Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.
Gefördert von der Stiftung “Verreisen mit Alten”
Unterstützt vom EU-Projekt “Reisen mit Kindern”
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Nachdem Yannick und ich letztes Jahr von unserer Rumänienreise erzählt hatten, erfuhren wir, dass wir Rumänien praktisch nicht gesehen hätten, weil wir gar nicht den Marktplatz von Sibiu besichtigt haben. Das war natürlich eine Lücke, die geschlossen werden musste. So nebenbei hatten wir allerdings die Hoffnung, auf dem diesjährigen zweiwöchigen Ausflug den einen oder anderen rumänischen Zug fotografieren zu können. Im letzten Jahr hatten wir erlebt, dass es um das rumänische Bahnnetz nicht zum besten bestellt ist. Immer mehr Züge werden gestrichen. Da wollten wir gern noch den einen oder anderen fotografisch "mitnehmen".
Zur Anreise wählten wir wieder die Bahn. Diesmal allerdings nach Arad statt Oradea. Diese Wahl, die eher den Möglichkeiten der Autovermieter geschuldet war, sollte sich noch als wertvoll erweisen. Im laufenden Fahrplan waren zwei von drei Tagesschnellzügen zwischen Budapest und Oradea gestrichen worden. Die Fahrkartenbeschaffung wurde - wie sich später herausstellte halbwegs selbstverschuldet - abenteuerlich. Ich hatte wie üblich mein Fahrkartenheftchen beantragt. Doch die Post streikte. Bei uns wurde über zwei Wochen lang kein Brief zugestellt. Es wurde immer spannender. Am Montag vor der Abfahrt rief ich die Hotline unseres Personaldienstes an und wollte eigentlich klären, ob es die Möglichkeit einer Neuausstellung gäbe, die ich mir in Berlin zu Tourbeginn abholen würde. Da wurde mir allerdings beschieden, dass da gar keine Bestellung im System sei. Nun ja, das war ja denn mal ne klare Ansage. Da scheint die Bestellung nichtmal angekommen zu sein.
Am nächsten Tag, man schrieb mittlerweile Dienstag unserer Abfahrwoche, wurde ich eines besseren belehrt. Bei uns wurde Post ausgetragen und ich hatte fünf Umschläge im Kasten. Einer davon von unserer Fahrscheinheftchenstelle. Wieso das denn jetzt, da sollte doch gar nichts...? Es handelte sich dann auch nur um die Ablehnung meines Antrages wegen nicht fristgerechter Bestellung. Das war nun blöd. Früher hatte man seine Fahrscheine immer ruckizucki bekommen, so dass man sich einfach nicht mehr um die Frist gekümmert hat. Plötzlich ist die Bestellfrist also bindend, schön zu wissen.
Die Tour sollte deshalb natürlich nicht ausfallen. Über Martin buchte ich Europa Speziäle nach/von Bécéscsaba. Am Schalter in Harburg buchte ich von dort weiter nach Arad. Es gab FIP Fahrscheine Bécéscsaba - Curtici (Gr) und von dort nach Arad. Und zurück. Dass beim Fahrschein nach Arad das "(Gr)" hinter "Curtici" fehlte, bemerkte ich leider erst später. Also nochmal hin und ändern lassen, wir wollen ja keinem ungarischen Schaffner eine Gelegenheit zum Abkassieren geben. Das tun die ja nur all zu gern, nachzulesen im Reisebericht des letzten Jahres. 80ct mehr, und ich hatte nun tatsächlich das Gefühl, dass man alle Fahrscheine beisammen hatte. Reservierungen, auch für den Schlafwagen des Metropol, hatten wir bereits über Martin vorgenommen.
Die allerletzte Befürchtung hinsichtlich unserer Reise wurde am Mittwoch vor Reisebeginn zerstreut. Die GdL hatte sich nach der längsten Streikphase in der Geschichte der deutschen Bahn mit dem Arbeitgeber in der Schlichtung geeinigt. Wir mussten keine Befürchtung mehr haben, dass der Metropol gar nicht führe bzw dass wir diesen in Dresden gar nicht erreichen würden. Jetzt kam tatsächlich Vorfreude auf den Urlaub auf...
Heute habe ich noch bis Mittag gearbeitet. Vormittags war bei uns in Waltershof das pure Verkehrschaos, durch das ich beruflich noch nach Hamburg Süd rüber musste. Mir schwante für die mittägliche Busfahrt nach Altona schon das schlimmste, doch bis mittags hatte sich der Knoten aufgelöst. In diesen Tagen wurden in Deutschland Hitzerekorde aufgestellt. In schwülheißer Luft rollerte ich mit meinem Gepäck zur Haltestelle des 250ers. In einem unklimatisierten Bus ging es ohne nennenswerte Stockungen zum Bf Altona rüber. Dort setzte ich mich auf eine Cola in den klimatisierten Markt im Bahnhof, der glaub'ich gar nicht mehr so heißt, und wartete auf Yannick, der bald mit seinem ICE aus Frankfurt eintraf.
Die Fahrt im ICE verlief angenehm ereignislos. Wir hatten sogar ein eigenes Abteil. Na ja, aber nur von Altona bis zum Hamburger Hbf. Danach saßen wir bis Ludwigslust sogar zu sechst zusammen. Ansonsten gab es zwischen uns beiden reichlich Vorfreude, Ideen und Planungsansätze auszutauschen.
In der bayrischen Gastwirtschaft im Berliner Hbf gab es ein kleines Abendessen. Drinnen in der Aircondition natürlich, und nicht draußen auf der stechend heißen Terrasse. Das hat man auf seinen Südeuropatouren gelernt, dass es Temperaturen gibt, ab denen man besser wieder drinnen sitzt. Heute hatten wir auch in Mitteleuropa eine solche Temperatur. Nach weiterer Proviantbeschaffung dauerte es auch nicht mehr lang, bis der Metropol im Keller des Berliner Hbf einfuhr. Zum Glück stimmte der Wagenstandsanzeiger nicht, sonst hätten wir Liegewagen gehabt...
Das Abteil war mal wieder schön geräumig. Als wir nicht los fuhren, dachten wir erst, dass wir auf einen verspäteten ICE aus Frankfurt warten. Von Westen war alles ordentlich verspätet (so auch unser ICE eben), weil in Spandau Gleisarbeiten stattfanden. Irgendwann kam der ICE dann auch direkt gegenüber eingefahren. Doch was war das? In dem Moment, in dem der ICE zum Stillstand gekommen war, ertönte ein Pfiff und bei uns schlossen sich die Türen. Das muss man nicht verstehen...
Die Fahrt durch die im Abendlicht daliegende Landschaft des südlichen Brandenburgs war nett. Als wir wegen Abstand in Oehna hielten, musste ich an den Schlussdialog vom Polizeiruf 110 "Totes Gleis" denken:
- Wo sind wir hier?
- Alt Globsow.
- Dann sind wir ja gleich da!
Die Herrschaften im Film wollten allerdings noch Stück weiter als wir, nach Hawaii... Ansonsten war diese Fahrt über die eher unübliche Strecke via Jüterbog, Falkenberg, Röderau Bf, Glaubitz, dann rauf auf die Berliner Bahn, interessante, angewandte Verkehrsgeographie. Dass man die Streckenführung auf OSMAND verfolgen konnte, war für die Entwirrung nicht ganz verkehrt. Bei Radebeul ging es wieder auf die Leipziger Bahn zurück. Bäumchen wechsel dich at its best.
Vor Dresden wurde neben unserem das 1.Kl Abteil aufgeschlossen. Da waren drei Liegen aufgeklappt. Ich sagte noch so: Da kommt bestimmt ne Familie mit Schreikind. Damit sollte ich unrecht behalten. In Dresden stieg nämlich EINE Mutter mit ZWEI Schreikindern zu... Nein, die Kinder haben gar nicht geschrien. Alles war gut ;-) Aufgrund verschiedentlicher Bummelei erreichten wir Dresden mit über +20. Die Kollegen gaben beim Lokwechsel allerdings alles. Mit nur +5 ging es nach dem Lokwechsel weiter.
Irgendwo hinter der Grenze waren wir dann müde genug, um unsere Kojen zu erklimmen. Im Großen und Ganzen habe ich sehr gut geschlafen. Allerdings sind die Zeiten, in denen nachts im Schlafwagen Ruhe zu herrschen hat, offenbar vorbei. Während man früher - soweit von der Wagenreihung her machbar - fremde Leute gar nicht erst in den Schlafwagen gelassen hat, lautet heute die Devise: Wir haben keinen Speisewagen, aber im Schlafwagen wird alles verkauft, was ihr braucht. Mittlerweile führt man da auch WIRKLICH kalte Getränke. Da im Nachbarwagen ne ganze Menge trinkfreudiger junger Männer residierte, gab es regelmäßige Einkaufstouren an unserem Abteil vorbei, begleitet natürlich von einem großen Hallo. Und das bis weit in die Nacht hinein und morgens auch gleich wieder.
Morgens wurden auch die Kinder im Nachbarabteil lebendig. Aber alles im Rahmen. Beim Warten auf den Zugteil von Warschau in Breclav war ich wach geworden. Auf dem Bahnsteig wechselten sich wieder eine Männer- und eine Frauenstimme mit den Ansagen ab. Auch diesmal fingen sie nicht an, miteinander zu streiten wie im Film "Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug". Die eine Stimme konnte auch deutsch. So erfuhr ich, dass der Zugteil aus Warschau Verspätung habe. Besorgt rief ich mir im Navigator den Zuglauf auf. Wir würden in Budapest nämlich nur 35min Übergang haben. Letztendlich ging es mit +16 für uns weiter. Mit Einreise nach Ungarn hatten die sich auf +8 reduziert. Durch Bummelei auf Budapester Stadtgebiet erhöhte sich die Verspätung wieder auf 12min.
Was ist schöner, als aus der eigenen Schlafwagenpritsche auf die Landschaft zu schauen?
Wirkliche Angst um den Anschluss mussten wir also nie haben. Im Keleti pu schnell zehn Euro in Forinth angelegt, um etwas Proviant zu besorgen, und schon saßen wir im nächsten Zug.
Für Rumänien waren die ersten drei Wagen, zwei B und ein A der CFR, zuständig. Dahinter hing ein langer Binnenzugteil. Unsere Platzkarten wiesen uns in eine Ecke des Zuges, in dem schon viele saßen, während der Rest des Wagens völlig leer blieb. Wir pflanzten uns in den leeren Teil und hatten erstmal zwei Vierer für uns. Die Fahrt durch die weiten, schon um diese Tageszeit heiß wirkenden Ebenen hatte etwas entspannendes und weckte die Vorfreude auf unsere geplanten Aktionen am Schienenstrang. So hätte ich stundenlang durch die Gegend fahren können. Und wir fuhren stundenlang durch die Gegend. Dass die drei internationalen Wagen nur mit 30 Fahrgästen besetzt waren, wird zwar nicht wesentlich zum Erhalt dieses Zuges beitragen, dem wirklichen "Reisen", so wie ich das Bahnfahren liebe, diente es jedenfalls schon.
Hinter Szolnok ging es auf frisch renovierter Piste durch die Pampa. Die 120 km/h ließen aber auch nicht gerade Gefühle von Hektik aufkommen. Wie es sich für einen internationalen Schnellzug auf dem absteigenden Ast gehört, wurde hinter Szolnok an jedem Dorf mit mehr als zehn Einwohnern gehalten. Nur Murony muss demnach unter 10 haben. Und Mezőmegyer keinen Bahnsteig. In Békéscsaba stiegen sogar paar Leute zu. Diese Stadt am A. der Welt hatte riesige Gleisanlagen und ein Aw oder ähnliches. Ab hier wurde die Piste eingleisig und "nur" noch mit 100km/h befahren. Der lange Binnenzugteil blieb sogar bis Lőkösháza am Zug.
Die Passkontrolle auf beiden Seiten der Grenze war höchst unaufregend. In Curtici hielt der Zug umbaubedingt noch immer auf einem der hintersten Gleise, doch die neuen Bahnsteiggleise machten den Eindruck, dass der baldigen Eröffnung nicht mehr viel im Wege stand. Die vielen Leute, die in breiter Front wild über ca zehn Gleise auf unseren Zug zustolperten oder von diesem zum EG rüberliefen, war ein Bild für die Götter! Einen offiziellen Überweg gab es nicht! Das Zp9 erteilte der Fdl vorm EG stehen bleibend über die zehn Gleise rüber.
Auch der Bf Arad machte schon einen ziemlich fertigen Eindruck. Noch ging es allerdings per Bretterüberweg zum Empfangsgebäude. Die neue Bahnsteigbrücke mit ihren Rolltreppen war noch nicht in Betrieb. Wir liefen mal durch das ganze Gebäude und stießen bald auch auf die neu gemachte Halle, in die die Rolltreppen von der Bahnsteigüberführung hinein münden (werden). Interessant fand ich, dass man in dieser "Schalterhalle" an den alten Verkaufsluken festgehalten hat. Reisezentren scheinen nicht ins Konzept der CFR zu gehören. Soweit da überhaupt ein Konzept vorhanden ist...
Nun hatten wir etwas Leerlauf. Nach Umstellung der Uhrzeit war es jetzt fast 14.30. Den Wagen hatten wir zu 15.30 am Flughafen bestellt gehabt. Netterweise konnten wir den Sixt Mann zum Bahnhof umdirigieren, doch die Zeit hatten wir nicht geändert. Um so positiver überrascht waren wir, als da tatsächlich ein Mann in Sixt Uniform mit einem Dacia Duster auf uns wartete. Ja, meinte er, er habe geschaut, wann der Zug ankäme. Das ist doch eine tolle Sache! Daumen hoch für Sixt Timișoara und ihren engagierten Mitarbeiter!
Dadurch hatten wir noch Zeit genug, in unser aus Deutschland gebuchtes Best Western Centrum Hotel einzuchecken, das paar Blöcke entfernt war. Das Hotel lag überraschend zentrumsnah, aaaah, daher kam vielleicht der Name... Das weitere Konzept sah jetzt eine Stippvisite im Banat vor. Doch davon wurden wir erstmal von der ganz hübschen Arader Innenstadt abgehalten, in der uns eigentlich ein Straßenbahnmotiv nach dem anderen anschrie. Eines konnten wir umsetzen, dann ließ uns eine dickere Wolke, die sich vor die Sonne schob, ins Banat weiterfahren. Wir hätten mal bei den Arader Straßenbahnen bleiben sollen, aber hinterher ist man immer schlauer...
Viele der Arader Duewags sind aus Innsbruck. Wagen 963 der CTP Arad rollt den Bulevardul Revoluției entlang.
Wir gurkten also auf der Landstraße südwärts auf Timi zu. Die Straße war angenehm zu fahren. Eigentlich standen jetzt auf all den vielen kleinen Banat-Bimmelbahnen Westfahrer an. Wir wollten aber unbedingt an die am weitesten entfernte, nämlich an die von Timi nach Jimbolia. Dort fährt nämlich noch CFR, und wir hofften auf eine Ferkeltaxe. Die Zeit begann doch so langsam zu drücken, als wir bei Cornești die Bundesstraße verließen. Über Carani nach Sânandrei ging es noch ganz flott. Doch dann kam erst eine gut befahrbare Schotterpiste und hinter dem Dorf Dudeștii Noi eine furchtbare Ackerpiste, die ich mit einem normalen PKW sicher nicht mehr gefahren wäre. Diese Straßen waren auf OSMAND in gelb verzeichnet...
Bei Becicherecu Mic stießen wir auf die Piste Timi - Lovrin, doch das ist auch eine der Regiotrans Strecken. Wir wollten CFR! Also folgten wir einer gut befahrbaren Plattenpiste durch die Einsamkeit des Banat rüber an die Jimbolia Piste. Dort fanden wir das sicher schon aus Funk und Fernsehen bekannte Motiv mit den Formsignalen des Bf Cărpiniș sehr hübsch. Dumm war nur, dass der ganze Ort unter einer fetten Wolke lag, die sich keinen Meter bewegte. Einfahrt stand schon. Wir fuhren schnell dem Zug voraus, bis wir aus dem Wolkenfeld raus waren. Da standen wir dann in der sengenden Hitze in der staubigen Weite des Banats zwischen einem Maisfeld und einer Ackerpiste, die hier die Bahn querte. Der Blick die Strecke entlang verlor sich in der flimmernden Weite des schnurgeraden Schienenstrangs. Was würde kommen? Desiro? Ferkel? Oder vielleicht ein Malaxa? Es war eine rote Front, die nach laaanger Wartezeit verschwommen in der Ferne auftauchte. Nach so laaaanger Wartezeit, dass sich vor der Sonne das nächste Wolkenfeld hatte bilden können. Ja, ganz großes Kino. Das vierteilige Ferkel war der erste Wolkenschaden der Tour. Und das gleich bei der ersten Streckenaufnahme...
Die Tour beginnt mit einem Wolkenschaden: Vierfachferkel in den Weiten des Banat zwischen Cărpiniș und der Halta Clari Vii.
Der Himmel hatte nun ganz schön dicht gemacht. Es waren weniger die Hitzequeller als eine blöde Schlonzschicht, die das Licht gewaltig schluckte. So richtig Lust hatten wir beide nicht mehr. So suchten wir uns eine schöne Route zurück nach Arad. Immer bahnparallel ging es über Jimbolia, Lenauheim, östlich an Lovrin vorbei, Periam und südlich des Mureș nach Arad. In Periam bekamen wir zufällig die verspätete Kreuzung zweier Caravellen mit, die sogar bei Licht abging. Das tägliche Sonnenbild hatte geklappt, suuuper!
In Periam treffen sich die Caravellen von und nach Arad.
Und nochmal die Ausfahrt nach Arad.
Überhaupt fand ich es mal ganz interessant, durch diese schon reichlichst von anderen fotografisch beackerte Gegend zu fahren. An mehreren Stellen war jedenfalls ein Wiedererkennungswert da. Formsignale auf Betonauslegern gibt es hier sogar mehrere. Die Strecke von Jimbolia nordwärts in Richtung Lovrin wurde zur Zeit nicht bedient. Wohl noch ne Folge der Regiotrans Probleme Anfang des Jahres?
Erntezeit! Während die Sonnenblumen noch in voller Blüte standen und nicht so bald geerntet werden, wird auf dem Nachbarfeld fleißig Korn gemacht!
Zurück in Arad gab es das, worauf wir uns schon den ganzen Nachmittag gefreut hatten. Ein herrliches Abendessen im lauschigen Garten bzw auf der Terrasse des Hotels. Danach eine Verdauungsrunde um den Boulevard der Revolution und der Schreibkram auf dem Hotelzimmer. Das reichte auch für den Anreisetag. Na ja, ein Bild mehr hätte sein dürfen ;-b
In diesen zu Hochlicht neigenden Zeiten muss man sich ja immer zwei Konzepte bereitlegen. Eins für morgens und den frühen Vormittag und eins für spätnachmittags und abends. Zusammen mit dem Plan für den gemütlichen Teil über Mittag wird daraus das Gesamtkonzept. Klingt theoretisch, ist aber praktisch. Unser Frühkonzept waren zwei Nordfahrer auf der sagenhaft spannenden Strecke hoch nach Oradea. Hier sollten ein Bummelzug als potentieller Malaxa Kandidat und der Schnellzug nach Iași im Abstand einer halben Stunde einander folgen. Danach eine siebenstündige Zugpause! Was muss man im Tee gehabt haben, um sich solche Fahrpläne auszudenken?
Zeitlich kam das mit den beiden Zügen so hin, dass wir gerade zu Frühstücksbeginn um 7 Uhr los mussten. Schade eigentlich. Also Frühstück erstmal unbestimmt verschoben... Auf der Ausfallstraße gen Norden fing der Tag mit einem Stück der megaabwechslungsreichen Arader Straßenbahnkultur an, leider ein wenig motivlos. Den Bummelzug hatten wir in Zimandu Nou, wo es am Bü noch immer den leckeren Langoș Verkaufswagen gab, bereits eingeholt. In Nădab konnten wir den Regionalzug bei der Einfahrt aufnehmen. Sah nicht aus wie ein Malaxa. War auch keiner. Aber lokbespannte Garnituren sind ja auch etwas sehr schönes.
In Nădab steht ein Güterzug an der Ladestraße abgestellt. Wenigstens ein Teil des Korns wird per Bahn abtransportiert!
Der Regionalzug von Timi nach Oradea fährt nach Nădab ein. Lt Umlaufplan hätte es ein Malaxa sein können (aber nicht müssen).
Die weitere Entscheidung für das nächste Bild fiel nur noch schwer. Motiv reihte sich an Motiv. Ein Telegraphenmast war fotogener als der andere. Herrlich, wunderbar. Für eine Inspektion des einsam auf weiter Pläne gelegenen Bahnhofs Zerind mit seinen weithin sichtbaren Formsignalen fehlte leider die Zeit, da die Zufahrtsstraße zum Bahnhof nur ne Ackerpiste war. So stellten wir uns an der auch seehr seehr aufregenden Ausfahrt aus dem Bahnhof Ciumeghiu auf. Was für ein Hammermotiv! Man konnte den Zug schon zehn Minuten vorher sehen. So lange stand er nämlich im Bahnhof rum, um auf keine Kreuzung mit einem sonntags nicht fahrenden Gegenzug zu warten.
Derselbe Bummelzug nochmal bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Ciumeghiu.
Etwaige Ironie in diesem Text bitte ich zu entschuldigen. Für den nachfolgenden Interregio sollte es nun das Galeriemotiv (jaaaa, von dieser spannenden Bahnlinie gibt es NATÜRLICH Bilder in der Drehscheibe Galerie!) mit dem Ölbohrturm sein. Ein sicheres Motiv, wir waren happy! Als wir jedoch am angegebenen Ort ankamen, war da weder ein Ölbohrturm noch auch nur der Hauch eines freien Ausblicks auf die Strecke. Pech gehabt! Aber wir hatten ja Zeit. Fast hätten wir den Bummelzug in Salonta bereits wieder eingeholt gehabt. Wir schauten in Salonta am Bahnhof und Mădăras am Haltepunkt, doch die Ansprüche für ein Motiv für einen der wenigen Züge waren an dieser Strecke natürlich besonders hoch. Fündig wurden wir im Bf Cefa, wo letztendlich der erhöhte Ausguck aus einem aufgegebenen Stellwerk den Ausschlag gab.
Heißt in diesem Falle nicht “Chef”, sondern stellt lediglich den Stationsnamen dar. Der “Chef” kam hier höchstens mal zur Kontrolle her...
Der IR von Timi nach Iași führt im Sommer offenbar keine klimatisierten Wagen und ist auch ziemlich kurz. Offenbar wird das “bessere” Material dann für den Bäderverkehr ans Schwarze Meer benötigt.
Das war das Frühprogramm! Und das alles ohne Kaffee für mich. Yannick ist noch nicht lange genug bei der Bahn, um eine Kaffeesucht entfaltet zu haben :-) Der Kaffee kam nun dran. Wir setzten uns schön in den Garten eines Gipsyhotels in Mădăras (erkennbar an den vielen kitschigen Gartenzwergen, die davor an der Straße verkauft wurden) und ließen uns hervorragenden Kaffee, Marmeladenbrote und Spiegeleier schmecken.
Frisch gestärkt konnte der nächste Programmpunkt in Angriff genommen werden: Die lange Reise in die Mitte. Die nächsten Tage wollten wir bei Sibiu bzw im Olttal verbringen. Zur Fahrt dorthin hatte ich entdeckt, dass von Salonta eine Straße quer durch ostwärts an die Reichsstraße 76 führt, die von Oradea kommend bis runter an den Anfang der neuen Autobahn bei Deva führt. Wir konnten nur hoffen, dass diese orange Straße durchgehend in gutem Zustand blieb, und wurden nicht enttäuscht. Abschnittsweise ging es parallel zur Bahnstrecke Cimeghiu - Holod, auf der lt Onlineauskunft heute kein Zugverkehr stattfinden sollte. Lt Kursbuch hätten wir hingegen fast parallel zu einem Zug fahren müssen. In Holod schauten wir zum Bahnhof. Dort standen drei Caravellen rum. Eine davon war "aufgebockt"; nicht wirklich, aber unter ihr war man am werkeln.
Sonntagsruhe im Bf von Holod.
Es wird gewerkelt. Züge, die im Fahrplan stehen, kommen aber nicht.
Auch laut Aushangfahrplan in Holod hätte jetzt ein Zug aus Oradea ankommen müssen. Ja, auch sonntags. Es kam aber keiner. Die rumsitzenden Eisenbahner wirkten alle grundentspannt. Nach unseren Hochlichtfotos zogen wir weiter. Ein Stück hinter Holod war die Hauptstraße DN76 Oradea - Deva erreicht. Wir hofften auf zügiges Vorankommen. So viel Verkehr war ja nicht. Bei einem Abschnitt, wo es baubedingt halbseitig auf Asphalt und halbseitig auf Schotter ging, witzelte ich noch, dass in anderen Ländern für sowas Baustellampeln aufgestellt werden. Hahaha!
Tja, und dann begann das Elend. Zwischen unserer Straßeneinmündung westlich Brătești und Deva gab es auf 140km Streckenlänge sage und schreibe 25 Baustellampeln! Die Straße war komplett Baustelle. Die gesamte Straße! Von den 25 Baustellampeln war nur eine deaktiviert, eine funktionierte nur einseitig (unsere war dunkel, Gegenrichtung hatte aber rot) und bei einer stießen wir auf den Tross der Gegenrichtung etwa in der Mitte der Einspurigkeit. Man konnte aber auf den Schotter ausweichen. Auf den Schotter ausgewichen sind auch viele Einheimische, die emsig die gesperrte Spur mitbenutzten. Wir haben sicherlich eine volle Stunde durch Warterei an den Ampeln zugesetzt, auch wenn manchmal grün war oder sich das Ampelsignal noch als grün auslegen ließ.
Baustellampel 12 von 25...
Unterwegs gab es natürlich auch Bahnen zu beobachten. Ein Stück ging es an der Stichstrecke Holod - Vașcău entlang. In Beiuș war die Ausfahrt Richtung Süden gezogen, doch auf dem Gleis stand ein ohne Lok abgestellter Güterzug. Die weitere Strecke machte einen befahrenen Eindruck. Es gab unterwegs paar größere Güterkunden. Dennoch ist das hier eine bahnmäßig völlig abgelegene Ecke.
Nach Querung eines Gebirgszuges traf man bald auf die nächste Strecke. Es handelt sich ebenfalls um eine Stichstrecke, und eine sehr lange noch dazu. Von Arad nach Brad geht die Linie. Für Streckenbereiser dürfte diese Linie ein volles Tagesprogramm ausmachen, brauchen die Züge doch vier Stunden für eine Richtung! Abgeschiedene Nebenbahnwelt! Ganz schick war, dass uns dort bald ein Zug entgegen kommen musste. Für den suchten wir zwischen den Baustellampeln 19 und 20 an einer kleinen Nebenstraße, die von der Qualität eine Wohltat war gegenüber der Hauptstraße. Nach einer Runde durch das Dorf Birtin entschieden wir uns für einen Bü unweit des Dorfes Cărăstău, zwischen den Stationen Lunca Moților und Birtin. Eine Wolke, die von hinten nahte, machte es spannend. Ich stellte mich schnell in eine spitzere Position um, damit ich den Zug wenigstens weiter hinten in Sonne hätte. Doch er fuhr sogar durch unser eigentliches Ossomböh mit Sonne durch, so dass Yannick, der stehen geblieben war, jetzt die beste Position gehabt hatte.
Die Caravelle hat noch ca drei Stunden Fahrt vor sich, als sie uns bei Cărăstău begegnete.
Weiter ging es. Nach nur 1-2 weiteren Baustellampeln war Brad erreicht, eine recht ansehnlich große Stadt. Gleich zu Anfang fiel ein imposantes, schlossähnliches Gebäude in ziemlich verwahrloster Umgebung auf. Es handelte sich bei näherem Hinsehen um das Bahnhofsgebäude! Dort herrschte akutes "Betreten verboten", obwohl alle Türen offen standen. Teile des Gebäudes waren sogar mit Flatterband abgesperrt... Über den "Bahnhofsvorplatz" führten auch Dreischienengleise. Es hat hier mal eine Werkbahn gegeben, die angeblich noch Museumsbetrieb zwischen Brad und Crișcior anbietet. Die Gleise wirkten auch nicht ganz unbefahren. Brad war eine bedeutende Bergbaustadt. Auch heute wird hier neben Kohle noch Gold (!) gefördert.
Das sehr repräsentative Bahnhofsgebäude von Brad, wie es sich für eine Goldstadt gehört. Es ist aus dem Jahr 1896. Ganz im Vordergrund verlaufen Dreischienengleise über den Bahnhofsvorplatz.
Teile des Komplexes sind mit Flatterband “gesichert”.
Im weiteren Straßenverlauf, so ab Ampel 22, ging es erneut über einen Höhenzug, den offenbar auch mal die Normalspurbahn überquert hat. Wir sahen mehrere größere Viadukte von der Straße aus. Dann war es endlich geschafft. Baustellampel Nr 26 war ein Mensch mit Kelle hinter dem Kreisverkehr, an dem die Autobahn begann, doch vom Rückstau bekamen wir auch noch was mit, obwohl die Baustelle nicht in unserer Richtung lag. Nun ging es zügig ostwärts. Mit einem kleinen Tankstopp in Sebeș erreichten wir bald Sibiu und gelangten auf die Landstraße ins Olttal. Am uns bekannten Hotel Veștem hielten wir wegen Zimmeranfrage mal an, aber man war leider ausgebucht.
Somit nahmen wir erstmal das Zugprogramm weiter in Angriff. Uns ging es dabei im wesentlichen um den Malaxa, der abends einmal das Olttal hochfahren soll. Deshalb hielten wir uns auch nicht weiter mit anderen Zügen auf, da wir den Malaxa gern bei der Einfahrt nach Lotru das erste Mal haben wollten. Das schafften wir nun aber leider gerade eben nicht. Der Malaxa hatte in Lotru allerdings Kreuzung mit dem Bummelzug gen Süden. Und den konnten wir ganz nett über den Fluss rüber bei der Einfahrt fotografieren.
Der Nachmittagsbummel von Sibiu nach Craiova erreicht nach Passieren der Oltbrücke den Bahnhof Lotru.
Für den Malaxa suchten wir ein kleines Stück nördlich eine Stelle. Südlich Betel fanden wir einen schön freien Streckenblick. Der wäre auch was für einen längeren Zug gewesen, aber der Malaxa kam dort auch wunderschön. Dazu trug nicht unwesentlich bei, dass der Oldtimer in seinem stolzen Alter von 80 Jahren einfach ein Schmuckstück war.
Da ist er nun: Der Malaxa 800, der abends das Olttal hochfährt. Hier zwischen Lotru und Betel.
Die Straße im Olttal schließt eine Lücke zwischen zwei fertigen Abschnitten der Autobahn 1 und dürfte damit zu den stärkstbefahrenen Landstraßen Rumäniens zählen. Obwohl wir uns in eine lange Kette von LKWs mitsamt ihrem Gefolge anschließen mussten, die teilweise nur im Schritttempo voran kroch, wenn z.B. mal Radfahrer überholt werden mussten, hatten wir den Malaxa auf Höhe des Hp Betel schon wieder überholt. Für den nächsten Schuss fuhren wir einfach mal zum Bf Cornet rein. Hier kam die mittlerweile tief stehende Sonne noch ganz gut hin.
Als hinter uns die Fahrdienstleiterin würdevoll auf den Bahnsteig trat, grüßten wir freundlich rüber. Der Gruß wurde auch erwidert. Kurze Pause, dann sagte sie etwas. Der Zug kam schon. Ich machte den Fehler und drehte mich nochmal um. Ihre Handbewegung mit dem erhobenen Zeigefinger war ziemlich eindeutig. Sie wollte irgendwas nicht. Was das wohl war? Auch ein flehendlicher Blick meinerseits ließ ihr Herz nicht erweichen (hmm, klappt doch sonst immer...), wir durften nicht fotografieren. Natürlich taten wir es trotzdem. Vielleicht sollte man sich vor der nächsten Rumänientour von CFR Infa mal schriftlich bestätigen lassen, dass man keine Fotogenehmigung mehr benötigt...
R 2461 rollt in den Bahnhof Cornet ein.
Der nächste Fotopunkt war eigentlich der netteste. Vom Ausblick jedenfalls. Was wir zu spät merkten: Die Häuser da nördlich von Cornet, zwischen denen wir parkten, gehörten zu einer Zigeunersiedlung. Wir stellten uns auf eine Anhöhe zwischen zwei Häuser. Nebenan war ein Mann am werkeln, freundlicher Gruß beiderseits. Nachdem er unsere Kameras gesehen hatte, wollte er irgendwas. Wir verstanden natürlich nix und gingen auf ihn zu. Da öffnete er eine Tasche und bot uns eine alte Rollei Rollfilmkamera an. Wo hatte er die so schnell hergezaubert? Wir lehnten dankend ab, was ihn nur zu einer Geste der Kategorie "Versuch war's wert" veranlasste.
Ein Stück hinter Cornet kann man das gute Stück am aufgestauten Olt fotografieren.
Als der VT mit seinen winkenden Kindern an Bord mal wieder durch war, liefen wir zum Auto zurück, das bisher völlig in Ruhe gelassen worden war. Wir hatten auch in der ansteigenden Gasse niemanden mehr gesehen, hatten vom Fotopunkt aber auch nicht ganz reinschauen können. Als wir nun die Gasse hochblickten, sahen wir uns in ca 100m Entfernung einem Staudamm von Menschen gegenüber, die uns alle anstarrten. Es war, als wenn die strenge Devise ausgegeben worden war, unser Auto in Ruhe zu lassen. Als wir nun aber wieder auf der Bildfläche erschienen, ließ man die Kinder los. Mindestens zehn von denen kamen nun einem Dammbruch gleich auf uns zugesprungen, lachend und winkend. Wir sahen zu ins Auto zu kommen, lachten und winkten zurück und fuhren los. Konträrer können Mentalitäten wohl nicht sein wie die von Zigeunern und Hamburgern, ich komm' mit so viel Herzlichkeit nicht klar ;-)
Der Malaxa war noch längst nicht am Ziel. Da das Gleis am westlichen Talhang verlief, kam allerdings nicht mehr so viel Sonne auf die Strecke. Gerade noch ging es im Bereich des alten Bahnhofs von Râu Vadului. Im darauf folgenden engen Tal kam keine Sonne mehr bis zum Gleis runter. In Valea Mărului kreuzte der Malaxa mit dem Nacht-Regio nach Mangalia. Wir stellten uns eine Nachtzug Kurswagengruppe vor und schauten gespannt, was da wohl kommen mochte. Mit den drei Doppelstockwagen hinter der 65 hatten wir dann aber doch nicht gerechnet. Um Himmels Willen, im Osto (ostdeutsche Bauart eines Dosto) eine ganze Nacht zu verbringen, konnte ich mir nicht wirklich vorstellen... Wir warteten den Oldtimer nun nochmal bei der Einfahrt nach Podu Olt ab.
Yannick fotografierte den R 2461 bei Verlassen der Oltbrücke.
Der Malaxa hat sein Ziel erreicht: Nach Querung der Oltbrücke (im Hintergrund) ist der Zielbahnhof erreicht.
Die friedlichen Bahnhofshunde sind fester Bestandteil des Bf Podu Olt.
Das Fotografieren war hier kein Problem. Die Tfs hatten bis jetzt ohnehin immer nett bis fröhlich zurückgegrüßt, wobei der Malaxa Tf im Feinripp das Winken auch gern den Mädels im Führerstand überlassen hatte. Für die Rückfahrt wollten wir drüben auf der anderen Flussseite in Turnu Roșu schauen. Die Motivklingel ging dort auch gleich an. Der Schrankenwärter grüßte freundlich zurück, alles prima.
Auf der Rückfahrt rollt der Malaxa in den einstigen Bahnhof Turnu Roșu ein.
Da fährt er hin – wieder zurück ins Olttal.
Erst nach dem Bild kam der Schrankenwärter angelaufen und guckte uns aus ganz großen Augen an. Nun ja, so viele Fotografen gibt es hier vermutlich auch nicht zu sehen. Wir hatten inzwischen über Booking das Hotel Exclusive in Sibiu gebucht. Es war jetzt 20.15, und wir hatten angesichts der noch immer herrschenden Hitze nur einen Wunsch: Dusche!!! Als wir vor dem Hotel ankamen, war es erst so richtig heiß. So heiß, dass eine elektrisierende Spannung in der Luft lag. Lichtbögen schlugen aus östlicher Richtung bei uns auf und wollten uns magisch nach Osten ziehen. Da wartete er-nur-er auf uns: Der Marktplatz! So nah waren wir ihm noch nie gekommen! Würden wir ihn zu sehen kriegen? Oder sollte das Hotel Exclusive der Punkt bleiben, an dem wir dem Marktplatz am nächsten gekommen sind? Das war uns erstmal egal. Die Dusche war stärker als der Marktplatz. Und das Hotelrestaurant ebenfalls. Wobei gerade Yannicks gegrillte Entenbrust so klasse aussah, dass wir morgen wohl nochmal dort essen gehen müssen. Das nagelneue Hotel war überhaupt absolute Klasse, so dass wir spontan eine Nacht verlängerten. Ab Dienstag sei es leider ausgebucht, wurde uns beschieden.
Der Früh-Plan war zum Glück kein ganz so früher Plan. Wir konnten sogar in Ruhe frühstücken und brachen um 7.30 auf. Es stand die Verfolgung des Olttal-Bummelzuges an, für den wir aus dem letzten Jahr noch einige Motive offen hatten. Wir hofften natürlich auf eine 60 und eine schöne Garnitur. Letztes Jahr hatten wir in Tălmaciu abends an der Cibinbrücke einen Sandsteinfelsen im Hintergrund. Heute Morgen wollten wir uns mal den umgekehrten Blick vom Felsen anschauen. Um dorthin zu gelangen, mussten wir durch die Siedlung der Zigeuner mit diesen stylischen breitkrempigen Hüten durch. Die draußen sitzenden Leute grüßten freundlich, während bis zu sechs Hunde um unseren Wagen herumsprangen. Wir konnten den Wagen etwas außerhalb der Siedlung zu Füßen und in Sichtweite unseres Felsens abstellen. Da waren dann auch keine Hunde mehr. Erst kam der Desiro nach Făgăraș.
Der Desiro nach Făgăraș verlässt Tălmaciu über die Cibinbrücke.
Unser Olttalbummler hatte zwar eine 60 vor und zwei alte Abteilwagen. Der zweite Wagen hatte aber leider im unteren Bereich so eine komische Grundierungsfarbe. Das fand ich nicht so schön. Yannick meinte, das passt zur CFR, man nimmt halt, was da ist. Leider waren die blauen Wagen offenbar nicht mehr im Einsatz. Als nächstes erwarteten wir den Bummler am Lokschuppen von Râu Vadului, ein Muss-Motiv aus dem letzten Jahr.
R 2068 mit seinem eigenartig aussehenden zweiten Wagen passiert den Lokschuppen von Râu Vadului.
Für das dritte Bild kundschafteten wir erst ein wenig rund um das Kloster Turnu herum. Wir hatten viel Zeit, die wir dem Zug schon wieder abgenommen hatten. Auch bei Călimănești schauten wir rum, da wäre was gegangen. Letztendlich warteten wir im wildromantischen Bf Dăești, den wir im letzten Jahr schon notiert hatten.
Die Gleisanlagen des Bf Dăești zeugen von größerer Bedeutung. Die Vegetation lässt im Sommer kaum Fotos zu.
Im Bahnhof selbst gab es dann sogar noch den entgegen kommenden Desiro, und zwar ganz ohne Proteste aus der Amtsstube des Bahnhofs, wo man uns wohl bemerkt hatte. Man mag die Örtlichen schon gar nicht mehr grüßen, wenn man nach dem Gruß immer gleich mit einer Fotoablehnung rechnen muss. Diesmal begnügte er sich aber mit einer Rolle als fotogene Zutat zur Durchfahrt des Desiro.
Der nordfahrende IR 1724 besteht natürlich wie üblich aus einem Desiro. Der Stationsvorstand von Dăești schaut sich ordnungsgemäß die Vorbeifahrt an.
Die heutige Mittagsphase sollte im Gegensatz zu gestern wirklich etwas ruhiger angegangen werden. Nach einigem Rumgekurve durch Călimănești, einem ganz sympatischen und sehr gut besuchten Kurort mit preisgekröntem Quellwasser, entschieden wir uns für ein nettes Restaurant am Flussufer. Es gab Mititei mit Reis und Salat. Danach blieben wir noch eine Weile sitzen. Ich hatte noch ein gutes Stück Reisebericht nachzuarbeiten und Yannick ist eh genügend beschäftigt, wenn er in einer WLAN Wolke sitzt. Ein offenes WLAN ist in rumänischen Restaurants natürlich Standard, man ist ja nicht in Deutschland...
Ich liebe die noch intensivst gepflegte Kultur der rumänischen Kilometersteine! Jeder Kilometerstein gibt Auskunft, wie weit es noch zur nächsten größeren Stadt und wie weit es zum nächsten Dorf ist. Befindet man sich in einem Ort wie hier in Seaca, so steht da einfach der Ortsname ohne Kilometerangabe. Überhaupt finde ich das Straßennetz in Rumänien sehr zuverlässig ausgeschildert. Leider werden die echten Kilometersteine durch identisch aussehende "Blechdosen" ersetzt.
Später zogen wir nach Mănăstirea Turnu um. Dort saß man herrlich am Flussufer im Schatten. Es ging sogar ein ganz angenehmer Wind, so dass es sich gut aushalten ließ. Später wollten wir hier gern trotz des Hochlichtes einen Zug aufnehmen, denn die Felskulisse ist hier schon klasse.
Der Mittagsbummel R 2072 legt einen Halt in Kloster Turnu ein. Die imposante Kulisse ließ uns trotz Hochlichtes die Kamera zücken.
Der Zug hielt hier etwas länger. Ein Reisender musste erst von seinem Abholer davon überzeugt werden, hier wirklich auszusteigen. Der Schaffner wartete geduldig. Danach gab es Kuttertuckern in reiner Soundkultur. Nach diesem Schauspiel wechselten wir nach Lotru, wo wir das Motiv mit der Westausfahrt erkunden wollten. Dazu fuhren wir den Deichweg des Stausees hinein, der wirklich schöne Ausblicke eröffnete. Jetzt hatten wir wieder viel Zeit. Der zu fotografierende Zug war erst in anderthalb Stunden dran. Wir blieben einfach stehen. Das Auto stand dort zwar in der prallen Sonne, aber es wehte ein schöner erfrischender Wind durch das Auto, dessen vier Fenster natürlich geöffnet waren. Zwischendurch tauchten plötzlich Pferde auf, die den Bahnhof abgrasten. Zwei besonders schlaue Gäule verschwanden, als der Zug hinten im Bahnhof anhielt. Der Rest der Herde verschwand erst, als der Zug hupend anrollte.
Der nordfahrende R 2063 muss erstmal paar Pferde vertreiben, bevor er den Bf Lotru verlassen kann.
Und nochmal die Komplettansicht von Yannick mit der Weichenwärterbude und der kompletten Gebirgskulisse.
Der Plan war nun, dem Malaxa ein Stück entgegen zu fahren. Da sich die Straße südlich Lotru im engsten Teil des Tals aber wesentlich mehr windet als die Bahn, erschien uns das bald zu riskant, denn die Einfahrt Lotru wollten wir auf jeden Fall haben. So besorgten wir uns nur kühles Nass von der Tanke und warteten einfach weiter an der Ostausfahrt des Bf Lotru. Bald ging sogar die Schranke runter. Doch nichts tat sich. Ein Autofahrer hupte ungeduldig, doch der Wärter rief ihm zu, dass ein Zug käme. Es tat sich weiter nichts. Der IR, der noch vor dem Malaxa kommen sollte, wurde überfällig. Rund fuffzehn Minuten später kam der Wärter aus seinem Haus gerannt, schmiss das Esig auf Halt und öffnete die Schranke, damit das Auto passieren konnte. Danach gleich wieder Bäume runter und Einfahrsignal wieder gezogen. Nun war der Zug auch endlich in der Ferne zu hören.
Warum er das Auto erst so knapp vorm Zug rübergelassen hat, weiß wohl nur er allein. Die extrem langen Schließzeiten waren uns aber schon letztes Jahr aufgefallen. Nach dem Desiro ließ der Wärter die Bäume gleich unten und begann nun, von Weiche zu Weiche zu laufen, um den Fahrweg für den Malaxa einzustellen, der hier Kreuzung hatte. Gerade auf dem Ausweichgleis kam der für uns sehr fotogen.
Dieses Motiv musste mit dem Malaxa einfach noch sein, vielleicht weil wir es letztes Jahr als einziges Malaxa 800 Bild nur ohne Sonne hinbekommen haben. R 2461 rollt in den Bahnhof Lotru.
Nun verstieß das weitere Konzept leider gegen die Regel, keine zu knappen Ortswechsel vorzunehmen. Den Malaxa hatten wir im weiteren Verlauf ja gestern schon ganz nett bekommen. Wir hatten es jetzt oben auf der Strecke von Brașov auf den umgeleiteten Nachtzug "Dacia" abgesehen. Leider liefen wir auf der Reichsstraße 7 bald auf einen endlosen Tross von LKWs auf. So ging es nicht ganz so zügig voran. Und die Strecke des Nachtzuges erreichten wir erst, als der schon durch gewesen sein konnte. Das war jetzt eine blöde Unsicherheit.
Sicherheitshalber fuhren wir weiter auf die andere Seite von Sibiu. Droben in den Bergen stellten wir uns einfach mit dem Auto auf eine Straßenbrücke einer kaum befahrenen Nebenstraße unweit des Hp Săcelu Sibiului. Irgendwo muss ich durch Kuhfladen gefahren sein, das Auto war bis oben mit Exkrementen besprenkelt. Dieser Duft... Was nicht kam, waren Züge. Weder der Dacia noch der Transsilvania von Budapest, unser Anreisezug. Das Licht wurde immer schwächer. Als schon Unworte wie "Abbruch", "aufgeben" u.ä. in die Landschaft gestellt wurden, tauchte der Transsilvania doch in der Ferne auf. Den konnten wir als Streifung nehmen.
Spät ist es geworden, da tauchte der IR 75 "Transsilvania" doch noch bei Săcel auf.
Fast gleichzeitig tauchte aus der Gegenrichtung ein Nahverkehrszug auf, dessen einer Wagen mit zwei Loks davor vielleicht eine Spur übermotorisiert wirkte.
Aus der anderen Richtung nähert sich eine interessant aussehende Fuhre als R 2415. Die anderen Regio-Züge sind hier eher Desiros.
An der Halta Săcel steigen sogar Leute aus. Interessant ist, dass in Rumänien die Bahnsteige der EG-abgewandten Gleise zumeist außen angelegt werden. So muss man nicht auf Bahnsteigkreuzungen achten. Wie das wohl abgelaufen wäre, wenn der "Transsilvania" genau jetzt durchgekommen wäre?
Danach ging es stramm ins Hotel. Unterwegs sahen wir den Dacia mit rund +70. Die Dusche tat mal wieder sehr gut. Und was ich essen wollte, wusste ich ja. Die gegrillten Entenbrustfilets waren dann auch wirklich phantastisch. Dazu wählte ich gegrilltes Gemüse und Safranreis und zwei Kannen Budweiser.
Die Entenbrust medium gegrillt im Hotel Exclusive in Sibiu. Sehr empfehlenswert. Die Entenbrust und das Hotel! (Bild vom Vortag, als Yannick den Vogel mit Pommes hatte).
Leider mussten wir heute das schöne Hotel nach dem guten Frühstücksbuffet verlassen. Heute Abend war es leider ausgebucht. Unser Frühkonzept führte uns erstmal zu einer Tankstelle, wo wir den Wagen volltankten - zumindest nachdem der Verkäufer extra rausgekommen war, weil kein Sprit kam, und auf eine Taste am Kartenlesegerät drückte. Dann lief es. Viel wichtiger war währenddessen aber Yannicks Mission, nämlich die Beseitigung von dem ganzen Kuhschiss am Auto. Der Mann von der Tanke sagte nichts gegen die Quasi-Autowäsche mit dem Scheibenwaschschwamm. Wir verließen Sibiu, entfernten uns von ihm-nur-ihm, dem Marktplatz. Würden wir ihm jemals wieder so nahe kommen?
Ansonsten war das Frühkonzept etwas dünn. Wir wollten halt nicht nur Olttal machen. Und die Hauptstrecke von Sibiu Richtung Deva führt westlich von Sibiu extremst gewunden über eine Bergkette. Dieser Abschnitt interessierte uns, wobei es da lediglich zwei geeignete Züge gab: Den westfahrenden Transsilvania und den ostfahrenden Dacia. Leider war der Himmel heute extrem dunstig. Und oben in den Hügeln kam zu der heftigen Hitze noch eine unglaubliche Schwüle. Die Strecke führte wirklich durch eine traumhafte, einsame Berglandschaft. Auf vielen Kilometern kam man per Auto gar nicht an die Strecke ran.
Doch das wirkliche Übel war, dass die Strecke praktisch von Büschen eingehaust war. Ich weiß gar nicht, was die Rumänen im Fall einer Evakuierung machen. Da muss erstmal der Zug freigesägt werden. Wenn man längs der Gleise entlang schaute, blickte man wirklich durch senkrechte Wände, die ins Gebüsch gefräst worden waren. Freie Landschaftsmotive waren also - soweit von der Straße einsehbar - Fehlanzeige. Im Bf Apoldu de Sus wurden wir allerdings fündig. Paar nette Gebäude, das Bergpanorama und eine ganz ordentliche Bewuchsfreiheit der Gleisanlagen des weit abseits des Ortes liegenden Bahnhofs fanden auf Anhieb Gefallen.
Wir parkten neben einem Brunnen, aus dem später ein Junge auch noch Wasser holen kam. Am Himmel hatte sich jetzt auch noch so ein komisches Küddel-Wolkenfeld gebildet, das für wechselnde Lichtverhältnisse sorgte. Fast drohte uns das bei der drückenden Schwüle gleichgültig zu werden. Natürlich nur fast... Ich stellte mich für einen Teleblick, Yannick für die übliche Weitwinkelei auf. In Apoldu de Sus endet ein eingleisiger Abschnitt dieser ansonsten zweigleisigen Strecke. Irgendwann war aus Richtung Berge immer wieder mal das tiefe Grummeln der GM zu hören, dann das Poltern der Wagen, dann wieder Stille. Je nach dem, ob der Zug gerade hinter einem Hügel verschwunden war. Erst eine Viertelstunde später war es, als ob der Zug durch den Vorgarten des Bahnhofs fahren würde. Ich schaute unwillkürlich, ob es hier womöglich nach Streckenbegradigung (ha-ha) ein neues Gleis auf der anderen Seite des EG gäbe. War natürlich Quatsch. Der Zug war gerade am Hügel gegenüber des Bahnhofs und musste noch eine Rundkehre ausfahren. Die Küddelwolken hatten sich wieder ziemlich aufgelöst, so dass man guter Dinge war.
Der Zug wurde nun aber leider nicht wie erwartet auf das rechte Gleis übergeleitet, sondern fuhr im geraden Strang links durch den Bahnhof. Das war nicht ganz so ideal, weil ich da schon sehr weit hinten auslösen musste (doch noch zu viele Büsche im Bahnhof). Aber es ging schon.
Schon wieder der Transsilvania. Diesmal allerdings der Gegenzug IR 74, der gerade in den Bahnhof Apoldu de Sus einfährt.
Link zu Yannicks Video: https://m.youtube.com/watch?v=Ta22hXSSO7I&feature=youtu.be
Der Stationsvorstand war nur kurz zum Zug auf den Bahnsteig getreten, machte einen gutmütigen Eindruck und grüßte nett. Nun mussten wir für die Gegenrichtung, für den Dacia, eine Stelle finden. Vom Winkel der sich windenden Strecke passte ein Abschnitt bei Apoldu de Jos am besten. Dort war allerdings Außenkurve vorherrschend. Wir warteten an einem nichtssagenden BÜ, der bloß den entscheidenden Vorteil hatte, dass alles andere noch nichtssagender war. Der Dacia kam pünktlich. In der Außenkurve war aber nichts von den interessanten Wagen zu sehen.
Der Dacia in einer der reichlich vorhandenen Außenkurven bei Apoldu de Jos.
Wir wollten dem Zug allerdings auf die andere Seite des Höhenzugs folgen, wo wir uns eine Möglichkeit von einer der Brücken bei Săcel erhofften. Der Lichtstand und auch die Buschsituation hätten dort tatsächlich einen freien Blick auf den gesamten Zug ermöglicht. Aber im Hintergrund schien eine neue Betonbrücke so dermaßen hell zu uns herüber, dass das motivlich der pure Abschaum gewesen wäre. Wir überlegten: Zur Zugdoku hierbleiben oder auf Risiko spielen, und entlang einer bahnparallelen gelben Straße unser Glück probieren? Wir entschieden einstimmig für letzteres. Die prallen Motive sprangen uns da nun allerdings auch nicht an. Im Bereich der Halta Sibiel gab es arg beengt mit Standpunkt auf der sich anschließenden Bachbrücke immerhin eine Möglichkeit, bei der bis auf einen viertel Wagen der komplette Zug zu sehen war.
Hier erkennt man mehr vom IR 347 "Dacia". Bei der Durchfahrt durch die Halta Sibiel mit ihrem tiefergelegten EG ist der Zug fast vollständig zu sehen.
Das war das Frühprogramm. Es war jetzt 10.40, die Suppe lief an uns runter und es wurde Zeit für das Mittagsprogramm. Da hatten wir auch schon ein volles Konzept mit vier Programmpunkten. Als erstes ging es auf der gelben Landstraße einfach weiter. Die wurde immer haupter, vereinigte sich mit immer größeren Straßen und zehn Minuten hinter dem wunderschönen Festungsort Christian reisten wir vierspurig bei Hermann ein. Jaaaaa, wir waren wieder in Sibiu! Unsere Reise würde jetzt einen Sinn bekommen! Wir waren auf dem Weg zu Ihm-nur-ihm! Am Rande der Altstadt fanden wir auf Anhieb einen Parkplatz, und der kostete nichtmal was! Und das beste: Es war hier zwar heiß, aber längst nicht so drückend wie in den Bergen. Im Gegenteil: Es wehte sogar ein erfrischender Wind!
Paar Stufen hoch, und da waren wir nun. Am Marktplatz von Sibiu, der eigentlich Piața Mare heißt. Also jedenfalls dann, wenn wir den richtigen Platz gefunden haben. Wir waren zutiefst beeindruckt. So einen Platz hatten wir wirklich noch nie gesehen! Tief ergriffen blickten wir uns um.
Yannick proudly presents: The Market Place of Hörmäntown, Piața Mare!
Die Lügenbrücke: Wer beim Lügen erwischt wird, wird in die Luft geschleudert ;-)
Na gut, jetzt mal im Ernst: Die Altstadt von Sibiu ist wirklich wunderschön. Selbst an einem heißen Julimittag. Allerdings bleibe ich dabei: Wenn es mir auf wunderschöne "deutsche" Städte ankäme, würde ich eher eine Deutschland-Rundreise bestellen. Die lange Fahrt nach Rumänien haben wir unternommen, um "anderes" zu sehen, andere „Atmosphäre“ in uns aufzunehmen. Wobei das gar nicht soooo einfach ist, denn nach wie vor finde ich Rumänien ziemlich „normal“. Den auffälligsten Unterschied zu Deutschland finde ich in den Dörfern, die einen aus Deutschland nicht gekannten lebendigen Kosmos darstellen, in denen Leben in allen Belangen stattfindet. Aber ich schweife ab. Es folgen einige Mittagsbilder aus Sibiu. Massen mehr davon findet man, wenn man bei Google „Fotos Sibiu“ eingibt ;-)
Die Lügenbrücke mal ohne Testpersonen.
Piața Mică, auch ein nettes Plätzchen.
Die Treppe unterm Turnul Scărilor hinab in die Unterstadt.
Das sympatischste am Marktplatz war jedenfalls der Eisstand. Mit dessen Erzeugnissen in der Hand schlenderten wir nun gemütlich zum Auto zurück. Wir hatten nun unser Reiseziel erreicht! Was sollten wir mit den restlichen anderthalb Wochen anfangen? Keine Sorge: Wir hatten noch Konzepte! Nun ging es aber erstmal an Punkt 2 unserer Mittagsliste: Zimmer im Hotel Veștem klarmachen. Das klappte diesmal dann auch, wobei uns der Kellner des Restaurants bediente, der uns auch gleich mal Geld abnahm, ohne dass er eine Quittung hätte ausdrucken können. Aber ich hatte ja den Schlüssel. Mal sehen, was das wird. Wir waren aber guter Dinge und starteten zu Punkt 3: Erkundung eines Motivs für den Dacia heute Abend zwischen Tălmaciu und Podu Olt. Das sah auch sehr nett aus, bewuchstechnisch war es für rumänische Verhältnisse noch sehr ok.
Punkt 4 war dann das Mittagessen, wobei wir uns da etwas schwer taten, bis uns ein Restaurant von den zahlreichen an der Straße 7 auch gefiel. Ich verstehe es nicht. Die meisten dieser Etablissements liegen zwischen Straße und Fluss. Wieso hatten alle die Veranda zum Draußensitzen auf der Straßen- und nicht auf der Flussseite? Es gab ein am offenen Holzkohlegrill zubereitetes großes Nackensteak. Das war lecker! Wir hatten dann immer noch zwei Stunden bis zum Nachmittagsprogramm! Da musste ein Programmpunkt 5 her: Ein schöner Ort zum relaxen.
Da das Olttal doch sehr vom Lärm einer der stärkstbefahrenen rumänischen Straßen beeinflusst ist, hatten wir die glorreiche Idee, mal einen Weg in ein Seitental hineinzufahren. Wir bogen an der Siedlung Lazaret in den Weg nach Lotrioara ab. Dort fanden wir nach zwei Kilometern dann auch einen wunderbaren Platz im Schatten eines Felsens an einem Rauschebach. Herrlich! Es war angenehm kühl, es herrschte null Verkehrslärm, man hörte nur das Wasser. Es blieb nicht lange beim Sitzen am Bach. Yannick war als erstes mit den Füßen drin. Da er mich nun gar nicht lange trocken lassen konnte und anfing, mich zu bespritzen (es nützte auch nichts, dass sein iphone direkt neben mir lag), "musste" ich bald nachziehen. Nun dauerte es nicht mehr lange, bis wir beide restlos nass waren. War das eine Wohltat. Wir konnten nur hoffen, dass das Wasser wirklich so sauber war, wie es aussah. Für den Rest der Pause konnten wir in Ruhe am Ufer trocknen, wobei Yannick irgendwelche Krabbelviecher aussortieren musste, die auf seinen Beinen rumkrabbelten, und von denen Yannick meinte, das wären Zecken.
Yannick beginnt die Wasserschlacht.
Den Trocknungsvorgang kann man mit Weitertreiben des Reiseberichtes überbrücken.
Unser heutiges Spätprogramm sah nun einige Motive im engen Olttal vor. Da die Straße verbreitert wird, sind eine Menge Bäume von der Straßenböschung am Olt verschwunden, so dass man den einen oder anderen freien Ausblick dazu gewonnen hat. Uns schwebten zwei Stellen für den Südfahrer vor. Dieser hatte in Câineni Kreuzung mit dem Nordfahrer, für den wir eine Stelle im Tal und eine in Tălmaciu hatten. Für das erste Bild standen wir mittenmang neben einigen Betongießern, die die neue Stützmauer gossen. Die Verfolgung zum Lokschuppen von Râu Vadului klappe gut, doch zu unserer Überraschung war dort das Licht schon zu weit rum.
Der nachmittägliche R 2070 besteht wieder mal aus einem einzelnen Doppelstockwagen. Südlich des auf der anderen Flussseite nicht per Auto erreichbaren Kreuzungsbahnhofes Valea Mărului spiegelt dich das kurze Gespann im Olt.
Einige Kilometer weiter begegnet uns die 82 mit dem einzelnen Wagen nochmal in Râu Vadului.
Der Nordfahrer klappte nicht so gut. Auch der Blick auf die Brücke von Valea Fratelui hatte von den Rodungs- und Rückschnittaktionen profitiert. Auf der Brücke sollte es der Nordfahrer also sein. Tja, nachdem den ganzen Nachmittag keine Wolke die Sonne getrübt hatte, suchte sich dieser Zug das Zweiminutenfenster einer Furzwolke, die eigentlich am Himmel kaum zu sehen war. Blöde! Hinterm Zug wurde es sofort wieder hell. Beim Zurücklaufen zum Auto musste ich doch glatt einem sehr agressiven Straßenköter (besserer Fußabtreter, hatte auch schon ne blutige Schnauze) einen Tritt auf die Schnauze verpassen. Der hat gewirkt, er ließ mich sofort in Ruhe. Sowas hatte ich noch nie mit nem Straßenköter, wobei dieser hier auch zum benachbarten Hof gehört haben konnte. Eine vorm Haus sitzende alte Frau rief dem Hund auch irgendwas zu, was ihn aber nicht sonderlich beeindruckte.
Der Nordfahrer, R 2063, überquert den Olt auf der Brücke von Valea Fratelui. Die nachträgliche elektronische Bildbearbeitung lässt das Bild "sonniger" erscheinen als es war.
Überdies zog die Wolke mit dem Zug mit. Wir hatten ihn trotz Zurücklaufens zum Auto und Hundeaktion in Valea Mărului durchaus schon wieder. Aber da ging auch überall vorm Zug das Licht aus. Wir bekamen den hübsch bunten Zug, den ersten mit wenigstens einem blauen Wagen, allerdings in Tălmaciu auf der Cibinbrücke und im Hp Veștem nochmal. Wobei wir Veștem letztes Jahr wesentlich netter hinbekommen hatten. Statt blühender Hecke war jetzt alles nur furchtbar verkrautet.
R 2063 auf der Cibinbrücke von Tălmaciu...
Das Konzept ging noch weiter. Jetzt sollte es der westfahrende Dacia von dem Hügel bei Tălmaciu sein, den wir heute Mittag erkundet hatten. Etwas knapp, aber doch sicher noch rechtzeitig, erreichten wir den Hügel. Mittlerweile war es wieder furchtbar drückend und schwül geworden. Mit hängender Zunge erreichten wir den Ausblick. Doch was wieder nicht kam, war der Dacia. Sowas Blödes. Von hinten kam noch der "Bäderzug" ans Schwarze Meer, den wir sonst gern in Turnu Roșu aufgenommen hätten. Aber kein Dacia.
Hätten wir gewusst, wie stark der Dacia verspätet ist, hätten wir ihn wunderbar in Turnu Roșu von vorn aufnehmen können: Den Nacht-R 2801 ans Schwarze Meer.
Als es Zeit wurde für den Bummelzug Richtung Făgăraș waren die Schatten schon beträchtlich gewachsen. Wir hatten gerade beschlossen, dass wir abbrechen, wenn der Desiro in Podu Olt ohne Kreuzung weiterführe, da rumpelte der Dacia hinten über die Oltbrücke. Das musste schattentechnisch noch gut ausgehen. Wenn wir allerdings erwartet hätten, dass die Nase der 65 irgendwann mal hinter den Bahnhofsbäumen von Podu Olt wieder auftauchen würde, hatten wir uns mal bös geschnitten. In Rumänien fährt man eben durch so einen wichtigen Abzweigbahnhof nicht einfach durch, selbst dann nicht, wenn im Fahrplan kein Halt verzeichnet ist. Die Schatten wuchsen. Eeeendlich wurden wir erlöst. Langsam kam die 65 mit ihrem Dacia um die Ecke gekullert.
Mit rund 70min Verspätung kommt der IR 346 "Dacia" zwischen Podu Olt und Tălmaciu angefahren. Im Hintergrund links sieht man einige Signale des Bf Podu Olt und über dem Zug sind die Oltbrücken erkennbar.
Auch wenn zwischenzeitlich wieder etwas Wind aufgekommen war, rann der Schweiß nur so an uns runter. Im Hotel erinnerte man sich noch an uns, auch dass wir bezahlt hatten. Nur für das Restaurant waren wir nun leider zu spät dran. Die wollten um 20.30 die Küche schließen. Aber das Gute an einer Herberge draußen am Kreisel vor den Toren der Stadt ist ja, dass man Alternativen hat. Wir besorgten uns beim benachbarten Subways belegte Baguettes und bei der Tanke nebenan Bergenbier. Das klingt so schön norwegisch.... Das Hotel war sehr billig. Aber letztes Jahr im April hatten wir auch nicht so genau registriert, dass die "Klimaanlage" eher eine altersschwache Lüftung ist. Die Luft im Zimmer war nicht toll. Und der Kühlschrank funktionierte auch nicht. Schade, letztes Jahr hatten wir uns hier wohl gefühlt.
Bei offenem Fenster konnten wir dann aber doch ganz gut schlafen - oder ich jedenfalls. Leider musste man morgens das Fenster zeitig schließen, weil sich ein ziemlicher Fäkalgestank breit machte, der mit zunehmender Wärme von den umliegenden LKW- und Fahrer-Entsorgungseinrichtungen ausging. Was waren wir im Nachhinein froh, dass dieses Hotel am Sonntag voll gewesen war und wir dadurch in den Genuss des wunderschönen Hotels in Sibiu gekommen sind! Das Frühstück konnten wir netterweise außerhalb dieser Duftglocke auf der Terrasse einnehmen. Es war reichhaltig und konnte die Lebensgeister wecken.
Mein persönlicher Wunsch war nun, den Blick vom Sandsteinabbruch in Tălmaciu nochmal mit einer hoffentlich schöneren Garnitur zu wiederholen. Vorgestern hatte ja der zweite Wagen diesen komischen Grundierungston im unteren Bereich. Die Hoffnung lag jetzt voll und ganz darauf, dass die blaurote Garnitur von gestern Nachmittag wiederkäme. Aber das wäre ja alles zu schön gewesen. Der zweite Wagen war schon wieder komisch, anscheinend völlig verblichen oder ebenfalls mit irgendeinem Grundierungston versehen. Aber diesmal wenigstens komplett, das sah wenigstens etwas besser aus.
Nochmal der Blick vom Sandsteinabbruch bei Tălmaciu. Diesmal mit R 2068 auf der Cibinbrücke.
Als Zweitstelle für diesen Zug fiel uns auch nichts besseres ein, als nochmal den Lokschuppen von Râu Vadului zu nehmen. Der gesamte Frühplan war nämlich, diesen Zug bis vor Râmnicu Vâlcea zu begleiten und dann weiter in Richtung Osten zu durchzustarten.
Der Lokschuppen von Râu Vadului nochmal etwas seitlicher.
In Lotru erhielt das Programm allerdings schon eine Änderung. Die Oltbrücke westlich des Bahnhofs sah einfach zu genial aus - allerdings für Nordfahrer. Das Gute war, dass ein solcher sogleich kommen sollte. Wir bauten uns einfach mal auf einer Stützmauer der Nationalstraße 7 auf. Sehr "angenehmes" Warten, so auf Tuchfühlung mit den vorüber bretternden LKWs. Die Belohnung war allerdings ein schönes Motiv.
R 2068 rollt in den Bahnhof Lotru ein. Die Kreuzung mit dem Gegenzug findet allerdings erst ein Stück hinter Lotru statt, wo die Bahnstrecke zweigleisig wird.
Der Gegenzug kommt über die Oltbrücke angefahren. R 2061 besteht aus wenig Zug in viel Brücke.
Neben der aktuellen gibt es auch eine alte Brücke. Was hier wie eine Schmalspurbahn aussieht, dürften wohl die alten Führungsschienen der Normalspurstrecke gewesen sein. Auf der anderen Seite des Bahnhofs Lotru meinten wir allerdings tatsächlich Relikte einer Schmalspurbahn gesehen zu haben. Es gab da nur neunzehn Jahre lang, von 1949 bis 1968 eine Holzabfuhrbahn von Voineasa über Brezoi runter nach Lotru.
Nun dachten wir eigentlich, dass nun die große Fahrt ostwärts beginnen kann. Konnte sie dann aber doch nicht, weil mir einfiel, dass gleich ja noch der Desiro nordwärts kommen müsste. Den konnte man als Nachschuss in Kloster Turnu machen. Dort gehen vormittags halt nur Nachschüsse. Das klappte dann auch nur, weil sich der mindestens mit -5 laufende Zug rechtzeitig durch nen Tröt bemerkbar machte und man noch schnell aufspringen konnte.
Kloster Turnu am Vormittag. Der Interregio hält hier aber nicht...
Dann ging es aber endgültig auf die Piste. Mittlerweile war es wieder extrem drückend heiß geworden. So war man froh, im klimatisierten Auto durch die Gegend fahren zu können. In Râmnicu Vâlcea deckten wir uns mit Teigwaren "auf die Hand" ein, die wir beim Gekurbel durch die Berge gegessen haben. Ein Automatik Wagen wäre jetzt hilfreich gewesen...
In Pitești begann die Autobahn. Die ist ja sooooo moooonotoooon... In Pitești enden nämlich auch die Berge. Vor uns lag nur noch flaches Land. Die Augenlider wurden immer schwerer. Felder bis zum Horizont. Irgendwo habe ich ne Ausfahrt genommen und uns für ein Nickerchen an den Rand eines Weges gestellt, aber das war ja soooo unerträglich heiß, dass an Schlaf nicht zu denken war. Yannick hatte uns paar Mirabellen gepflückt, dann ging es klimatisiert weiter.
Irgendwie hatte ich in meiner grenzenlosen Naivität gedacht, dass die Autobahn um București herum führt. Aber dem war nun gar nicht so. Sie führte direkt hinein. Plötzlich gab es O-Busse auf der Autobahn, die ab hier natürlich keine Autobahn mehr war. Das Navi wollte uns geradewegs durch die Stadt schicken. Wir entschieden uns aber doch lieber mal für den südlichen Orbit, der nun halt keine Autobahn, sondern eine ordinäre Landstraße war. Es war schon krass. Der "Südring" kreuzte ja praktisch jede Einfallstraße aus Richtung Süden. Die meisten gingen per Brücke über oder unter uns rüber, aber einige stark befahrene Straßen kreuzten auch ganz normal ebenerdig. Keine Ampel, kein Kreisel, keine Abbiegerspuren, nichts. Aber mit gegenseitigem Blickkontakt wurde immer abwechselnd gefahren, einer ließ den anderen vor. Das wäre im "Ich-hab-hier-aber-Vorfahrt-Deutschland" undenkbar. Bis auf gewisse Stockungen lief der Verkehr!
Neben uns führte ununterbrochen eine Bahnstrecke entlang. Diese Bahn-Südumfahrung wirkte nur minimalst bis gar nicht genutzt und war auch nicht elektrifiziert. Aber die vielen Bahnhöfe schienen noch besetzt zu sein. Teils gab es sogar Formsignale. Bei Manolache gelangten wir wieder auf die Autobahn. Diesmal die A2 nach Constanța. Etwas irritierten uns die vielen Hinweistafeln auf spezielle Mautplaketten. Wir dachten, in Rumänien lässt man einmal seinen Wagen mautmäßig registrieren, und dann ist gut!?! Wie wir später ergoogelt haben, ging es um die Maut für die Donaubrücke. Die kann man normal vor Ort entrichten, staufreier geht es aber mit nem Plackerl.
Als Spätprogramm war für heute folgendes gedacht: Um 17.00 sollte ein Malaxa von Slobozia Veche nach Ploiești fahren. Prima ins Licht. Der sollte es sein. Ein Hotel hatten wir für Urziceni gebucht. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt... Wir also in Ciulnița von der Autobahn runter und hoch nach Slobozia gefahren. Weite Kornkammer, ich fühlte mich an den mittleren Westen der Staaten erinnert. In Slobozia musste der 17.00 Zug schon rumstehen. Wie wir nach unserer Ankunft gegen 16.00 feststellten tat er das auch. Allerdings in Form eines Desiro. Gaaanz gaaanz großes Tennis!
Plietscherweise erst jetzt und nicht schon vor Buchung unseres Hotels in Urziceni stellten wir über die Onlineauskunft fest, dass die Verkehre hier in der Ecke völlig neu sortiert worden waren. Zwischen Urziceni und Ploiești hatte jetzt Regiotrans den Verkehr von der CFR übernommen. Wieder ein Malaxa Einsatzgebiet weniger! Die angedachte Malaxaleistung ab Slobozia ist ab Urziceni in Richtung Hauptstadt umgelegt worden. Das war natürlich Aufgabe für einen Desiro...
Wir hatten also in Urziceni und Umgebung nun gar nichts mehr zu tun. Der ursprüngliche Plan war gewesen, morgen weiter ans Schwarze Meer zu fahren. Aber es wäre nun pure Zeitverschwendung gewesen, dort nicht heute schon hin zu fahren. Zum Glück ließ sich die Unterkunft in Urziceni so kurzfristig auf booking.com noch kostenfrei stornieren. Davon machten wir, im Schatten auf der Ladestraße von Slobozia stehend, sogleich Gebrauch. Als neue Unterkunft gab es ein Viersternehotel in Eforie Nord, einem der Urlaubsorte zwischen Constanța und Mangalia direkt am Schwarzen Meer und mit direkten Bahnverbindungen in fast jedes Kaff dieses Landes. Diese Bäderzüge sollten ein Thema der nächsten Tage sein.
Wie wir also auf der Ladestraße des grundmodernisierten Bahnhofs Slobozia Veche so im Auto sitzend unseren Urlaub neu sortierten, kam ein seriös gekleideter Herr vorbei und sprach uns an. Auf unsere Bitte hin kramte er sichtlich bemüht sein Englisch zusammen. Ob bei uns alles in Ordnung wäre. Mit unserem Ja begnügte er sich aber nicht. Auf unsere Frage, ob wir ihm helfen könnten, meinte er, ob wir denn die Militäranlagen auf der anderen Straßenseite fotografiert hätten. Aha, dieser Wind wehte also! Zum Glück waren unsere Kameras wohlverstaut, und nach unserem erschrockenen "Nein" war für ihn die Sache ok.
So ein Aufenthalt auf einer Ladestraße kann ja so ereignisreich sein! Wir hatten schon gemerkt, dass für die 16.40 Leistung nach Ciulnița runter an die Hauptstrecke der Zug fehlte. Der hätte wohl um 16.03 von ebendort ankommen müssen, aber da war nichts gekommen. Aber so gegen 16.50 ertönte plötzlich ein Tröt, und ein wunderschöner Malaxa 750 erschien auf der Bildfläche! Wir dachten nun, dass der sogleich nach Ciulnița zurück fahren würde und eilten an die Strecke. An der Halta Brincoveni fanden wir ein "Motiv" mit der endlosen Weite der Kornfelder. Staubige Straße, Erntemaschinen auf den Feldern, Hitzeflimmern bis zum Horizont. Unser kühles Auto wird von Fliegen erobert. Kornlastwagen wirbeln Sand auf. Nur der Malaxa kommt nicht.
Staubiger Schwerlastverkehr in den weiten Kornfeldern der Bărăgan-Ebene.
Wir gaben auf, fuhren wieder auf die Autobahn und strebten über die Donau. Die Querung ist schon sehr eindrucksvoll. Die alte Bahnbrücke über den westlichen Donauarm scheint wieder reaktiviert worden zu sein. Am imposantesten fand ich aber die Brücke über den Ostarm. Das imposante Bauwerk mündete geradewegs in einen Steilhang. Hier war man gerade dabei, die alte Brücke wieder zu elektrifizieren. Eindrucksvoll fand ich auch die folgende Landschaft, in die der Donau-Schwarzmeer-Kanal tief in die Landschaft gegraben war.
Die Donau ist schon ein kurioser Fluss. Der zweitlängste Fluss Europas nimmt natürlich nicht den direkten Weg zum Meer. Nachdem die Donau für einige hundert Kilometer zuverlässig die Südgrenze Rumäniens gebildet hat und dabei stramm Kurs auf das Schwarze Meer nahm, entscheidet sie sich 50km vorm Meer um und schwenkt in nördliche Richtung ab, um auch mal Rumäniens nördliche Nachbarn kennenzulernen. Zumeist in zwei Hauptarmen fließt sie nun, ohne eine Grenze zu bilden, stramm nach Norden und wird dort zwischen Fetești und Cernavodă von der Bahn und Autobahn gequert, die natürlich auf direktem Wege ans Meer zur Hafenstadt Constanța weiter streben. Nun sind Rumäniens nördliche Nachbarn hier im Osten des Landes gar nicht mehr so weit entfernt. Nach rund 130km gen Norden kann der Fluss kurz Moldawien begrüßen, das allerdings nur an einem einzigen Ort Flusszugang hat. Es folgt links des Flusses die Ukraine, die die Donau zusammen mit Rumänien nun stramm ostwärts an das Schwarze Meer geleitet. Der Übergang ins Meer ist fließend im doppelten Sinne. Die Donau zeigt nun, dass sie weit mehr als nur zwei Arme kann. Das Fächer der Flussarme des Donaudeltas ist eine einzigartige Sumpf- und vor allem unberührte Naturlandschaft, die fast vollständig auf rumänischem Territorium liegt. Die europäischen Everglades...
Durch den plötzlichen Nordschwenk der Donau ist der östlichste Teil Rumäniens zwischen Fluss und Meer praktisch eine Halbinsel, die Dobrogea (dt Dobrudscha), die vom übrigen Rumänien durch den großen Strom getrennt wird. Größter Ort der Dobrogea ist die bedeutende Hafenstadt Constanța . Neben einigen bedeutenden Ferienorten unmittelbar nördlich von Constanța spielt sich das gesamte rumänische Strandleben auf rund 35km Strandlinie südlich davon bis zur bulgarischen Grenze ab. Diese Ferienorte werden auf der Schiene durch die nicht elektrifizierte Nebenbahn Constanța - Mangalia angeschlossen. In der Sommersaison herrscht hier Hochbetrieb. Im Laufe des Morgens und Vormittags treffen hier sechs Nachtzüge aus Suceava, Sibiu (der Regio mit Doppelstockwagen), Satu Mare, Timișoara, Arad und Oradea sowie zwei Tagesschnellzüge aus Bukarest und Craiova ein, die zum späten Nachmittag und Abend hin die Dobrogea wieder verlassen. Ansonsten hat es in der Dobrogea leider schon viele Stilllegungen gegeben. Im Personenverkehr gibt es halt die elektrifizierte Haupteinflugschneise București - Constanța. Ansonsten wird nur noch eine Nebenbahn bedient, die von Medgidia hoch nach Tulcea am Rande des Donaudeltas führt.
Geologisch besteht die Dobrogea aus einigen Gürteln alten Kalkgesteins. Nachdem man von București kommend bis zur Donau fast nur durch platte, endlose Agrarlandschaft fährt, empfängt einem die ebenfalls sehr intensiv landwirtschaftlich genutzte Dobrogea mit einer angenehmen Hügeligkeit. Die dürfte dann wohl auch die wahre Motivation der Donau für ihren Bogen darstellen.
Nachdem das Spätprogramm bislang unerfreulich zuglos geblieben war, wollten wir schauen, ob wir wenigstens heute schon mal einen der Bäderzüge von Mangalia auf der Nebenbahn vor Constanța aufnehmen könnten. Wir suchten ein wenig im Bereich Eforie herum, wo die Bahn am Ufer einer Lagune entlang fährt, und fanden auf Höhe des südlichen Esig von Eforie Nord eine brauchbare Stelle.
Kurz vor Erreichen des Bf Eforie Nord konnte IR 1821 nach Arad vom Ufer des Lacul Techirghiol, einer Lagune, beobachtet werden.
Wenig dominant im Bild liefen zwei spärlich bekleidete junge Männer an der Wasserkante entlang. Der eine kam dann auf uns zu und wollte wissen, ob wir ihn fotografiert hätten. Er wolle nicht, dass ein Foto von ihm bei Facebook auftauche. Wir konnten ihn beruhigen, indem wir ihm das Bild zeigten. Yannick meinte, dass der Typ sicherlich seiner Freundin erzählt habe, auf Dienstreise in Bukarest zu sein. Meine Vermutung ging eher in die Richtung, dass es sich um einen rumänischen Promi gehandelt hat. Wie dem auch sei - auf der anderen Seite der Landzunge hätte es sicher bessere Strände gehabt...
Dass in Eforie Highlife herrschte, brauch' ich wohl nicht zu sagen. Es waren Menschenmassen auf den Straßen. Vorsichtig steuerte ich den Duster nun die letzten Meter zum Hotel Mondial, das ganz nett am Nordende des Strandabschnittes lag. Nur einen Twin Room, den hätten sie ja nun mal gar nicht! Hier wird im Ehebett gepennt! Wir konnten allerdings gegen unwesentlichen Aufpreis ein Familienzimmer bekommen. Zwar nur mit Pool- statt Meerblick, aber wir waren ja auch nicht zum Spass hier! ;-)
Frühstück gab es erst ab 8. So war klar, dass wir davon eher nichts mitbekommen werden. Unser Frühprogramm waren natürlich die reinkommenden Bäderzüge auf der Nebenbahn nach Mangalia. Allerdings kannten wir keine Motive. Wir wollten einfach mal südwärts schauen. Laut Karte sollte die Bahn da teilweise in Strandnähe verlaufen. Als wir von Eforie Süd nach Tuzla fuhren, sahen wir ein Stück unterhalb von uns ein recht freies Streckenstück. Na ja "unterhalb" klingt jetzt nach topp erhöhtem Standpunkt. Der war es dann aber wirklich nicht. Einziger markanter Blickfang war hier die Mondrakete, ein markanter, völlig für sich im Nirvana stehender Fernsehturm auf der anderen Seite der Lagune. Der erste Zug war dann auch noch länger als erwartet, der zweite kürzer und den dritten haben wir auf der verzweifelten Suche nach Vordergrund vielleicht etwas zu sehr verkunstet. (Nachtrag: Im Nachhinein finde ich die Bilder eigentlich alle deutlich netter als es hier im Text anklingt; manchmal muss ein Bildeindruck "reifen" *g*).
Eine Ladung Kreuzschmerzen hatte RE 2801 aus Sibiu an Bord, der allerdings irgendwann in der Nacht auf die doppelte Zuglänge gebracht worden war. Links vom Zug der See Balta Tuzla und der Turnul TV Techirghiol, die Mondrakete. Hinter dem Zug der Lacul Techirghiol. Der Zug befindet sich zwischen den Stationen Eforie Sud und Tuzla.
Für die verbleibenden Regionalzüge kuppelt man einfach in Mangalia paar Wagen von den Fernzügen ab. R 8802 von Mangalia nach Constanța machte dabei einen recht erstklassigen Eindruck, als er am Ufer des Balta Tuzla entlanggebummelt kam.
Hinter den Bäumen und vor TV Techirghiol taucht äußerst pünktlich der IR 1944 aus Satu Mare auf. Nächster Halt: Tuzla in Rumänien.
Nun wollten wir aber mal weiter südwärts schauen. In der Ortschaft 23. August (so heißt der Ort!) bogen wir von der Hauptstraße ab. Hier waren wir plötzlich wieder mitten auf dem Lande. Keine Bettenburgen, keine Touris. Ein Pferdefuhrwerk mit vorgekuppeltem Esel kam entgegen. Der Weg schlängelte sich über einen Kamm aus goldenen Stoppeln. Dann eine Reihe Telegraphenmasten vor uns, dahinter das Meer. Hier gab es eine einsame Pension und die Halta Pescăruș. Wie es sich für Rumänien gehört, war das Gleis natürlich großflächig von Büschen gesäumt. Wir kundschafteten noch bis zum Kloster St Elena de la Mare vor Schitu bzw dem Bahnhof Coștinești Tabără in die eine Richtung und in die Ortschaft Neptun in die andere Richtung weiter, doch in Neptun führte das Gleis mitten durch den Wald. Wir fuhren deshalb nach Pescăruș zurück und nahmen Züge in beide Richtungen hier in den Feldern. So lange Nachtzüge machen sich auf solch einer Nebenbahn schon toll.
Da hatten wir doch glatt den IR 1944 schon wieder eingeholt! Hier passiert er gerade die Zufahrt zu Mânăstirea Sfănta Elena de la Mare. Also in der Übersetzung nicht etwa die "Große Helena", sondern die "Helena vom Meer". Oder vom großen Meer, aber dann müsste es ja "Mare mare" heißen, oder? ;-)
Sind das Kontraste? Da steht man an einer Nebenbahn, die kleinbahnmäßig über Berg und Tal trassiert ist, und plötzlich erscheint ein Zug mit 13 Wagen hinter der Hügelkuppe! IR 1992 ist der Nachtzug aus Timișoara. Er durchfährt die Halta Pescăruș ohne Halt. Aber nach Neptun und Mangalia hat es der Zug nicht mehr weit. Bei der Vorbeifahrt wirkte der Zug schon ziemlich leer. Man bedenke: Die Züge fahren nicht nur am Bettenwechsel-Samstag, sondern in der Saison täglich! (Ein durch die Lokfront führendes Kabel wurde elektronisch beseitigt).
Für den nächsten Regio nach Constanța hat man in Mangalia nix abgekuppelt. Der Park aus dem Nacht-Regio kommt komplett als R 8804 angefahren. Der Strand ist nicht weit weg. Im Hintergrund sind die Bettenburgen von Neptun zu sehen.
Der Morgen war schon wieder ziemlich schwül gewesen. Zu unseren Füßen lag ein wunderschön abgelegenes Stück Sandstrand. Dort waren kaum Leute. Genau richtig für uns. Auf meinen Blick die Steilküste runter wies uns ein Paar am Strand den Weg zu einer Treppe, die zwar zu einem Ferienhäuschen gehörte, das aber unbewohnt war. Außerdem war man ja in Rumänien und weit entfernt von "private property" Westeuropa oder USA. Ein Stück ging es noch zu Füßen der Steilküste entlang, dann hielt uns nichts mehr. Ab ins Schwarze Meer, das hier schön klar war!
Unweit der Halta Pescăruș finden wir einen schön abgelegenen Strand.
Somit waren wir also schon beim Mittagsprogramm. Nach einem Wechsel aus Trocknen und "wir müssen nochmal rein" meldete sich langsam der kleine Hunger. Wir hatten vorhin schon eine nett aussehende Taverne an einem See gesehen, doch auf dem Weg dorthin fiel uns ein Zugang über das Gleis geradewegs zu einem großen Fischrestaurant am Strand auf. Als wir vom Parkplatz über das Gleis gehen wollten, kam ein Typ in Warnweste auf uns zu und sprach uns an. Das veranlasste uns, auf dem Bü stehen zu bleiben. Als er merkte, dass wir unterschiedliche Sprachen sprechen, machte er nur "tuuut tuuut" und eine scheuchende Handbewegung. Er hatte uns also nur vor Zügen warnen wollen (ob er eigens dafür angestellt war? Eigentlich sind die Züge laut genug, weil sie fast ununterbrochen tröten) und hatte mit unserem Ausharren auf dem Bü praktisch das Gegenteil erreicht.
Das Restaurant war wunderschön. Man saß unter Strohschirmen direkt am Strand. Es füllte sich sehr gut. Yannick nahm Lachs, der sich als Seelachs entpuppte, ich nahm einen Fisch, der als Hai übersetzt war. Salat der Saison war aus. Hmmm... Das wichtigste war aber die Cola, wobei man in Rumänien irgendwie fast überall nur Pepsi bekommt. Egal. Es ließ sich dort gut aushalten, da ständig eine frische Brise von der See wehte.
Kann Rumänien schöner sein? :-)
Als nächstes wollten wir völlig verweichlicht zurück ins Hotel. Bisken Salzwasser abduschen und ne Runde an der Matratze lauschen. Das taten wir dann auch, während unten am Pool Highlife herrschte. Weshalb fährt man eigentlich ans Meer, wenn man dann am Pool badet, und zwar in einem Carree zwischen zwei bewohnten Hotels und einer Ruine?
Das Spätprogramm begannen wir mit dem Schnellzug nach Satu Mare um 16.14 ab Eforie Sud. Die Ausleuchtung passte nur im dortigen Bahnhof, weshalb wir einfach mal am Bahnsteig gewartet haben, wo schon ganz gut was los war.
Wir hatten den Eindruck, dass die Massen, die den IR 1945 nach Satu Mare in Eforie Sud erwartet haben, eher Tagestouristen waren.
"Gehen Sie bitte nach vorn durch, das hier ist der Schlafwagen!"
Da die Sonne jetzt erst so langsam begann, für Nordfahrer reinzudrehen, erschien uns das Motiv von gestern Abend für den nächsten Zug, den nach Oradea, am geeignetsten. Die Idee erwies sich tatsächlich als nicht ganz verkehrt. Der eindrucksvolle 13-Wagenzug kam in der langen Kurve sehr gut.
Den Standpunkt kennen wir schon, aber IR 1931 nach Oradea kommt mit seinen 13 kunterbunt gemischten Wagen am Ufer des Lacul Techirghiol einfach wunderbar!
Nun war ein Zug in der Gegenrichtung angesagt. Für den suchten wir auf der Seite von Eforie Sud nach einer Fotostelle. Von einer Halbinsel konnte man sogar im Hintergrund paar Hafenanlagen von Constanța mit aufs Bild nehmen.
Dieser Regio hat paar Wagen mehr. R 8803 rollt auf der Landzunge zwischen Lacul Techirghiol und dem Schwarzen Meer entlang. Diese Landzunge verbindet die Orte Eforie Nord und Eforie Sud. Im Hintergrund sind erste Hafenanlagen von Constanța zu erblicken.
Der nächste Nordfahrer war der IR nach Bukarest. Den hatten wir heute Vormittag aus dem Meer heraus mit einer 60-Doppeltraktion ankommen sehen. Ich nahm ihn praktisch an derselben Stelle wie eben den Südfahrer, jetzt natürlich mit umgekehrter Blickrichtung. Als der Zug in Eforie Süd abfuhr, dachte ich, da käme eine Dampflok. Das 60-Doppel gab alles...
Das 60-Doppel verlässt mit dem Tagesschnellzug IR 1982 Eforie Sud und rollt am Lacul Techirghiol Eforie Nord entgegen.
Der nächste Zug würde der Dosto nach Sibiu sein. An der Lagune von Eforie hatten wir ja nun einiges. Gestern hatten wir aus der Ferne die Brücke über den Donau-Schwarzmeer-Kanal gesehen. Dort wollten wir als nächstes nach Fotomöglichkeiten schauen. Von einem Stoppelfeld aus ging das dann auch sehr schön. Aus einer seitlicheren Perspektive störte hingegen die neue Straßenbrücke dominant im Hintergrund, das ließen wir lieber. Yannick fand den Aufenthalt auf dem Stoppelfeld nicht so toll, denn er wurde in dichten Wolken von Fliegen umschwärmt. Ich konnte hingegen den frischen, angenehmen Wind relativ ungestört genießen.
Der Dosto klappte schon mal gut. Da wir für den Nachtzug nach Arad eh nichts besseres wussten, blieben wir einfach mal in den Stoppeln sitzen. Wir hatten auch ne Chance auf einen weiteren Zug. Die Brücke ist elektrifiziert und eine DB Schenker Baureihe 48 war in Richtung Hafen gefahren, um einen Güterzug abzuholen. Vielleicht würde die ja noch mit ihrem Zug auftauchen. Es war dann aber eine geleckte CFR Marfa 40, die mit einem leeren Autologistikzug auftauchte. Der Nachtzug nach Arad ging dann im allerletzten Licht. Yannick nahm ihn im Gegenlicht.
Sichtungsfotografie zwischen Agigea Nord und Constanța an der Brücke über den Donau-Schwarzmeer-Kanal: RE 2802 nach Sibiu.
Ein leerer Autologistikzug kommt aus den südlichen Hafenteilen Constanțas und wird von einer geleckten 40er an unserem Stoppelfeld vorbei gezogen.
IR 1821 nach Arad passiert uns im letzten Licht.
Yannick fotografierte den IR 1821 im Gegenlicht auf der Brücke. Unter der Brücke erkennt man gut die unterste Schleuse des Kanals.
Unser Hotelrestaurant hatte etwa den Charme und die Gemütlichkeit der Mitropa Gaststätte von Schwanheide anno 1990. Deshalb schauten wir uns nach Rückkunft erst noch etwas in der Nachbarschaft um. Doch es gab nur Hotels. Einige davon sahen deutlich übler aus. Die ganze Gemeinde scheint ein Produkt tiefsten Sozialismusses zu sein. Dem Anblick nach war das in etwa der Stil, wie er bei uns in den 60/70ern gebaut wurde. Unserem Hotel sah man seine zeitliche Herkunft nur noch in einigen Details (und dem Restaurant) an, an vielen anderen Kästen war diese Entwicklung leider vorüber gegangen. Und nette "richtige" Restaurants entdeckten wir auch nicht. (Nachtrag: Das sollte sich an den Folgetagen noch ändern!) Also mussten wir doch im Hotel essen. Für mich gab es simpel Schnitzel mit Pommes und leckerem, frischen Tomatensalat mit Käse. Der Kellner war bestimmt Russe, hier so weit im Osten. Er sah jedenfalls aus wie Putin persönlich...
Das heutige Programm sollte sich als Kontrast zu den langen Bäderzügen gestern mit kurzen Triebwagen befassen. Auf der Strecke von Medgidia nach Tulcea sollten auch noch die einteiligen Malaxa 750, die "Zigarren", fahren. Ganze zwei Zugpaare gibt es dort, plus ein IR von/nach Bukarest, bei dem wir aber einen Desiro vermuteten. Der Fahrplan ist aber so fotofreundlich, dass man als Frühprogramm einen Malaxa hoch nach Tulcea und als Spätprogramm zurück verfolgen kann. Eine Fahrt dauert rund dreieinhalb Stunden.
Den Schlenker über Medgidia sparten wir uns. Über Autobahn und Landstraße gelangte man schnell an einen Bahnübergang zwischen Nicolae Bălcescu und Târgușor. Ein Stück südlich sahen wir aus der Ferne eine Abzweigstelle mit Formsignalen mitten in den weiten Feldern liegen. Aber eine Zuwegung war auf die Schnelle nicht zu erkennen. Das abzweigende Gleis muss wohl eine der zahlreichen Hafenanbindungen hier rund um Constanța sein. Oder ein Gleis zum nahen Flughafen. (Nachtrag: Letzteres!) An unserem Bü begrüßte uns das erste Sonnenblumenfeld, das wir auf dieser Tour gescheit mit Zug aufnehmen konnten. Und dieser Malaxa enttäuschte uns nicht! In rasanter Fahrt kam er pünktlich angefahren.
Ein gewisses Desinteresse muss man den Sonnenblumen ja bescheinigen. Alle schauen sie weg, als der schmucke 78 0779 in Bestzustand die Bühne betritt. Er erreicht als R 8651 den Bahnübergang zwischen Nicolae Bălcescu und Târgușor.
Bereits ein Stück weiter, in der Rundkehre vor Târgușor, gab es das Wägelchen ein weiteres Mal.
Vor Târgușor schraubt sich die Strecke mittels einiger Rundkehren aus den Feldern hinab ins Dorf.
Zum Glück war Yannick gestern die Strecke mal auf dem Google Luftbild "abgeflogen". Dabei hatte er hinter Târgușor zwei Viadukte entdeckt, von denen insbesondere der zweite eine eindrucksvolle Länge besaß. Dass man dort nur über Naturpisten hinkommen konnte, war uns klar, aber auf dem Luftbild war eine Spur zu erkennen. Als das größte Problem erwies sich die "Straße" bis in die Nähe. Die Schotterpiste hatte übelste Schlaglöcher. Die abzweigende Spur in die herrlich offene, wilde Wiesenlandschaft rund um den Viadukt war fast angenehmer zu befahren. Über die Wahl eines SUV als Leihmobil waren wir wieder mal froh. Wir kamen punktgenau für eine Seitenansicht am Viadukt an. Und wir hatten Riesenglück, denn wir waren geradewegs in Richtung Bewölkung gefahren, aber die Sonne war für den Malaxa nochmal rausgekommen.
Mitten in der Wildnis liegt der Casian Viadukt, auf dem sich der kleine Malaxa sehr winzig ausnimmt.
Wir waren uns sicher, dass es in der offenen Hügellandschaft bessere Perspektiven auf den Viadukt gibt. Da wir von einer weiteren Verfolgung aufgrund des Wetters praktisch absehen konnten, war die Überlegung, an einem der nächsten Tage nochmal zum Viadukt zurückzukehren und ab hier die weitere Verfolgung anzugehen. Nachtrag: Rund um das nördlich des Viaduktes gelegene Dorf Casian muss es eine wunderschöne Felsenlandschaft und viele Höhlen geben; das habe ich leider erst hinterher recherchiert. Ein Bild mit einigen dieser Felsen sollte uns in den Folgetagen allerdings auch noch gelingen, sogar mit Zug!
Unser Leihmobil in der herrlich offenen Flur. Man hätte hier praktisch querbeet fahren können, aber wir haben uns lieber an die Spuren gehalten.
Südwärts sah es bedeutend besser aus, doch die Wolken drängten vom Binnenland heran. Wir beschlossen, ein wenig an der Hauptstrecke bis zur Donaubrücke zu kundschaften. Als wir uns von Norden Lumia und damit den ersten Hafenanlagen Constanțas näherten, sahen wir einen Güterzug auf einer Nebenbahn in Richtung Hauptstrecke aufbrechen. Es handelte sich um die Strecke Lumia - Dorobanțu, die keinen Personenverkehr mehr aufweist. Eine Dieselstrecke, die der GFR Güterzug mit zwei Kuttern, einem vorn und einem in der Mitte, nun im Schritttempo in Angriff nahm. Leider war die Bewölkung mittlerweile auch hier unten angekommen, so dass nur eines von zwei Bildern bei Nazarcea mit etwas Sonne klappte.
Ein langer GFR Güterzug schleicht im Schritttempo über die Strecke Lumia - Dorobanțu. Bemerkenswert ist die Mittellok.
Im Folgenden kundschafteten wir entlang der Hauptstrecke bis zur Donau. Die Hauptstrecke führt ständig parallel zum Donau-Schwarzmeer-Kanal. Ich hatte ja schon von dem großen Bogen der Donau um die Hügel der Dobrogea herum erzählt. Dort, wo dieser Bogen beginnt, ist das Meer nur noch 50km entfernt. Nicht nur Bahn und Straße nehmen den direkten Weg nach Constanța, auch die Schifffahrt sollte nicht den Riesenumweg fahren müssen. Daher wurde der Donau-Schwarzmeer-Kanal ("Canalul Dunăre - Marea Neagră") gebaut. Er zweigt in Cernavodă vom Ostarm der Donau ab und führt relativ direkt ostwärts ans Meer, das südlich von Constanța erreicht wird. Ein nördlicher Arm des Kanals erreicht das Meer nördlich von Constanța. Beide Kanalarme mussten tief durch die Hügel geschneist werden; gerade zum Meer hin liegen die Kanalarme in regelrechten künstlich geschaffenen Schluchten. In der Anfangszeit des Kanalbaus nach dem zweiten Weltkrieg wurden für die Arbeiten zehntausende Häftlinge eingesetzt, die unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten.
In Cernavodă fanden wir auf Anhieb einen Weg, der uns auf den Steilabfall zum Fluss brachte, von dem man einen phantastischen Blick auf die imposanten Brückenbauwerke über den Donau Ostarm hatte. Dazu hatten wir jetzt aber keine Lust, denn das Licht war noch gar nicht seitlich genug, dafür begann nun aber das Hochlicht. Vielleicht würde man hier später noch was hinbekommen. Der Güterverkehr, den wir hier so beobachten konnten, sah jedenfalls extrem abwechslungsreich aus. Und der Personenverkehr auch. Wir wussten gar nicht, dass die bei Softronic umgebauten Loks der Baureihe 47 auch im Personenverkehr eingesetzt werden.
Nach all diesen Erkenntnissen und aufgrund einer ziemlichen Müdigkeit ging es zurück nach Eforie Nord. Dort drehten wir mit dem Auto eine Runde über den Strip, merkten uns das eine oder andere Restaurant (ja, es gab doch welche!), parkten am Hotel und aßen in einem schönen Gartenrestaurant an der Promenade, aus dem wir aber fast vom Wind fortgepustet wurden. Entgegen unserer Erwartung verlief die Promenade nicht am Strand, sondern hoch oben drüber. Auch hier gab es Steilküste. Das machte den Strand durchaus sympatischer, wobei diese Überlaufenheit und die Liegen in Reih und Glied nicht gar so mein Ding sind.
Ein schönes Muster aus Pepsi und Bergenbier am Strand von Eforie Nord.
Im Hotel gab es dann das ersehnte Nickerchen. Heute war Halbzeit. Auch wenn wir für die Wetterverhältnisse unverhältnismäßig viele ärgerliche Wolkenschäden hatten (zwei, wenn ich mich recht entsinne), darf man ja doch konstatieren, dass wir uns bislang um Wolken eigentlich keine Gedanken machen mussten. Wenn ich mir nun den Wetterbericht so anschaue, soll das zwar nicht in die große Wetter-Aussichtslosigkeit umschlagen, aber man wird sich gerade für längerfristige Richtungsentscheidungen die Wetterkarte jetzt genauer anschauen müssen. So, wie es aussah, würde man wohl auch morgen Vormittag noch nicht das Superwetter haben, das man sich für das Zigarrenprogramm gewünscht hätte. Und an der Hauptstrecke möchte man ja auch gern noch was machen.
Für heute sprachen die Wetterdienste von Aufklarungen zum Abend hin. Wenn man sich allerdings den Wolkenfilm dazu ansah, fragte man sich, wo die Aufklarungen wohl herkommen mögen. So war es dann auch. Es gab praktisch keine. Zum Glück waren wir gar nicht mehr losgefahren. Ein fauler Nachmittag im Bett (Y) oder erst im Bett und dann postkartenschreibend auf dem Balkon (J) tat nach den letzten Tagen auch mal gut. Also: Spätprogramm entfällt heute. Es geht weiter mit dem Abendessen :-)
Die Wolken hatten eine deutliche Abkühlung mit sich gebracht. Auch wenn man es noch gut in kurzen Klamotten aushalten konnte, so war die Temperatur auf ein erfrischendes Niveau gesunken. So langsam lernten wir Eforie Nord immer besser kennen. Doch, es gibt hier tatsächlich noch viel mehr Restaurants! Man findet sie bloß nicht an der Straße. Wenn man jedoch die Promenade entlang geht, so sieht man die Lokalitäten terrassenmäßig an der Steilwand kleben. Auch direkt an der Promenade gibt es genügend davon. Wir stärkten uns erstmal mit je einem Becher vor unseren Augen gepresstem Orangensaft (ca fünf Früchte pro Becher) für immerhin doch 5 Lei. Dann suchten wir uns ein Restaurant mit schöner Aussicht auf die Mole aus, vor dem keiner stand und uns mitschnacken wollte.
Gut, die Speisekarte gab es dann wirklich nur auf rumänisch, aber allmählich kommt man damit klar. Und ein wenig Überraschung hat noch niemandem geschadet... Der junge Kellner gab sich alle Mühe, englisch zu sprechen. Die von mir bestellten Medallions erinnerten ein wenig an das Hamburger "Rundstück warm", eine gute Sache! Nur die Soße schmeckte mehr nach Balkan. Mit einem Abstecher in einen Magazin Mixt liefen wir zum Hotelbalkon(J) bzw -bett(Y) zurück. Obwohl wir ziemlich weit von der Bahn weg waren, konnte man das tiefe Grummeln der "Jimmys", der 65er, auf dem Balkon deutlichst hören, wenn ein Zug vorbei fuhr.
Die Wettervorhersage sprach davon, dass der Morgen bewölkt sein sollte, es sich aber im Laufe des Vormittags aber aufklaren würde. Der Blick aus dem Hotelfenster fiel nun tatsächlich auf einen ziemlich uneindeutigen Wechsel aus blauen Flächen und Sonne. Aber eine Chance auf Sonne konnte ja möglicherweise bestehen. Wir fuhren mal los. Als Frühstück gab es halt auch heute wieder nur kalten Kaffee und 7days Produkte aus der Tanke.
Diesmal fuhren wir direkt zum Casian-Viadukt an der Tulcea-Bahn, zu dem man am besten kommt, wenn man von der Hauptstraße 22 nach Gura Dobrogei abzweigt. Hinter dem letzten Haus auf der rechten Seite zweigt eine Feldspur direktemang über die Prärie zum Viadukt ab. Dadurch, dass wir hier direkt starteten, konnten wir auch den Gegenzug noch mitnehmen. Den nahmen wir wieder seitlich, aber ein ganzes Stück höher stehend als gestern.
Der Frühzug R 8652 nach Medgidia passiert zwischen den Bahnhöfen Cogealac und Târgușor den Casian-Viadukt. Hinten auf dem Hügel liegt Kloster Casian, Mânăstirea Sfântul Ioan Casian.
Hatte es eben nach großflächigem Wolkenaufriss ausgesehen, so tauchte zum Nordfahrer wieder ein größeres Wolkenfeld auf. Die Berge hinter der Brücke wurden dunkel, das blaue Spielmobil tauchte auf. Die Brücke wurde dunkel, der Zug hielt am inoffiziellen Haltepunkt vor der Brücke an. Hinterm Viadukt wieder Helligkeit auf der Wiese. Ein Tröt. Langsam setzte sich das Wägelchen wieder in Bewegung. Der Viadukt wurde heller. Er bekam volles Licht! Auch dieser Zug hatte auf dem Viadukt geklappt - mit ähnlich viel Glück wie gestern.
Aus etwas spitzerer Perspektive betrachtet rollt R 8651 über den Viadukt von Casian. Die Wolke hatte sich gerade verzogen!
Noch etwas war wie gestern. Nördlich war es am Himmel zu 80% dicht, südlich allerdings völlig frei. Also ließen wir vom Malaxa ab und fuhren zügig in Richtung Hauptstrecke. Wir hatten da gestern eine schöne Kurve mit Ausblick auf den Donau-Schwarzmeer-Kanal und die Bahnbrücke von Medgidia entdeckt. Die sollte es jetzt sein. Doch ein Zug in der Gegenrichtung veranschaulichte so deutlich, dass auch wir es verstanden, dass das Seitenlicht aus war. Da hätten wir früher kommen müssen. Statt dessen fanden wir aber ein nettes Plätzchen am Ortsrand von Poarta Albă mit der Brücke über den Poarta Albă - Midia Năvodari - Kanal. Das ist der Nordarm des Donau-Schwarzmeer-Kanals. Hier gaben wir uns ein wenig der Sichtungsfotografie hin. Mit Güterzügen war es allerdings mau. Und die Zeit der reinkommenden Bädernachtzüge war offenbar schon vorüber.
IR 10802 von Craiova nach Mangalia wird von einer 46, einem ASEA-Lizenzbau, gezogen.
IR 1985 ist einer der "normalen" Schnellzüge von Bukarest nach Constanța. Er hat einen Softronic "Phoenix" vor.
Obwohl jetzt die Hochlichtphase so richtig einsetzte, wollten wir das eine oder andere Motiv an der Hauptstrecke haben, das zu dieser Jahreszeit halt nur im Hochlicht geht. Die DSO-Schreiber Kuhi und Nagercoil hatten ein Foto von einer Gelände-Abbruchkante westlich Medgidia gezeigt, wo man die Bahn unmittelbar am Donau-Schwarzmeer-Kanal fotografieren kann. Nach Querung der Kanalbrücke in Medgidia lachte uns allerdings auch schon die Bergnase mit dem großen, über Stadt und Kanal thronenden "Medgidia" Schriftzug an. Mit dem Auto konnte man direkt bis an die Grünanlage heranfahren, zu der der Schriftzug gehörte. Yannick blieb erstmal im Auto sitzen, ich suchte mir ganz oben in der Grünanlage, direkt unterm "E" des "Medgidia Schriftzuges ein schattiges Plätzchen. Und es kam sogar doch noch ein Bäder-Nachtzug, nämlich der von Oradea!
Und es kommt doch noch ein Bäderzug! Der IR 1932 aus Oradea ist der Nach(t)zügler schlechthin und erreicht Mangalia erst nach dem Mittag! Hier rollt er am Donau-Schwarzmeer-Kanal entlang auf Medgidia zu.
Na, wo sind wir hier? Hier kann man den Ortsnamen ins Bild integrieren... R 8201 ist ein Vertreter des Nahverkehrs auf der Hauptbahn.
Wie schön sich doch ein Sommertag anfühlen kann! Vorbei waren die außerirdischen Temperaturen, die Schwüle. Ein frischer Wind sorgte dafür, dass die Temperatur selbst jetzt zur Mittagszeit vollkommen ideal war. Erstmalig konnte man sich in diesem Urlaub draußen aufhalten, ohne dass das T-Shirt um 10 Uhr schon schweißgetränkt war.
Der Güterverkehr war auf der Magistrale leider abgeebbt. Zwar hatten wir in den diversen Bahnhöfen viele Güterzüge stehen sehen, aber nix davon fuhr - oder zumindest nicht in unsere Richtung. Gerade hatte ich diese Worte eingegeben, da tauchte doch noch DB Schenker mit einem Güterzug auf.
Und dann rollt doch noch ein Güterzug am Donau-Schwarzmeer-Kanal entlang: DB Schenker mit einer Reihe Schüttgutwagen.
Mehr sollte es angesichts der Lichtverhältnisse dann doch nicht sein. Außerdem hatten wir Hunger. Unsere Idee für die Mittagsrast war, entlang des Kanals auf der Hauptstraße bis zur Donau zu fahren. Entweder würden wir unterwegs ein nettes Lokal finden, oder es gäbe in Cernavodă, wo der Kanal in die Donau mündet, sicherlich etwas nettes am Fluss. Der erste Gedanke war dann auch im Prinzip richtig. Der Haken war nur, dass die Restaurants nach Eröffnung der Autobahn allesamt dicht gemacht hatten. Ein Selbstbedienungsladen hatte noch offen, aber danach stand uns der Sinn nun auch nicht.
Also rein nach Cernavodă! Begrüßt wird man vom "idyllisch" an einem See gelegenen Atomkraftwerk. Die Wasserfront der Stadt war durchgehend Industriezone. Nach Rumkurven durch eine weniger erfreulich aussehende Plattenbausiedlung fanden wir im Ortszentrum allerdings doch noch ein schönes Terrassenrestaurant, das "Serif". Zwar gab es statt Donaublick nur Straßenblick, aber es war kein Verkehr und man saß da gut. Die sehr aufmerksame Kellnerin suchte uns unaufgefordert die englischen Speisekarten aus ihrem Stapel. Das Essen war sehr reichhaltig, das Brot ließ man wie so oft fast komplett zurückgehen. Wir waren nichtmal die einzigen Ausländer. Am Nachbartisch wurde englisch gesprochen.
Es hatten sich paar Wolken am Himmel gebildet. Eigentlich wären wir dennoch gern dem nachmittäglichen Malaxa bis Tulcea entgegen gefahren. Aber mit der Suche nach dem Restaurant und dem Essen selbst hatten wir doch so viel Zeit verdödelt, dass wir es nicht mehr ganz nach Tulcea schaffen konnten.
Also griff Plan B. Der Blick vom Aussichtspunkt auf die Donaubrücke. Dort konnte man herrlich entspannt warten (J) oder sich selbst an allen Körperstellen schlagen, weil dort Insekten rumliefen (Y). Der Ausblick über die weite Donauebene war herrlich. Immerhin kam ein Güterzug und ein Stündchen später der IR, den wir als Ultimo gesetzt hatten. Leider führte der IR diese furchtbar finsteren rotgrauen Wagen. Nur vorn waren paar andere, die schön geleuchtet haben.
Ein GFR Güterzug passiert die östliche Donaubrücke.
Es ist wieder Zeit für den Fernverkehr! IR 1585 quert das Brückenbauwerk. Die alte Eisenbahnbrücke (hinterer Brückenträger) wird gerade neu elektrifiziert. Vermutlich wegen Bauarbeiten auf den aktuellen Donaubrücken wird es künftig wohl in eine Richtung wieder über die alte Brücke gehen (sowohl hier als auch am Donau-Westarm).
Blick Donau aufwärts.
Weiter wollten wir hier nicht warten. Uns reizte ja doch noch der Malaxa von Tulcea. So fuhren wir ihm einfach mal entgegen. Ziel war ein Foto von der Kreuzung in Baia Dobrogea. Das kam zeitlich auch gut hin. Wir konnten sogar noch den Nordfahrer mit einer hübsch sanierten Steinbogenbrücke bei Mihai Viteazu fotografieren. Und den Interregio, aber von dem schaffte nur noch Yannick als Beifahrer ein Foto...
Vor dem Malaxa-Pärchen konnte Yannick sogar noch ein Schnappschuss vom Fernverkehr auf dieser Strecke anfertigen: IR 1682 verbindet im Sommer einmal täglich Tulcea mit Bukarest. "Ortsumfahrung" Mihai Viteazu.
Der Nordfahrer R 8655 passiert die kleine Bachbrücke vor Mihai Viteazu.
Südlich Baia hätte es einen schönen Ausblick bis auf die "Everglades" gegeben, riesige Sümpfe, die hier oben ins Schwarze Meer übergehen. Aber das biss sich leider mit den Fotos von der Kreuzung.
In Baia findet die Kreuzung statt. R 8655 brummelt weiter nach Tulcea, während R 8654 auch schon Ausfahrt gen Süden hat.
Den Südfahrer wollten wir nun nochmal in der Ausfahrt Mihai Viteazu nehmen. Doch das wurde ein Wolkenschaden. Richtig nett kam indes die Einfahrt in den Bahnhof Cogealac. Wir waren knapp dran und hüpften schnell bei der Weichenwärterin an der geschlossenen Schranke vorbei über die Gleise. In Rumänien sind Schranken nur für Autos und Weicheier. Die Weichenwärterin grüßte nett zurück. Sie fing erst an ungläubig zu schauen, als wir die letzten Meter über die Ladestraße gerannt waren und den VT fotografiert hatten...
Wir waren keine Minute zu früh dran: R 8654 fährt in den Bahnhof Cogealac ein. Alle Weichenwärter in Rumänien tragen vorschriftsmäßig Warnweste!
Ein weiterer Verfolgungsversuch scheiterte an den Straßen, die nun gar nicht mehr parallel zur Bahn führten. Über eine üble Verbindungsstraße zwischen den Hauptstraßen 22 und 2A erreichten wir Nicolae Bălcescu (das ist ein Ort und kein Kerl, bzw ein nach dem Anführer der Revolution von 1848 benannter Ort) zeitgleich mit dem Zug. Während seines Aufenthaltes nahmen wir dem Triebwagen einen minimalen Vorsprung ab, doch wir hatten bahnparallel nur eine dieser typischen rumänischen Schlagloch-XXL-Pisten, während der Zug gar nicht mal sooo langsam unterwegs war. Motive gab es hier allerdings auch nicht, und die Sonne war hinter einigen bedeutenderen Wolkenfeldern verschwunden.
Bei Cuza Vodă erreichten wir endlich wieder die Zivilisation in Form einer normal befahrbaren Straße. Über Medgidia erreichten wir die Autobahn und gelangten zügig nach Eforie Nord zurück. Großen Hunger hatten wir nicht mehr. Es war 21 Uhr und wir schauten mal entlang der Promendade, was man sich so "auf die Hand" mitnehmen konnte. Yannick nahm einen Kebab, von dem er mäßig begeistert war, und ich nahm einen Shaworma, beim Deutschtürken würde man wohl Dürüm sagen. Gegessen wurde unterwegs (Y) bzw auf dem Balkon (J). Und wir verlängerten noch bis Montag Morgen. Gebraucht hätten wir es nicht unbedingt, doch unter Berücksichtigung der Wetterberichte erschien es uns am vernünftigsten. Sonst hätten wir voraussichtlich einen Sonnentag zum fahren genommen, nur um am Ziel erstmal zwei Tage unbeständigeres Wetter absitzen zu müssen.
Wir nutzten den Bonustag, um uns nochmal ausführlichst dem Malaxa nach Tulcea zu widmen. Man muss es einfach ausnutzen, dass hier derartig schöne Uralttriebwagen in solch einem tadellosen Pflegezustand unterwegs sind und auch noch zu so fotofreundlichen Zeiten fahren. Der Plan war die Verfolgung hoch (Frühprogramm), dann eine Autofahrt in die Everglades (Mittagsprogramm) und dann die Verfolgung zurück in den Abend hinein (Spätprogramm). Also praktisch das, was wir gestern schon vorgehabt hatten. Der Wetterbericht hatte für heute allerdings mehr Sonne versprochen.
Auf Google Earth hatte ich mir angeschaut, wie man zu der Abzweigstelle in den Kornfeldern zwischen Nicolae Bălcescu und Târgușor kommt. Eigentlich war es ganz einfach: Immer an dem Anschlussgleis entlang. An der Abzweigstelle gab es Hauptsignale nur für die Hauptstrecke. Vom Nebengleis gebot eine Rangiertafel o.ä. Halt. Der Malaxa hielt sogar kurz am Stellwerkshäuschen und spuckte einen Reisenden aus.
Da ist er wieder: R 8651 nach Tulcea. Hoffentlich werden wir ihn heute mal etwas weiter begleiten können. Das Gleis im Vordergrund ist ein kaum genutztes Anschlussgleis zum Flughafen.
Zur weiteren Verfolgung mussten wir einen großen spitzen Winkel bis runter nach Lumina fahren, denn auf die Buckelpisten hatten wir wirklich keine Lust. Aber der Zug hatte ja noch seinen Kreuzungsaufenthalt in Târgușor und war soooo schnell nun auch wieder nicht. Wir bekamen ihn hinter Baia kurz vor dem Hp Ceamurlia de Jos, am Ortsausgang Babadag und in den Hügeln zwischen Cataloi und Tulcea.
Der Malaxa wird nach Passieren einiger Sonnenblumenfelder den Hp Ceamurlia de Jos passieren.
"Unser" R 8651 nochmal hinter Babadag...
...und im Hügelgürtel vor Tulcea, wo es langsam industrieller wird. Die zweitgrößte Stadt der Dobrogea hat leider nur diese zwei Zugpaare (plus im Sommer den Desiro in die Hauptstadt).
Auf dem letzten Stück war uns aufgefallen, dass die Tankanzeige einen fast leeren Tank meldete. Das war insofern eigenartig, da wir heute Morgen noch an unserer Stammtanke, wo es auch die 7days Croissants her gab, den Wagen voll gemacht hatten. Hatten die uns übers Ohr gehauen? Wir hatten beide nicht bewusst auf die Anzeige geachtet. Ein Leck konnten wir ausschließen. Sicherheitshalber fuhren wir in Tulcea nochmal tanken. Es gingen nur wenige Liter rein. Die Tankanzeige sponn also rum. Nach dem Tanken lief sie allerdings wieder korrekt. Puuuh!
Nun hatten wir eigentlich mit der Donaufähre Nufăru übersetzen und eine Straße weit in die Sumpflandschaft des Donaudeltas reinfahren wollen. Doch Yannick plagten heftige Bauchschmerzen. Er laborierte schon seit drei Tagen damit herum, doch jetzt wurde es besonders schlimm. Da erschien es uns nicht so ratsam, auf eine Sumpfinsel überzusetzen. Statt dessen gab es in einem nahen Café erstmal Cola und vor allem Klo (zu Yannicks Leidwesen ein orientalisches Klo mit ohne Schüssel). Anschließend frequentierten wir den nordöstlichsten Kaufland in Rumäniens Südosten, um paar angemessene Lebensmittel wie Zwieback und Salzstangen zu besorgen.
Sie fährt ohne uns, die Donaufähre Nufăru über den St Georgsarm der Donau.
Mit allem Proviant fuhren wir nochmal Richtung Sümpfe. Yannick ging es nach einigen Zwiebäcken deutlich besser, aber wir blieben auf dem Festland und fuhren dort die Straße weiter. Das war insofern interessant, da diese sogar hoch durch die Hügel am Südufer des südlichsten Donauarms entlang führte. Oberhalb der Ortschaft Mahmudia konnte man sich schön auf einen Hügel stellen und hatte bei der Mittagsrast das komplette Sumpfland vor sich.
Von unserem Aussichtshügel fällt der weite Blick entlang des Donau-Südarms (St Georgsarm) in Richtung Everglades und Meer. Der Ort im Vordergrund ist Mahmudia.
Nach einem Nickerchen, bei dem die fetten, durchs Auto Fangen spielenden Brummer allerdings sehr nervten (J) bzw sehr sehr nervten (Y) und ich nicht schlafen konnte, weil Yannick auch noch mit denen Fangen spielte, hatten wir immer noch Zeit, uns mit schwerwiegenden Fragen zu befassen. Z.B. was passiert, wenn man den "ZUZU" Milchkaffee aufmacht...
Um 15.00 kratzten wir die Kurve und fuhren zurück nach Tulcea. Über Mittag hatten sich großflächige Schleierwolken am Himmel breit gemacht. Doch eine Wolkengrenze, die sich von Westen näherte und ab der tiefblauer Himmel herrschte, machte Hoffnung auf die Rückfahrt. Zunächst steuerten wir den Bahnhof an und kamen genau zurecht, als der Triebwagen von seinem Schattenparkplatz an den Bahnsteig rollte. In den Schleiern zeigten sich Lücken, das passte!
Bf Tulcea Oraș. Regionalbahn 8654 nach Medgidia ist bereitgestellt. Der weiß gekleidete Mensch ist der örtliche Eisenbahnfan. Er stand schon neben dem Triebwagen, als dieser noch an seinem Schattenparkplatz stand, lief parallel zum Triebwagen auf den Bahnsteig und bewegte sich die halbe Stunde bis zur Abfahrt kein Stück von der Seite des VT weg. Vielleicht sollte ihn ein Hobbykollege aus Donaueschingen mal einladen, am anderen Ende der Donau 611er zu bewachen?
Bei einem neugierigen Blick in den Triebwagen, lud uns der Tf ein, die Führerstände zu inspizieren. Besonders hob er den Motor hervor, auf dessen Einhausung er als Tf praktisch in dem einen Führerstand sitzt. Das international anerkannte Wort "warm" bestätigte er und bekräftigte dies mit einer Geste des Schweißabwischens. Als kleinen Dank für die Führung gab es ein ausgedrucktes Foto, wobei ich leider nichts aus dieser Gegend dabei hatte und er mit einer 60 vor den höchsten Bergen Rumäniens vorlieb nehmen musste.
Blick in den Führerstand des 78 0779.
Wir zogen weiter. Die Schleiergrenze war im Prinzip erreicht. In Cataloi hatten wir auf der Hinfahrt ein beeindruckendes Speicher-Ensemble entdeckt. Das sollte unser erstes Motiv sein. Aber wie??? Von weiter hinten vom Feld? Von der Hauptstraße? Oder von der südlichen Schranke aus? Angesichts des anstehenden kleinen Triebwagens entschieden wir uns für einen nahen Standpunkt. Yannick kletterte auf den Damm des alten Ausziehgleises und rief: Topp Motiv! Woraufhin ich auch hochlief... (Wer hat den Reim gefunden?)
Die Schleier waren noch nicht ganz durch. Es wurde spannend. Plötzlich hinter uns Geknirsche. Ein Autofahrer hatte die schon seit zwanzig Minuten geschlossene Schranke übersehen. Nun lag der Baum auf dem Autodach! Kein Problem. Der Wärter drehte die Schranke ein Stück hoch und das Auto konnte passieren. Auto und Schranke waren wohlauf! Hihi, ich kenne Gegenden, wo jetzt der Notfallmanager gerufen würde und bis dahin alles so bleiben muss, wie nach dem Tathergang... Als der Zug hinten im Bf zum Halten kam, war gerade wieder ein dickerer Schleier da. Bis zur Abfahrt waren aber noch 4 Min Zeit. Und die reichten aus. Der Malaxa ging in vollster Sonne!
Der recht großzügig bemessene Bahnhof von Cataloi wird von einem riiiesigen Getreidespeicher beherrscht. Zwei Weichenwärter, ein Fahrdienstleiter und ein Schrankenwärter sorgen für die sichere Durchfahrt des R 8654.
Bei zwanzig oder mehr Minuten Schrankenschließzeit kommt es natürlich zu einem kleinen Rückstau der Lanufas (Landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge).
Weitere Aufnahmen machten wir vor Babadag mit dem See Balta Zebil im Hintergrund, vor und hinter Baia Dobrogea. Nun ließen wir erstmal ab, denn es sollte noch ein Foto in der Rundkehre von Târgușor geben. Und dafür brauchten wir Vorsprung, denn die Straße 81 war ab Gura Dobrogei eine übelste, grottige Schlaglochpiste. Während wir da also vor uns hin rumpelten, zahlreiche Störche aufscheuchten und bei der Umrundung der Krater von einer Straßenseite zur anderen pendelten, kam uns die Idee, dass man doch nun den kleinen Viadukt gut von oben nehmen können müsste. Gesagt, getan, geparkt und den Hang hochgelaufen. Ich liebe es, durch solch eine wilde Wiesen- und Felsenlandschaft zu streifen. Der Ausblick war genial. Man hatte nicht nur den Viadukt, sondern auch noch zahlreiche der für diese Ecke typischen Felsen im Hintergrund.
Wir verfolgen den R 8654 und erwischen ihn vor Babadag mit dem Lagunensee Balta Zebil,...
...bei der Einfahrt in den Bf Baia,...
...bei der Ausfahrt aus Baia und...
...in den Kalksteinhügeln vor Târgușor auf dem kleinen Steinbogenviadukt.
Das war ein Knaller zum Tagesabschluss! Nochmal würden wir den VT jedenfalls nicht bekommen. Wir machten die restliche Schlaglochpiste fertig und hatten gerade Asphalt unter die Räder bekommen, da stutzten wir: Im Bf Târgușor stand ein Güterzug. Ein leibhaftiger Güterzug hatte mit dem Malaxa gekreuzt! Den wollten wir nochmal irgendwo haben! Wir wieder umgedreht und die ganze elende Schlaglochpiste zurückgeholpert... Die Viadukte konnten wir zeitlich vergessen. Dank des topp "Straßen"zustandes der Route 81 gewann der Güterzug, der Kutter vorn und hinten hatte, einen gewissen Vorsprung, doch am BÜ der Hauptstraße nach Tulcea hatten wir ihn locker wieder und konnten eine Streifung machen. Dabei wurde es noch spannend, denn ich hatte den Wagen in einer Feldzufahrt geparkt. Das sollte man in der Ernte-HVZ lieber nicht tun! Denn als die Rauchfahne des Zuges schon hinterm nächsten Hügel auftauchte, wollte natürlich ein Trecker genau da rein. Der stand nun ratlos mitten auf der stark befahrenen Hauptstraße! Ich wie bekloppt hingerannt, den Wagen umgeparkt und wieder zurückgelaufen. Passte!
Langsam taucht der Güterzug in der Ferne auf der nächsten Hügelhöhe auf.
Zwischen Cogealac und Mihai Viteazu rollt der Kesselwagenzug auf den technisch nicht gesicherten BÜ der Hauptstraße nach Tulcea zu. Die Autofahrer haben zum Glück sehr viel Respekt vor den Bahnübergängen, so dass der Zug nicht das Tempo drosseln muss.
Ein weiteres Mal gab es den Zug noch südlich von Mihai Viteazu mit dem Schwarzen Meer im Hintergrund. Das war mal so richtig ein Motiv, wo der Gz schon passender als ein Malaxa kam. Dann warteten wir noch in der Einfahrt von Baia Dobrogea (Y) bzw dahinter (J). Yannick hatte dabei einen entscheidenden Vorteil. Man ließ den Güterzug nämlich genau so lange (ca 20min) im Bf ohne erkennbaren Grund stehen, bis die Sonne untergegangen war...
Über dieses Bild freue ich mich besonders: Im Hintergrund fällt der Blick auf die Lagune Lacul Sinoe und hinter einem winzigen Landstreifen auf das Schwarze Meer.
Yannick hat den Güterzug nochmal in der Einfahrt von Baia erwischt. Zu meinem Leidwesen ließ man den Zug hier erstmal stehen...
Es wird Abend in der Dobrogea...
Tja, das war nun für mich etwas dumm gelaufen. Aber egal. Der Güterzug war Bonus, und zufrieden legte man die Strecke nach Eforie Nord zurück. Dort trafen wir erst gegen 21.40 ein, aber eine Portion Spaghetti war in einem der Restaurants trotzdem noch drin. Wer hätte das gedacht, aber dieser vom Wetterbericht entschiedene "Bonustag" war von der Fotoausbeute her vielleicht sogar der Topp-Tag in der Dobrogea gewesen.
Ein sonniger Morgen. Da es gestern aber so spät geworden war und wir auch für morgens keine unbedingten Musthaves mehr offen hatten, beschlossen wir heute mal einen Ausfall des Frühprogramms. An diesem Abreisemorgen wollten wir endlich mal das Frühstück im Hotel Mondial zu Eforie Nord testen (J) / lange schlafen (Y). Das Frühstücksbuffet sah auch tatsächlich sehr abwechslungsreich aus. Leider war das Restaurant aber völlig überfüllt. Die kleine Mitropa war bisken lütt für solch einen riesigen Kasten. So blieb uns nur, einen Kaffee und bischen Kuchen mit aufs Zimmer zu nehmen. Um was Positives zu sagen: Der Kuchen war besser als die 7days Croissants der letzten Tage... Insgesamt haben wir uns im Hotel wohl gefühlt. Der Raumservice war aber eines Viersternehotels nicht würdig. An den ersten beiden Tagen bestand der nur darin, neue Handtücher und Klopapierrollen reinzulegen. Nachdem wir am dritten Tag mal das Schild "bitte aufräumen" ("bitte sauber machen" war nicht verfügbar) an die Tür gehängt hatten, wurde immerhin mal die Toilette gereinigt. Neues Shampoo oder Auffüllung der Minibar fielen aber weiterhin aus.
Beim Checkout lief die Rezeptionstante doch glatt nochmal hoch, um das Zimmer zu kontrollieren. Herrlich! Diese Massenunterkunftskultur kannte ich so noch nicht... Sie hatte aber nichts zu beanstanden.
Der weitere Plan war die Reise Richtung Westen. Die Wettervorhersagen rieten uns tendenziell von einem nördlichen Bogen ab. Chiuc, Maramures, selbst Kreischtalbahn sahen wettertechnisch deutlich unsicherer aus als die Südhälfte des Landes. Wir konnten uns gut vorstellen, aufgeteilt auf zwei Fahrtage nach Arad zurückzukehren und dann noch zwei Tage Banat oä zu machen. Am liebsten wären wir heute Abend in den Nachtzug nach Arad gestiegen, denn die lange Autofahrt zurück in den Westen des Landes stand uns doch etwas bevor.
Wir setzten uns einfach mal auf die Autobahn. Die Fahrt nach Bukarest war mal wieder nicht die aufregendste. Ab der Donau gab es nur noch weeeeite, brettebene Felder, und irgendwann tauchte in der Ferne der Getreidespeicher des nächsten Dorfes auf, der natürlich am Bahnhof der parallelen Hauptstrecke stand. Dann wieder weeeeite, brettebene Felder, und irgendwann tauchte in der Ferne der Getreidespeicher des nächsten Dorfes auf, der natürlich am Bahnhof der parallelen Hauptstrecke stand. Danach weeeeite, brettebene Felder, und irgendwann tauchte in der Ferne der Getreidespeicher des nächsten Dorfes auf, der natürlich am Bahnhof der parallelen Hauptstrecke stand. Das wiederholte sich noch häufiger, aber ich denke, der Eindruck ist rübergekommen? Klar, dass heute wieder reichlich interessante Güterzüge zu sehen waren...
Es ging dann wieder südlich um Bukarest herum. Diesmal sogar ganz ohne Stockungen. Es ist wirklich unbeschreiblich, wie an den simplen Kreuzungen die Autofahrer den Verkehr untereinander regeln... Diesmal fuhren wir aber nicht bis zur Pitești-Autobahn durch, sondern bogen vorher nach Südwesten ab, mit Kurs auf Alexandria. Über die Staumauer des Sees bei Mihăiești verließ man den Ballungsraum der Hauptstadt. Der Verkehr auf dieser Hauptstraße war zwar nicht schwach, aber durchaus erträglich. Es war ggf immer mal eine Gelegenheit zum Überholen. In Drăgănești-Vlașca gab es in einem Grillrestaurant erstmal einen gemischten Grillteller. Leider plagten Yannick wieder die Bauchschmerzen. Die gestern gekauften Kohletabletten zeigten noch nicht die ganz durchgreifende Wirkung...
Wir fuhren weiter. Eine Überlegung für Nachmittagsaufnahmen war die Nebenbahn von Rosiori nach Alexandria. Dort ist noch die CFR tätig, und in unserem Umlaufplan war die Rede von Kuttern und Malaxas. Wir kamen dort allerdings um kurz nach 2 an. Bis zum schönen Licht hätte man noch lange warten müssen. Und unser heutiger Wunsch war hauptsächlich, vorwärts zu kommen. Also ging es nach kurzer Augenpflege auf dem Park&Ride Platz (haha!) von Plosca weiter - stramm nach Westen. In dieser Richtung ging es auch bald in hohe Bewölkung hinein, die weitere Fotoambitionen am Nachmittag eh dämpfte.
Kurz vor Craiova, unserem unausgesprochenen möglichen Etappenziel, kam nochmal die Sonne großflächiger heraus. Wir überquerten die Bahn auf einer Brücke und konnten auf die Halta Pasajul Cușoveni hinab blicken. Dort warteten Leute auf einen Bummelzug, den wir schon längst "durch" wähnten. So konnten wir als kleines Fahrtpäuschen sogar Züge in beiden Richtungen ablichten. Wäre ja auch tragisch, wenn wir bei diesem Sonnenurlaub tatsächlich die Wunschdevise vieler Touren "jeden Tag mindestens ein Sonnenbild" heute nicht erfüllt hätten.
Der Ostfahrer spuckt ganz schön viele Leute aus. Berufsverkehr von Craiova mit nur einem einzelnen Wagen.
Während der Ostfahrer drei Minuten vor Plan weiter fuhr, erschien nun mit +53 der R 9003 București - Craiova und hielt in Pasajul Cușoveni.
Es war in Craiova immer noch recht früh. Da ging noch was. Als neues Etappenziel wurde Drobeta-Turnu Severin ausgegeben. Meine Güte, warum sucht man sich Orte mit so langen Namen zum Übernachten aus? Da muss man immer so viel schreiben... Insgesamt war die Fahrt trotz regem Verkehr ganz angenehm. Erfreulich war, dass man weder in Alexandria noch in Craiova durch die Innenstadt fahren musste. Es ging auf Umgehungsstraßen drumherum. Hinter Craiova sahen wir einen Güterzug nach dem anderen. Wenn wir mal einen überholten und Chance auf Sonne war, stellten wir uns an den nächsten Bü. Doch entweder verschwand die Sonne oder später auf dem eingleisigen Stück kam statt der erwarteten Züge erstmal ein Tross aus der Gegenrichtung. Bitter fanden wir, wie langsam östl Craiova beobachtete Personenzüge auf der Strecke unterwegs waren.
Von einem Parkplatz am Straßenrand buchten wir erstmal das Hotel. Yannick gefiel Hotel ClubG am besten, mir hätte das ehrwürdig sozialistische Continental mit Donaublick besser gefallen. Die Kleinen setzen sich bekanntlich immer durch (Y ist 1cm kleiner als J), und so wurde es das "ClubG". Beeindruckend war der Abstieg runter ins Donautal. Der Fluss leuchtete im Gegenlicht. Die parallele Bahn bewältigt den Abstieg ins Donautal in mehreren Schleifen.
Da haben wir sie wieder, die Donau. Eigentlich sind wir den ganzen Tag parallel gefahren, aber doch in einigem Abstand. Kurz vor Drobeta-Turnu Severin führt die Straße hinab an den großen Strom.
Beim Hotel waren wir erstmal etwas entsetzt. Wir hatten den Eindruck, auf den Hof einer leerstehenden und verlassenen Einrichtung zu fahren. Während wir ratlos dastanden, kam allerdings der auf booking.com auch versprochene Parkplatzwächter und zeigte uns, wo wir hin mussten. Leer stand wohl nur vorne der namensgebende Club, während das Hotel voll in Betrieb war. Vom Parkplatz aus wirkte es nicht repräsentativ, aber Haupteingang, Rezeption und Zimmer machten dann einen sehr guten Eindruck. Ich war von der langen Autofahrt wohl doch fertiger, als ich es spürte. Auf die Frage, ob die Rechnung an privat oder auf Firmennamen gehen soll, habe ich geantwortet: Das Auto ist nicht privat, sondern von Sixt. Habe wohl aus dem englischen "bill" ein norwegisches "bil" (=Auto) gemacht...
Heute waren wir schön früh dran. Die nähere Umgebung des Hotels sah nach Wohngebiet aus, doch wir brauchten lediglich um eine Ecke zu gehen, da tobte das Leben zu Füßen des Castelul de Apă, einem wirklich beeindruckenden, trutzigen aber doch verspielten Wasserturm aus der Zeit um 1915. An dessen Platz konnten wir draußen im leichten Wind lecker Pizza essen. Immerhin hatte Yannick gesunden Hunger, obwohl seine Verdauungsprobleme schon in den vierten Tag gingen...
Wenn man sich die gefahrene Strecke so anschaut, kann man nur sagen, dass wir heute etwas geleistet haben. So waren wir unserem Ziel, zum Ende der Tour vielleicht zwei Tage im Banat zu verbringen, ein deutliches Stück näher gekommen. Die verbleibenden 250km Landstraße bis in den Raum Timișoara sollten morgen locker flockig händelbar sein...
Heute Morgen war es bewölkt. Wir hatten zwar ein nettes Motiv mit Donaublick am Ortseingang entdeckt, aber wenn nicht, dann eben nicht. Wir hatten eh keine Ahnung, wie beliebt man sich machen würde, wenn man zwischen Industrieanlagen und Grenze mit der Kamera rumfuchtelt. Nicht, dass sich jemand von der hier reichlich vorhandenen "Gendamerie" berufen fühlt, uns kostenpflichtig zu belehren, womöglich noch mit Löschen aller möglichen Bilder...
So konnten wir erstmal das Frühstück begutachten. Vielleicht würde man später noch am Eisernen Tor etwas machen. Tagesziel war jedenfalls Timișoara oder Arad. Das Frühstück erwies sich nun als etwas "eigenartig". Statt Marmelade gab es eingemachte Kirschhälften. Da Yannick keinen Kaffee oder Tee wollte, kam ich in den Genuss einer zweiten Tasse Kaffee, die Yannick für sich bestellte und mir rüberreichte.
Immer noch unter Bewölkung fuhren wir los. Aber das Versprechen "Sonne ab 9" war durch wetteronline noch immer gegeben! Es ging entlang der Donau aus der Stadt raus. Auch am westlichen Stadtrand gibt es sicher Gelegengeiten, Bahn und Fluss zusammen im Bild zu verewigen. Das Tal wird flussaufwärts nun enger. Diesen Umstand haben sich bekanntlich die "Führer" Jugoslawiens und Rumäniens zunutze gemacht, um ein gigantisches Projekt zu verwirklichen: Das Kraftwerk "Eisernes Tor 1"! Eine Staumauer beeindruckender Größe versperrt der Donau auf diesem engen Talabschnitt den Weg.
Wir hatten schon viele Bilder gesehen, die Zugreisende aus dem Fenster vom Eisernen Tor gemacht hatten. Jetzt wollten wir wissen, ob die Staustufe zwischen Serbien und Rumänien auch als klassische Streckenaufnahme umsetzbar wäre. Bei Annäherung an den verdrahteten Betonkoloss ging der prüfende Blick immer mal den Bahndamm hoch, doch das wirkte alles sehr verbuscht. Aber eines haben die Rumänen noch nicht flächendeckend geschafft: Betonviadukte zuwuchern zu lassen. Unser Glück war also, dass östlich der Staustufe das Seitental der Jidoștița in die Donau mündet. Und dieses Tal wird von der Bahn auf einem Betonviadukt gequert.
Ok, das war schon mal nett. Nun brauchten wir nur noch oben in den bewaldeten Hängen einen Ausblick zu finden. Der Viadukt überspannt die Ortschaft Gura Văii. Hinterm Viadukt zog sich ein Friedhof den Hang hoch. Friedhöfe haben gerade auf dem Balkan schon manchen Motivblick ermöglicht. Doch auf OSM (Openstreetmaps, das uns mittels der App OSMAND auf dem Tablet schon die ganze Zeit zuverlässig den Weg wies) war sogar eine Straße verzeichnet, die den Hang in einem weiten Bogen hochführen sollte. Die testeten wir als erstes. Ausblicke waren immer mal da, aber auf Anhieb nicht gerade fotogeeignet. Mit Krauchen durchs Unterholz mochte aber etwas gehen.
Erstmal fuhren wir weiter. Gerade dachten wir, dass die offenbar ungenutzte Asphaltstraße, die sogar alte Straßenlaternen hatte, an einem idealen Aussichtspunkt enden konnte, da versperrte ein Tor zu einem größeren Anwesen die Fahrbahn. Wie wir erst später recherchierten, handelte es sich um eine Villa Ceaușescus. Der große "Führer" wollte hier wohl vor der Kulisse seines Gigantprojektes repräsentieren können...
Das wussten wir da aber noch nicht. Sonst hätten wir natürlich ein Foto gemacht. Statt dessen fuhren wir ein Stück zurück bis zu einem der Pfade ins Unterholz. Tatsächlich fanden wir nach einiger Kraxelei freie Ausblicke. Aber das war alles mit gewissen Entbehrungen verbunden. Yannick kletterte einen im dichten Dickicht stehenden Leitungsmast zwei Meter hoch, büßte dafür jedoch seine Hose ein, die großflächig aufriss (wohl etwas zugelegt, wie? *g*). Ich selbst fand oberhalb eines Gartengrundstücks einen Durchblick zwischen den Büschen, der gerade eben für ein Foto reichte. Dabei war ich allerdings dem Terror von ununterbrochenem Hundegebell ausgesetzt.
Habt ihr euch mal eine halbe Stunde lang von drei zähnefletschenden Kötern ununterbrochen anbellen lassen? Zwei der Viecher waren auf dem Grundstück eingesperrt, doch ein dritter, besonders penetranter Kläffer stand draußen, kam zähnefletschend millimeter für millimeter näher und dachte wohl ich merkte das nicht. Wenn er mir zu nahe war, machte ich eine Bewegung auf ihn zu und er verschwand blitzschnell zurück auf Start. Strafe für mich war dann natürlich besonders aufgeregtes Gebell aus drei Schnauzen. Da stand ich nun, wollte ein Kraftwerk und eine EU-Außengrenze fotografieren, und das ganze Tal war erfüllt vom Dauergebell dieser Fußabtreter.
Es war ja klar, dass irgendwann die Frau von dem Grundstück angelaufen kam. Was mag so eine Frau denken, wenn oberhalb ihres Grundstücks ein Kerl mit einer Kamera im Dickicht steht? Ich rief ihr etwas von "Foto" und "Tren" zu. Überraschenderweise fand sie das anscheinend völlig normal. Sie wirkte so tiefenentspannt, dass ich nicht damit rechnen musste, dass sie der Polizei einen ausländischen Spion meldet. Die Hunde konnte sie aber kaum beruhigen...
Man lässt sich natürlich nicht durch Kläffer von solch einem Hammer-Ausblick verscheuchen. Aber es hätte gern mal ein erlösender Güterzug kommen dürfen. Gestern tobte hier doch der Bär!?! Und eben war uns auch wieder einer entgegen gekommen! Jetzt herrschte natürlich Ruhe. Immerhin kam der IR von Arad dann pünktlich. Es war aufgrund der Wolkenfelder nochmal seeeehr seeeehr spannend geworden. Aber der Zug kam sogar bei Sonne durch! Was für eine Erlösung für uns beide, denn Yannick hing da an seinem Mast auch nicht gerade bequem...
Vor der Kulisse des Kraftwerkes Porțile de Fier 1 überquert IR 1692 über der Ortschaft Gura Văii den Jidoștițaviadukt.
Wir fuhren nun an der Staumauer, die auch gleichzeitig Straßengrenzübergang nach Serbien ist, vorbei. Oberhalb verläuft die Bahn wildromantisch am Ufer der aufgestauten Donau entlang. Ein Güterzug folgte dem IR, doch wir fanden leider auf die Schnelle kein geeignetes Motiv. Es war auch nicht ganz trivial, an der Straße überhaupt eine Parkmöglichkeit zu finden. Erst nachdem der Gütermann durch war, fanden wir ein schönes Plätzchen, wo man abseits der Straße im Auto sitzend auf Züge warten konnte. Dort ließ es sich gut aushalten, es war schattig und ein kühler Wind wehte durch das Auto. Einen Haken hatte die Sache allerdings: Es gab keine Züge mehr! Als das Licht zu spitz kam, schauten wir weiter.
Züge sahen wir gar nicht mehr. Aber die Strecke ist schon klasse. Weiter in Richtung Orșova scheint es die besten Fotomöglichkeiten mit der aufgestauten Donau zu geben. In Orșova selbst fiel der Blick von der Straßenbrücke über die Cerna zur Bahn auf. Die Strecke führt dort auf einer Galerie zwischen der hier schon breiten Cerna und einer Felskante entlang. Auch der weitere Streckenverlauf Cerna aufwärts machte einen netten Eindruck. Da müsste auch fotografisch etwas gehen, z.B. südlich Mehadia von einem Bü mit Felsen im Hintergrund.
Wir bewegten uns hier in einem unsäglichen LKW Tross und hatten ohnehin schon überlegt, quer durch die Berge rüber nach Anina zu fahren. Das taten wir. Und auf der Straße 57B waren wir plötzlich allein auf der Straße! Was für eine Wohltat. Etwas Sorge hatten wir, dass die Straße irgendwann aufhört oder zu einer rumänischen Kraterpiste wird. Aber die Sorge erwies sich als unbegründet. Auf bestem Fahrbahnbelag ging es ohne viel anderen Verkehr über Bergkämme und durch Schluchten via Bozovici nach Anina.
Hübsche Mittelgebirgslandschaft zwischen Prigor und Prilipeț.
Yannick wollte gern den Zug runter nach Oravița nehmen. Das passte zeitlich optimal. Wir konnten sogar den einzigen Zug des Tages bei der Ankunft in Anina fotografieren. Das musste trotz Hochlicht jetzt mal sein. Dass die Sonne durch die dicken Quellwolken kam, war überhaupt etwas überraschend.
R 9695 aus Oravița trifft in Anina ein.
Der “Banater Semmering” ist eine hocheindrucksvolle Gebirgsbahn, über die man wohl ein ganzes Buch schreiben könnte. Denn sowohl Geschichte als auch Streckenführung stecken voller imposanter Überraschungen. Da das hier den Rahmen sprengen würde, sei auf eine sehr ausführliche Dokumentation auf DSO verwiesen:
https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?30,5742171
https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?30,5781137
Ich musste natürlich das Auto überführen. Erstmal ging es nach Oravița runter. Erst von dort konnte ich dem Zug zwecks Streckenaufnahmen noch ein Stück entgegen fahren. Mit Sonne klappte leider nichts. Ich steuerte den nächsten Bahnübergang an, der auf dieser Nebenstraße erreichbar war und dürfte damit etwa die Streckenmitte erreicht haben. Als ich an dem Bü ausstieg, wollte ich gerade so nach Herzenslust diese wunderbare Stille genießen, da schaltete sich der Bü mit durchdringendem Heulton ein. Den Ton durfte ich dann wohl noch zehn Minuten lang genießen. So war das nicht gedacht... Aber so brauchte ich Yannick wenigstens nicht nach der Position des Zuges zu fragen; der Zug hätte theoretisch auch schon durch sein können. Kurz vor dem Bahnübergang stand sogar ein Formsignal, das Hp1 zeigte. Ich war davon ausgegangen, dass das eine dieser Signalruinen ist, die man häufiger in Rumänien antrifft. Doch Yannick wusste später zu berichten, dass hinter mir im Wald der besetzte (!) Bahnhof Lisava lag...
R 9694 nähert sich dem Bahnhof von Lisava.
Ein Sunspot in der Landschaft oberhalb Oravița.
Der Zug nähert sich seinem Zielbahnhof.
Der Zug war gut besucht. In Anina ergossen sich nach Ankunft zahlreiche Touris auf den Bahnsteig. Einheimische fuhren aber auch mit. Aber dieser Betrieb ist wirklich Wahnsinn: Der Bahnhof Anina und mindestens drei Betriebsstellen unterwegs waren mit Fahrdienstleitern besetzt. Dazu kam der eine oder andere Weichenwärter. Und das für ein einziges Zugpaar am Tag. Wenn wenigstens ein zweites Paar fahren würde, könnte man auch Urlaubern aus Anina eine Hin- und Rückfahrt ermöglichen. Denn Anina ist der Urlaubsort und nicht Oravița. Dazu kommt, dass die Strecke momentan Inselbetrieb ist, weil Regiotrans die "Hauptstrecke" unten in Oravița nach dem vorübergehenden Lizenzentzug noch immer nicht wieder in Betrieb genommen hat. Es ist wirklich toll, dass die Strecke touristisch vermarktet wird, aber es liegt so viel Verbesserungspotential auf der Hand...
In Oravița steht eine weitere Lok im Bw.
Wir fuhren auf der Landstraße weiter an die nächste Strecke in westlicher Richtung, die von Timișoara nach Vrsac in Serbien. Dort sollte als Spätprogramm ein wenig Verkehr zu erwarten sein. Anfangen wollten wir mit dem Desiro nach Vrsac in Jebel, doch der Zug hatte Wolken- und Graffitischaden gleichzeitig. Nächster Programmpunkt war ein Regiotrans Zug aus Reșița, dem wir ein Stück bis kurz vor Gătaia entgegen fahren wollten. Passenderweise fanden wir direkt am Bü der Hauptstraße, also zwischen den Stationen Gătaia und Birda, einen wunderhübschen Schrankenposten. Die Wolken gaben ein Wechselspiel. Wir hofften, dass es klappen würde. Endlich wurde die Schranke runtergedreht. Das erste Auto aus unserer Richtung konnten wir durch Handzeichen bitten, Abstand von der Schranke zu halten. Die Caravelle - ein Doppler leider mit der neuen Kopffront - bretterte in ziemlichem Affenzahn an uns vorüber.
Eine doppelte Caravelle als R 14510 am Schrankenposten zwischen Gătaia und Birda.
Wir sahen zu, vor dem ganzen Tross der vor dem Bü wartenden Autos loszukommen, was bis auf den ersten PKW auch gelang. Der zweite fuhr besonders vorsichtig über die Gleise und ließ uns damit eine Lücke. Es ging dem Zug hinterher. In Jebel bekamen wir ihn nochmal.
Und der Zug nochmal in Jebel.
Als der Zug weg war, buchten wir uns erstmal eine Unterkunft in Timișoara. Das Hotel Excelsior gefiel uns bei booking.com auf Anhieb und es lag in einer Gegend, die für uns gut erreichbar war. Unterwegs hatten wir uns eigentlich noch den Zug nach Stamora Moravița anschauen wollen, doch die Wolken waren im Westen jetzt derartig dicht, dass wir lieber direkt das Hotel aufgesucht haben. Das war nun nicht so dolle wie erhofft. Es gab nur Doppelbett (immerhin war das Bett riesig und es gab problemlos eine zweite Decke dazu) und die Klimaanlage funktionierte auch nicht. Abends aßen wir direkt im Hotelrestaurant. Der gemischte Grillteller war nun wieder sehr gut. Das Timibier auch.
Wir checkten mal lieber aus. Dann konnten wir uns auch frei halten, ob man für die restlichen Nächte nach Timi oder Arad geht. Aufgrund der fehlenden Klimaanlage habe ich schlecht geschlafen.
Das Banat umfasst weite Teile des rumänischen Südwestens und reicht bis nach Serbien und Ungarn. Wenn im Kreis von Eisenbahnfreunden vom rumänischen Banat die Rede ist, so ist zumeist nur ein kleiner Teil dieser Landschaft gemeint, der westlich der Linie Timișoara - Arad liegt, und der eisenbahntechnisch einen ganz eigenen Charakter hat: Ein extrem dichtmaschiges, unübersichtliches Netz von Nebenbahnen, das fast jedes Dorf in dieser Region an die Schiene anschließt. Und eigentlich steht dieses "Eisenbahn-Banat" auch für den Einsatz von Malaxa-Triebwagen vor wirklich verwunschener Kleinbahn-Kulisse, u.a. auch mit vielen Formsignalen. Bekannt sind die Formsignale auf Beton-Auslegern für die Einfahrsignale parallel in den Bahnhof führender Strecken. Von diesem "Ideal-Banat" haben wir leider einiges schon nicht mehr mitbekommen.
Die Malaxa-Einsätze dürften hier Geschichte sein. Das eng verwobene, auf der Zeichnung bunt dargestellte Netz wird durch das EVU Regiotrans bedient. Zum Einsatz kommen hier ausschließlich gebraucht aus Frankreich beschaffte Caravelle-Triebwagen und nur im Berufsverkehr mal ein vereinzelter lokbespannter Zug. Die grau dargestellte Strecke von Timi nach Jimbolia wird von der CFR bedient. Hier kamen immerhin neben den Desiros noch Ferkeltaxen zum Einsatz. Alle Strecken dieses "Banats" werden auch nicht mehr befahren; so liegt der Personenverkehr auf den noch im Kursbuch verzeichneten Strecken Jimbolia - Lovrin und Cărpiniș - Ionel entgegen Kursbuchangaben still.
Viel bot das Frühprogramm nicht. Ein Morgenzug von Jimbolia nach Timi interessierte uns und war schon mal der Grund, keine Zeit für das Frühstück zu haben. Aber es konnte ja eine Ferkeltaxe sein. Wir brauchten eine halbe Stunde, um aus Timișoara rauszukommen. Erst durften wir am Ausgang aus unserem Wohnquartier nicht wie gewünscht nach links abzweigen. Dadurch mussten wir einen Riesenkreis fahren. Doch Vorsicht! Zwischen zwei Häusern konnte mal eine Bremer Straßenbahn die Straße queren! Die Farbgebung der Züge war allerdings nicht wirklich schön anzusehen... Dann mussten wir mehrere Phasen einer Linksabbiegerampel abwarten. Doch hinter der Stadt ging es schön flüssig. Die geraden Straßen des Banat sind schon klasse! Wir schafften es wider Erwarten, den Zug kurz hinter Jimbolia abzupassen. Es kam - ein Produkt aus deutschem Hause, aber nicht das erwünschte.
Ein Desiro fährt als R 11334 aus Jimbolia aus und passiert ein Stück östlich den Schrankenposten der parallelen Hauptstraße.
Nachgewiesenermaßen werde ich zunehmend grantelig, wenn ich morgens kein Frühstück oder zumindest keinen Kaffee bekomme. Und wenn ich weder Frühstück noch Kaffee bekomme UND einfach gar nichts klappt und man besser im Bett geblieben wäre, so nimmt meine schlechte Laune rapide zu. So ein Vormittag war heute. Die nächste Fotomöglichkeit war eine Caravelle von Lovrin nach Nerău. Für diese zogen rechtzeitig riesige Wolkenfelder auf, so dass Fotos in Gottlob, Teremia Mare und Nerău nur im Mumpflicht abgingen. Gaaaanz großes Tennis!
Immerhin ist die Stichbahn von Lovrin nach Nerău durchrationalisiert und kommt ohne jegliches örtliches Personal aus. R 14317 rollt in den Endbahnhof ein.
Damit war vom Lichtstand her das Frühprogramm eigentlich beendet. In Sânnicolau Mare, einem unerwartet großen Ort hier im Banat mit Fußgängerzone, stellten wir uns nun auch noch sehr kompliziert mit der Frühstücksersatzbeschaffung an. Nachdem man zwei Supermärkte und zwei Tanken abgeklappert hatte, konnten wir den "Erfolg" in Form zweier mampfiger Teigtaschen aus der Penny Backstraße und zweier kalter Kaffeegetränke im Schatten des Bahnhofsgebäudes "feiern" und verzehren. Das half! Wir waren plötzlich so motiviert, dass wir eine Ausdehnung des Frühprogramms in die Hochlichtphase beschlossen. Was soll's, das brachte uns zwei schöne Formsignaldokus aus Sânnicolau Mare und Lovrin ein.
"Parallelausfahrt" aus Sânnicolau Mare nach Arad und Timișoara... Wer konnte schon ahnen, dass es nach Timi westwärts aus dem Bahnhof rausgeht? ;-)
Das Streckennetz im Banat ist genauso verwirrend wie dicht. In Sânnicolau Mare hatten wir mit einer Parallelausfahrt gerechnet und dann einen Aha-Effekt, als der Triebfix nach Timi den Bahnhof westwärts verließ. Bei der Aufnahme in Lovrin hatten wir richtig Schwein mit einer Wolkenlücke! Den Klassiker mit dem Signalausleger wollte man natürlich mal haben!
Der Triebwagen, der sich eben in Sânnicolau Mare noch westwärts von uns weg bewegt hat, kommt in Lovrin ordnungsgemäß ostwärts als R 14390 am bekannten Signalausleger vorbei.
Nun war dann doch die Mittagspause angesagt. Wir hatten bei der Einfahrt nach Lovrin schon zwei Restaurants entdeckt, von denen Yannick auch schon eines für uns ausgewählt hatte. Es war ein Italiener. Ich nahm Spaghetti, für Yannick gab es Pizza. Danach wurde es noch entspannender. Für eine gute Stunde konnten wir uns mit dem Auto in den Schatten der Bahnhofsbäume von Lovrin stellen. Die Pause nutzte ich für ein kleines Nickerchen.
So ab 15.30 sollte im Banat der Bahnverkehr erwachen. Und es passierte das, was wir heute Vormittag kaum für möglich gehalten hätten: Für den Rest des Tages bekamen wir wirklich gut zu tun! Als erstes gab es zwei Einfahrten nach Lovrin, die anschließend im Bahnhof Aufenthalt hatten. So konnte der erste Zug nach der Einfahrt und der zweite auf der weiteren Fahrt nach Nerău in Gottlob umgesetzt werden. Trotz vieler Wolken ging alles bei Sonne. So sollte es sein!
Aus Richtung Osten nähert sich R 14389 dem Bahnhof Lovrin...
...und steht dann einige Minuten im Bahnhof ab, wartet allerdings nicht den Anschluss aus Richtung Periam ab,...
...den wir wenig später als R 14321 in Gottlob aufnehmen konnten.
Anschließend wurde es für die Ferkeltaxe nach Jimbolia zeit. Jedenfalls war das vor anderthalb Wochen ein Ferkel gewesen. Heute hoffentlich auch! Uns hatte neulich der Bahnhof Cărpiniș sehr gut gefallen. Die westliche Ausfahrt sollte es nun sein. Banger Blick zu den Wolken: Sie wurden immer weniger. Banger Blick die Schiene entlang: Da kam tatsächlich etwas Rotsilbernes! Eine vierteilige Ferkeleinheit, aus der sich die Menschenmassen ergossen. Die Bahn lebt! Wir erwischten das Gespann sogar ein zweites Mal an der Halta Clarii Vii. Das Personal freute sich sichtlich über unser Interesse.
In Cărpiniș ergießen sich Menschenmassen aus dem vierteiligen Ferkeltaxi, das als R 11337 von Timi nach Jimbolia unterwegs ist.
Das nächste Bild ist nah wie nie - in der Halta Clarii Vii!
Yannick als unser Fahrplanexperte fand für uns heraus, dass in Kürze ein gut ins Licht fahrender Regiotrans von Lovrin über Sânnicolau Mare nach Cenad fahren müsste. So allmählich fing ich an, das dichte Streckengeflecht im Banat zu überblicken. Nur die Stichbahn nach Cenad war mir neu. Wir erwischten den Zug das erste Mal in Tomnatic.
Gut gedeiht die Streckenvegetation im Bereich von Tomnatic. R 14391 fährt weiter nach St. Nikolaus.
In Sânnicolau Mare konnten wir die Caravelle neben einer weiteren im Bahnhof fotografieren. Wir stellten uns dann für die Einfahrt des Zuges aus Arad, doch der hatte offenbar Verspätung. Statt dessen fuhr man ohne Anschlussaufnahme nach Cenad ab. Die Strecke ist kurz, die Fahrzeit irre lang. Wir erwischten den Zug bei Sânnicolau Nord und in der Einfahrt von Cenad. Dort harrten anfangs noch zwei Zigeunerjungs mit uns neugierig aus, gaben aber bald auf, nachdem der Zug auf sich warten ließ.
In Sânnicolau Mare trifft R 14391 auf einen abgestellten Triebwagen. Doch es geht bald und ohne Anschlussaufnahme eines verspäteten Zuges aus Arad weiter...
...über Sânnicolau Nord...
...nach Cenad. Cenad liegt am Mureș, an dem auch Arad liegt. Hier bildet der Mureș noch die Grenze zu Ungarn.
Die Rückfahrt nahmen wir kurz hinter Cenad. Hier gab es einen wahnsinnig weiten Landschaftsüberblick.
R 14394 hat Cenad verlassen und wird von Yannick mit der steppenartigen Ebene südlich des Ortes fotografiert.
Danach wurde es wirklich Zeit, nach Arad ins Hotel zu fahren. Unterwegs wollten wir lediglich noch einen entgegenkommenden Zug mitnehmen. In Secusigiu war die Streckenausrichtung perfekt. Motivlich war es nicht ganz einfach, aber nach einmaligem Abschreiten des Bahnhofs fanden wir eine Stelle, an der wir die doppelte Caravelle unterbringen konnten.
Auch der Bahnhof Secusigiu ist nicht mehr örtlich besetzt. R 14367 setzt seine Fahrt nach kurzem Aufenthalt fort.
Binnen einer halben Stunde war das Hotel erreicht. Das Best Western von unserer ersten Nacht war leider ausgebucht, aber im Hotel Coandi in Arad hatten wir über booking.com eine Bleibe gebucht. Das Haus lag schön am Fluss und hatte ein nettes Restaurant. Lediglich die Klimaanlage machte uns Sorgen. Da kam zwar kalte Luft raus, aber irgendwie kam die nicht so im Raum an, das Klimagerät erschien etwas altersschwach.
Dank des offenen Fensters und einer kühlen Nacht konnte ich ganz gut schlafen. Da es gestern sehr spät geworden war, schenkten wir uns einen Frühstart zum eventuellen Malaxa nach Oradea. Wie gegen 6.38 zu hören war, handelte es sich auch um eine ordinäre 65 mit Wagen - wie letzte Woche schon. Die Strecke von Timi verläuft nicht all zu weit am Hotel vorbei, so dass ich den Zug gut hören konnte. Somit starteten wir eine Stunde später mit dem Schnellzug nach Iași, den wir vor Sântana eingeplant hatten. Wobei wir keine Ahnung hinsichtlich Motiven hatten. Aber zwischen Zimandu Nou und Sântana entdeckten wir eine passable Stelle.
Westlich von Sântana passiert IR 1834 eine alte Fabriksiedlung.
Da war sogar eine sehr schöne alte Fabrikruine, die sich aber leider nicht mit Zug zusammen ins Bild bringen ließ.
Und das ist die Fabrik selbst.
Der nächste Programmpunkt sollte ein sicherer Malaxa von Oradea sein. Ob es wirklich einer sein würde? Wir fuhren ihm bis nördlich Chișineu Chriș entgegen. Dort und vor Sântana an der Halta Comlăuș konnte man den tatsächlich auftauchenden Malaxa dann auch sehr schön zusammen mit der Flucht der Telegrafenmasten aufnehmen.
Wie es der Umlaufplan versprach, näherte sich als R 3114 tatsächlich ein Malaxa 1000 dem Bahnhof von Chișineu Chriș. Damit hatten wir in diesem Urlaub wenigstens von jeder Malaxa-Bauart mindestens je ein Exemplar erwischt.
Am Stadtrand von Sântana gab es den Zug nochmal mit der langen Flucht der Telegraphenleitung an der Halta Comlăuș.
Das war das Frühprogramm an dieser Strecke. Den weiteren Tag wollten wir nochmal im engmaschigen Nebenbahnnetz des Banat verbringen. Zunächst ging es über Periam nach Lovrin. Unterwegs entdeckten wir bei Pesac ein hübsches Motiv mit Kapellchen für morgens. Mittlerweile hatte es am Himmel schon wieder ordentlich rumgewölkt. Eigentlich war der Plan, nochmal den Signalausleger zu versuchen, da gestern das Motiv nicht vollständig ausgeleuchtet war. Wir versuchten es einfach nochmal, und es klappte sogar mit voller Ausleuchtung. Hochlicht geht *g*.
Und nochmal - diesmal allerdings bei voller Beleuchtung - zieht R 14320 für uns am Signalausleger von Lovrin vorbei.
Danach war die Belohnung in Form eines Mittagessens fällig. Wir suchten einfach wieder den Italiener am Ortsrand von Lovrin auf. Mit der gesamten Polizeimannschaft des Ortes an den Nachbartischen - immerhin sieben Mann - ließen wir uns die Pizza schmecken. Anschließend ging es kundschaften. Und zwar interessierte uns die Stichbahn von Sânnicolau Mare nach Vălcani, auf der es nur noch anderthalb Personenzugpaare gibt. Die Strecke erwies sich als furchtbar verbuscht. Man hätte hier am Nachmittag einen Zug fotografieren können, aber das hätte sich mit der Ferkeltaxe nach Jimbolia gebissen. Wir schauten uns in Dudeștii Vechi und Vălcani an den Bahnhöfen um. In Vălcani wirkte ein Nebengleis noch befahren, was uns ziemlich gewundert hat.
Unser Mietwagen hat uns zum Bahnhof von Vălcani gefahren. Die einzige Zugankunft des Tages würde noch paar Stunden auf sich warten lassen.
Danach gab es erstmal Päuschen auf der Ladestraße von Sânnicolau Mare. Das Einfahrsignal von Lovrin war gezogen, obwohl für mindestens eine Stunde nichts kommen sollte. Vielleicht ein Güterzug? Wir brauchten "zum Glück" nicht auf einen Schattenparkplatz für unsere Siesta zu achten. Die Wolken hatten eindeutig die Oberhand am Himmel. Nichtmal der im Bahnhof abgestellte Triebwagen ging mit Sonne, nachdem wir gegen 16 Uhr unsere Siesta beendet hatten. Das Esig hatte der Ww frühzeitig für den nächsten Personenzug gestellt, bevor er mit seinem Auto zu seinen Kollegen ins EG gefahren war. Zurück zu seinem Posten kam er dann hektisch angebraust, weil sich der Zug schon näherte und er bei Zugdurchfahrt natürlich vor seinem Häuschen zu stehen hat.
Da die Stichbahn nach Vălcani nicht so die prallen Fotomotive bot, hatten wir uns doch nochmal zugunsten der Ferkeltaxe nach Jimbolia entschieden. Wir fuhren rechtzeitig nach Cărpiniș. Dort gab es außer dem Bahnhofsmotiv von gestern eine weitere Fotomöglichkeit am westlichen Ortsrand mit Speicher. Die Ferkeltaxe war derselbe Vierteiler wie gestern. Doch dummerweise war auch hier eine nicht ziehende, sondern nur wabernde Wolke zur Stelle. Es roch aber geradezu nach Sonnenchance wie nie - an der Halta Clarii Vii. Schnell die Taxe überholt. In Clarii Vii waren wir gestern schon, aber heute tauschten wir unsere Fotoplätze: Mit altem Stellwerk (heute Y) und vom alten Stellwerk (heute J).
Hier herrscht Sonnenschein wie nie - an der Halta Clarii Vii...
Wie gestern lag nun die Caravelle von Lovrin nach Sânnicolau Mare an. Heute nahmen wir die bei der Ausfahrt aus Lovrin, dem mit seinen vielen Formsignalen wohl interessantesten Knotenbahnhof im Banat. Den Gegenzug konnten wir zuvor ebenfalls ablichten. Der Ausfahrende bekam leider Hp1 angezeigt, obwohl er die Weichen abzweigend befahren musste. Und es war eine Mintcaravelle mit Wohnzimmerfenster in der Front (bloß dass sich das kleine Fenster im Gegensatz zum Wohnzimmerfenster nicht zum Lüften öffnen lässt).
R 14391 verlässt Lovrin westwärts. Der Weichenwärter nimmt die Vorbeifahrt auf seinem Balkon stehend ab.
Wichtig war uns nun ein Bild von der Einfahrt in Sânnicolau Mare mit den zwei Formsignalen. Das hatten wir ja gestern schon gewollt, doch da wurde mit dem Zug nach Cenad nicht auf den fotografisch passenden Anschluss aus Arad gewartet, und wir hatten ja den Zug nach Cenad verfolgen wollen. Heute wäre uns die Mintcaravelle nach Cenad egal gewesen, doch heute wurde auf Anschluss gewartet. Und es kam --- ein lokbespannter Zug! Regiotrans fährt diesen Berufsverkehrszug aus Arad tatsächlich mit Lok und französischer Wendezuggarnitur. Wir waren begeistert!
Heute bekamen wir den R 14365 aus Arad bei der Einfahrt nach Sânnicolau Mare mit. Er bestand überraschenderweise aus Lok und Wagen (wenn man solche französischen, nach U-Bahn aussehenden Züge als Wagen bezeichnen will).
Das Programm war noch nicht beendet. Gegen halb 8 stand noch eine Wende in Nerău an. Das konnten wir uns auch noch geben. Für die Hinfahrt entdeckten wir ein hübsches Motiv mit Gänseteich in Teremia Mare. Die Rückfahrt gab es bei der Ausfahrt aus Nerău und auf dem Dorfanger von Gottfried, äääh, Gottlieb, nein, Gottlob. Erfreulicherweise kam eine der klassisch lackierten Caravellen mit alter creme-roter Front. Die scheint es gar nicht mehr so häufig zu geben.
Die Hinfahrt können wir als R 14323 bei Teremia Mare mit dem örtlichen Gänseteich aufnehmen.
Die Rückleistung verlässt als R 14326 den unbesetzten Bf Nerău. Nach Abzug des Personals hat man den Flügel des Signals in der Hp0-Stellung belassen.
Yannick als Beifahrer gelingt noch ein schnelles Bild in Teremia Mare. Der Kilometerstein im Vordergrund ist leider nur Plastik, die Schrift mittels Aufkleber angebracht. Wenn man nicht so nah ran geht, sieht's aber trotzdem hübsch aus.
Mittlerweile hat R 14326 in Gottlob gehalten und beschleunigt in den Endspurt nach Lovrin.
Das war mal wieder ein reichhaltiges und langes Spätprogramm. Zügig konnten wir die leeren, geraden Landstraßen des Banat zurück nach Arad fahren. Nach der Dusche gab es wieder mal sehr leckeres Essen auf der Terrasse des Hotelrestaurants.
Da war er auch schon, unser letzter Tag in Rumänien. Nachdem es gestern auch wieder spät geworden war, hatten wir für den verbleibenden heutigen Vormittag das Programm auf Straßenbahnen in Arad eingekürzt. Motive hatten wir schon genug gesehen, und der bunte Fuhrpark ist einfach eine Show. Während Yannick ausschlief, frühstückte ich in Ruhe. Es gab ein Frühstücksbuffet, das wirklich gut war. Das war sicherlich das beste Frühstück der Tour. Erst gegen halb 9 starteten wir. Ultimo war die Autoabgabe um 13 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz und der Zug nach Budapest um 14.32.
Wir begannen mit den Straßenbahnfotos direkt vorm Hotel. Dort quert die Tram auf einer fotogenen Straßenbrücke den Mureș. Offenbar fuhr Linie 3 im Zehnminutentakt. Drei Züge warteten wir ab. Der dritte klappte sogar komplett ohne Autoschaden.
Ein Duewag in Arad auf der Mureșbrücke direkt vor unserem Hotel.
Dann warfen wir unseren Duster an und fuhren in die Innenstadt. Unmittelbar vor mir wollte jemand ausparken. Das passte. Nett sein, kommen sie doch raus, ich lass' Sie vor, und schon hatten wir einen Parkplatz. Ganz einfach war das Fotografieren am Bulevardul Revoluției nun nicht, da die Autos logischerweise immer mit der Straßenbahnen zusammen grün hatten. Aber paar Bilder gingen an verschiedenen Plätzen.
Ein Esslinger rollt den Bulevardul Revoluției entlang und passiert den Rathausplatz.
Duewag-Treffen vor der Katholischen Kirche.
Vor dem Teatrul Clasic Ioan Slavici biegt ein Duewag in den Revolutionsboulevard ein.
Es war mittlerweile wieder drückend heiß geworden. Die Sonne brannte nur so herunter. Nun wollten wir uns mal die Überlandstraßenbahn in Richtung Osten anschauen, an der wir letztes Jahr entlang gekommen waren. Laut OSM gibt es weiter hinten sogar einige Abzweige, aber wir hatten letztes Jahr gesehen, dass die Tram weiter hinten nicht in Betrieb war. In Sâmbăteni stießen wir dann tatsächlich an einem Gleisdreieck auf das Ende der befahrenen Strecke. Paar Motive, natürlich immer mit naher Hauptstraße gab es durchaus. Doch der Blick auf den Aushangfahrplan war ernüchternd.
Wirkt nicht wie der Fahrplan einer Straßenbahnlinie: 13 Abfahrten werktags, 9 an Sonntagen.
Wir hatten wenigstens mit einem Stundentakt gerechnet. Es gab dann auch zwei Linien. Doch die eine fuhr nur einmal am Tag und die zweite hatte gerade eine Lücke von zweieinhalb Stunden! Die nächste Abfahrt wäre in anderthalb Stunden. Wir fuhren wieder in Richtung Arad. Ein Ort weiter, in Cicir, kam uns nun allerdings eine kleine blaue Straßenbahn mit Werbung für die Innsbrucker Volksbank entgegen. Offenbar hatte man eine längere Wendezeit in Sâmbăteni...
Wir kommen doch noch zu Bildern von der Überlandstraßenbahn. In Cicir kommt uns ein Wagen der Innsbrucker Verkehrsbetriebe entgegen.
Nochmal am Ortsausgang von Cecir...
...und am nächsten Friedhof am Ortseingang von Sâmbăteni.
Der Fahrer schien sich total über unser Interesse zu freuen. An der Endstation sprachen wir ihn an. Er ließ uns im Wagen fotografieren und wir fragten, ob er Fotos per Email haben wolle. Wollte er. Er wüsste bloß die Email seines Sohnes nicht. Ich gab ihm meine. Mal sehen, ob er oder sein Sohn sich melden. Wir fotografierten noch den Anschlussgelenkbus der Augsburger Verkehrsbetriebe, der die Umsteigestelle über einen Schotterweg verließ. Danach wurden wir vom Tramfahrer auf einen Kaffee in eine nahe Trinkbude eingeladen. Zum Kaffee gab es schön eisiges Wasser.
Während die Fahrgäste mit einem Gelenkbus der Augsburger Verkehrsbetriebe weiterbefördert werden,...
...lädt uns der nette Straßenbahnfahrer auf einen Kaffee ein.
Die Kommunikation war natürlich mühsam. Am Ende haben wir das Smartphone mit Google Translator hin- und hergereicht. Das ging besser als erwartet. Dass ab hier auf den Bus umgestiegen werden muss, erklärte der Tramfahrer mit "Reparatur". Wollen hoffen, dass die Verantwortlichen das auch so sehen. Jedenfalls dürfte die lange Wendezeit einfach darin begründet liegen, dass niemand den Fahrplan angepasst hat, nachdem die Linie ab hier gesperrt wurde. Die Augsburger Verkehrsbetriebe kamen nämlich rechtzeitig zur Rückfahrt der Innsbrucker Tram mit ihrem Gelenkbus wieder über den Schotterweg angerumpelt. Als alle umgestiegen waren, setzte unser neuer Freund mit seiner Tram über das Gleisdreieck zurück, wobei die Fahrwegbeobachtung über die Rückspiegel reichen musste. Mit einem lauten Bimmeln verabschiedete er sich von uns, als er nun wieder vorwärts Arad entgegen strebte.
Durch dieses Programm war ein ursprünglich geplanter Besuch in der Arader Festung nicht mehr drin. Wir tankten unser schönes Auto ein letztes Mal auf und stellten uns auf den Bahnhofsvorplatz, wo der Sixtmann pünktlich um 12.50 auftauchte. Der Duster war in der Bedienung wirklich das einfachste vom einfachen und verfügte nicht ansatzweise über irgendwas, das nach Bordcomputer aussah. Aber in den grundlegenden Eigenschaften war es ein wunderbares Fahrzeug. Sprintstärke, kleiner Wendekreis, gute Federung und eben der viele Platz zwischen Fahrzeugboden und Gelände hatten das Auto für uns zu einem unverzichtbaren Werkzeug gemacht. Und mal ehrlich - die meisten neuen Features in heutigen "Westautos" wie Wischautomatik, Abstandhalter usw gehen eh nur auf den Senkel oder sind zumindest verzichtbar. Und wann ich wieder tanken muss, sagt mir auch eine einfache Füllanzeige ohne abwärts zählende Kilometerangabe.
Die restliche Zeit überbrückten wir in einer Pizzeria auf der anderen Vorplatzseite. Die Pizza Hawaii mit sehr dünnem Boden war wirklich gut. Die eisige Cola war an diesem heißen Tag eine Wohltat. Am Bahnhof besorgten wir uns noch einige kalte Getränke, dann war es Zeit für die lange Wanderung nach Gleis 6. Dazu musste man die gesperrten Gleise 1-4 vorm EG auf einem provisorischen Holzüberweg queren, dann den Bahnsteig durch die glühende Sonne ganz bis zum Westende runterlaufen, die befahrenen Gleise 5 und 6 dort an einem Posten gesicherten Überweg queren und den Bahnsteig 6/7 wieder zur schützenden Überdachung zurücklaufen. Ist auf DSO ja schon beschrieben worden. Jedenfalls habe ich den Temperaturunterschied zwischen Sonne und Schatten eines Bahnsteigdaches noch nie so extrem wohltuend empfunden wie hier nach Ankunft unter der Überdachung...
Eine lange Fahrt. Vor allem, wenn man bei diesen Glühtemperaturen in den Wagen kommt und als erstes feststellt, dass die Klimaanlage defekt ist. Oh Mann... Und es wurde wirklich ein Höllenritt. Im Innenraum dürften es über 40° gewesen sein. Besonders hart waren die langen Grenzaufenthalte. Wir hatten natürlich mit Vierkant die vorhandenen Klappfenster geöffnet, so dass während der Fahrt wenigstens Frischluft reinkam. Aber das nutzt nichts, wenn der Zug dauernd rumsteht. Ach ja, der andere 2.Kl Wagen war natürlich genauso kaputt.
In Curtici kamen zwei Wagenmeister und nahmen praktisch den gesamten Schaltschrank auseinander. Danach kam sogar kalte Luft raus und einer der Wagenmeister knallte sogleich alle Fenster zu. Tja, schade nur, dass das mit der kalten Luft schon nach zwei Minuten zuende war. Das hatte nichtmal ansatzweise gereicht, um den Wagen runterzukühlen. Wir machten alle Fenster wieder auf. In Lököshaza standen wir wieder 25 Minuten, die wir aber nach der Grenzkontrolle wenigstens auf dem Bahnsteig, zwar in praller Sonne, aber immerhin in Frischluft, verbringen konnten. An der anderen Bahnsteigseite fuhr ein Bäderzug nach Burgas ein. Wenn ich das richtig gesehen habe, führte der Zug bis auf einen klimatisierten Schlafwagen nur Fahrzeuge ohne Kühlung. In einem Liegewagenabteil mit Sechserbelegung muss diese Fahrt ein ähnlich interessantes Erlebnis sein wie unsere Fahrt im "Transsilvania". Bloß büschen länger...
Immerhin konnten wir uns ausdehnen. Der internationale Teil war wieder nur mäßig besetzt. Einem Nickerchen stand da nichts mehr im Wege... Etwas Linderung verschaffte auch der Umstand, dass es bei Mezőtúr geradewegs in die Wolken hinein ging. So konnte wenigstens die Sonne nicht auf unser Wagendach herniederbrennen. Und man machte sich Hoffnung auf ein schönes abkühlendes Gewitterchen.
In Szolnok kamen dann auch --- paar Tropfen Regen. Yannick hat es immerhin für eine schnelle Tröpfeldusche nutzen können. Bis ich meine Schuhe an hatte, war der Zug leider schon wieder abgefahren... Da der Zug hinter Szolnok nicht mehr hielt, dachte ich, jetzt kommt durchgehend Luft rein und es wäre Zeit für eine Katzenwäsche im Klo und ein neues Hemd, denn das alte klebte nur noch am Körper. Das war im Prinzip auch schön. Die ersten zwei Minuten jedenfalls. Doch der Schweißfluss wollte irgendwie nicht aufhören. Dem war es egal, dass der Zug bis Budapest nicht mehr hielt, zumal jetzt auch wieder massiv die Sonne auf unseren Zug einstach.
Zwischendurch musste man halt selbst für etwas Frische sorgen...
Später erzählte mir Yannick von Hagel, der vor Szolnok runtergegangen sei. Da muss ich wohl tiefer und länger geschlafen haben als ich bemerkt hatte. Jedenfalls hatten wir es irgendwann geschafft. Wir rollten pünktlich nach Budapest keleti pu ein. Das ist ja schon mal viel wert... Dort liefen wir traditionsgemäß (=wie letztes Jahr) zu Burger King rüber. Während ich die Bestellung aufgab, reservierte Yannick schon mal den Platz direkt unter der Klimaanlage.
Nebenan kam ein Typ mit fünf Eisbechern an. Er wartete nicht auf seine nachfolgende Familie, sondern stellte sich erstmal hinter Yannick, um auf dem Monitor hinter ihm einem Fechtkampf zuzuschauen. Dann fing er an, seine Eisbecher einen nach dem anderen zu essen, während er über Freisprechanlage telefonierte. Die dazugehörigen Waffelbecher stapelte er dabei säuberlich auf seinem Tablett. Na ja, irgendwann war er weg. Lange Zeit tat sich gar nichts, dann stand er plötzlich wieder hinter Yannick. Und auf seinem Tisch türmten sich weitere fünf Eisbecher...
Raus aus dem Burger King, rein ins Treibhaus. Die Luft stand in Budapest. Jeder Schritt war einer zu viel. Der Keleti pu war voller Menschen, durch die man sich mitsamt allem Gepäck durchschlängeln musste. Wir tauschten 100 Lei in Forint um, damit wir rechtzeitig vor Abfahrt unseres klimatisierten (!) Nachtzuges Getränke kaufen können. Aber es war noch Zeit. Wir zogen mal vor bis weit raus auf Bahnsteig 5/6. Kleine mit dem Trinkwassersymbol gekennzeichnete Brünnlein standen auf dem Bahnsteig. Da konnte man sich mal einen Schluck gönnen.
Sehr zu Yannicks Leidwesen "musste" ich ein Foto vom Bahnhofsgebäude machen, wozu viele zusätzliche Schritte erforderlich waren.
Nach Bereitstellung unseres "Metropol", der riesig lang ist, aber nur einen winzig kleinen Zugteil nach Berlin führt, bezogen wir rasch unser Abteil. Dann lief ich nochmal Getränke bunkern. Die Läden auf unserer Hallenseite hatten alle schon geschlossen, aber in einem Laden mit Bedienung erhielt ich die gewünschten Getränke. Und sie waren immerhin weitestgehend kalt.
Neben unserem war wieder das 1.Kl Abteil mit Nasszelle. Und es ist kaum zu glauben: Wieder zog dort eine Familie ein, diesmal sogar mit einem Kleinkind und einem Baby. Dort entwickelte sich naturgemäß ein ziemlicher Lärm. Viel übler war allerdings, dass der Zug zwar anscheinend auf dem Abstellgleis schon runtergekühlt worden war, dass er sich aber während des gesamten Bereitstellungsprozederes schon wieder mächtig erhitzte. Selbst als die Zuglok dran war, tat sich nichts bei der Klimaanlage. Die Luft stand! Der Schweiß rann.
Auch nach Abfahrt wurde es nicht besser. Die Aircondition lief zwar zeitweise, vielfach aber auch nicht. Und die kurzen Abschnitte, in denen sie lief, schafften keinerlei Linderung. Wir öffneten das Fenster. Nun wurde es erträglicher. Den Abend verbrachten wir mit einem Quiz, bei dem wir uns gegenseitig rumänische Ortsnamen abfragten. Das verwirrend engmaschige Streckennetz im Banat hatten wir in den letzten Tagen gut verinnerlicht. Aber konnten wir uns auch Ortsnamen abseits der "großen" Knoten merken?
Ich muss zugeben, dass ich dabei ziemlich schlecht abschnitt. Yannick konnte sich an deutlich mehr erinnern. Ob das daran lag, dass ich mich als Fahrer mehr auf den Verkehr konzentrieren musste? Oder lag das am zweiten Bier bei der Hitze? ;-b Ich war platt! Jedenfalls werden Ortsnamen wie Gottlob, Grabăț und Lenauheim gern in Erinnerung bleiben, denn dieses Banat mit den großen Dörfern und unendlichen Feldfluren dazwischen hat trotz aller Flachheit etwas sehr reizvolles.
Als wir zu Bett gingen, arbeitete die Klimaanlage ausreichend, so dass wir das Fenster schließen konnten. Meine Oberkörperwäsche war schon längst wieder vom Schweiß überronnen gewesen, aber ich hatte keine Kraft mehr zu irgendwas. Erst nachts um 3, als ich auf Klo musste, nahm ich mir Badelatschen und Handtuch mit und genoss eine ausgiebig lange Dusche. Klo und Dusche sind in den tschechischen Schlafwagen zusammen, und der Platz zum duschen ist wirklich ausreichend.
Das Geschrei im Nachbarabteil ging um punkt 7 Uhr los. Und zwar durchdringend! Na gut, wir hatten es ja bald geschafft. Wir ließen uns das sagenhafte Frühstück bringen. Diesmal gab es zum Gummicroissant neben Aprikosenmarmelade sogar Butter. Wir schauten ne Runde durch die Fotoergebnisse, während draußen die "abwechslungsreiche" Landschaft Südbrandenburgs "vorüberflitzte". Das Gekreische aus dem Nachbarabteil wurde immer lauter. Aber pünktlich wurde der Hauptbahnhof der deutschen Bundeshauptstadt erreicht. Der Abschied nahte. Yannick, takk for turen, wie zwar der Rumäne nicht, wohl aber vielleicht ein Mensch in anderen möglichen Zielgegenden sagen würde. Es hat großen Spaß gemacht - das ist die Hauptsache!
Ich hatte meinen Platz ganz vorn hinterm Fahrer *g*. Etwas stutzig wurde ich, als die schönen alten Gebäude des Gbf Wustermark an uns vorüberglitten, aber eine Kurskorrektur über den Außenring brachte uns bald wieder auf die Hamburger Bahn. Die Fahrt ging beim ersten Korrekturlesen des Reiseberichtes wahnsinnig schnell vorüber, auch wenn sie wegen des Schlenkers doch 17 Minuten länger gedauert hatte. In Brahlstorf musste ich noch ne Muddi auffangen, die mit ihren zwei Kleinkindern auf den Armen vor der Frontscheibe stand und die offenbar die Ziffer 6 am Signal nicht gesehen hatte, mit der ein ziemlich scharfer Gleiswechsel angeküdigt wurde. Aber alles ging gut! Fliegend überholten wir nun den RE1 Rostock – Hamburg, bevor es in Büchen wieder in das Regelgleis zurück ging.
Die zurückliegende Tour hatte neben der Suche nach dem Marktplatz das eine große Ziel, die interessante Welt der rumänischen Eisenbahn fotografisch festzuhalten. Ich denke, das Erlebte war in dieser Hinsicht und gemessen an den jahreszeitlichen Rahmenbedingungen (drückende Hitze, lange Hochlichtphasen, Neigung zu dunstigerem Wetter) dann auch ein voller Erfolg. Insbesondere haben wir einige schmuck aussehende Malaxas fotografieren können. Wie lange das wohl noch geht? Aber auch die vielen Diesellok bespannten Reisezüge hatten uns sehr interessiert, denn diese Spezies ist anderswo in Europa schon fast ausgestorben.
Was dabei positiv auffiel: Die Züge waren sauber! Das sonst in Südosteuropa übliche Graffitiproblem hält sich in Rumänien sehr stark in Grenzen. Und auch sonst machten die Züge äußerlich nicht den schlechtesten Eindruck. Von innen haben wir ja nun nicht viele verschiedene Fahrzeuge kennen gelernt, aber die IC-Wagen im "Transsilvania" fand ich ziemlich spartanisch. Und bei dem Malaxa 750 würde ich auch eher sagen "Außen hui, innen na ja...". Aber man kann vermutlich nicht vom Malaxa auf normale, modernisierte Wagen schließen.
Die Bahn-Infrastruktur hingegen macht oftmals einen wirklich grauseligen Eindruck. Selbst wenn die Rasengleise des Banat vielleicht nicht auf das ganze Land übertragbar sind, so finde ich gerade die oftmals verwahrlosten Bahnsteiganlagen kleinerer Stationen ziemlich ernüchternd. Aus Deutschland kennt man ja das Bild der modernen Bahnsteige vor verwahrlostem Empfangsgebäude. In Rumänien ist es oft umgekehrt: Das EG sieht zumindest noch intakt aus, aber statt Bahnsteige gibt es nur hohes Gras. Oder es gibt einen Betonbahnsteig, Bohlenüberwege zum "Ausgang" fehlen jedoch. Und die Situation, dass eine Strecke optisch "ok" aussieht, der Zug dann aber doch nur in besserer Schrittgeschwindigkeit fährt, gibt es auch. Sanierungen der Infrastruktur, ob nun an Gleisen oder an Stationen, sind allerdings auch zu beobachten. Zalau Nord (letztes Jahr gesehen), Slobozia Veche oder Arad sind Beispiele, wie modernisierte rumänische Bahnhöfe aussehen können (wenn sie fertig sind...). Es sind aber noch nicht viele... Wo sich dringend etwas tun müsste, ist das Fahrplanangebot. Mit den vorhandenen Ressourcen von Fahrzeugen und Personal sollten sich durchaus mehr Züge anbieten lassen. Solange man mit den Zügen aber kein Geld verdient, hat man dazu anscheinend kein Interesse. Und wenn die Ticketpreise steigen, wird niemand mehr mitfahren wollen. Ein übler Kreislauf.
Aber das alles ist nicht Rumänien! Gerade nach diesem sehr bahnlastigen Reisebericht könnte leicht der falsche Eindruck entstehen, Rumänien sei insgesamt ein noch ziemlich verloddertes Land, noch völlig zurück. Das wäre auf das Land selbst bezogen doch sehr ungerecht!
Man muss sich folgendes vor Augen halten: Als wir uns in Deutschland 1989 im Freudentaumel der Wiedervereinigung befanden, lag dieses "Rumänien" vollkommen am Boden. Die Menschen waren regelrecht am hungern und ein Diktator hatte von seinen größenwahnsinnigen Plänen erst einen Bruchteil umgesetzt. Erst die daraus resultierenden Aufstände führten dazu, dass man den Diktator Nicolae Ceaușescu los wurde und sich das Land endlich entwickeln konnte. Und wenn ich mir anschaue, wie dieses Land 25 Jahre nach diesem Nullpunkt ausschaut, so kann ich nur sagen: Respekt! Im Reisebericht des letzten Jahres habe ich meine ersten Eindrücke von diesem Land mit dem Adjektiv "normal" beschrieben. Genau das kann ich jetzt nur wiederholen. Der optische Eindruck von Orts- und Stadtbildern ist kein schlechterer als in mitteleuropäischen Orten. Innenstädte wirken gepflegt - ebenso wie die großen Dörfer Rumäniens, die allerdings noch viel lebendiger sind als Dörfer bei uns. Die Rumänen sind sehr freundlich und hilfsbereit, aber nie aufdringlich. Die Infrastruktur für uns Touristen mit vielfach neu gebauten oder grundlegend renovierten Hotels ist sogar besser als in manchem anderen bereisten westeuropäischen Land - gerade weil man sich als Deutscher eigentlich auch jede Hotelkategorie in Rumänien leisten kann. Auch die Welt der Restaurants steht Mitteleuropa in nichts nach. Man kann in Rumänien wirklich gut und preiswert "sein"!
Landschaftlich ist mir dieses Rumänien bald etwas zu "normal". Mir als Freund wilderer Landschaften (Skandinavien, Dalmatien usw) kommt Rumänien wenig exotisch vor. Gut, die Felder im Südosten sind viel größer als wir es aus Deutschland kennen und insofern schon eindrucksvoll, aber ansonsten gibt es kaum andere Landschaftstypen als in Zentraleuropa. Es ist der rumänische Anachronismus "Bahn", der mich sicher dennoch weitere Male nach Rumänien ziehen wird - solange es ihn noch gibt. Es wäre für das Schiene-System wünschenswert, wenn auch hier an der Aufholung gearbeitet werden würde. Das wird auch sicherlich passieren, aber dabei werden zwangsläufig viele Bahnverbindungen auf der Strecke bleiben. Auf mich macht es fast den Eindruck, dass die rumänische Bahn aktuell in erster Linie dazu da ist, die Arbeitslosenzahlen niedriger zu halten. Anders kann man sich die Massen von Personal, die gerade bei CFR Infra beschäftigt sind, nicht erklären. Aber auch das wird sich der Staat nicht mehr lange leisten können, denn mit den Preisen werden auch die Löhne stetig ansteigen (müssen).
Daher kann ich anderen Eisenbahnfreunden mit Fotoambitionen nur raten: Noch gibt es eine große Vielfalt interessanter Züge und neben aller "Verlodderung" eben auch noch die von uns Fotografen so geliebte "heile Eisenbahnwelt" mit Formsignalen und Telegrafenmasten. Und es gibt keinen Grund, nicht nach Rumänien zu fahren. Wartet nicht zu lange damit!