Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.
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✈ = Drohnenbild
Habt Ihr nicht auch schon mal am Strand von Sylt oder Amrum gestanden, den Blick auf das Meer gerichtet und euch gefragt, was da wohl irgendwann kommen mag? In solchen Momenten setzt ja auch gern mal ein verklärter Realitätsverlust ein und manch einer wird vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten träumen. Die Realität sieht anders aus. Als nächstes kommt M'bro.
Wo man Englisch zwar versteht, es aber irgendwie anders spricht. Wo man den Teesport betreibt und wo Cäpt'n Cook das Licht der Welt erblickte. Wo ganz in der Nähe auch schon mal Fahrgäste aus Transsilvanien mit ihrem Schiff ankommen und sich Billy Elliot in die Freiheit tanzte. In einer Gegend, die den Auf- und den Abstieg der Bergbauindustrie einmal komplett durchlitten hat.
Vor uns lag ein Urlaub in M'bro. Leute, die gern viel reden, nennen die Stadt "Middlesbrough". Das wird aber auch in einer Silbe ausgesprochen. Na gut, anderthalb vielleicht. M'bro ist jetzt eher kein typischer Urlaubsort. Ein klarer Fall von Unterschätzung. Wir sollten die Gegend zwischen den nebelverhangenen North Yorkshire Moors und den stillgelegten Bergwerken der Durrham Coast lieben lernen. Und natürlich die zwei matschigen Berge, auf denen sich ein nicht unbeträchtlicher Teil dieser Geschichte abspielen wird.
Aber das wussten wir alles noch nicht. Denn wie immer sollte das Wetter den Ton angeben. Und die Vorhersage war schlecht. Beginnen wir also von vorn.
Die erste Reise des Jahres 2024 sollte nach Großbritannien gehen. Erst hatten wir uns das Ziel noch offen halten wollen, aber irgendwie war die Lust auf das westlich von uns gelegene Eiland mal wieder sehr groß. Diverse Inspector Barnaby-Folgen in den Vorwochen ließen die Vorfreude steigen. Eigentlich war nur eine Woche geplant, aber irgendwann eröffnete Yannick mir, dass er Donnerstag aus der Nacht käme und dann schon losfahren könne. Bei mir passte das auch, also los!
Irgendwie hatte ich bei der Buchung nicht aufgepasst und erst den 11-Uhr-Flug ab Hamburg gezogen, mit dem ich in Frankfurt nur eine gute Stunde Übergangszeit hätte. Der Vorteil davon war, dass ich mir morgens sehr viel Zeit lassen konnte. Reibungslos ging es mit dem Bus zum Bahnhof und mit der S-Bahn via Hauptbahnhof zum Flughafen. Check in und Sicherheit waren gäääähnend leer, so dass ich ruckizucki durch war. Da störte auch das Abtupfen der Kamera für den Sprengstofftest nicht weiter. Am Ende hatte ich noch eine ganze Stunde Zeit, um bei Marché ein ausgiebiges Frühstück einzunehmen.
Hatte ich glaube ich noch nie gezeigt ;-) Frühstück im Hamburger Flughafen!
Die Wettervorhersage für die Insel war nur unterirdisch, aber ich muss zugeben, dass ich mich trotzdem auf den Urlaub freute. Hauptsache raus, Hauptsache die Insel genießen! Mal schauen, was am Ende dann doch noch geht. Man ist schließlich schon mehrfach bei Grottenvorhersage losgefahren und hat doch noch Fotos hinbekommen.
Auf dem Flug habe ich die Sonne gesehen! Aber trotz der Flughöhe nur sehr diffus. Nachdem man in Hamburg schon wieder wochenlang im Trüben gesessen hat, war es trotzdem ein schöner Anblick. Der Flug war schön leer. Ich hatte meine eigene Sitzreihe. Wegen der Wolken war unter uns nichts zu sehen. Erst im Landeanflug gab es wieder freie Sicht. Ich glaubte fest daran, dass wir Aschaffenburg unter uns hätten und wunderte mich, was für einen Bogen wir geflogen sind und dass wir schon so tief sind. Aber die großzügigen Gleisanlagen, die ich sah, gehörten schon zum Bahnhof Frankfurt Ost. Man kann sich ja mal irren.
In Frankfurt mussten wir an einer einsamen Bushaltestelle irgendwo fast in Raunheim den Flieger verlassen. Aber nur wenig über 12:10 spuckte uns der Bus vor den A-Gates aus. Durch den langen Tunnel ging es nun zu den B-Gates und durch die Passkontrolle. Am Abfluggate selbst wurde auch nochmal nach dem Reisepass geschaut. Dafür gab es einen Stempel auf den Boardingpass. Die, die keinen gedruckten Boardingpass hatten, mussten ihren Reisepass beim eigentlichen Boarding auch nochmal vorzeigen. Ab hier ging es mit Yannick zusammen. Wegen ihm hatte ich auch den Schlenker über Frankfurt gemacht; sonst hättte er stundenlang in Manchester auf mich warten müssen.
Nach einem schönen Schlenker über Mainz und Wiesbaden gab es unten bald gar nichts mehr zu sehen. Lediglich die kontinentale Nordseeküste schimmerte mal durch die Wolken durch. In Britannien dachte ich wirklich, ich hätte irgendeine Durchsage nicht gehört, dass der Flug umgeleitet wird. Wir kamen über Southend-on-Sea rein und flogen über der Themse geradewegs auf London zu. Erst kurz vor der großen Stadt drehte der Flieger nordwestwärts ab und es ging über Luton nach Manchester.
Die Kofferabholung klappte reibungslos, der Bus zum Car Rental Village kam auch sofort, und nach einer größeren Flughafenrunde via Terminal 2 trafen wir bei Sixt ein. Ich weiß nicht, ob ich jemals in Manchester unproblematisch ein Auto bekommen habe. Diesmal klappte es auch wieder nicht. Immerhhin sprach der sehr freundliche Mensch hinterm Schalter ein gut verständliches Englisch, aber der Tenor war, dass wir zum gebuchten Preis von 377 Euro noch rund 200 Euro zuzahlen müssten, weil wir einen Tarif gänzlich ohne Versicherung gebucht hätten. Das tu ich, weil in meiner Kreditkarte eine Mietwagenversicherung mit geringem Selbstbehalt enthalten ist. Und das hat auch immer geklappt.
Jetzt aber nicht. Er meinte, dann müsste er ein Deposit in Höhe des vollen Autopreises in Höhe von 37000 Euro auf der Kreditkarte blocken. Das geht aber natürlich nicht. Ok, das wäre nicht das erste Mal, dass wir Sixt am Flughafen Manchester verlassen und viel zu viel Geld dagelassen haben. Das letzte Mal haben wir das hinterher anstandslos von Sixt ersetzt bekommmen. Das werden wir diesmal auch versuchen. Es hätte ja ein entsprechender Hinweis bei der Buchung aufploppen müssen. Überhaupt ist das doch vollkommen Gaga. Dann dürfte so ein Tarif einfach nicht angeboten werden. Wir sind ja schließlich wegen des günstigsten Preises bei Sixt gelandet. Für 100 Euro mehr wären wir bei Avis untergekommen und ich hätte noch 6000 Meilen dazu bekommen. (Nachtrag: Sixt hat den Versicherungsbetrag nach der Reise auf meine Intervention hin anstandslos zurückgezahlt.)
Ok, all zu sehr haben wir uns davon aber nicht runterziehen lassen. So ging es mit unserem Skoda Scala zur Autobahn, wo wir uns einmal halb um Manchester herumstauten. Unser Ziel war Middlesbrough an der Ostküste, denn dort sollte die nächsten Tage am ehesten mal eine Chance auf Sonne sein. Und Betätigungsmöglichkeiten hätte man dort ggf auch genug. Dorthin war es nicht all zu weit; das Navi warf etwa 2,5h Fahrt aus, wobei da der zähflüssige Verkehr wohl schon eingerechnet war. Das Fahren war bei dem Regen, der Gischt, der zunehmenden Dunkelheit und dem starken, immer wieder stockenden Verkehr jetzt nicht so die ganz große Entspannung.
Aber wir konnten dem Navi trotz allem sogar noch etwas Zeit abnehmen, und um 18:15 standen wir vor dem Hotel "The Highfield" in M'bro, wie die Stadt auf den meisten Wegweisern ausgeschildert war. Wir bekamen eine nette kleine Kammer im Erdgeschoss. Da im Hotel auch ein Pub der Kette Hungry Horse war, blieben wir zum Abendessen gleich da. Bei der Bestellung wurde ich irgendwas zu meinen Fish&Chips gefragt, aber wir beide verstanden beim besten Willen gar nichts. Die sprechen echt ein interessantes Englisch hier in der Gegend. Zur Strafe bekam ich keine Erbsen. Die Frage war wohl gewesen, ob ich peas oder mushy peas haben möchte. Die entsprechende Auswahl war in der Speisekarte leider unter der veganen Fish&Chips-Variante vermerkt. Da hatte ich natürlich nicht weiter gelesen...
Angekommen: Das Highfield Hotel in M'bro. Welcome to Britain!
Zum Abschluss gab es noch einen kleinen Spaziergang zu einer Marks&Spencer Filiale, bei der sich die Schiebetüren der Kühlschränke nicht schließen ließen...
Die Wetterprognose wusste zu heute bestenfalls zu berichten, dass maaal die Sonne rauskommen würde. Wir liebäugelten mit dem spektakulären Motiv an den Klippen bei Brotton, wo die nur im Güterverkehr bediente Strecke nach Boulby zu einer Kalimine den Warsett Hill umrundet. Dort sollte um 8 Uhr ein Zug hochfahren. Musste man sich das antun? Früh aufstehen für ein Motiv, das vermutlich eh den Wolken zum Opfer fällt?
Wir taten es. Als wir um 7 vor die Tür traten, war am Himmel sogar ganz schön viel Blau auszumachen. Eine halbe Stunde hatten wir noch ostwärts zu fahren. Beim Hunley Golf Club konnte man parken und in das Wegenetz der Halbinsel starten. Der Feldweg war auch anfangs noch gut. Später wurde es immer matschiger. Das war etwas beschwerlich. Aber der Spaziergang in die tolle offene Wiesenlandschaft mit dem Meer im Hintergrund war natürlich wunderbar.
Finde das Problem!
Als wir im Motiv ankamen, eröffnete mir Yannick dann auch direkt, dass der Zug vor Plan unterwegs sei und in maximal zehn Minuten käme. Das war nun insofern etwas schade, weil am Osthimmel über dem Horizont noch dickere Bewölkung hing. Der Zug kam. Die Sonne begrüßte uns fünf Minuten später - allerdings auch nur kurz, bevor sich am Himmel wieder alles umstellte und das Licht für länger wieder aus war. Wir liefen entlang der Bahn etwas Kundschaft. Erst um den Warsett Hill herum, dann auf ihn drauf.
Die ersten Strahlen der Morgensonne beleuchten die Landschaft. Die Häuschen links gehören dem Ausflugsort Saltburn-by-the-sea. Ganz in der Ferne liegt die Stadtregion Teesside, zu der auch M'bro gehört.
Der Gipfel-Obelisk des Warsett Hill.
Erst war noch die Idee, hier auf die Rückfahrt des Zuges von der Mine zu warten. So langsam wich auch der Schatten des Warsett Hill vom Streckenabschnitt westlich des Hügels. Als aber immer mehr Bewölkung aufkam und es nicht mehr wirklich nach Sonnenchance aussah, gaben wir auf und wateten durch die Matsche zum Golfclub zurück. Dort saßen wir fast schon im Auto, als die Meldung kam, dass der Zug in Bulby abgefahren sei. Gleichzeitig schien es uns, dass die Wolken entlang der Küste wieder aufbröseln. Wir liefen den Weg wieder in Richtung Gipfel zurück und ließen, als der Zug im Bahnhof Crag Hall zu sehen war, die Drohnen starten.
✈ Der Vormittagszug von der Kalimine Boulby kehrt mit nur fünf Wagen zurück.
Genau gesagt, ist die Ladung der "Kalizüge" Polyhalit, das unter der ehemaligen Kalischicht lagert. Der Einfachheit verwende ich aber weiter den Begriff "Kali".
Tja, so haben wir heute tatsächlich Sonnenbilder hinbekommen! Das war ja schon mal schön. Nun waren hier aber erstmal keine Züge mehr eingelegt, so dass wir wohlgemuts zum Auto zurück laufen konnten. Dort waren wir uns erstmal nicht so recht darüber im Klaren, was wir weiter machen wollen. Bei so einem komischen Wetter wäre ja eigentlich eher Hauptstrecke angesagt. Aber weiter im Landesinneren waren die Wolken noch dicker. Es war 10 Uhr und so langsam mussten wir auch mal über die Frühstücksfrage klar werden. So erwuchs das Konzept, dass wir für einen Personenzug nach Whitby fahren und unterwegs an einem Coop Sandwichs abgreifen.
Der Plan hielt genau bis hinter Boulby. Wir hatten zum Glück schon die Verpflegung organisiert, da stellte Beifahrer Yannick fest, dass der nächste Kalizug zum Werk nun doch aktiviert sei. Vor uns in Richtung Whitby sah es eh nach geschlossener Wolkenwand aus, so dass uns die Entscheidung leicht fiel: Umdrehen! Der Parkplatz des Hunley Golf Club hatte sich mittlerweile gut gefüllt. Wir stellten unsere Karre mal in die hinterste Ecke ("Overflow Parking"), wo noch viel Platz war. Den oberen Weg ging es direkt wieder auf den Gipfel hoch. Während wir versuchten, den in weiter Ferne erkennbaren Viadukt der Strecke als Vorwarnung im Auge zu behalten, machte es plötzlich schon bei uns unten am Hang "Mimimi", das prägnante Geräusch der Class 66. Ich würde sagen, das war eine Punktlandung!
Der obere Weg auf den Warsett Hill.
Nun ist der Vormittagsleerzug nach Boulby unterwegs und konnte an der Westflanke des Warsett Hill beobachtet werden.
Wir hatten unsere Verpflegung mitgenommen; geht doch nichts über eine Matschrutscherei mit Plastiktüte in der Hand. Die Belohnung war nun aber ein herrliches Picknick auf dem Warsett Hill. Mit ordentlich Klamotten drunter konnte man sogar sitzen. So konnte man doch glatt die Rückfahrt abwarten. Die Sonne war eben übrigens keine Selbstverständlichkeit! Bald wurde es wieder dunkel. Dann etwas Wechsel. Als der Kalizug zurück kam, wollte es von hinten langsam wieder aufreißen. Ich hatte schon gedacht, dass es wohl klappen würde, doch irgendwie mochte die Sonne erst im allerletzten Momant auf das Gleis scheinen, so dass ich nur die erste Zughälfte in der Sonne bekam.
Yannick hatte sich unten spitz hingestellt und nahm die Rückfahrt klassisch.
✈ Nur wenige Meter weiter habe ich meinen kleinen Spion in der Luft postiert.
Das hätte alles viel schlimmer kommen können. Wir blieben einfach mal am Warsett Hill. Denn der nächste Kalizug war auch schon aktiviert. Und der Stahlzug musste auch noch kommen. Leider biss sich nun die Bewölkung doch wieder fester und fester, während draußen die Schiffe ständig in der Sonne waren. So kam es, dass wir ein weiteres Paar Kalizüge und den hinfahrenden Brammenzug nur noch bei Schatten sahen. Auf die Rückfahrt des leeren Stahlzuges warteten wir gar nicht mehr. Gemütlich ging es den unteren Weg zurück zum Golfparkplatz. Wir hatten was getan - und das nicht ganz ohne Erfolg! Mehr hatten wir angesichts der Wetterverhältnisse nicht erwarten können. Eher viel weniger.
Über die Küstenstraße fuhren wir zurück nach Middlesbrough, wo wir uns diesmal gleich für zwei Nächte im Bluebell Hotel im Stadtteil Acklam eingenistet haben. Dort war erstmal große Schuhwäsche angesagt. Meine leichten Wanderstiefel haben aber die Feuchtigkeit erstaunlich gut draußen gelassen; da war ich richtig begeistert. Natürlich waren wir uns einig, dass wir den Inder verdient hätten. Wir hofften, dass wir trotz Freitagabend irgendwo Platz bekämen. Irgendwie mussten wir nun noch eine ziemliche Runde durch die Stadt drehen, fanden dann aber mit dem Restaurant "The Massala" einen noch sehr aufnahmefähigen Inder. Allerdings war gut gewesen, um kurz nach 18 Uhr dort zu sein, denn später füllte sich der Laden doch noch ganz gut. Auf dem Rückweg besorgte sich Yannick im Sainsburys erstmal Gummistiefel.
Der Inder war verdient! Britische Inder lieben diese grell-pinke und -blaue Beleuchtung.
Für heute war komplett schlechtes Wetter angesagt. Wir hatten den Plan gefasst, mit dem Zug die Nebenbahn nach Whitby zu bereisen. Dazu mussten wir zum Glück nicht ganz so früh aufstehen. Erstmal genossen wir das Hotelfrühstück. Der Frühstücksraum machte einen etwas ernüchternd schlichten Eindruck und den Kaffee gab es nur in der löslichen Form. Die ist mir allerdings lieber, als wässriger Filterkaffee. Und das full english breakfast war richtig topp. Bei der Bezahlungsfrage verstanden wir wieder mal kein Wort, obwohl der Rezeptionist wirklich langsam und deutlich mit uns sprach, aber er sprach halt seinen Teesside-Dialekt. Da waren wir machtlos.
Dann ging es zum Bahnhof. Für 2,70 GBP fanden wir einen guten Parkplatz und konnten daraufhin am Bahnhof das wilde Treiben der Triebwagen beobachten. Unser Zug nach Whitby sollte eigentlich als einer der ersten fahren, aber wegen Zulaufverspätung aus Whitby war er der letzte. Es ist einfach unglaublich, dass so ein Bahnhof einer 140000-Einwohner-Stadt, wo ja doch so paar Strecken und Linien zusammentreffen, über ganze zwei Bahnsteigkanten verfügt. Irgendwie hatte Northern viel hin- und her zu rangieren.
Glücklicherweise hatte der Zug four coaches. Entgegen aller Erwartung füllte er sich in Middlesbrough und allen Vorortstationen ganz gewaltig mit Ausflüglern, deren Alkoholpegel im Laufe der Fahrt deutlich zunahm, und lauten Kindergruppen. Es herrschte wirklich high life im Wagen. Die Strecke durch die liebliche Landschaft war wunderbar. Wobei - was heißt "die Strecke"? Man befuhr ein Konglomerat aus verschiedenen übrig gebliebenen Nebenstrecken bzw deren Fragmenten. Hinter Nunthorpe bog man erstmal von einer nach Guisborough und Brotton (da, wo wir gestern waren!) weiterführenden Strecke südwärts nach Battersby ab, das einst Kreuzungspunkt zweier Strecken war. Heute müssen die Züge zur Weiterfahrt in Richtung Esk Valley hier Kopf machen. Geradeaus geht es nicht mehr weiter.
Heute wird die Strecke Middlesbrough - Whitby gesamthaft als Esk Valley Line bezeichnet. Ganze fünf Zugpaare fahren bis Whitby; bis Battersby sind es Mo-Sa paar mehr. Nach Verlassen des Speckgürtels von Middlesbrough geht es erstmal durch sanfte Hügellandschaft und später vor Battersby am Fuße einer Hügelkette entlang, deren kahler Gipfel Easby Moor mit dem Obelisken des Captain Cooks Monument die Szenerie in Battersby beherrscht. Nach dem Kopfmachen geht es über eine kleine Anhöhe rüber in das Esk Valley, dem die Bahn nun abwärts bis Whitby folgt. Der Landschaftscharakter des Tals wechselt zwischen offener Weidelandschaft bis hin zum engen, wilden Gebirgstal. Die durchfahrenen kleinen Örtchen sind absolut lovely, und auf dem Bahnsteig von Lealholm waren gerade die Station Adopters dabei, die Blumenbeete auf Vordermann zu bringen. So ein Gemeinwohlsinn ist schon beeindruckend.
Sicherungstechnisch hatte ich ja fest mit dem Funk-Tokensystem gerechnet, also einer Art Zugleitbetrieb. Um so überraschter war ich, dass uns auf dem ersten Ausweichbahnhof Nunthorpe Formsignale und eine Signalbox begrüßten. Die Hoffnung, dass da jetzt noch viele kleine schnuckelige örtlich besetzte Bahnhöfe folgen, zerschlug sich aber. Nun folgte dann doch Zugleitbetrieb - selbst schon im Kopfbahnhof Battersby, der nur noch aus einem einzigen Bahnsteiggleis plus Umfahrmöglichkeit bestand.
So viele Ausweichmöglichkeiten gibt es auf der Strecke dann auch gar nicht. Da man Battersby nicht mitrechnen kann, sind es nur Nunthorpe und Glaisdale. In Battersby und Glaisdale musste der Lokführer diverse Zugmeldegespräche und Bedienhandlungen in einem Blechschrank auf dem Bahnsteig vornehmen. Darin befand sich offenbar noch die alte Blocktechnik aus den jeweiligen Stellwerken. Kurioserweise ist Grosmont, ab wo die Museumszüge der North Yorkshire Moors Railway (NYMR) die von uns bereiste Esk Valley Line mitbenutzen, offenbar nur eine Anschlussstelle der freien Strecke. Es gab da weder Signale noch die Tafeln mit den roten Punkten aus dem Zugleitbetrieb.
Der Tf muss wichtige fahrdienstliche Handlungen im Schaltschrank von Glaisdale vornehmen.
Unser ursprünglicher Plan war, die Zeit bis zum nächsten Zug in Whitby zu verbringen. Aber der wirklich dürftige Fahrplan sah erst wieder nach vier Stunden eine Abfahrt vor. Irgendwie hatten wir dazu keine Meinung. Und nach dem Lärm im Zug konnten wir gut die Rückfahrt auch in einem ruhigeren Zug verbringen. Da der Zug in Whitby nicht von so wahnsinnig vielen Reisenden erwartet wurde, versprach die Rückfahrt unseres Zuges angenehm zu werden. Der Abendzug von Whitby hat samstags sogar Alkoholverbot. Man kann sich ausrechnen, was da los ist. Da wir eh nach dem reichhaltigen Frühstück noch keine Lust auf Mittagessen hatten, setzten wir uns einfach um und genossen die Rückfahrt. Paar Motivmöglichkeiten konnte ich durchaus notieren. Die landeten mal wieder in den Favoriten des OSMAND-Kartensystems. Ich muss zuhause unbedingt mal schauen, wie ich die archiviere...
Ein kurzes Beweisfoto bei der Wende war in Whitby drin.
Natürlich mussten wir uns auch Gedanken machen, was man danach machen könnte. Als erstes schaute ich mal, wo unser Zug denn hinfahren würde. Als Ziel war Hexham ausgeschildert, und ich fand heraus, dass der Zug über die Piste entlang der Durrham Coast fahren würde, also über Seaham und Sunderland. Das war doch schick. So ließ sich dann auch eine schöne Rundtour stricken, bei der man ab Newcastle noch ein wenig Fernverkehr einbauen konnte, um dann über York nach Middlesbrough zurückzukehren.
Der 156 von innen. Eigentlich ein schöner Großraumwagen, aber furchtbar eng bestuhlt.
Nachdem sich der Schaffner auf der Esk Valley Line auf Hin- und Rückfahrt nur dafür interessiert hat, wer wo aussteigen möchte, weil im Esk Valley die meisten Bahnsteige nur für zwei Wagen reichen, war der in Middlesbrough übernehmende Schaffner mega aktiv und rannte unermüdlich durch den Zug, der sich wieder mehr und mehr mit Alk trinkendem Partyvolk füllte. Dabei strahlte er immer gute Laune aus und hatte für jeden einen Spruch übrig.
Die Fahrt mit parallelem Mitlaufenlassen der Karte war dann auch sehr interessant. Von Middlesbrough ging es über diverse Verbindungskurven rüber nach Billingham und dann entlang der Küste nordwärts. Wie bei jeder Bahnfahrt in Großbritannien wunderte ich mich wieder über die spartanische Infrastruktur, die nahezu ohne Ausweichgleise auskommt. Und über Knotenbahnhöfe wie Middlesbrough, die ganze zwei Bahnsteigkanten haben. Sunderland zum Beispiel. Das ist eine Tunnelstation mit zwei Bahnsteigkanten, an der die Newcastle Metro und die Northern Trains halten, Güterzüge durchfahren und an denen paarmal am Tag Fernzüge enden. Für die gab es nichtmal hinterm Bahnsteig eine Wendemöglichkeit. Wenn wir so viel Verspätung gehabt hätten, dass die Metro vorausgefahren wäre, hätten wir zwangsläufig hinter der herbummeln müssen.
Imposant war mal wieder die Einfahrt nach Newcastle mit den vielen Brücken über den River Tyne. Da wir nun seit viereinhalb Stunden in demselben nicht gerade bequemen Triebwagen gesessen hatten, entschieden wir uns für paar Schritte durch die Stadt. Erstmal ging es bergauf in die Innenstadt, dann abwärts an den Fluss, wo Yannick direkt eine Brauereigaststätte erspähte, vor der wir uns direkt am Fluss niedergelassen haben.
In Newcastle geht es erst die Grainger Street aufwärts...
...und dann die Grey Street wieder abwärts.
Beim Drüberfahren kommt immer die Vielzahl der Viadukte, die hier mitten in der Stadt über den Tyne führen, sehr imposant. Von unten wirkt das nicht ganz so.
Als wir ausgetrunken hatten, setzte der Regen ein - das passte! Über eine verschlungene Treppe, die gassenartig zwischen den Häusern empor führte, gelangten wir direkt zum Castle und durch das alte Gemäuer des Black Gate zum Bahnhof zurück. Das war eine nette kleine Runde.
Die erste Klasse war angenehm leer. Statt des Karten kontrollierenden Schaffners fielen gleich zwei Aufwärter über uns her und versorgten uns mit den inkludierten Sandwichs und Getränken, unter denen insbesondere das für LNER abgefüllte "Hop on Board Ale" hervorzuheben ist. Erst bei der Anfahrt auf York hatten wir bemerkt, dass es besser wäre, sich etwas zu beeilen, denn um 17:36 ging der Transpennine Express Service nach Middlesbrough.
LNER enttäuscht uns nicht. Es gibt einen leckeren Snack für die einstündige Fahrt.
Der Zug bestand aus sechs Wagen, davon zwei halbe mit 1.Klasse. Verpflegung gab es allerdings nicht. Kartenkontrolle auch nicht. Kurioserweise reichten für diese sechs Wagen selbst an dieser Hauptstrecke nicht alle Bahnsteige. In Yarm wurden die Reisenden des hinteren Zugteils nach vorne gebeten.
Mit dem Auto ging es nun erstmal ins Hotel zurück. Zum Abendessen steuerten wir zunächst einen Pub in der Nähe an, der offenbar nicht zu einer Kette gehörte. Der war allerdings ziemlich leer, und als ich das Schild vor der Tür sah, das eine Karaoke-Veranstaltung für den heutigen Abend versprach, intervenierte ich lieber mal. Am Ende müssen wir noch mangels einheimischer Opfer mitmachen. So landeten wir beim Inder von gestern. Und der war wieder eine gute Wahl.
Heute war gegen Mittag eine Auflockerung von Norden her angesagt. Dementsprechend konnten wir uns erstmal Zeit lassen. Wir verlängerten das Hotel dann auch direkt um zwei Nächte, denn es blieb bei dieser Wetterlage, bei der bestenfalls im Osten mit Lichtblicken zu rechnen sei. Genug zu tun gibt es hier in der Gegend definitiv und M'bro ist ein guter Ausgangspunkt für alle Richtungen. Dann genossen wir das reichhaltige Frühstück.
Gegen 10 saßen wir im Auto. Im Norden waren bereits Auflockerungen erkennbar. Mit dem Auto ist man ja so ruckzuck auf der anderen Seite des River Tees, dass wir nur 20min bis zu einer Fußgängerbrücke nordwestlich von Hartlepool brauchten, an der das Licht als erstes gut auf der Seite stände. Dort angekommen konnten wir erstmal einen kleinen Spaziergang auf einem Footpath an die Klippen unternehmen, bevor die ersten Personenzüge anstanden.
Unsere große Hoffnung lag hier allerdings auf einem GBRf-Kohlezug, der eine Dreiviertelstunde später folgen sollte. Nachdem wir bei unserer Ankunft hier noch in der Endzone der Bewölkung hingen, hatte sich die Sonne immer mehr durch den finalen Modder durchgekämpft und ließ hoffen. Der Kohlezug war tatsächlich bald im Zulauf. In letzter Minute kam auch noch ein einheimischer Fotograf direkt aus der benachbarten Siedlung Hart Station auf die Brücke. Er war wie erwartet unheimlich schwer zu verstehen, aber einige wenige Wörter konnten den Besitzer wechseln. Der Kohlezug wurde mit einer blauen 60 bespannt. Sehr nett.
Auch wenn 60 026 mit ihrem Zug 6H70 im Tyne Coal Terminal der GBRf gestartet ist, besteht die Ladung vermutlich eher aus Biomasse.
Ein Class 158 von Northern folgt. Wir befinden uns in der Siedlung Hart Station zwischen Horden und Hartlepool. Der Fußweg links ist die alte Strecke von Hartlepool nach Bishop Auckland.
Nach einem weiteren Personenzug brachen wir auf. Es ging nach Horden, wo wir uns ein wenig verproviantierten, und dann weiter nordwärts in die Gegend von Hawthorne, wo wir zwar sogar schnell einen Parkplatz zum Einstieg in das Wegenetz fanden, wo wir aber feststellten, dass wir noch so weit zu gehen hatten, dass wir den nächsten Triebwagen unmöglich schaffen konnten. Deshalb gaben wir unseren wertvollen Parkplatz wieder auf, was einen der zahlreichenn anderen Ausflügler sicher gefallen hat, und fuhren dem Zug zu einem besser erreichbaren Must Have voraus: Zum Viadukt über den Castle Eden Burn am südlichen Ortsrand von Horden. Das war ein Drone only Motiv. Da klappten dann auch direkt zwei Triebwagen und eine Doppel-Lz.
✈ Ein 158-Doppel quert den Horden Viaduct, der auch Castle-Eden-Viaduct genannt wird. Er liegt zwischen Horden und Blackhall Colliery. Den Namensteil "Colliery" liest man hier häufiger und heißt so viel wie "Zeche". Hier gab es früher jede Menge kleine Kohleminen.
✈ Eine Doppel-Lz von GBRf mit einer 66 und einer 60 in der Farbgebung des Vornutzers Colas Rail kommt auch noch durch.
Jedenfalls hatten wir es schnell, und nun sollte eigentlich das größte Musthave an der Steilküste zwischen Horden und Seaham folgen: Der Blick vom Beacon Hill auf Bahn, den Hawthorne Dene Viaduct und die Steilküste. Dazu parkten wir am nördlichen Rand einer Siedlung von Easington Colliery. Erst hinterher habe ich recherchiert, dass wir hier praktisch genau in der Filmkulisse für den Film Billy Elliot unterwegs waren. Der Film spielt vor dem Hintergrund des größten Bergarbeiterstreiks in den Jahren 1984 und 1985, den die Insel je erlebt hat, bei dem es um die Schließung der ganzen Bergwerke (auch) an der Durrham Coast ging. Wenn man sich historische Bilder anschaut, so ist die Gegend nicht wieder zu erkennen. Auffällig heute sind die ganzen dauerhaft verrammelten Läden in Easington Colliery. Und auch wenn schon viele Häuser abgerissen sind, so gibt es noch ganze Straßenzüge von diesen hübschen, typisch britischen Arbeiter-Reihenhäuschen, von denen viele offenbar schon länger leer stehen.
Von unserem Parkplatz liefen wir einen wunderschönen Weg hinein - geradewegs auf die Küste zu. Später wurde es leider wieder sehr matschig, was Yannick mit seinen Gummistiefeln nicht so beeindruckte. Meine Wanderstiefel hielten sich aber auch so leidlich.
Bereits beim Drohnenmotiv eben hatten es einzelne aufkommende Wolken spannend gemacht. Nachdem wir lange in der Sonne gestanden hatten und der nächste VT bei pünktlichem Verkehren auch beste Ausleuchtung gehabt hätte, wurde es bei seiner tatsächlichen Lage mit rund +6 spannend. Der Triebwagen ging immerhin in Sonne, doch die tollen Klippen im Hintergrund und der sorgfältig im Vordergrund arrangierte Ginster blieben dunkel. Na toll.
Beim Gegenzug waren immerhin die Felsen in der Sonne. Im Nachhinein gefällt mir das Bild besser.
Gern hätte man das einen Takt später nochmal probiert, aber nun zog erstmal eine nahezu geschlossene Bewölkung auf. Da wir nichts wichtigeres zu tun hatten, blieben wir einfach dort und machten später noch eine kleine Wanderung zum Viadukt runter. Zum Zug zwei Stunden später zog wieder masssiv das Blau auf die Sonne zu. Leider war unten an der Bahn schon einiges verschattet, und ausgerechnet jetzt sollte natürlich ein Doppelter kommen. Immerhin kam der nochmal in Sonne. Das war zwar nett, aber die tollen Felsen im Hintergrund waren natürlich auch schon komplett im Schatten.
Für Landschaftsbilder war natürlich auch Zeit.
Im letzten Licht geht noch ein 156-Doppel ab - nun mit leuchtendem Vordergrund-Ginster.
Auf dem Rückweg: Blick zurück zum Beacon Hill.
Wir hofften, das irgendwann nochmal wiederholen zu können. Gemütlich und mit einigen Labis ging es wieder zum Auto zurück. Erst über die Schnellstraße, ab Billingham aber zwecks Getränkekauf durch die Käffer, ging es zum Hotel zurück. Unterwegs hatten wir einen ganz netten Pub gesehen. Nach dem Frischmachen ging es aber erst nochmal zu dem "authentischen" Pub von gestern, wo uns allerdings laute Musik wenig willkommen hieß und es auch nichts zu essen gab. Also kehrten wir zu dem gesehenen Pub, Myton House Farm in Tornaby, zurück, der sich allerdings als Ketten-Pub herausstellte. Stück weiter saßen zwei Großfamilien, deren Kinder sich zunehmend langweilten und begannen um uns herum zu wieseln. Das Essen war ok. Danach gab es im Hotelzimmer noch den Tatort.
Heute war ab dem frühen Vormittag Sonne satt versprochen. Es sollte nochmal die Kalibahn bei Brotton werden und nebenbei war der Plan, dass man den einen oder anderen Zug auf der Whitby-Piste einschieben könnte. Dass wir noch nicht zum 8 Uhr Kalizug in Brotton los mussten, ergab morgens der Blick aus dem Fenster. Erst beim Frühstück bläute es draußen immer mehr, so dass wir zum Start die Rückfahrt des Kalizuges aus der Mine ins Auge fassten. Einziges Problem: So richtig konkret hatten wir für den gar kein Motiv.
Wir versuchten es an einem Bauernhof bei Brotton. Da hatte man von einem Privatgrundstück, auf dem unten das Wohnhaus "Seaview" stand, das hangaufwärts aber zunehmend verwahrlost aussah, einen einigermaßen brauchbaren Blick auf die Bahn. Die Hauptarbeit würden auch hier wohl die Drohnen übernehmen müssen. Das Grundstück war gespickt mit Kameras. CCTV in voller Operation. Vor dem Wohnhaus standen zwei Autos, aber niemand war zu sehen. Wir bimmelten mal. Erst an der ersten Klingel, dann an der zweiten. Niemand da. Wir liefen mal hoch in den unaufgeräumten Bereich und konnten da unaufgeregt unser Ding abziehen.
✈ Ein Kalizug auf der Boulby Line nähert sich auf der Westflanke des Warsett Hill der Ortslage Brotton.
Kaum war die große Bewölkung weg, blähte der Himmel schon wieder irgendwelche Nebelschwaden über die Landschaft. Beim Güterzug eben hatten wir Glück gehabt. Für das weitere Programm sahen wir etwas schwarz. Schön war die Straße südwärts an die Personenzugstrecke. Irgendwo südlich der A171 hörte plötzlich die kultivierte Landschaft der Wiesen auf und man fuhr in das wilde Fjell der North Yorkshire Moors. Heidekraut und Moorhühner beherrschten fortan das Bild.
Der Ausblick zwischen Kildale und Commondale auf die Bahn war dann auch richtig klasse. Wieder so ein Must have Motiv, zumal man von dieser Bahnstrecke ja wirklich gar keine Bilder sieht. Angesichts der Wolkenübermacht am Himmel fingen wir schon an zu überlegen, dass man hier einfach mal spontan, wenn mal paar Tage schönes Wetter angekündigt sind, herkommen müsste. Dann bröselte die Bewölkung aber wieder ordentlich auf. Eine ganze Zeit standen wir durchgehend in der Sonne, und auch das gesamte Motiv war ausgeleuchtet. Als der Zug langsam um die Ecke kam, tauchten hinten wieder erste Schatten auf. Der Motiv-Bauernhof ganz im Hintergrund wurde dunkel. Es ging dann aber tatsächlich gut. Der Zug war bestens ausgeleuchtet, die Landschaft weitestgehend auch. Sogar der Bauernhof war gerade wieder aus dem Schatten gerückt.
Nun sind wir in den North Yorkshire Moors an der Grenze zwischen kultiviertem Land und der Wildnis.
Eines der zahlreichen Moorhühner.
Der Vormittagszug nach Whitby besteht mal wieder aus zwei Class 156 Triebwagen - hier zwischen Kildale und Commondale.
Yannick hatte herausgefunden, dass man den Zug locker nochmal bis Whitby überholen könnte. Während ich mich im Geiste über die kleinen Sträßchen durch das Esk Valley hab "schießen" sehen, ging es einfach wieder an die A171 hoch, die durch keine einzige Ortschaft führte und mit paar Überholungen zügig zu befahren war. In Whitby fanden wir zügig den Zugang zum alten Bahnviadukt, von dem wir den Zug locker ein zweites Mal fotografieren konnten. Die Rückfahrt nahmen wir vom Straßenviadukt, wo wir unser Auto in der ewig langen Haltebucht einer Bushaltestelle parkten - am entfernten Ende zum Haltestellenschild. Zum Glück kam weder Polizei noch Linienbus vorbei; lange mussten wir da eh nicht stehen.
Kurz vor Whitby unterquert der Bummelzug den Steinbogenviadukt der einstigen küstenparallelen Strecke von M'bro nach Scarborough, von dem wir das Bild machen.
In der Einfahrt des Bahnhofs gibt es eine recht hohe Straßenbrücke, von der aus wir die schöne Stadtkulisse genießen...
...und den sofort wieder zurückkehrenden VT beobachten.
Auch beim letzten Bild war das mit den Wolkenschatten spannend. Wenn bei der Stadtansicht die Abbey oder viele Häuser zugeschattet gewesen wären, wäre das ja auch doof gewesen. Aber es hatte gepasst und wir waren glücklich. Der nächste Programmpunkt war die Kalibahn bei Brotton, wo wir uns für den Rest des Tages festsetzen wollten, denn es kam uns besonders auf die Nachmittagsmotive an, die neulich nicht geklappt hatten. So landeten wir wieder auf dem Golf-Parkplatz.
Leider tauchte nun am Himmel wieder neues Zeug auf - nämlich die geschlossene Bewölkung, die eigentlich erst zum Ende des Nachmittags angekündigt gewesen war. Deshalb verließen wir erst gar nicht das Auto, sondern machten ein kleines Nickerchen (ich jedenfalls) und legten uns die Karten für den Rest des Tages - und zwar die Schlechtwetteralternative. Gerade wollten wir losfahren, da riss es von Westen wieder massiv auf. Auf dem Wolkenflim war auch ein kleiner wolkenfreier Keil im Westen zu sehen. Da bald der nächste Kalizug zum Werk kommen sollte, liefen wir doch noch den unteren Weg zu unserem Wunschmotiv hinein. Dabei schien die Sonne auch wieder kontinuierlicher, wenn auch nicht mit voller Intensität. Kaum hatten wir uns durch den Matsch ins Motiv vorgearbeitet, da passierten zwei Dinge gleichzeitig: Der Zug war zu hören und die Sonne verschwand. Dabei blieb es dann auch.
Kaum hatten die hohen Wolken der Sonne Platz gemacht, war wieder unten diese Nebelschicht aufgezogen. Der Himmel war wieder komplett zu. Abbruch! Zurück zum Auto! Und wir waren uns einig, dass wir uns nicht nochmal von einer Auflockerung durch die Matsche treiben lassen. Erstmal sah es allerdings auch nicht danach aus. Es war jetzt 14 Uhr, und wir wollten mal auf kleinen Straßen bahnparallel nach Whitby fahren. Es ging wieder in die wilde, offene Berglandschaft und als erstes nach Castleton, wo wir paar Ausblicke aus dem Ort auf die Strecke testeten. Irrerweise hatten wir die Hochnebelzone inzwischen verlassen. Hier schien wieder zumeist die Sonne! Dann ging es nach Danby, wo wir eine kleine Bäckerei mit Tearoom entdeckten. Scones waren zwar aus, aber ein Stück Bakewell Tart tat es auch. Nach dem reichlichen Frühstück hatten wir keinen großen Hunger gehabt, aber das tat jetzt richtig gut. Mit dem Raststopp hatten wir auch die restliche Zeit totgeschlagen, bis der nächste Personenzug nach Whitby kommen würde. Für den fanden wir allerdings auf die Schnelle nur ein Frontschattenmotiv.
Der Nachmittagszug nach Whitby zwischen Castleton Moor und Danby.
Das war bischen doof, denn im weiteren Fahrtverlauf möglichst bahnparallel durch das Esk Valley haben wir durchaus noch günstigere Ausblicke entdeckt. Und die Sonne hielt sich irgendwie tapfer. Im Zickzackkurs ging es durch das Tal weiter oder auch mal aus dem Tal hinaus, wenn es unten keine geeignete Straße gab. So gelangten wir irgendwann nach Whitby, wo wir das Auto parkten.
Unterwegs im Esk-Valley.
In Whitby werden wir von böse dreinschauenden Tieren empfangen. Ob die auch Blut trinken?
Whitby mit der Abbey. Hier in Whitby spielt ein Teil der Dracula-Saga, und angeblich sind Bram Stoker auch erst bei einem Besuch hier die Ideen zu der Story gekommen.
Auf uns machte Whitby aber keinen besonders gruseligen Eindruck.
Über die Brücke ging es auf die andere Seite des River Esk, dort durch paar Gassen und dann die Treppe hoch zur Ruine der Abbey. Yannick wollte da gerne hin - weniger wegen der Abbey, eher wegen der benachbarten kleinen Brauerei. Trotz der ziemlichen Kälte setzten wir uns in deren Garten und genossen vor der Kulisse der Abbey das eine oder andere Bier.
Schon gruseliger... Na ja, geht so. Aber man kann sich hier immerhin etwaigen Grusel schöntrinken.
Danach hatten wir aber richtig Hunger. Der Plan war, in einem auf Fish&Chips spezialisierten Restaurant eben jenes Gericht zu essen. Das von uns auserkorene Restaurant sollte bis 18:30 auf haben, doch als wir um 17:20 davor standen, war man schon dabei, den Boden zu wischen. Wir hatten auf dem Hinweg gegenüber vom Bahnhof eine sehr authentisch aussehende Fish&Ships-Bude gesehen, die bis 19 Uhr auf haben sollte. Dort bekamen wir dann auch das Gewünschte.
Nach einem Besuch beim Coop ging es die A171 wieder zurück nach Middlesbrough, wo wir es uns gemütlich im Hotelzimmer einrichteten. Die nächsten Tage sollten landesweit nur schlecht werden. Wir mussten uns ein Konzept überlegen, was wir machen wollen. Die Prognosen sind allerdings so mies und die Wetterlage so extrem wechselhaft, dass sich eigentlich gar kein Konzept entwickeln lässt. Eine Idee war, einfach mal mit dem Zug nach London zu fahren und dort eine Nacht zu bleiben. Aber das verwarfen wir wieder, weil man sich damit einfach zu stark festgelegt hätte. Das war auch gut so, denn wir hatten gar nicht dran gedacht, dass die East Coast Mainline zwischen Peterborough und London noch bis Dienstagnacht gesperrt war.
Wie schwierig die Wettervorhersage aktuell war, ersahen wir daraus, dass am heutigen, garantierten Mistwettertag viel mehr Sonne zu sehen war als erwartet. Eigentlich hatte heute nochmal ein Zugfahrprogramm sein sollen, aber irgendwie waren wir morgens viel zu entspannt, und dann wollte Yannick unbedingt einen IC225 einbauen, von denen ja noch wenige Umläufe zwischen Leeds und London pendeln. Was aber nun genau gar nicht mehr in unsere Rundtour-Planungen passen wollte, war ein geeigneter IC225. Wären wir eine halbe Stunde früher dran gewesen, hätte es geklappt. Da wir nach vier Nächten in diesem ordentlichen, aber auch sehr einfachen Hotel mal wieder andere Schlafgemäuer von innen sehen wollten, stellte sich zu allem die Frage, wohin man sich orientieren will und wo man am besten das Auto am Bahnhof lassen kann.
All diese Fragen haben uns derartig überfordert, dass wir um 10 Uhr beschlossen, die Zugtour auf einen der Folgetage zu verschieben und heute eine kleine Runde mit dem Auto zu drehen. Als erstes steuerten wir mal den Bahnhof Battersby an, den kleinen Kopfbahnhof für die Züge nach Whitby. Aus dem Zug hatte man die Anlage nicht komplett betrachten können. Auf der Fahrt dorthin wurde es immer sonniger. Durch beschienene Landschaft ging es zuletzt auf kleinen Sträßchen dorthin. Der kleine Bahnhof weit abseits des Ortes (aber mit einer kleinen Bahnhofssiedlung) war wirklich herzallerliebst. Das noch vorhandene Gleis am zweiten, nicht genutzten Bahnsteig, konnte noch zum Umfahren genutzt werden; beide Gleise liefen am Südende zusammen. Der Vormittagszug nach Whitby war zufällig auch gerade fällig, aber die Sonne verschwand natürlich rechtzeitig. Auch während des fünfminütigen Aufenthaltes kam sie nicht raus.
Der weitere Plan sah eine kleine Autofahrt durch die North Yorkshire Moors vor. Erstmal ging es vorbei am gestrigen Hauptmotiv und dann auf bekannter Straße nach Castleton. Von dort wollten wir uns südwärts von der Bahn entfernen. Aber Yannick hatte entdeckt, dass die schottische Dampflok, die eine Woche zu Gast auf der NYMR gewesen war, nun ins Museum Crewe zurückkehren sollte. Die kreuzte mit dem Triebwagen von eben in Glaisdale und wäre bald zu erwarten. Wir rechneten mal damit, dass man die lange Fahrt ab Battersby Kessel voraus fahren möchte, dass die Lok hier also rückwärts vorüber käme. Deshalb stellten wir uns an der von gestern Nachmittag bekannten Brücke zwischen Castleton Moor und Danby für einen Nachschuss auf - diesmal allerdings etwas seitlicher. Die Sonne schien fast kontinuierlich, trotz dicker Wolken am Gesichtskreis. Unsere Rechnung mit dem Rückwärtsfahren ging auf; nicht gerechnet hatten wir allerdings mit dem Wagen, den die Lok mitführte...
Das obligatorische Mietwagenbild in den Fjells der North Yorkshire Moors.
Dampflok nebst Begleitwagen auf dem Weg von der North Yorkshire Moors Railway nach Crewe ins Museum.
Schade, da wäre auch das Umlaufen in Battersby interessant gewesen. Egal. Die fetten Wolken drückten nun von Westen rein. Erst überlegten wir noch, ob man sich angesichts von sooo viel Sonne einfach an einem unserer noch offenen Motive hinstellen sollte, aber das schien wirklich keinen Sinn zu machen. So begannen wir unsere kleine Rundfahrt. Die Straße von Castleton südwärts war wirklich klasse, führte sie doch die ganze Zeit auf einem Bergrücken durch die wilde und offene Heidelandschaft. Später, als man sich dem südlichen Ende des Gebirges näherte, lag vor einem "ganz" England ausgebreitet. Man konnte irre weit schauen. Markant waren die Kraftwerksschlote ganz in der Ferne.
Am Ende ging es in ein liebliches Tal hinab, wo der Ort mit dem bezeichnenden Namen Hutton-le-hole lag. Das war mal wieder England wie aus dem Bilderbuch! Die Szenenbauer von Inspector Barnaby hätten sich keinen schnuckeligeren Ort erdenken können. Etwas weiter unten trafen wir auf die A170, die es nun westwärts ging. Nach einigen Kilometern führte die "Bundesstraße" durch den Ort Helmsley. Hier war natürlich deutlich mehr los und es gab ganz klar zu viele Autos, aber der Ort war ebenfalls bestes Good-Old-England. Die leben hier echt im Museum. Wir machten einen kleinen Rundgang durch den Ort.
Ein Rundgang durch Helmsley I.
Ein Rundgang durch Helmsley II.
Ein Rundgang durch Helmsley III.
Und weiter gen Westen. Unser Etappenziel lag heute bei Darlington. Jaa jaa, ein großer Sprung von Middlesbrough nach Darlington... Aber gerade für eine etwaige Zugtour böte Darlington die besseren Möglichkeiten, und unsere Wunschmotive wären auch nicht zu weit weg, wenn denn doch noch Sonne... Ihr wisst schon. Anderswo auf der Insel sah es auch nicht wesentlich besser aus (ok, an der schottischen Ostküste vielleicht, vielleicht aber auch nicht). Deshalb hatten wir beschlossen, die Sache hier in dieser an sich interessanten Gegend auszusitzen.
Als wir uns bei Thirsk der Eastcoast Mainline näherten, waren sogar mal wieder paar Wolkenaufrisse zu erkennen. Wir fuhren die Strecke an einigen Stellen an bzw bei unserer Fahrt nach Norden auch mal halbwegs parallel, aber geeignet waren bestenfalls einige Weitschüsse übers flache Feld. Die Brücken waren eher untauglich. Das Blau war dann aber auch schnell Geschichte. So erreichten wir um kurz nach 15 Uhr unser Hotel The George im kleinen Örtchen Piercebridge westlich von Darlington. Das alte Gasthaus lag direkt am Ufer des River Tees. Also auch noch am gleichen Fluss wie Middlesbrough... Dort hatten wir Glück. Erst sollten wir die "Pförtnerloge" bekommen, im ersten Stock des Anbaus gleich das erste Zimmer mit Blick zur Straße. Zum Glück roch das aber ziemlich verraucht. Wir bekamen anstandslos ein anderes Zimmer - und dieses nun ganz hinten mit Blick auf den Fluss. Lovely - auch wenn wir feststellten, dass wir nun die wahre Pförtnerloge bekommen hatten, denn auf dieser Seite befand sich das Haupt-Treppenhaus. Und eine Flurtür draußen vorm Zimmer musste natürlich nach jedem Durchgehenden zuknallen. Egal, ansonsten war es sehr ruhig, und in dem großen Zimmer fühlten wir uns wohl.
Aus dem Zimmer blicken wir direkt auf den River Tees.
Erstmal war dort dann auch Relaxen angesagt. Das tat auch mal ganz gut. Abends ging es zum Inder nach Darlington rein. Für mich gab es Indian Railway Lamb. Der Wirt erklärte den Titel damit, dass das Gericht in großer Menge gekocht werden kann und deshalb traditionell von der indischen Bahn zur Bordverpflegung genutzt werde. Es enthielt neben dem Lamm auch Kartoffeln in einer mittelscharfen Sauce. Sehr lecker.
Gestern hatten wir noch ein wenig drauf gehofft, dass nach Abzug des Regens, der heute definitiv durchziehen sollte, noch paar lichte Momente für das schöne Motiv bei Seaham übrig bleiben würden. So richtig überzeugt waren die Wetterberichte davon aber nicht. Da wurde die Auflockerung erst zum späten Nachmittag erwartet. Die Alternatividee wäre heute eine Zugfahrt. Yannick hatte gesehen, dass um 12 Uhr ein IC225 ab York gen London starten soll. Auf den ließe sich sicher eine kleine Zugrunde aufbauen. Nach erneutem Wettercheck entschlossen wir uns zur Zugfahrt. Irgendwie war die Wetterlage so, dass momentan tagsüber die Regengebiete durchzogen und nachts die klaren Abschnitte. So konnten wir nicht arbeiten.
Daher fuhren wir ohne Frühstück um 10 Uhr los. Es goss in Strömen. Am Bahnhof war der billigere Parkplatz voll, der teurere von der LNER hatte aber noch genug Platz und man kam zügig zum Bahnhof. Der Turm der Bahnhofsuhr ist in der Stadt schon von weitem zu sehen. Das Bahnhofsgebäude selbst liegt in Insellage zwischen den beiden Richtungsbahnsteigen innerhalb einer alten Halle. Aus Stephensons Zeiten stammt die allerdings nicht, obwohl Darlington Endpunkt der ersten Eisenbahn der Welt war. Der andere Endpunkt war übrigens Stockton, das zusammen mit Middlesbrough zur Region Teesside gehört. Für heutige Belange erschien der Bahnhof mal wieder etwas undersized. Es gibt nur die zwei Bahnsteigkanten am Hausbahnsteig und einige minder nützliche Stumpfgleise. Für Systemanschlüsse zweier sich kreuzender Linien ist das nicht gar so tauglich...
Der Zug war auch in der ersten Klasse gut voll. Das Catering war offenbar gerade beendet, so dass wir verpflegungstechnisch auf dieser kurzen Fahrt nichts zu erwarten hatten. Die Hoffnung lag ganz klar auf dem IC225 ab York. Die Zuggarnitur war mit über +30 im Zulauf. Es muss heute Vormittag massive Signalstörungen im Raum Peterborough gegeben haben, wo die Bauarbeiten mit Vollsperrung ohnehin erst letzte Nacht beendet worden sind. Mehrere LNER Services fielen ganz aus. Wir planten, ein Bild von der Ankunft des alten IC zu machen und fanden uns dort plötzlich in einer Horde von mindestens sechs anderen Fotografen wieder. Bei der Einfahrt dachten wir den Grund für den Fotografenauflauf erkannt zu haben, erschien uns der Zug doch in einer Art Heritage-Farbgebung lackiert zu sein. Am Nachmittag in Leeds sahen wir in der Abstellung jedoch, dass die jetzt offenbar alle so lackiert sind.
Stark verspätet trifft unser Schnellzug von London zu einer Kurzwende in York ein.
Trotz der ausgefallenen Züge fanden wir in der 1.Klasse gut Platz und erhielten hier auch Tea, ein Sandwich, Crisps und einen sehr leckeren Raspberry Pot. Offenbar war dies der LNER Bummelzug der Eastcoast Mainline, so eine Art "RE200". Aufgrund unserer Verspätung aus Wendung bekamen wir beim Halt in Redfort sogar eine Überholung durch einen Azuma. Es gibt also auch Strecken, wo man überholen kann...
Selbst in diesem RE-ähnlichen Verkehr mit Class 170 kam eine Minibar durch, die den Passagieren in dem winzigen 1. Klasse-Abteil den Tee mit 100% Rabatt überließ. Unglaublich fanden wir die vielen Güterzüge, die hier unterwegs waren. Mindestens zwei kamen uns entgegen und einen haben wir sogar in Oakham, einem Formsignalbahnhof mit Überholgleis und netter Signalbox, überholt!
An Bord dieses Zuges beschränkte sich das gastronomische Angebot auf Apfelsaft und Chips. Zum Nachtisch gab es zwei kleine Shordbreads. Nach der Fahrt durch das flachere Land war die Mittelgebirgslandschaft der Midlands ganz schön. In rasanter Fahrt ging es durch einige Tunnels.
Hier bekamen wir nun getrennte Plätze. Irgendwie war die Reservierungsanzeige auch etwas eigenartig. Auf der einen Gangseite waren alle Gangplätze available. Die Plätze waren aber wegen 2+1-Bestuhlung gar nicht vorhanden. Der kulinarische Service verlief für Yannick zufriedenstellend; es gab Sandwich, Chips und Cola. Für mich gab es nichts, weil ich gerade auf dem Klo gewesen war. Da wir nachher noch Essen gehen wollten, war mir das aber auch egal. Später gab es sogar noch einen Kakao.
In Leeds wurde der Zug so derartig voll, dass Yannick aufstehen musste. Die Reservierungsanzeigen waren plötzlich von "available" auf "reserviert" gewechselt - bei meinem Platz zum Glück erst ab Newcastle. Ich frage mich, wozu es dann noch die Anzeige "may be reserved" oder so ähnlich gibt, wenn "available" auch plötzlich reserviert sein kann. Die Leute standen auch in der ersten Klasse dicht gedrängt im Gang. Wir verließen den Zug deshalb schon in York.
Dies war der erste Zug, in dem richtige Mahlzeiten serviert wurden. Na toll. Und wir wollten Essen gehen. Außerdem war ich etwas überrumpelt, da der Aufwärter für die Bestellung praktisch schon dastand, als ich erst einen Sitzplatz gefunden hatte. Ich bestellte nichts. Yannick, der Stück weiter schon in der Speisekarte blätterte, schöpfte hingegen aus dem Vollen und bestellte sich Schweinesteak mit Kartoffelbrei und Wirsingkohl. Aber in unserem schönen Hotel-Pub The George hat Yannick immerhin nicht schlapp gemacht und wie ich das sehr schmackhafte Parmesan-Hähnchenschnitzel, ein angeblich in Middlesbrough erfundenes typisches Pub-Essen, verdrückt. Nicht erwähnt werden muss, dass wir an unserem Hotel unter klarem Himmel ankamen und die Sterne funkelten. Für morgen waren hingegen wieder massiv Wolken angekündigt...
Auch für heute machten die Wetterberichte eher eine geringe bis gar keine Hoffnung auf Sonne. Aber bei wechselhaftem Wetter kann man ja trotzdem mal hoffen... Erstmal war es aber bewölkt. Wir frühstückten im Hotel. Das Full English Breakfast war (zum Glück) nicht ganz so komatös reichhaltig wie das im Bluebell Hotel zu Middlesbrough. Da uns das Hotel und seine Lage gefielen, hatten wir bereits gestern um eine Nacht verlängert, auch wenn M`bro sicher der günstigere Ausgangsort für all unsere noch offenen Ziele wäre.
Etwas unschlüssig waren wir natürlich mal wieder. Eine Tour durch die North Pennines, die quasi um die Ecke des Hotels beginnen, wäre eine Alternative. Erstmal unternahm ich aber eine kleine Erkundungsrunde zu Fuß in die Umgebung. Beim Hotel begann ein Fußpfad zu den Fragmenten einer "roman bridge". Ok, die Roman Bridge war nur ein Haufen von Steinen - da war der Weg dorthin schon netter als das Ziel. Danach ging es einen Fußweg südwärts auf den Betty Watsons Hill. Der Matsch begann nach den ersten 20 Metern... Aber es wurde immer heller, so dass ich mal paar Aufnahmen von Piercebridge und dem Hotel machen konnte.
Aufstieg auf den Betty Watsons Hill. Der war auch matschig.
Blick über den Tees auf Piercebridge.
Unser Gasthof The George von der einen...
...und von der anderen Seite.
Die Auflockerungen weckten Hoffnung. Wir beschlossen, doch einfach mal nach Seaham zu schauen. Nicht, dass wir da noch was verpassen. Mit einem Satz "Meal Deal" im Gepäck (hierzulande gibt es ein Bundle aus Sandwich, Snack und Getränk im Supermarkt immer deutlich vergünstigt) liefen wir im Sonnenschein vom Parkplatz an der uns bekannten Siedlung von Easington Colliery den schönen und schön matschigen Weg zum Beacon Hill. Dort schlonzte das Licht aber immer mehr zu und ward bald gar nicht mehr zu sehen. Schade, aber früher als 12:30 hätten wir dort wegen des Lichtstandes auch nicht aufschlagen müssen.
Wir sind mal wieder auf dem Beacon Hill zwischen Seaham und Easington Colliery. Mehr als Mumpflicht bekommen wir aber nicht, als unten ein GBRf-Kohle- oder Biomasse-Zug vorüber brummelte.
Um 14 Uhr brachen wir wegen akuter Aussichtslosigkeit ab und starteten doch noch unsere "Runde" durch die North Pennines, die eigentlich ein spitzer Winkel war. Durch die Ausläufer von Durrham und verschiedenes Hin und Her gelangten wir über Stanley Crook bei Wolsingham auf die A689, die sich zunehmend in die Höhe wandt. Erst gab es noch viele Ortschaften mit paralleler Museumsbahn, die Weardale Railway. Dann war das Tal zuende und es ging in die kahlen Höhen hinan.
Am oberen Ende des Weardales bei Cowshill.
Nach Querung eines kleinen Passes reisten wir kurz nach Cumbria ein. In dem kleinen Städtchen Alston hatten wir die Spitze unseres spitzen Winkels in die Berge erreicht. Nachdem wir die Innenstadt langsam hinter einer allen Autos zuwinkenden Reiterin durchfahren hatten, erreichten wir den Bahnhof der South Tynedale Railway. Der Bahnhof verfügte über eine große Signalbox und eine Bahnhofshalle. Doch irgendein Detail hinderte uns zu glauben, dass da gleich ein wichtiger Schnellzug einfahren würde...
Die Signalbox in der Einfahrt des...
...Bahnhofs Alston mit seiner Halle.
Definitiv der schönere Weg, auf dem es ein ganzes Stück länger durch die kahle Gebirgslandschaft ging, war nun die Rückfahrt auf der B6277. Da war auch erstmal gar kein anderer Verkehr. Weit fiel der Blick auf die Berggipfel der Umgebung. Hier oben ist auch die Quelle des River Tees, dem wir nun abwärts in bewohntere Gegenden folgten.
Schöne Baumgruppen im noch jungen Tees Valley bei Eggleston.
So gelangten wir direkten Weges zurück nach Piercebridge und zum The George. Weil dort der Pub so schön authentisch und gemütlich war, wollten wir dort nochmal Essen gehen. Den Inder hatten wir uns ja eh nicht verdient...
Die Hoffnung war, dass morgen und übermorgen der Sonnenanteil wieder etwas größer würde. Wir überlegten, dass wir den Nachmittagsmotiven auf der Kalibahn bei Brotton den Freitag widmen müssten, weil zumindest in der letzten Woche am Samstag dort fast nichts gefahren war. Samstag könnte man sich nochmal um Seaham kümmern. Mal sehen, wie wir das Programm die nächsten Tage umschmeißen...
Wir gingen das Thema an wie geplant. Heute wollten wir also Brotton nochmal ne Chance geben. Und wenn es nicht klappt, dann klappt es eben nicht. Wie an den vergangenen Tagen fiel uns bloß für den Vormittag nicht so recht was ein. Dabei war der Blauanteil am Himmel tatsächlich ein ganzes Stück größer als letztes Mal. Ich hatte mir zwar zwei BÜs zwischen Yarm und Northallerton auf Streetview angeschaut, aber die schienen mir doch etwas öde zu sein. So starteten wir mit einem gemütlichen Frühstück. Das war zumindest so lange gemütlich, bis ein Typ mit seiner Mutter reinkam, der gestern schon durch heftiges Schniefen, Husten und vor allem lautstarkes Nasehochziehen aufgefallen war. Am liebsten hätte man in dem Moment sein Frühstück mit aufs Zimmer genommen. Und dass uns das Frühstück jeweils fast 20€ kostete, haben wir auch erst beim Auschecken erfahren.
Als ersten fototechnischen Programmpunkt wollten wir nun nochmal Battersby machen. Dorthin ging es komplett unter wolkenlosem Himmel, und auch in der Wartezeit kam kein einziger Wolkenschatten durch. Doch als der Zug kam, begann ein Wechselspiel aus Sonne und Schatten. Da der Zug diesmal sehr früh anhielt, bekamen wir aber doch noch eine ganz kurze Chance, ein gut ausgeleuchtetes Foto zu machen. Das Kopfmachen und die Stellschrankbedienungen durch den Tf nutzten wir, um dem Zug nochmal bis Kildale vorauszufahren, wo wir den Zug nochmal in Sonne bekamen.
Der Vormittagszug nach Whitby besteht heute aus einem 158-156-Doppel und hat soeben in Battersby angehalten. Hier wird die Fahrtrichtung gewechselt.
Hinter Kildale erwarten wir den Zug erneut - jetzt mit führendem 156.
Nun ließen wir aber von der Whitby-Piste ab. Durch die kahlen Heideflächen ging es stramm nordwärts zur Küste. Das war nun altbekanntes Terrain. Parken am Golfclub, dann den oberen Weg hineinlaufen auf den Warsett Hill. Muss ich erwähnen, dass es hier wieder wunderschön war?
Weil es so schön war, zeige ich den oberen Wanderweg zum Warsett Hill nochmal - diesmal von weiter hinten.
Allerdings musste uns auch klar sein, dass das jetzt alles ein ziemlicher Wolkenkrimi werden würde. Und es wurde ein ziemlicher Wolkenkrimi. Die Klamotten am Himmel waren eindeutig in der Überzahl. Allerdings profitierten wir davon, dass auch immer wieder nahendes Gewölk abgedrängt wurde und unsere Halbinsel besonders lange in der Sonne lag. Ein Kalizug war gerade oben in der Mine. Als seine Rückfahrt näher rückte, hatten wir gerade länger in der Sonne gesessen. Von hinten drohte aber eine Störung. Der Wolkenschatten war nicht mehr fern. Dahinter konnte es aber nochmal aufreißen. So wolle der Wolkenschatten doch bitte schnell näher kommen, damit er genau so schnell wieder weg wäre! Nö! Er ließ sich alle Zeit der Welt. Nun war der Zug schon hinten an der Signalbox von Crag Hall. Ein kurzer Schatten zog durch, dann wurde es wieder hell. Das war immer noch nicht der drohende große Schatten gewesen! Der Zug kam. Und dank einer kleinen Fußverfolgung mit Spurt auf dem Gipfelkamm bekamen wir ihn sogar zweimal. Mit Sonne!
Der Mittagskalizug hat gerade Crag Hall verlassen und beginnt die Umrundung des Warsett Hills.
Durch einen kleinen Sprint durch die Matsche und über einen Stacheldrahtzaun gelingt ein zweites Bild auf der Nordwestseite des Hügels.
Der große Schatten war nun auch ganz anders. Plötzlich mumpfte irgendwelcher Schlonz herum, und dann wurde es ganz dunkel. Aber ohne, dass die nächste Helligkeit schon in Sicht wäre. Erstmal war das ja kein Problem. Doch der nächste Zug nach Boulby in die Mine war leider weit vor Plan unterwegs und nahm die Wolke auch noch mit. Sehr schade.
Dafür kamen paar Schafe bei Sonne durch.
Danach wurde es aber wieder heller und wir saßen fast eine Stunde im Sonnenschein. Der endete aber etwa zwanzig Minuten, bevor der Stahlzug nach Skinnigrove kommen sollte. Mumpf sorgte am Himmel dafür, dass das Licht erst fast unbemerkt schwächer wurde und dann immer wieder mal ganz verschwand. Und wenn wieder Licht war, dann kam nicht viel mehr als ein leichter Schattenwurf. Der Zug war schon auf der anderen Seite des Berges zu hören, da verschwand das Licht wieder ganz. Hoffnung passé. Der Zug tauchte aber noch nicht auf. Jetzt wurde es wieder heller. Es wurde viel heller! Bald war volles Sonnenlicht! Der Zug musste am Scheitelpunkt der Kurve auf dem Kliff sein. Warum kommt er denn nicht? Das Licht hielt. Der Zug war nun deutlich zu hören. Licht hielt. Eeendlich tauchte er gemächlich auf, als hätte er alle Zeit der Welt. Das Licht hielt. Der Zug klappte!
Neben der Kaligrube in Boulby wird auch noch das Stahlwerk Skinningrove über diese Strecke bedient. Die Züge dorthin sind mit schweren Stahlbrammen beladen und werden durch die DB befördert. Die Ruine auf dem Bild ist übrigens kein ehemaliges Kirchlein, sondern eine Belüftungseinrichtung für das einstige tief unten in den Felsen gelegene Erzbergwerk. Ein riesiger Ventilator von der Größe eines Mühlenrades sorgte für den nötigen Luftaustausch.
Was für ein Nervenkitzel! Warum tut man sich sowas bloß immer wieder an? Briefmarkensammeln ist doch auch so ein schönes Hobby! Uns blieb jetzt Zeit, uns für die beiden Rückfahrten umzutopfen. Ich finde das immer besonders herrlich, frei in der Gegend herumzulaufen und Motive auszutaxieren. Die Sonne sank nun natürlich tiefer und damit immer stärker in den Modder am Himmel hinein. Getreu unseres Konzeptes warteten wir aber trotzdem mal, auch wenn die sonnigen Minuten immer weniger wurden.
Und natürlich bauten wir uns für die Rückfahrt des Kalizuges wieder an einem der zahlreichen Wunschmotive auf. Dort bekamen wir auch noch Besuch vom Bauern, der seine Schafe suchte. Yannick konnte ihm direkt sein Video zeigen von den drei Schafen, die durch eine Zaunlücke auf den Golfplatz abgehauen sind.
Die Meldung, dass der Zug plan ab Werk gefahren sei, mag schon eine Viertelstunde her gewesen sein, da wurde der Schattenwurf wieder so deutlich, dass man seinen Schatten ohne große Suche finden konnte. Und er mochte im Laufe der folgenden Minuten noch eine Spur sichtbarer geworden sein. Fast konnte man sagen, dass man zumindest mal abdrücken könnte. Aber erst, als der Zug schon Crag Hall verließ, wurde das Licht so richtig intensiv. Der Zug brauchte noch eewig. Erst bekam ich schon einen Schrecken, denn im Bahnhof stand ein Zug! Aber das war schon der leere Stahlzug, während der Kalizug dann im Bestlicht aus einem kleinen Einschnitt hervor gerollt kam.
Der Nachmittagskalizug kommt aus Boulby zurück und rollt im Bestlicht an der Ruine auf der Nordostseite des Warsett Hill vorüber.
Und weil es so schön war, gleich nocheinmal.
Damit hatte sich der Nachmittag hier schon mal definitiv gelohnt. Natürlich warteten wir auch noch auf den Stahl-Leerzug, der allerdings nicht im Block vom Kalizug losfuhr, sondern wirklich bis zur Abbfahrtszeit in Crag Hall stehen blieb. Das war insofern komisch, da von Westen schon wieder ein Kali-Leerzug im Zulauf war, der in Saltburn West auf den leeren Stahlzug warten musste. Als der DB-Zug endlich Crag Hall verließ, war das Licht nicht mehr ganz so intensiv. Aber für ein Foto reichte es schon noch.
Mit einem leeren Stahlzug macht sich die DB Cargo 66 nun auch wieder auf den Rückweg zum Tees Yard bei Middlesbrough.
Nun hatten wir noch überlegt, ob man auch noch auf den Kalizug warten sollte. Doch die Sonne verschwand bald wieder in einem Modder, und die Sonne musste laut Peakfinder auch in dem Moment hinterm Hang des Warsett Hill verschwinden, in dem der Zug kommen sollte. Mit der Zeit war uns auch ganz schön frisch geworden. Es hatte die ganze Zeit ein eisiger Wind geweht, und die Temperatur sank nun auch wieder rapide. Wir freuten uns aufs Auto!
Wir hatten wieder das Bluebell Inn zu M`bro gebucht. Dort konnten wir nun einchecken. Und hatten wir uns den Inder verdient? Ich glaube schon! Deshalb gab es nun mal in der Innenstadt von Middlesbrough einen anderen Inder. Das von mir gewählte Gericht war allerdings bischen scharf. Außerdem hatte es ein Angebot gegeben, bei dem die Vorspeise praktisch kostenlos war, und die war auch schon nicht ganz klein. Das beste war diesmal der Cheesy Naan...
Heute sollte es zumindest vormittags sonnig werden, nachmittags aber auch nicht ganz schlecht. Da war wieder das Problem, dass wir für vormittags einfach kein Programm hatten. Aber paar mögliche Brücken hatten wir uns dann doch ausgeschaut. Und für die erste gab es sogar einen passenden Güterzug. So landeten wir also in Norton bei einigen riesigen Sportplätzen, die wohl jedem Sportler seine Wünsche erfüllten.
Ein Problem war hier allerdings, dass die Brücke zwei Teile der Sportanlagen verband. Und da gerade gar nichts los war, war die Brücke verschlossen. Ein Auto war uns in der Zufahrt allerdings entgegen gekommen. Der Fahrer beäugte uns komisch und hielt dann an. Als wir ratlos wieder umdrehten, kurbelte er die Scheibe runter und meinte "You look lost". Wir erklärten ihm unser Anliegen und er erklärte sich sofort bereit, die Brücke für uns aufzuschließen. Er war wirklich das Urbild eines treuen und netten Vereinsobmanns, der morgens vor dem großen Ansturm nochmal seine Anlagen checkt. Um das Verschließen der Brücke sollten wir uns keine Gedanken machen. Hier würde eh gleich das Leben erwachen. Er sollte Recht behalten. Im Laufe der nächsten Stunde trudelte eine endlose Blechkarawane auf dem riesigen Parkplatz der Sportanlage ein und bald wimmelte es von Kindern, Eltern und anderen Sportlern.
Das war das eine Problem. Gegen das andere konnte auch ein freundlicher Obmann nicht weiterhelfen. Die Bahn verlief in einem kleinen Einschnitt, und die Gleise lagen noch gar nicht in der Sonne. Da es die ganz großen Alternativen nicht gab, blieben wir trotzdem mal hier. Der bald kommende Güterzug war zwar größtenteils angeleuchtet, schwamm aber in einem Kanal voller Schatten. So erwarteten wir auch noch den Doppel-158 eine Dreiviertelstunde später, für den sich die Schattensituation etwas entschärft hatte.
Nun sorgt GBRf mal wieder für Wagennachschub im Tyne Coal Terminal und rollt mit dem Leerzug durch die riesigen Sportanlagen am Ortsrand von Norton.
Etwas später folgt ein 158-Doppel.
Weiter nördlich, bei Seaton Carew, hatten wir eine weitere Fußgängerbrücke ausgemacht, die eine Fotomöglichkeit versprach. Durch das Industriegebiet des Ortes gelangten wir zu einem öffentlichen Fußpfad, der direkt auf die Brücke führte. Ein nennenswertes Motiv war es nicht, aber der nun direkt anstehende Grand Central Adelante kam in der Außenkurve immerhin schön dynamisch. Ein Bild machten wir auch von der benachbarten Straßenbrücke mit der Fußgängerbrücke im Bild.
Seit Mittwoch, also nach Aufhebung der Vollsperrung auf der Eastcoast Mainline bei London, verkehrt auch wieder der Fernverkehr von Grand Central in der Relation Sunderland - London Kings Cross. Einer von deren Class 180 "Adelante"-Triebzügen kommt durch Seaton Carew gerollt.
Es folgt eine Brücke weiter ein 158-156-Doppel.
Nun war auch schon wieder 11 Uhr durch. Wir hatten auch aus dem Grund nichts gefrühstückt, dass wir hofften, mittags irgendwo Fish&Chips essen zu können. Erstmal ging es auf der Schnellstraße A19 geradewegs ins Zielgebiet. In der Ferne waren schon erste Quellwolken auszumachen. In Easington Colliery fanden wir einen mega authentisch wirkenden Fish&Chips-Laden, wo wir uns riesige Portionen mitgeben ließen. Problematisch wurde es beim Bezahlen. Die beiden Damen, die das Geschäft betrieben, nahmen keine Karte. Da musste ich also an meine eiserne Reserve, zwei 20 GBP-Noten, die ich schon ewig besitze - von einer der letzten Reisen, auf der man nicht alles mit Karte zahlte. Doch die Scheine gab es postwendend zurück. Die wären alt und nicht mehr gültig. Na super. Und nun? Das Päckchen mit dem Essen war schon zum Greifen nah, und dann sowas? Ich kam zum Glück auf die Idee, Euros anzubieten. Dazu erklärte sie sich bereit. Mit den 30 Euro für Ware im Wert von 20 GBP hat sie dann auch keinen schlechten Schnitt gemacht. Und wir hatten unser Mittagessen.
Das nahmen wir natürlich mit in unser Motiv. Jetzt sollte nämlich ein letzter Versuch mit dem Ausblick vom Beacon Hill auf den Hawthorn Dene Viaduct gestartet werden. Auf dem schönen, aber matschigen Weg an die Steilküste tauchten die ersten Wolkenschatten das Land in partielle Dunkelheit. Das würde doch wohl hoffentlich noch klappen mit unserem Hauptmotiv? Erstmal wurde gegessen. Der Fisch war schmackhaft. Zwischendurch gab es schon mal den nächsten Adelante, aber das Seitenlicht war noch ausbaufähig. Danach konnten wir immerhin noch zwei Triebwagen bekommen, bevor die Queller immer größer wurden.
Und wieder befinden wir uns auf dem Beacon Hill zwischen Seaham und Easington Colliery. Ein Adelante passiert.
Es folgt ein einzelner 156. So etwa hatten wir uns die Umsetzung dieses Motivs vorgestellt.
✈ Für ein 158-Doppel auf dem Hawthorn Dene Viaduct kommt auch nochmal die Drohne zum Einsatz.
Am Ende konnten wir wirklich froh sein, dass wir gleich am Anfang noch paar Triebwagen mit Sonne bekommen und damit das Motiv im Kasten hatten. Denn ab 13:15 war hier erstmal Schicht im Schacht. Ein riesiger Queller hatte sich über uns festgesetzt. Und auch als es so aussah, dass er wegziehen oder sich auflösen würde, bildete er sich um und sandte bald den nächsten Schatten. In Seaham schien hingegen fast durchgehend die Sonne. Für einen Adelante schickten wir die Drohnen mal in die Richtung, um wenigstens noch einmal Sonne abgreifen zu können.
✈ Unmittelbar südlich von Seaham ist noch Sonne. Wieder ist es der Schwarze, der hier gelingt. Dank des orangen Streifens finde ich diese schwarze Lackierung gar nicht so verkehrt.
Danach reichte es uns. Auch wenn nur noch wenig von dem Wolkenklopper übrig geblieben war, es war immer eine restliche Fluse vor der Sonne. Also in Form von Schatten. Strammen Schrittes liefen wir zum Auto zurück. Ein anderes Motiv hatten wir neulich mal im Vorbeifahren gesehen: Eine freie Stelle am nördlichen Ortsrand von Horden - unweit des Klärwerkes. Wir waren auf einen Nahverkehrstriebwagen etwas knapp dran. Genau dort, wo wir hin mussten, stand eine Frau gestikulierend am Straßenrand. Na toll, was will die denn jetzt? Mitfahren wollte sie! Wir dachten schon, dass sie Hilfe bräuchte. Ok, sie machte durchaus den Eindruck, dass sie Hilfe brauchte, aber nicht für den Moment...
Wenigstens gab es keine Diskussion darüber, was wir denn in der Einöde wollen, als wir erklärt hatten, dass wir gerade unser Ziel erreicht hätten. War eh egal, denn gerade zog nun hier ein Wolkenfeld vor die Sonne. Wir stellten uns danach mal in einer Nebenstraße an den Rand einer Brachfläche neben einem Gewerbegebiet. Da fanden wir einen ganz netten Ausblick auf die Strecke mit dem Beacon Hill im Hintergrund. Da stand auch ein Drohnenpilot, der sein Fluggerät mit einem Affenzahn wenige Zentimener über den Köpfen der Spaziergänger (uns eingeschlossen) entlang brausen ließ. Er selbst hatte eine FPV-Brille auf (mit der sieht man live das aus der Drohne übertragene Bild und hat eine Perspektive wie im Cockpit eines Flugzeugs) und genoss wahrscheinlich die entsetzten Blicke der Passanten. Solche Leute sind der Grund dafür, dass die Drohnenregeln immer stärker verschärft werden. Nutzt bloß nichts, denn er selbst hat in diesem Moment gegen eine ganze Latte von Regeln verstoßen, und das schien ihn nicht weiter zu stören. Die Sonne war nochmal durchgekommen und beleuchtete für uns den nächsten Adelante.
Am nördlichen Ortsrand von Horden gelingt uns in einem letzten Wolkenloch immerhin noch ein Bild von einem Adelante - nunmehr mit dem Beacon Hill im Hintergrund.
Das war es dann aber auch. Von Norden schob sich nun geschlossene Bewölkung herein. Ein großer Sprung gen Süden lohnte sich nicht, denn erstens hatten wir da nichts akut auf dem Zettel und zweitens war eh nur noch anderthalb Stunden Licht. So drehten wir noch eine kurze Runde durch Seaham, erledigten paar Einkäufe in einem großen Morrisons, tankten und fuhren dann die A19 zurück ins Hotel. Hier machten wir eine Stunde Siesta, bevor es für das Abschlussessen nochmal zum Inder ging.
Heute wachten wir auch nochmal bei schön klarem Himmel auf. Doch leider war Abreisetag, und die einzige Aufgabe lautete nun, nach Manchester zurück zu fahren und das Auto abzugeben. Appetit auf das in diesem Hotel riesige Full English Breakfast hatten wir beide nicht so recht. Gestern hatte ich für zuhause Scones und Clottered Cream gekauft. Da mir zunehmend Zweifel kamen, ob sich der deutsche Zoll über die Einfuhr eines britischen Milchproduktes freut, verputzten wir das Mitbringsel als Frühstück im Hotel.
Die Fahrt von M'bro nach Manchester verlief ereignislos. Die knorrigen Bäume hoben sich toll vor den im dunstigen Gegenlicht daliegenden Bergen der North Yorkshire Moors ab, die wir auf der A19 nur kurz striffen. In den Midlands und durch die Pennines ging es in dichtem Nebel, bevor in Manchester wieder teilweise die Sonne schien. Wir hatten noch viel Zeit, suchten vergeblich nach einem Altkleidercontainer für Yannicks Gummistiefel, gaben den Mietwagen ab und fuhren mit dem Shuttlebus zum Terminal 1. Weil Yannick wieder mit Lufthansa nach Frankfurt flog und ich direkt mit Easy nach Hamburg, trennten sich erstmal unsere Wege, doch hinter der Sicherheitskontrolle trafen wir uns wieder.
Das war auch ganz gut so. Denn Yannick hat eine Kreditkarte, mit der er die Flughafen Lounge betreten und sogar einen Gast mitbringen darf. So konnten wir uns noch ausgiebig am Buffet bedienen, wo es Beef Pie und überbackenen Blumenkohl gab. Dazu zwei Gläschen Chardonnay - ja, so lässt sich das aushalten. Aber auch hier ist man nicht vor schlechtem Benehmen gefeit. Stück weiter hatte sich eine Gruppe in einem ganzen Raumteil breit gemacht. Das waren so richtig klischeemäßige, stiernackige Manchester Prolls, wie man sie sich in einer Arbeiterstadt mit zwei großen Fußballvereinen vorstellt... Da sie so weit auseinander saßen, mussten sie sich entsprechend laut angrölen. Na ja, irgendwann verschwanden sie zum Glück. Später verabschiedeten wir uns voneinander. Yannick musste noch eine Stunde warten, hatte dazu ja aber eine angenehme Umgebung.
Der Flug stand schon irre früh zum Boarding bereit. Aber dann mussten wir doch noch auf einen Fluggast und eine Flugbegleiterin warten. Der Mittelplatz blieb frei - das war sehr angenehm. Unten konnte ich mal kurz das Ijsselmeer entdecken, doch im Anflug auf Hamburg hatte ich völlig die Orientierung verloren. Beim Flug über die Elbmündung wähnte ich uns an der Wesermündung, Bremerhaven erschien mir sehr klein, weil es in Wirklichkeit Brunsbüttel war, und als wir nach einem nördlichen Bogen immer tiefer gingen, wunderte ich mich nur, was da rechts für große Wasserflächen zu sehen sind. Erst als ich unten die AKN-Trasse sah, war mir klar, dass wir schon längst nördlich der Elbe sind...
Nach einer S-Bahn-Fahrt und einem Spaziergang gelangte ich wieder mal wohlbehalten auf meinem Wilstorfer Hügel an.
Gerade angesichts der vorherigen grottigen Wettervorhersagen kann das Resumme nur positiv ausfallen. Es sind nicht so viele Bilder entstanden, aber das lag ja auch an den gewählten Strecken. Weder auf der Kalibahn nach Boulby, noch auf der Personenzugstrecke nach Whitby ist viel Verkehr. Dass wir da immer wieder passende Wolkenlücken für Fotos gefunden haben, war schon schick. Und die Zugfahrten und Auto-Rundtouren rundeten das Programm schön ab. Wenn auch die Wanderungen auf unsere Matschhügel etwas beschwerlich waren, so war das Sein dort mit dem ständigen Meerblick einfach wunderbar. Eine schöne Tour liegt hinter uns.