USA März 2007
Erste Schritte in der Neuen Welt (2)

Copyright by Jan-Geert Lukner

Mittwoch, 07. März 2007: Nachtzug an Chicago - Oregon, IL

Irgendwann zwischen 3 und 4 Uhr war ich mal länger wach. Das lag wohl noch an der Zeitverschiebung, denn das Bett war durchaus bequem, und hier im Untergeschoss schaukelte der Zug ja auch nicht so wie oben. Ab 6 konnte ich aber wirklich nicht mehr schlafen. Ich zog mich an, nahm mir einen Kaffee und setzte mich in den Aussichtswagen. Wir fuhren durch verschneite Landschaft. Als Lorenz ausgeschlafen hatte, konnten wir gerade noch vor Küchenschluss (warum so früh?) unser Frühstück bekommen. Ich nahm ein gepflegtes Mikrowellen-Omelette. Der Kaffee war hier an Bord wie auch später überall sonst äußerst dünn.

Am Morgen dann geschlossene Schneedecke: Ein Kaff namens Elkheart mit verschneiter Rundnase (wer kann sie sehen?).

Lorenz berichtete von seiner "wachen Stunde", die dank Liege am Fenster etwas spannender gewesen ist: Als wir im dichten Schneetreiben in Cleveland angekommen waren, stand zwischen uns und dem Vorortbahnhof-ähnlichen Empfangsgebäude ein Güterzug. Ein Fahrgast mit dickem Koffer wollte schon um den Güterzug rumlaufen, wurde aber zurückgepfiffen. Der Güterzug setzte sich dann auch bald in Bewegung. Nun war aber noch immer kein Zustieg angesagt. Wir zogen erstmal paar Kilometer vor bis auf eine Flussbrücke und setzten dann an den Hausbahnsteig zurück. Das ganze Manöver dauerte etwa 20-30 Minuten...

Die Landschaft war nun wesentlich unerfreulicher geworden. Während der Schnee immer mehr abnahm, tauchten immer mehr Industrie-Schlote auf. Werksbahngleise kreuzten unsere Route und die Bebauung nahm immer mehr zu. Aufgrund einer großen Fahrzeitreserve konnten wir trotz 20minütiger Verspätung immer noch vor Plan in Chicago ankommen. Damit war allerdings im Stadtgebiet Schluss. Die Bahnlinien in der Stadt mit ihren oft höhengleichen Kreuzungen ("Diamonds") sind anscheinend völlig überlastet und es ging im Stop and Go weiter. Als wir dann endlich in der Tiefgagage namens "Chicago Union Station" angekommen waren, hatten wir 40 Minuten Verspätung.

Ankunft in der Tiefgagage: Der "Capitol Limited" hat sein Ziel Chicago Union Stn erreicht.

Als erstes suchten wir nun den Hertz-Stand in der Bahnhofshalle auf. Es war wirklich nur ein Stand. "For a few dollars more" gegenüber unserer gebuchten Kathegorie schwatzte uns der Verkäufer einen Ford Escape auf. So ein geländegängiges Fahrzeug ist natürlich immer hilfreich, wir wussten ja nicht, was an Straßenverhältnissen und Witterungsbedingungen (Schnee...) noch auf uns zukommen würde. Und der Preisunterschied war nicht wirklich schlimm... Unser Gepäck steckten wir ins Auto, das im Parkhaus des Bahnhofs stand. Dann starteten wir allerdings erstmal einen Rundgang durch die Stadt. Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass vom Sonnenwetter des Vortages nicht mehr viel übrig geblieben war. Im Gegenteil: Die graue Pampe hing tief zwischen den Wolkenkratzern und spie einen ersten Nieselregen aus. Schnee lag hier in der Stadt kaum noch.

Als erstes interessierte mich natürlich die Hochbahn, die in Chicago noch durch die Häuserschluchten fährt. In Manhattan hatte es ja auch mal sowas gegeben, doch hat man dort alles auf U-Bahn umgestellt. In Chicago gibt es auch eine Metro, doch eine Hochbahn-Schleife wird in der Innenstadt noch betrieben. Der Viadukt, den ich eher als "Gerüst" bezeichnen würde, ist an sich schon abenteuerlich. Es liegen dort praktisch nur die Gleise ohne seitlichen Steg und ohne Geländer. Wenn da mal ein Zug evakuiert werden muss, dann nur auf das Gegengleis. Zwischen beiden Gleisen befinden sich aber die Stromschienen, die von oben bestrichen werden und keinerlei Abdeckung besitzen.

An der Station Quincy lernten wir eine neue Fahrkartenautomat-Herausforderung kennen. Es handelte sich um die Sorte "no change". Und wir hatten natürlich gerade nicht genügend Münzen dabei. Na ja, nach Beratschlagung mit der netten Stationswärterin haben wir dann in Höhe von drei Einzelfahrscheinen überzahlt. So erhielten wir einen Schnipsel mit dreifachem Wert. Nachdem Lorenz mit ihm durchs Drehkreuz durch war, reichte er ihn mir durch das Gitter zurück und ich kam unter Abbuchung des zweiten Betrages durch.

Die Bahn war dann wirklich abenteuerlich. Was hätte ich gern fotografiert, man konnte praktisch von allen Bahnsteigenden wunderbar die Strecke in den Häuserschluchten aufnehmen. Aber bei dem nun einsetzenden Schneeregen war das nicht so der Hit. Wir fuhren einfach mal raus bis Fullerton, wo sich Hochbahn und Metro vereinigen. Auf der Hochbahn gibt es einen bekannten Kreuzungspunkt, wo auf dem Wackelgerüst eine Schienenkreuzung und Verbindungskurven auf drei Seiten eingerichtet sind. Da steht sogar ein Stellwerk daneben. Ein Stück weiter hatte man dann bei Querung des Chicago River, der mitten durch die Stadt fließt, einen Super-Ausblick auf die Wolkenkratzer und die zahlreichen Brücken über den Fluss.

Netter Ausblick aus der Hochbahn auf den Chicago River.

Als wir unseren Zug zur Rückfahrt in Fullerton bei der Einfahrt fotografieren wollten, hielt dieser mit der Spitze bei uns am Bahnsteiganfang an und der Kutscher fragte nach einer Fotogenehmigung. Als wir ihm diese nicht zeigen konnten, wies er uns sehr energisch darauf hin, dass das Fotografieren der Hochbahn verboten sei und wir das bleiben lassen sollten. Aaaaah-ja! Nach Einsichtigkeit heuchelnder Antwort von uns war er so gnädig vorzuziehen, damit wir und die zahlreichen Fahrgäste auf dem Bahnsteig, die verwundert die Szene beobachtet hatten, einsteigen konnten. Vor der großen Kreuzung musste die Bahn anhalten und kam zufällig genau auf der Flussbrücke zum Stillstand, so dass ich dort durch die Scheibe wenigstens mal ein Handy-Bild machen konnte. In Quincy stiegen wir wieder aus und setzten uns auf dem Weg zum Bahnhof noch auf ein Sandwich in ein darauf spezialisiertes Café. Die von mir bestellte kleine Cola fasste 0,5 Liter. Durstiges Amerika!

Bei dem Wetter hatten wir keine Lust mehr zu einer weiteren Stadtbesichtigung. Vielleicht würde es ja am Abreisetag noch klappen. So holten wir unseren Wagen aus der Garage und machten uns auf den Weg gen Westen. Dank der von Google ausgedruckten Karten fanden wir den Weg auf den "Ronald Reagan Memorial Tollway" schnell. Die Mautkosten von zweimal 80 Cent hielten sich noch in Grenzen. Mit Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung waren wir auf der Autobahn eindeutig die langsamsten Verkehrsteilnehmer.

Für den nun folgenden Teil des Reiseberichtes habe ich Euch mal eine Karte gemalt.

Vor uns konnten wir nun aber eine interessante Himmelserscheinung beobachten: Durch die dicken Regenwolken drang zunehmend eine gewisse Helligkeit hindurch. Und bald schon zeigten sich erste Risse in der Wolkendecke. Als wir bei Aurora den Ballungsraum von Chicago verließen, hatten die blauen Stellen schon prozentual die Oberhand am Himmel gewonnen. Wir wollten nun gern eine Aussichtsbrücke bei La Fox ansteuern, die ich von Railpictures.net-Bildern kannte. In La Fox hätte man auch noch die Metra-Lokalzüge erwischen können. Dumm war nur, dass, nachdem im Ballungsraum fast jede Querstraße eine Autobahn-Abfahrt gehabt hatte (auch wenn nicht auf der Google-Karte verzeichnet), jetzt nur noch die auf der Karte verzeichneten Abfahrten kamen. Und die nächste war erst für De Kalb verzeichnet, also schon ein ganzes Stück westlich.

An der östlichen Ausfahrt von De Kalb dann runter von der Autobahn und wieder etwas nach Osten gefahren. Eine Vierfach-Lz sahen wir langsam gen Osten fahren. Ein Stück weiter stand dann ein Kohlezug in den Feldern. Der nächste Bahnübergang "Airport Av" war dann unser. Mit leicht Schnee bedecktem Feld gelang nun meine erste Aufnahme von einem amerikanischen Güterzug! Besagter Kohlezug stand westlich des BÜ, der Doppelstock-Containerzug davor stand östlich des BÜ. Offenbar herrschte ein riesiger Stau vor Chicago! Bei Stau scheinen sich die Züge im Sichtabstand folgen zu dürfen. Zwischen beiden stehenden Zügen gab es jedenfalls kein Signal. Fahrende Züge konnten wir dann bald in der Gegenrichtung fotografieren. Wir befanden uns nun an der Union Pacific (UP)-Strecke von Chicago nach Westen, die bei Clinton den Mississippi quert.

Zwei Loks der älteren Generation mit zwei frisch ausgelieferten Neubauloks, die noch nichtmal lackiert waren, zwischen Elburn und De Kalb.

Erstmal noch ein Stück bis hinter Elburn weitergefahren, doch hier hielten sich die Wolken doch noch zu stark. Daher war die nächste Anlaufstelle die Ortschaft Meredith, in der weitere Fotos gelangen. Auf der UP-Strecke waren anscheinend nicht viele Fremdloks zu sehen. Lediglich der Kohlezug hatte noch eine UP-Lok in Southern Pacific Lackierung dabei und ein Westfahrer kam mit zwei weißen Neubauloks im Schlepp durch, die offenbar noch nicht in das gelbe Farbbad getunkt worden waren. Im weiteren Verlauf des Reiseberichtes werde ich mal einfach von "alten" und "neuen" Loks sprechen. Ehrlich gesagt kenne ich mich mit den Baureihen gar nicht aus. "Alte" Loks sind für mich die mit den vier einzelnen Fenstern, die den in Griechenland oder auf dem Balkan eingesetzten GM-/MLW-Loks am meisten ähneln. "Neue" Loks sind im Folgenden die mit der breiten Nase und den zwei großen Frontfenstern.

In Meredith konnten wir den Kohlezug fotografieren, den wir 1,5 Stunden zuvor einige Kilometer westlich in den Feldern stehend fotografiert hatten. Anschließend ging es nach De Kalb. Hier führt die UP-Strecke mitten durch den Ortskern durch. Um nicht den ganzen Straßenverkehr lahmzulegen, warteten die sich stauenden Züge brav vor dem ersten Bahnübergang. Vor den Toren des Zentrums von De Kalb standen schon wieder zwei Züge aufgereiht. Einer war ein Kohlezug mit zwei Zugloks und einer Schublok. Dieser zog dann auch irgendwann gemächlich einen Block weiter vor (bei Stau befanden sich allerdings immer mehrere Züge in einem Block; gestanden wurde halt da, wo keine Bahnübergänge blockiert wurden) und teilte damit De Kalb für eine Viertelstunde in zwei Hälften. Das Licht war aber für Westfahrer besser und zwei davon erwischten wir rund um einen Supermarkt-Besuch herum. Der erste war ein bunter Frachtenzug und hatte sogar zwei alte Loks vor. Der zweite war ein ziemlich schneller Containerzug.

Ob das mal gut geht? Der Fußgänger wirkt doch etwas zarter als die Lok der Union Pacific... In De Kalb führt die Strecke mitten durch die Innenstadt.

Um so erstaunter waren wir, als wir auf unserem weiteren Weg westwärts den eiligen Containerzug bald in den Feldern stehen sahen. Und ein Stück weiter stand auch der Frachtenzug mit den alten Loks, das heißt - gerade setzte er sich wieder in Bewegung. Wir erwischten ihn zweimal vor Rochelle. Grund für den Stau, der nun auch die Westfahrer erwischt hatte, war wohl der Diamond in Rochelle. Hier kreuzte die Burlington Northern Santa Fe (BNSF)-Hauptstrecke von Chicago an den Mississippi und weiter Richtung Minneapolis die UP-Strecke höhengleich. Und auf der eingleisigen BNSF-Strecke sollte nachmittags ein ganzer Schwarm "Z-trains", also hochwertige Containerzüge unterwegs sein.

Da wir eh jetzt genügend gelbe Loks fotografiert hatten, wechselten wir nun mal an die BNSF-Strecke. Hinter Rochelle folgt westwärts die Ortschaft Flag Center, in deren Nähe wir einfach mal gewartet haben. Es war nun allerdings deutlich nach 17 Uhr und der erste Zug kam praktisch im nicht mehr ganz so intensiven Licht der untergehenden Sonne. Gern wären wir dem Mississippi noch ein Stück näher gekommen, doch "kannte" ich an dieser BNSF-Strecke dank Railpictures.net noch einige nette Motive. Daher beschlossen wir, im nächsten Ort, Oregon IL eine Bleibe zu suchen. Lorenz hatte die glorreiche Idee, auch mal abseits unserer Hauptstraße zu schauen und so fanden wir am nördlichen Ortsausgang, direkt am Rock River, das "Paddle Wheel Inn".

Es lag ruhig am Ufer und auf der anderen Flussseite thronte Häuptling Black Hawk als Denkmal wie der Bismarck in Hamburg auf einem Hügel. Black Hawk (Schwarzer Falke) hatte vor rund 175 Jahren die letzte Indianerschlacht östlich des Mississippi angeführt. Es handelte sich um den "Black Hawk War", der mit der blutigen Schlacht an der Mündung des Bad Axe River in den Mississippi und mit der Inhaftierung von Black Hawk endete. Dass der Häuptling von den Siedlern hier ein Riesen-Denkmal verpasst bekam, mag man interpretieren, wie man will. Dazu muss man wohl amerikanisch denken können...

Abendessen gab es gleich nebenan im "Black Hawk Inn", einem typischen amerikanischen Grillrestaurant. Begrüßt wurden wir mit "Hi guys, how do you do today!?!" Diesen Gruß sollten wir noch "lieben" lernen. Genau das Gegenteil von der aufgekratzten Restaurant-Besatzung waren die Mädels von unserem Hotel. Bloß nicht aufschauen, wenn ein Gast die Lobby betritt... Aber das Essen im Black Hawk Inn war gewaltig, das T-Bone-Steak riiiiiesig! Mjam! Das Hotel war sauber, das Zimmer riesig und wir totmüde. Wie ein Stein geschlafen.

Donnerstag, 08. März 2007: Oregon, IL - Milledgeville - Rochelle - Oregon

Nach einer langen Nacht mit tiefem Schlaf fiel der Blick auf wolkenlosen Himmel. Wir hatten für 69 Dollar (netto, im Verzeichnis standen aber deutlich höhere Preise) einen Raum zur Landseite bekommen. Die Flussseite hätte 89 Dollar gekostet. Den Flussblick konnten wir dann allerdings beim Frühstück genießen. Die Terrasse und ein abgehalfteter, Hotel eigener Mississippi-Dampfer lagen von der Sonne angeleuchtet friedlich da und hoben sich vor dem dunklen Steilufer auf der anderen Seite ab. Häuptling Black Hawk war auf seiner Anhöhe im Gegenlicht kaum zu erkennen. Weniger erfreulich war der Blick auf das Frühstücksbuffet. Offenbar hatte man sich jetzt in der Nicht-Saison darauf eingerichtet, dass die Bestandteile schon mal paar Tage liegen konnten. Selbst die Bagel waren luftdicht verschweißt und als Besteck und Geschirr gab es nur Einwegware. Aus einer Kanne kam ein durchsichtig-hellbraunes Wasser. Es wurde Kaffee genannt. Hmm, das Wort ist bei mir anders besetzt... Bei einem Rundgang durch das Morgenlicht auf der Terrasse herrschte große Ruhe. Nur einige Wasservögel landeten klatschend auf dem Rock River.

Morgendliche Stille über dem Rock River vor unserem Hotel.

Wir wollten nun mal die von Railpictures.net bekannten Motive westlich von Oregon auskundschaften. Dabei kamen wir auch am Bahnhof von Oregon vorbei, von dessen noch vorhandenem EG sogar eine Zeichnung im Frühstücksraum des Hotels hing. Zugverkehr war gerade nicht, aber auf einer abzweigenden Nebenbahn standen zwei Loks von Illinois Railnet, die offenbar gerade ein kleines Päusken im Rangierbetrieb einlegten. Die Gegend wurde hier deutlich hügeliger und vereinzelt tauchten kleine Waldstücke auf. Wir fuhren weiter westwärts auf einer schnurgeraden Straße, die aber ständig auf und ab führte, nach Polo und weiter bis vor Milledgeville. Wir sahen kaum andere Autos. Man konnte einfach den Tempomat auf 60 mph stellen (55 waren erlaubt, aber man hatte weite Sicht...) und durch die Landschaft gleiten. Hinter Polo gab es eine Kreuzung, wo alle vier einmündenden Straßen Stop-Schilder hatten (mit Zusatz "all ways"). Ääääh ja, wat nu? Rechts vor Links? Wer zuerst kommt, fährt zuerst? Im weiteren Verlauf der Tour deutete es sich an, dass - fest davon ausgehend, dass jeder wirklich stoppt - letzteres gilt. Und "rechts vor links" nur im Zweifelsfall. Und überhaupt: Augenkontakt ist alles, dann ging's schon.

Westlich des Weilers Hazelhurst gab es einen schönen Abschnitt mit zwei hölzernen Feldweg-Brücken über die Bahn. Dazwischen lagen Blocksignale, so dass man die Richtung des nächsten Zuges wissen konnte (na ja, klappte nicht immer...). Da jetzt trotz erwarteter "fleet of eastbound Z-trains" die Fahrtrichtung nach Westen grün hatte, stellte ich mich auf die westliche Brücke "Sunshine Rd" (Lorenz probierte es seitlicher aus den Feldern). Wir brauchten gar nicht zu warten, der Zug war bald schon zu hören. Nach dieser Streiflicht-Aufnahme kam Lorenz auch bald zurück und gemeinsam warteten wir auf einen Ostfahrer, denn der Blick nach Westen war auch ganz hübsch mit einigem Restschnee. Lange war noch das Getröte des Westfahrers zu hören, dann kamen aber die Trööts wieder näher. Ein Ostfahrer kam und konnte von uns gut verarztet werden. Er war mit einem bunten Sammelsurium aus älteren Loks bespannt, die aber z.T. auch mit BNSF beschriftet waren.

Blick von der Sunshine Road zur Elkhorn Road. Ein Westfahrer zwischen zwei Reihen von Telegraphenleitungen.

Nach Zug-Durchfahrt einen kleinen Wolkenfitzel entdeckt. Ah ja! Quellwolken gibt es also auch in USA. Leider war es mit 9.30 Uhr noch recht früh zum Zuquellen... Wir wechselten nun mal auf die östliche Brücke. Der dortige Feldweg hieß "Elkhorn Rd". Erstmal kam kein Zug, dafür aber ein netter schwarzer Hund, der zwar erstmal etwas schüchtern war, der dann aber nur noch mit uns spielen wollte. Tja - um 10.00 war der Himmel schon fast zugewölkt. Um 10.20 kam der nächste Ostfahrer, von dem leider nur noch das Ende Sonne hatte. Wir wechselten dann mal zur Livengood-Farm westlich von Milledgeville. Hier hatte man von einer ähnlichen Holzbrücke wie die zwei östlich des Ortes einen gigantischen weiten Blick bis zum nächsten Ort Chadwick. Aber der Himmel war zu. Es kamen zwar jetzt Züge in allen Richtungen und in Milledgeville wurde fleißig gekreuzt. Aber es nützte alles nichts. Ich versuchte mich noch mit einer Gegenlicht-Aufnahme am Bahnübergang Livingood Rd (die Straße schreibt sich tatsächlich anders als der Familienname der Farm-Eigentümer, deren "Livengood-Farm" allerdings auch nicht direkt an der "Livingood Rd" liegt) mit einem kranzbehängtem INRI-Kreuz (offenbar war für jemanden das Lok-Typhon nicht laut genug gewesen...), aber schön war das alles nicht.

Der Bahnübergang "Livingood Road" mit kranzbehängtem Holzkreuz (klein ganz links).

So langsam schlugen wir mal wieder die östliche Richtung ein, denn in Richtung Mississippi wollten wir erst morgen weiter. Nochmal Elkhorn Rd ausprobiert. Mit dem schwarzen Hund eine Weile Stöckchen gespielt (bin von Lorenz darauf hingewiesen worden, dass ich mit dem Hund nicht englisch sprechen müsse...) und, als der Stock völlig zerkaut war, ohne brauchbares Ergebnis weiter gefahren. Noch weit vor Polo sahen wir plötzlich Containerwagen in den Hügeln stehen. Wartete hier ein Ostfahrer vor der Einfahrt von Polo? Aber Polo war eigentlich noch viel zu weit weg!?! An der Stopp - all ways -Kreuzung bogen wir links ab und fuhren zur Bahn hoch. Dort entdeckten wir, dass sich westlich von uns, mitten in der Einsamkeit ein Kreuzungsbahnhof befand (Bf Carter). Und das Ausweichgleis war mit einem voll beladenen Containerzug besetzt, der allerdings keine Lok hatte. Merkwürdig... Dafür näherte sich von Osten nun wieder ein Zug, den wir am BÜ der Freeport Rd ohne Sonne, aber wieder mit buntem Altlok-Sammelsurium ablichteten.

Weiter ging es dann nach Oregon. Ein Stück vorm Ort quert man die Nebenbahn, auf deren Anfang morgens die zwei Illinois Railnet-Loks abgestellt waren. Wie wir so schauten, ob die Loks wieder/immer noch dort ständen, sahen wir sie tatsächlich. Aber was war das? Sie bewegten sich! Tatsächlich schaukelten sie in gemächlichem Tempo mit zwei Wagen auf die Nebenbahn! Da jetzt ab 13 Uhr die Quellwolken immer stärker zerbröselten (amerikanische Quellwolken sind vielleicht früher dran als europäische?), wagten wir mal eine "Verfolgung" (=gemütliches Ansteuern verschiedener BÜs). Paar Bilder mit Sonne gingen tatsächlich, wenn auch ohne nennenswerte Motive. Die Strecke führt bis Mount Morris. Der Güterverkehr hierzulande begeisterte immer wieder aufs Neue! Nicht nur, dass wir ständig irgendwelche intakten Gleisanschlüsse und Rangierbetrieb auch in kleineren Bahnhöfen beobachten konnten - auch Kleinbahnen scheinen noch ihre Chance zu bekommen. Dabei dürften zwei schwere Loks mit zwei Wagen wohl nicht besonders wirtschaftlich sein.

Langsam und laut trötend nähert sich die übermotorisierte Kleinbahn dem nächsten Bahnübergang.

Die Wolken verzogen sich immer mehr. Jetzt sahen wir Stopp-Schilder, an denen extra verkündet wurde, dass der kreuzende Verkehr nicht stoppt (also "richtige" Stopp-Schilder)! Nach einem Supermarkt-Besuch in Oregon schauten wir mal ostwärts weiter. Westlich des Ausweich-Bf Chana gab es eine nette Stelle mit Blick auf die Ortskulisse, die im wesentlichen aus einem Riesen-Silo mit Amerika-Flagge oben drauf bestand. Erstmal kam länger gar nichts, dann ein Ostfahrer, den wir mit einem kleinen Anwesen an der Bahn (aber ohne Licht auf der Front) fotografieren konnten. Im nächsten Bahnhof muss dann wohl eine Kreuzung stattgefunden haben, denn bald schon kamen unverkennbare Zuggeräusche und dann auch das Getröte näher. Es war ja jetzt die Zeit der fünf westgehenden Z-trains und ein solcher beehrte uns dann auch.

Berg- und Talbahn an der Westausfahrt des Bf Chana. Eine Portion Stars and Stripes auf dem Silo darf nicht fehlen...

Gestern hatten wir ein sehr schönes Motiv westlich von Flag entdeckt, das wir nun mal aufsuchen wollten. Gegen 16 Uhr trafen wir dort ein, doch bis zur Zuschattung des Motivs ab 17 Uhr gab es leider keinerlei Zugverkehr. Eigentlich sollten nachmittags doch fünf Z-trains gen Westen rollen? Nur von der südwärts gelegenen und hier, westlich von Rochelle, nicht mehr weit entfernten UP-Strecke war ständig Getröte zu hören. Ziemlich ärgerlich! In der Dämmerung fuhren wir nun nochmal stramm südwärts an die UP-Strecke heran. Unterwegs nahmen wir den Sonnenuntergang mit. An der UP-Strecke war hier, südwestlich Rochelle und auf der platten Wiese, ein gigantisches Containerterminal gelegen. Einen langsam von Westen einfahrenden Zug konnten wir dreimal in völlig verschiedenen Ansichten vor dem roten Abendhimmel aufnehmen (mehr oder weniger gelungen).

Eine von drei Ansichten gegen den roten Abendhimmel.

Danach ging es noch nach Rochelle. Wir wollten nun endlich mal den Railroadpark im Keil der Kreuzung von UP- und BNSF-Strecke sehen. Und das war wirklich ein Ort, in dem Eisenbahnfreunde-Herzen höher schlagen konnten. Die Strecken kreuzten hier ebenerdig mittels eines Vierfach-Diamonds. Unter Diamond versteht man "drüben" Flachkreuzungen, die z.T. in sehr stumpfen oder sogar rechten Winkeln angelegt sind und mittels derer sich Strecken (verschiedener Betreiber) mal mit und mal ohne Verbindungskurve kreuzen. In Rochelle spricht man von Vierfach-Diamond, weil das Kreuz der zweigleisigen UP-Strecke und der von hier bis Flag Center zweigleisigen BNSF-Strecke aus vier Flachkreuzungen besteht. Angesichts der dicht befahrenen UP-Strecke und der auch nicht ganz selten befahrenen BNSF-Strecke war hier immer etwas los.

Und so haben Eisenbahnfreunde - offenbar gesponsort von größeren Eisenbahnzeitschriften - hier im Keil der Strecken einen Pavillon mit Grill-Gelegenheit angelegt. Im Pavillon wurde über Lautsprecher der Funkverkehr der beiden Bahnen übertragen. Die Frequenzen wurden auf Schildern verraten. Meine Güte - so einen Ort müsste man doch in Deutschland auch anlegen können? Mit am Ort war ein kleiner Souvenir-Shop. Am Eingang verkündete ein Schild "We are railfans, not terrorists!" Wir waren begeistert! Untermalt wurde unser abendlicher Aufenthalt vom Gebimmel eines BÜs, den ein auf Kreuzung wartender BNSF-Zug schon eingeschaltet hatte. Er musste aber lange warten, bis der UP-Zug, für den grün war, durchkam. Angeblich sollte hier keine Bahngesellschaft bevorzugt werden, aber das sah anders aus. Die Menschen in Rochelle müssen ganz schön leidensfähig sein. Die Züge passieren den Ort wegen der vielen Bahnübergänge mit lautem Typhon-Konzert, dazu kommt sicher immer wieder der Sound beschleunigender Dieselloks, und beim Befahren des Diamonds entsteht ein lautes Gepolter, mit dessen Hilfe man auch drei Kilometer entfernt noch die Achsen jedes Zuges zählen kann. Links und rechts der Bahn standen Wohnhäuser - und zwar von der gepflegten Sorte mit grünen Grundstücken drum herum.

Bei Aldi am nördlichen Stadtrand, wo wir uns für einen Knabberabend im Hotel eindeckten, war noch immer das Getröte der Züge zu hören. Selbst in Oregon hörten wir noch Loktyphone, aber das waren wohl noch immer die aus Rochelle. Wir würden den Sound wohl nicht so schnell aus dem Kopf losbekommen...

Aldi auf amerikanisch. Die Kassiererin wusste sogar, dass sie für eine deutsche Kette arbeitet...

Freitag, 09. März 2007: Oregon, IL - Sabula, IA

Wieder bei Sonnenschein aufgewacht, doch sollte uns vom Wetter her der schlechteste Tag der Tour bevorstehen. Nach dem Papp-Frühstück dachten wir uns, dass man ja - wenn schon alles so schön eingeschweißt ist - etwas als Proviant mitnehmen könne. Das Rezeptionsmädel interessierte sich eh nur für ihr Internet und so griffen wir dann auch bei Bagels und Creamcheese zu. Lorenz entdeckte dann allerdings, dass auch eingeschweißte Bagels nur begrenzt haltbar sind, was sich in Form von Schimmelpilzen bemerkbar machte. Uns verging der Appetit... Schade, denn das Hotel an sich war wirklich sauber und ruhig gewesen.

Die Luft war ziemlich schmutzig, will heißen, dass viele Wolkenschleier durch die Luft schwebten. Durch den Dunst waren die Wolkengrenzen kaum auszumachen. Zweimal versuchten wir uns nochmal an der Livengood-Farm westlich von Milledgeville, doch beide Züge (der erste mit Altlok-Sammelsurium, der zweite mit bunt gemischten Neuloks - vorn eine verblichene Santa Fe "Warbonnet"-Lackierung) gingen nur mit schmutzigem Halblicht. Der Weitblick kam bei dem Dunst auch nicht wirklich prickelnd...

Die legendäre Santa Fe-Lackierung wirkt schon ziemlich verblichen. Kann aber auch am Wetter liegen...

Im weiteren Streckenverlauf fuhren wir nun an fast jeden BÜ oder jede Brücke ran. "Das" Motiv entdeckten wir allerdings bestenfalls abseits der Bahn in Form einer "Oma Duck-Scheune" neben einem einzelnen Baum auf einer Hügelspitze mit freier Pläne. Aus unserem Vorsatz "Da müssen wir nachher nochmal für ein Foto hin" wurde aber leider nichts... Die Landschaft wechselte nun von "hügelig" auf "mittelgebirgig". Die Bahn führte auf Dämmen und durch Einschnitte stetig abwärts in das Mississippi-Tal.

Als nächstes Motiv nahmen wir uns gegen 10 Uhr mal eine dieser Holzbrücken über einen Einschnitt vor - nicht als Standpunkt, sondern als Motiv. Ein Blocksignal zeigte für "Bergfahrer" grün und nach nur kurzer Zeit war in der Ferne kräftiger Motorsound zu hören. Bald kamen auch die markanten Tröööts hinzu. Doch wir sollten wohl noch mindestens eine halbe Stunde warten. In dieser halben Stunde wurde das Orgelkonzert zwar immer lauter, doch zu sehen war noch nichts. Die Sonne gab irgendwann innerhalb dieser halben Stunde nochmal ein kurzes Aufbäumen von sich und ward, als der Zug endlich um die Ecke gekrochen kam, auf nimmer Wiedersehen verschwunden. Dennoch ein Bild gemacht, als die zwei Santa Fe-Altloks mit ihrem langen Containerzug unter der Holzbrücke hervor krochen.

Das Licht ist aus. Und der zweite Santa Fe bespannte Zug des Tages rollt an uns vorüber...

Nun hatte sich das Wetter aber vollends verabschiedet. Möglichst Bahn-parallel fuhren wir nun nach Savanna weiter. In Savanna erreicht "unsere" BNSF-Aurora Subdivision-Strecke von Chicago den Mississippi und vereinigt sich dort mit der BNSF-Barstow Subdivision-Linie, die von Süden her am Ostufer des großen Stromes entlang führt, zu einer zweigleisigen Eisenbahn, die im Flusstal nordwestwärts nach Wisconsin und Minnesota führt. In Savanna wird die BNSF von der "Iowa-Chicago & Eastern" (ICE) gekreuzt - mittels Diamond natürlich. Die ICE-Strecke führt von Chicago kommend hier über den Fluss, wo sie auf die ICE-Mississippi-Westuferbahn trifft, die dem Fluss von St Paul nach Kansas City folgt. Beide Strecken haben in Savanna kleine Bahnhöfe.

Und da lag er dann vor uns: Der große Fluss, der Mississippi, die Grenze zwischen Osten und Wildem Westen. Irgendwie machte der Fluss einen sehr friedlichen Eindruck, denn er war völlig zugefroren!

Bei unserer Ankunft polterte gerade ein ICE-Zug mit nur einer Lok über den Diamond in Richtung Flussbrücke. Genervt vom bedeckten Himmel suchten wir nun aber erstmal Pizza Hut auf, wo wir für 5,50$ (netto natürlich) Pizza und Salat satt vom Buffet bekamen. Wenn Buffet angesagt ist, fragt man übrigens nicht nach der Speisekarte. Dies erfuhr Lorenz, der auf eine diesbezügliche Frage zur Antwort bekam: "You are confusing me!" Mit im Restaurant saßen paar typisch amerikanische Väter mit ihren Schirmmützen, die sie auch beim Essen nicht ablegten, und ihre typisch amerikanischen Kinder, deren Körperumfang nach regelmäßiger Pizza-Hut-Verköstigung aussah. Außerdem konnten wir typisch amerikanische "Old Ladies" beobachten. Vielleicht findet man in Deutschland bei Pizza Hut ja auch reifere Damen mit Trainingsanzug und Sportschuhen, doch die Amerikanerinnen hatten einfach noch einen speziellen Gesichtsausdruck, den ich bisher nur aus dem Fernsehen kannte...

Die ICE-Strecke verlässt den Bahnhof Savanna hinter dem Diamond erstmal in südliche Richtung auf einem Damm, der in Längsrichtung durch den Fluss führt. Nach einer 90°-Kurve wird der Mississippi dann auf einer langen Bogenbrücke gequert. An die Brücke schließt sich die Durchmessung einer schmalen Flussinsel an, auf der der Ort Sabula liegt. Danach wird der Rest des Flusses (nunmehr als See bezeichnet) auf einem Damm gequert. Mitten auf dem Damm teilt sich schon die Strecke für das Gleisdreieck in Richtung südliche und nördliche Westuferbahn. Auf Railpictures.net hatte ich einen genialen Ausblick auf diesen Damm mit der Abzweigstelle von den Steilhängen am Westufer gesehen, doch eine Erkundungstour ergab, dass der Hang praktisch nur aus riiiesigen Villengrundstücken bestand. Zwar gehört vielleicht auch der wild mit der Schrotflinte um sich schießende Grundstücksbesitzer zu den "Bildern", die man von einer USA-Tour mitbringen muss, aber wir wollten dann doch lieber darauf verzichten. Übrigens hatte es inzwischen angefangen zu regnen. Und das war nicht bloß ein Schauer!

Als wir gegen 14.30 Uhr wieder unten am Westufer waren, kam ein ICE-Zug von Norden eingefahren. In der Erwartung, dass dieser nun in den Damm einbiegen würde, fuhren wir auf die Insel und am südlichen Ortsrand von Sabula an den Damm ran. Mittlerweile war der Zug auch in die Verbindungskurve zum Damm eingeschwenkt. Allerdings war von der südlichen Uferbahn nun ein weiterer Zug aufgetaucht, der nun auf der südlichen Verbindungskurve zum Damm stand. Offensichtlich handelte es sich um die zurückkehrende Übergabe, denn der Zug hatte (wie der mittags in Savanna beobachtete Zug) nur eine Lok vor, die jetzt auch noch falschrum stand. Und Tom hatte etwas von "Locals" über den Fluss rüber erzählt. Der Zug von Norden drückte dann irgendwann wieder ein Stück zurück (nördl des Gleisdreiecks war ein kleiner, vollgestellter Bahnhof), bei dem anderen Zug tat sich gar nichts. Daher entschieden wir uns zu einer Erkundungsfahrt in Richtung Norden. Es ging wieder an das Ostufer mit der zweigleisigen BNSF-Strecke. Dort erst parallel zur Bahn und zu Füßen des "Mississippi Palisades State Park" nordwärts gefahren. Die Straße schwenkt allerdings bald von der Bahn weg. Zwischen Bahn und Fluss war auf der Karte ein großes "Army Depot" verzeichnet, so dass wir dort eh nicht mit Fotomöglichkeiten rechneten. Hinter der Ortschaft Hanover konnte man über die Blackjack Rd wieder ein Stück dichter in Richtung Bahn gelangen.

Die Blackjack Road entpuppte sich als richtig einsame Gebirgsstraße, die zunächst auf einem Bergrücken mit weiten Ausblicken entlang führte. Dann und wann war mal ein Anwesen zu sehen, ansonsten nur Nebel verhangene Täler und Berghänge. Irgendwann führte die Blackjack Rd dann plötzlich steil abwärts und nach Abzweigung auf einen Nebenweg, der weiter abwärts führte, gelangten wir nun an ein Etablissement, das sich als Unterkunftskomplex mit Pferdeweiden oberhalb des Mississippi und der davor entlang verlaufenen Bahnstrecke erhob. Eine Bahn parallele "Dirt Road" brachte uns in südlicher Richtung durch Schneematsch an einen Hang, auf dem - wir glaubten in einer anderen Welt zu sein - reger Skibetrieb mit Sesselliften und allem Drum und Dran stattfand! Ein Stück weiter konnten wir uns einen gerade freigerodeten Abschnitt der Bahn mit Flussblick vormerken. Parallel der Bahn nun ein Stück nordwärts gefahren, doch war das Ufer zu bewaldet, um als Motiv zu dienen.

Skibetrieb am Mississippi: Wie man dem Wetter nur unschwer ansehen kann, entstand dieses Bild an einem anderen Tag...

Wir verließen das Tal nun wieder und gelangten in das Städtchen Galena, das in einem Seitental des Mississippi liegt und einen wunderschönen Anblick bot. Man querte den Nebenfluss auf einer Steinbogenbrücke. Durch die Flussaue, die mit einzelnen Bäumen etwas Park ähnliches hatte, führte Modellbahn gerecht das Gleis der Canadian National (CN)-Strecke von Dubuque nach Chicago. Leider sollte hier wohl nur einmal am Tag mit einem Zug zu rechnen sein... Über eine Schnellstraße erreichten wir East Dubuque, das, auf dem Mississippi-Ostufer gelegen, zu Illinois gehört. Beträchtlich größer ist das gegenüber liegende Dubuque, das in Iowa liegt. Nördlich von East Dubuque beginnt auf dem Ostufer Wisconsin. Die zweigleisige BNSF-Strecke hat ihren Bahnhof in East Dubuque und gelangt nicht an das andere Ufer. Die CN-Strecke jedoch, die von Galena herab kommt, verlässt den Bahnhof East Dubuque nordwärts und rechts von der BNSF-Uferbahn in einen Tunnel hinein. In diesem Tunnel macht das Gleis einen 90°-Knick nach links, verlässt den Tunnel, quert unmittelbar hinter dem Tunnel die BNSF-Strecke per Diamond und führt geradewegs in die lange Mississippi-Brücke nach Dubuque hinein. Ein nachmittags aus dem Tunnel kommender Zug mit dem Diamond - das wär' ein nettes Fotomotiv!

Heute war an fotografieren aber nicht zu denken. Es wurde immer trüber. Unter den möglichen Zielen unserer Tour war ja noch immer das mittlere Iowa und dort hauptsächlich der Viadukt von Boone. Da für morgen allerdings gutes Wetter angekündigt war, wir hier am Mississippi genügend interessante Motive entdeckt hatten und es bis Boone noch vier Stunden zu fahren gewesen wären und wir dazu weder heute (zu müde) noch morgen (bei Sonnenschein) Lust hatten, beschlossen wir den Verzicht auf Boone. Nach einem Supermarkt-Besuch in Dubuque (Erdbeer-Milchreis und richtigen Kaffee von Starbucks) folgten wir der Westuferbahn wieder südwärts, denn eine Unterkunft zu suchen erschien uns im Raum Savanna strategisch am günstigsten. Auch auf dieser Seite führte die Hauptstraße hoch durch die Berge und auch hier "wagten" wir den Abstecher zu einem der einsamen Weiler am Mississippi hinunter. Wir landeten auf der Massey Station Road, einer Erdpiste, und bald darauf auch im dazugehörigen Ort, wo wir nach Querung des ICE-Gleises im Nebel am Ufer unser Mitgebrachtes mit gesundem Appetit verzehrten. Zug-Tröööts waren aber bestenfalls am anderen Ufer zu hören.

Keine Menschenseele weit und breit: Am einsamen Mississippi-Ufer bei Massey.

Mit Umweg über die Berge gelangten wir mitsamt der Hauptstraße bei Bellevue wieder an den Fluss und damit auch an die Bahn. Das Gleis führte in Bellevue quasi als Straßenbahn mitten durch den Ort. Das gefiel uns ja schon mal wunderbest! Wir hatten ja heute einen Zug von dieser Strecke nach 14 Uhr in Sabula ankommen sehen. Der sollte es morgen in Bellevue sein, da waren wir uns einig. In Bellevue war auf Schildern auch eine Pension angepriesen, die wir schnell in einer beeindruckenden Villa fanden. Das Haus war unheimlich altmodisch, aber doch irgendwie stilvoll eingerichtet. Es gab sogar einen Souvenirladen! Einziges Problem: Es war niemand zuhause, obwohl die Türen alle offen standen!

Wir namen uns ein Visitenkärtchen der Pension mit und fuhren mal weiter nach Süden. Nun wurde es mit aller Macht dunkel. Bis Sabula war es doch noch ein ganzes Stück. Am Anfang des Dammes rüber zur Insel pries erneut eine Pension ihre Existenz an. Sie sollte in Sabula direkt am Ufer auf der Insel liegen. Wir fanden das Haus schnell. Lorenz war allerdings noch immer so beeindruckt von der Villa in Bellevue, dass er dort nochmal anrief. Nun, vom genannten Preis (89$ für ein Zimmer) waren wir dann beide beeindruckt und so klingelten wir mal an der etwas kleineren Villa in Sabula. Die ältere Dame traf mit 40 bzw 50 Dollar für's Zimmer schon eher unsere Preisvorstellungen - auch, wenn es statt Bed&Breakfast nur Bed&Coffee geben sollte.

Während wir das Auto auspackten, hörten wir auf der anderen Seite Zuggeräusche. Und siehe da: Geisterhaft glitt das Spitzenlicht eines ICE-Zuges auf dem Damm längs des Flusses durch die Nebelwand, bevor der Zug dann den Strom querte und nach Iowa einreiste. Wir reisten hingegen nochmal kurz aus Iowa aus, und zwar nach Savanna zum Supermarkt. Die amerikanischen Supermärkte bieten ja immer allerlei Leckereien in Form von Salaten aller Varianten (ich mein' jetzt weniger die gesunden Salate, sondern eher Chicken- oder Eggsalat). Paar Sachen mitgenommen. Plötzlich kam ein Typ ganz hektisch angerannt und meinte, dass ich meinen Fotorucksack, den ich nicht im parkenden Auto lassen wollte, sondern auf dem Rücken trug, sofort vorne abgeben müsse. Gegen Lorenz' in den Einkaufswagen gestellte Fototasche hatte er jedoch nix...

Fortsetzung

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