir uns eine Route über enge Einbahnstraßen durch ein gemischtes Kleingewerbe- und Wohnrevier. Da kam man ein ganzes Stück vorwärts. Doch vor der nächsten größeren Straße war dann nochmal ganz massiver Stillstand angesagt. Ich überschlug wirklich schon die Möglichkeiten, die man hätte, wenn man den Flug nicht bekommt.
Doch als wir es endlich auf die Hauptausfallstraße zum Flughafen geschafft hatten, ging es vollkommen flüssig weiter. Wir konnten sogar noch tanken. Nur die dringend nötige Autowäsche musste ausbleiben. Am Flughafen war dann absolut kein Parkplatz zu finden. Mit vielen anderen kurvten wir ratlos rum. Letztendlich verdanken wir unseren Parkplatz einer viel zu engen Parklücke, in die sich niemand traute. Aber unser Duster war ja schlank. Autoschlüssel wie verabredet in den Kasten bei Enterprise, und um 17.00, eine Stunde vor Abflug, standen wir am Check in. Als einzige! Der Vorteil des Spätkommens... Auch die Sicherheitskontrolle klappte flüssig, so dass wir am Gate doch noch ne Weile warten mussten, da unser Flug verspätet war...
Der Flug wurde wieder von Air Dolomiti durchgeführt. Die Flugbegleiter trugen anlässlich des Oktoberfestes Dirndl bzw Lederhose. Es gab ein Leberkäs Brötchen, Tomatensaft und ein Paulaner Helles dazu. Der Ausblick beim Start war klasse. Die Klarheit der letzten Tage wich allmählich einem ziemlichen Dunst, in dem sich die Berge des Apuseni Gebirges schemenhaft abhoben. Laut Vorhersage sollte das Wetter morgen im Laufe des Tages ernstlich schlechter werden. Auch die Alpen sahen im letzten Sonnenschein nochmal klasse aus, bevor wir dann in dichte, finstere Wolken auf der Alpen Nordseite eintauchten.
So ganz klar waren wir uns nicht über die Bergzüge, die man sah. Vordergründig unter den Wolken sicher einige Berge des Apuseni, über den weißen Wolkenfeldern vielleicht das Westende des südlichen Karpatenbogens bei Anina? Und die Zacken ganz am Horizont vielleicht Zlatibor, Tara und die montenegrinischen Berge?
Im Flughafen München führten unsere Wege bald in unterschiedliche Richtungen. Da trotz der Abflugverspätung noch überraschend viel Zeit war, setzte ich mich noch auf einen Foccachia und ein Hefeweizen vom Fass bei einer der Gastroinseln rein. Beides zusammen 12,90. Ich will zurück nach Rumänien!
Zügig brachte mich die Hamburger S-Bahn nach Hause.
Erinnert ihr euch an die Frage, die die Russin mir auf dem Hinflug gestellt hatte? Was wollte man in Rumänien? Was zieht einen da immer wieder hin? Denn die interessante Bahn allein macht es sicher nicht. Können wir diese Frage jetzt besser beantworten? Ich habe mal versucht drauf zu achten. Und ich möchte sagen, dass es an dieser besonderen Atmoshäre liegt, die dieses Land ausstrahlt. Eigentlich habe ich das ja schon zu den zurückliegenden Rumänienreisen gesagt, dass es insbesondere das Landleben, diese intakten Dörfer sind, die für mich das Land so besonders machen. Und dabei bleibe ich. Der Grund, diese Reisen durch Rumänien so zu schätzen, ist definitiv auf dem Lande zu suchen.
Es ist eine entschleunigte Welt dort. Wenn das alte Ehepaar auf seinem Pferdekarren sitzt, auf dem die Tagesernte nach Hause gefahren wird, vorn dran das Pferd, das den Weg besser findet als jeder neumodische Autopilot und das mit den Produkten des eigenen Hofes "betankt" wird. Wenn die Alten gemütlich auf den Bänken vor ihren Hofmauern sitzen und ihre Schwätzchen mit den Nachbarn halten, wenn es auf der Dorfstraße neben den Fuhrwerken in erster Linie Fußgänger und Radfahrer gibt und Autos die absolute Ausnahme bilden. Hmmm, redet man sich da die Armut anderer schön oder ist es wirklich das unterbewusste Verlangen eines Mitteleuropäers, einfach mal paar Gänge runter zu schalten?
Ich gebe ja zu, dass ein weiterer Punkt, der mich an Rumänien fasziniert, diese Aufbruchstimmung ist. Im kleinen sind es die Menschen, die ihre Häuser, Zäune und Mauern frisch anmalen, und im großen ist es die Infrastruktur, die massiv ausgebaut wird. Das Straßennetz wächst, holprige Straßen werden asphaltiert, und Rohrleitungen für die Kanalisation werden verlegt. Vielleicht gelingt es den Rumänen ja doch, diesen Widerspruch zwischen beschaulicher Entspanntheit und größerem Wohlstand hin zu bekommen.
Wir hatten jedenfalls eine großartige Woche in Rumänien. So richtig schlecht war das Wetter ja nur am Ankunftswochenende gewesen. Danach ging jeden Tag so einiges. Und die letzten vier Tage waren dann so richtig traumhaft geworden. Tage, an denen man sich gar nicht mehr nach eventuellen Wolken umdrehen muss, bringen eine enorme Entspannung in die Tour. Gerade nach dem mieserablen Sommer in Norddeutschland war die Reise wirklich wunderbar. Und ich denke, das zeigt sich auch in der Fotoausbeute, die einen guten Querschnitt des Rumänischen Bahnverkehrs wiedergibt. Wir hatten uns den Norden des Landes als Ziel gewünscht, und wir haben den Norden als Ziel bekommen. Was will man mehr? Und noch etwas können wir höchst erfreut resummieren: Wir hatten keinen einzigen Meckerposten auf dieser Tour! Kein Eisenbahner wollte uns das schon länger nicht mehr verbotene Fotografieren untersagen. Zufall oder ein Zeichen von Entspannung auch in diesem Bereich?
Wie man immer wieder auf diversen Internet Plattformen sieht, haben inzwischen eine ganze Reihe von Eisenbahnfreunden aus der fotografierenden Zunft den Weg nach Rumänien gefunden. Wir haben in unseren Reiseberichten immer wieder versucht, das Negativimage dieses Landes zu revidieren - zumindest, was das "dort sein" als Tourist angeht. Vielleicht konnten und können wir ja auch mit diesem Bericht ein wenig dazu beitragen. Natürlich lebt der Reisebericht davon, die bemerkenswerten Dinge zu schildern. Wenn ich z.B. vom "Mörderkreisel" in Iași schreibe, den die Straßenbahn auch noch in umgekehrter Richtung befährt, so ist sowas auch für rumänische Städte etwas Besonderes und kein Grund, sich in dem Land nicht hinters Steuer zu trauen.
Ihr merkt schon, dieser Epilog wird noch die Länge des Nachspanns eines amerikanischen Spielfilms erreichen. Leider kann ich keine so schöne Musik dazu spielen und vermutlich habt Ihr auch schon den Saal verlassen, aber dennoch kommen wir jetzt noch zum Kapitel "Danke!". Herzlicher Dank geht an Yannick. Dem Beifahrer und seiner Konzentration kommt auf solchen Touren eine besondere Bedeutung zu. Während sich der Fahrer doch so'n büschen auf die Straße konzentrieren muss, kommt dem Beifahrer die Aufgabe zu, den Überblick zu behalten. Wenn wenig Zugverkehr im Umkreis ist, sollte er die wenigen Bewegungen auf der Schiene auf dem Radar haben und möglichst geschickt mit Landkarte und Fahrplan (in Rumänien Print Fahrplan und Abgleich online!) jonglieren, um so viel wie möglich rauszuholen. Wenn viel los ist, wie am vorletzten Tag im Kreischtal, gilt es, die interessantesten Leistungen rauszuholen und abzuwägen, was geht und was nicht. Yannick, das hast du wirklich gut perfektioniert! Du weißt, welches Prädikat ich dir jetzt ausstellen möchte (den Namen des besten Beifahrers ever *g*), doch ich weiß, dass du lieber Yannick bleibst ;-)
Und vielen Dank an Euch alle, dass Ihr bis zum Schluss durchgehalten habt. Auch wenn ich natürlich weiß, dass die meisten von Euch nur die Bilder schauen und dies hier vermutlich nie lesen werden :-)
La revedere!