Thessaloniki - Athen

Copyright by Jan-Geert Lukner

Die erste vorzustellende Gebirgsbahn ist Bestandteil der griechischen Magistrale zwischen den zwei größten Städten des Landes und besitzt "unsere" Spurweite von 1435mm. Diese Hauptstrecke präsentiert sich heute schon auf weiten Abschnitten als moderne, allerdings nicht elektrifizierte Schnellfahrstrecke. Und wo es heute noch gemächlich auf dem alten kurvenreichen Gleis entlanggeht, sieht man meistens in einiger Entfernung die Baustelle der neuen Strecke. Mit deren vollständiger Inbetriebnahme gehen dem griechischen Streckennetz einige landschaftlich attraktive Abschnitte verloren, so z.B. weite Abschnitte entlang der Ostküste zwischen Plati und Larissa, wo man -um nur einige Beispiele zu nennen- im Bereich Makrygialos vom Hang auf Bahn, Dorf und Meer oder besonders nördlich Platamon die Bahn direkt zwischen Steilküste und Strand oder auf der fotogenen Ortsdurchfahrt fotografieren kann. Wer mal Diesel-Schnellfahrstrecke in Reinkultur braucht, kann sich auf die Seitenbahnsteige des Neubau-Hp Iperia stellen. Von dort kann man auf der schnurgeraden Trasse nordwärts die Bahn in einem Berghang verschwinden sehen und südwärts die Züge schon bei der Ausfahrt aus dem Bf. Paleofarsalos erkennen. Dieser Bahnhof wird zur Zeit neu gestaltet, um die im Bau befindliche Normalspurstrecke nach Kalambaka einfädeln zu können. Die dorthin und nach Volos führende Schmalspurbahn dürfte wohl diesen Sommer stillgelegt worden sein. Noch ein Stück geht es auf der Schnellfahrstrecke weiter südwärts durch die gut 100m ü NN gelegene Thessalische Hochebene, dann ist plötzlich Schluß. Jetzt beginnt die Gebirgsbahn, die zwar im Hinblick auf die Signaltechnik modernisiert wurde (Ausweichbahnhöfe ferngesteuert), auf der aber die modernen ICs ihre Geschwindigkeit stark drosseln müssen. Ab Domokos, von wo aus irgendwann einmal ein langer Basistunnel gebaut werden soll (von dem aber noch nichts zu sehen ist), windet sich die Strecke kurvenreich in das Pindos-Gebirge hinauf. Zur rechten Seite fällt der Blick die nächsten 15 km tief hinab auf die Ebene mit ihrem Schachbrettmuster der Baumwollfelder. Die Hänge, an denen es entlang geht, sind nahezu frei von größeren Gewächsen, so daß die Aussicht nicht eingeschränkt wird. Und das Herz eines jeden Streckenfotografen macht Freudensprünge, da hier einfach alles stimmt: Erhöhte Fotostandpunkte am Hang südlich der Bahn und hinter`m Zug Weitblick über die Ebene. Mehrere Seitentäler werden auf gut einsehbaren Brücken gequert. Zu diesen Motiven einfach an den Stationen Xinias oder Kifera aussteigen und entlang der Strecke wandern (kleinere Sporntunnel können weitestgehend umgangen werden). Oberhalb eines Waldtales gelangt die Strecke nun in das Gebirge hinein, wo dann mit dem Bf Aggie das Xinia-Plateau in ca 400 m Höhe erreicht ist. Die Gegend in dieser einsamen Gebirgswelt ist nun wieder etwas mehr von Landwirtschaft geprägt. Das zum Bahnhof gehörende Dorf ist in weiter Ferne erkennbar. Immerhin halten hier auch Schnellzüge. Das Plateau wird auf einem geraden Streckenstück durchquert, bevor sich das Gleis erneut an den Aufstieg macht. Wiederum kurvenreich mit Blick auf das eben durchfahrene Plateau geht es aufwärts, bevor nahe des Bf Kallipefki der höchste Punkt der Strecke mit über 550 m Höhe erreicht ist. Nach weiteren fünf Kilometern Fahrt kommen rechts die ersten Seitentäler des Sperhiostales (kaum über Meereshöhe) in Sicht. Auf 28 Kilometern Streckenlänge muß sich die Strecke nun bis auf wenige Höhenmeter hinunterarbeiten. Um an Höhe zu verlieren werden zahlreiche Seitentäler ausgefahren. Dies wird besonders deutlich in der Umgebung des Bf Karia, von dem aus man nur den schwach bewachsenen Hang oberhalb des Bahnhofs besteigen muß, um -auf einem Sattel zwischen zwei Tälern stehend- die Strecke an vier verschiedenen Stellen observieren zu können: Am gegenüberliegenden Talhang, am eigenen Talhang auf einem Stahlviadukt, nach einer 100°-Drehung nach links (mit Blick in das andere Tal) unterhalb im Bahnhof und wiederum auf einem Viadukt auf der gegenüberliegenden Talseite. Und immer wieder hat man einen weiten Blick auf die Ebene, in der der Sperhios in das Meer mündet, und über die umliegenden Bergkämme, auf deren "Gipfelhöhe" man sich befindet. In Stirfaka ist der Talgrund fast erreicht; der karge Wildwuchs macht nun zunehmend wieder der Landwirtschaft Platz. Mit dem Bf Lianokladi ist der nächste IC-Halt erreicht. Zwar gibt es hier nur ein kleines Dorf, doch fünf Kilometer weiter auf der dreimal täglich bedienten Nebenbahn nach Stylis liegt die Stadt Lamia, von der aus zu jedem Zug in Lianokladi ein Bahnbus fährt. Das Empfangsgebäude von Lianokladi ist weniger hübsch, dafür sind die Eisenbahnanlagen noch in einem ursprünglichen Zustand mit Wasserturm, kleinem Bw, Wasserkran usw. Die Ebene ist schnell durchquert, dann beginnt der Anstieg in den nächsten Gebirgsabschnitt am Rande des Oiti-Gebirges. Nach fünf Kilometern und leichtem Anstieg quert die Strecke in einer Linkskurve den Gorgopotamus-Viadukt, der aus einer Aneinanderreihung verschiedenster Bauelemente besteht und eine Schlucht überbrückt. Fotografieren kann man nachmittags von den umliegenden Höhen. Der Hp Gorgopotamus steht zwar in keinem Fahrplan; gehalten wird hier trotzdem (immerhin wohnen hier noch Leute). Hinter dem Bf Arpini steigt die Bahn an, indem sie auf einer Galerie an der senkrechten Felswand entlang führt (die Aussicht auf der linken Seite). Schon in ca 200 m Höhe über dem Meer klebt dann der Hp Trachis einem Balkon gleich am Felsen. Er besteht aus einer Betonplatte von etwa 50 m Länge, an deren Enden anstelle von H-Tafeln große weiße Kreuze stehen (ob in Angedenken derer, die aus nicht am Bahnsteig haltenden Wagen ausgestiegen sind, lassen wir mal dahingestellt...). Den mit kleinen Bäumen und dem obligatorischen Bildstock geschmückten Bahnsteig verläßt man, indem man nach Zugabfahrt das Gleis quert und eine stollenartig in den Felsen gehauene Treppe hinabsteigt. Leider scheint die Sonne hier aufgrund der hohen Felswand nur morgens. Die Strecke verläuft weiter am Felshang und passiert dabei immer mal kleine Hangviadukte oder Tunnel. Bei Asopos ist die Strecke dann in ein zunächst noch schluchtartiges Waldtal abgezweigt, oberhalb dessen sie weiterführt. Der letzte Bahnhof vor dem Paßtunnel ist in 300 m Höhe Elefterochori, hinter dessen Ausfahrweiche und einem kurzen Tunnel der Asopos-Viadukt gequert wird. Mit ca 300 m Länge und ca 50 m Höhe stellt er das für mich imposanteste und wahrscheinlich auch längste Brückenbauwerk Griechenlands dar. Fotografisch läßt sich der Viadukt zu jeder Tageszeit von den Wiesen und Lichtungen der umliegenden Hänge umsetzen (ggf. den zahlreichen Schafspfaden aufwärts folgen). Noch ein Stück oberhalb eines kleinen Tals, dann ist der ca drei Kilometer lange Bralostunnel erreicht. Am anderen Ende gelangt die Bahn bei Bralos (Schnellzughalt) in das weite Tal des Kifissos, das sich zunehmend zu einer weiten Ebene ausweitet. Allerdings sieht man am Horizont ständig die hohen (im April noch schneebedeckten) Bergspitzen des Parnassos- (rechts) und Kallidromo- (links) Gebirges. Die Bahnlinie führt nun wieder meist als Schnellfahrstrecke kontinuierlich abwärts auf Athen zu. Erst kurz vor der Hauptstadt werden die letzten Höhenmeter auf kurvigeren Gleisen durch die (ehemals?) bewaldeten Athener Vororte zurückgelegt. Sehr interessant ist dann auch die Durchfahrt durch die Athener City, wo mehrere BÜ-Posten mittels Schranke, Kette (zum hoch-/runterkurbeln!), Fahne und Trillerpfeife die Autos vor der Übermacht der Züge bewahren sollen. Auf dem Gebirgsabschnitt verkehren neben den IC-Triebwagen auch Schnell-, Lokal- und Güterzüge. Sie werden zunehmend mit den neuen ADtranz-Loks bespannt, so daß mit heutigem Stand die Alco-Loks und ihr markanter Sound weitestgehend von der Strecke verschwunden sein dürften. Lokalzüge der Relation Athen - Lianokladi - Stylis (zwei Paare) bestehen aus blau/roten MAN-Tiebwagen neuerer Bauart. Die Lokalzüge Athen - Larissa (zwei Paare) bestanden im April 98 noch aus Alco-Lok und drei Wagen, darunter auch ozeanblau/beige Bcm aus Deutschland. Sämtliche Lokalzüge halten bei Bedarf an allen genannten Bahnhöfen, bei denen es sich zum Teil (z.B. Karia, Asopos, Elefterochori) lediglich um Ausweich-, also Betriebsbahnhöfe, in völliger Einsamkeit handelt. Im griechischen Kursbuch sind z.T. an diesen Betriebsbahnhöfen auch Schnellzughalte ohne Bedarfs-Sternchen eingetragen; es handelt sich dann um planmäßige Kreuzungshalte, die bei Verlegung der Kreuzung jedoch nicht durchgeführt werden.

Quelle: Ungefähre Höhenangaben aus Eisenbahnkarte Griechenland von The Quail Map Company, GB-Exeter, 1992.

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