Donni wird's schon richten - Entlang der Westernbahn im März 2016

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Eiiiiigentlich wollten wir ja nach Montana. Wir hatten uns geistig schon auf Restwinter mit Schneematsch und womöglich sogar noch sehr winterlichen Temperaturen eingestellt. Ich hab sogar extra meine Winterstiefel reparieren lassen - in einer herrlichen Schuhmacherwerkstatt bei uns in Harburg, in der ich mich zeitlich in meine Kindheit zurückversetzt gefühlt hab.


Oha, ein Abholschein aus der Marienstraße in Hamburg-Harburg in einem USA Reisebericht...

Aber ich schweife ab. Während ich bei Marché im Hamburger Flughafen zum Frühstück sitze (es gibt das Peterle-Frühstück, das ist sogar preislich durchaus "normal") und diese Zeilen schreibe, nimmt mein Koffer irgendwo tief unter mir seinen Lauf durch das Labyrinth. Und meine Winterstiefel sind nicht drin. Denn die Wettervorhersage wollte uns zumindest erstmal nicht in Montana haben. Und selbst wenn - für den Norden waren auch nur noch leichte Minusgrade in den Morgenstunden angesagt. Auf der Flugbuchung stand etwas von Denver. Damit hatten wir richtungstechnisch alle Möglichkeiten offen. Und angesichts der grundsätzlich unbeständigeren Wetterlage im Norden hatten wir ohnehin mögliche Ausweichziele in südwestlicher Richtung abgesprochen. Auf diese würden wir nun zurückgreifen. Dass das nun genau die Ecke wäre, die Nico und ich 2009 bereist hatten, hielt ich dabei nicht wirklich für Pech. In unserem damaligen Bestreben, innerhalb relativ kurzer Zeit vorwärts zu kommen, hatten wir einige Toppspots entlang der großen BNSF Southern Transcontinental Belen NM - Flagstaff AZ - Kingman AZ - Barstow CA vollkommen unbeachtet gelassen. Oder man sah sich an Toppmotiven plötzlich längeren Zugpausen ausgesetzt. Insofern würde dort genug zu tun sein. Und für Christian und mich hatte sich als absolutes Traum-Wunschziel das offene Hügelland am Tehachapi Pass herauskristallisiert, von dem auf Flickr in den letzten Tagen schon frisches Grün und blühende Wiesen zu sehen waren. Also: Traumziel Frühling!

Samstag, 12.03.2016

Zeitig verließ ich meinen Wilstorfer Hügel. Ich frühstücke einfach entspannter, wenn ich das ganze Check in- und Sicherheitsprozedere hinter mir habe, und plante, zwei Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein. Es klappte alles reibungslos. Bei der Kofferabgabe keinerlei Fragen dergestalt, ob ich den auch selbst gepackt und ständig beaufsichtigt hätte (wie beim letzten USA Flug). Ich musste nichtmal meinen Ausweis zeigen! Und bei der Sicherheitskontrolle kamen mein Fotorucksack und ich ebenfalls ohne Störungen durch. Das bereits erwähnte Marché Frühstück war lecker, wenn es auch gern zwei Butterpäckchen für die wunderbaren und großen Baguettes hätten sein dürfen. Anschließend versuchte ich noch, eine Hamburg Cap zu erwerben, da mein eigentlich geplanter Sonnenhut nach dem Entstauben leider doch etwas gemöppelt hatte... Aber es gab nur St. Pauli- und HSV Hüte. Davon jedoch viele... Das war ja nun nix für mich.

LH 13 Hamburg 10.00 - Frankfurt 11.15

Der Flug war so unspektakulär wie er kurz war. Einen Schokoreispuffer gab es bereits beim Betreten des Fliegers kredenzt, der Kaffee wurde nach dem Start schnell verteilt, bevor es schon wieder in den Landeanflug ging. Groß zu sehen war unten weitestgehend nichts. Dass wir dann den Mainzer Hbf und den Rhein nordwärts (!) überflogen, war der besseren Orientierung auch nicht zwingend förderlich...

Wir kamen gut unten an. Nach völlig unproblematischer Passkontrolle traf ich im Abflugterminal auf Christian. Es gab viel zu reden und zu planen, und so verging die Zeit wie im Fluge...

LH 446 Frankfurt 13.20 MEZ - Denver 15.30 MST (-7h)

Ich habe mich wohl lange nicht mehr so auf eine Reise gefreut wie auf diese. Und ein Bestandteil, auf den ich mich besonders gefreut hatte, war der Flug. Wir hatten schöne Plätze im Heck der 747-400 reserviert, bei denen man am Fenster aufgrund der Rumpfverjüngung im hinteren Bereich nur noch zwei Plätze nebeneinander am Fenster hat. Somit konnten wir uns also frei bewegen und mussten niemand Fremdes aufscheuchen, wenn man mal aufstehen wollte.

Wir wurden nicht enttäuscht. Die Maschine war zwar ausgebucht, aber die Plätze waren klasse. Das Oldtimer Luftschiff namens "Kiel" hatte offenbar vor nicht all zu langer Zeit eine Frischzellenkur erhalten. Die Monitore des Bordprogramms waren ganz modern und groß und hatten eine sehr gute, brillante Auflösung. Und der Bordservice war auch perfekt. Es gab zwei warme Mahlzeiten und zwischendurch konnte man sich jederzeit Knabberzeug und Getränke in der Küchenecke abholen oder gelegentlich wurde auch mal was gebracht.

Ich hätte auch in Cuxhaven zusteigen können. Na ja, wenn ich mich hätte hochschießen lassen jedenfalls. Wir hatten einen perfekten Blick auf den Nationalpark Nordfriesisches Wattenmeer mit seinen Inseln und Halligen. Auf dem Hindenburgdamm war alles voller SyltshuttlePlus. Na ja, mit etwas Einbildungskraft jedenfalls... Danach flogen wir in eine ziemliche Pampe hinein. Dürfte auch eher selten sein, dass man bei solch einem hohen Flug über sich noch Wolken hat. So ging es stundenlang über Island und Grönland hinweg. Erst über der Davisstraße, dem Meer zwischen Grönland und Kanada, waren die Wolken plötzlich weg und man blickte auf das völlig vereiste Meer hinunter. Spektakulärer waren dann die eisigen Felsenberge in den menschenleeren Weiten von Nunavut und “Baffin Island”.


Wir haben die Davis Straight gequert und überfliegen nun in einer sehr nördlichen Route die kanadische Baffin Island, die größte Insel des Inuit Landes Nunavut. Unten ist der Southwind Fiord zu sehen, links darüber der Padle Fiord.


Nun haben wir das letzte Ende des Paddle Fiordes hinter uns gelassen und fliegen über die eisigen Berge und Gletscher von Baffin Island.


Streckenaufnahme unseres Fluges. Südlich der völlig für sich gelegenen Siedlung Pangnirtung verlassen wir einstweilen Baffin Island und gelangen über über der Mündung des Kingnait Fjordes und die Insel Kekertukdjuak Island hinaus auf den Cumberland Sund. Hinter dem Sund geht es aber weiterhin über die größte Insel Kanadas bzw die fünftgrößte Insel der Welt.


Später erreichen wir die Hudsonstraße, die Seeverbindung zur kanadischen Hudson Bay. Wo kein Eis auf dem Wasser ist, bilden sich Wolken.

Das Flugzeug war das reinste Kino. Mindestens dreiviertel der Passagiere konsumierte fleißig das Bordprogramm. Für mich gab es "Fack Ju Göhte 2" und "Im Labyrinth des Schweigens". Christian hatte erst "Spectre" gesehen, dann "Fack Ju Göhte 2" abgebrochen (sollte er mehr Niveau besitzen als ich? *g*). Dafür gab es Starwars. - Da, wo auf Klo im ICE die Spülung ist, ist in der 747 der Servicerufknopf. Das weiß ich seit heute nun also auch. Die Stewardess kam aber erst, als ich schon angezogen war... "Spectre" gab ich mir dann auch noch, wobei das mit der Zeit dann doch schon arg knapp wurde und Actionszenen auf Großleinwand "ein wenig" besser kommen. Deshalb habe ich, als das Abendessen kam, abgebrochen.


Einer der Kinosäle unserer Boeing 747-400.

Der Landeanflug auf Denver war ein Anflug auf das Nichts. Kein Haus weit und breit zu sehen. Nur gelbe Steppe. Und plötzlich eine Landebahn. Und dann ein doch recht ansehnliches Flughafenterminal. Nach der Landung kein Druck auf den Ohren. Wen wundert's, wir waren ja auch nicht wirklich “unten”. Denver liegt, obwohl in der Ebene, 1609 m - genau eine Meile - hoch! Nach dem Ausstieg in "mile high city" lobte ich gerade die Innenseite des pikobello sauberen Terminals, das sehr indianisch gestylt war, als es erstmal nicht mehr weiter ging. Wir mussten nun in zwei langen Schlangen anstehen. Erstmal vor den Einreiseautomaten, wo man das ganze übliche Prozedere mit den Fragen, Fotos und Scannen der Finger am Automaten absolvierte. Der Automat spuckte dann eine Art Einreiseticket mit Foto aus. Das war bei einigen durchgestrichen, bei anderen nicht. Bei mir war es durchkreuzt. Eine Etage tiefer beim Immigration Officer durfte ich also nach weiterer Wartezeit alles nochmal machen. Und nebenbei fragte der Einreisemeister mir mit prollig-hochnäsiger Miene und ohne jeden Anflug von Freundlichkeit Löcher in den Bauch - insbesondere zu dem, was ich hier so vor hätte und mit wem ich unterwegs wäre. Christians Automatenzettel war nicht durchkreuzt aus dem Automaten gekommen. Bei ihm ließ man es bei wenigen Fragen bewenden.

Die Warterei hatte insgesamt etwa 45 Min betragen. Dafür fuhr draußen an Businsel 3 direkt ohne Wartezeit der Alamo Bus vor, mit dem wir zügig zum Car Rental Village gelangten. Mit einem Jeep Compass erhielten wir dann auch ein prima geeignetes Fahrzeug, das sogar ein kleines Upgrade enthielt. Gebucht hatten wir die kleinste SUV Klasse. Innen war das Auto allerdings sehr plastemäßig. Von der Einfachheit der Ausstattung fühlte ich mich an den Dacia Duster erinnert. Wobei wir bei dem einen wie dem anderen sehr schätzen lernten, dass jeglicher überflüssiger Schnickschnack (=Bevormundung) fehlte.

Entlang der noch nicht ganz fertigen Stadtbahn zum Flughafen, deren Endbahnhof gelungen futuristisch zu Füßen des einen neuen Terminalgebäudes liegt, ging es per Autobahnen durch die Stadt und dann auf der extrem vollen I25 nach Colorado Springs. Im Bereich des zähflüssigen Verkehrs überholten wir trotz der Stockungen einen BNSF Kohlezug, der fast Schritttempo fuhr. Aber der Zufall wollte es, dass wir gerade auf Höhe eines Bahnübergangs parallel zu den Zugloks fuhren. Erstmalig hörten wir dieses wunderbare Horn, das im Klang einfach so typisch für die US Bahnen ist. Willkommen in den USA!

Unterwegs fing es doch glatt an, etwas zu regnen! Das Days Inn von Colorado Springs war schnell gefunden. Wir bekamen ein Autobahn abgewandtes Zimmer. Auf der Fahrt war ich hundemüde, aber nun beschlossen wir doch noch, als Fußgänger ohne Fußweg zum benachbarten Taco Bell rüberzulaufen, wo wir von der Bedienung auch sogleich mit der geballten amerikanischen Herzlichkeit überschüttet wurden. Sie kenne zwei Leute in Deutschland und bedaure es zutiefst, dennoch kein Wort deutsch mit uns sprechen zu können...

Sonntag, 13.03.2016

Nachdem ich gestern im Hotelwaschbecken schon der Stöpsel Mechanik etwas auf die Beine helfen musste, kam heute früh mit dem Strahl der Dusche auch der Duschkopf ein Stück weit aus der Wand. Nur ein kleines... Aber der Duschkopf war modern und spieh einen guten Strahl aus, der allen Ansprüchen genügte. Wir waren erwartungsgemäß früh wach gewesen. Ich kochte mir um 5 schon mal einen Zimmerkaffee. Das Kaffee-Pet, das man einfach in den Filtereinsatz der Kaffeemaschine legen musste, machte so einen großen Eindruck, dass ich großzügig Wasser nahm. Heraus kam leider sehr authentisch amerikanische Plörre. Für Strom musste man die Kaffeemaschine aufs Nachtschränkchen umsetzen. Aber insgesamt war das Zimmer völlig ok und schön groß.

Und wieder eine neue Zeitzone. Ohne einen Schritt zu tun, waren wir in dieser Nacht von der Mountain Standard Time in die Mountain Daylight Saving Time gelangt. Die Amis stellen bereits am zweiten Märzwochenende auf Sommerzeit um. Unserem Jetlag kam das entgegen; der fiel auf diese Weise eine Stunde geringer aus. Nur für unser vorgesehenes Tagesprogramm war das unpraktisch, da der Amtrak "Southwest Chief", den wir heute einmal quer durch New Mexico verfolgen wollten, erstmal verspätet sein und sicherlich etwas mehr Gas geben würde. Er hatte sogar in dieser Nacht die abweichende Zugnummer 1003 statt 3.

Aber den Zug quasi als "Taxi" zu nehmen, war ideal. Das brachte uns auf der Reise nach Südwesten deutlich vorwärts. Außerdem fährt der Zug eine Strecke mit Besonderheiten: Die BNSF Raton Subdivision, ab Las Vegas NM die Glorieta Subdivision. Da wäre gleich hinter Trinidad, wo wir auf die Raton Sub stoßen würden, der Raton Pass, die südlichste Bahnquerung der Rocky Mountains. Und ein Stück hinter Raton stehen an der Strecke die vermutlich letzten Formsignale der USA. Die Strecke hat nur einen Haken: Hier fährt planmäßig nur ein einziges Zugpaar am Tag, eben der Amtrak "Southwest Chief". Da insbesondere am Pass, aber auch auf den vielen anderen kurvigen Abschnitten, nicht besonders schnell gefahren wird, bot sich die Verfolgung wirklich an. Doch erstmal mussten wir noch gut 200 Kilometer bis Trinidad fahren...

Wir verstauten unsere Sachen im Auto und standen bereits kurz vor 6 zum Frühstück auf der Matte. Das war für amerikanische Verhältnisse sogar ganz ansehnlich. Dabei wurden wir vom Rezeptionist, der das Buffet aufbaute, sehr aufmerksam betreut. Immer, wenn er was neues brachte, fragte er, ob wir davon haben wollten und brachte das an den Tisch. Gegen 6.30 saßen wir auf der Autobahn. Erst war es noch dunkel, dann durchliefen wir die komplette Dämmerung mitsamt Sonnenaufgang über den Industrieanlagen von Pueblo inmitten weiter Steppe. Nervös wurden wir davon noch nicht, da es für die Sonne dann erstmal in eine Bewölkung hinein ging, die noch im Osten hing.

Die Fahrt wurde immer interessanter. Bald hatten wir schneebedeckte Berge vor uns. Hinter Walsenburg nahmen wir einfach mal eine Abfahrt und entdeckten ein Motiv mit den schneebedeckten Bergspitzen im Hintergrund. Uns war allerdings auf der gesamten Fahrt bisher nur ein Zug begegnet - entsprechend rechneten wir nicht ernsthaft damit, dass jetzt was kommen würde. Wir fuhren weiter. Der Güterzug kam uns entgegen, als wir gerade die nächste Abfahrt passiert hatten. Nun kam erstmal keine mehr. Nach vielen Meilen gewendet. Immerhin schafften wir im Ortsbereich von Walsenburg noch ein Foto von dem bunten Frachtenzug - immerhin mit einer Bergspitze der Spanish Peaks (4136m) im Hintergrund. Diese Strecke heißt übrigens auch BNSF Spanish Peak Subdivision.


In Walsenburg gelingt uns das erste Zufallsbild eines Zuges in den Staaten. Ein "Manifest", also ein bunt gemischter Frachtenzug, rollt langsam und laut hornend über die Bahnübergänge des kleinen Städtchens zu Füßen der Spanish Peaks.

Dann fuhren wir aber doch noch auf gut Glück zurück zu unserem eben entdeckten Motiv bei Manson, kurz vor der Passhöhe des Bunker Hill (1973m). Dort trafen wir zeitgleich mit dem nachfolgenden Güterzug ein. Es ging nur noch ein Ersatzbild (->Tonne). War eh ein kompletter Container Tragwagen Leerzug, gezogen von drei UP Loks. Ein wenig warteten wir hier noch weiter, dann wurde es Zeit zu unserem Hauptprogramm, dem Amtrak Zug 1003. Wir fuhren strax nach Trinidad, wo wir wegen der bevorstehenden langen Verfolgung erstmal getankt haben. Hätten wir es mal bleiben lassen...

Von meiner Zugmitfahrt 2009 hatte ich notiert, dass es aus Richtung La Junta, also von Nordosten, vor Trinidad über eine steppenartige, offene Passhöhe ging. Die wollten wir - mit Weitblick über die Landschaft. Dazu mussten wir dem "Southwest Chief" entgegen fahren. Unser Zeitpuffer reichte noch für etwa 20 min entgegenfahren. Wir waren dank Internet genau über die Verspätung des Zuges informiert. Nun sind die Entfernungen in diesen USA allerdings doch immer wieder überraschend groß... Wie erwartet ging es diesseits die kahle Anhöhe hinauf. Bald meinten wir, in der vor uns liegenden Kuppe den gesuchten Weitblick vor uns zu haben. Doch dahinter nur eine kleine Senke, dann die nächste Kuppe. Die Zeit wurde knapper. Trotzdem weiter? Ja, weiter. Die nächste Kuppe. Wieder kein Weitblick, sondern ein vermasteter Ausweichbahnhof. Dahinter die nächste Kuppe. Ging ja nun gar nicht, weiter! Zug konnte uns echt bald entgegen kommen! Endlich die nächste Kuppe. Und die Rechnung ging voll auf! Ein klasse Weitblick auf ein schnurgerades Stück Strecke lag vor uns. Und der Zug kam uns, wie ja durchaus errechnet, entgegen. Er kam nicht nur entgegen, er war praktisch schon da! Keine Chance mehr für mich. Suuuuper. Tonne.


Christian hatte die Gunst des Beifahrers nutzen, schnell unter der Telegrafenleitung durchtauchen, Kamera hochreißen und abdrücken können. Besser als nichts... Amtrak Zug 1003 kurz vor dem Ausweichbahnhof Model. Schade, diesen Landschaftscharakter des westlichen Endes des "Mittleren Westens" hätte ich auch gern eingefangen.

Nun war doch erstmal ordentlich Frust da. Es hatte nur eine einzige verdammte Minute gefehlt. Und die hatten wir uns selbst verdödelt. Das sollte uns am nächsten beabsichtigten Motiv, dem Raton Pass, nun nicht passieren. Wir fuhren geraden Weges dort hin, denn eine konkrete Stelle wussten wir nicht, wohl aber, dass das alles wegen der Bäume nicht ganz einfach werden würde. Und wenn man nur eine Autobahn als parallele Straße hat, kann man halt auch nicht so mal eben anhalten. Wir klapperten alle Abfahrten ab, doch so recht gefiel uns das alles nicht. Mal lag es am Motiv, mal am Lichtstand. Dann fanden wir allerdings einen klasse Ausblick, vor dem man an einer Schotterausbuchtung der Autobahn anhalten konnte - absolut sicher, sicher aber absolut nicht erlaubt. Die spannende Herausforderung lautete nun also: Wer kommt erst - Der Zug oder der Sheriff? Der Zug siegte, obwohl wir noch 20 min warten mussten. Langsam kam er die gewundene 3,5% Steigung empor gekrochen. Ein erstes wirkliches Hauptmotiv war im Kasten!


Der Raton Pass: Trotz zweier Gleise fährt hier planmäßig nur noch ein Zugpaar am Tag: Der Amtrak "Southwest Chief". Güterzüge vermeiden die gewundene 3,5% Steigung, indem sie südlich um die Berge herum fahren. Im Hintergrund sind die schneebedeckten Berge der Sangre de Cristo Mountains zu sehen.


Nur ein kurzes Stück hinterm Pass ist schon der Bahnhof Raton erreicht. Wir befinden uns jetzt in New Mexico.

Wir bekamen den Zug locker hinterm Pass nochmal, wobei das Licht sehr spitz stand. Der nächste Programmpunkt mit demselben Zug war nun, ihn gescheit mit den Formsignalen umzusetzen, die es hier an der BNSF Raton Subdivision sowohl in einigen Bahnhöfen als auch als Blocksignale auf der Strecke noch gab. Das wurde nun aber doch sehr erschwert durch die fehlende Ortskenntnis. Hier herrschte nun auch erstmal weite, flache Steppe vor. Zwar schaffte es Christian, unterwegs die Standorte der Semaphoren zu ergoogeln, doch als wir nach langer Fahrt die Signale von Wagon Mound begutachteten, scheiterte es am fehlenden geeigneten Standpunkt, und als wir den Bahnhof Watrous ansteuerten, glänzten uns dort nagelneue Lichtsignale entgegen. Man will nämlich alle Signale mit mechanisch bewegten Teilen, also auch die Lichtsignale, in der sich die Farbblende verschiebt, abschaffen. Wir riskierten mal, dem Zug nach Valmora entgegenzufahren, aber auch die dortigen Blocksignale waren nicht mehr. Wir erwischten den Zug dort immerhin noch knapp mit einer Felswand im Hintergrund.


Zug 1003 in einsamer Schlucht bei Valmora.

Schöne und aktuelle Formsignalbilder hatten wir vom Bf Chapelle gesehen. Dieser abseits der Autobahn gelegene Bahnhof sollte nun aber auf jeden Fall gehen! Vorsprung hatten wir (bei äußerst korrekter Fahrweise!) wieder mal genug, und so konnten wir uns vor Ort in Ruhe den Bildaufbau ausdenken. Interessanterweise sind die Signale in Grundstellung alle auf Fahrt. Nur wenn der Zug den Block des Einfahrabschnittes besetzt, gehen die Asigs auf Halt. Das sieht putzig aus, wenn nach Verlassen des Folgeabschnittes beide Asigs synchron auf "Halt erwarten" (45° Winkel) und nach Verlassen des nächsten Abschnittes auf Fahrt (Arme stehen senkrecht in die Höhe) gehen. Das ganze läuft wohl ziemlich automatisiert ab. Alle Formsignale sind per Motor angetrieben. Örtliches Personal gibt es natürlich nicht.


Endlich klappt es mit den Formsignalen. Wir befinden uns im Bahnhof Chapelle.

Eigentlich hatte ich schon das nächste Motiv für den Zug im Auge. Doch gefiel uns beim Aufbruch der Blick auf die andere Ausfahrt auch sehr gut. Wir entschieden uns, hier auf den Gegenzug zu warten, der bald kommen musste. Der ließ uns dann aber doch fast eine Stunde warten. Währenddessen konnten wir den Kindern vom naheliegenden Haus, das von mehreren Autowracks umgeben war, erklären, was wir hier machen. Das Haus war Bestandteil einer kleinen Siedlung in einem einsamen Talabschnitt zu Füßen der hier allgegenwärtigen Sandsteinfelsen. Und von mir wurde die Sonnenchreme Saison 2016 eröffnet.

Als die Fahrt zeigenden Asigs endlich auf "Halt erwarten" gingen, brachten wir uns in Position. Rechtzeitig waren hohe Wolkenschleier aufgetaucht, doch Zug 4 war noch weit weg. Nach einer gefühlten Viertelstunde gingen die Ausfahrsignale komplett auf Halt, diesmal komischerweise nicht synchron, sondern im Abstand von mehreren Minuten. Dann vergingen nochmal mindestens fünf Minuten, bis der Zug kam. Das Licht war nun stark am schwanken, doch zum Zug gab es nochmal alles.


Nachdem wir Zug 1003 einstweilen haben fahren lassen, erreicht bald der Gegenzug 04 den Bahnhof von Chapelle. Nachdem die Lok das Einfahrsignal passiert hat, senkt sich der Flügel bereits langsam von der senkrechten Position in die Haltstellung. Was wir jetzt noch nicht wussten: Dieser Zug sollte sein Ziel Chicago nie erreichen. Er entgleiste nach Mitternacht in der Nähe von Dodge City mit fünf Wagen, die zum Teil umgekippt sind. Zum Glück gab es "nur" 32 Verletzte.

Jetzt begann der große Sprung. Unser Zug 1003 war ja nun schon weit weg. Auf der Autobahn fuhren wir parallel zur Bahn weiter. Die Landschaft war nun skandinavischer, alles stark bewaldet. Nachdem sich unser völlig untermotorisiertes Auto einige längere Steigungen hochgequält hatte - teils mit zweimal runterschalten - verließen wir die Bahn mit einem Umweg über Santa Fe. Leider hatten wir ein südfahrendes "Verrücktes Huhn", den länderfinanzierten Nahverkehr New Mexicos, um eine Viertelstunde verpasst. Die Ausblicke im Rückspiegel auf Santa Fe waren mal wieder phantastisch. Ich freute mich sehr, dass wir diesen Blick 2009 so schön hatten umsetzen können.


Hier nochmal das Bild aus 2009: Der "New Mexican Rail Runner Express" hat Santa Fe weit hinter sich gelassen.

Die Devise lautete nun: Albuquerque rechts ab. Bis hier hatte uns auf einige hundert Meilen die I25 gebracht. Nun ging es auf der I40 weiter entlang der BNSF Gallup Subdivision, der wohl stärkstbefahrenen Ost-West-Magistrale der USA. Als wir uns aus dem Dunstkreis Albuquerques auf die umliegenden Höhen hochgearbeitet hatten, zeigte die Tanknadel etwa die Mitte zwischen Viertel und leer. An einer einsamen Abfahrt kam eine Tankstelle, doch wir fuhren weiter. Und fuhren. Und fuhren. Irgendwann ging die Reserveleuchte an. Keine Abfahrt weit und breit. Dann ne Abfahrt im Nichts ohne Tanke. Christian erzählte von einer auf der Karte entdeckten Tanke in 30 Meilen (!), das ist sowas wie Kilometer, aber mal 1,6. Das schaffen wir nie! Meine Hoffnung war die Indianersiedlung Laguna, von der ich aus 2009 in Erinnerung hatte, dass da "was war". Die Tanknadel lag nun in Ruheposition auf "Empty". Wir krochen im Windschatten eines LKWs die Steigung zur Abfahrt Laguna hoch. Ein Schild: "Gas and Food exit here"! Moment! Gas? Damit waren wir gemeint! Yippieh! Gerettet von den Pueblo Indianern, die hier die Tanke betreiben! Wo wir schon mal da waren und die Abendsonne nochmal alles gab, konnte man auch ein nahegelegenes Motiv ansteuern, bei dem wir 2009 vergeblich auf Verkehr gewartet hatten. Ein Zug beehrte uns bald. Wegen der Länge konnte man leider nicht so stark telen wie man es erhofft hätte, doch waren wir froh, dass überhaupt etwas kam.


Wir befinden uns nun an der BNSF Southern Transcontinental, auf dem Abschnitt der Gallup Subdivision. Ein langer Trailerzug begegnet uns bei Laguna, der Siedlung der Pueblo Indianer.

Allerdings stand auch noch unser Zug 1003, der "Southwest Chief" an. Der sollte nach seinem 50minütigen Tankstopp in Albuquerque nun unterwegs sein. Und der hätte hier auch gut gepasst. Doch leider sank die Sonne nun wieder in einen undurchdringlichen Modder am Himmel, so dass wir mal weiter fuhren. Dabei ging es zur Erkundung ein wenig auf Landstraße parallel zur Bahn. Ostwärts stauten sich die Züge. In jedem Bahnhof stand was. Westwärts war hingegen nichts zu sehen.

Die Sonne beleuchtete irgendwann nochmal toll die roten Felsen vor Gallup, dann ging sie unter. Feierabend! Wir suchten das gebuchte Americas Best Value Inn & Suites (den langen Namen kann sich doch kein Mensch merken) in Gallup auf. Das Hotel lag wunderbar an der westlichen Bahnhofsausfahrt. Trötend fuhren die Züge vorüber. Vor unserem Zimmer stehend konnten wir uns auch von unserem "Taxi", dem Amtrak Zug 1003, der uns den ganzen Tag begleitet hatte, verabschieden. Dann ging es nach einer Runde durch den Ort ins Gewerbegebiet, wo alle Speiseketten vertreten waren. Eine "Straße der Köstlichkeiten"... Bei Dennys gab es Hähnchenbrust mit Brokkoli und Kartoffelecken. War gar nicht schlecht. Nach den rund 830 km Fahrt mit diversen Fotoaktionen war ich fix und alle. Wir fielen nur noch ins Bett...

Montag, 14.03.2016

Immerhin habe ich heute bis vier durchgeschlafen. Ich habe bis dahin keinen einzigen Zug mitbekommen. Heutiger Plan waren die roten Felsen von Gallup am Morgen und Vormittag, dann ein Sprung ins 200km entfernte Winslow AZ, wo ich von 2009 noch ne Rechnung mit einem abendlichen Streiflicht Motiv offen hatte.

Christian stöberte morgens noch ein wenig im Internet und fand eine etwas erschütternde Meldung. Der Amtrak Zug 4, den wir gestern einmal ostfahrend in Chapelle fotografiert hatten, war in Kansas entgleist. Immerhin war "nur" von 20 Verletzten die Rede.

Nach dem ganz anständigen Frühstück fuhren wir westwärts und erkundeten die Felsen bei Manuelito. Einen Standpunkt zu finden, erwies sich als nicht einfach, weil auf der Sonnenseite nur der Fluss war und man da immer viel tiefer stand. Auf der anderen Flussseite kam erstmal die Autobahn. Der Blick von der Straßenbrücke östlich Manuelito erwies sich als nett. Hier blieben wir erstmal, während sich die Schleier am Himmel langsam auflösten. Es kamen auch sogleich zwei Züge. Ein Autozug noch fast ohne Sonne, der sich blöderweise vom ostfahrenden Amtrak 4 überholen ließ. Der Amtrak hatte schönes Licht, aber leider die Autowagen dahinter...


Bei Manuelito, kurz vor der Grenze zu Arizona, kommt Amtrak Zug 4 angerollt und überholt einen Autozug. Zug 4 wird wegen der Entgleisung heute und morgen nicht den Weg über den Raton Pass nehmen, sondern weiter südlich umgeleitet.

Da der Autozug keine Anstalten machte, das Motiv zu verlassen, verließen wir zum ersten Mal die schöne Brücke, um die Möglichkeiten einer Straße auf der anderen Talseite auszukundschaften. Weit kamen wir nicht. Der Autozug ruckte an. Wir fuhren wieder zur Brücke zurück. Weit schaffte es der Autozug allerdings nicht. Er hatte gerade das Blocksignal vollständig passiert, als er wieder stand. Nun ja, immerhin konnte jetzt der nächste Zug bis zu "unserem" Blocksignal folgen. Wir warteten einfach. Paar Züge in der Gegenrichtung kamen auch, sogar mit Schlussloks.


Ein langer Zug rollt westwärts unter unserer Brücke hindurch. Vorn führt er Trailer, ...


... während sich der hintere Teil als Stacktrain, also "Stapelzug" - hierzulande eher Doppelstockcontainerzug genannt - entpuppt.

In Richtung Osten jedoch keine Bewegung. Der Autozug stand still vor sich hin. Komischerweise blinkte das Schlusssignal nur eine Zeitlang rot, dann war es wieder aus. Irgendwann wollten wir doch nochmal die andere Straße auskundschaften und verließen die Brücke. Weit kamen wir nicht. Gerade waren wir die Straße ein Stück hinein gefahren, da sahen wir in der Ferne einen Ostfahrer kommen! Schnell zur Brücke zurück! Langsam schob sich der Leerwagenzug mit seinen sieben Loks um die Ecke. Er fuhr nicht ganz an das Blocksignal heran, sondern blieb perfekt für uns im Motiv stehen! Auch sowas darf es geben! Wir konnten den Zug aus verschiedenen Perspektiven umsetzen. Bei sieben Loks war es auch schon egal, dass dahinter Flachwagen kommen...


Der Leerwagenzug kommt günstig vor unserer Brücke zum stehen.

Der Zug stand nun also auch. Nichts ging in Richtung Osten. Zum dritten Mal fuhren wir in die Straße auf der anderen Talseite hinein. Die Ausblicke auf die Felsen von Manuelito waren klasse, die Autobahn im Vordergrund weniger. Man hätte auf einen Hügelrücken oberhalb der Autobahn hinauflaufen müssen, aber das wagten wir im Lande "private property" dann doch nicht. Was haben wir für ein Glück, dass wir uns in Europa frei bewegen können... Einen Zug nahmen wir aus Jux mit der Autobahn im Vordergrund, wobei eine Auslösung sogar ohne vordergründige Autos ging.


So richtig den guten Standpunkt haben wir für die Felsen von Manuelito nicht gefunden. Fluss und Autobahn waren gern im Weg...

Es war noch mitten am Vormittag. Bevor wir die Reise nach Arizona antraten, wollten wir nochmal schauen, ob was mit den roten Felsen östlich Gallup gehen würde. Wir fuhren wie 2009 schon die Ausfahrt Coolidge raus und an die Strecken ran. "Strecken" deshalb, weil die Richtungsgleise hier in der Form zweier eingleisiger Strecken durch die Landschaft führen. Das fotogenere Gleis ist passenderweise das für Ostfahrer (hier eher Südfahrer). Es beschreibt eine weite Kurve zu Füßen der roten Felsen entlang. Leider waren sämtliche gleisparallele Zuwegungen mit Schrankenbäumen versehen. Die waren zwar offen, aber wer weiß für wie lange...

Wir fanden allerdings eine andere hübsche Stelle Stück einen Sandweg rein. Kurz bevor dieser in ein Gelände führte, das mit vielen Bibelsprüchen und nur einem "private property" gesichert war, konnten wir anhalten. Wir wären nicht mitten in der Wildnis, wenn hier nicht sofort Lex Wilderness ("Du bist nie allein!") auf den Plan getreten wäre. Ein älterer Indianer (so richtig autentisch mit langer Haarpracht) kam mit seinem Pickup angefahren und stellte die obligatorische Frage "You need help?". Das ist amerikanisch und bedeutet sinngemäß etwa so viel wie "Was zur Hölle habt ihr hier zu suchen?". Ich antwortete wahrheitsgemäß, dass wir Züge fotografieren wollen und uns nicht zu helfen sei.

Bald kamen drei Züge. Sie kamen auf dem anderen Gleis. Erwähnte ich, dass das paar hundert Meter entfernt durch die Wicken führte? Klassischer Fall von "verdammt dumm gelaufen." Die Sonne stieg immer höher, meine Motivation fiel etwa im gleichen Maße. Wir kraxelten da zwar noch an zwei Stellen durchs trockene Piekskraut, welches unsere Schuhe und Socken auch mit reichen Gaben beschenkte, doch Erfolge gab es keine mehr zu feiern... Wir taten das einzig Richtige und steuerten in Gallup die Straße der Köstlichkeiten an. Hmmm, was nehmen wir nur? Mägges, Dennys, Wendys, Taco Bell oder oder oder? Wir landeten bei Burger King. Die zwei Whopper taten gut. Ich fand interessant, dass mindestens 3/4 der Gäste einen indianischen Eindruck machten.

Danach machten wir uns an den Sprung rüber nach Winslow AZ. Die 132 Meilen waren ja gar nichts gegenüber der Tour gestern. Wieder Uhren verstellen, denn Arizona hat zwar Mountain Time, aber keine Sommerzeit. Also eher Pacific Daylight Saving Time wie Kalifornien. Die Fahrt führt mitten durch die Steppe. Aber die Landschaft ist schon eindrucksvoll. Mal kam von rechts ein alter Damm mit Telegraphenleitung heran. War aber kein Bahndamm, sondern der von der alten Route 66. Einen Tankhalt gab es in Holbrook. Nachdem seit Sonnenaufgang praktisch nur drei Züge gen Osten durchgekommen waren, rollte jetzt einer nach dem anderen. Suuuper, die sollen mal warten bis heute Abend, wo wir sie gebrauchen könnten! In Winslow fuhren wir direkt zur Brücke, von der man den schönen Blick zu den San Francisco Peaks hat. Leider war hier direkt eine Wettergrenze und die Berge hoben sich nur schemenhaft in der Dunstschicht ab, die nordwestlich von hier hing. Und es war wie 2009. Während westwärts ein Zug nach dem anderen rollte, war in die Fahrtrichtung nach Osten wieder Betriebsruhe eingekehrt... Gut, bis zum schönen Streiflicht war es natürlich auch noch etwas hin...


Ein gemischter Trailer- und Stacktrain hat in Winslow frische Maschinen vorbekommen und verlässt das Wüstenstädtchen. Die Warbonnet Lackierung haben wir nur noch an den kleinen vierachsigen Maschinen wie dieser B40-8W an dritter Stelle zu sehen bekommen. Geführt wird der Zug von einer noch recht jungen ES44C4, die sich auf dieser Strecke zur reinsten Landplage entwickelt hat. Allerdings zu einer sehr imposanten, fotogenen Landplage... Ich finde es überhaupt faszinierend, dass nun schon seit Jahrzehnten ohne große Abweichungen an einer einzigen Lokform festgehalten wird.

Rechtzeitig zum schönen Streiflicht zog allerdings dann auch die Wolkenpampe von Nordwesten herein. Kurz nach 5 kam dann tatsächlich doch ein Ostfahrer, aber dessen Anfang war die ganze Zeit vom Wolkenschatten bedeckt, während der hintere Teil gut von der Sonne erfasst wurde. Sehr witzig...

Westwärts waren am Ende sicherlich acht bis zehn Züge gefahren, ostwärts blieb es in den fast vier Stunden, in denen wir immerhin bequem im Auto auf der Brücke stehen konnten, bei dem einen Zug. Ich persönlich habe damit mit dieser Stelle abgeschlossen. Das ist dann doch einfach zu frustrierend. Als die Sonne um 18.30 verschwunden war, hatten wir es immerhin nur noch fünf Minuten ins gebuchte Hotel. Diesmal hatten wir ein Rodeway Inn. Das Super 8 von vor sieben Jahren gab es nicht mehr. Unser Rodeway Inn entpuppte sich dann allerdings als das Gebäude, in dem das Super 8 damals war. Es wirkte bloß alles ziemlich abgehalftert. An der Rezeption saß kein Indianer, sondern ein Inder. Ach, wenn der alte Columbus das noch erlebt hätte...

Zur Abendspeisung fuhren wir mit dem Wagen zum Stadtteil der Köstlichkeiten, wo sie wieder alle vertreten waren... Taco Bell war in einem Haus mit Long John Silvers zusammen. Dessen Fischangebot machte aber solch einen fett fritierten Eindruck, dass ich mich lieber mit drei Tacos des anderen Teilhabers dieser Gemeinschaftspraxis begnügte. Im Hotel hatte unser assiger Zimmernachbar die Glotze voll aufgedreht. Oh Mann, nächstes Mal geben wir aber few Dollars more für was anständiges aus; man muss ja nicht immer für 19,50€ pro Person unterkommen...

Dienstag, 15.03.2016

Dank Ohropax war ich nach 21 Uhr sofort eingeschlafen und konnte dann auch wunderbar bis ca 5 Uhr durchschlafen. Der Jetlag war weitestgehend besiegt. Was wir vom Frühstück zu erwarten hätten, hatte uns der Rezeptionist gestern schon mit entschuldigender Miene gesagt. Es war wirklich erbärmlich. Toast, Butter - die Marmelade aus der Squeezy Flaske sah schon zu suspekt aus. Dazu dünner Kaffee... Am Himmel zeigten sich wieder die ganzen Schleier. Dazwischen sah man aber auch blau. Die Morgensonne strahlte dann auch wunderbar golden. Das veranlasste uns, mal wieder die bewährte (oder auch nicht) Brücke aufzusuchen. Der Morgenblick auf die weite Wüstenlandschaft mit den San Francisco Peaks im Hintergrund war wunderbar. Bald meinten wir dann auch, gaaaanz weit hinten in der Ferne das helle Band eines Zuges gesehen zu haben. Doch es kam einfach nichts! Wobei - was kann das denn sonst gewesen sein, so ein langes weißes Band, das sich bewegt?


Während wir mal wieder auf Ostfahrer warten, sind natürlich einige Westfahrer am Start. Ausfahrt aus dem Bahnhof Winslow AZ.

Nun ja, bei der Rechnung muss man natürlich mit berücksichtigen, dass der Zug an der Stelle noch seeeehr weit von uns entfernt gewesen sein muss. Wir harrten einfach aus. Nach etwa einer halben Stunde war der Zug zwar noch immer nicht aufgetaucht, doch noch weiter hinten war wieder ein Spitzenlicht zu sehen! Oder doch nicht? Oder gibt es hier Fata Morganas? Old Shatterhand hat ja auch immer per Luftspiegelung erkannt, wenn Indianer in der Nähe sind. Der Unterschied ist nur, dass bei Karl May die Indianer dann auch wirklich kamen... Wir wollten gerade abrüsten, da entdeckten wir, dass die Einfahrt gezogen war. Das wäre vielleicht dann doch nicht der richtige Moment für die Abreise... Letztendlich gingen hier zwei Züge. Und die Fata Morgana in der Ferne tauchte auch mal wieder auf. Es handelte sich tatsächlich um reale Züge...


Endlich mal ein Zug mit den San Francisco Peaks im Hintergrund. Einfahrt in den Bahnhof Winslow.

Wir fuhren westwärts. Klar, unterwegs kam natürlich jede Menge weiterer Züge entgegen. Von den knapp 1500 Höhenmetern, die Winslow hoch liegt, arbeiteten wir uns nun noch auf über 2000 m bei Flagstaff vor. Dort kundschafteten wir auch etwas herum, fanden aber nichts überzeugendes. Außerdem wurde der Mumpf am Himmel immer dicker. Auch wenn die Sonne meist noch diffus Schatten warf, so war der Himmel einfach nur grau. Das ließ jegliche Lust auf Fotos zum Erliegen bringen. Allerdings waren wir darauf auch von der Wettervorhersage vorbereitet gewesen, die für mittags komplette Bewölkung orakelt hatte.

Der Streckenverlauf westlich Williams, wo gerade der Grand Canyon Zug abfuhr, war besonders interessant. Auf der alten, extrem gewundenen Santa Fe Strecke geht es heute nur noch nach Phoenix. Einstmals trennten sich die Strecken Richtung Phoenix und Kingman erst in Ash Fork, das "nur noch" 1566m hoch liegt. Doch die heutige BNSF Seligman Subdevision, also die Transkontinentalbahn, führt ab Williams weiter nördlich durch die Wildnis. Beide Strecken dürften extrem schwer zugänglich sein. Ab Seligman wechselten wir auf die Landstraße, die alte Route 66. Wir wollten nämlich mal die Möglichkeiten erkunden, wie man an den Crozier Canyon heran kommt.

Der Weg dorthin hatte ein Tor vor und ein Schild, auf dem sehr viel stand. Das hatten wir schon per Google Streetview im Internet gesehen. Lesen hatte man es aber nicht können. Als wir nun das Tor erreicht hatten, war die Überraschung groß. Ja, private property sei es durchaus, aber das Gelände stände allen offen, die sich bei Betreten und Verlassen in ein Buch eintragen. Dort konnte man sich auch eine Plakette fürs Auto mitnehmen. Immerhin! Es gibt doch noch Freiheit in den USA! Es wurde aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um einen Versuch handle, der sofort eingestellt werde, wenn sich die Leute nicht an die Regeln halten.

Letztendlich musste man durch insgesamt zwei Tore durch, dann war man im Canyon. Und da der Canyon mehr ein Canyonchen ist, konnte man die umgebenden Höhen auch an vielen Stellen gefahrlos erklimmen. Wir fuhren einen üblen Weg ein Stück hinein. Das nächste Mal würden wir zu Fuß gehen. Aber wir hatten einiges auskundschaften können und konnten nur noch auf morgen hoffen. Vielleicht auch schon auf heute Nachmittag, denn von Nordwesten näherte sich am Himmel unverkennbar eine blaue Zone! Das machte Hoffnung!

Erstmal fuhren wir aber nach Kingman in die Straße der Köstlichkeiten. Taco Bell lachte uns als erstes von allen an, also da hin! Im Gegensatz zu gestern in Winslow oder auch in Gallup war unter den Besuchern das Verhältnis Bleichgesichter zu Indianern schon wieder auf ca 50% angestiegen. Als wir aufgegessen hatten, ging es zum westlichen Eingang des Crozier Canyons, wo wir vorhin auch noch eine Zuwegung getestet hatten. Ein weiterer Weg ohne "no trespassing"! Unterwegs von Kingman ins Motiv kamen uns drei Züge entgegen. Als wir unseren Aussichtsfelsen bezogen hatten, war das Zugbündel offenbar schon wieder vorüber... Als wir fast abbrechen wollten, weil das Licht all zu sehr in die Achse drehte, kam vollkommen ohne jede Vorankündigung doch noch ein Zug.


"Blühende" Moose auf den Felsen am westlichen Ausgang des Crozier Canyons.


Maßarbeit - in einem passend langen Ausschnitt zeigen sich die vier Zugloks eines Stacktrains, der gerade durch den Canyon rollt.

In dessen Windschatten wechselten wir auf einen Felsen zwischen Crozier und Valentine. Dort hatten wir zwar keinen langen freien Abschnitt, aber der Blick war schön. Doch irgendwie merkten wir irgendwann, dass das gar nicht der Abschnitt war, den wir beabsichtigt hatten. Einen Nordostfahrer konnten wir gerade noch mitnehmen, als wir eigentlich schon Richtung Auto unterwegs waren.


Zugfahrt in Richtung Nordosten bei Valentine.

Kurz vor Valentine bestiegen wir den nächsten Felsen. Der Blick fiel nett auf die Tafelberge, der Abschnitt war doch etwas zuggeeigneter, so dass ich froh war, gewechselt zu haben. Diesmal wurden wir nach nicht all zu langer Wartezeit bedient. Es kam ein interessanter Stacktrain, in dessen Zuglox auch zwei von der CSX eingereiht waren.


Ein Südwestfahrer mit den Tafelbergen bei Valentine. Wir befinden uns hier im Reich der Hualapai Indianer. Das ist das Volk, das auch den Grand Canyon Skywalk betreibt.

Nun wurde es Zeit für die nächste Stelle, nunmehr ein Stück hinter Valentine. Sie war weitläufiger und verfügte über topp Bergkulisse. Von allen Ausblicken rund um Valentine gefiel mir dieser am besten. Hier hatte man auch vielfältige Variationsmöglichkeiten. Es war einfach nur schön dort zu warten und zu überlegen, welchen Felsen oder welchen Kaktus man wie ins Bild integriert. Aber - wir waren an der BNSF Transcontinental. Und dort kommen keine Züge, wenn's am schönsten ist. Dieses Gesetz wird nicht gebrochen. Der Lokzug mit acht Loks, den man uns von hinten schickte, war zwar nett gemeint, aber selbst acht Loks waren nun ausgerechnet an diesem weitläufigen Blick etwas mickrig.


Acht Loks fahren bergwärts durch Valentine.

Dafür war man nicht in das Land der langen Güterzüge gefahren. Bald schattete unser Talabschnitt zu. Von weiter oben auf dem Felsen konnte man mit Blick in die andere Richtung noch ein wenig auf Streiflichtkram hoffen, aber da kam natürlich auch nichts mehr. So schön es auch war, dass man hier endlich mal ohne "no trespassing" Schilder auf den Felsen herumklettern konnte, so enttäuscht war man, dass nach wie vor morgens und abends, wenn das Licht am schönsten war, nichts rollte. Muss wohl planmäßig sein... Aber das Timing war perfekt: Kaum war das Hauptmotiv für Südfahrer völlig zugeschattet, kam ein Südfahrer. Wir konnten ihn dank Schlusslok immerhin im Streiflicht nachschießen; es fehlte bloß das Spitzenlicht.

Und als das Streiflichtmotiv so stark zugeschattet war, dass wir anfingen, vom Hang hinab zu kraxeln, kam natürlich endlich ein Nordfahrer. Wir rannten nochmal hoch, man mag das Bild vielleicht auch als stimmungsvoll ansehen, aber wenn man weiß, wie es fünf Minuten zuvor ausgesehen hat, bleibt die Enttäuschung.


Schon nicht mehr richtig von der Sonne erfasst wird dieser Nordostfahrer in der langgetreckten Kurve zwischen Hackberry und Valentine bzw noch im Bereich des Bf Valentine.

Auf dem zwanzigminütigen Weg zurück nach Kingman kamen uns gleich mal drei weitere Güterzüge entgegen. Es ist wirklich nicht zu fassen!!! Das ging dann den ganzen Abend so weiter. Unser Days Inn befand sich in Sicht- und Hörweite der Bahn. Wir hatten das Gefühl, dass ununterbrochen Züge gingen. Vor diesem "Genuss" sind wir noch den Boulevard der Köstlichkeiten entlang gecruised. In der dritten Tanke fand ich endlich eine Cap gegen die Sonne auf den lichteren Stellen meines Kopfes mit einem dezenten Route 66 Aufdruck. Das Teil hätte ich heute Nachmittag schon gut gebrauchen können. Immerhin, um mal was positives zu schreiben, sollte ich lt Prognose die Kappe in den nächsten Tagen noch sehr gebrauchen können... Zum Abendessen waren wir bei Dennys.

Mittwoch, 16.03.2016

Der Morgen zeigte sich von seiner blauen Seite. Das Frühstück war zwar ziemlich spartanisch - wenn auch nicht ganz so schlimm wie gestern. Dennoch fehlte mir irgendwie was Herzhaftes. Was ich von der Riesenschüssel mit gekochten Eiern im Kühlschrank (!) halten sollte, war mir nicht ganz klar. Ich ließ lieber die Hände davon. Wir stopften so viel wie möglich in uns rein, denn heute würde das Mittagessen definitiv ausfallen. Ein Tag am Busen der Natur sollte es sein. Und weil wir abends nochmal die offene Baustelle von gestern angehen wollten, verlängerten wir direkt um eine Nacht.


Bei Antares fängt die Landschaft an zu leuchten...

Auf dem Weg zum Crozier Canyon kam uns zur Abwechslung mal nur ein einziger Zug entgegen. Auch in unsere Richtung war nichts zu sehen. Genau richtig eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang hatten wir uns ins Buch der Crozier Ranch eingetragen und das Auto geparkt. Da der Kernbereich des Canyons noch im Schatten lag, "vergnügten" wir uns erstmal mit auch schon sehr netten Ausblicken östlich davon. Wir brauchten gar nicht lange zu warten, da hörten wir es von unten tröten. Und von oben. Na ja, da war ja direkt klar, welche Freude uns nun bevorstände: Zuuuugbegeeeeegnung! Genau so war es auch! Wobei der fürs Motiv interessante Ostfahrer ein Leerwagenzug und damit nicht ganz so attraktiv war...


Vorsicht vor den Kakteen!


In Deutschland wäre so ein Felsenmotiv von großem Interesse, in den USA ist sowas nur Vorgeplänkel!

Zum Glück bissen wir uns hier nicht fest. Immer mehr Stellen rückten in die Sonne. An der nächsten Stelle hatte man den Kernbereich der Schlucht immerhin schon schön im Hintergrund. Und es rollte! Aber auch am nächsten Zug gab es was zu meckern: Flachwagenschaden. Wir überlegten hin und her. Langsam wollten wir hoch auf die Felskrone. Andererseits - wenn jetzt noch ein Zug hinterher käme... Wir liefen schon mal ein ganzes Stück bergauf. Und dann rannten wir alles wieder runter. Es kam nämlich noch ein Zug! Mit diesem Stacktrain konnten wir dann auch einen Haken an die Stelle setzen.


Wir nähern uns dem Hauptteil der Schlucht.

Beim Rennen hatte ich einen kleinen Kaktus übersehen, dessen Andenken mir nun spürbar im Schienbein steckte. Über eine flachere Stelle war die Felskrone sehr einfach zu erklimmen. Und da oben konnte man sich entlang der Kante vollkommen frei bewegen. Bei dem Ausblick von hier oben wurde uns klar, dass alles andere da unten nur "Hilfsmotive" waren. Für sowas war man in die USA gereist! Und der Zugverkehr war einfach nur begeisternd! Wir konnten haufenweise Variationen aufnehmen. Teilweise war es so, dass der nächste Zug auftauchte, wenn der vorherige gerade verschwunden war. Wunderbar! Da konnte es uns nichtmal aufregen, dass da plötzlich ein weißes Auto in der Wildnis stand. Wir bewegten uns mit dem Sonnenstand einmal die komplette Felskrone entlang.











So gegen 11 Uhr hatte plötzlich jemand den Stecker gezogen. In beiden Richtungen war kein Verkehr mehr. Wir zogen nun um auf das westlichste Ende der Felskante. Es war einfach nur wunderschön hier. Es war warm, die Jacke war im Auto geblieben. Doch es wehte ein erfrischender Wind. Die Vegetation hier am Canyonrand erinnerte mich total an Kroatien, an die Krkaschlucht. Wobei hier halt Kakteen in vielen Varianten und blau bemooste Steine hinzu kamen. Um 12.30 kam immerhin mal wieder ein Ostfahrer durch. Damit war der Bann gebrochen. Es fing wieder an zu rollen!


Im Schneckentempo rollt ein Langschienentransport durch den Canyon. Die Ladung biegt sich in den Kurven!


Am Ende des Langschienenzuges sind paar Zweiwegefahrzeuge eingereiht!







Gegen 14 Uhr waren die Motive vom hinteren Ende nicht mehr so richtig in der Sonne. Langsam liefen wir die Felskante wieder zurück. Dabei kamen wir natürlich auch an der Geraden vorbei, die von Osten auf unsere Felswand zuführt. Das war nochmal ein richtiges Topp Panorama mit drei Tafelbergen im Hintergrund. Wir brauchten nicht lange zu warten. Es kam sogar ein Zug mit führender Fremdlok von Citirail.



Wir liefen weiter. In der Ferne fiel der Blick weit in die Ebene, aus der nun zwei weitere Züge hintereinander auftauchten. Den einen Frachtenzug nahmen wir vom Ostende der Felskante, für den nachfolgenden Stacktrain ("Stapelzug") liefen wir nochmal den Kilometer zurück zu der Stelle, wo wir die Citirail Lok aufgenommen hatten. So interessant die Fremdlok auch war, so unauffällig war die Farbgebung. Das BNSF Orange macht sich schon gut in der Landschaft.


Bei Truxton draußen in der Ebene nähert sich ein "Manifest", ein bunter Frachtenzug.


Bei dem Manifest ist als vierte Zuglok eine GP60B eingereiht, eine Antriebseinheit ohne Führerstand.

Nun ging es aber auch geraden Weges zum Auto zurück. Wir wollten es ja nun nochmal mit der letzten Stelle von gestern wissen. Während des Weges und später aus dem Auto sahen wir keinen Westfahrer mehr. Wir wollten nicht hoffen, dass damit wieder die große Pause eingeläutet wurde. Nachdem wir an unserem Aussichtsfelsen bei Valentine angekommen waren, begann das Warten wieder - vielleicht mit dem Unterschied, dass von hinten drei Züge kamen, die aber leider keine Schublok dran gehabt hatten.


Wir trugen uns wunschgemäß beim Verlassen der Crozier Ranch aus dem Buch aus.

Doch dann wurde alles gut. Wir hatten wohl anderthalb Stunden warten müssen, dann tauchten drei Züge in relativ kurzen Abständen in unserer Hauptrichtung auf. Das war nun so richtig klasse. Wir konnten fast jeden Kaktus auf unserem Hügel einmal mit Zug umsetzen.


Ein Manifest...


...und ein Stacktrain bei Valentine.

Und als das Südfahrermotiv zuschattete, fing es nochmal an, in der Gegenrichtung zu rollen, so dass wir auch zu unseren Streiflichtschüssen kamen. Interessanterweise fuhr hier einer der Nordostfahrer ins Überholgleis ein und ließ sich von einem anderen Zug überholen. Beides waren Stacktrains, wobei der Überholende ausschließlich J.P.Hunt Intermodal Container und Auflieger führte, während der Langsame eine bunt zusammengesuchte Mischung hatte.


Diesmal klappt es auch mit der Streiflicht-Perspektive besser: Ein J.P. Hunt Intermodal zwischen Hackberry und Valentine.

Christian war auf einen lockeren Stein getreten und lag plötzlich neben mir am Hang, und zwar auf dem Rücken mit dem Kopf nach unten. Autsch, das hätte bös' ausgehen können. Zum Glück gab es nur paar Kratzer. Nun hatten wir es hier vom Hügel. Klasse! Wer hätte das nach dem gestrigen Tag gedacht! Wir nahmen Kurs auf Kingman. Die Sonne schien aber noch. Wir versuchten paar Stimmungsbilder. Bis Sonnenuntergang ging nun zwar nichts mehr, doch danach gab es noch einen Zug vor den Bergen im Gegenlicht.


Bei Antares: Schienen im Abendlicht.


Zur orangen Stunde rollt ein Stacktrain bei Antares ostwärts.

Zum Abendessen liefen wir den Boulevard der Köstlichkeiten stadteinwärts. Jack in the box und Arby's sahen jedenfalls mir zu ungemütlich aus. Und Hamburger mussten auch nicht unbedingt sein nach dem tollen Tag. So landeten wir wieder bei Dennys. Den Kaktusstachel in meinem Schienbein bekamen wir leider nicht ganz heraus. Mal sehen, hoffentlich gibt das keine Entzündung.

Donnerstag, 17.03.2016

Beim Frühstück erfuhren wir aus dem Frühstücksfernsehen, dass die gesamte USA von Schneefällen überrollt würde. Nur ein kleiner Viertelkreis von Kalifornien bis Texas war davon ausgenommen. Ok, Florida und Haweii auch... Und wir zogen heute im T-Shirt los, so warm war es hier in Kingman auf immer noch gut 1000m Höhe. Im Angesicht der aufgehenden Sonne fuhren wir ans andere Ende der Stadt in den Kingman Canyon, durch den die Bahn einige hundert Höhenmeter verliert. Dabei haben die Gleise sehr unterschiedliche Höhenniveaus. Wir hatten geplant, uns erstmal für Ostfahrer an dem oberen Gleis aufzustellen.


Interessante Felsengebilde im Kingman Canyon.

Nach den gestrigen Erfahrungen hatten wir ziemlich fest mit regem Zugverkehr gerechnet. Es gibt am oberen Gleis zwei Seitental Querungen. Die schönere ist die untere, bei der das Tal in einem größeren Bogen gequert wird und man mehr vom Zug drauf bekommt. Doch der Weg unter der Bahnbrücke durch war durch ein Tor versperrt und mit der kompletten Kollektion an Verbotsschildern ausgestattet. Sogar das verhältnismäßig seltene Schild, dass alles kameraüberwacht sei, war dabei. Wir ließen das erstmal bleiben - auch wenn man vielleicht etwas abseits des Weges etwas hätte machen können. Bei der oberen Durchfahrt kamen wir mühelos auf die Sonnenseite und konnten uns auf den Felsen oberhalb der Bahn frei bewegen.


Immerhin kamen paar Schulbusse fotogen durch...

Gerade als wir uns platziert hatten, kam --- der Bahnmeister mit seinem Unimog auf dem Gleis angefahren. Das musste nichts schlechtes heißen, konnte es aber. Tat es auch! Es kam danach kein einziger Zug von unten, also aus Richtung Kalifornien. Auch auf dem unteren Gleis, das auch sehr fotogen gewesen wäre, tat sich nüschte. Das heißt doch - in der falschen Richtung rollte es wie blöde. Aber wegen Schatten konnte man da erst nichts umsetzen. Und als die Schatten weg waren, erstarb auch der Strom der Westfahrer. Um es kurz zu machen: Wir verdödelten mal wieder die zwei Morgenstunden mit dem schönsten Licht. Dann kam immerhin doch noch was in beide Richtungen, so dass wir diese Perspektive mal hatten.


Ein Stacktrain auf der oberen Seitentalbrücke.


Das untere Gleis liegt nun auch schön in der Sonne. Ein Zug nach Kalifornien kommt abwärts.

Aber für die zweite Brücke war das Licht schon zu weit herum. Und für das untere Gleis war es noch nicht weit genug rum. Motive hätte es für andere Lichtstände noch in Hülle und Fülle gegeben. Aber wir wollten ja doch ganz gern heut noch am Tehachapi Pass ankommen, so dass wir beschlossen aufzubrechen. Gesagt, getan. Muss ich erwähnen, dass zwischen Kingman und der Coloradobrücke / Staatsgrenze ein Zug nach dem anderen entgegen kam? Die Coloradobrücke wollten wir uns noch eben kurz anschauen. Sie gefiel, wenn auch nur sehr weitwinklig umsetzbar. Und es war ein ungewohnter Anblick, nach der ganzen wüsten Gegend so viel Wasser auf einmal zu sehen. Man wäre am liebsten reingesprungen. Wir setzten uns ein Zeitziel um 11.15. Natürlich rollte nun nichts mehr. Punkt 11.15 kam plötzlich der Bahnmeister angerollt!


Der Bahnmeister auf der Coloradobrücke.

Wir dachten, dass nun, wo er mit seinem Auto aufs Gegengleis umgesetzt hatte, unsere Richtung wieder frei für Züge wäre und dass es nun rollen würde. Wir verlängerten unsere Frist bis 11.30. Tja, nutzte alles nichts. Wieder eine Dreiviertelstunde für nichts verdödelt. Das war jetzt echt der absolute Tiefpunkt der Tour! Neeeein, bestimmt nicht wegen fehlender Züge im Hochlicht. Aber man befand sich hier nur noch ganze 139 Meter über dem Meer!

Die Einreise nach Kalifornien klappte problemlos. An der Kontrollstelle wurde gleich registriert, dass wir aus Colorado kämen. Ob wir denn Fleisch oder Früchte mitführen würden? Nö, nichtmal ein Salamibrot. Also weiter. In Needles gab es erstmal Mittagsrast. Taco Bell mal wieder, nun ja... Danach die ewige Mojave Wüste. Mojave wird "Mo-hä-vi" ausgesprochen, Betonung auf der ersten Silbe. Die Landschaft ist faszinierend. Es ging auf und ab. Immer wieder markante Bergspitzen und -ketten. Weite Ausblicke auf unendliche Steppe und schiefe Ebenen. Und manchmal mitten drin ein Güterzug. Oberhalb von Amboy konnte man in der Ferne die Salzseen weiß herüber leuchten sehen.

Auf Barstow zu wurde es dann allerdings ganz schön viel von dieser Landschaft. Nachdem man dort 200 km durchgefahren war, reichte es mal. Zumal es auch etwas flacher und damit unspektakulärer wurde. In Barstow dann der Blick auf den großen Güterbahnhof. Hier verabschiedeten wir uns von der Transcontinental Strecke und folgten nur noch dem Teil der Güterzüge, die gen Nordwesten in Richtung Sacramento wollten.

Bis Mojave ging es über völlig unspektakuläre flache Pläne weiter. Die Straße, auf der sich die LKWs stapelten, war bislang nur auf einigen Abschnitten vierspurig ausgebaut. Teilweise war man am Ausbau. Irgendwann Kramer Junction, eine Straßenkreuzung im Nirgendwo, aber mit mindestens vier Tankstellen. Wir hatten allerdings den nächsten Ort Boron zum tanken ausgeguckt. Dumm war nur, dass da gar keine Tankstelle war. Bis Mojave trauten wir uns nicht. Also umdrehen und zurück zu Kramer seiner Kreuzung. Der Sprit ist in Kalifornien deutlich teurer, dafür sieht man hier sogar gelegentlich einen Linienbus oder gar schienengebundene öffentliche Verkehrsmittel...

Weiter ging es durch die Ödnis. Rechts führten irgendwo mal Gleise in riesige Quarries, Steinbrüche. Links ein Felsenberg in der Ferne, gespickt mit zahlreichen eigentümlich aussehenden Anlagen. Keine James Bond Festung, sondern funktionaler Bestandteil der Edwards Air Force Base. Irgendwo war sogar ein Visitors Center ausgeschildert. Müsste man sich mal geben. Um Mojave mit seinem großen Flugzeug-Abstellplatz (u.a. waren sogar zwei Lufthansa- und diverse TUI-Maschinen zu sehen) ging es herum in die Berge zum Tehachapi Pass (sprich Ti-hä-tschä-pi, Betonung auf der zweiten Silbe). Oben auf der Passhöhe, die eigentlich eine kleine Hochfläche ist, verließen wir die Autobahn und schauten auf gut Glück nach einem Fotopunkt. Prompt kam sogar ein passend kurzer UP Zug angefahren.


In Kalifornien wird Windenergie produziert! Ein kurzer UP Stacktrain hat gleich die 1200m hohe Passhöhe erreicht. Der Pass ist unspektakulär. Der Nordabstieg ist das mächtig Gewaltige hier!

Dann zog es uns aber doch in den interessantesten Abschnitt, in den Nordabstieg des Passes. Tehachapi liegt 1200m hoch, und die Strecke muss bis Bakersfield fast 1000m an Höhe verlieren. Dazu gibt es einerseits den bekannten Tehachapi Loop, die 360° Kehre, andererseits aber auch eine hochinteressante Streckenführung durch offenere Berglandschaft mit vielen Kehren bei Caliente und Bealville. Auf die hatten wir es hauptsächlich abgesehen. Und dort war es einfach nur paradiesisch schön. Es ist mächtig gewaltig, wie die Bahn hier abwärts führt! Ein Bergfahrer stand in Bealville zur Kreuzung drin. Folglich durfte mit einem Talfahrer gerechnet werden, für den wir hinter der unteren Ausfahrt von Bealville ein nettes Plätzchen fanden. Wobei die Wiesen natürlich alle mit Stacheldraht gesichert waren...


Für diesen BNSF Zug geht es jetzt in Tunnel 2.


Sanft geschwungene saftige Hügellandschaft mit blühenden Wiesen! Wir hatten unser Traumziel erreicht!


Es wurde ein zwar etwas dunstiger, aber wunderschöner Abend!


Unser UP-Kurzzug kommt aus Tunnel 2 angefahren. Dieses Motiv war natürlich ein Muss für die nächsten Tage mit einem Bergfahrer.

Unser UP Zug von vorhin kam dann auch noch, gefolgt von einem weiteren BNSF Talfahrer. Die BNSF nutzt hier auf dem kurzen Stück zwischen Mojave und Bakersfield die UP Mojave Subdivision mit. Für beide Züge fanden wir eine Ebene tiefer, in der unteren Ausfahrt aus dem Bahnhof Caliente, eine weitere nette Stelle.


Der UP Zug eine Etage tiefer im Bahnhof Caliente.

Die Sonne wurde nun schwächer. Wir nutzten die Gelegenheit, um noch etwas zu kundschaften. Erst fuhren wir die sich durch die herrlichen Hügel schlängelnde Straße weiter, um weiter abwärts einen Punkt zu testen. Dort hatte man einen schönen Blick auf eine S-Kurve. Dann fuhren wir den alten Highway aufwärts. Zwischendrin testeten wir einen Stichweg in Richtung Bahn, an dessen Zufahrt sogar Kameras, aber noch kein "no trespassing" hingen. Diese Schilder kamen erst ein Stück später. Dann aber drei gleichzeitig, weil sich der Weg dreifach gabelte.

Weiter aufwärts kamen wir zum Loop. Obwohl die Dämmerung ganz schön weit fortgeschritten war, hielten wir mal an. Es war auch gerade ein bergfahrender Zug zu erwarten, den wir unten schon gesehen hatten und der uns von einem hier in der Beinahe-Dunkelheit wartenden Hobbyfan angekündigt wurde. Er hatte so einen Funkscanner dabei. Mittlerweile scheinen die Scanner Ansagen über den Zugstandort automatisch per Computerstimme zu erfolgen. Ich hatte ja nie den Kauf eines Scanners erwogen, weil ich bisher, wenn ich mir den Funkverkehr mal anhören konnte, den Slang nie verstanden habe. Aber die Blechelse sprach schön deutlich und erzählte, in welchem Milepost der Zug gerade sei, wie schnell er ist und welche Temperatur gerade die Achsen haben (?).

Es war eindrucksvoll. Dämmerung, blaue Stunde, horizontnah ein gewisser Dunst. Keine Fotoambitionen, sondern einfach nur genießen, wie die Lichter des Zuges den Loop umrunden. Ich fühlte mich an die Rhätische Bahn erinnert, doch die BNSF kann mehr Krach machen. "Leider" konnte ich mich nicht vollständig auf das Spektakel konzentrieren, da ich mich angeregt mit dem local trainspotter unterhalten habe. Er war Wagenmeister der UP und sprach ein wunderbar gut zu verstehendes Englisch. Er erzählte von den Bauarbeiten.

Die Strecke wird gerade zweigleisig ausgebaut. Momentan ist die bergseitige Ausfahrt aus dem Loop dran, wo neben einem Tunnel schon ein neuer Einschnitt gerissen wurde. Der landschaftlich besonders reizvolle Abschnitt Bealville - Caliente soll wohl als nächstes drankommen. Da haben wir wohl Glück gehabt. Auch weiter unten, an der eben entdeckten S-Kurve soll eine eingleisige Bachbrücke durch eine zweigleisige ersetzt werden. Außerdem erklärte er uns, dass die Konjunktur und damit der Verkehr völlig am Boden liege. Hunderte Loks würden irgendwo auf Halde stehen! Die Wirtschaft würde so kurz vor der Wahl nichts mehr investieren, alle Hoffnung läge auf Donald Trump. Aha.

Am höchsten Punkt der Straße gelangte man schon in den Ortsbereich von Tehachapi. Es war nun völlig dunkel. Da wir im Hotel in Mojave noch paar Fotos vom Pass durchschauen wollten und es im Motel 6 kein Frühstück geben würde, besorgten wir uns belegte Brote und Frühstückszeug fürs Hotelzimmer bei Albertsons in Tehachapi. Erst nach 21 Uhr trafen wir im Hotel ein. Beim Durchschauen der Bilder vom Pass fiel uns eines auf: Wir hatten eine ganz andere Landschaft als "normal". Bereits auf Mai Bildern waren die Wiesenhänge goldgelb. Wir hatten hingegen blühende grüne Wiesen.

Freitag, 18.03.2016

Abends war es schön ruhig gewesen. Wir hatten uns nur über dezenten Biergeruch im Zimmer gewundert. Ohne Ohropax eingeschlafen. Wir hatten es etwas später werden lassen, weil wir heute erst um 6.45 los mussten. Doch ab 5.00 war dann plötzlich Riesenradau im Nachbarzimmer. Erst der Wecker, dann laut geführte Unterhaltungen. Und irgendwann wehte auch wieder die Biernote durch die Verbindungstür der Zimmer. Da fand wohl gerade ein Bauarbeiterfrühstück statt?

Im Angesicht der aufgehenden Sonne verließen wir Mojave. Strax ging es über den Pass nach Bealville. Kurz vorher hatten wir einen Manifest train, also einen gemischten Frachtenzug, überholt. Als wir in Bealville das Auto verließen, hörten wir es auch von unten tröten. Damit war klar, dass unmittelbar eine Kreuzung anstand. Viel machen konnte man da nicht mehr.


Im letzten Moment, bevor mir rechts der Talfahrer ins Bild fuhr, entstand diese Teleaufnahme vom Bergfahrer im Bf Bealville.

Entlang der Ausweichstelle Bealville verläuft ein Feldweg, der diverse Möglichkeiten eröffnet. Am Abzweig von der Straße steht zwar "no trespassing" dran und Stück weiter musste man sogar über ein Tor klettern, aber das war uns egal. Mittlerweile bin ich echt wieder so weit, dass ich jedem Ami erzählen würde, dass in Europa jeder Feldweg jedem offen steht. Auch wenn es ihn sicher nicht interessiert... Gewandert wird hierzulande offenbar nur dort, wo Gebiete zum Wandern ausgewiesen sind, und nicht einfach überall, wo es schön ist. Ich verstehe ja, dass man die Wiesen wegen der sich relativ frei bewegenden Viecher einzäunt, aber die Europäer zeigen ja, dass man mit kleinen Tritten dem Wanderer trotzdem einen Zugang gewähren kann. Vermutlich hat der US-Bauer Angst, dass er haftbar gemacht wird, wenn sein Bulle einen Wanderer anfällt oder wenn ein Wanderer auf nem Kuhfladen ausrutscht...


Ein wunderschöner Feldweg in die Wiesen - leider nur über ein verschlossenes Gatter erreichbar.

Na ja, der Feldweg führte uns jedenfalls perfekt in die Panoramakurven. Wir brauchten nur noch einen Blühwiesenhang hochzusteigen, dann hatten wir topp Ausblicke. Hier konnte man schön warten. Davon machten wir nun auch ausgiebig Gebrauch, denn der Verkehr war mal wieder wie abgeschnitten. Nur der Bauer kam irgendwann mit seinem Quad über die Wiesen auf der anderen Seite der oberen Bahnebene, also zwischen oberer und mittlerer, angeknätert und besuchte seine Rinder, die sich auf dem Riesenareal frei bewegen konnten. Na, wenn das kein Bio ist...


Saftige Wiesen und darüber der heute anfangs recht blaue Himmel.

Wir hätten hier gern für zwei verschiedene Perspektiven zwei Bergfahrer gehabt. Nach über einer Stunde Wartezeit tauchte endlich --- erst der obligatorische Schienenunimog, dann ein Talfahrer auf. Der Unimog brachte diesmal aber einen Vorteil mit sich: Er begann auf dem bergseitigen Durchfahrgleis zu arbeiten. Solange konnte uns keine Kreuzung ein Bild verderben. Den Talfahrer bekamen wir zwar notverarztet, doch die erhoffte Nachschussmöglichkeit hielt sich in Grenzen. Es hing zwar hinten eine Lok dran, aber die fuhr vorwärts, stand für uns also falschrum.


Dieses Bild versöhnt hoffentlich alle mit diesem Reisebericht, die der Meinung sind, dass amerikanische Loktypen Motor voraus gehören... ;-) Ist aber leider ein Nachschuss.


Der Anfang des Zuges ein Stück tiefer in der zweiten Ebene auf dem Wege nach Caliente, davor die Rinderherde.

Es war mittlerweile 10 Uhr durch. Zum Glück dauerte es nun nicht mehr endlos lange, bis endlich ein Bergfahrer auftauchte. Die graffitibeschmierten Trailer waren zwar nicht Idealbesetzung, aber es hätte auch schlimmer kommen können...


Endlich ein Aufwärtsfahrer in den Kehren von Bealville.

Um die andere Perspektive etwas ausgereifter zu bekommen, kraxelten wir auf unserem Blumenhang nochmal etwas weiter bzw setzten uns alsbald in den Schatten eines Obstbaumes. Die Hochlichtglocke schrillte bald laut durchs Tal. Da wir aber nichts anderes zu tun hatten bzw meine Motivation bei dieser Mittagshitze eh am Boden liegt, konnten wir genau so gut unter unserem Obstbaum liegen bleiben. Irgendwann drang durch das Schrillen der Hochlichtglocke ein Horn von unten herauf. Wir liefen diesmal den Hang komplett bis zur höchsten Stelle aufwärts. Schade, von hier hätte man vorhin den BNSF Zug machen sollen. Die Bm hatte nämlich inzwischen das durchgehende Hauptgleis wieder freigegeben. Der Zug befuhr das am Hang liegende durchgehende Hauptgleis. Unmittelbar zu Füßen unseres Hügels ragten leider einige Bäume zu weit ins Gleis.


Von oben kommt wieder ein BNSF-Zug.


Derselbe Zug.


Und von unten passiert ein UP Zug den Bahnhof Bealville - leider nun auf dem hangseitigen Durchfahrgleis.

In heftigster Mittagshitze kraxelten wir von unserem Blühwiesenhang wieder runter und liefen den Feldweg zurück zum BÜ in Bealville, wo wir unser Auto stehen hatten. Hier war ein frischer Wind aufgekommen, der die hohe Luftfeuchtigkeit etwas linderte. Für unser Picknick suchten wir den Blick in die Ausfahrt aus dem Rodeo Canyon auf. Die Lichtverhältnisse waren zwar nicht so toll, aber wenn ein Zug käme, könnte man ihn ja mal mitnehmen. Wir hatten gerade das erste Brot auf, da hörten wir einen Zug von oben tröten. Dem fuhren wir zum Ausgang des Gebirges in Richtung Bakersfield voraus, wo wir ihn in einem Spalier von Telegraphenmasten umsetzen konnten. Dabei standen wir an einer nagelneuen Profilüberwachungsanlage.


Hier öffnet sich das Gebirge bald in Richtung Bakersfield: Ein Manifest zwischen Ilmon und Bena.

Nun stellten wir uns wieder an den Ausgang des Rodeo Canyons. Ich aß die zweite Schnitte, da hornte es endlich von unten. Es kam ein UP Containerzug aufwärts gekrochen. Den nahmen wir hier unten und dann nochmal von einem Wiesenhang mit Blick auf Tunnel 1. Dabei hatte ich den Lichtstand zu spitz eingeschätzt. Deshalb stellten wir uns nicht weiter rechts auf, von wo der Blick eigentlich schöner gewesen wäre. Ärgerlich, aber es hatte auch alles etwas schnell gehen müssen, da wir doch länger als erwartet durch das kniehohe Gras dorthin waten mussten.


Ein UP Stacktrain kommt aus dem Rodeo Canyon hervor und erreicht sogleich Caliente.


Derselbe Zug eine Etage höher zwischen Tunnel 1 und 2.

Wieder längeres Warten. Jetzt kam als nächstes wieder ein Zug von oben, den wir in der Rundkehre von Caliente aufnahmen. Das ist praktisch der Scheitelpunkt der langen Talausfahrung von Caliente. In einem Stückgutwagen mit offener Seitentür lagen und saßen Leute. Das gibt es also wirklich! Erst winkten sie, als Chris seine Kamera hob (eigentlich gar nicht, um die Leute zu fotografieren), gab es den Stinkefinger. Na ja, hoffen wir trotzdem, dass sie den richtigen Zug erwischt hatten.


Ein UP Manifest in der Rundkehre Caliente.

Nach einer kurzen Erkundung einer Stelle oberhalb von Bealville kehrten wir zu unserem Warteplatz am Ausgang Rodeo Canyon zurück. Es fehlten einfach die Bergfahrer. Mit denen könnte man die meisten Motive umsetzen. Leider schmodderte auch der Himmel immer mehr zu, so dass wir kein besonders schönes Abendlicht bekamen. Erst gegen 18 Uhr war der Schmodder halbwegs durch und ermöglichte doch noch schönes Abendlicht.

Tja, irgendwie waren die meisten Motive Bergfahrermotive. Paar mehr davon hätten sein dürfen. Das wäre ja alles nicht das Riesendrama, wenn man noch paar Tage Zeit hätte, das alles zu erledigen. Aber bereits für morgen waren sich die Wetterfrösche gar nicht mehr so sicher, ob das Wetter schön bleiben würde. Und danach sollte es jedenfalls rapide abwärts gehen. Keine guten Aussichten!

Wo ich das jetzt um 18 Uhr schreibe, kommt doch noch ein Bergfahrer heran. Man hört ihn unten schon tröten. Unser Motiv liegt in der Kehre von der mittleren in die obere Ebene. Und es ist in Kürze zugeschattet... Es wurde eine gaaanz knappe Baustelle. Aber es klappte. Der Zug war zum Glück eine Spur zügiger unterwegs als sonstige.


Ein BNSF Stacktrain erreicht in letzter Sekunde mit Sonne die Kehre vor Tunnel 2.

So hatte der Tag immerhin doch noch mit einem halben Haken an einem Must Have Motiv geendet. Sehr schön! Halber Haken deshalb, weil das Licht schon sehr schwach gewesen war. Wir packten zusammen und fuhren erstmal wieder nach Tehachapi zur Albertsons Filiale unseres Vertrauens. Heute gab es Salat und eine große Schale mit Melonenstücken. Oh Mann, wenn es sowas in meiner REWE Filiale in derartig großer Auswahl geben würde, ich äße wohl viel mehr Obst... Wir hatten uns wieder im Motel 6 Mojave Airport von gestern eingebucht. Allerdings stellten wir am Empfang erstmal sicher, dass wir nicht wieder neben die Bauarbeiter kämen. Den Geräuschen nach hatten wir nun einen Vater mit vermutlich zwei Kindern nebenan. Die schienen sich ohne TV miteinander zu beschäftigen. Und der Vater sorgte dafür, dass es nicht zu laut wurde. Sehr sympatisch! Nur als es ums Zubettgehen ging, wurde es etwas lauter, aber dreimal lieber sowas als das Bauarbeiter Gegröhle bei laut aufgedrehter Glotze!

Samstag, 19.03.2016

Diesmal wollten wir eine halbe Stunde früher los. Wohlgemerkt: Wollten! Na ja, so zehn Minuten früher waren wir dann auch dran. Und wir haben direkt das Zimmer um eine Nacht verlängert. Heute war der Morgen nicht so klar wie gestern. Die Sonne musste sich erstmal durch eine ziemliche Schmodderschicht kämpfen. Die Heckflossen der ganzen abgestellten Flugzeuge reflektierten heute nicht so schön die aufgehende Sonne wie gestern.

In den Wiesenhängen von Bealville / Caliente angekommen, sahen wir sogleich, was auf dieser Strecke los sein KANN. Zwei Bergfahrer waren gerade durch, und ein Talfahrer stand in der Ausweiche, wobei man gerade dabei war, an den Loks rumzuwerkeln.


Ein Talfahrer, an dessen Loks rumgewerkelt wird, steht in Bealville. Schade, dass die Loks nicht schon etwas weiter in die Sonne hineingedreht waren. Im Nachhinein hätte man hier am besten auf die Weiterfahrt gewartet. Aber hinterher ist man immer schlauer.

Da wir heute den Blick vom Hügel, durch den Tunnel 1 führt, auf dem Zettel hatten, sahen wir zu, dass wir dort hin kamen. Von einem Materialplatz der Bahn auf der Nordseite konnte man durch die Wiesen hochstapfen, nachdem man den Bahn begrenzenden Stacheldraht überwunden hatte. Doch oben die Ernüchterung: Die Bahn war unten zu sehr von Bäumen gesäumt und noch arg zugeschattet. Die Loks waren jetzt offenbar repariert. Der Zug setzte sich in Bewegung. Ein Wechsel zu einer schönen Stelle einen Einschnittrand weiter, die uns sofort ins Auge stach, war so schnell nicht mehr drin. Wir mussten das beste draus machen.


Der Zug ist weitergefahren und rollt nun in der mittleren Ebene auf Tunnel 1 zu.


Vom Hügel aus kann er dann nochmal unten im Bf Caliente beobachtet werden.

Chris wechselte nun zu Fuß zu der anderen Stelle, ich pflügte durch die Blumenwiesen zurück zum Auto. Das konnte ich nun an ein zur neuen Stelle viel näher gelegenes Weidegatter umparken. Der Schweiß rann nur so an mir runter. Erstmal in Ruhe Brille putzen und nen Schluck O-Saft trinken. Hatte ich "in Ruhe" gesagt? Ich hatte den Saft gerade im Mund, da hörte ich es von oben hornen! Und ich hatte noch ein ganzes Stück aufwärts zu laufen! Also wieder Sachen geschnappt und hochgehetzt. Das Dumme war jetzt, dass nun gar nichts mehr von einem Zug zu hören war. Offenbar war ich auf einen Tröt des Abwärtsfahrers reingefallen, der von den Hängen über mir zurückgeworfen wurde. Zusammen mit Chris, der bereits auf mich wartete, blieb uns nur, ein Ruheplätzchen im Schatten eines Baumes zu suchen.

Und es war mal wieder "wunderschön", hier zu sitzen. Gestern hatten wir schon von unserem Platz oberhalb des Bf Bealville den Bauern beobachtet, der mit seinem Quad die Blumenwiesen zwischen oberster und mittlerer Bahnebene abfuhr und seine Rinder besuchte. Diese Runde fand heute auch statt, bloß mit dem Unterschied, dass wir diesmal in diesem Bereich saßen. Wir sahen und hörten den Quad auch in der Nähe vorbeifahren, doch wurden wir offenbar nicht erspäht. Tja, kurzum, ein wunderbarer Platz zum Urlaub machen. Meine im Gras nassgewordenen Schuhe und Socken trockneten auch zügig. Es fehlte bloß eine Klitzekleinigkeit: Etwas Rollendes auf der Schiene! Ich muss einschränken: Etwas Rollendes mit mehr als zwei Achsen. Der obligatorische Unimog zog nämlich vorüber. Fast freute man sich schon über diesen Unimog-Nachschuss.

Da hat man topp Motive, aber nichts kommt. Und man weiß, dass mit jeder Minute das Licht höher steigt. Man hätte auch noch andere Motive, zu denen man weiter möchte. Gestern kam um 9.34 ein Abwärtsfahrer. Der wäre es jetzt gewesen. 9.34, 10.04, nichts. Seit dem weiterfahrenden Liegenbleiber sind schon wieder zwei Stunden mit dem schönsten Licht vergangen. Offenbar hatten wir die Verkehrsdichte hier am Pass ordentlich überschätzt. 11.04. Immer noch nichts. Langsam kommen uns Zweifel, ob die Strecke nicht komplett dicht ist. Christian fing trotz bescheidenem Empfang an, im Internet nach desbezüglichen Informationen zu suchen. Da war allerdings nichts zu wollen.

Die Sonne stieg höher und höher. Sie brannte nur so hernieder. Die Landschaft hier gehört gelb. Dieses Grün ist nur eine kurze Ausnahme nach dem Winter. Zum Ausdorren des Grases gab die Sonne alles. Meine zum Trocknen ausgelegten Schuhe hatten nun die Trockenphase hinter sich. Sie brauchten jetzt verschärfte Aufmerksamkeit. Es galt, sie vor Eintreten in die Grillphase rechtzeitig aus der Sonne zu nehmen. Und das, wo sie doch so weit entfernt lagen, um die volle Entfaltung der Möppelphase nicht mitzubekommen. Hier war Erfahrung gefragt...

Als Ultimo zum Verlassen des Standpunktes hatten wir uns den Moment gesetzt, an dem die Front nicht mehr beleuchtet wäre. Dann hätten wir mal entlang der Strecke geschaut, ob irgendwo was von Bauarbeiten zu sehen wäre. Ihr merkt - ich spreche im Konjunktiv. Denn als unser Ultimo noch nicht in Gänze erreicht war, hörten wir von oben ein Horn. Da kam ein Zug! Ein richtiger Zug, mit vielen Loks und noch mehr Wagen! So bekamen wir die schöne Stelle wenigstens schon mal im Hochlicht. Vielleicht würde man sie morgen nochmal optimieren können...


Nach einer vierstündigen Zugpause erlöst uns im Hochlicht doch noch ein Talfahrer...

Als wir zurück am Auto waren, hörten wir von oben schon wieder den nächsten Tröt! Im übelsten Mittagslicht erwachte der Laden zum Leben. Chris nahm den Zug unten in Caliente, ich verzichtete aus Protest auf die Gesamtsituation auf ein Foto. Danach stellten wir uns erstmal auf einen Schattenparkplatz und aßen unsere mitgebrachten Brötchen. Albertsons hat wirklich leckere Stullen im Angebot - durchaus auch mit leckerem, schmackhaften Brot! Ich hatte noch zwei Bissen des Brotes in der Hand, da hornte es von unten. Die Uhr hatte gerade 13 geschlagen, was hier ziemlich genau dem Sonnenhöchststand entspricht. Meine Motivation war daher - sagen wir mal - bescheiden. Mehr als der bequem per Auto erreichbare Blick von Tunnel 2 war da nicht drin.


Die UP bringt Autos bergauf und erreicht gleich Tunnel 2 und dahinter den Ausweichabschnitt von Bealville.

Hier oben tobten sogar noch weitere Eisenbahnfreunde herum. Wir sahen noch zwei andere. Chris hatte am späten Vormittag wegen der hiesigen schlechten Internetverbindung zuhause per WhatsApp angefragt, ob dort jemand googeln könnte, weshalb möglicherweise kein Zugverkehr ist. Und in Deutschland hatte jemand den Link zu einem amerikanischen Forum gefunden, in dem einer schrieb: Ein Bekannter von ihm stände in Bealville und hätte seit vier Stunden keinen Zug gesehen, was denn los sei. Neben einigen Mutmaßungen gab es darauf nur den Hinweis, dass jetzt gerade ein Talfahrer durch den Loop rollen würde. Den Zug hatten wir dann ja auch bekommen. In demselben Forum war gerade eine Diskussion zugange, welche Bahn denn besser sei, die amerikanische oder die europäische. Wenn die Diskussion mal politisch wurde und es um die am Boden liegende Konjunktur ging, war wieder herauszuhören, welche Hoffnungen in den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump gesetzt werden... Na, da wissen wir ja, wie am 7.6. die Vorwahlen für die Republikaner in Kalifornien ausgehen ;-)

Wir stellten uns auf der Passhöhe über Tunnel 2 an den Rand und saßen einfach mal die Hochlichtphase aus. Was wir brauchten, wäre ein Bergfahrer, mit dem wir das Motiv von gestern um 15 Uhr nochmal besser umsetzen konnten. Irgendwann überlegten wir, dass man die Hochlichtphase auch dazu nutzen könnte, ein Stück westwärts zu fahren. Wir hatten da vorgestern noch das Motiv "Graffitibrücke" ausgemacht, wobei da nur ein Stück Bahndamm aufgrund des Schotters so aussah, als ob da eine Brücke mit Graffiti wäre. Also mal wieder auf dieser paradiesischen Nebenstraße, bei der man sich nach Schottland versetzt fühlt und die sich wunderschön durch die offene Wiesen-Berglandschaft windet, nach Ilmon ans andere Ende des Rodeo Canyons gefahren.

Wie wir uns der Bahn wieder näherten, sahen wir vor uns einen Zug stehen. Da die Strecke hier in Richtung Bakersfield eingleisig wird, gingen wir von einem Westfahrer aus, der hier auf Kreuzung wartet. Doch zu unserer Verwunderung setzte sich der UP Zug, von dem wir also nur die Schlussloks sahen, bergwärts in Bewegung. Wir haben sofort kehrt gemacht und sind die Schottlandstraße wieder hochgefahren. Das war jetzt nämlich genau der 15-Uhr-Bergfahrer, den wir nochmal zwischen Tunnel 1 und 2 benötigten. Laaaangsam kämpfte sich der Manifest train unter lautem Gedröhne der Zug- und Schubloks bergauf.


Jetzt gibt es das Motiv zwischen Tunnel 1 und 2 nochmal etwas seitlicher. Was macht wohl der Santa Fe Oldtimer (vierte Lok) an einem UP-Zug? Links kümmert sich derweil der Imker um seine Bienen.

Das war wirklich ein Schauspiel, diese sichtlich hart arbeitenden Loks zu erleben, wie sie bestimmt zwanzig Minuten benötigten, den Zug einmal um uns herum zu führen. Und als der Zug auf der oberen Ebene an uns vorbei war, tauchte unten schon der nächste Zug auf, ein UP Stacktrain. Den nahmen wir hier auch noch gleich mit.


Und noch etwas seitlicher...

Zurück am Auto, das wir oben über Tunnel 2 geparkt hatten, kamen wir mit einem Bahnfotografen aus Los Angeles ins Gespräch. Er war über die morgendliche vierstündige Zuglücke genauso überrascht gewesen. Wir erhielten noch verschiedene Tipps. Ich fragte ihn, weshalb die Güterzüge in der Relation von Südost- nach Nordwestkalifornien denn alle diese beschwerliche Strecke über Cajon und Tehachapi Pass nehmen und nicht an der Westküste entlang fahren. Er begründete das damit, dass die Westküstenstrecke so stark mit Vorortzügen im Großraum LA belegt sei, dass aber nachts dort auch durchaus Güterverkehr wäre. Außerdem erzählte er uns etwas über Funkscanner Apps, die es mittlerweile für jedes Smartphone gäbe. Allerdings erfordert deren Einrichtung wohl schon sehr viel Fachwissen, und es kann auch nicht alles abgehört werden; soweit ich verstanden habe nur alles digitale. Er fuhr bald los und wir bekamen den nächsten Bergfahrer zu fotografieren.

Den verfolgten wir direkt nochmal zu der Kehre oberhalb von Bealville. Passenderweise kam dort als erstes ein Zug von oben, bevor wir den Getreidezug von eben nochmal bei der Ausfahrt aus Tunnel 3 bekamen.


Ein BNSF Stacktrain erreicht von oben kommend gleich Tunnel 3 und dahinter den Bahnhof Bealville.


Der Getreidezug dampft aus Tunnel 3 oberhalb Bealville hervor.

Da es dort ganz nett war, blieben wir nochmal dort. Vielleicht würde ja noch ein Zug runter kommen. Kam aber nicht. Statt dessen hörten wir von unten einen Bergfahrer tröten. Wir stiegen schnell wieder von unserem Hang hinunter und schauten, dass wir auf Tunnel 2 kämen. Zum Glück war die Straße nicht so schnell befahrbar, da stand in dieser einsamen Gegend doch glatt ein Cop am Straßenrand und funkte irgendwas. Na ja, eigentlich dürfte ich keine Sünde begangen haben... Den Zug haben wir aber nicht mehr geschafft. Bzw den Zug schon, den Zuganfang aber nicht. Wenn man in Caliente unterm Zugschluss durchfährt, ist die Lok halt schon oben im Auslösepunkt. Aber dort oben trafen wir nun einen anderen Eisenbahnfoto- bzw videografen, der einen Scanner dabei hatte. Er informierte uns, dass in zwanzig Minuten ein Zug runter führe und dann ab Caliente einer hoch. Gutes Programm! Für den Talfahrer machten wir uns durch den Stacheldraht und eine steile Wiesensenke rüber auf den Parallelweg von Bealville. Dort bekamen wir die UP Loks dann auch ganz wunderbar im Abendlicht.


Im unteren Teil des Bf Bealville kommt ein UP Stacktrain abwärts gerollt. Im Hintergrund steht ein auf Kreuzung wartender Bergfahrer im Bahnhof.

Auf dem Rückweg bekamen wir mit, dass dem Talfahrer ein weiterer folgte. Ob der auch noch durch sollte? Wir verließen uns aber auf die Aussage des Videografen, dass in Caliente ein Zug zur Bergfahrt stünde. Tja, der zweite Zug fuhr nun aber doch komplett runter. Das Zeitfenster für den Bergfahrer wurde immer schmaler... Gestern hatten wir hier um 18.11 unmittelbar vor Zuschattung unser Bild gemacht. Es konnte auch diesmal vor 18.11 abgehen. 17.55 war der Talfahrer schon unten. Doch wieso hört man denn keinen beschleunigenden Bergfahrer? 18.00, 18.05. Eeeendlich ein Horn. Der Zug war in Bewegung. Ob das reichte? 18.10. Der Zug hornte vor Tunnel 1. Langsam kam er daraus hervorgekrochen. Nun profitierten wir genau von den Minuten, die der heutige Tag länger war als der gestrige. Der Leerwagenzug ging mit bestmöglichem Licht.


Ein Leerwagenzug rollt im letzten Licht bei Tunnel 2 aufwärts.

Wir erklärten uns den Tag für beendet und schmiedeten ein Konzept für das Abendessen. Da hornte es von unten erneut! Weiter hinten in unserer Fotokurve war noch Licht! Wir stellten uns spitzer bzw Chris rannte noch ganz einen Berghang hoch. Und tatsächlich gelang uns nach dem vermeintlich letzten Zug noch ein real letzter Zug. Was für ein unglaublicher Nachmittag / Abend nach diesem nulligen Vormittag! Mit auf dem Bild hatte ich einen Skater, der im Affentempo die Straße runterbretterte, gefolgt von seinem Begleitauto. Mit dem ging es dann immer wieder aufwärts.


Nachdem eben der letzte Zug vor Lichtende kam, kommt nun der allerletzte. Christian war für diesen Zug noch ein Stück höher gekraxelt als ich.

Unser weiteres Konzept sah, solange es hell war, noch eine Wegerkundung zu einem Motiv bei Mojave vor. Dazu musste man in ein komisches Gebiet hinein fahren, das eigentlich nur eine Wüste mit Joshua Trees und Windrädern war. Dieses Gebiet war durchzogen von einem dichten Wegenetz. Wie öffentlich das alles sei, wussten wir nicht. Am Bahnübergang, der in dieses Gebiet führte, stand was von No Trespassing, aber das betraf wohl nur den BÜ selbst, das war ja ein Schild der UP. Es wurde zunehmend dunkler, als wir zwischen diesen unglaublichen Agavengewächsen in das Sandwegenetz hinein fuhren. Immer wieder campierten Leute in dieser Gegend. Da standen Wohnwagen, vor denen Feuer brannten. Hatten sich hier die örtlichen Outlaws zusammengerottet? Würden gleich Zombis den Weg blockieren und uns überfallen? Es war gruselig! Das Motiv selbst haben wir wegen Dunkelheit dann nicht mehr aufgesucht. Doch von dieser Gegend musste eine "available light" Aufnahme gemacht werden.


Gruselige Stimmung zwischen Windrädern und Joshua Trees. Würden wir hier lebend wieder rauskommen?

Es ging auf 8 zu. Im Supermarkt, diesmal Stater Bros in Mojave, fanden wir alle Leckereien für ein weiteres gepflegtes Hüttenessen. Man könnte ja sagen, dass man allmählich gern mal wieder was Warmes gehabt hätte, aber sooo warm sind Burger, Taco & Co ja nun auch nicht. Und bei Stater gab es sogar warme Chicken Wings. Am meisten hatte ich mich allerdings auf die gekühlten Melonenstücke gefreut...


Mmmmmh!

Sonntag, 20.03.2016

Heute checkten wir mal wieder aus unserem Motel 6 aus, auch wenn wir heute noch ein wenig in der Gegend bleiben wollten. Paar Vormittagsmotive hatten wir ja durchaus noch offen. Unser Plan war, wieder in Richtung Bealville zu fahren und dort nochmal an unserem gestrigen Vormittagspausenpunkt einen Talfahrer abzugreifen. Wenn jedoch ein Bergfahrer käme, wollten wir zurück nach Mojave bzw zu der "Zombigegend" am Canyonausgang bei Warren fahren, um dort einen Zug mit Joshua Trees zu fotografieren.

Wir stellten uns mit dem Auto über Tunnel 2, genossen das schöne Morgenlicht bzw machten ein Nickerchen. Bald war von unten das Horn zu hören. Wir liefen den Wiesenhang weiter rein und machten einen Streiflichtschuss.


Die Perspektive zwischen Tunnel 1 und 2 auf die mittlere Ebene kennen wir schon. Aber das zarte Streiflicht des Morgens beleuchtete die Landschaft wahnsinnig plastisch!

Dann zum Auto und über Caliente und Bealville dem Zug hinterher. Das war unser Zug für Mojave! In Caliente unten herrschte highlife. Offenbar stand ein Skater Contest bevor. Und in Bealville stand der Zug noch immer und wartete auf Kreuzung! Das war unsere Chance für einen Abwärtsfahrer mit schönerem Licht am gestrigen Vormittagspunkt! Wir also wieder runter, am Weidegatter angehalten und hoch zu unserem Aussichtspunkt gelaufen.

Bald waren drei Sachen zu hören. Von oben hornte der erwartete Abwärtsfahrer. Von unten hornte schon wieder ein Bergfahrer. Und der Bauer war wie an den Vortagen mal wieder mit seinem Quad unterwegs, um seine Viecher zu besuchen. Und der Quad war plötzlich sogar sehr deutlich zu hören. Keine Chance mehr zum verstecken, er kam genau auf uns zu! Nach dem Erklären unseres Tuns wurden wir informiert "this is private ground, you are supposed not to be here!". Ok, der Anschiss hätte weitaus schlimmer ausfallen können. Wir erzählten ihm, dass wir nur eben den Zug fotografieren wollen und dann verschwinden. Das war für ihn in Ordnung.


Prima! So klappte dieser schöne Blick auf die mittlere Ebene nochmal in schönerem Licht. Wenn der UP Wagenmeister am Donnerstag Abend recht hatte, würde dies ja der Abschnitt sein, der als nächstes zum zweigleisigen Ausbau ansteht.

Der Containerzug war oben in Bealville angerollt, und unten in Caliente machte sich nun ein UP Leerwagenzug auf die Reise Richtung Pass. Den würden wir einfach auch noch bei Mojave mitnehmen. Wir fuhren nun beiden Zügen voraus über den Pass. Den ersten, den Containerzug hatten wir schon deutlich vorm Loop eingeholt. Vermutlich hatte er hier auch nochmal Kreuzung, denn ein Schüttgutwagenzug kam uns abwärts entgegen.

In der komischen "Zombigegend", in der es gestern Abend so gruselig war, fanden wir jetzt unseren Weg ziemlich einfach. Das Gelände wird offenbar stark von Crossfahrern aller Fahrzeugarten genutzt. Man musste etwas aufpassen, dass nicht plötzlich vor einem ein Motorrad aus den Büschen hervorgeschossen kam. An der Fotokurve hatte man nun volle Auswahl an Motiven: Von oben, von unten. Joshua Tree mal größer und mal kleiner. Ich entschloss mich, den ersten Zug konventionell zu machen und den Zweiten, den Leerwagenzug irgendwie mit vordergründigerem Joshua Tree.


Bei Warren kurvt die UP Mojave Subdivision aus dem Canyon heraus. Die Gegend ist voller Joshua Trees.


Ein UP-Doppel mit offener Fronttür und Leerwagen.

Nachdem das alles so schön geklappt hatte, konnten wir zur Mittagspause schreiten. Dafür war zunächst mal Burger King in Tehachapi zuständig. Wenn man dort bei den Getränken am Tochscreen eine von zahlreichen Coca Cola Sorten ausgewählt hatte, kam ein Untermenü, wo man nun zwischen fünf (?) verschiedenen Geschmacksrichtungen für die Cola wählen konnte! Wählerisches, durstiges Amerika! Nach der Stärkung erkundeten wir nochmal paar Straßen in Cable am nördlichen Stadtrand von Tehachapi. Da gab es auch ganz feine Blicke für nachmittags / abends auf die Bahn, z.B. vom Fir Drive oder vom hintersten Ende des Dove Tail Court (letzteres allerdings vmtl wegen der Privatgrundstücke eher schwieriger). Dann erkundeten wir nochmal am Tage entlang der alten Landstraße Richtung Loop. Einen prächtigen Ausblick für Bergfahrer entdeckten wir unmittelbar von der Hauptstraße aus. Hier machten wir etwas Siesta, quasi den Rest der Hochlichtphase aussitzen. Es kam aber nix.

Anschließend testeten wir den Marcel Drive, an dessen unterem Ende nicht die üblichen Verbotsschilder standen. Im Bereich der ehemaligen Station Marcel geht was, aber ein "Muss" konnten wir zumindest zu dieser Tageszeit nicht erkennen. Dann schauten wir uns den Loop nochmal an und fanden doch eine passende Möglichkeit für Talfahrer um diese Tageszeit. Man konnte da wunderbar auf einem Felsen sitzen und relaxen. Und wenn ein Bergfahrer käme, könnte man immer noch schnell genug wieder zu unserem Siesta Blick zurückkehren. Etwas nachdenklich machte uns allerdings, dass der Zugverkehr seit Stunden schon wieder sehr zurückhaltend war. Einer der einheimischen Eisenbahnfreunde von gestern hatte gemeint, der Montag und nicht der Sonntag wäre der schwächste Tag. Aber diesmal wurde alles gut. Es kamen zwei Züge hintereinander bergab, die wir rund um den Loop je zweimal aufnehmen konnten.


Von einer Strecke, die gerade ausgebaut wird, darf auch mal ein Baustellenfoto sein: Der UP-Zug nähert sich von oben dem Loop...


...und umrundet ihn.


Der BNSF-Zug wird ein Stück tiefer im Bf Woodfort aufgenommen, wobei wir das schönere Motiv erst ein Stück weiter entdeckten.

Zur weiteren Kundschaft ging es nun am Bf Woodfort vorbei nach Keene, wo wir am Ende einer weitläufigen Parkanlage eines Sanatoriums oder Krankenhauses ein sehr schönes Motiv für Bergfahrer mit Wildwestberg im Hintergrund, Eingleisigkeit und Telegraphenleitung fanden. Doch war nun wieder Ruhe eingekehrt. Wir genossen den kühlenden Wind und den wieder ein wenig blauer gewordenen Himmel. Am Rande des Krankenhausparks stand man wenigstens total ungestört. Das Krankenhaus machte ihrgendwie einen saisonbedingt geschlossenen Eindruck. Irgendwann hörten wir es tröten. Allerdings leider von oben. Für den hätten wir einen netten Blick im Bf Woodfort gehabt, aber das schafften wir leider nicht mehr. Da dieser Zug real war und wir nicht wissen konnten, wann überhaupt noch etwas hoch kommen würde, gaben wir den Wildwestberg auf und fuhren dem Zug voraus nach Bealville, wo wir einen unerwartet schönen Ausblick auf den Bahnhof entdeckten.


Es sollte der letzte Zug unserer Reise am Tehachapi Pass werden: Ein UP Stacktrain, den wir einmal in Bealville...

Und dann kam noch die Stelle an der "Graffitibrücke", die ja keine war, zum Zuge. Allerdings nun aus der anderen Richtung, so dass man von den wie Graffiti aussehenden Steinen nichts mehr sah. Steil mussten wir den Hang hochklettern, aber der Blick auf die Berglandschaft hier am westlichen Ende des Rodeocanyons war eine ausreichende Belohnung.


...und dann nochmal unten bei Ilmon bekamen.

Dort oben führte auch ein wunderbarer Weg an der Kante der Klippen, auf die wir von der Straße mühsam hochgekraxelt waren, entlang. Allerdings schon wieder auf der Privatseite des Stacheldrahtes. Wir liefen den Weg runter und kraxelten unten an einer Fläche, wo offensichtlich Schießübungen abgehalten werden, wieder durch den Stacheldraht. Der Tag schien gelaufen, und es hieß Abschied nehmen von dieser wunderbaren Landschaft. Die letzte Fahrt auf der Schottlandstraße fand mit laut aufgedrehter Dire Straits Musik statt, die wunderbar passte. Doch während die Telegraph Road aus den Boxen hallte, entdeckten wir zahlreiche Landschaftsmotive, für die wir immer wieder anhalten "mussten".







Bei einem der Fotohalte hielt neben uns auf der Straße ein Auto an und der Fahrer meinte irgendwas davon, dass er hier was zu sagen hätte und wir auf der Straßenseite der Zäune bleiben sollten. Freies Amerika! Waren wir hier in der Gegend schon als Zaunkrabbler bekannt? Es ist nicht zu fassen...

Unser gebuchtes Ziel für heute Abend war Barstow. Sicherlich hätte man hier am Tehachapi noch viele Tage verbringen können, aber nachdem sich am Wochenende das Wetter doch noch gut berappelt hatte, war für Mo und Di hier oben zwei Tage richtig schlechtes Wetter angekündigt. Der Wetterbericht ließ es ratsam erscheinen, sich südostwärts zu wenden. Und wir konnten uns gedanklich durchaus mit paar Bildern in der Wüste anfreunden. Deshalb taten wir uns nach einem Tankstopp in Tehachapi noch den anderthalbstündigen Ritt durch Dämmerung und Dunkelheit nach Barstow an. Heftig war unterwegs der Verkehr in der Gegenrichtung. Vor Kramers Kreuzung war ein kilometerlanger Stau...

Obwohl unser gebuchtes California Inn in Barstow direkt an der Straße der Köstlichkeiten lag, hatten wir nach unserer Ankunft um 20.30 keine rechte Lust mehr auf Essen gehen. Das Hotel war mal etwas besser als die Motel 6 und Days Inns der letzten Zeit. Dafür mussten wir immerhin dann auch ca 28 Euro pro Person und Nacht berappen... Leider war Christians Kreditkarte, mit der er ohne Auslandsgebühr bezahlen kann, nun schon zum zweiten Mal gesperrt worden, weil damit Buchungen in den USA getätigt wurden. Haha. Das erste Mal konnte das per Email geklärt werden - die Sperrung sei nur vorsichtshalber gewesen. Lange vorgehalten hat die Klärung ja nicht... Man darf wirklich nicht ohne weitere Kreditkarte auf Tour gehen... Unser Zimmer ging zum Pool raus. Da veranstalteten paar Dänen noch länger Highlife. Aber um Punkt 10 packten sie ihre Sachen zusammen und es war himmlische Ruhe. Die Stück hinterm Haus verlaufende Bahn war nur dezent zu hören.

Montag, 21.03.2016

Wenn man deutsche oder gar skandinavische Frühstücksbuffets kennt, wäre es vermessen zu sagen, dass das California Inn zu Barstow ein Super Frühstück anböte. Für amerikanische Verhältnisse war es das aber wirklich. Es gab neben Toast auch so eine Art Scones, die ganz lecker waren. An warmen Bestandteilen wurden Rührei, Bratkartoffelwürfel und eine lecker würzige helle Sauce serviert. Keine Ahnung, wirkte kalorienreich (ach nee!), könnte Käse und evtl sogar Hack drin gewesen sei. Schmeckte leicht pfeffrig. Ach, und das wichtigste: Der Kaffee schmeckte sogar nach Kaffee! Insgesamt also Daumen hoch für das California Inn Barstow, das in der Woche aber wohl auch 10 Euro pP teurer ist, dann also rund 40€ pro Person.

Wir fuhren ostwärts. Ich liebäugelte nochmal mit dem Aussichtshügel von Ludlow. Da waren wir zwar 2009 schon, aber der Blick auf den schlängelnden Zug ist einfach toll, und optimieren geht immer. Oder ein Optimierungsversuch zumindest... Da wir auf den gesamten 100 km Autofahrt von Barstow nach Ludlow keinen einzigen Zug überholten, sich bei unserer Ankunft in Ludlow aber gerade ein Leertragwagenzug hinten an einen Stau anstellte, kümmerten wir uns erstmal um den Zug, der im Stau vorm BÜ der Route 66 stand. Der Manifest train hatte ein interessantes Loksammelsurium vor.

Stück weiter waren Bauarbeiten. Viele einzelne kleine Baufahrzeuge standen hier auf dem Streckengleis für Ostfahrer aufgereiht. Die beiden Streckengleise verlaufen hier vollkommen getrennt voneinander trassiert. Wir nahmen hier und dann nochmal an besagtem BÜ östl Ludlow einen Westfahrer im Streiflicht mit. Danach begann der Stau der Ostfahrer sich aufzulösen.


Wettfahrt zwischen Stacktrain und einem kleinen Baumobil. Die Streckengleise haben hier unterschiedliche Höhenniveaus.


Von Westen wartet vor dem baubedingt eingleisigen Abschnitt ein Manifest train. Zu seinem bunten Loksammelsurium gehört auch wieder das in Teil 2 schon beobachtete führerstandslose Antriebsteil GP60B 345 an dritter Stelle, dahinter eine Lok in der alten Burlington Northern Farbgebung.

Nun suchten wir aber doch mal den Aussichtshügel westlich Ludlow auf. Nach all den private properties der letzten Tage war es mal wieder wohltuend, dass man hier einfach die Schotterpiste hineinfahren konnte und dass es hier keine Zäune gab. Der Ausblick vom Hügel war wunderbar. Doch nun fehlten die Züge. Aber es war Montag, da musste man damit rechnen. Montags geht in den Häfen an der Westküste das Verladegeschäft erst wieder los. So schnell konnte kein heute beladener Zug im kalifornischen Hinterland sein... Es kam dann noch ein mickriger Tankzug angefahren. Na ja, schade, hier hätte man einen Zug gebraucht, der alle "Ebenen" ausfüllt. Dafür sah man im Gegensatz zu meinem Dunstbild von 2009 im Hintergrund noch Berge!


Blick vom "Aussichtshügel" bei Ludlow.

Nach dem Zug war die Sonne dann auch kaum noch auszumachen. Der Himmel hatte sich ziemlich bewölkt, der Schlonz war so dick geworden, dass er keine Sonne mehr durchließ. Wir fuhren die Route 66 ostwärts. In Amboy warfen wir einen Blick auf den Vulkan in seiner schwarzen Lavaumgebung. In Cadiz warfen wir einen Blick auf die Abzweigung der Arizona & California Railroad. Die Gleise waren blank, einen Zug bekamen wir aber nicht zu sehen.


Bei Amboy geht es durch schwarzes Lavagestein.

Die Hochlichtphase begann, der Himmel war verschlonzt, und wir beschlossen, uns von der Bahn abzuwenden. Wobei uns das nicht vollständig gelingen sollte... Im rechten Winkel zu unserer BNSF Needles Subdivision ging es nordwärts in die Berge der Mojave Wüste. Die einzeln aufragenden Bergkegel, Gebirgsketten und Felsbildungen waren faszinierend. Es ging immer höher. Wir mussten trotz Mittagslicht Fotohalte einlegen. Immerhin schien die Sonne gerade recht stark durch den Schlonz.


Kurz vor der Passhöhe an der Kelbaker Road.

Nach einer Passhöhe ging es kontinuierlich abwärts. Links vor uns fielen die weißgelblich leuchtenden Kelso Dünen auf - natürliche Sandberge mitten in der Geröll- und Buschwüste!

Tja, man kann uns wirklich den guten Willen glauben, von der Bahn wegfahren zu wollen. Doch nach rund 50 km durch die Wüste standen wir vor der nächsten Bahnstrecke. So ein Pech aber auch... ;-) Es handelte sich um den Bahnhof Kelso an der UP Cima Subdivision von Barstow in Richtung Las Vegas und Salt Lake. Ich hatte mal vor längerer Zeit etwas über ein wunderschönes Bahnhofsgebäude hier mitten in der Wüste an einem stillgelegten Bahnhof in absoluter Einsamkeit gelesen. Und so bischen hatte ich den Ortsnamen "Kelso" dabei im Hinterkopf gehabt. Und tatsächlich - direkt am Bahnübergang unserer Straße stand das Prachtstück. Doch ich sah mich etwas desillusioniert. Aufgrund der Lage an der Landstraße, der "Kelbaker Road" kam nicht wirklich ein Gefühl von Einsamkeit auf. Und wo ich ein einzelnes Gleis durch die Kakteen führend wähnte, gab es drei Hauptgleise mit modernster Signaltechnik plus weitere Nebengleise, wo teils Tragwagen abgestellt waren, teils aber auch Wagen zur Be-/Entladung bereit standen.

Nach meinem Kenntnisstand herrscht auf dieser UP Linie nicht so viel Verkehr. Wir fotografierten das große EG und wollten uns einfach für eine Siesta in den Schatten einiger Bäume stellen. Vielleicht würde ja mal ein Zug vorbei kommen. Wenn nicht, wäre es auch nicht schlimm. Doch zu unserer Siesta kam es gar nicht erst. Aus Richtung Las Vegas tauchte eine lange Kette mit Spitzenlicht in der Ferne auf! Unglaublich! Der Zug fuhr nun extrem langsam in den Bahnhof ein. Die Ausfahrt zeigte Halt. Man stoppte vor dem EG und wir hatten nun alle Zeit der Welt, um die Sonne bestmöglichst hervorkommen zu lassen. Zwischendurch flog die Klappe in der Lokfront auf. Der Tf kam herausgekrochen und schlenderte zum EG rüber, in dem sich ein Infozentrum zur einstigen Bedeutung Kelsos im Bergbau und natürlich zur Bedeutung des Bahnhofs befindet.


Der Zug aus Las Vegas bringt uns Glück: Er muss in Kelso auf Kreuzung warten. Dabei bleibt er vor dem prächtigen EG stehen, damit er nicht den BÜ versperrt.

Es gibt offenbar sogar Bestrebungen, zwischen LA und Las Vegas Personenzüge einzuführen. Aber die werden dann wohl nicht in Kelso halten... - Über uns lag jetzt die Wettergrenze. Im Westen komplett bewölkt, im Osten blauer Himmel. Doch das Ganze schob sich südlich mit leicht östlicher Tendenz vor. Natürlich kann man vor Wolken nicht fliehen. Aber wir wollten es dennoch mal ostwärts probieren.

Vielleicht muss an dieser Stelle überhaupt mal ein Satz zu unserer komischen Reiseroute gesagt werden. Wie anfangs erwähnt, hatten wir ja ganz woanders hingewollt, nämlich in den Norden nach Montana. Doch nun waren wir praktisch durchgehend auf der Flucht vorm schlechten Wetter. Die Städte nördlich unserer Länge wie Salt Lake City und Denver meldeten Minusgrade und (zumindest etwas) Schnee! Selbst Tehachapi, wo wir an den zurückliegenden Tagen am Pass geschwitzt hatten, meldete zumindest für heute Morgen eine Chance auf paar Schneeflocken! Nicht, dass uns Minusgrade und Schnee etwas ausgemacht hätten, aber damit ging halt ein Ausbleiben von Sonnenschein einher. Und das war nix für uns! Also verharrten wir in dem Bereich, in dem wenigstens für die nächsten Tage schönes Wetter angesagt war und in dem wir trotz vorheriger Beackerung noch genug offene oder verbesserungswürdige Motive wussten, nämlich im Bereich Mojave Wüste / Kingman. Wir wären gern noch zwei-drei Tage im westlichen Kalifornien geblieben, um wenigstens den Cajon Pass zu beackern oder gar an die Westküste zu schauen, aber genau daran hinderte uns das Wetter am Mo und Di!

Wir steuerten die Colorado Brücke südlich von Needles an und hofften, doch schneller als die Wolken zu sein. Man konnte auf der Westseite über einen steilen und mit Kakteen bestandenen Bröckelhang einen Hügel erklimmen, von dem man einen Topp Ausblick auf die Brücke hatte. Der erste Zug kam auch sofort und ging noch mit Sonne. Für den zweiten hatten wir einen noch deutlich schöneren Standpunkt weiter oben entdeckt, aber vor Durchfahrt waren die Wolken zur Stelle.


Einen Güterzug bekamen wir auf der Colorado Brücke noch mit Sonne, dann war die geschlossene Bewölkung da.

Es war nun 15.30. Wir kundschafteten zunächst an einigen tollen Sandabbrüchen herum, durch die die Bahn wie durch eine Mondlandschaft führt. Das war ein Must Have für die Folgetage! Dann machten wir das Hotel in Needles klar, wobei wir nach Preisrecherche im Internet erstmalig auf der Tour direkt an der Rezeption des Days Inn vorstellig wurden. Die nette Dame, die wir von der Poolreinigung weggerissen hatten, lief mit uns nun durch den ganzen Komplex, um ein bereits gereinigtes Zimmer zu finden. Letztendlich schleppte sie dann eine der Roommaids zu einem für uns geeigneten Zimmer und sagte uns die Bezugsfertigkeit in zehn Minuten zu.

Für die Runde, die wir noch drehen wollten, benötigten wir allerdings länger als zehn Minuten - nämlich zweieinhalb Stunden. Es ging entlang der Bahn nochmal westwärts über Goff bis Essex und über die Autobahn zurück. So richtig die tollen Ausblicke von oben sind eher rar. Aber von Goff aus probierten wir mal eine Piste, die südwärts auf eine Anhöhe führte. Und von dieser konnten wir sehen, dass auf einen der Bergkegel, den Goffs Butte (1019m), eine Art Weg zu einigen Sendeanlagen hochführte. Ich winkte ja schon ab, das sei eh alles abgesperrt und private property, und der Weg hoch nur ein Ziegenpfad und überhaupt... Am Abzweig tat sich uns eine luxuriöse Schotterpiste auf, die ohne blöde Schilder den Berg hoch führte. Von halber Höhe gab es dann das nächste Must Have für morgendliche Ostfahrer...


Unser Mietmobil auf halber Höhe des Goffs Butte.

Wir kundschafteten noch bis Essex, wo die Straßenbrücke wegen Asphaltierungsarbeiten gesperrt war. Das bedeutete im Zweifelsfalle, dass man beim Warten auf der Brücke seine Ruhe haben würde. Einen Autozug nahmen wir im Helligkeitsglanz (-> Tonne), dann traten wir die Rückreise an.


Blick von der Straßenbrücke in Essex. Hab's nochmal aus der Tonne herausgefischt ;-)

Seit vier Tagen gab es endlich mal wieder warmes Abendessen bei Dennys. Während draußen allerdings noch ziemliche Wärme herrschte und wir alles Langärmelige im Hotel gelassen hatten, war die Klimaanlage im Restaurant so eingestellt, dass das Eis nicht mehr im Gefrierschrank aufbewahrt werden musste. Na gut, das war leicht übertrieben, aber es war jedenfalls unangenehm. Zum Glück beschwerte sich eine asiatische Familie, so dass die Anlage dann etwas runtergepegelt wurde.

Dienstag, 21.03.2016

Es war so warm, dass wir die Klimaanlage die ganze Nacht laufen hatten. Trotz des Getöses konnte ich gut schlafen. Damit wir kurz nach Sonnenaufgang auf dem Goffs Butte wären, nahmen wir Sack und Pack mit zum Frühstück. Dafür, dass auf booking.com gar nichts von Frühstück gesagt worden war, fanden wir es für US Maßstäbe sogar ganz anständig. Es gab sogar verschiedene Kuchenteilchen und Joghurt. Nebenbei hatten wir das Zimmer verlängert. Wobei es seit Dennys gestern Abend schon wieder Probleme mit Christians Kreditkarte gab. Sie war wieder vorläufig stillgelegt worden. Es könnte sein, dass eine Probeabbuchung von einem Dollar an der Tanke gestern misstrauisch gemacht hatte. Oder vielleicht auch die exakt identischen Beträge an der Tanke und bei Dennys gestern? Keine Ahnung! Die Bedienung bei Dennys hatte uns noch den guten Rat mitgegeben, niemals den Tankautomaten zu benutzen, sondern immer drinnen zu bezahlen. Wobei das eben etwas doof ist, weil man in den Staaten nur im Voraus bezahlen kann und bei Überzahlung hinterher wieder rein muss, um sich den Restbetrag gutschreiben zu lassen.

Um 6.30 saßen wir auf der Autobahn und waren, gerade als der Goffs Butte in erstes zartes Licht getaucht wurde, auf der Mountain Springs Road, die direkt auf den Berg zuführt. Wir erreichten unseren Ausguck auf halber Höhe, als die Schatten gerade von der Bahnebene gewichen waren. Da oben wehte ein höllischer Sturm. Man musste gut aufpassen, dass man die Kamera nicht all zu sehr verriss. Natürlich war gerade eben ein Manifest train durchgefahren, aber mit Schatten bis an die Bahn ran hätte das komisch ausgesehen. Und wenn man gaaaanz genau hinschaute, sah man gaaaanz weeeit hinten auch schon wieder ein Licht leuchten in der Ferne. Der nächste Zug. Der brauchte allerdings noch ne halbe Stunde, bis er bei uns war.


Vielleicht nicht mehr Eisenbahn-, sondern eher Muster-in-der-Landschaft-Fotografie. Mal was Neues... Ein Stacktrain vor Goffs, beobachtet vom Goffs Butte.


Das Gegen-Muster in der Landschaft im Ortsbereich von Goffs.

Einen Gegenzug warteten wir auch noch ab. Dann waren in der Ferne immer noch keine Anzeichen für einen nächsten Zug zu sehen, so dass wir mal auf die Straßenbrücke in Essex wechseln wollten. Unterwegs gab es auch paar Landschaftsbilder, ohne die wir aber vermutlich auch keinen der zwei Containerzüge, die nun natürlich in der richtigen Richtung auftauchten, bekommen hätten. Das Überfahren dieser zwei Züge war insofern besonders ärgerlich, da von der Brücke in Essex nun wieder genau gar nichts in der Ferne zu sehen war. Damit war klar, dass mindestens für eine halbe Stunde nichts zu fotografieren wäre. Es war nun 8.30. Die Brücke wollten wir uns für morgen früh aufheben.


Ausrangiertes Mobilheim in den Wicken bei Goffs.

Nun konnte man langsam mal zum nächsten Programmpunkt aufbrechen, zur Mondlandschaft beim Park Moabi unweit der Coloradobrücke. Dort setzten wir uns erstmal unweit der Autobahnzufahrt an den Rand und warteten mal. Wir hatten oben in der Wüste vier Ostfahrer gesehen. Keine Ahnung, wie lange die in Needles zum Crewwechsel Aufenthalt haben, aber für ganz chancenlos hielten wir es nicht, dass bald mal etwas käme. Und doch mussten wir nun erstmal warten. Die beiden vom Goffs Butte beobachteten Züge müssen aber wohl schon durchgewesen sein. Iiiirgendwann tauchten nun die beiden oben "überfahrenen" Züge auf, die uns beim Standortwechsel zwischen Goffs und Essex entgegen gekommen waren.


Der erste Containerzug in der Mondlandschaft beim Park Moabi kurz vor der Coloradobrücke.

Den zweiten Zug nahmen wir an der Coloradobrücke von der weitwinkligen Ostperspektive, also von Arizona aus. Leider war die erste Lok ziemlich schmuddelig.


Der Blick aus Arizona auf die Coloradobrücke.

Da uns das Licht beim ersten Zug in der Mondlandschaft noch nicht seitlich genug gestanden hatte, stellten wir uns anschließend wieder in der Mondlandschaft auf. Nun hatten wir keine Ahnung, wie schnell etwas hinterher käme. Wir beobachteten grummelnd schon wieder irgendwelche weißen Unimogs, die auf der Schiene herumflitzten. Doch waren sie offenbar auf dem Westfahrergleis tätig. Bald wurden die Herren Streckeninspekteure von einem Tröt aus Richtung Needles gewarnt.

Hmmm, konnte der Zug eine noch dämlichere Containerfarbe haben? Sie waren sandfarben! Auch die Loks wirkten farblich sehr stumpf. Wir hatten bis zum Mittag eh nichts anderes mehr auf dem Zettel und warteten einfach mal weiter. Das WIFI Lüftchen vom Pirate Cove Park unten am Ufer des Colorado wehte bis zu uns hoch. Wir lasen ziemlich entsetzt die Berichte über die Anschläge in Brüssel. Vielleicht wird es einem gerade auf so einer Reise, fernab der Heimat, besonders bewusst, wie verletzlich alles und man selbst ist.

Zum Mittagessen wollten wir mal was Neues testen. Wir fuhren zu Jack In The Box. Das ist eine weitere Hamburgerkette a la Burger King oder Mc Donalds. Ob man sie wirklich braucht? Das wissen allein die Amis. Gegen meinen persönlichen Favoriten auf diesem Gebiet, dem König, kommt Jack In The Box jedenfalls nicht an. Die Burger schmeckten zwar, wirkten aber noch fettiger und kalorientriefender als von bekannten Mitbewerbern. Wir konnten uns aber schön Zeit lassen und probierten nach dem Essen mal die Verbindung unserer Phones via Bluetooth aus, nachdem in Sachen WLAN / Mobile Hotspot iphone (Chris) und Samsung (ich) nicht so richtig zusammenarbeiten wollten.

Als wir unser Bäuerchen gemacht hatten, fuhren wir wieder raus an die Colorado Brücke. Um 14 Uhr stand das Licht zwar noch recht hoch, aber wenn man nicht weiß, wann was kommt, ist es besser, anderthalb Stunden vor zu spitzem Lichtstand da zu sein. Und es rollte dann auch zunächst recht gut. Wir konnten prima in beide Richtungen fotografieren. Dann gab es leider eine längere Zugpause. Der danach eintreffende Zug mag vielleicht schon etwas zu spitzes Licht gehabt haben.


Blick vom Aussichtshügel auf die Coloradobrücke...


...und in die andere Richtung.

Nun wollten wir uns gern nochmal die Sandabbrüche von der Nordwestseite anschauen, wozu wir ein Stück in das Gelände hinein gefahren sind. Hier ist, auch wenn die Karte nix dazu sagte, alles komplett mit Erdpisten erschlossen, die offensichtlich gern zum Crossfahren genutzt werden. Gerade als wir auf den Hügel nordwestlich des großen Washes (trockenes Flussbett) geklettert waren, tauchte ein nordwestfahrender Autozug auf. Damit war an der Stelle ein Haken, denn so schön, dass wir auf mehr warten mussten, war der Ausblick auch wieder nicht.


Dafür schauen wir jetzt mal von der Bahn weg auf die Wüstenwasserwelt am Colorado.

Der Blick für Südfahrer von dem Hügel aus hatte uns besser gefallen. Müsste man vielleicht morgen nochmal machen. Da jetzt zwei Züge kurz hintereinander in Richtung Westen durchgekommen waren, beschlossen wir, die Gunst der Stunde zu nutzen und beide beim Anstieg ins Gebirge nochmal umzusetzen. Da hatte ich auch noch manche offene Baustelle von 2009. Als wir durch Needles kamen, veränderte sich die Situation schlagartig. Die beiden erhofften Züge stauten sich noch vor dem Bahnhof. Ein vorheriger Containerzug schlich gerade langsam westwärts aus dem Bahnhof. Und weiter oben in der Steigung kämpfte vor ihm noch der Manifest, den wir nach der Mittagspause auf der Colorado Brücke gemacht hatten. Für den erreichten wir nun nicht mehr den vorgesehenen Standpunkt, doch eine kleine Trestle über einen Wash war auch ein nettes Motiv.


Im Anstieg von Needles: Bei Java kurvt der Zug in die Berge hinein.

Den Weg weiter erreichten wir den aus 2009 bekannten Aussichtshügel mit Blick auf die Zickzackführung der Bahn beim Anstieg aus Needles mit dem Colorado Valley im Hintergrund. Dort warteten wir den ersten Containerzug ab. Eine Wolke schien sich noch ins Bild schieben zu wollen, ließ es dann aber doch bleiben. Den Zug erwischten wir noch weitere zwei Male ohne Hektik. Besonders oben am BÜ des Highway 95 kam er schön vor der Bergwand.


Noch vor Java: Die Schlange des Zuges hat Needles und das Colorado Valley hinter sich gelassen.


Derselbe Zug nochmal mit Fotowölkchen (sowas hatten wir ja noch gar nicht!) zwischen Java und Ibis...


...und im Anflug auf Arrowhead bzw Bannock. Die Container rechts gehören auch noch zum Zug, der hier auf dem bergwärts führenden Gleis einen engen Bogen fährt, um an Höhe zu gewinnen.

Dann gab es weitere Bilder vom nachfolgenden zweiten Containerzug und dem Autozug, die wir jeweils zwei- oder dreimal bekamen.


Ein weiterer Stacktrain zwischen Java und Ibis.


Der Autozug im Bahnhof Java...


...und dann nochmal oben bei Arrowhead.

Als wir an einer Stelle mal wieder aus einem in die bahnnahen Wicken führenden Fahrweg rechts in den Highway abbiegen wollten, kam auf der Hauptstraße langsam ein Polizeiwagen von rechts angefahren. Hinter uns drehte er, fuhr hinter uns her und ließ sein Rotlicht kreisen. Aaah, tausendmal in Filmen gesehen, jetzt also persönliche Premiere... Wir fuhren an den Rand, er stellte sich hinter uns. Christian ließ die Hände am Lenkrad, bis der Officer ans Fenster klopfte. Es handelte sich um einen Bahnpolizisten der BNSF. Warum kann die DB sowas nicht mehr haben? Er fragte freundlich, wie es uns denn ginge und was wir denn an der Bahnstrecke gewollt hätten. Wir erklärten es ihm, er ließ sich von Chris den Führerschein zeigen. Aaah, Deutsche! Wir sollten, wenn wir den Arbeitsweg der Bahn fahren, doch bitte Abstand zu den Zügen halten, es könne ja mal was runterfliegen. Ansonsten war alles ok, und, sorry, nach den neuerlichen Anschlägen müsse man sich genauer anschauen, wer da an der Bahn zugange ist. Viel Spaß noch, gute Fahrt! Wieder mal eine sehr freundliche Begegnung mit einem US Polizisten!

Leider gab es oben am BÜ keine Chance mehr auf eine erhoffte Streiflichtaufnahme. So fuhren wir dem aufgehenden Vollmond entgegen zurück nach Needles. Es war sehr stimmungsvoll, wie der Mond da im Dunst der Dämmerung über dem Colorado Valley stand. Als wir ins Hotelzimmer zurück kamen, fanden wir eine Hand geschriebene Entschuldigung der Roommaid vor, dass sie Christians Bett nicht hatte machen können, da "personal items" (=Schlafanzug) drauf gelegen hätten. Süß! Mir schien, sie hat es dennoch bestmöglichst gemacht, denn morgens sah es unaufgeräumter aus :-) An dieser Stelle vielleicht noch ein Satz zum Trinkgeld: Neben den in Deutschland bekannten Anwendungsfällen legt man in den USA auch mindestens pro Person einen Dollar für das Zimmermädchen auf das Kopfkissen (von anderen Stellen darf sie das Geld nicht an sich nehmen!). Das gehört hier einfach zum guten Ton, zum Verdienst des Personals. Man sollte sich daran halten. - Das Abendessen gab es wieder gegenüber bei Dennys. Heute Abend hatten wir wohl erstmalig auf der Tour klaren blauen Himmel mit kleinen Fotowölkchen. Das wurde bei einem Steak gefeiert. Wobei mal wieder deutlich wurde, dass Dennys kein Steakbräter ist...

Mittwoch, 22.03.2016

Wir waren wieder um 6 beim Frühstück in der Lobby. Während unserer Speisung lachte die Empfangschefin ansteckend herzlich über eine Sitcom, die im Fernsehen lief. Da wurde gerade geheiratet. Vermutlich handelte es sich um eine sehr wichtige Folge...

Als wir auf der Autobahn dem untergehenden Mond entgegen fuhren, fingen die Bergspitzen schon ziemlich früh an in der Morgensonne zu leuchten. Waren wir doch zu spät losgefahren? Das alles war aber eine gigantische Wildwest Szenerie. Dazu lief die CD mit der Filmmusik aus "Django Unchained". Wunderbar! Als wir auf der Autobahn das Tal der Bahn mit unserer Abfahrt Fenner vor uns hatten, kam unten natürlich ein Zug angefahren. Ich machte aus dem fahrenden Auto ohnehin schon Landschaftsaufnahmen, da konnte ich den Zug natürlich auch mal integrieren.


Der irre weite Blick fällt über die Landschaft. Das Glänzende da rechts im Bild ist ein Signal der BNSF bei Homer, ca zehn Kilometer von der Autobahn entfernt.

Wir konnten uns allerdings nicht vorstellen, dass der Zug in unserem Motiv schon Sonne gehabt hätte, denn das lag vermutlich zum Zeitpunkt der Vorbeifahrt noch im Schatten des östlichen Höhenzugs. Unser Ziel war die Straßenbrücke Essex. Hier hatten wir 2009 mal Hochlichtbilder gemacht. Jetzt sollten es mal paar Morgenaufnahmen werden, wobei die langen Schatten leider nicht komplett ins Bild integriert werden konnten. Schön war die Szenerie dennoch allemal.

Faszinierend war hier auch die absolute Stille, die eintrat, sobald "Django" ausgestellt war. Das Knirschen der Schuhe auf dem Split kam einem wie regelrechter Lärm vor. Man hatte einen extrem weiten Blick. Und irgendwo dahinten in der Botanik war auch schon ein Strich in der Landschaft erkennbar, der sich bald hierhin und bald dorthin wand. Es handelte sich um einen Manifest train, der im Morgenlicht auch sehr schön kam. Während wir ihn fotografierten, war hinten in der Landschaft bereits ein weißer Strich zu sehen, der den nächsten Zug, einen Stacktrain, ankündigte. Nun mussten wir uns etwas gedulden, doch für die seitlichere Perspektive ließ sich freundlicherweise ein Autozug blicken.


Eines der einfachsten und deshalb auch bekanntesten Motive an der BNSF Needles Subdivision: Der Blick von der Straßenbrücke Essex. Hinterm Funkmast ist bereits das weiße Band eines folgenden Stacktrains zu sehen.


Blick in die andere Richtung, wo sich zwei Stacktrains begegnen.


Den Autozug konnten wir etwas seitlicher aufnehmen. Er war übrigens völlig leer!

Danach wechselten wir auf den Hügel an der Autobahn bei Fenner. Wir hatten eigentlich von dem Felsenberg Westfahrer in der weiten Ebene fotografieren wollen. Den Blick für Ostfahrer hatten wir eigentlich gedanklich gar nicht eingeplant, weil wir dachten, dass man dann ja "nur" auf die Autobahnbrücke schaut. Doch als wir über einen Privatüberweg auf den Felsen gestiegen waren, lachte uns viel eher das Motiv für Ostfahrer an. Die kleine Siedlung Fenner mit ihrer Raststätte wirkte wie eine Oase. Der Blick für Westfahrer wäre hingegen irgendwie öde und leer. Passend kam nun ein Manifest train angefahren. Ärgerlich waren nur die leeren Containertragwagen hinter der Lok, wobei an den hiesigen Wagen für die Stapelcontainer immerhin mehr dran ist, als an einem europäischen Tragwagen.


Der Manifest mit der "Oase" von Fenner. Die Interstate 40 quert hier die Eisenbahn.

Mein Wunsch war allerdings, einen weiteren Zug abzuwarten. Leider tat sich erstmal gar nichts. Beim Blick nordostwärts sah man im Bf Goffs noch immer den Autozug von vorhin stehen. Eigenartig. Der Manifest war aber weiter gefahren. Züge von Osten waren momentan gar nicht im Programm. Irgendwann war irgendwo in weeeeeiter Ferne wieder ein sich bewegendes Etwas zu sehen. Es hätte auch ein LKW sein können, doch es stellte sich als Leerwagenzug heraus. Spannend wurde es nun, weil dahinter eine weitere, schön leuchtende Schlange eines Stacktrains zu sehen war, die offenbar schneller unterwegs war. Als die Züge nach laaaanger Zeit endlich hinter Essex waren, war klar, dass die beiden Züge zweigleisig auf uns zufuhren. Ich wollte ja schon wieder zu fluchen anfangen, weil der Containerzug auf dem hinteren Gleis langsam aber sicher den Leerzug auf dem vorderen Gleis einholte. Doch es ging gut. Der letzte Leerwagen war gerade aus dem Bild gerollt, als der für dieses Motiv ideale Stacktrain im Auslösepunkt war.


Der Stacktrain passiert bei seiner Hatz auf den Leerzug die Siedlung Fenner.

Wir warteten nicht allein! Während wir oben auf dem Felsen das Wettrennen der zwei Züge durch die Wicken beobachteten, hatte unten bei unserem Auto ein BNSF Pickup angehalten. Was tat der da? Wollte der bloß an dem BÜ eingleisen oder war er alarmiert worden, weil da ein verdächtiges Auto stand? Meine Güte, auf was man alles kommt, nachdem man einmal von der Polizei kontrolliert wurde... Wir rechneten mit irgendeiner Form von Anschiss, als wir den Hügel verlassen hatten und den Privat(!)BÜ überquerten. Doch in dem Unimog war nur ein müder Arbeiter, der sich auf der Rückbank halb ausgestreckt hatte und sich nur kurz aufrichtete, um uns mit einem freundlichen Handzeichen zu grüßen. Offensichtlich wartete er tatsächlich auf eine Zugpause zum eingleisen.

Parallel zur Bahn fuhren wir nach Needles zurück. Der Stacktrain war aber ganz schön schnell bei der Sache. Wir holten ihn nur seeeehr langsam ein. Da der Tacho unseres Autos allerdings exakt den Realwert anzeigte, hielten wir uns bereits auf der gesamten Tour grundsätzlich an die Geschwindigkeitsvorgaben. Immerhin war auf vielen Landstraßen sogar 108 km/h (65 mph) erlaubt. Da wir nun 1) einen sicheren Zug ostwärts hatten und 2) es noch etwas früh fürs Mittagessen war, beschlossen wir, nochmal zur Mondlandschaft am Park Moabi hinaus zu fahren, wo wir noch Verbesserungspotential sahen. Wir bekamen vor dem Containerzug sogar noch den Manifest mit den Leerwagen hinter der Lok.


Derselbe Stacktrain gute 600 m niedriger hinter Needles am Park Moabi.

Danach ging es zu Taco Bell nach Needles. Wir wollten die Mittagspause heute nicht all zu sehr ausdehnen, da wir paar Motive offen hatten, die eben nur mittags bzw am frühen Nachmittag gehen. Und so war es dann auch. Nach dem Verzehr schmieriger Tacos, einem Cheese-Potato Burrito und Austausch einiger "wichtiger" Nachrichten auf der WhatsApp Schiene fuhren wir direkt in ein Motiv bei den Sandabbrüchen am Park Moabi. Erst kam ein Blick für Südfahrer dran, wo wir irgendwie nicht weg kamen, weil immer in der Ferne schon der nächste Zug gesehen wurde, wenn ein Zug zum fotografieren durchkam.


Was passt besser in diese riesige Natur-Kiesgrube als ein Kieszug?

Zwischenzeitlich kam auf dem Arbeitsweg der BNSF ein Polizeiwagen angerumpelt. Er muss unser Auto natürlich gesehen haben, uns selbst aber nicht. Wir standen oben auf den Sandklippen. Und wir stellten uns auch nicht so, dass er uns entdecken musste. Bald rumpelte er auf der anderen Seite der Gleise wieder zurück. Wir suchten unterdessen noch einen anderen Felsen auf - diesmal eher mit Blick auf Nordfahrer.


Leuchtende Farbpunkte in der kargen Landschaft...


Beim seitlichen Blick hat man wieder den Park Moabi und den Colorado im Hintergrund.


Oder Mondlandschaft pur mit dem Autozug.

Es hätte sicher von jeder dieser Klippen interessante Fotomöglichkeiten gegeben. Aber irgendwann hatten wir genug von all dem Sand und dem losen Geröll. Wir fuhren auf der Autobahn wieder in den Anstieg zur Mojave Wüste. Heute zum zweiten Mal kamen wir dabei durch die Kontrollstelle, wo gefragt wird, ob man dieses oder jenes mitführt oder wo einem einfach nur ein schöner Tag gewünscht wird. Heute war der Typ vom ersten Mal da, der anhand unseres Kennzeichens fragte: "From Colorado?", woraufhin wir entgegneten "from THE Colorado". Ein Stacktrain startete gerade in Needles bergauf, einen anderen holten wir weiter oben in der Hochwüste ein. Den gab es nun in Homer, zwischen Homer und Goffs sowie vor Fenner mit dem Goffs Butte im Hintergrund.


Nun wieder 600m höher: Der Stacktrain hat die Passhöhe "Goffs Hill" fast erreicht. Ich finde es faszinierend, wie es erst eine "schiefe Ebene" hoch und dann eine andere wieder abwärts geht.


Nachdem wir so schöne Ausblicke vom Goffs Butte gesehen hatten, darf nun auch mal der Berg selbst gezeigt werden. Der Aussichtspunkt lag in der Scharte über den mittleren Loks.

Da kam uns dann auch ein Gegenzug vor die Linse, von dem es Streifungen bei Fenner sowie oben am BÜ des Highway 95 gab. Hatte die Ecke 2009 mit "Arrowhead" beschriftet, entdecke diesen Namen jetzt aber nicht auf der Landkarte. Der Bf westlich des BÜ müsste Bannock sein. Wenn ich all diese Ortsnamen nenne, so sind das gar keine Orte, sondern bloß Namen für --- nichts. Ausnahmen sind Goffs (kleine Siedlung im nichts, viel davon abgewickelt) und Fenner (Rasthof der Autobahn).


Auch von dem Hügel kennen wir den Ausblick: Von dem hatten wir heute den Blick auf die Rasthof-Oase Fenner fotografiert.

Für einen jetzt aufwärts fahrenden Autozug fuhren wir den BNSF Seitenweg mal vollständig bis in die Rundkehre hinein, die das bergwärts führende Gleis beschreibt. Dort hatte man eine schöne Perspektive auf die Berge.


An der Betriebsstelle Ibis kurvt der Autozug von seinem Gegengleis weg, um sich über die Schienen im Vordergrund bald wieder in die richtige Richtung zu orientieren.

An dieser Stelle sollte ich mal erklären, dass es wirklich eine Wohltat war, hier im gesamten Bereich rund um Needles wirklich kein einziges Verbotsschild und keinen Stacheldrahtzaun (gar keinen Zaun!) vorzufinden. So macht die Sache Spaß, wenn man im Gelände herumstreifen kann. Eigentlich hatten wir jetzt kurz vor Sonnenuntergang noch auf eine Streiflichtaufnahme gehofft, doch es kam lediglich ein weiterer Westfahrer, dem man in Sachen Streiflicht bestenfalls hinterher schießen konnte.


Vielleicht sollte man dem letzten Container ein Spitzenlicht draufmontieren? ;-)
So eine schöne Streifung hätten wir uns auf der gesamten Tour mal mit einem Zug von vorn gewünscht!


Dann war die Sonne untergegangen. Der Mond stand heute später auf dem Plan. Es ging zurück nach Needles, wo wir erstmal etwas Konfusion im Hotel anrichteten, weil man uns wohl in 108 wähnte und die Schlüsselkarten heute auch so gebucht waren, wir aber in Raum 107 unsere Sachen hatten. Na ja, das klärte sich schnell. Abendessen gab es nun zum dritten Mal bei Dennys, wo Christian uns bediente. Ein anderer Christian...


Der Pool von unserem Hotel, Days Inn Needles.

Beim Essen haben wir uns auch die Karten gelegt, wie wir mit den letzten verbleibenden Tagen umgehen wollen. Es stand uns halt noch eine lange Rückreise bis Denver bevor. Aber so langsam kristallisierte sich ein Konzept heraus. Wir wollten jedenfalls nicht komplett denselben Weg wie hinwärts entlang der BNSF Southern Transcon fahren - egal, was das Wetter sagt. Fototechnisch gab es am Schienenstrang noch eine wichtige Lücke vom Hinweg zu füllen, dann sollte es mit dieser Piste mal gut sein...

Donnerstag, 24.03.2016

Wir waren etwa dort, wo die Staaten Arizona, Nevada und Kalifornien zusammenstoßen, über den Colorado gegangen (...). Vom Gebiet der Komantschen bis hierher ist es beträchtlich weit. Man muß unendlich scheinende Savannen, himmelhohe Gebirge und dann öde Salzwüsten überwinden, und so kräftig Pferd und Reiter auch sein mögen, die Folgen solcher Strapazen machen sich doch geltend. - Ups, falsches Buch. Old Shatterhand war in "Winnetou III" allerdings auch in der Gegenrichtung unterwegs...

Gemäß unseres Rückfahrtkonzeptes begann der Tag mit einem frühen Check out und Start. Um Punkt 6 Uhr saßen wir im Auto und verließen Needles, paar Muffins und Kaffee vom Frühstücksbuffet auf dem Schoß balancierend. Mit der Colorado Brücke verließen wir den Sonnenstaat Kalifornien. Wir hatten nun das Gefühl, die Rückreise anzutreten, obwohl noch viereinhalb Tage vor uns lagen.

Pünktlich um 7 Uhr, zum Sonnenaufgang am Motiv, erreichten wir Kingman, wo wir es heute nochmal mit dem Kingman Canyon probieren wollten. Diesmal sollte es um die untere Brücke am oberen Gleis gehen - bzw um die entsprechende Talausfahrung. Da konnte man nun nicht so einfach mit dem Auto ran, weil unter der Brücke alles verrammelt und verschildert war - wie bereits letzte Woche beschrieben. Deshalb kletterten wir oberhalb durch die Botanik hoch. Hinterm Gleis kam ein Stacheldrahtzaun (aaah, endlich mal wieder...), der aber bezwingbar war.


Eindrucksvolle Felsen und Kakteen: Willkommen im Kingman Canyon!

Nun begann unser allgemeines Rückfahrtkonzept allerdings schon wieder zu wackeln. Das Konzept hatte nämlich vorgesehen, dass wir hier und vor allem jetzt unsere Morgenmotive umsetzen würden. Das scheiterte nun aber leider an einer Kleinigkeit: Es kamen mal wieder keine Züge. Schade, die letzten Tage hatten wir fast immer Züge, wenn wir sie brauchten, doch jetzt war mal wieder Totentanz. Bereits auf der Herfahrt von Needles hatten wir keinen einzigen Ostfahrer gesehen, was uns Schlimmstes befürchten ließ.


Immerhin konnten wir den Kakteen beim Blühen zuschauen...

Wir standen auf den Felskronen oben und konnten viel mit dem Vordergrund variieren. Mal diesen Kaktus ins Bild nehmen, mal jenen. Der Himmel war wieder strahlend blau. Aber was nutzt das alles, wenn kein Zug kommt? Es wehte ein unangenehm kalter Wind. Und trotzdem begann die Sonne bald wieder ihren Bratvorgang. Den frühen Aufbruch hätte man sich schon mal dicke schenken können. Und wir begannen langsam zu überlegen, was wir machen, wenn wir hier nichts Gescheites hinbekämen...


Dann rollte es doch endlich: Ein Getreidezug arbeitet sich zwischen Kakteen und Felsen den Kingman Canyon aufwärts.

Der eine Zug um 9.30 ließ uns nun wenigstens einen Haken an dieses Motiv setzen. Das war schon mal extrem beruhigend, wenn auch nicht ergiebig. Aber die anderen Morgenmotive waren nun nicht mehr möglich gewesen. Wir beschlossen, unser Rückfahrkonzept, das einen Tag Reserve beinhaltet hatte, nun um einen Tag nach hinten zu verschieben. Denn der Canyon ist klasse, und nach der Ausgiebigkeit, mit der wir dieses Jahr an der BNSF Southern Transcontinental tätig waren, würde ein nächster USA Besuch gewiss nicht in diese Ecke führen. Wir blieben einfach mal sitzen und hatten immerhin gegen 11 Uhr, nach vier Stunden warten, "schon" den zweiten Zug im Kasten.


Oh, ein zweiter Güterzug! :-)

Etwas anderes konnte man vor der Mittagspause eh nicht machen, deshalb warteten wir nochmal bis 11.30 weiter. Das war auch so etwa der Zeitpunkt, zu dem der Verkehr wieder erwachte. Es fing an in beiden Richtungen zu rollen. Aufgrund der Motivlage konnten wir keine richtige Hochlichtpause machen. So ab 13 Uhr würden verschiedene Einstellungen für Westfahrer bzw Talfahrer passen. Vorher wollten wir oben im Ort essen. Gegen 12 Uhr fanden wir uns zur Mittagsfütterung bei Wendys ein. Bei Wendys finde ich sympatisch, dass man als Menübeilage Chili con Carne wählen kann. Im WLAN des Restaurants buchten wir gleich mal die nächsten drei Nächte, da wir uns allmählich wirklich auf einen Fahrtablauf festlegen mussten, der uns zumindest dichter an Denver heranbringen würde. Lediglich die letzte Nacht in der Nähe von Denver ließen wir noch offen.

Um 13 Uhr waren wir wieder im Canyon. Dank ganz guter Zugfolge konnten wir an die Frühnachmittagsmotive eines nach dem anderen einen Haken setzen. Zwischendurch konnte man faul im Auto sitzen. Da hatte man Schatten, aber der Wind wehte angenehm durch die offenen Fenster.


Und nun das Mittagsprogramm im Kingman Canyon. Die Motive mussten trotz Hochlicht einfach sein...





Problematischer wurde es für die Abendmotive. Zwar sind auf der Ostseite des Canyons auch sehr schöne Felsformationen, doch fotografiert man dabei immer in die Innenkurve. Und da schneidet man entweder den Zug an oder man muss auf Krampf irgendwas suchen, um den Zug "natürlich" zu beschneiden. Heraus kommen dann nur Kompromisse. Zur Motivfindung wechselten wir dauernd zwischen der alten, zwischen den Gleisen verlaufenden Straße, und der 66 auf der westlichen Talseite. Beide Straßen waren aber nur über Kingman angebunden, so dass man einen Riesenhaken durch den Ort schlagen musste, um 200m den Standpunkt zu verlagern.


Blick von der Route 66 auf einen Aufwärtsfahrer, während das untere Gleis schon in den Schatten fällt.

Nicht gerade dem großen Ganzen dienlich waren auch einige größere Wolkenschleier, wobei wir im Nachhinein sagen dürfen, dass sie uns gut in Ruhe gelassen haben. Während eines Schleiers kundschafteten wir etwas im Stadtbereich von Kingman. Dort gab es zwischen Innenstadt / Amtrak Hp und der nordöstlichen Vorstadt mit den ganzen Hotels, der Straße der Köstlichkeiten und dem Güterbahnhof noch einen kleinen Felseinschnitt, in dem man Ostfahrer gut umsetzen konnte. Auch dieser kleine Felseinschnitt trägt die Bezeichnung "Canyon", nämlich "Slaughterhouse Canyon".


Ein weiterer Stacktrain im Slaughterhouse Canyon, mitten in der 30000 Einwohnerstadt Kingman.

Nachdem dafür auch bald die passenden Züge gekommen waren, versuchten wir ein weiteres Mal unser Glück im eigentlichen Canyon, indem wir einem im Gbf auftauchenden Stacktrain in die Schlucht voraus fuhren. Da gab es dann sogar eine Zugbegegnung.


Gehört einfach dazu: Ein Bild von zwei sich auf den unterschiedlichen Höhenniveaus begegnenden Zügen im Kingman Canyon.

Es war mittlerweile fast 18 Uhr. Wir warteten nochmal, ob sich vielleicht heute Abend eine Streiflichtaufnahme ausgehen könnte. Dafür hätte man einen weiteren Bergfahrer gebraucht. Doch die Sonne rauschte nur so gen Horizont und durchpflügte dabei die Schleier, die noch sehr konzentriert über dem Horizont lagen. Deshalb brachen wir einfach mal ab und fuhren ins Hotel. Wir hatten diesmal das Ramada gebucht. Damit läuteten wir mal eine etwas hochpreisigere Phase ein (ca 40€ pP), doch wir hatten ja lange genug in den billigsten Hotels gewohnt... Zum Abendessen wollten wir uns bei Walmart was besorgen. Der lag an einer anderen Straße der Köstlichkeiten. Dieses Kingman ist ja riiiiesig. Zwei Straßen der Köstlichkeiten! (Nachtrag: Es sind sogar drei!) Dabei stellten wir fest, dass in dieser Straße der Köstlichkeiten auch Panda Express eine Filiale hat. Und plötzlich hatten wir Riesenlust auf chinesisches Essen. War dann auch sehr lecker und reichlich. Verzehrt wurde es im Hotelzimmer.

Als Getränk hatte ich mir diese rosa Brause gezogen. Davon gab es dann auch gleich einen ganzen Liter. Erst im Hotelzimmer fragte ich mich, ob das Zeug nicht vielleicht coffeinhaltig und damit ein ganzer Liter vor dem Schlafengehen nicht so ideal wäre. Bischen rumgegoogelt und auf eine Seite gestoßen, die die Gesundheit von Lebensmitteln beurteilte. Hmmm, da strahlte mir eine Ampel im dunkelsten verfügbaren Rot entgegen. Ganz bitter! Aber coffeinhaltig war sie nicht! :-)

Freitag, 25.03.2016

Um 10 war ich im Bett gewesen. Um 5 klingelte der Wecker, damit wir pünktlich um 6 beim Frühstück auf der Matte standen. Das wurde im angeschlossenen Diner mit dem für Kingman äußerst phantasievollen und seltenen Namen "Route 66" serviert. Für Hotelgäste gab es drei Varianten zur Auswahl. Ich entschied mich für gesunde Spiegeleier "sunny side top" mit gesunden Sausages, Hash Browns und Toast. Bevor es dazu kam, musste allerdings erstmal an der Rezeption ein Frühstückscupon besorgt werden, ohne den hier gar nichts lief. Das Mädel an der Rezeption versuchte mit mir zu kommunizieren, bekam jedoch die Zähne nicht auseinander. Die Arme... Christian machte beim Check out und Geldwechsel (wir brauchten Einer für die ganzen Trinkgelder) ähnliche Erfahrungen. Aber solange man im Endeffekt das Gewünschte bekommt, ist ja alles gut.

Um Punkt 7 standen wir zum dritten und sicher auch letzten Mal im Kingman Canyon. Das Licht kam. Mal sehen, würden wir diesmal früheren Verkehr in die richtige Richtung bekommen? Unsere Notwaffe diesmal lag noch eine Felsenebene höher, von der aus man auch Züge der Gegenrichtung auf ihrem unteren Gleis abbilden kann. Bis die Stelle aus dem Schatten rückte, warteten wir allerdings wieder beim Blick auf die obere Brücke, wo uns bald ein Abwärtsfahrer auf dem Gegengleis überraschte - natürlich ohne Schlusslok.

Heute wagte ich als erstes den Anstieg in die obere Felsenebene. Von unserem Fotohügel für die Brücke war der Anstieg nicht gerade das, was ich als angenehm empfunden habe. In einem Felsspalt konnte man mit Halt auf beiden Seiten gut an Höhe gewinnen. Oben war dann wieder eine Ebene, auf der man ganz wunderbar laufen konnte. Für den korrekten Blick auf eine Gerade für Talfahrer musste man allerdings noch ein ganzes Stück reinlaufen, so dass man Bergfahrer opfern musste. An den bisherigen Tagen waren ja mehr Talfahrer gekommen. Darauf stützte sich meine ganze Hoffnung. Leider waren schon zwei Abwärtsfahrer durchgekommen, bevor die Strecke schattenfrei wurde...

Man sagt sich vor solch einer Tour immer so leicht, dass man schon zufrieden ist, wenn man mit zwei gelungenen Bildern den Tag beschließt. Aber wenn man dann im Motiv sitzt, dafür vielleicht noch Kletterei auf sich genommen hat, und einen wirklich spektakulären Ausblick auf die Bahn vor sich hat, so schmerzt es dann doch sehr, wenn die Minuten zu Stunden werden, in denen das Licht nur unattraktiver werden kann, und nichts kommt. Dass der Pickup eben auf dem oberen Gleis bergwärts und gleich darauf auf dem unteren Gleis talwärts vorüber kam, hat den Verdruss nicht unbedingt abgemildert... Wir hatten uns an den letzten Tagen wirklich nicht über einen Mangel an Zügen beklagen können, aber ich behaupte mal, dass unser Schluchtmotiv sicherlich das spektakulärste Motiv der letzten Tage war. Doch die letzten Züge hatten sich knapp vor Entschattung durchgemogelt...

Das Warten war hier auch mal wieder ein anderes als sonst so. An den vergangenen Tagen konnte man den Zug irre weit vorher sehen. Am Tehachapi hörte man als erstes das Horn aus weiter Ferne. Hier jedoch muss man auf Motorenlärm lauschen, da in Kingman gänzliches Hornverbot herrschte. Dort stand an allen BÜs, dass man mit schnellen Zügen rechnen müsse, die nicht vor dem BÜ tröten. In den USA wird sonst ja auch vor jedem technisch gesicherten BÜ getrötet. Mit dem Erlauschen des Motorenlärms war das hier aufgrund der nahen Autobahn aber so eine Sache. Immer dachte man, es käme ein Zug. Dann war es doch nur ein LKW, der sich die Steigung der Autobahn hochkämpfte. Nach fast drei Stunden Warterei kam dann natürlich erstmal ein Aufwärtsfahrer, wie wir ihn an den anderen Tagen gebraucht hätten. Gaaanz großes Tennis!


Auch wenn die Loks nicht komplett zu sehen sind - das Geschlängel des Zuges kommt von dieser erhöhten Perspektive wirklich gut.

Immerhin konnte man den Zug ganz interessant, aber eben nicht wie geplant, umsetzen. Zudem hatte der Zug zwei Schlussloks, so dass man auch einen Nachschuss anfertigen konnte, der natürlich weitwinkliger wurde als es bei einem Zug auf dem unteren Gleis geworden wäre.


Fast das geplante Motiv; nur der Zug fährt eine Ebene höher als geplant auf dem oberen Gleis.

Da die Sonne in unserer Fotogerade immer mehr in die Achse rückte, zog es mich nun weiter zur anderen Seite der Gerade, um spitzer einen Zug in der S-Kurve darstellen zu können. Wenn denn ein Zug käme. Statt dessen kamen nun die ganzen Bergfahrer. Ich hatte keinen Bock auf diese ungeplanten Schnappschüsse und blieb erstmal sitzen. Vielleicht war der Boykott des Bergfahrers ein richtiges Zeichen gewesen. Gerade war der nämlich um die Ecke verschwunden, kam endlich der erste Talfahrer, den wir hier nehmen konnten.

Nun war der Bann gebrochen. Es rollte - und zwar in beiden Richtungen. Wir konnten noch verschiedene Einstellungen durchprobieren, auch mit Blick auf die obere Brücke.







Dann stand uns der Abstieg bevor. Wir hatten vorher mal an anderen Ecken unseres Tafelberges über die Kante gelinst, aber überall ging es senkrecht hinunter. Wir mussten also an der Kante absteigen, an der wir auch hochgekommen sind. Unten in dem Felsenkessel, in dem wir unser Auto stehen hatten, fielen derweil Schüsse. Das klingt aber dramatischer als es ist. Wir hatten schon die Tage gesehen, dass sich dort paar Leute ihre inoffizielle Schießbahn aufgebaut hatten und auf Dosen schossen. Weiter oberhalb residierten zwischen den Büschen einige Outlaws in Zelten. Rund um die Zelte herum war der Boden übersät mit Plastikmüll. Unser Abstieg vom Felsen lief viel einfacher als erwartet. Christian hatte noch einen minimal anderen Stieg als ich hinauf entdeckt. Hier schwebte man wenigstens niemals über dem Abgrund und hatte in einem Spalt im Gestein jederzeit Halt.

Nach einem Tankstopp ging es zum Mittagessen nochmal zum Panda Express. Uns schwante, dass wir uns die nächsten Tage noch genug von Burgern würden ernähren können, deshalb durfte es jetzt nochmal der Chinese sein. Wir speisten draußen sitzend "herrlich lauschig" unter einem Zeltvordach zwischen parkenden Autos. Klingt übel, aber man saß da wirklich gut.

Dann traten wir die Fahrt zum nächsten Übernachtungspunkt an. Eine kurze Strecke, nur bis Seligman. Hier in der Umgebung sollten noch paar Bilder gehen, bevor es morgen nach Ende des schönen Morgenlichtes nun wirklich auf die erste große Etappe des Rückweges gehen soll. Die Autobahn nach Seligman führt hügelauf und hügelab. Man hat tolle Ausblicke in die Prärielandschaft, wie man sie aus den Karl May Filmen kennt und liebt. Nein, keine Sorge, wir sind nicht an den Plitvicer Seen, sondern noch immer in Arizona. Als erstes erkundeten wir ein Stück östlich Seligman die Brücke der neuen alten Route 66 über die Bahn. Der Blick war herrlich frei, doch das Licht stand für meinen Geschmack schon zu spitz. Immerhin kam dann doch noch eine Eisenbahn angefahren, mit der wir das Motiv umsetzen konnten.


Wir befinden uns östlich von Seligman, unweit des Bf Crookton, auf der alten Brücke der Route 66.

Bleibt noch zu erwähnen, dass während der Wartezeit und als wir wieder Richtung Seligman zurückfuhren und als wir auf der anderen Seite von Seligman gekundschaftet haben, ein Ostfahrer nach dem anderen kam. Westlich von Seligman beschreibt die Strecke einen kleinen Bogen nordwärts. Hier entdeckten wir nun eine nette Stelle für Ostfahrer. Anfangs dachten wir, die Ostfahrer wären nun alle. Erstmal kam nichts mehr. Zehn Minuten früher und einen Weg zur Kundschaft weniger reingefahren, und wir hätten hier einen Manifest mit neun Loks bekommen. So ist das halt, wenn man nicht ortskundig ist... Doch alles wurde gut. Die Ostfahrer begannen wieder zu rollen und wir konnten das Motiv erledigen.


Ein Stacktrain nordwestlich Seligman. Warum wirken denn die Berge hinten so dunkel?

Problematischer waren nun die ziemlich ausgedehnten Schleierwolken, die plötzlich aus weiter Ferne angerückt waren und unversehens die Landschaft verdunkelten. Da wir erst am Hang eines Hügels standen, wunderten wir uns anfangs nur, warum die Berge in der Ferne so dunkel wirken... Aber zwischen den Wolkenschäden ging auch was. Schade war nur, dass gar keine Westfahrer mehr fuhren. Für die hätten wir auch was gehabt. Als um 18 Uhr endlich - nach drei Stunden - mal wieder einer kam, war gerade ein Schleier zur Stelle. Aber mit dem Blick in die Ebene bei Audley konnten wir noch so einige Streifungen mitnehmen.


Ein Autozug nochmal in derselben Ecke, nur eine Etage höher.


Blick über die weite Prärielandschaft von Audley.

Es war nahezu wolkenlos. Die letzten Küddel am Himmel standen dort, wo die Sonne unterging. Deshalb ging der letzte Ostfahrer, der sicher das schönste Streiflicht gehabt hätte, ohne Sonne ab. Aber wir wollen nicht meckern. Paar Motive haben wir heute Nachmittag ja durchaus noch hinbekommen. Und schön zu wissen, dass man nach Sonnenuntergang direkt zum Hotel um die Ecke fahren konnte. Kettenhotels gibt es in Seligman nicht. Wir hatten das Supai Motel gebucht. In der Hoffnung, dass wir einen guten Raum bekämen, kauften wir vorher paar Sandwichs und Joghurts als Hütten-Abendessen ein. Das Motel war dann auch wirklich herzallerliebst. Ein kleiner Hof, von dem ringsherum die Türen abgingen, vor denen man ganz klassisch sein Auto parkte. Und die Zimmer und Sanitäranlagen waren super gepflegt.

Samstag, 26.03.2016

Das Hotel war wunderbar ruhig. Wir haben sehr gut geschlafen. Und das trotz der in der Nähe vorbeiführenden Bahnstrecke. Oft ist es ja in solchen Touriorten so, dass der höhere Preis nur mit der größeren Nachfrage begründet ist. Aber das Supai Motel in Seligman war seinen Preis jedenfalls wert. Nur das Frühstück gab es leider erst ab 7 - und dann auch nur in Minimalstform.

Wir wollten zum Sonnenaufgang an der Straßenbrücke östlich des Ortes stehen, um vielleicht doch mal etwas mit richtig gutem Streiflicht hinzubekommen. Deshalb zogen wir um 6 los. Zur Schlüsselabgabe gab es keinen Kasten. Der Wirt machte noch einen ziemlich verschlafenen Eindruck, nachdem wir geklingelt hatten. Nach der Abfahrt gewahrten wir erstmal, dass im Bahnhof Seligman ein ostfahrender Manifest stand und auf irgendwas wartete. Unterwegs kamen uns auch schon wieder zwei der für Streiflichtschüsse benötigten Westfahrer entgegen. Wir konnten nur darauf hoffen, dass der Verkehr nicht mit unserem Erscheinen im Motiv erschlaffen würde.

Tja, wir erreichten die Brücke. Die frisch aufgegangene Sonne stand wirklich in idealer Position für Streiflichtungen, wie wir sie uns wünschten. Und ein Zug war auch schon da! Also war ja eigentlich alles topp, wenn da nicht ein klitzekleines Problem gewesen wäre. Der Zug stand! Der Zug war ein Ostfahrer, und er stand im Motiv! Offenbar war dem Zug der Sprit ausgegangen, denn aus Richtung Zugloks kamen auf dem BNSF Arbeitsweg ein Pickup und ein Tankwagen angerumpelt, die dann erstmal anfingen, die Mittelloks zu betanken. Das sind wieder so die Momente, an denen man gern einen Hut hätte, um reinzubeißen...


Das Streiflicht stimmte im Prinzip. Doch leider musste der Zug erstmal betankt werden, bevor es weitergehen konnte. Und die hier benötigten Westfahrer wurden vom Zug großzügig verdeckt.

Dieses Motiv schied damit schon mal aus. In der Ferne tauchte bald der nächste Westfahrer auf. Wir fuhren schnell zu einem vorher georteten Motiv zurück, wo wir allerdings kein so richtig gleißendes Streiflicht hatten, da die Sonne zu seitlich stand. Insgesamt gingen nun paar Streifungen, aber auch paar Motive in der Steigung von Seligman herauf mit dem Licht. Der erste Ostfahrer kam auf dem linken Gleis, weil logischerweise der Liegenbleiber noch das rechte Gleis blockierte. Weitere Züge hatten sich schon vor Seligman gestaut. Zwei davon kamen plötzlich parallel auf beiden Gleisen angefahren!


Ein Westfahrer rutscht nach Seligman hinab.


Blick in die andere Richtung. Der Stacktrain wird in Seligman auf das Gegengleis geleitet, weil das Regelgleis Stück weiter immer noch zur Tankstelle umfunktioniert war.


Ein unwichtiger Stacktrain muss im Regelgleis langsam an den Tankenden heranfahren, während auf dem Gegengleis ein wichtiger Stacktrain zur Überholung ansetzt (Scheinwerferlicht oberhalb der Zuglok).

Als wir den Abschnitt östlich des Bahnhofs hatten, fuhren wir nochmal an eine letzte Woche entdeckte Stelle für Ostfahrer westlich Seligman, praktisch dort, wo wir gestern Abend waren, bloß andere Seite der Bahn von der 66 aus. Unterwegs kamen uns noch zwei Ostfahrer entgegen, doch dann waren offenbar die Züge alle. Nichts kam mehr. Ich schaute nochmal um den Berg, doch auch in der Weite der Ebene war nichts mehr zu sehen. Es war nun 9 Uhr. Eine gute Zeit, die Heimreise anzutreten! Als erstes gab es ein Frühstück bei Mägges in Williams mit anschließendem Shooting des zweiten Grand Canyon Zuges. Fürs Protokoll: Ein Mac Griddle ist was süßes, ein Mc Griddle Bacon & Egg entsprechend eklig...


Brav stehen die Asiaten an, um in den Grand Canyon Zug einzusteigen. Niemand stört sich daran, dass der Zug seine Fahrgäste zur völlig uninteressanten Mittagszeit am Grand Canyon ausspuckt...

Ein letztes Stück ging es entlang des Hinweges bis Flagstaff. Dort sagten wir zur BNSF Southern Transcon entgültig "Tschüß" und kehrten der Bahn erstmal den Rücken. Auf der Suche nach Rückreisealternativen hatte Google Maps uns diese interessante Alternative zunächst ganz ohne Autobahn mitten durch den "Wilden Westen" ausgeworfen. Es ging zunächst auf dem Highway US89 nordwärts. Erst war die Landschaft relativ eintönig, doch irgendwann zeigten sich erste interessante Felsen. Und im Nordosten schien eine Wolkengrenze zu liegen.


Zwischen Cameron und Tuba City ist bei unserem Auto Personalwechsel, und wir fotografieren erste rote Felsen.

Wir bogen am Airport von Tuba City, der noch winziger als der von Seligman war, nordostwärts auf den US Highway 160 ab. Auf dem nun folgenden Abschnitt war unser Augenmerk hauptsächlich vom Wetter vor uns in Anspruch genommen. Da hatten wir eine imposante Kulisse aus richtig fetten Schauerwolken vor uns. Und wir näherten uns nun wieder einer Bahnstrecke, der Black Mesa and Lake Powell Railroad. Bei der handelt es sich um eine elektrifizierte Werkbahn, die die Kayenta Coal Mine und ein Kohlekraftwerk bei Page miteinander verbindet - ein Inselbetrieb. Christian hatte irgendwo gelesen, dass dort nur alle sechs Stunden ein Zug fahren soll.

Die Strecke kam uns auf einem hohen Damm vor dunklen Wolken in Sicht. Das wäre trotz Mittagslicht spektakulär gewesen, wenn da gerade ein Zug gekommen wäre. Rund um die Ecke, an der wir auf die Bahn trafen, drehten wir einen kleinen Schlenker. Nördlich von hier bis Page verläuft die Bahn vielfach abseits der Straßen durch offene Landschaft. In der anderen Richtung, bis Black Mesa, geht es ununterbrochen parallel zum Highway 160, auf dem es für uns nun auch weiterging. Hinter jeder Kuppe erwarteten wir, dass uns ein Zug vor großartiger Wolkenkulisse und weitem Landschaftsblick entgegen käme. An einer Stelle warteten wir sogar paar Minuten am Straßenrand. Wir hatten bis auf einen kurzen Hagelschauer ununterbrochen Sonne, während sich weiter hinten die fetten Wolken türmten. Und die Bahn hält auf dem gesamten Stück so viel Abstand zum Highway, dass es zum fotografieren ideal wäre.

Für unsere heutige lange Autofahrt hatten wir uns einen richtigen Fahrplan gebastelt, um die Zeit im Auge zu behalten und nicht noch groß durch Dunkelheit fahren zu müssen. Bis jetzt hatten wir durch früheren Aufbruch fast anderthalb Stunden Verfrühung, was aber auch daran lag, dass wir das Mittagessen von Flagstaff auf ein Nachmittagsessen in Kayenta verschoben haben. Der dortige Burger King war dann auch unsere nächste Anlaufstation. Hier, mitten im Land der Navajos, waren wir im Lokal dann auch wirklich die einzigen Bleichgesichter - beiderseits der Bedientheke.

Nachdem wir bisher ja schon einige kleinere Indianer Reservate gesehen hatten, erschien uns das Gebiet der Navajos wie ein kleines eigenständiges Land. Es handelt sich um das größte Reservat der Vereinigten Staaten, das flächenmäßig etwa mit dem Bundesland Bayern vergleichbar ist. Eine kleine oder gar nicht so kleine Nation, der der Name des Reservats auch Rechnung trägt: "Navajo Nation Reservat". Hier gilt auch eine andere Uhrzeit: Während Arizona keine Sommerzeit kennt, wird die Sommerzeit in der Navajo Nation sehr wohl angewandt. Auf unserem Bon von Burger King in Kayenta wurde die Uhrzeit nach MDT (Mountain Daylight Saving Time) angegeben. Im Restaurant gab es mehrere Infovitrinen über den "Navajo Code", eine im Krieg strategisch verwendete Sprache, die nicht entschlüsselt werden konnte.

Bereits vor Kayenta hatten wir für einen Landschaftsblick kurz am Straßenrand angehalten. Aus einer Seitenstraße kam ein älterer Pickup, ging aus und ließ sich anscheinend auch nicht wieder starten. Der Fahrer, sicher ein Navajo, kam zu uns rüber. Wir dachten schon, er wolle Starthilfe, doch er meinte, sein Sprit sei alle, ob wir welchen im Kanister hätten. Hatten wir aber nicht. Nun überlegte ich schon, dass man ihn ja zu einer Tanke nach Kayenta mitnehmen könne. Doch er fing jetzt an zu betteln: Habt Ihr mal drei Dollar, habt Ihr mal ne Zigarrette? Damit war die Sache für uns eigentlich erledigt. Mit Dollars konnte er hier an dieser Stelle seinen Tank auch nicht füllen - das erschien uns nun alles zu suspekt.

Kayenta verließen wir nach der Speisung nur noch mit -30 gegenüber unserem Plan, um 14.40. Wir wichen jetzt gemäß unserer Planung von dem Google Routenvorschlag ab und bogen nordwärts auf den US Highway 163 ab. Jetzt wurde es landschaftlich richtig spektakulär. Wir näherten uns dem Monument Valley, das direkt auf der Grenze Arizona - Utah liegt. Hier stehen diese markanten, einzelnen Felsen in der Landschaft. Da gab es einiges am Straßenrand zu fotografieren. Chris hatte nun seine liebe Not mir mir, weil ich dauernd zum fotografieren anhalten wollte und er von einem früheren Besuch wusste, dass die eigentlichen Attraktionen ja noch kommen würden...


Eine Bergkuppe hinter Kayenta kommen merkwürdige Gesteinsformen in Sicht: Rechts der Vulkanschlot El Capitan und links der Owl Rock.


El Capitan nochmal von Nahem.


Eine Schulbushaltestelle im Nirgendwo vor Wahnsinnskulisse.


Fast an der Staatsgrenze zwischen Arizona und Utah werden die Felsen immer mehr...

Das Kerngebiet des Monument Valley darf sich nicht "Nationalpark" nennen, wird aber von den Navajos als "Tribal Park" ähnlich betrieben, also mit Kassenhäuschen vorneweg. Vom Highway sieht man viel, aber die spektakulärsten Blicke ergeben sich vom Besucherzentrum. Und das liegt hinter dem Kassenhäuschen. Der Eintritt lag mit 20$ pro PKW (inkl 4 Insassen) auch nicht wirklich zu unverschämt hoch. Wenn man den tollen Blick vom Besucherzentrum genossen hat, kann man auch noch mit dem Auto einen Rundkurs durch die Felsenlandschaft befahren. Und ich muss sagen, wir hatten wirklich Optimalbedingungen. Es war sehr wenig los. Und das Wetter meinte es richtig gut mit uns: Im Westen war es klar, während im Osten noch die Fotowolken hingen. Und die Sonne stand schon tief genug, um Felsen und Landschaft plastisch zu beleuchten.

Folgende Fotos entstanden auf der Runde durch den Monument Valley Tribal Park.


Der East Mitten Butte.


Von links: West Mitten Butte, East Mitten Butte und Merrick Butte.


West- und East Mitten Butte.


Der Marlboro Mann war zufällig auch gerade da. Er hat sich allerdings das Rauchen abgewöhnt. Die Aussicht vor Kulisse des Merrick Butte genießt er aber nach wie vor...


Rain God Mesa.


Meridian Butte, Rooster Rock und viele mehr :-)


Und nochmal die drei "Stars" vom Besucherzentrum aus, nunmehr mit etwas tieferem Licht. Ein Auto wurde digital entfernt.

Wir warteten allerdings nicht bis zum Sonnenuntergang. Um 18.05, nunmehr nach in Utah und im Navajo Land geltender MDT, machten wir uns mit +20 gegenüber unserem Plan auf die Weiterfahrt. Wir wollten halt das Sonnenlicht noch für paar andere Eindrücke nutzen. Für diese weiteren Fotoaktivitäten setzten wir an Fahrzeit noch ganz schön zu. Aber paar Ausblicke zurück zum Monument Valley oder bei Mexican Hat mussten einfach sein. Wie die Gebäude des Ortes Mexican Hat gedrungen zwischen Felsen und dem San Juan River liegen, war schon allerliebst.


Der Klassiker: Blick zurück zum Monument Valley.


Muster in den Felsen bei Mexican Hat.


Der Mexican Hat Rock ist der Namensgeber für den Ort ein Stück unterhalb.

Hinter Mexican Hat bogen wir nochmal zu einem weiteren Umweg ab. Der Utah Highway 261 führte uns nochmal steile Serpentinen hoch. Von oben gab es letzte Fotos im allerletzten Licht.


Der Bell Butte am Road Canyon.


Blick von der ersten Serpentinenebene.


Nochmal der Bell Butte.


Glück gehabt: Auch von der obersten Serpentinenebene können wir noch einzelne Felsen im Road Canyon mit Sonne erwischen. Was für ein Abend!

Immerhin kamen wir noch ganz schön weit bei Helligkeit und Dämmerung. Die wunderbare Canyonlandschaft, durch die sich weiter nördlich der US Highway 95 schlängelte, war noch erkennbar. Später mussten wir aufpassen, da viel Rotwild den Straßenrand bevölkerte. Mit 40 Minuten Verspätung, um 20.40, erreichten wir dann unser gebuchtes Blue Mountain Horsehead Inn in Monticello, einem kleinen Ort nunmehr wieder auf Googles Hauptroute, am US Highway 191. Wir waren so müde und vom späten Mittagessen auch noch satt, dass wir gar nichts mehr aßen...

Ostersonntag, 27.03.2016

Auch für heute hatten wir uns einen Fahrplan zurechtgelegt. Denn heute Abend wollte man nicht mehr so weit von Denver entfernt sein. Doch wir (oder zumindest ich) schafften es, zwei Stunden zu früh aufzustehen. Als wir abends den Wecker gestellt hatten, hatte sich keiner von uns mehr daran erinnert, dass wir erst um 7 los mussten. Entsprechend gingen wir von 6 aus und stellten den Smartphonewecker wie üblich auf 5 Uhr. Doch damit nicht genug. Nun kam Android ins Spiel. Als der Wecker losging, stand ich wie üblich als erster auf. Als ich aus dem Bad kam, meine Christian, dass eine seiner Uhren erst 4.00 wäre. Meine Armbanduhr zeigte ebenfalls 4 an. Eine Verifizierung über die Website der Weltzeituhr brachte die Bestätigung. Android hatte mein Smartphone und Tablet heute Nacht völlig sinnbefreit eine Stunde vorgestellt, weil in Europa heute Zeitumstellung war. Wie blöde ist das denn??? Ich konnte natürlich nicht mehr schlafen...

Entgegen unserem eigenen Fahrplan saßen wir also bereits mit -60 um 6 Uhr im Auto. Wer weiß - vermutlich wäre alles anders gekommen, wenn wir diese eine Stunde Verfrühung nicht gehabt hätten... Schlüssel konnten wir im Zimmer deponieren. Als erstes ging es zur Tanke, wo wir uns paar Sandwichs und dem Auto paar Gallonen lecker 87er Sprit mitnahmen. Frohe Ostern! Zwei ältere Herren saßen bereits an einem der Bistrotische und diskutierten vielleicht über Donni den Erlöser. Sehr österliches Thema! Da es noch stockfinster war, haben wir Monticello leider nur bei Nacht kennengelernt. Es ist sicher hübsch. Mit zunehmender Dämmerung auf unserer Fahrt gen Norden konnten wir dann wieder diese Landschaft sehen, von der die USA so viel und Europa nur so wenig hat: Atemberaubende rote Felswände, wohin das Auge blickt. Und im Hintergrund erhebt sich majestätisch der Mount Peale (3788m).


Roter Morgenschein am Mount Peale oder einer der umliegenden Bergspitzen.

Durch das gerade erwachende Touristenstädtchen Moab ging es zum nördlichen Stadtrand, wo eine Nebenstraße geradewegs auf paar Kassenhäuschen zuführt. Nun stand nämlich der Arches Nationalpark auf dem Zettel, wo wir um Punkt 7.30 Uhr auf der Matte standen. Am Kassenhäuschen hing nur ein Zettel: "We are out for dinner, enjoy your stay!" Komische Zeit für Dinner, aber die Aufforderung zur kostenlosen Einreise nahm man natürlich dankbar an. 25$ gespart. Die Straße führte sogleich steil aufwärts. Gegenüber, auf der anderen Seite der Schlucht, klebte ein Bahngleis an den roten Felsen. Eine äußerst spektakuläre Branchline, die von der UP Green River Subdivision in Crescent Junction / Bf Brendel abzweigt und bis in die Nähe von Moab zu einer Kalimine führt. Wir hingegen erhielten einen ersten Sonnenstrahl und suchten direkt mal den ersten Fotoparkplatz im Nationalpark auf.


The Organ.


The Three Gossips.


Petrified Dunes, die versteinerten Dünen.

Nachdem wir von Monticello bis Moab unter ziemlich geschlossenen Wolken gefahren waren, erschien es uns nun, als ob die frisch aufgegangene Sonne die Schlonzwolken auflösen würde. Schade, so herrliche Fotowolken wie gestern waren das jedenfalls nicht. Wir fuhren mal in die "Windows Region", wo man einige schöne Felsbögen, wie sie den Arches NP ausmachen, in geringer Laufentfernung vom Parkplatz auf einem schönen Rundweg erreichen kann.


Turret Arch.


South Window.


South- und North Window.


Ein Steinriese kommt uns entgegen und blickt über seine Schulter zurück...

Leider war das mit dem Auflösen der Wolken dann doch offenbar anders geplant. Es zogen massive Schleier auf, die das Licht zunehnend dämpften. Als Ausgleich gab es allerdings dunkle Hintergrundschichten, die wiederum für den nötigen Kontrast für "Turret Arch" und "North&South Window" sorgten. Unser Fahrplan sah nur drei Stunden für den NP vor. Man möge bedenken, dass wir eigentlich nur auf der Durchreise waren... Aber die Hauptattraktion des Parkes und Wahrzeichen Utahs, den Delicate Arch, wollten wir uns noch geben. Man fährt mit dem Auto zum Parkplatz Wolfe Ranch. Von dort führt ein ca 2,4 km langer Fußstieg relativ steil die Felsenberge hoch - teils als nett angelegter Spazierweg, oft aber einfach über eine nackte Felslehne. Überall Warnschilder, dass man sich genug Wasser mitnehmen soll.

Angesichts dieses nicht ganz anspruchslosen Weges waren wir doch etwas überrascht über die Menschenmassen, die sich dort hochwälzten. Und wir hatten März, absolute Nebensaison! Leider war vor uns ein Bus mit Asiaten an der Wolfe Ranch angekommen. Wir hatten fast die ganze Truppe vor uns und mussten die einzelnen Grüppchen mühsam überholen. Der Delicate Arch war schon eindrucksvoll, aber auch das ganze natürliche Amphitheater dort oben aus purem Fels war eine tolle Kulisse. Zentrum des Ganzen war eine Art Krater, der wie ein Strudeltrichter aussah. Freundlicherweise kam die Sonne sogar mal wieder voll raus, als wir gerade oben waren.


Viele Wanderer auf dem Delicate Arch Trail.


Oben am Delicate Arch.


Der "Felsstrudel" am Delicate Arch.

Mit nur zehn Minuten Verspätung gegenüber unserem Fahrplan verließen wir um 11.10 den Nationalpark. Es ging auf dem stark befahrenen US Highway 191 nordwärts. Nachdem ich im Park noch gut frisch war, kämpfte ich nun als Beifahrer im Auto gegen den Schlaf und verlor ihn für einige Momente. Doch als wir uns aus den Bergen hervorgearbeitet hatten und in die weitläufigere Gegend vor Crescent Junction kamen, sahen wir es beide, das helle Licht leuchten in der Ferne, dieses unverkennbare Licht, das nur von einem Zug sein kann! Wir konnten es kaum glauben! Der angeblich nur einmal wöchentlich fahrende "Potash Local" nach Moab kam uns auf der Nebenbahn entgegen! Am heiligen Ostersonntag! Wir natürlich gedreht, sobald es der Verkehr zuließ. Das Licht stand insgesamt sehr spitz, doch zwei Punkte zum schnellen Aufsuchen hatten wir uns im Geiste schon notiert gehabt. Ich würde es nicht "Vorahnung" nennen, aber das geschulte Auge achtet halt immer auf sowas. Vielleicht war etwas Hoffnung dabei gewesen, denn Christian hatte hier früher schon mal um diese Tageszeit eine Zufallsbegegnung mit diesem Zug.


Die Bahn hat uns wieder: Völlig unverhofft begegnet uns der "Potash Local" bei einigen türkisen Felsen.


Stück weiter geht es in die roten Felsen hinein.

Uns war diese Strecke und der "Potash Local" durchaus ein Begriff, sieht man doch selbst in Deutschland immer mal wieder Bilder von dieser faszinierenden Strecke mit einem UP Züglein vor gigantischen roten Felsen. Irgendwie hatten wir diese Motive, die man aber nur vage im Hinterkopf hatte, bis jetzt nicht entdeckt. Von der Hauptstraße hatten wir zwar auch gigantische Felsen gesehen, aber da war alles voller Stromleitungen. Die hatte ich nun gewiss nicht in Erinnerung. Und da wir mit dieser Strecke auch gar nicht geplant hatten, waren wir bezüglich des "wo?" der schönsten Stellen kein Stück vorbereitet. Insofern konnten wir mit dem, was nun kommt, nicht ansatzweise den gigantischen Motiven dieser rumpeligen, aber aufwändig trassierten Nebenbahn (UP Cane Creek Subdivision) gerecht werden, obwohl wir unsere Motive auch schon einfach nur gigantisch fanden.

Ich schrieb ja schon, dass die Strecke gegenüber des Arches Nationalpark Eingangs hoch an der Felswand klebte. Südwestwärts verschwindet die Strecke in einem Tunnel und führt hinter dem Tunnel durch den Bootlegger Canyon hinunter in die Schlucht des Colorado, dem sie noch paar Kilometer abwärts folgt, bis das Ende von Bahn und der durch die Colorado Schlucht verlaufenden Straße, das Werk "Potash", erreicht ist. Im Nachhinein sahen wir, dass die hammermäßigsten Motive wohl im Bereich des Bootlegger Canyons und dessen Ausgang zur Colorado Schlucht liegen. Aber das wussten wir zu dem Zeitpunkt nicht.

Die Straße in die Colorado Schlucht, die Potash Road, wollten wir aber mal ausprobieren - wohl wissend, dass sie einen Riesenbogen beschreibt, den der Zug durch besagten Tunnel und den Bootlegger Canyon abschneidet. Gerade vor uns war natürlich eine Kolonne von ca zehn Jeeps in die Potash Road eingebogen, die wir nun vor uns hatten. Irgendwann begann der erste auch noch, an seinem Auto eine Flagge zu hissen, worauf die ganze Kolonne noch langsamer wurde. Grrrrr! Keine Chance zum überholen, zumal hier auch überall Ausflügler und Felsenkletterer an der Straße rumliefen. Wir rechneten nicht mehr damit, den Zug noch zu erwischen. Zum Glück bogen die Jeeps irgendwann auf eine Offroad Piste ab und wir konnten wieder zügiger fahren. Unser Glück war, dass ein anderer Fotograf, den wir vorher schon an der Hauptstraße gesehen hatten, am Ausgang des Bootlegger Canyons in wartender Position stand. Der Zug war noch nicht in der Schlucht angekommen, yippieh! Wir konnten die langsame Fuhre mehrmals bekommen, wenn auch z.T. mit paralleler Straße. Aber so hatte man die Loks wenigstens schön in Großaufnahne.


In der Colorado Schlucht führt das Gleis zu Füßen gigantischer Felsen entlang!


Eines der Straßenmotive.

Zur fehlenden Motivkenntnis kam nun leider auch die Wolkenschicht am Himmel hinzu, die kurz vorm Werk die Motive leider etwas eintrübte. Aber insgesamt haben wir uns wie die Schneekönige gefreut, diese seltene Fuhre in diese abgelegene Gegend überhaupt bekommen zu haben. Und selbst die Straßenmotive sind doch wirklich gigantisch, oder?


Leider kamen nun die Wolkenschleier ins Spiel. Der "Local" am Colorado.


Der Zug hat sein Ziel erreicht. Im Potash Bahnhof rollt der Eingangszug unter königlichen Felskronen an paar stehenden Wagen vorbei.

Um die Rückfahrt kümmerten wir uns nicht. Vielleicht hätten wir es sollen, aber es hatte sich nahezu komplett bewölkt. Nach einem kurzen Schnack mit dem anderen Fotografen verließen wir diesen interessanten Ort. Wieder mal hatte man am Colorado tolle Bilder machen können. Auf der Höhe des Arches Parkeingangs kamen wir um 13.10 vorüber. Nunmehr zwei Stunden später als geplant. Das machte allerdings nichts, da Verspätungen heute durchaus drin waren, denn die Planankunft in Granby, unserem Ziel für heute, lag schon bei 16.10. Wie gesagt - uns diente der Fahrplan nur dazu, einen Überblick über die bevorstehende Fahrzeit zu behalten. Die nächste Verspätung produzierten wir in Crescent Junction. Wir waren gerade auf der Autobahn drauf, da sahen wir einen fotogen abgestellten Zug in einem Siding, das zu Crescent Junction bzw Bf Brendel gehörte. Also nächste Abfahrt runter und nochmal zurück.


Abgestellter Zug in Crescent Junction / Brendel. Es könnte sich um den Uranzug handeln, der die Nebenbahn zusätzlich fünfmal die Woche befährt - allerdings nur bis Moab gegenüber dem Arches Parkeingang, also nicht in die Colorado Schlucht hinein.

Hier lief eine ganze Herde Antilopen herum. Nun gut. Dann ein Dejavu: Wir waren gerade auf der Autobahn drauf, da tauchte hinten ein westfahrender Güterzug auf. Vorn eine völlig verkeimte Zuglok, hinten zwei Schubloks. Egal, wir fuhren weiter. Es begann ein längeres Stück Autobahn. Die parallele Bahnstrecke war die UP Green River Subdivision, die weiter östlich in die UP Glenwood Springs Subdivision übergeht und noch viel später ihren bescheidenen Verkehr auf die UP Moffat Tunnel Subdivision (auch "Moffat Road" genannt) überleitet. Sie führte oft durch eine Landschaft von kleinen Sandhügeln, um sich aber bald abseits der Autobahn dem durch die Einsamkeit, vermutlich wieder durch eine Schlucht windenden Colorado zuzuwenden. Erst im Ballungsraum von Grand Junction stieß die Bahn durch eine kleine Seitenschlucht wieder in die Zivilisation vor. Dort ging es dann hässlich straßenparallel einmal längs durch die Orte Fruita, Grand Junction und Palisade.

Wir hatten uns schon sehr auf Grand Junction gefreut, denn es war bei Ankunft dort 15 Uhr, und wir hatten außer einem Frühstückssandwich noch nichts gegessen. Der Burger König sollte es mal wieder sein. Dummerweise hatte uns der Hunger etwas blind gemacht für den entgegen kommenden Amtrak Zug, den "California Zephyr". Der war uns die ganze Zeit so weit weg erschienen, doch nun wurde er bereits weit vor Plan, um 15.47, in Grand Junction erwartet. Das wurden zwei sehr schnelle Burger... Große Hoffnung auf ein vernünftiges Motiv hatten wir nicht mehr, denn es war klar, dass wir aus dem Siedlungsgebiet der drei Orte nicht mehr hinaus kämen. Ich wählte eine Stelle mit günstiger Streckenneigung, aber leider paralleler Straße, am östlichen Ende von Palisade aus und lotste Christian dort hin. Und manchmal hat man dann auch zweimal am Tag riesiges Glück. An der Stelle angekommen, passte einfach alles. Und es war eine Punktlandung. Kamera ausgerichtet, Zug kam!


Wir fingen mit Amtrak an, und von einigen Stadtbahnaufnahmen abgesehen endet die Zugfotografie unserer Reise mit dieser Amtrak Aufnahme. Der "California Zephyr" am östlichen Ortsrand von Palisade, Colorado.

Der Ort Palisade hatte dann mit seinen Weinbergen auch einen viel sympatischeren Eindruck gemacht als das, was wir von Fruita und Grand Junction gesehen hatten. Direkt hinterm Fotopunkt kam der Colorado, dem wir ja jetzt flussaufwärts folgten, mal wieder aus einem Canyon geflossen, dem die Bahn und wir auf der Autobahn nun aufwärts folgten. Der nun folgende Fahrtabschnitt war landschaftlich wunderschön, das Tal tief eingeschnitten. Oft war die Autobahn der einzige Verkehrsweg. Schade war nur, dass hier so wenig fuhr. Irgendwo vor Glenwood Springs stand mal ein Kohlezug, offenbar ein Ostfahrer, auf freier Strecke. Einer der Tf lief am Zug entlang. Vielleicht ein Heißläufer?

In Glenwood Springs mussten wir zum tanken rausfahren. Die Wiederauffahrt sollte wohl trotz einer Baustelle offen sein, war aber derartig blöd abgesperrt, dass alle Autos umdrehen mussten. Auf dem Weg zur weiter westlich gelegenen Auffahrt stießen wir in der Stadt auf eine weitere Straßensperrung. Der Ort machte aber einen sympatischen Eindruck. Auch der Amtrak Hp machte einen schnuckeligen Eindruck. Im Gbf standen die Signale für den Kohlezug auf grün. Gesehen haben wir die Fuhre aber nicht mehr.

Wir mussten weiter, hatten jetzt deutlich über drei Stunden Verspätung. Mehr sollten es nicht werden. Die Autobahn führte nun Colorado aufwärts durch einen richtig engen Canyon. Oft war für die Autobahn nur Platz, indem man die Fahrbahnen fast übereinander auf Brücken an den Hang gebaut hat. Man kam an einsamen Abfahrten vorbei. Eine hieß "No Name". Andere hatten gar keinen Namen... Mitten in dem engen Canyon lag von Felsen umgeben der kleine Stausee "Hanging Lake". Traumhaft schön. Der Platz ist so beengt, dass der See nur von Glenwood Springs her erreicht werden kann. Für Auf- und Abfahrten in die andere Richtung war kein Platz.

Erst auf Dotsero zu hatte sich der Canyon wieder geweitet. In Dotsero biegt die UP Strecke nach Norden ab und führt damit weiter Colorado aufwärts. Parallel führt auch eine Schotterstraße. Wir wollten Bahn und Colorado nachher wiedertreffen, doch hatten wir aufgrund der fortgeschrittenen Zeit eine etwas kürzere Route gewählt. Colorado und Bahn beschreiben nämlich einen ganz schönen Bogen. Wir folgten jetzt auf der Autobahn der alten UP Tennessee Pass Subdivision aufwärts. Bis Gypsum oder Eagle scheint noch Zugverkehr zu herrschen, dahinter wirkte das Gleis völlig unbenutzt. Signale standen allerdings noch in vollem Umfang. In Wolcott verließen wir die Autobahn. Bevor wir auf dem Colorado Highway 131 nordwärts starteten, statteten wir dem Bahnhof einen Besuch ab.


Bf Wolcott an der stillgelegten UP Tennessee Pass Subdivision.

Die weitere Fahrt war wunderschön. Auf der CO131 ging es über einen Pass bis State Bridge, das tief eingeschnitten in einem Tal liegt. Und ratet mal, was wir dort unten trafen! Richtig! Den Colorado River und an seinem Ufer die UP Moffat Railroad. Die Szenerie, die wir dort unten im astreinsten Abendlicht antrafen, war so klasse, dass wir auf ein drittes Riesenglück an diesem Tage hofften und einfach mal 10 Min inne hielten. Vielleicht würde ja ein Zug kommen? Kam aber keiner.


State Bridge. Wäre aber auch zu schön gewesen... ;-)

Über eine Gravel Road ging es nun relativ parallel zu Bahn und Fluss, aber meist hoch oben über dem Tal. Gelegentlich hatte man topp Ausblicke in das Tal, das nun, gegen 19 Uhr, in tiefem Schatten lag. Durch einen bislang unveröffentlichten und leider unbebilderten Reisebericht von Nil, der paar Tage lang diesen Talabschnitt beackert hatte, kannte ich diese Straße sehr gut, freute mich aber, den einen oder anderen Blick nun mal selbst visualisieren zu können.


Blick von unserer Dirt Road...


...irgendwo vor Kremmling.

Vor Kremmling war das asphaltierte Straßennetz wieder erreicht. Das war auch gut so, wurde es doch jetzt langsam dunkler. Immer noch (oder jetzt wieder) fuhren wir parallel zu Colorado und Bahn durch den Byers Canyon und über Hot Sulphur Springs zu unserem Tagesziel Granby, direkt unterhalb der Quelle des Colorado gelegen. Unterwegs sahen wir Massen an Dammwild am Straßenrand. Die Tiere zeigten keinerlei Scheu, blieben aber größtenteils auch brav am Straßenrand.

Unser Hotel in Granby, das Little Tree Inn, war mit 49 Euro pro Person das teuerste der Tour. Diesmal war es wirklich so, dass sich der Preis nicht mit der Leistung, sondern nur mit der Lage begründen lassen konnte. Es war ok und ruhig, aber dass man die Dusche 20 Min laufen lassen musste, bis sie warm wurde... nun ja. Für das Abendessen besorgten wir uns etwas aus einem Supermarkt. Der nette Wirt hatte uns einen großen Supermarkt ortsauswärts empfolen. Die Straße machte den Eindruck, direkt in die dunklen, einsamen Berge zu führen. Wir wollten schon umdrehen, da tauchte eine Ampel vor uns auf, von der eine kleine Straße der Köstlichkeiten mit besagtem Supermarkt abzweigte.

Von unserem Plan für morgen, die Passstraße durch den Nationalpark rüber nach Denver fahren zu wollen, zeigte sich der Wirt sichlich amüsiert. Er meinte, wir sollten in drei Monaten mal wiederkommen. Da wäre der Pass vielleicht schneefrei. Nun ja, dann wussten wir das also auch ;-)

Montag, 28.03.2016

Wir ließen uns heute Morgen Zeit. Da es dann recht sonnig aussah und bis zum Abflug ab Denver wirklich noch reichlich Zeit war, beschlossen wir einfach mal, uns an der "Moffat Road" zu postieren und zu schauen, ob vielleicht zufällig doch mal ein Güterzug käme. Dazu fuhren wir nochmal bis zu einer Straßenbrücke vor Kremmling, an der wir uns prima an den Rand stellen konnten. Wir hätten hier sogar eine Siding mit den alten Lichtsignalen im Bild gehabt. Aufgrund der motorgetriebenen Optiken sollen diese auch bald verschwinden. Man will keine Signale mit beweglichen Teilen mehr haben.

Statt eines Zuges kam immer mehr Schlonz auf. Egal. Es ging über Granby zurück bis Winter Park. Eines der Rehe von gestern am Straßenrand hatte die Nacht leider nicht überlebt. Ein Auto war wohl nicht ganz so vorsichtig unterwegs gewesen... In Winter Park gab es Frühstück bei Mägges. Ein Stück weiter in der Wintersportstadt querten wir den westlichen Ausgang des Moffat Passtunnels der Eisenbahn. Danach schraubten wir uns höher und höher bis auf den 3446 m hohen Berthoud Pass, wo natürlich ein Fotohalt eingelegt werden musste.


Oben am Berthoud Pass auf 3446 m Höhe.

Das ist schon eine gewaltige Höhe. Ich musste direkt überlegen, ob ich außer im Flugzeug jemals so hoch gewesen bin. Ich dachte dabei an einige schweizer Bergspitzen am Bernina Pass, doch sind Lagalp und Diavolezza nichtmal 3000 m hoch! Selbst ein in Österreich mal bestiegener Dreitausender war nicht so hoch. Somit könnte diese Passhöhe mein persönlicher Höhenrekord sein! Auf der anderen Seite ging es steil wieder runter. Ach nee ;-) Der Berthoud Pass ist die Wasserscheide zwischen Mississippi / Golf von Mexiko und Colorado / Pazifik. Unten erreichten wir die Autobahn, die I70, auf der wir ja gestern auch schon unterwegs gewesen waren. Dort ging es dann auch geradewegs in einen Stau hinein, weil im Bereich von Idaho Springs paar Warnbaken aufgestellt waren und damit eine Spur gesperrt war. Nun ja, wir hatten viel Zeit, alles unbedenklich.

Als wir bei Golden in den Großraum Denver einfuhren, hatte sich an diesem Zustand nicht nennenswert viel geändert. Wir hatten immer noch viel Zeit. Wir fuhren einfach mal raus und fotografierten eine Straßenbahn vor der Kulisse der schneebedeckten Berge. Beim Warten an dieser Stelle war die Helligkeit derartig blendend, dass uns die Augen weh taten. Eigenartiges Phänomen, das ich sonst bei Sonne und Schnee nicht unbedingt habe.


Die Stadtbahn aus Golden überquert auf einer geschwungenen Brücke den Grand Army of the Republic Highway.

Danach cruisten wir kreuz und quer durch Denver, durch schöne Vororte, durch üble Industriebrache, durch Baustellen und mitten durch die Innenstadt, wobei wir versuchten, uns eher durch die alten Teile und weniger durch die Wolkenkratzer zu bewegen. An einer Stelle, wo sich vor einem baubedingten Engpass zwei Spuren auf eine verengten und alle schon so früh wie möglich auf die durchgehende linke Spur rüberzogen, bin ich, wie es in Deutschland gefordert wird und auch sinnvoll ist, rechts an allen vorbei gefahren, bis meine Spur nicht mehr weiter ging. Dort habe ich mich im Reißverschlussverfahren links eingereiht, was dem Fahrer schräg hinter mir offenbar nicht so gefiel ("drängelt sich an allen vorbei und will jetzt vor"). Er wollte mich nicht reinlassen. Doch als er dann dem Gegenverkehr zu nahe kam, weil ich nicht nachgab, gab er schließlich auf :-) Ach ja, ein Stück deutscher Verkehrskultur hatte ich denen hier einfach noch dalassen müssen...

Um 13 Uhr machten wir uns mal auf den Weg zum Flughafen. Von der Raststätte vorm Flughafen aus beobachteten wir dann einfach mal den Vorlaufbetrieb der Flughafenbahn. Diese Vorortbahn hatte entgegen unserer Erwartung nicht diese Strab ähnlichen Fahrzeuge, wie wir sie bisher beobachtet hatten, sondern ETs, die schon eher nach richtiger Eisenbahn aussahen. Offizielle Eröffnung dieser Stadtbahnlinie A zum Airport ist am 22.04.2016.


Flughafenbahn Versuchszug mit Tower...


...und den alles überragenden Rockies im Hintergrund.

Gegen 14.30 fuhren wir unser Auto bei Alamo auf den Hof. Irgendwie wurden wir dann noch ins Büro geschickt, wo die Schalterdame auch nicht genau wusste warum. Sie lief dann irgendwann weg, kam wieder und meinte, dass alles in Ordnung gewesen sei. Hmmm, komisch. Und den Meilenstand beim Start konnte sie mir auch nicht sagen. Wir hatten ihn uns nicht aufgeschrieben. Aber wir dürften wohl so 4200 Meilen gefahren sein, also rund 6700 km.

Mit einem Shuttlebus, dessen Scheiben vor Dreck undurchsichtig waren und dessen Fahrer die Terminals auch nur sehr nuschelig verkündete, gelangten wir zum Terminal Ost. Von dem war es nun kein Akt, zum Terminal West zu kommen, an dem der Bus einfach vorbei gefahren war; war eh alles auf einem Haufen. Check in, Sicherheitskontrolle - alles lief zügig und reibungslos. So hatten wir dann noch schön Zeit, ein letztes Mal Panda Express zu frequentieren, während draußen unser Vögelchen aus Frankfurt anrollte.

Für das Boarding wurden vier nach Platznummern sortierte Reihen gebildet. Das fand ich sehr praktisch. Wieso kriegen das europäische Flughäfen nicht hin? Wir hatten für den Rückflug Economy Plus gebucht. Das gefiel uns dann auch sogleich. Man hatte erheblich mehr Beinfreiheit. Auch zur Seite war mehr Platz. Wir hatten Zweierbestuhlung am Fenster und zwischen uns zwei Armlehnen.

LH 447 Denver 17.30 MDT - Frankfurt 10.35 MESZ

Der Flug war sehr angenehm, auch wenn es zwischenzeitlich paar Turbulenzen gab. Die Investition in diese Economy Plus Sitze hatte sich jedenfalls gelohnt. Abends gab es ein Nudelgericht. Wahlweise hätte man auch wieder die Hähnchenbrust wie auf dem Hinflug bekommen. Und es gab Weißwein. Auf den hatten wir uns besonders gefreut, nachdem wir den kompletten Urlaub lang keinen Tropfen Alkohol getrunken hatten.

Dienstag, 29.03.2016

Zum Frühstück gab es ein Marmeladenbrötchen und ein Stück Omelette mit Bratkartoffelwürfeln und Paprikagemüse. Dazu endlich mal wieder einen Kaffee, der auch so schmeckte. Mit Umweg über Hanau standen wir fast pünktlich am Gate. Christian hatte noch viel Zeit für seinen Nürnberg Flug, während mich der LH Stundentakt ziemlich bald weiterbrachte.

LH 14 Frankfurt 12.00 - Hamburg 13.15

Der Flieger war nicht besonders stark besucht. Neben mir blieb der Platz leer. So ließ sich das aushalten. Um 14.30 war ich wieder auf meinem Wilstorfer Hügel, und mit nur einem kleinen Schläfchen von 16 bis 18 Uhr war ich praktisch sofort wieder im europäischen Tagesrhythmus.

Fazit

So etwa nach dem dritten Tag war ich mir fast sicher, dass das Fazit bitter negativ ausfallen würde. Es war ja damit losgegangen, dass wir in dieser "Neuen Welt", auf dem gesamten nordamerikanischen Kontinent, eine ziemlich üble Großwetterlage vorfanden. Man wurde wettertechnisch in eine Richtung gedrängt, die zumindest ich (mit sagenhaften zwei vorherigen USA-Besuchen) schon kannte, und die landschaftlich nicht als der große Aufreger gilt. Mir als Mensch von der Küste ist die Gegend dort auch viel zu trocken ;-) Na ja, und dann war es ja losgegangen mit dem Zugverkehr, der vielfach nicht so wollte, wie wir gern wollten, mit "Private Properties" und "No Trespassings".

Spätestens mit dem Hammer-Tag im Crozier Canyon hatten wir allerdings erlebt, dass es auch anders, ja, genau umgekehrt, gehen kann. Wir hatten dort nicht nur Hammermotive, wir erlebten auch einen starken Zugverkehr, dass es nur eine Freude war.

Na ja, und mal unter uns gefragt: Kann man denn ein negatives Fazit ziehen, wenn man diese Bildausbeute sieht? Natürlich nicht. Vielleicht müssen wir dem Wetterleitsystem ja geradezu dankbar sein. In dieser Intensität, die die BNSF Southern Transcon landschaftlich durchaus verdient hat, hätte man diese Strecke sonst nie und nimmer bearbeitet. Und unser Hauptziel (nachdem das Thema "Montana" durch war), den blühenden Tehachapi Nordabstieg, hatten wir ja auch sehr schön umsetzen können. Und der Bauer hat uns leben lassen...

Auch sonst hat das "Sein" in den Staaten mal wieder Spaß gemacht. Es brachte einige neue Reiseerfahrungen mit sich: Wegen ausschließlicher Nutzung der einschlägigen Restaurantketten gab es gut zwei Wochen lang kein "Feierabendbierchen" und damit gar keinen Alkohol. Und ich habe ihn nicht vermisst. Mein Suchtberater muss sich allerdings neu einlesen, weil ich sein erster Patient bin, der auf diese (nicht nur farblich) giftige Pink Lemonade abfährt ;-) Eine weitere neue Erfahrung war, einen ganzen Urlaub lang keinen einzigen Geldschein in der Hand gehabt zu haben. Wir haben - bis auf das Trinkgeld für die Roommaids - nur mit Plastikgeld bezahlt.

Und - nochmal irgendwann USA? Doch sicherlich. Nach Montana :-) Wenn Donni es gerichtet hat und uns noch reinlässt ;-) Na, wollen mal sehen, wie das dort drüben weitergeht. All zu schwarz sehe ich da nicht.

Zu guter Letzt möchte ich Christian für seine sehr aktive Reisebegleitung danken. Leider hat ihn unmittelbar nach dem Urlaub der Einstieg ins Berufsleben sowas von in Beschlag genommen, dass z.B. auch keine Zeit mehr war, mehr Bilder für den Bericht aufzubereiten. Aber ich hoffe, dass die Tour für dich auch ein schöner Abschluss vom Studentenleben war :-)

Die Tour war wunderschön!

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