Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.
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Mit dieser Reise war es hin und hergegangen. Erst war eine Gruppenreise mit den Kollegen geplant gewesen, dann eine Bahnfototour zu zweit, doch alles scheiterte bei den geplanten Mitreisenden immer wieder an überschneidenden Terminen. Bald hatte ich mich schon allein reisen sehen, da ergab es sich kurzfristig, dass Julian L. mal Schottland kennenlernen wollte. Er entschloss sich kurzerhand mitzukommen und fand auch noch einen erschwinglichen Flug.
Mir war der Reisetermin über den Monatswechsel August / September wichtig, weil ich auf eine ordentliche Heideblüte in den Highlands hoffte. Wie kam ich darauf, dass ausgerechnet in dieser Woche mit ordentlicher Heideblüte zu rechnen sei? Nun, ich wusste es nicht genau. Bei vorangegangenen Touren später im September hatte ich das Gefühl, dass der Höhepunkt der Blüte schon vorbei war. Und bei einer Internetrecherche nach Heideblüte in den Highlands fand ich zwar keine Fotos mit verlässlicher Datumsangabe, wohl aber paar Wanderreiseangebote "Zur Heideblüte in die Highlands", und diese Reisen sollten in ebendieser Woche stattfinden. Ich war gespannt. Hoffentlich waren diese Wanderreisen nicht so zahlreich, dass wir keine Unterkünfte mehr bekommen würden...
Am Abreisetag vermittelten die Internet Wetterberichte erstmal, dass das alles wettertechnisch nicht ganz einfach werden würde. Für die Highlands sah die Vorhersage ziemlich düster aus. Für Nordengland mochte es auch nur nuanciell besser aussehen. Dort hatten wir auch noch ein Hauptziel. Momentan fuhren an der Cumbrian Coast zwei Triebwagenumläufe lokbespannt mit Class 37. An diese landschaftlich äußerst reizvolle Küstenbahn pilgerte momentan ganz Großbritannien zum fotografieren. Wir wollten das auch.
Ich hatte mich für einen KLM Flug unter Inkaufnahme des Umstiegs in Amsterdam entschieden. Mit KLM ist man zeitlich einfach am flexibelsten. Was nutzen einem Flüge, bei denen man erst spätabends ankommt oder man gar nicht am gewünschten Reisetag fliegen kann? So konnte ich mir heute Morgen noch schön viel Zeit lassen - im Gegensatz zu Julian, dessen SAS/LH Flug über København deutlich früher ging. Das Check in verlief reibungslos, doch an der Durchleuchtung gab es das volle Programm mit Abtastung umd Extrarunde der Objektive durch den Scanner. Danach gab es das "traditionelle" Frühstück bei Marché, wo man trotz böser Vorahnungen wieder mal nur über den Preis staunen konnte.
Der Flug war angenehm und unspektakulär. Nach einem Start über Pinneberg und Stade verschwanden wir in den Wolken. Die zeigten aber immer wieder Lücken, so dass der Blick z.B. ungehindert auf die komplette Transrapid Strecke fiel. Ja, die steht noch immer komplett in der Landschaft. Ansonsten genoss ich mal wieder den niedrigen Anflug auf Amsterdam. Dieses Land des Wassers ist von oben unbeschreiblich schön. Die Felder und Wiesen sind eingerahmt von einem dichten Netz an Gewässern. Es führen keine Fahrwege an die Felder, sondern Gräben. Ich fragte mich, ob die Bauern wirklich über ein ausgeklügeltes System an Stegen auf jedes Feld oder jede Wiese gelangen können oder ob die Viecher per Boot zu ihren Weiden gebracht werden.
Kurz vor Amsterdam Schipol werden Wiesen mit einem ausgeklügelten System an Gräben überflogen.
In Amsterdam schien es so, als müsse man nicht das Terminal wechseln. Auf meiner letzten Inselreise mit KLM via Amsterdam hatte ich mich ja ziemlich über die erneute Durchleuchtung geärgert. Trotz Terminal internem Umstieg wiesen mich die Wegweiser doch wieder geradewegs in die Haupthalle. Ich rechnete jeden Moment mit einer Wartespur zur Durchleuchtung, an der für meine teure, im Hamburger Flughafen erstandene Apfelschorle Endstation sein würde. Eine Wartespur kam dann auch tatsächlich. Zum Glück aber nur für die Passkontrolle. Das war es dann schon. Keine neue Sicherheitskontrolle!
Diesmal landete ich hinten im Flugzeug inmitten einer spanischen Seniorengruppe. Die wollten bestimmt auch zur Heideblüte in die Highlands... War alles sehr angenehm. Der Flieger nahm nun stramm Kurs auf die Nordsee. Fast wollte ich mich wundern, wo anderthalb Stunden Flugzeit herkommen sollen. Bald war schon wieder Land in Sicht. Über der britischen Ostküste ging es nordwärts. In einer Hinsicht gab es schon mal Bestätigung: Bald entdeckte man unter einem im Gebirge violett leuchtende Flächen. Die Heide stand tatsächlich gut in Blüte! Mit einem weiten Bogen ging es über den Firth of Forth in den Sinkflug.
Wir dockten mit -5 an. Doch die Gepäckausgabe nahm ihre Zeit in Anspruch. Mein Koffer kam erst ziemlich spät. Gegen 15.40 stand ich aber draußen und konnte Julian von seiner Warterei erlösen. Als Mietwagen gab es einen Audi A1. Na ja, wirklich Platz bot der nicht. Einen Koffer mussten wir auf die Rückbank legen. Beschwert haben wir uns jedoch nicht, so ein Audi ist ja sonst eine feine Sache. Er fuhr sich dann auch tatsächlich wunderbar. Deutlich problematischer war hingegen, dass sich mein blödes Handy nicht ins Roaming einloggen wollte. So ein Mist. Da merkt man dann erst, wie abhängig man vom Handy ist, selbst wenn man "Unwichtigkeiten" wie WhatsApp außen vor lässt.
Wenigstens konnte Julian online gehen und im System den Tesco Güterzug von Inverness beobachten, den wir irgendwo vor Dunblane nehmen wollten. Leider war der Gz etwas früh und wir doch ein wenig spät, so dass wir nicht mehr wie geplant an Dunblane vorbeigefahren sind, sondern den Güterzug südlich von Stirling abgepasst haben. Drei Triebwagen gingen hier auch tatsächlich mit Sonne, der nunmehr mit Class 68 bespannte Güterzug jedoch nicht. Und mit dem Highland Chieftain von hinten, einem HST, der bis auf den hinteren TK im neuen Virgin Rotweiß erstrahlte, hatte ich irgendwie so schnell auch nicht gerechnet.
Schottland empfängt uns mit skandinavischem Wetter. Ein Abellio Scotrail 170 zwischen Stirling und Larbert ist schon mal die passende Einstimmung.
Für einen folgenden 156 gibt es weniger Himmel, dafür aber mehr Blumen.
Das Wetter war extremst wechselhaft. Über dem Forth waren noch die größten blauen Lücken zu sehen. Da Julian die Forthbridge noch nicht hatte und ihm die spitzere Perspektive von unterhalb des Hp, die ich auch nur mit partiell "eingepackter" Brücke habe, besser gefiel, waren wir uns einig, nach North Queensferry zu fahren. Unterwegs versuchten wir am Forth einen Blick zum Kraftwerk Longannet zu erhaschen. Dort hätte ein bedürftiger Kohleleerzug zur Abfahrt bereitstehen können. Wir konnten aber nichts erkennen. Durch herrliches, tief stehendes Abendlicht ging es auf dem Nordufer des Forth ostwärts, teils durch schnuckelige Dörfchen. An der Forthbridge trafen wir gleichzeitig mit --- dem Schatten ein. Die Bewölkung im Westen war nun doch sehr umfangreich geworden. Den komplett im neuen Rotweiß erstrahlenden HST nach Aberdeen konnten wir nur beobachten. Zu einer Gegenlichtaufnahme zogen wir noch kurz rüber zum Südufer nach South Queensferry, wo High Life herrschte. Da muss wohl irgendein Happening stattgefunden haben.
Nachdem wir auf unserer Mai-Tour an der Forth-Bridge gut abgeräumt haben, sollte dieses Foto das einzige der Tour von dem gigantischen Bauwerk bleiben.
Mittlerweile ging es auf 19.30 zu. Eine schöne Zeit, um uns auf die Autobahn für das restliche Teilstück nach Perth zu setzen, wo wir ein Zimmer im Holiday Inn Express gebucht hatten. Lediglich ein kleiner Erkundungsschlenker vor Perth über Forteviot sollte noch sein, doch bis auf eine Feldwegbrücke östlich des dortigen BÜ (nett, aber kein must have) fanden wir nichts.
Neben dem Hotel gab es "The Maltings", eines dieser Kettenrestaurants. Um so spät abends noch nen Happen einzuwerfen, war das genau richtig. Wir nahmen beide Balmoral Chicken, Hühnerbrust garniert mit Bacon und Haggis, dazu Gemüse und Kartoffelbrei. Das war gar nicht schlecht!
Die Straße vorm Hotel machte ganz schönen Lärm. Aber mit Ohropax konnte ich schlafen. Gestern hatte der Wetterbericht noch so ausgesehen, als wenn man heute am späten Nachmittag oben am Drumochterpass was machen könnte und morgen ganztags an der Cumbrian Coast. Das wäre beides nur mit einer ziemlich heftigen Nachtfahrt zu verbinden gewesen. Doch heute Morgen wurde auch für Montag früh in den Highlands Sonne versprochen, dafür die Sonnenchance an der Cumbrian Coast zurückgenommen. Das war besser. Wir buchten direkt für heute Abend ein Zimmer im "The Scottish Hotel" in Pitlochry, das wir schon im Mai zu schätzen gelernt hatten.
Das Frühstück war nicht üppig, aber vollkommen ausreichend. Auch wenn darauf hingewiesen wurde, dass es nur Continental Breakfast gäbe, waren doch paar warme Bestandteile eines britischen Frühstücks dabei. Gut gestärkt ging es dann ins Gebirge hinan. Die Highland Mainline nach Inverness war das Ziel. Während es über Perth recht blau am Himmel gewesen war, hingen im Gebirge wieder dickere Wolken - allerdings mit vielen Lücken, die bestes klares Sonnenlicht durchließen und die Gegend in ein wunderbares skandinavisches Licht tauchten.
Endlich haben wir die höher gelegene offene Landschaft der Highlands erreicht. Wir befinden uns hier schon oberhalb von Blair Atholl.
Für den ersten Zug, den HST nach London, der sonntags erst um 10.50 durch das Gebirge kommt, hatte ich an irgendeine der Möglichkeiten am Glen Truim bei Dalwhinnie gedacht. Leider war die Heideblüte am Drumochterpass dann doch nicht ganz so weit wie erhofft. Und über dem Glen Truim hingen die Wolken ganz schön dicht, dafür war die Heide auf den umliegenden Anhöhen wieder etwas violetter. Wir warteten einfach mal. Ggf hätte man dem Zug ein Stück vorausfahren können, wobei von Julian der Einwand kam, dass man bei knapper Vorausfahrt das Bild nicht mehr so gut optimieren kann. Ich vertrat eher die Meinung, lieber ein B-Klasse Motiv mit Sonne als ein A-Motiv ohne, zumal in dieser Landschaft und bei dieser Wolkenkulisse eigentlich immer was geht...
Es wurde spannend. Größere blaue Flächen zogen auf die Sonne zu. Die Hoffnung stieg ins Unermessliche, als das Glen Truim plötzlich komplett in Sonne erstrahlte. Die Planzeit näherte sich, nur in der Ferne tauchten neue Wolken auf. Wo blieb der Zug denn nur? Als mal eine Wolke Handyempfang vorüberwehte, erfuhr Julian, dass der Zug acht Minuten Verspätung hätte. Ja suuuper! Die Wolken vermehrten sich wieder, hielten sich aber noch von der Bahn fern. Der Zug kam, als unser Vorschuss Motiv erstmalig komplett dunkel wurde. Immerhin ging ein Notschuss an anderer Stelle, der natürlich von den heftigen Kontrasten lebte. Und der Nachschuss gelang vollwertig. Wie gut doch rote Züge in der Landschaft kommen! Schön, dass es jetzt auch HSTs in rot gibt!
Der "Vorschuss" klappt nicht ganz wie geplant; wir hatten eigentlich einen Bildausschnitt weiter rechts wählen wollen, doch dort war es finster. Der "Highland Chieftain", jetzt vom neuen Franchisenehmer Virgin Trains East Coast, rollt sonntags erst gegen 11 durch das Glen Truim auf Dalwhinnie zu. Der vordere Triebkopf (Class 43) trägt noch das "East Coast" Design des Vorgängers, der Rest ist in Virgin Farben lackiert oder beklebt.
Der Nachschuss geht wie geplant; der hintere Triebkopf ist auch schon in Virgin Farben "hergerichtet". Gleich wird der Zug das Destillendorf Dalwhinnie ohne Halt durchfahren.
Eine Stunde später sollten zwei Regios in Dalwhinnie kreuzen. Für die schauten wir uns einen Ausblick auf die Destillery aus. Leider war die große blaue Fläche nun wieder ziemlich zusammengebrochen. Nur einzelne kleine Spots sorgten für volles Licht, ansonsten war die Sonne gerade in einer hohen Schicht drin. So ging das Motiv nur in einer Art Halblicht ab.
Der Himmel war nun ziemlich zu. Wir beschlossen erstmal eine Mittagsrast, besorgten uns in Newtonmore aus der Tanke paar Sandwichs und Getränke, fuhren ein Stück Spey aufwärts und dann eine Nebenstraße durch die Berge nach Dalwhinnie. Bloß weg von der lauten A9. Und wir fanden dann auch einen wunderherrlichen Heidefeldweg, den wir zu unserer Rast ein Stück hinein fahren konnten. Hier ließ es sich aushalten und den einen oder anderen Regenschauer abpassen.
Gleich hinterm Pausenplatz beginnt die Heide...
Ein Zugpaar glaubten wir nun verpasst, doch als wir uns an dem Damm von Dalwhinnie aufbauten, kam der Südfahrer noch mit zwanzig Minuten Verspätung durchgebraust. Irgendwie war von Norden heute alles später... Aber dieser und ein weiterer Südfahrer kamen bei Wolke vorbei. Nun schauten wir nochmal den Pass runter. An der Brücke von Dalnacardoch blühte die Heide wunderbar. Und das Sein war wieder mal herrlich, dieser markante, würzige Heideduft stieg einem in der klaren, skandinavischen Luft sofort in die Nase. Erst kam ein Schattenfahrer, doch dann gingen Züge in jede Richtung bei Sonne. Das baute auf!
Das ist GLI5EWO, unser Mietwagen.
Ein 170-Doppel aus Richtung Glasgow erreicht die Überleitstelle Dalnacardoch zwischen Blair Atholl und der Passhöhe.
Der Gegenzug rollt abwärts durch Dalnacardoch.
Heidefläche bei Dalnacardoch.
Ebenfalls bei Dalnacardoch.
Der nun folgende Programmpunkt sollte der Destillenblick am Bf Dalwhinnie sein. Nicht, dass plötzlich eitel Sonnenschein gewesen wäre, aber ein Konzept muss man ja trotzdem haben... Am Bf von Dalwhinnie angekommen, sah es wolkentechnisch chancenlos aus. Außerdem war das Motiv durch die neue Hochspannungsleitung "angereichert" worden. Ich war schon drauf und dran, gar nicht erst ins Motiv laufen zu wollen. Wir wagten es dann aber doch. Gummiestiefel an und erst über den Bahnsteig und dann einen moorigen Hügel hinan zu dem Heidebuckel, von dem aus man den gewünschten Ausblick hat. Und siehe da, bald breitete sich wieder die Sonne aus. Zwei Minuten, bevor der Zug kommen sollte, klingelte etwas im Stellwerk neben uns. Das wird doch nicht der Vorblock gewesen und der Zug erst jetzt in Kingussie abgefahren sein? Doch! Genau so war es! Auch dieser Südfahrer hatte rund zehn Minuten Verspätung. Würden die Wolken uns in Ruhe lassen? Sie ließen.
Ein 170-Doppel fährt von Inverness kommend nach Dalwhinnie ein. Schottlands höchst gelegene Whisky Destillery dient dabei als Kulisse.
Dieses Motiv stand seit 2012 auf der Wunschliste, und ich freute mich, das jetzt zu haben. Alles weitere wollten wir hinten im Glen Truim erledigen, wo leitungstechnisch das Gegenteil passiert war. Die alte, ehemals hier langführende Hochspannungsleitung war restlos abgebaut worden! Der nun erwartete 170 kam leider bei einem der momentan wenigen Wolkenküddel durchgefahren. Das Flussmotiv, auf das es mir besonders angekommen war, ging leider nicht bei voller Sonne.
Hier habe ich elektronisch etwas nachgeholfen. Die Wolke hat hier schön Platz gemacht und den 170 voll angestrahlt. Ich hoffe, es wirkt nicht zu künstlich ;-)
2012 hatte ich hier zwar schon ein schönes Abendlichtbild hinbekommen, aber da störte was...
So sah es 2012 aus. Den Mast habe ich aber nicht elektronisch beseitigt; die Leitung ist inzwischen verlegt worden :-)
Hier würde die Sonne bald hinterm Berg sein, aber weiter südlich im Glen Truim würde sie noch am längsten hinkommen. Wir schauten nochmal die Nebenstraße entlang bis Dalwhinnie, entschieden uns für den HST aber für eine Perspektive mit starkem Tele von fast demselben Punkt wie eben. Der Effekt war, dass der Zug wie von einem Spotlight erleuchtet wirken musste. Man war so auch nicht auf Gedeih und Verderb auf einen Auslösepunkt angewiesen. Es war ja absolut nicht wolkenlos, da konnten gut noch Wolkenschatten auf der Strecke liegen. Lagen sie aber nicht, als der ersehnte Zug dann kam. Wir konnten also mehrere Varianten machen. Der Zug hatte rote Triebköpfe und dazwischen die einzige (?) Wagengarnitur im Design des letzten, staatlichen East Coast Betreibers, die ich früher noch nie erwischt hatte.
Der nordfahrende HST bekommt Ende August nur noch auf dem weiten Glen Truim Sonne ab. Die Triebköpfe sind schon in den Virgin-Farben gehalten, die Mittelwagen sind Eastcoast-Grau.
Das war angesichts der Wolkenlage gar kein schlechter Tag gewesen, wir haben ja einiges hinbekommen. Zufrieden ging es nun in den Endspurt zum gebuchten Hotel in Pitlochry, wo wir gegen 20 Uhr eintrafen. Das diesmal erhaltene Zimmer war wohl eher eines, das noch für die Renovierung vorgemerkt war. Im Prinzip war alles völlig in Ordnung, nur der Fenstermechanismus überforderte uns etwas bzw befand sich einfach nicht mehr im Sollzustand. So. Und wen hatten wir uns heute verdient? Richtig! Den Inder. "Zufällig" kannte ich da noch einen vom Mai. Wir haben gut und vor allem reichhaltig gespeist. Vom Hotel konnten wir noch den Sleeper beobachten, der zwei (!) 67er vor hatte.
Der Plan war gewesen, zum Sleeper hoch ins Gebirge zu fahren. Doch nachdem wir beide schon im Bad durch waren, gestanden wir uns die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens ein. Der Himmel war restlos bewölkt und der Wolkenfilm zeigte keine einzige Lücke nördlich von uns. So legten wir uns erstmal wieder hin und beschlossen, ab 7.30 das Frühstück mitzunehmen. Aus dem Fenster konnte ich all die Züge vorbeifahren sehen, die wir oben gern fotografiert hätten: Den Sleeper wieder mit zwei EWS farbenen 67ern und noch komplett blauweißer Schlafwagengarnitur und den Güterzug mit seiner wohltönenden Class 68. Endlich mal ne neue Lok mit sattem Sound!
Nach dem Frühstück ging es etwa um 10 Uhr los. Zwar zeigten sich jetzt paar Aufrisse, doch die beeindruckten uns erstmal nicht weiter. Mittlerweile war die Vorhersage für die Cumbrian Coast nämlich von komplett bedeckt auf durchgehend sonnig umgeschwenkt. Kann ja mal vorkommen... Jedenfalls wollten wir jetzt schnellstens dort hin. Die Autofahrt war durchgehend angenehm. Nur in Perth stellte ich mich völlig dusselig an und landete statt auf der A9 Richtung Dunblane auf der M90 zur Forthbridge. Und dann nach dem ersten U-Turn sogar nochmal. Einzelheiten erspare ich euch lieber ;-b. Jedenfalls warf das Navi (also meine App OSMAND auf dem Tablet) nun eine Route über normale Landstraße und die Kinkardine Bridge über den Tay aus. Die Route verlief landschaftlich äußerst reizvoll südlich einer Bergkette entlang.
Der Weg durch den Ballungsraum von Glasgow war nervig, aber die weitere Autobahnfahrt ziemlich ereignislos. Vor Carlisle tankten wir das erste Mal auf dieser Tour. Dann ging es über die Dörfer in Richtung Whitehaven und an die Steilküste in Nethertown. In einer knappen Stunde sollten lokbespannte Züge in beiden Richtungen anstehen. Das letzte Stück von der Hauptstraße aus bis Nethertown war schon traumhaft. Auf einer dieser typischen einspurigen Straßen schlengelte man sich von Hecken gesäumt dem Meer entgegen. Mit jeder Kuppe wuchs die Spannung, wann die Irische See in Sicht käme. Die Landschaft strahlte hier jedenfalls mit ihren saftigen Wiesen schon die typische Seenähe aus. Oder entsteht dieses Gefühl nur im Unterbewusstsein, wenn man weiß, dass man gleich das Meer vor sich hat?
Rind auf der Klippe. Nethertown.
Von dem Aussichtsfelsen südlich des Hp Nethertown hatte man Topp-Ausblicke in beide Richtungen. Dazu die Kulisse der sich über den Cumbrian Mountains türmenden Wolken - einfach genial. Davor wirkte die Mondstation Sellafield wieder mal absolut surreal. Ich hatte die in die Dünen eingebettete Nuklearstadt schon 2011 bei meiner Zugmitfahrt so beschrieben. Das beste war: Wir hatten wirklich Sonne pur! Ein anderer Fotograf, ein älterer Herr mit Fahrrad, wartete auch schon auf dem Hügel ein Stück oberhalb des Fahrwegs. Wie er uns im Laufe des Beisammenseins dreimal versicherte, käme dieses Motiv ja eigentlich nur mit dem langen Coaltrain gut. Den habe er vor dreißig Jahren hier fotografiert. Irgendwie hatten wir den Eindruck, dass er seitdem da saß und auf den nächsten Coaltrain wartete.
Später kam noch ein anderer Fotograf mit seinem Sohn und stellte sich neben uns. Kurz vor Zugfahrt kam noch ein weiterer Fuzzy angefahren und parkte uns im Bild, was den Vater mit dem Sohn ziemlich in Rage versetzte. Auf eine Aufforderung, das Auto umzuparken, wurde nicht reagiert, das sei schließlich ein Parkplatz. Nun, wir konnten dank der Wolken höher halten, dann ging es schon. Der Vater mit dem Sohn rauchte aber noch vor Wut - gerade weil Gäste aus Deutschland anwesend waren, was machte das denn für einen Eindruck?
Da kommt das Objekt der Begierde: Die alte Dame Class 37 409 mit vier Wagen, die allesamt dem Train Operator (TOC) Direct Rail Services (DRS) gehören. DRS fährt hier lokbespannt zwei Umläufe (vier Zugpaare) im Auftrag von Northern Trains, die den Verkehr hier ansonsten mit Triebwagen abwickeln. Für DRS ist das ein Heimspiel: Gegründet wurde das Verkehrsunternehmen zum Transport nuklearer Güter zwischen den Kernkraftwerken des Landes und Sellafield. Dementsprechend ist Sellafield, dessen Schornsteine und Hallen auf dem Bild zwischen Dünen und den Bergen Cumbrias aufragen, ein wichtiger Betriebsmittelpunkt der Firma. Mittlerweile fährt DRS allerdings (u.a. zusammen mit der Spedition Stobart) Güterzüge im ganzen Land, so auch die wenigen schottischen Containerzüge nach Inverness und Aberdeen. Der DRS Hauptsitz liegt nunmehr am Nordende der Cumbrian Coast Line, in Carlisle.
Etwas stutzen musste ich wohl, als der Zug nur Lok voraus vorüber kam. Auf allen bisher gesehenen Fotos hatten die Züge immer Lok vorn und hinten. Bei der Vorbeifahrt fiel mir dann noch die gelbe Heckseite des letzten Wagens auf. Der Vater mit dem Sohn bestätigte die böse Wahrheit: Die Züge fahren jetzt als Wendezug mit Steuerwagen. Lok natürlich auf der Nordseite. Das war hier für diese Richtung zwar gut, für die zahlreichen Vormittagsblicke von den Klippen aufs Meer jedoch eher nicht. Schon kurios, da hat man bei Flickr in letzter Zeit tausende Bilder von diesen Verkehren gesehen, doch kein einziges ohne Loks "top and tail", also immer als "Sandwich". Den Blick vom Felsen auf den Hp Nethertown für den Südfahrer konnten wir also knicken. Anderswo kam man auf die Schnelle auch nicht hin. So nahmen wir den Südfahrer in leichter Variation als Nachschuss. Und den nachfolgenden Triebwagen gab es dann nordwärts vom Felsen, wobei ich mir angesichts der Winzigkeit des VT eine weitwinklige Küstenansicht schenkte.
Das ist eher die Normalität auf dieser Strecke. Früher sah man auch 153 einteilig an der Cumbrian Coast, diesmal gab es sie nur im Doppelpack. Vielleicht ist das der Grund, weshalb man die lokbespannten Züge zusätzlich benötigt? Dieser Northern Service hat gerade den Hp Nethertown verlassen.
Nach den Zugdurchfahrten unterhielten wir uns noch eine Weile mit dem alten Eisenbahnfreund, der als erstes dagewesen war. Er konnte es gar nicht fassen und freute sich riesig, dass Eisenbahnfotografen aus Deutschland ausgerechnet nach Cumbria kommen und verriet uns noch, dass es in dieser Gegend häufig aufklaren würde, wenn es im übrigen Land sonst nur finster und fett bewölkt ist. Und augenzwinkernd fügte er hinzu: "Pssst, it's a secret!" Wir hofften mal, dass diese lokale Wetterlaune, das "Geheimnis des alten Mannes", uns vielleicht auch in den nächsten Tagen an der Cumbrian Coast zu etwas Sonne verhilft...
Dann ging es durch die saftigen Wiesenhügel in phantastisch klarem Licht auf St Bees zu. Nach Durchfahren des engen Ortes hielten wir auf der nächsten Anhöhe für ein Landschaftsbild und bemerkten, dass man da auch für Bahnbilder tätig werden kann. Eine Bank stand da auch. Somit konnte man die 50 Min bis zum nächsten Zug ganz gut abwarten. Dabei gab es noch einen Beinaheunfall an einer Straßeneinmündung bei der Bank zu beobachten. Ein hilfloser Fall war aus der Seitenstraße gekommen und stand schon mit der Kühlerspitze auf der engen Hauptstraße. Und wartete. Nichts kam, aber man kann ja mal warten. Als endlich einer von rechts kam, fuhr er vollends auf die Hauptstraße. Zum Glück hat der andere gut reagiert, so dass dieser Selbstmord nicht geklappt hat...
Die Hauptstraße von St Bees.
Die Triebwagenvielfalt auf dieser Strecke ist der Wahnsinn! ;-) Ihr werdet sofort erkannt haben, dass hier kein 153-Doppel, sondern ein 156 (zweiteiliger Sprinter) kommt und...
...nach St Bees einfährt. Im Vordergrund das Elite-Internat des Ortes, das natürlich auch einen eigenen Golfplatz besitzt.
Der einfahrende Zug war gerade noch mit Sonne gegangen. Zum Gegenzug war ein Wolkenfeld vor den Beleuchter gezogen. Das war insofern schade, da der Gegenzug vier Wagen gehabt hätte. Wir fuhren weiter nach Parton. Dort wollten wir mal auf die nächsten lokbespannten Züge warten. Am Westhimmel war die Sonne nun leider in den Bereich von Wolkenfeldern reingesunken. Es wurde höchst spannend. Das Warten am Meer war aber wunderbar. Besonders, als der Zug endlich in noch brauchbarem Licht hinten um die Ecke gekrochen kam.
Extrem langsam kommt der Wendezug um die Ecke gekrochen. Als wenn er darauf wartete, dass die Sonne doch noch rechtzeitig im Modder verschwinden würde. Tat sie aber nicht. Nördlich von Parton.
Und derselbe Zug von derselben Stelle zwischen Parton und Whitehaven.
Und das ist das Meer von derselben Stelle. Es hatte sich etwas zurückgezogen.
Für den in St Bees kreuzenden Gegenzug reichte es aber leider nicht. Wir genossen das Spektakel der aus dem Hp Parton beschleunigenden Class 37 nur noch akustisch. Gebucht hatten wir das Premier Inn Whitehaven. Das war praktisch Wohnen im Motiv. Es lag so weit nördlich aus dem Ort raus, direkt oberhalb von Parton, dass wir schon fast da waren. Essenstechnisch entschieden wir uns aber gegen das benachbarte Brewers Feyre, sondern fuhren nochmal zum Inder nach Whitehaven rein. Lange suchen mussten wir zum Glück nicht. Gleich am Eingang der Altstadt gab es drei Stück. Nur das Parken war schwieriger. Nach einer Ehrenrunde durch die Stadt landeten wir auf dem Tesco Parkplatz, an dem als einzige Bedingung stand, nicht länger als zwei Stunden zu bleiben. Nach dem Essen war ich nur noch hundemüde...
Das Hotel war wunderbar! Der Raum war herrlich zweckmäßig, man brauchte zu den Steckdosen nicht unter irgendwelchen Möbeln rumzukriechen und es war in der Nacht völlig ruhig. Morgens blökte mal ein Schaf vorm Fenster. Frühmorgens hörte ich es in Strömen regnen, doch beim etwas späteren Aufstehen zeigten sich schon wieder blaue Löcher. Ob das Geheimnis des alten Mannes auch heute eintreten würde? Da es laut Vorhersage nirgendwo besser aussah, verlängerten wir das Hotel einfach mal um eine Nacht.
Auf Frühstück bestand heute in gemeinsamem Konsens keine Lust. Man konnte sich später an der Tanke etwas besorgen. Die blauen Flächen am Himmel nahmen zu, so dass wir uns ins Motiv quasi vor der Haustür begaben, an die schöne Kurve von Parton. Auf welchen Hügel wir wollten, war schnell klar. Von wo man am ehesten hochkommt, bekamen wir nach kurzer Umschau auch noch raus. An einer Bushaltestelle unten im Ort durch ein Törchen führte eine Spur aufwärts.
Der Blick auf den Ort war schön. Das war jetzt keine großartige Neuigkeit, denn das Motiv ist wohlbekannt. Ideal wäre hier der 7.xx Nordfahrer, aber wir rechneten nicht damit, dass der Anfang September überhaupt Sonne bekäme. Leider zeigten sich hier in größeren Wolkenfeldern nur kleine Risse für die Sonne. Ein Triebwagen ging schon mal im Schatten. Der Lokbespannte hatte dann immerhin "eine gewisse Helligkeit". Na ja, einen Versuch war es wert...
Der Lokbespannte (wieder der Umlauf mit 37 409 und vier Wagen, der andere hatte nur drei) schiebt nach Parton rein.
Jetzt war erstmal Frühstück fällig. Der bp-Tankstelle oben in Whitehaven an der Durchfahrstraße war ein großer Spar Markt angeschlossen. Dort erhielten wir alles, was wir benötigten. Als Frühstücksplatz probierten wir eine Nebenstraße aus, die nördlich Hp Nethertown an die Bahn und Küste ranführte. Dort kauten wir unsere Frühstücksburger. Motivlich war es dort aber nichts, so dass wir anschließend lieber mal auf die Brücke südl des Hp wechselten. Das hier vorüberkommende Triebwagenpaar ging aber bestenfalls im Halblicht.
Und schon wieder eine neue Triebwagenbaureihe, ist das denn auszuhalten? Pacer gibt es hier auch. Blick von Nethertown nach Sellafield auf 142 051 vor lieblicher Wiederaufbereitungs- und Wolkenkulisse. Ein Atompilz würde zwischen den Wolken auch nicht weiter auffallen. Ok, der war böse...
Erkundenderweise fuhren wir dann die Nebenstraße in Richtung St Bees. Etwa in der Mitte hielten wir vor einem Weidegatter an und liefen über die Wiese zum Steilhang. Vor uns tat sich ein phantastischer Ausblick auf, allerdings für früher am Tage. Wobei dort auch nachmittags etwas gehen dürfte, wenn auch nicht so vollkommen wie vormittags. Tja, würde man morgen Vormittag hier etwas hinbekommen? Wir erkundeten eine weitere Weide kurz vor St Bees, die uns aber nicht so gefiel. Es gab an diesem schmalen Asphaltweg kaum eine Möglichkeit, das Auto hinzustellen. Hinter St Bees fiel uns jedoch ein schöner Ausblick auf den Ort auf. Hier konnte das Seitenlicht sogar noch für den nun anstehenden Lokbespannten nach Carlisle ausreichen.
37 409 zieht ihren Zug aus St Bees und wird nun durch das Pow Beck Valley nach Whitehaven gelangen, wo es durch einen Tunnel wieder ans Wasser geht.
Nun ja, der Zug war sehr dunkel und wo man eigentlich hätte auslösen müssen, nämlich dichter am Ort, war das Gras viel zu hoch. Aber dennoch verbuchten wir das Bild gern als ersten Schuss des Tages mit Volllicht. Jetzt sollten paar Südfahrer kommen. Für den ersten suchten wir nun doch mal den schönen Ausblick auf, den wir eben zwischen Nethertown und St Bees entdeckt hatten. Das war ein wunderschönes Plätzchen. Man hörte nur Wind, Wellen und die Möven. Uuuurlaub! Bei dem dann folgenden Triebwagen schien zwar die Sonne, der Vordergrund war aber unschön eingeschattet. Wir warteten mal weiter. Bald zogen aber vom Meer verstärkt wieder Wolken auf. Na ja, zum zweiten Zug war das Gesamtbild besser ausgeleuchtet, nur im Auslösepunkt waberte eine Wolke. Da konnte man den Zug aber gerade noch herausfahren lassen.
An der Steilküste zwischen St Bees und Nethertown. Ein kleiner Pacer rollt durch das Bild. Im Hintergrund sehen wir St Bees Head, quasi das Westkap Cumbrias.
Mit einem Getränkestopp in St Bees fuhren wir erstmal zum Hinweisschild für den Hp Nethertown, das völlig einsam oben auf der Wiese steht, ohne dass irgendwas vom Haltepunkt zu sehen wäre.
Weit ist es in den Feldern zu sehen: das Hinweisschild für den Hp Nethertown. Doch wenn der ermüdete Wanderer das Schild erreicht hat, wird er weit und breit nichts von einer Bahn sehen. Ringsherum nur Landschaft! Die Bahn befindet sich nämlich im Rücken des Fotografen unten an der Steilküste. Und wenn der Wanderer dann doch den Haltepunkt gefunden hat, möge ihm das Glück hold sein: All zu viele Züge halten hier nämlich nicht...
Dann stellten wir uns an der Straße nördlich Nethertown, bei Coulderton, an den Strand, um auf den lokbespannten Nordfahrer zu warten. Nun zog im Westen leider erstmal massive Schleierbewölkung auf. Doch wir hatten Glück. Als der Zug kam, hatte die Sonne gerade die dünnste Stelle einer Lücke in den Schleiern erreicht und schien fast voll.
Das ist dann die Welt unten an der Steilküste: Kiesstrand, Klippen, und gegen 16 Uhr kommt in der Regel der locohauled DRS service von Barrow-in-Furness nach Carlisle vorübergeblubbert. Starring today: 37 402 mit der Dreiwagengarnitur.
Das war nett. Den Gegenzug wollten wir nun nicht abwarten. So viel variieren konnte man hier nicht und wir hatten Wichtigeres auf dem Zettel. Den "Frits-Blick" auf Parton. (Solche Namen entstehen, wenn einem ein Bild von jemandem in der Galerie so gefällt, dass man es nachmachen will.) Ein geeignet erscheinender Zug war auch unterwegs. Ein Güterzug! Aber erstmal mussten wir nach Parton. Auf den einspurigen Straßen zurück zur Hauptstraße kamen uns Kolonnen von Autos entgegen. Wir befürchteten schon, dass die Hauptstraße gesperrt sei. Doch auf der Hauptstraße bewegte sich ebenfalls eine Massenkaravane westwärts. Alarmstufe rot in Sellafield? Nein, wohl eher Feierabend in der Nuklearstadt...
Zähflüssig, aber dicke rechtzeitig, gelangten wir nach Parton, wo wir nach kurzer Suche schnell den Public Footpath fanden, der oben auf die Steilküste führte. Von dort hatte man eben den schönen Ausblick auf Parton. Es war recht blau am Himmel. Lediglich ein kleiner Schleier näherte sich laaangsam aber sicher. Plötzlich waren hinter uns Schritte im Gras zu hören. Als wir uns umschauten, blickten wir in etwa zwanzig große Glubschaugen, aus denen wir neugierig angestarrt wurden.
Muh!
Eine komplette Herde Jungrinder! Die waren vielleicht neugierig! Wir und unsere Sachen wurden beschnüffelt, beschlabbert und besabbert. Wir mussten die Linsen der Fotoapperate hochhalten, damit die nicht auch noch Kuhschleim abbekämen. Und so eine Rinderzunge am Unterarm fühlt sich an wie Reibeisen. Ich hab erstmal geschaut, ob auch nichts weggeschabt wurde. Das war nicht der Fall, dafür hatte ich paar halbverdaute Kleeblätter am Arm kleben...
Schlabber...
Als Jungrind fährt man natürlich auch voll auf Smartphones und WhatsApp ab...
Welcher Art der Güterverkehr auf dieser Strecke ist, wussten wir ja. Wir rechneten mit der schlimmsten Miniportion Zug, ein oder zwei Loks und ein/zwei Wagen - entweder beladen mit einem Castorbehälter oder eben auch nicht. Als Lok(s) hoffte ich nur, dass es keine Class 20 wäre. Insofern war ich mit dem Zug, der bald in Sonne (!) auftauchte und der aus zwei großen 57ern und immerhin einem beladenen (!) Wagen bestand, auch durchaus zufrieden.
Der mit zwei 57ern bespannte Nuclear Flask Train taucht hinten auf...
... und ist dichter bei uns, unten im Ort Parton, auch nicht viel größer.
Nachdem diese strahlende Fuhre an uns vorbei war, beschlossen wir, den Triebwagen um 17.50 in St Bees nochmal mit der Ortskulisse zu versuchen. Der Zug hatte gestern vier Wagen, war aber bei Wolke abgegangen. Die Rinder begleiteten uns nun noch bis zum Ende der Weide...
Julian und seine Follower :-)
Als wir uns St Bees näherten, entdeckten wir, dass man den Ausblick von viel weiter oben ja noch viel besser hat. Allerdings machte uns ein Wolkenfeld Sorge, in das die Sonne gerade eingetaucht war. Wir waren noch beim Feintuning, als der kreuzende Zug schon einfuhr. Die Schranken gingen wieder hoch. Warten. Das Wolkenfeld zog ja durchaus. Von unserem Zug nichts zu sehen, der Gegenzug stand friedlich im Bahnhof. Drei Minuten überfällig. Fünf Minuten überfällig. Erste Sonnenstrahlen erreichten die gute alte Mutter Erde. Dann wieder dunkel. Acht Minuten plus. Die Sonne war jetzt am Rand des Wolkenfeldes. Jetzt erst gingen die Schranken runter. Für die Einfahrt! Das konnte was werden! Der Zug kam um die Ecke. Musste noch halten. Es wurde komplett hell. Das schöne Panorama klappte!
Nachdem wir nun alle Triebwagenbaureihen gezeigt haben, fangen wir mit dem Kombinieren an. Hier verlassen ein 153 (Einteiler) und ein 156 (Zweiteiler) gemeinsam St Bees.
Für den abendlichen lokbespannten Nordfahrer hatten wir uns eine Felsnase auf der anderen Seite von St Bees am Strand ausgeschaut. Wir konnten am Strandparkplatz parken und einen Pfad auf diesen Felsen, der eher ein Einschnittrand war, laufen. Was war das herrlich! Die Wolken hatten sich über dem Meer komplett aufgelöst. Es versprach ein vollkommen klarer Abend zu werden, mit Fotos bis Sonnenuntergang. Zum richtigen Ende des Einschnittrandes zu gelangen, war nun buschtechnisch etwas Kraxelei, aber bald hatten wir es und konnten den schönen Ausblick genießen. Es konnte eigentlich nichts mehr schief gehen. Ich hatte wirklich im Geiste schon die 37 bei drallstem Abendlicht im Kasten. Da tauchte hinten --- ein Pacer auf. Suuuper Siebenunddreißig! Na ja, das dürfte aber eine meiner schönsten Paceraufnahmen geworden sein...
Es ist Zeit für 37 409 mit ihrer Vierwagengarnitur, hier am Strand kurz vor St Bees. Doch es kam ein Triebwagenersatzersatztriebwagen... Na ja, immerhin eine Triebwagenbauart, deren Uhr auch langsam abläuft...
Und als Trost gab es ja noch den Gegenzug, der von der 37 geschoben wurde. Die olle Taschenlampe, die am Schluss immer als Blinksignal angehängt ist, konnte man vernachlässigen, da waren wir uns einig. Überhaupt wurde es ein Sichtungsabend hier am Meer. Ein 153 Doppel kam auch noch vorbei. Und die spannende Frage war, ob uns noch ein Güterzug beglücken würde, der für kurz vor Sonnenuntergang eingelegt war. Tatsächlich kam der eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang durch und wurde phantastisch beleuchtet.
Der lokbespannte Schieber weiter hinten, fast schon bei den ersten Strandhäusern von Nethertown.
Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang tauchen tatsächlich wieder unsere beide Siebenundfuffziger 012 und 010 mit der frisch wiederaufbereiteten Strahlefracht auf. Fällt Euch was auf? Richtig! Keine Polizei, niemand hat sich an den Schienen angekettet, nichtmal einen Begleitwagen haben diese flask trains. Obwohl der fotografisch natürlich ganz schick käme...
So langsam verabschiedet sich die Sonne vom Strand von St Bees.
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit ging es heute direkt zum Inder, wo der Tag einen würdigen Abschluss erhielt. Die Fotoausbeute wurde ja im Laufe des Tages immer besser... Außerdem war für mich ein besonderer Tag, mein 25jähriges Dienstjubiläum als Bundesbahnbeamter. Abends auf dem Zimmer hörten wir draußen ziemlich kräftigen Regen rauschen...
Die Wettervorhersage war unverändert. Die Insel sollte nahezu komplett unter Wolken bleiben. Die ganze Insel? Nein! Der hohe Anteil blauen Himmels über uns beim Aufstehen sprach eine andere Sprache. Das Geheimnis des alten Mannes griff anscheinend mal wieder. Wir tranken unseren Zimmerkaffee und brachen nochmal zu unserem Aussichtshügel bei Parton auf. Der erste Triebwagen hatte leider kein Volllicht. Es war beiweitem nicht wolkenlos.
Zwischen unserem Premier Inn und Parton fällt der Blick auf St Bridget zu Moresby und die Irische See.
Die nächsten Züge hatten aber noch weniger Licht, nämlich gar keines. Nun gut. Nächster Programmpunkt war die Tanke mit dem großen Spar Markt, wo wir uns wieder Frühstücksburger mitnahmen. Und ich zog mir eine einheimische SIM Karte, da ich meine deutsche nach wie vor nicht verwenden konnte. Julian muss morgen schon wieder zurück fliegen, und irgendwie gefiel mir der Gedanke nicht, ganz ohne Handy dazustehen...
Als nächstes fuhren wir wieder in dieses herrliche Netz der kleinen Sträßchen rund um Middle- und Nethertown. Dort suchten wir den herrlichen Küstenblick bei Coulderton auf. Dazu musste man über paar Zäune klettern, aber bald tat sich der wunderbare Ausblick auf. Spitzer hätte das Licht nicht kommen dürfen. Besser wäre ein Zug früher gewesen, aber das wäre der Wendezug mit Steuerwagen voraus gewesen. Bis vor einen Monat mit Lok "top and tail" wäre es der Hauptschuss schlechthin gewesen.
Ein 156 fährt vor unseren Augen durch eines der schönsten Motive der Cumbrian Coast Line zwischen St Bees und Nethertown mit St Bees Head im Hintergrund. Ich habe die Seite ein wenig aufgehellt; das Seitenlicht war leider schon arg dürftig gewesen.
Die wunderschöne Nethertown Road von St Bees nach Nethertown. All zu viel Gegenverkehr gibt es hier zum Glück nicht; es gibt kaum Ausweichmöglichkeiten.
Für die Mittagszüge hatten wir nun nicht gerade die High End Ideen, obwohl das Geheimnis des alten Mannes mal wieder vollends in Kraft trat und der Himmel massiv aufgeklart war. Aber uns stand der Sinn nach etwas Sightseeing. Als erstes schauten wir uns den Sellafield Komplex von nahem an. Doch den Besuch im Visitors Center schenkten wir uns. Dann ging es in die Berge, und zwar das Eskdale hoch. Das war nun wieder Britannien vom feinsten! Schmucke kleine Weiler eingebettet in ein prächtiges Tal, dessen Wiesen immer wieder in Wald oder Felsen eingebettet waren. Hier führt auch die Ravenglass-Eskdale-Railway hinein. Gespannt steuerten wir eine alte Steinbogenbrücke über die Bahn an und stiegen dort aus. Doch was war das? Unter der Brücke führten die Gleise einer Garteneisenbahn entlang! Und in der Ferne pfiff es auch schon. Was kam, war schon eine kuriose Sache, eine Mischung aus Modellbahn und richtiger Bahn, aber lang und vollbesetzt mit Menschen, teils in offenen, teils in geschlossenen Wagen. Nähere Infos verrät die Homepage der Bahn: https://ravenglass-railway.co.uk/index-german.htm
Am Endpunkt der Bahn herrschte Highlife. Ein zweiter Zug stand dort. Und das mitten in der Woche! Die Straße wurde bald ein kleiner Fahrweg und führte stramm auf den Hardknott Summit hoch. Hier ergaben sich wunderbare Landschaftsblicke. Auch die weitere Fahrt südwärts zurück in Richtung Küste war herrlich.
Blick zurück auf das Eskdale.
Nun sind wir auf dem Hardknott Summit angekommen. Über das Eskdale fällt der Blick bis zur Irischen See.
Und so geht es auf der anderen Seite wieder runter.
Bei Cockley Beck unterhalb des Hardknott Summit.
Einer der Höfe von Cockley Beck.
Am Mündungsbassin des River Duddon, westlich von Foxfield, trafen wir wieder auf Küste und Bahn. Diese Bucht wird von der Bahn komplett umrundet, wodurch der lokbespannte Nachmittagszug ganz schönes Licht haben musste. Wir wollten uns mal die Brücke über den Duddon anschauen. Dazu mussten wir einen langen Matschweg hineinfahren. Der Blick auf die Brücke war dann allerdings nicht unnett. Man konnte mehrere Perspektiven wählen.
Die Brücke über den River Duddon.
Die Schafe bei der Brücke über den River Duddon.
Damit alles nicht zu schön wird, stand nun noch die Frage im Raum, ob der Lokbespannte überhaupt als solcher kommt. Wir erwarteten nämlich nun den Umlauf, der gestern Abend als Pacer gefahren war. Unsere Hoffnung war einfach, dass der Pacer nur die Abendleistung nach Carlisle und die frühmorgendliche zurück gefahren hatte und dass dann der Lokbespannte wieder eingeschert wäre. Nun ja, hoffen ist nicht verboten, das Eintreten des Gehofften steht auf einem anderen Blatt. Der Pacer kam auf der Brücke "wunderbar"...
Und wieder ist es nur der Triebwagenersatzersatztriebwagen, der statt einer Class 37 und satten vier Wagen über die Brücke rollt. Sehr schade...
Was diese Lokbespannten hier mit uns veranstalten, wird nun wirklich zur Enttäuschung. So macht es keine Laune. Erst die unerwartete Sache mit der fehlenden Südlok, dann auch noch Ausfall eines Umlaufs. Übrig blieb nur der Umlauf, dem ohnehin ein Wagen fehlte. Nun ja, andererseits sollte man angesichts des bisherigen Wetterglücks auch nicht zu laut jammern. Ich wollte eigentlich nur eine punktuelle Enttäuschung zu Protokoll geben ;-) Nüchtern betrachtet finde ich lokbespannte Züge ohnehin "klassischer" und damit fotogener, wenn sie nur eine Lok dran haben. Aber der Ausfall des einen Umlaufs war doof...
Oberhalb des River Duddon liegt das Dorf Lady Hall.
Nun waren wir etwas am hadern. Julian wollte ganz gern für einen "Güterzug", also sowas Streckentypisches mit viel Lok und wenig Wagen, zur Park South Junction. Die ist kurz vor Barrow-in-Furness. Wir hatten beide großen Gefallen gefunden an einem Motiv, das in letzter Zeit mehrfach bei Flickr aufgetaucht war. Doch irgendwie war mir die Stelle jetzt nicht so sympatisch, da die bei Flickr gezeigten lokbespannten Personenzüge sicher netter aussahen als so ein komischer Kurz-Gz, man dort noch ein ganzes Stück in die "falsche" Richtung fahren musste und man dann nichts mit dem anderen Class 37 Pz-Umlauf machen konnte. Und ich fand den Personenzug dann doch fotogener.
Julian gab sich im Angesicht dieser "erschlagenden" Menge an Argumenten übergeredet und war später sogar ganz angetan von der Stelle, die wir ersatzweise gefunden hatten. Wir waren westwärts gefahren. Zwischen Bootle und Silecroft führt die Bahn direkt am Fuße der Berge entlang. Diese Berge, die oben sogar teilweise vor lauter blühender Heide violett strahlten, boten zusammen mit den Höfen von Whitbeck und dem Kirchlein St Marys eine hübsche Kulisse. Hier konnten wir auf den Wiesenhügeln sitzend einige Züge an uns vorbeifahren lassen.
Die auf der Strecke noch verbliebenen drei von ehemals sieben Personenwagen rollen zu Füßen der Berge durch Whitbeck.
Hätte Hermann Löns nicht besser beschreiben können: Für wenige Wochen im Jahr erstrahlt die finstere Kappe des Black Combe strahlend violett. Vor diesem betörenden Hintergrund rollt ein 153-Doppel seines Weges.
Und hier strahlt der Black Combe mit der Fracht des Nuclear Flask Train um die Wette.
Etwas vorzeitig beendet wurde unsere Session durch hereinziehende Bewölkung. Erst waren es nur Schleier, nach einer Zeit war es völlig dicht. Wir traten die Heimreise an. Die Hauptstraße war schön leer, das war angenehmes Fahren. Bei Drigg schauten wir zur Bahnstation. Herrlich, hier am Rande einer der wenigen Atommülldeponien Europas gab es noch richtig handbediente Gates. Der Signalman musste für jede Zugfahrt aus seiner Signalbox die Treppe runterklettern und die Gates - erst auf der einen, dann auf der anderen Seite - öffnen und nach Vorbeifahrt wieder schließen. Der Kollege weiß, was er abends getan hat; er dürfte pro Schicht rund 30 mal die Treppe hoch- und runtergelaufen sein...
Um 19 Uhr waren wir wieder im Hotel. Der Parkplatz war merklich voller. Der Zimmerpreis war auch von Nacht zu Nacht gestiegen - das geht bei Premier Inn nachfrageorientiert. Im Zimmer versuchte ich dann, meine britische SIM Karte in Betrieb zu nehmen. Da haben wir zusammen wohl eine Stunde herumgedocktort. Beim Anmelden wurde immer meine neue Telefonnummer nicht anerkannt... Bis wir dann rausbekamen, dass zum Aufladen des Guthabens gar keine Anmeldung erforderlich war. Einfach die Codenummer vom Bon per SMS an eine angegebene Nummer schicken und fertig wars. Stand sogar auf dem Guthabenbon drauf. Hätte man nur gleich lesen sollen... Zum Essen ging es einfach ins benachbarte Brewers Fayre. Gefiel uns aber nicht so. Zwar wurde man von zahlreichen rumlaufenden Geistern immer wieder gefragt, ob alles gut sei, zum bestellen musste man aber an die Theke gehen. Dort wurden wir auch noch zugetextet und verstanden beide wirklich kein Wort. Dieses Cumbrisch habe ich nicht in der Schule gelernt...
Auch wenn der Himmel trotz Grottenvorhersage fürs ganze Land vorm Fenster mal wieder großflächig blau war, nutzte auch ich den Fixpunkt, dass Julian zwischen 10 und 11 in Edinburgh am Flughafen sein wollte, zu einem Ortswechsel. Auch wenn die Umstände nicht immer ideal gewesen waren, so hat man ja doch einiges bekommen. Von längerem Bleiben an der Cumbrian Coast wächst den Wendezügen auch keine Südlok...
Die Erfahrung des jungen Fotografen (=ich *g*) besagen nämlich, dass sich das Geheimnis des alten Mannes durchaus auf exponierte Gegenden wie Gebirgshochflächen ausdehnen lässt. Oftmals können sich da im Windschatten von Bergen o.ä. stabilere sonnige Phasen ergeben. Und somit dehnte ich das Geheimnis einfach mal im Geiste auf die Highlands um den Drumochter Pass aus...
Nach einem leckeren Frühstück im Brewers Fayre, bei dem es auch den warmen Teil vom Buffet gab, brachen wir um 7.15 auf. Die Straße war gut zu fahren, auch wenn sie auf Carlisle zu etwas voller wurde. Eine Wolkenlücke kurz vor Carlisle, wo unsere Straße die Bahn querte, hätte vielleicht für den morgendlichen Lokbespannten gereicht, aber dabei handelte es sich um den Umlauf, in dem gestern der Pacer steckte. Wir hatten keine Lust, ein drittes Mal enttäuscht zu werden. Und so ein tolles Motiv war da auch nicht. Also fuhren wir weiter.
Gegen 10.30 setzte ich Julian vor der Leihwagen Rückgabe des Edinburgher Flughafens ab. War eine nette Sache mit dir. Schön, dass du dabei warst! Vor allem hast du Realtimetrains gut beherrscht! :-) Ich selbst fuhr direkt weiter. Autobahn nach Perth, dann die A9 hoch bis Newtonmore zum einkaufen und dann ins Glen Truim, wo ich erstmal Pause machen wollte. Es zeigten sich tatsächlich Aufrisse in den tief hängenden Wolken, doch für die Bahn reichte es nicht. Der Royal Scotsman kam auch noch vorbei. Ich hatte zwar vor der Tour nach dessen Programm geschaut, heute aber nicht mehr dran gedacht. Dort oben war es ganz schön kühl, aber der Heideduft machte den Ausflug allein schon lohnend.
Nachdem das Geheimnis des alten Mannes in den letzten Tagen immer recht behalten hatte, wurde auch das von mir auf punktuelle Abschnitte der Highlands ausgedehnte Geheimnis bestätigt. Im Gebirge ist das Wetter eben anders. Es bildete sich ein relativ stabiles blaues Loch aus, dass von Störungen abgesehen den ganzen Nachmittag hielt! Es reichte etwa von Crubenmore bis an Newtonmore ran. Das Dumme daran ist: Es gibt zwischen Crubenmore und Newtonmore nicht eine Fotomöglichkeit für die Bahn. Von "Motiv" will ich nichtmal sprechen. Nix! So durfte ich mehrere Züge bei Sonne vorüberfahren sehen, ohne dass man eine Chance auch nur für ein Sonnenbild gehabt hätte. Dafür gingen aber paar Landschaftsansichten mit blühender Heide.
Heidehügel bei Crubenmore.
Spotbeleuchtung zwischen Crubenmore und Newtonmore.
Ich wollte aber trotz stationärer Aussichtslosigkeit in der Gegend bleiben. Die Situation hätte sich ja auch ändern können. Tat sie aber nicht. Ich relaxte einfach etwas, pendelte zwischen den genannten Orten hin und her und fuhr auch in diverse Seitenwege hinein. Schöne Landschaftsblicke gab es da. Bahnblicke nach wie vor nicht.
Schafe im Gegenlicht.
Ein Spazierweg in Newtonmore, gleich am Haltepunkt, und mehrere Exemplare des Schmalblättrigen Weidenröschen.
Eine alte Brücke über den River Truim, bevor dieser sich hinab ins Speyvalley stürzt.
Da ich eh nichts anderes vor hatte, beschloss ich bis zum HST zu bleiben. Für den hatte ich mir eine Anhöhe zwischen Kingussie und Newtonmore ausgesucht, wo abends dann auch längere Sonnenphasen zu verzeichnen waren. Mit dem vorher durchkommenden 170 gelang mir immerhin das Alibi-Sonnenbild des Tages. Allerdings sagte mir der 170 auch deutlich, dass das Licht längst noch nicht seitlich genug stand. Deshalb packte ich zusammen. Eine Stelle am südlichen Ortsrand von Newtonmore scheiterte an Sonne-hinter-Berg, so dass ich dem HST ohne weitere Fotoambitionen entgegen gefahren bin. In Dalwhinnie kam er mir im Regen entgegen. Wieder die Garnitur mit roten Köpfen und grauen Wagen.
Ein 170 zwischen Kingussie und Newtonmore im Speyvalley.
Dalwhinnie - Perth ist ziemlich genau eine Stunde Fahrzeit. Die A9 war jetzt erträglich leer, Schleicher kamen nur, wenn ein Zweispurabschnitt begann - so ging es zügig talwärts. An einer Tanke am Ortseingang von Perth nahm ich mir noch zwei Salate mit, dann checkte ich im Travellodge "Perth A9" ein. Klingt verkehrsgünstig, ist es auch. Aber immerhin so weit von der A9 entfernt, dass man nur ein dezentes Rauschen hört. Hier werde ich wohl die letzten beiden Tage aushalten. Die spannende Frage ist ja nun, was man morgen macht. Trotz Grottenvorhersage nochmal ins Gebirge oder doch lieber bei mehr Sonnenchance unterhalb von Perth etwas machen? Ich werde mich morgen früh entscheiden...
Der Wetterbericht war eindeutig. Ob Gebirge, Tay- oder Forthregion, selbst in Angus an der Ostküste war Mistwetter prognostiziert. Ich dachte mir, dann kann ich ja dort hinfahren, wo ich am liebsten hin möchte. Das war natürlich der Gebirgsabschnitt der Highland Mainline. Warum ich allerdings meinte, schon um 7 losfahren zu müssen, kann ich im Nachhinein auch nicht mehr nachvollziehen. So konnte ich halt noch den Gz und den HST erwischen. Na ja, den Gz aber auch nur, wenn er nicht ne Stunde vor Plan gewesen wäre. Immerhin bin ich nicht noch eine Stunde früher für den Nachtzug aufgebrochen...
So stand ich also um 8.20 unter geschlossener Bewölkung am Rande des Glen Truim und fragte mich "Was mach' ich hier eigentlich?" Es war bitter kalt. Ich hatte nichtmal Lust, einem der Wege hoch in die Berge zu folgen, denn meine dicke Wollmütze lag zuhause... Den HST fotografierte ich dann einfach mal ohne Sonne. Mit Sonne kann ja jeder (Dummspruch...), ohne auch, wenn man es denn mag.
Der "Highland Chieftain" mit dem Balsporran Cattage, zwischen Dalwhinnie und der höchsten Stelle des Drumochter Passes.
Nun hatte ich wohl die beste Idee dieses Morgens. Ein Frühstück! Ich hatte unbändigen Appetit auf Spiegeleier! Und Kaffee! In Dalwhinnie hatte nur das finstere kleine Café im ehemaligen Hotel auf, und es schien voll zu sein. Deshalb schaute ich mal nach Newtonmore. Erst hielt ich am Ralia Café oben an der A9, aber die hatten nur Süßkram und bestenfalls Sandwichs. Ich wollte Spiegeleier! Die Truckerkantine am Ortseingang von Newtonmore erschien mir dafür der geeignete Ort. Ham & Eggs standen zwar nicht auf der Karte, aber ich bestellte sie trotzdem. Und es gab eine Super-Portion davon.
Ham & Eggs im Newtonmore Grill.
Für alles zusammen habe ich gerade mal vier Pfund gezahlt! Ob ich mich danach wohl besser fühlte? Und wie! Und der Witz war: Kaum war ich auf den Parkplatz hinausgetreten, ereilte mich ein erster Sonnenstrahl! Ich fuhr mal hoch Richtung Dalwhinnie, um zu schauen, ob das wieder das ähnlich ungünstige Wolkenloch wie gestern sei. War es nicht! Über dem Glen Truim zeigten sich auch erste blaue Flächen! Bald stand eine Kreuzung zweier 170er an. Ob man hoffen durfte? Ich suchte nochmal den Blick auf die Destille auf, den wir letzten Sonntag nur mit Minimalstlicht bekommen hatten. Beide Züge gingen hier in Sonne! Einmal mit angestrahltem Vordergrund, einmal ohne.
Die Destillery nochmal aus der Ost-Perspektive: Und ein 170 fährt nach Dalwhinnie ein.
Wie schnell sich doch die Laune ändern kann! Eine Stunde später wurde der nächste Regio erwartet. Für den schaute ich mal weiter nördlich, und zwar an dem Punkt, wo wir am Sonntag den HST eigentlich hatten machen wollen, mit einigen Heideflächen. Am für das Motiv zuständigen Rastplatz der A9 angekommen, schien ununterbrochen die Sonne. Allerdings war die blaue Fläche am Himmel endlich. Sowohl östlich als auch westlich war die Wolkenkante nicht fern. So hielt sich das die ganze Zeit. Als der Zug kommen sollte, aber noch nicht kam, wurden schon die Berge auf der anderen Talseite dunkel. Aber der Schatten zog kaum ins Tal rein. Und der Zug hatte auch nur ca drei Minuten Verspätung, so dass das 158-Doppel perfekt klappte!
Auch wenn die Heideblüte hier oben eher hinter den Erwartungen zurück blieb: Hier, an der Fotokurve am Glen Truim hatte man doch schön viel Lila im Bild, als der Doppel-158 die Szenerie durchquerte.
Derselbe Zug nochmal als seitlicher Nachschuss.
Was nun tun? Ich schaute nochmal runter ins Speyvalley bis Kingussie, doch dort war nichts von Auflockerungen zu sehen. Zurück am Glen Truim war das Blau aber auch restlos verschwunden. Hinter Dalwhinnie tauchte man in Regenwolken ein, doch nur etwas weiter sah man es schon wieder hell durch die Wolken leuchten. Ich hielt am Rastplatz auf der Passhöhe, lief einen Pfad durch Kraut und Moor an die Strecke und nahm hier einen Nordfahrer, der sofort auftauchte. Dann versuchte ich mich, das Schild von der Passhöhe möglichst stimmungsvoll umzusetzen.
Ein 158-Doppel in der Gegenrichtung erreicht soeben die höchste Stelle. Der Talkessel von Dalnaspidal im Hintergrund leuchtet verdächtig hell...
Die höchste Stelle im britischen Bahnnetz: Der Drumochterpass, oder auf gälisch "Druimuachdar Pass".
Tja, so ging es weiter. Es zeigten sich einige wenige Wolkenlöcher, doch es war fast komplett dicht und regnete gelegentlich, und dann auch nicht zu wenig. Für den nächsten Südfahrer suchte ich die Stelle am Dalwhinnie Damm auf. Wenn es aussichtslos aussähe, konnte ich immer noch über der Pass vorausfahren und schauen, ob weiter hinten was geht. Es sah aussichtslos aus. Statt vorauszufahren, habe ich lieber ein Nickerchen im Auto gemacht.
Spannender wurde es mit dem Güterzug, der um 15 Uhr südwärts durch Dalwhinnie kommen sollte. Für den war keinerlei Meldung im System. Hmmm, größere Verspätung oder einfach nicht im System? Nachdem ich etwas hin und her gekundschaftet hatte, sah es vor 15 Uhr in Dalwhinnie nach Sonne aus. Ich fuhr lieber mal zur Dammstelle, falls der Zug wirklich nicht im System wäre... Richtig in Eile verfiel ich, als ich erkannte, dass das Einfahrsignal von Dalwhinnie gezogen war. Das konnte nur für den Güterzug sein. Schnell zur Dammstelle weitergefahren. Leider war das Wolkenloch doch nur von kurzer Dauer gewesen. Vor Durchfahrt des Güterzuges fiel es leider in sich zusammen.
Nachdem diese Stelle bei allen drei Anläufen nie mit Sonne geklappt hat, gibt es nun halt ein Schattenbild: Der Tesco Güterzug wurde gestern und heute wieder von der altgedienten Class 66 gezogen und rollt fünf Minuten vor Plan über den Damm von Dalwhinnie.
Wäre ich mal lieber weiter vor dem Zug hergefahren! Zwar hingen die Wolken rund um die höchste Stelle besonders tief und pieselten vor sich hin, doch im Talkessel von Dalnaspidal hinter der Passhöhe schien die Sonne. Tja, das entdeckte ich nun leider erst hinterher. Vorhin, als ich am Scheitelpunkt Fotos gemacht hatte, war es in Dalnaspidal auch schon bemerkenswert hell gewesen. Offenbar gab es heute hier das stationäre "Wolkenloch vom Dienst".
Ich nutzte die Gelegenheit, parkte den Wagen vorm Bahnübergang (ein Tor, authorised user only) und lief mal in das Wegenetz südlich der Bahn hinein. Das hatte ich schon immer mal machen wollen, aber man hat sich nie Zeit dafür genommen. Erst war ich südlich der Cottages. Die Stimmung war einfach phänomenal. Über der Passhöhe hing meist ein undurchsichtiger Vorhang aus Regen, während ich zu 80% in der Sonne stand. Regenschauer kamen von den Bergen auf Tuchfühlung an mich ran, doch ich bekam nur paar Tropfen ab. Ein Zugpaar nahm ich von hier, wobei nur der eine in Sonne abging.
Im Talkessel von Dalnaspidal. Talaufwärts liegt der Drumochterpass.
Ein 170 biegt in den Talkessel von Dalnaspidal ein. Von hier sind die gebündelten Verkehrswege mal wieder all zu gut sichtbar: A9 und die unvermeidliche Hochspannungsleitung.
Ein Stück von den Verkehrswegen ab liegt der Loch Garry.
An den Bergen regnet es in Strömen, doch mich erreicht kaum ein Tropfen.
Über den Höfen von Dalnaspidal leuchtet derweil ein Regenbogen.
Dann lief ich zum Auto zurück, bemerkte aber, dass die Sonne nun auch zunehmend in das Tal östlich von Dalnaspidal hineinkam. Gerade hier glaubte ich, dass der Fahrweg am Hang auf der südlichen Talseite gute Perspektiven auf die Bahn bieten müsste. Natürlich immer mit A9 und Hochspannungsleitung im Bild, aber das gehört hier halt dazu. Zu diesem Weg gelangte man über den Hof Dalnaspidal selbst. Es gab viele Hunde, aber die waren alle in Zwingern eingebuchtet. Ein letztes Tor, dann war man in der Wildnis und auf dem Panoramaweg, den ich ein ganzes Stück hineinlief.
Um kurz nach fünf stand das nächste Zugpaar an. Erst südwärts, dann nordwärts. Dafür fand ich einen prima Zweirichtungsblick. Man konnte sogar beide Blickrichtungen je mit 85mm und 200mm umsetzen. Da hatte ich doch was für beide Züge, je mit Vor- und Nachschuss. Hatte ich das wirklich? Dass der Fahrplan auf dieser Strecke nur einen ungefähren Richtwert besitzt, hatten wir ja schon letzten Sonntag festgestellt. Heute war es wieder so. Das System prognostizierte eine Zugbegegnung genau bei mir. Und so trat es exakt ein. Beim Vorschuss konnte ich wirklich nur einen Zug umsetzen, weil beide gleichzeitig im Auslösepunkt waren. Ich hätte wie Django beidhändig in alle Richtungen feuern müssen. Da stieß ich aber leider auf die Grenzen meiner Multitasking Fähigkeiten... Beim Nachschuss entflocht sich das etwas, da der Bergfahrer deutlich langsamer war. Aber an einen Objektivwechsel war natürlich in keinster Weise zu denken.
Während hinter mir der 170 von Inverness gerade talabwärts durch das Hauptmotiv rollt, dröhnt dieser bergfahrende 170 nach Inverness durch das andere Hauptmotiv. Der Fluss ist der River Garry.
Inzwischen ist der Gegenzug unfotografiert an mir vorüber gefahren und ich schieße dem Bergfahrer noch "einen hinterher". Blick zum Talkessel von Dalnaspidal.
Aber ich will mich nicht beschweren. Das Wolkenloch wurde offensichtlich immer schwächer, und ich konnte froh sein, beide Blickrichtungen mit voller Sonne bekommen zu haben, obwohl immer wieder Flusen durchgezogen waren. Die Theaterbeleuchtung war einfach phantastisch. Ich hatte mich für 200mm entschieden, weil man damit sogar die Leitung aus dem Bildausschnitt halten konnte.
Die zwanzig Minuten zurück zum Auto lief ich im Regen! Nun wollte ich mir vor der Rückfahrt nach Perth noch eines geben: Durch den Regenvorhang am Scheitelpunkt durchtauchen und schauen, wie es in Dalwhinnie ausschaut. Der Regen rund um den Drumochter Summit war so stark, dass man die Berge nur noch schemenhaft sehen konnte. Doch dahinter wurde es wieder hell und blauer Himmel tauchte auf! Das sah für die verbleibenden zwei Züge sogar chancenreich aus, so dass ich dann doch nochmal auf die Nebenstraße auf der Westseite des Glen Truim abgebogen bin. Besonders hoffte ich ja noch auf das Flussmotiv. Ich machte es auch, doch das Wesentliche, nämlich der Fluss im Vordergrund, war schon zugeschattet. Heraus kam eine ziemliche Spotlightaufnahme.
Diesmal ohne Wolken-, dafür aber mit Bergschatten: Am River Truim bei Crubenmore.
Nun war die bange Frage, ob das Licht für den HST halten würde. Das Motiv war mir egal, ich wollte einfach eine beleuchtete Stelle haben. Die Wolken hatten leider wieder zugenommen. Tja, und so blieb es dabei, dass die längeren Züge heute alle im Schatten durchkamen. Auf dem gesamten Glen Truim war kein Sonnenstrahl mehr zu sehen, als der HST (diesmal komplett unrot) vorbeibrauste. Was soll's. Angesichts von einhellig übereinstimmender Vorhersage von null Sonnenstunden konnte ich mit meiner Ausbeute - sieben Züge in Sonne - doch sehr zufrieden sein...
Zügig ging es auf der A9 nun wieder talwärts. Wie gestern schon fielen die Schleicher erst kurz vor Perth deutlicher auf. Vorher konnte man jederzeit gut überholen. Aber es ist schon interessant, wie wirkungsvoll diese "Average Speed Control" auf dieser Gesamtstrecke ist. Es gibt hier keine Raser mehr. Ätzend sind halt diese Angsthasen, die statt der erlaubten 60mph nur 50 fahren. Na ja, und Brummis dürfen auf der Gesamtstrecke auch nur 50mph fahren. Das finde ich nun wieder unfallfördernd, weil das zum überholen animiert (wie in Dtl ja auch, wo LKW auf Landstraße ja sogar nur 60 km/h fahren dürfen). Der abendliche Verkehr auf der A9 war jedenfalls eine Wohltat, nachdem sich tagsüber eine endlose Kolonne langsam über den Pass bewegt hatte.
Zum Abendessen habe ich mir was aus dem Tesco mitgenommen. Ich hasse diese Riesensupermärkte, hoffte aber, dort eine Riesenauswahl an Leckerem vorzufinden. Tja, nix war. Warme Sachen waren ausverkauft und es gab nichtmal gekühltes Bier. Ich hatte mich so auf ein Abschieds-Ale gefreut. Na ja, dann gab es halt ein warmes...
Heute sollte laut Prognose das Wetter deutlich besser werden. Für den Vormittag konnte ich mir also noch gut was vornehmen. An Zügen interessierten mich vor allem die HSTs von und nach Aberdeen. Da hoffte ich auf eine rote Wagengarnitur, während von Inverness ja sicher die gestern Abend gesehene Garnitur im komplett alten Outfit käme. Außerdem waren zwei Güterzüge angekündigt, die nach 10 Uhr hintereinander im Abstand von 40 min aus Richtung Stirling via Perth nach Dundee und Aberdeen fahren sollten. Die mussten an einigen Ecken gut ins Licht fahren.
Als Starter passte zeitlich der erste HST von Aberdeen auf der Taybridge ganz gut. Wir hatten im Mai einen guten Ausblick aus einem Wohngebiet auf die Taybridge gefunden. Den suchte ich nun auf. War die Straße Perth - Dundee schon immer vierspurig? Hatte ich anders in Erinnerung. Jedenfalls war ich in nullkommanichts in Dundee und konnte zufällig gerade einen Zug von der Stadtseite auf der Brücke umsetzen.
Der 8.29 Abellio Scotrail Service von Dundee nach Edinburgh fährt auf den Tay hinaus...
Und hier ist er schon ganz weit draußen...
Die 3264m lange Brücke über den Firth of Tay wurde 1887 dem Verkehr übergeben, nachdem man mit der Vorgängerbrücke - nun ja - etwas Pech gehabt hat. Die ist nämlich nach wenigen Betriebsmonaten eingestürzt...
Dann machte ich rüber auf das Südufer nach Wormit. Ich versuchte, in dem Wohngebiet so hoch wie möglich zu kommen, doch da die Leute in den Häusern alle telefonieren wollten, hatten sie zwischen ihren Häusern so viele Drähte gezogen, dass man immer irgendwelches Getüddel im Bild hatte. Aber von weiter unten ging es perfekt. Jedenfalls vom Ausblick her, nicht jedoch bezüglich der Wolken. Die verdunkelten kontinuierlich den vorderen Flachteil der Brücke. Mal mehr, mal weniger. Ich rüstete mich schon mit dem 200er aus, um den Zug wenigstens ganz hinten in Sonne zu haben. Das klappte dann auch schön mit der Stadtkulisse. Tja, und vorn? Tatsächlich kam das Licht und fing von hinten an, ein Brückenmodul nach dem anderen zu beleuchten. Glücklicherweise leuchtete das jeweilige Brückenteil immer einen Abschnitt vorm Zug auf. Zumindest so lange, bis der HST komplett aus dem Mittelteil hervorgefahren war. Es hätte wahrlich schlimmer kommen können...
Der Früh-HST von Aberdeen nach London biegt vor der Stadtkulisse Dundees in die Brücke ein.
Und nochmal in einem Sonnenspot auf dem südlichen Teil der Brücke.
Mit angestrahltem Vordergrund kann ein 170 auf der Brücke beobachtet werden.
Und ein Xcountry Voyager auf der Tay Bridge.
Nachdem ich noch zwei andere Züge mit verschiedenen Brennweiten umgesetzt hatte, wollte ich mal westlich Dundee an der Tay Norduferstrecke nach Motiven für die Güterzüge suchen. Leider gab es vom ersten noch keine Abfahrmeldung, obwohl er hätte unterwegs sein müssen. Aber nachdem gestern der Gz von Invernes auch ohne Systemanstoß unterwegs gewesen war, vertraute ich dem Ganzen nicht mehr so recht.
Ich brauchte gar nicht so lange zu fahren. Nachdem mich die Dundeer Umgehungsstraße bei Invergovrie über die gewünschte Bahn geführt hatte, entdeckte ich, dass man von deren Brücke einen sehr schönen Ausblick auf eine Innenkurve der Bahn um eine Flussbucht herum hatte. Ich parkte das Auto in der nachfolgenden Siedlung und lief einen Fußweg zur Brücke. Der Ausblick war sehr hübsch! Bis zum ersten Gz war noch eine halbe Stunde Zeit. Na ja, angenehm war das Warten hier an der Hauptstraße nicht gerade, aber der Fuß- und Radweg war schön breit. Mehr Sorgen machte mir ein großes, föhnartiges Wolkenfeld, dessen Grenze nun genau über mir herumzuwabern begann. Mal wurde das Motiv hell, mal wieder dunkel. So viel Personenverkehr, mit dem man sich hätte beschäftigen können, herrschte hier nun auch nicht.
Das Wolkenfeld wurde immer doofer und nahm für immer länger die Sonne. Eigentlich hätte ich westwärts fliehen sollen. Aber dann hätte ich vielleicht nen Zug verpasst. Tja, welchen Zug? Die Ausfallmeldung für den ersten Zug kam unmittelbar bevor der Zug da sein sollte. Die des zweiten kam erst eine halbe Stunde, nachdem er durch sein sollte. Danke! Die anderthalb Stunden Warterei an der Umgehungsstraße und unterm Wolkenfeld hätte ich mir schenken können. Eigentlich hätte ich die Darstellung in realtimetrains ja auch gleich so interpretiert, dass nix kommt. Aber nach dem Erlebnis gestern mit dem Gz von Inverness hat man etwas gehofft...
Einzig ein Triebwagen-Nachschuss auf die Fotokurve von Invergovrie klappt mit anständigem Licht. Ein Güterzug wäre hier nett gekommen...
Für den Flughafen war es noch zu früh, zu einem neuen Programmpunkt reichte es aber auch nicht wirklich. Zumal mir nicht so recht was einfiel und zu viele Wolken für meinen Geschmack am Himmel klebten. Ich schaute mal entlang der Strecke westwärts weiter. Bald sah ich ein Formsignal und erreichte die Blockstelle Longforgan. Das östlichste Signal hätte man vielleicht auf weitem Acker umsetzen können. Die Blockstelle war wie so viele von ihren britischen Schwestern einfach mangels Standpunkt nicht umsetzbar. Weiter hinten stand ich vor geschlossenen Schranken. Errol, ein ehemaliger Bahnhof, jetzt nach deutschen Verhältnissen eine Überleitstelle. Und weil hier sogar ein Weg parallel zur Bahn abzweigte, ließ sich die Signalbox mit einem urigen Gittermast-Semaphorsignal zusammen durchaus aufnehmen. Ich machte zwei Dokubilder.
Errol Signalbox. Der Zug war ganz schön schnell...
Zurück in Perth nutzte ich nochmal das WLAN meines Travelodge, um zu eroieren, ob es auch im Edinburgher Flughafen die Restaurantkette "Giraffe" gibt, wo ich ja sonst immer gern als Abschiedsessen das hervorragende Fish & Chips esse. Gab es aber nicht. Deshalb steuerte ich zum Mittagessen das Restaurant "The Maltings" an, in dem wir am ersten Abend dieses leckere Balmoral Chicken mit Haggis und Bacon gegessen hatten. Das sollte es jetzt nochmal sein. Zusammen mit einer leckeren Vorsuppe und einem wunderbaren frischen Brot konnte diese Mahlzeit gut das Frühstück mit ersetzen, das nur aus zwei Shortbreads (Mürbeteigkekse) bestanden hatte.
"Balmoral Chicken" in "The Maltings" zu Perth.
Dann der Endspurt zum Flughafen. Der Stau vor der Forthroadbridge hätte auch nicht länger sein dürfen. Aber so klappte alles noch sehr entspannt. Die Sixt Leute beschwerten sich nicht über Schlammspritzer oder einen Kratzer, der zwar nicht von uns kam, der aber im Mietvertrag gar nicht genannt war. KLM / Airfrance hatte nur einen Schalter besetzt, aber irgendwann hatte man auch das. Der Fotorucksack kam völlig unbehelligt durch die Sicherheitsschleuse, der Lukner selbst jedoch nur mit fiepen, woraufhin er erstmalig in einen Körperscanner gesteckt wurde.
Der Platz neben mir blieb bis zum Schluss frei. Erst der allerletzte aufkreuzende Passagier ließ sich neben mich fallen. Ein Finne, der zu einer ganzen Gruppe um mich herum gehörte. Er liebte Körperkontakt, wie ich im Verlauf des Fluges mehrfach erfuhr. Und zwar besonders die Berührung meines seitlichen Bauchbereiches mit seinem Ellenbogen. Irgendwann, als Worte offensichtlich nicht mehr halfen, habe dann auch ich meinen Ellenbogen eingesetzt. Ansonsten half der Wein über den Nervi hinweg. Die Schwester, äääh, die Stewardess legte sogar von sich aus noch ein Fläschchen nach, so dass ich ganz schön beduselt in Amsterdam eintraf.
In Amsterdam genehmigte ich mir in der Fresszone oben auf der Empore einen leckeren mediterranen Salatteller vom Buffet. Das war genau das richtige, denn das Mittagessen war ja noch nicht so lange her. Danach konnte man gut am Gate sitzen und den Reisebericht weiterschreiben.
Es gibt eine ausgleichende Gerechtigkeit. Obwohl mein Anschlussflug durchaus gut besetzt war, blieben neben mir in der Sitzreihe alle Plätze frei! So wurde dieser Flug dann auch zu einer schönen Abschlussveranstaltung dieser Tour - natürlich bei einem weiteren Gläschen Wein :-) Beim Start konnte man beim Durchfliegen der Wolkendecke in zwei Welten gleichzeitig schauen. Unten war es schon völlig dunkel und die Lichter leuchteten warm zu uns herauf. Über den Wolken herrschte zur blauen Stunde noch eine ganz ordentliche Helligkeit. Eine Helligkeit anderer Art beeindruckte wieder mal beim Landeanflug auf Hamburg. Unter einem lag das Lichtermeer des Rbf Maschen und des Hafens. Dieses Wochenende war gerade "Blue Port" angesagt. Teile des Hafens sind da in blaues Licht getaucht. Das sah von oben natürlich auch nicht schlecht aus.
Gibt vielleicht den Ausblick auf Hamburg mit "Blue Port" trotz der Unschärfe ein wenig wieder...
Ansonsten empfing uns Hamburg in strömendem Regen. Zum Glück führte mein Weg vom Flugzeug bis zu meiner Bushaltestelle in Wilstorf komplett unter Dach. Lustig waren beim Umsteigen am Jungfernstieg die ganzen durchnässten Gestalten auf dem Bahnsteig :-) Nun ja. Ich musste ja noch von der Bushaltestelle nach hause. Wahre Sturzbäche kamen vom Himmel! Danach war ich auch so eine lustige durchnässte Gestalt. Aber das störte mich irgendwie gar nicht mehr...
Im Nachhinein betrachtet war das schon eine sehr geniale Tour gewesen. Großbritannien im Prinzip durchgehend unter Wolken, doch wir haben sooo viiiele Sonnenbilder mit nach hause gebracht! Das Geheimnis des alten Mannes hatte sich bestens bewahrheitet. Hoffen wir, dass es anderen Fotokollegen und uns noch manches Mal dem Inselaufenthalt zum Erfolg verhilft!