Windbruch und Wasserwucht - Skandinavien Juni 2011

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Samstag, 28.05.2011: Hamburg - Dombås

Mit Nico traf ich mich am Hamburger Hbf. Zusammen ging es mit der S1 zum Flugplatz.

LH 2958 Hamburg 14.10 > Oslo 15.30

Der Flieger war relativ leer. Es gab mal statt dem üblichen Baguette einen Mini-Kartoffelsalat mit Leberkäs' und Ei. Darf man ja zur Zeit alles essen, nur Gurkensalat wäre schlecht gewesen. Schließlich starteten wir (nach damaligem Stand) in der Heimat des EHEC-Erregers...

In Oslo, dem Flughafen der langen Wege, liefen wir erstmal auf einer Galerie zu 3/4 um die Terminalhalle herum. Koffer schnappen und zu Sixt - alles problemlos. Bei Sixt wurden wir noch 200 NOK extra los, dafür dass das Auto mit Sender für das norwegische Mautsystem ausgestattet war. Wie wir später auf dem neu gebauten Stück Autobahn nördlich des Flughafens merkten, ist die alte Mautstelle out und neue Funkabtaster ähnlich denen in Dtl "in". Und dafür muss das Auto halt mit dem entsprechenden Sender ausgestattet sein. Der Unterschied zu Dtl ist nur, dass jede Mautbrücken-Vorbeifahrt gleich 15 NOK kostete. Mal sehen, was Sixt dann noch hinterher als Bearbeitungsgebühr aufschlägt :-(

Das Auto selbst war klasse. Gebucht war Opel Astra, geworden ists Ford Mondeo Diesel, mit allem ausgestattet, was man zu einer gepflegten Skandinavienfahrt so braucht (v.a. Tempomat), und mit noch viel mehr. Es ging zügig nordwärts, doch rund um Eidsvoll war die E6 wegen Autobahnbau vollkommen dicht (wir hatten uns schon beim Blick aus dem Flugzeug über die leere E6 gewundert...) und man musste ne halbe Stunde Landstraße durch die Ortschaften fahren. Vor Hamar wieder ein Stück Autobahn. Auch im weiteren Verlauf war wenig los, so dass wir gut vorwärts kamen. Tagesziel war Dombås. Leider hatten wir vom Flughafen aus telefonisch erfahren, dass Faksfall Camping voll sei (was sich entgegen unserer Erwartung bei Vorbeifahrt auch bestätigte), doch wir hofften auf einen Platz im Trolltun Vandrerhjem, wo wir gegen 20.15 eintrafen. Der Parkplatz war gähnend leer, eine Frau war noch in der Küche zugange. Wir konnten einchecken (was 10 Min später nach Restaurant-Schließung wohl schwieriger geworden wäre) und bezogen für 750 NOK ein schönes Vierbettzimmer mit Du/WC. Gewöhnungsbedürftig: Es gab Einwegbettwäsche. Ob man damit der Hygiene norwegischer Übernachtungsbetriebe wirklich auf die Beine helfen kann?

Nun hatten wir uns Pizza im Sentrumsgrillen verdient. Das dürfte unser letzter Besuch an dieser Adresse gewesen sein, denn im Juni will man paar Häuser weiter umziehen. Meine Kjöttbullarpizza (skandinavische Spezialität!) war aber klasse. Zur Verdauung schauten wir noch kurz am Bahnhof vorbei. Wir hatten vorher schon im Internet gesehen, dass Züge von Åndalsnes nur bis Lesja und Züge von Trondheim nur bis Hjerkinn fahren sollten. Unterwegs hatten wir an verschiedenen Stellen kleinere Baustellen und viele entgegenkommende SEV-Busse gesehen. Hier in Dombås war nun der gesamte Bahnsteigbereich von einem Bauzaun abgesperrt und von Baggern in Beschlag genommen.

Nach einem Kurzbesuch auf dem Fjell (musste sein, trotz strömenden Regens) ging es in die Unterkunft. Zwischen Fokstua und Dombås stehen jetzt zwei neue Blitzer! Insgesamt waren wir mit dem Tag zufrieden. Auto, Abendessen und Unterkunft waren gut. Nun konnten wir nur noch hoffen, dass das Wetter die nächsten Tage nicht ganz so mies wird wie es angesagt war. Aber norwegsiches Wetter lässt sich eh nicht richtig vorhersagen, insofern waren wir guter Hoffnung, dass uns das eine oder andere Wolkenloch begegnen würde, auch wenn es heute Abend nicht so aussah.

Sonntag, 29.05.2011: Dombås - Elvmøthei

Eine lange Fahrt stand uns bevor. Wir verzichteten auf das Hotelfrühstück (gab's ab 8), und starteten um 6.50. Und um 7.25, nachdem wir auf Höhe Furuhaugli festgestellt hatten, dass der Zimmerschlüssel noch in Nicos Tasche weilte, und nochmal zurückgefahren waren. Dann ging es aber wirklich los. Am Sonntagvormittag kann man ja auf den Straßen noch bestens vorwärts kommen, und so hatten wir bereits um 10 den Großraum Trondheim durchquert. Während es über Dombås nach einem schönen Tag ausgesehen hatte (allerdings ohne Zugverkehr), hatten wir ab Trondheim praktisch Dauerregen. Auch in Trondheim hatte man die alten Mautstationen durch die neuen Sender-/Empfängerbrücken ersetzt.

In Langstein hielten wir ein kleines Päusken ab, wobei wir je zwei Pfannkuchen (aus der Packung) mit Tubenkäse bekamen. Weiter ging es, der Verkehr nahm nun um die Mittagszeit deutlich zu. Womos, zahlreiche Motorradfahrer und die üblichen Schleicher ließen erstes E6-Feeling aufkommen. In Brekkvasselv (vor Namsskogan) besuchten wir den Kro für ein spätes Mittagessen. Leider gab es kein Dagens, daher nahm ich einen großen Cheeseburger, der auch wirklich gut war. Auf meine Frage, ob der Kaffee hinterher inklusive sei, meinte sie, das wäre nur beim Dagens der Fall. Suuper...

Paar Beobachtungen auf den parallel führenden Bahnlinien: Das Dovrefjell war nun komplett von Dombås bis Hjerkinn gespickt mit den neuen braunen Doppel-T-Träger-Fahrleitungsmasten, die leider nicht immer direkt am alten Holzmast aufgestellt worden waren. Der Fahrdraht hing aber noch an den Holzmasten. Nördlich Hjerkinn waren noch keine neuen Masten zu sehen. In Vålåsjøn standen zwei Reihen neuer Masten; offenbar wird die Selbstblockstelle in einen Ausweichbahnhof umgewandelt. Sowohl an Dovre- wie auch an Nordlandsbahn glaubten wir viele Stellen als frisch und großräumig freigeschnitten erkennen zu können.

Um 16.30 waren wir schon in Mo. Das war nun viel schneller gegangen als erwartet. Der große Supermarkt am Eisenwerk hatte entgegen unserer Erwartungen leider doch nicht søndagsåpen, so das wir uns paar Sachen fürs Frühstück von einer Tanke mitnahmen. Das Dunderlandsdalen hoch ging es nun recht zügig. Wir kamen der Schneegrenze immer näher und befürchteten fast, dass wir uns unsere Campinghütte, die wir heute Mittag telefonisch zugesagt bekommen hatten, erstmal freischaufeln müssten. Ganz so schlimm war es dann aber doch nicht...

Diesmal hatten wir den Platz Elvmøthei gewählt, der zwar deutlich kleiner als Krokstrand ist, der aber Hütten mit Dusche und WC hat. Und Krokstrand hatte uns ja letztes Mal in Sachen Hygiene und Preis-Leistungsverhältnis gar nicht gut gefallen. Die Hütte mit Du/WC in Elvmøthei kostete offiziell 550 NOK die Nacht (wir brauchten sogar nur 500 zu zahlen), während unsere Hütte von damals ohne fließendes Wasser in Krokstrand immerhin auch 480 NOK kosten sollte. In Empfang genommen wurden wir übrigens von einem jungen Mädel mit ärmellosem Top. Nur zur Erinnerung: Es goss in Strömen und wir waren praktisch an der Schneegrenze!

Eine kleine Erkundungstour führte uns nochmal aufs Fjell (diesmal das Saltfjell). Südlich der höchsten Stelle herrschte dort tatsächlich noch geschlossene Schneedecke! Nach dieser Erkenntnis ging es zurück nach Krokstrand, wo wir in der Cafeteria unser Abendessen zu uns nahmen. Ich wählte das Dagens Rett "Salt Fårekjøtt". Einfache Hausmannskost, aber extrem lecker: In Salz eingelegtes Lammfleisch in Brühe gekocht. Das war wunderbar zart, hatte eine rote Färbung und war extrem aromatisch. Dazu gab es Kartoffeln und Möhrenpüree. Diese Gemüsepürees in Norwegen (beliebt ist ja auch das Erterstue / Erbsenpüree) finde ich absolut klasse, warum kennt man das in Deutschland nur als Babynahrung? Eine Horde Rentner vertrieb uns bald und es gab einen gemütlichen Hüttenabend, wobei die Findung der Schlafplätze etwas schwierig war. Ein Teil der Schlafstätten war nur über eine Indianerleiter zu erreichen; das war uns beiden dann doch etwas mühsam. Ich suchte mir das Sofa aus. Netterweise hatten wir noch die Einwegbettwäsche von letzter Nacht, die das ganze etwas keimfreier machte... Die Hütte war ansonsten allerdings klasse und man konnte sich dort auch bei Mistwetter prima zum Faulenzen aufhalten. Das sollten wir noch zu schätzen lernen...

Montag, 30.05.2011: Elvmøthei - Mo i Rana I - Elvmøthei

Wir hatten nicht den Eindruck, dass es sich wettertechnisch lohnte, für den Nachtzug um 5.40 zu unserem Wunschmotiv bei Nevermoen aufzubrechen. Daher also liegen geblieben. Als der Nachtzug vor der Hütte langfuhr (so gegen 7 Uhr), war ich gerade beim Kaffeekochen. Die Hütte war sogar etwas in Sonne getunkt, der Zug hingegen nicht. Ganz in Ruhe gefrühstückt, dann auf dem Fjell mal nach den Talenten geschaut. Diese schwarzweiß gesprenkelte Hochfläche gefiel uns allerdings nicht wirklich. Und der VT hatte auch nur Minimallicht. Nun mal runter ins Dunderlandsdalen geschaut. Unterwegs warnte ein Schild am Straßenrand wegen eines "Biluhell". Tatsächlich war ein Tank-LKW nebst Anhänger bös' in den Graben gerutscht; der Anhänger war sogar umgekippt. In Deutschland hätte man jetzt aus Sicherheitsgründen die Straße 3 Tage lang gesperrt, weil ja Gefahrgut im Spiel ist... Bei Grønfjelldal an altbekannter Eisenbahnbrücke gewartet. Es schien eine Zeit lang, dass der blaue Himmel Oberhand gewinnen würde, allerdings nur bis 15 Min vor Durchfahrt des nächsten Zuges. Dann machte der Himmel wieder zu, und zwar richtig zu.

Wir gaben uns nun Supermarkt und Geldautomat in Mo i Rana, wobei wir wirklich reichlich einkauften, denn es sah so aus, als ob uns einige Frustmahlzeiten bevorstehen würden. Aber wir freuten uns auf das Essen, das allerdings noch etwas warten musste, weil Nico nun von zwei abwärts fahrenden Güterzügen Videoaufnahmen an der Straßenbrücke Skonseng anfertigen wollte. Doch dann gab es in der Hütte ein lecker Tikka Masala mit der guten Uncle Bens Soße, die es in Deutschland ja leider nicht gibt. Dazu Reis - das war lecker. Beim Kochen flog allerdings die Sicherung dauernd raus, wir mussten den Heizlüfter solange vom Strom nehmen...

Natürlich - wie sollte es anders sein - saßen wir beim Essen die ganze Zeit in der Sonne. Ein Blick nach rechts und links zeigte aber, dass es sich um ein sehr stationären Wolkenloch handelte. Rechts und links war es finster. Nico wollte angesichts des drückenden "Roten", also des jetzt anstehenden Tageszuges, doch mal sein Glück oben am alten EG des ex-Bf Krokstrand probieren, das einsam hoch oben am Hang liegt, zu dem aber ein Fahrweg hochführt. Ich verzichtete aus genau vier Gründen darauf: 1. Sonnenchance lag bei ca 50%, 2. ob da ein Motiv wäre, konnte man nicht wissen, 3. musste der Zug schon Verspätung haben, wenn wir das noch schaffen wollten und als wichtigstes 4. war ich noch nicht mit Essen fertig. Nun, machen wir's kurz: Nico kam natürlich mit einem schönen Sonnenfoto vom Dagtog wieder.

Nach etwas Faulenzerei in der Hütte, vor der es jetzt anhaltend regnete, fuhren wir nochmal nach Ørtfjell und zurück. Eigentlich für nichts und wieder nichts, was auch absehbar war. Zurück in Elvmøthei wollten wir für die Hütte bezahlen. Tatsächlich kam die Wirtin gerade aus Richtung Scheune und Stallungen angelaufen. Sie erzählte, dass die Lämmer gerade mächtig am schlüpfen wären und sie letzte Nacht kein Auge zugemacht hätte. Schon kurios - in Wales hatten wir vor zweieinhalb Monaten schon die ersten Lämmer gesehen. So weit ist die Natur hier zurück. Auch die Birken zeigten im Dunderlandsdalen gerade das erste frische Grün. Wir gaben der Bäuerin 2000 NOK für die vier Nächte bis Donnerstag, danach wollten wir mal weitersehen. Für Südnorwegen kündigten die Zeitungen übrigens groß zum Wochenende den Sommer an. Für hier oben nicht... Es war allerdings schon 18 Uhr, der Hüttenabend konnte beginnen. Erstmal gab es Weintrauben, dann Rømmegrøt mit Squeezy Jordbær Syltetøy, also Erdbeermarmelade aus einer Plastikflasche.

Dass wir zum Abendgüterzug nochmal raus fuhren, änderte am Ertrag des heutigen Tages nicht viel. Die Stimmung auf dem Fjell war zwar faszinierend, aber der Zug kam ziemlich finster daher.

Finstere Wolken hängen über dem Saltfjell...

Dienstag, 31.05.2011: Elvmøthei - Mo i Rana II - Elvmøthei

Morgens um kurz nach 4 Uhr wachte ich unter fast wolkenlosem Himmel auf. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich nicht gerade einen Zug gehört hatte. Ein Blick ins Bildblatt verhieß, dass ein Nordfahrer in Bolna um 5 Uhr durchfahren müsste. Angesichts der Sonne weckte ich Nico und zusammen fuhren wir auf ein sonnenndurchflutetes Fjell hoch. Nur der Zug kam nicht; da hatte ich ihn wohl doch vorhin schon weit vor Plan gehört. Nun wollten wir abwärts zum Nachtzug nach Nevermoen fahren, doch bereits vor Dunderland ging es in geschlossene Wolken hinein. Wir beschlossen, erstmal zu frühstücken und dann unser Glück mit dem Nachtzug auf dem Fjell zu versuchen. Frühstück mit Croissants war lecker, doch das Saltfjell lag nun auch gewaltig unter Wolken - keine Sonnenchance mehr für den Nachtzug.

Nun erstmal in der Hütte wieder hingelegt und paar Stunden gelesen, danach nochmal gefrühstückt. Draußen wurde es trüber und trüber. Gegen Mittag machten wir uns auf den Weg nach Mo. Paar Einkäufe waren noch zu tätigen, außerdem wollten wir den uns vom letzten Jahr bekannten offenen WLAN schnappen, um mal paar Wetterinfos zu sammeln. Und wir wollten südlich Mo mal nach Motiven schauen. Letzteres taten wir als erstes. Paar Stellen fanden wir rund um Dalselv, z.B. einen schönen Ausblick von der E6 auf den Fjord morgens nördl Dalselv oder nachmittags von einem Tunnelportal an der Hesjevik (Wegweiser an E6). Um diese Erkenntnis reicher kehrten wir nach Mo zurück.

Es gibt ja so landestypische Erfahrungen, die man auch nach soundsovielen Besuchen noch nicht gemacht hat. Und irgendwann ist dann das erste Mal. So ein erstes Mal kam noch vor Mo und es war eine landestypische Erfahrung, auf die man vielleicht nicht den allergesteigertsten Wert legt. Diese landestypische Erfahrung bestand aus einem schwarzen Busch, vor dem sich der schwarz gekleidete Polizist eigentlich erst abhob, als er mir mit der weißen Kelle den Weg in eine Seitenstraße wies. Er hatte so ein Gerät in der Hand, auf dem er mir auch sogleich stolz wie Oskar die dort angezeigte "70" zeigte. Tja, man durfte aber dort, auf einem kleinen Stück nördl Dalselv, zwischen zwei 70er-Abschnitten leider nur 60 fahren.

Sein Kollege in einem nahen Streifenwagen nahm die Daten auf, lud mich auf den Beifahrersitz ein und klärte mich über die nun bestehenden Möglichkeiten auf. Klar, eine Radarkontrolle ist nicht unbedingt etwas Norwegen typisches. Wohl aber der Preis... In Deutschland hätte man dafür 15 Euro bezahlt, doch hier standen in landestypischer Sitte eben gleich mal 1600 NOK auf der Rechnung. Das sind rund 200 Euro. Mir war ja durchaus bekannt, dass in Norwegen zu schnelles Fahren sehr teuer werden kann, doch mit sooo viel für immerhin nur 10 km/h Übertretung hatte ich dann doch nicht ganz gerechnet. Wir hatten dabei übrigens noch ein Riesenglück: Wie wir hinterher im Internet feststellten, hätte es ab 11 km/h Übertretung schon 400 Euro gekostet! Der pure Wahnsinn! In diesen Genuss kam übrigens ein LKW-Fahrer hinter mir, der mit 77 gemessen wurde. Wahlweise hätte ich mir übrigens auch drei Tage "fengsel" (=Gefängnis) aussuchen können.

Ich muss allerdings auch sagen, dass ich in letzter Zeit in Norwegen immer sorgloser zu schnell gefahren bin. Dass die Strafen hoch wären, war bekannt, doch auf all den Touren habe ich noch nie mobile Geschwindigkeitskontrollen erlebt. Besser gesagt: Man sieht in Norwegen abseits der Großstädte eigentlich auch nie Polizeiwagen oder Polizisten. Nun ja, nun konnten wir uns also vergewissern, dass es doch welche gibt. Zumindest in besiedelten Gegenden muss man künftig wohl etwas vorsichtiger sein...

In Mo tankten wir erstmal und suchten das WLAN vom letzten Jahr auf. Da das zum WLAN zugehörige Restaurant aber noch gar nicht auf hatte, gab es auch kein WLAN. Wir suchten mal weiter und fanden eins schräg gegenüber dem Hotel Ole Tobias. Der Wettercheck ergab, dass ich bei der Polizeikontrolle auch sinnvoll die drei Tage Knast hätte wählen können, denn Wetter war erstmal nicht zu erwarten. Da Donnerstag (Christi Himmelfahrt) und am Wochenende (Bauarbeiten) eh mit massiven Verkehrseinschränkungen zu rechnen war, schauten wir mal nach Ausweichgegenden. Ein Problem ist ja, wenn man hier oben ist, dass man dann auch nicht "mal eben schnell" woanders hinkommt. Insofern passte es uns ja ganz gut, dass immerhin im Nordosten Skandinaviens, am nördlichen Ende der schwedischen Nordre Stambana, zu einem brauchbaren Teil Sonne angekündigt war. Wir wollten dieses Ziel mal im Auge behalten, denn der in den Zeitungen großspurig angekündigte Sommer betraf wohl nur den äußersten Süden des Landes.

Es regnete jetzt in einer Tour. Nachdem wir etwas die Galerie durchgeschaut haben, ging es noch zum Einkaufen. Dazu mussten wir eine Umleitung befahren, die genialerweise so eingerichtet war, dass sich die beiden Richtungen der E6 zweimal kreuzten, was einigen Stau verursachte. Gegen 16 Uhr trafen wir allerdings wieder heil in der Hütte ein und machten Kjøttkaker mit Reis und brauner Soße, dazu Preisselbeeren. Nach einem Verdauungsschläfchen folgten wir in Regenklamotten gehüllt einem Waldweg hinter der Hütte aufwärts, der bald neben reißenden Wildbächen stark an Höhe gewann. So gelangten wir bis an die Schneegrenze, wo wir nach einer kleinen Schneeballschlacht einen Talent am anderen Hang langfahren sahen und dann langsam wieder runterglitschten. In der Hütte gab es noch paar Fotos zu schauen und Nils ersten Reiseberichtsteil aus der Mongolei, den ich in Mo runtergeladen und abgespeichert hatte.

Mittwoch, 01.06.2011: Elvmøthei - Røkland - Elvmøthei

Nico hatte den Wecker auf 4 Uhr für den Gz gestellt, ich auf 5.40 für den Nachtzug unten in Nevermoen. Wir beide stellten den Wecker nach einem Blick aus dem Fenster wieder ab und drehten uns um. Was wir nicht wussten: Wir hätten einen dritten Wecker benötigt für die Zeit, zu der der Nachtzug über das Fjell fährt. Genau um 7 wachte ich nämlich vom Sonnenschein vorm Fenster auf. Das ist auch ziemlich genau die Zeit, zu der der Nachtzug am Hang oberhalb der Hütte vorbeidonnern musste. Eine Handyabfrage ergab zwar +7, aber das war trotzdem nicht zu schaffen - ich musste ja auch erstmal Nico wachbekommen ;-)

Also in Ruhe rasiert, geduscht und Kaffee gemacht. Zu den Talenten sollte es nun aber auf das Fjell hoch gehen. Wobei - weiter unten sah es auch nicht schlecht aus. So ging es zunächst für den Nordfahrer zum ex Hp Hjartåsen, wo man schöne schneebedeckte Berge im Hintergrund hatte. 50% Sonnenschein reichten aber nicht. Gerade dachten wir noch, dass eine Wolke verschwindet, da bildete sich die nächste gleich hinterher. Die war dann für den Triebwagen zuständig. Das ging ja gut los... Wir jetzt aufs Fjell gefahren, wo der Gegenzug Rt 470 genau am Auslösepunkt in den Schmodder reinfuhr. Zurück in der Hütte gab es erstmal Frühstück...

Der Nachschuss klappte immerhin mit Sonne und beweist, dass man in Skandinavien auch im Juni noch Ski fahren kann...

Zum südfahrenden Güterzug Gz 5790 wollten wir es nochmal oben auf dem Fjell wissen. Weite Teile der Hochfläche waren tatsächlich wolkenfrei und wurden gut von der Sonne bedient. Allerdings waren das genau die Teile, wo die Straße auf der Westseite der Bahn entlang führte, während die Sonne noch von Osten kam. Wir liefen nach viel Hin und Her an einer Stelle über die Bahn und warteten einfach mal. Und immerhin klappte es mal, der Zug kam bei Sonne durch. Kurz nach Durchfahrt brach auch hier das Blau am Himmel zusammen.

Der Güterzug auf der Hochfläche.

Den Gegenzug Gz 5793 nahmen wir mit viel Glück in einem Lightspot auf der Hjartåsenbru. Da im Dunderlandsdalen und auf dem Fjell nun so gut wie kein Blau mehr war, das Saltdalen aber recht sonnig wirkte, kümmersten wir uns (leider) nicht weiter um den in Lønsdal kreuzenden Dagtog, sondern fuhren dem Güterzug nochmal voraus bis hinter Røkland. Leider kann man ja im Saltdal selbst nichts machen, da die Bahn größtenteils hoch am Hang entlang verläuft. Es ging nur noch ein Schuss auf den Güterzug praktisch gegen das Licht, bei dem allerdings das frische Grün an den Hängen ganz nett leuchtete.

Der 5793 hat das Fjell bezwungen und rollt im Saltdal dem Fjord entgegen.

Wieder Hin- und Herüberlegerei, was wir mit dem nordfahrenden Dagtog machen sollten. Wir erkundeten mal die Bahnstrecke bei Russånes / Rusåga (ex-Bahnhofsname), doch so richtig brachte das nichts. Für den Dagtog entschieden wir uns für die Einfahrt Røkland, wo es ja jetzt so stabil sonnig gewesen war. Die Betonung liegt auf "war". Nun lag nämlich ein großes Wolkenfeld über dem Tal und 10 Min vor Zugdurchfahrt konnten wir uns ausrechnen, dass das nix werden würde. Also dem Zug noch bis Setså vorausgefahren, wo wir einen schönen Blick noch offen hatten, doch auch das ging wolkentechnsich natürlich daneben.

Interessanter Ausblick bei Russånes auf die Solvågtinden.

Entsprechend gefrustet in Røkland eingekauft und dank offenem WLAN an der Raststätte mit Coop an der E6 auch nochmal die Wetterberichte gecheckt. Da am Wochenende eh kein Zugverkehr auf der Nordlandsbahn sein sollte, traf es uns nicht weiter hart, dass das Wochenende mistig werden sollte. Wir hatten ja überlegt, ostwärts nach Schweden auszuweichen. Dort konnte man offenbar zumindest Freitag und Sonntag mit Sonne rechnen - dies wurde auch jetzt nochmal bestätigt.

Auf der Rückfahrt zum Fjell ging es durch einen wunderschönen skandinavischen Sonnentag. Was herrlich! Auch die Hochfläche war in weiten Teilen wolkenfrei. Erst hinter den Semska-Häusern begannen wieder die Wolken. Wir stellten uns für die nun folgenden Talente auf. Und es dauerte gar nicht lange, da kamen auch schon die Wolken. Wir müssen irgendeinen Wolkenmagnetismus an uns haben. Rt 479 hatte etwas Verspätung, so dass sich die Wolke fast schon wieder aufgelöst hatte. Nur eine letzte kleine Fluse hing genau im Auslösepunkt. Ist das nicht Präzisionsarbeit der Natur? Immerhin ging der Gegenzug Rt 474 in vollem Licht und richtig prächtig, so dass wir gut versöhnt waren.

Fjell-Ei vor großartiger Kulisse.

Auch talabwärts war wieder viel Blau zu sehen, doch eine sich im Nachhinein als völlig unsinnig erweisende Tour zur Strecke der Erzzüge unterhalb Ørtfjell brachte gar nichts zustande. So war es 21 Uhr, als wir endlich in der Hütte ankamen und - natürlich plötzlich wieder in feinstem Sonnenschein - ein Indian Korma zubereiteten. Dazu paar Weintrauben - das passte. Immerhin hatten wir heute unsere ersten Sonnenaufnahmen der Tour hinbekommen, wenn auch nicht von gewünschten Motiven und mit viel zu hohem (Nerven-) Aufwand.

Donnerstag, 02.06.2011 (Himmelfahrt): Elvmøthei - Älvsbyn

Morgens war die Tendenz eher Richtung Regen als Sonne, so dass wir in Ruhe frühstücken und die Hütte fegen konnten. Kurz nach 9 verließen wir den Platz. Heutiges Ziel: Die Gegend um Älvsbyn oder Boden. Bereits oben auf dem Fjell zeigten sich allerdings entgegen aller Vorhersagen erste Wolkenlöcher. Hmmm, doch bleiben? Nein, spätestens am Wochenende wäre man an der Nordlandsbahn verraten und verkauft gewesen (Vollsperrung). Jetzt konnte man auch mal was anderes machen, auch wenn es natürlich frustrierend war, dass man im Prinzip in den ersten Tagen gar nichts geschafft hat - zumindest keines der gewollten Motive. Allerdings verabschiedeten wir uns geistig noch nicht von der Gegend, denn nach dem Wochenende wollten wir eventuell wieder hierher zurück kommen.

Unweit Lønsdal schauen wir in die Richtung, in die wir fahren müssen.

Das Grenz-Wolkenloch.

So ging es weiter Richtung Junkerdalen und Grenze, wohl einem der einsamsten EU-Außengrenzübergänge. Das Wetter wurde nun und für den Rest des Tages so richtig "skandinavisch". Damit kann man ja durchaus in dieser Gegend rechnen ;-) Somit erlebten wir also auf der gesamten Tour eine grandiose Beleuchtung mit beeindruckenden Wolken. Wir haben uns so richtig Zeit gelassen und viel fotografiert: Bei Lønsdal, im Junkerdal unterhalb Graddis, am Grenzübergang mit spirrigen Birken in der Wildnis, hinter der Grenze der weite Blick Richtung Tiefland, in Jäkkvik am Hornavan mit örtlichem Kirchenheim, am Abzweig Rakksund.

Hinter der Grenze wird der zugefrorene Guoletisjaure überblickt.

Und immer diese Straße...

Nur die Kirche von Arjeplog wollte einfach nicht ins Licht. Immer wieder kam Blau heran und immer wieder stoppte es spätestens bei mir, erreichte aber nie die Kirche. Schade, diese große Kirche und überhaupt dieser Ort in dieser Abgeschiedenheit wirkten schon kurios.

In Arvidsjaur ergaben sich sogar Bahnfoto-Möglichkeiten. Das alte Bw wirkte wie ein Museum und war vollkommen verlassen, so dass wir in Ruhe Loks aus Kiel, alte Schienenbusse, Dampfloks und Schienenfahrräder aufnehmen konnten. Das ganze vor dem skandinavischen Wolkenhimmel hatte schon was, auch wenn der Lichtstand noch recht hoch war (aber kein "Hochlicht"...). Sowas war das beste, was man bei diesem Wolkenlotto anfangen konnte...

Loks aus Kiel I

Loks aus Kiel II

Dampflok.

Schienenbus.

Nachdem bisher viele Wasserflächen zwischen den Bäumen das Landschaftsbild geprägt hatten, ging es nun so richtig in die endlosen Wälder hinein. Wir fuhren nun nicht direkt nach Älvsbyn, sondern ab Grundsel über eine Gruspiste nach Koler an die Nordre Stambana, quasi "die" Hauptstrecke nach Norden, ran. Einsamkeit pur, keine Menschenseele und kein Auto unterwegs. An einem Weitblickpunkt bei Åselet nochmal Fotos gemacht.

Die Wälder hatten uns wieder. Ob in dem kleinen Ort Åselet wohl der Spruch bekannt ist "Ich glaub' ich steh' im Wald!"?

Dann Bahn parallel nordwärts gefahren. Erst wurde das Bahnhofsgebäude von Storsund für gut befunden, doch mangels Zug ging es auf Nebenwegen westlich der Bahn noch ein Stück nordwärts auf einem langen einsamen Waldweg, der als Sackgasse ausgeschildert war, der aber kein Ende nahm. Ich hoffte ja eigentlich auf einen Damm durch den See Stor-Teugen, der da irgendwo mitten im Wald, weit abseits jeder Straße, liegen musste. Doch der Weg führte endlos durch Wald. Kein See in Sicht.

Im Zuge des Weges fanden wir allerdings einen schönen Ausblick auf eine S-Kurve. Nachdem Nico noch etwas Freischnitt betrieb, war's perfekt. Aber auch hier war der Zugverkehr sehr zurückhaltend. Die große blaue Fläche am Himmel, die zunächst für uns zuständig war, brach leider auch bald zusammen. Ein ARE kam im Schatten nordwärts. Ansonsten war das Wälderrauschen mal wieder äußerst irritierend. Hinter den Bäumen konnten wir zwei Elche langlaufen sehen, nachdem wir vorher schon vom Auto aus an der Straße haufenweise Rentiere gesehen haben. Die Viecher sehen klasse aus, mal mit weißem Fell (Winterfell?), mal mit grauem.

Dann wurde doch erstmal alles gut: Einen Holzleerzug konnten wir an unserer S-Kurve aufnehmen und den SJ-Zug 91 gab es dank Verspätung auch mit gerade wieder vorhandener Sonne. Nun mussten wir die Wälder aber verlassen, denn die Schatten wurden länger. Bei einem Landschaftsbild mit Holzstößen mal wieder Lex Wilderness: Nachdem wir stundenlang keiner Menschenseele begegnet waren, musste gerade jetzt ein Auto kommen und wir unseres zur Seite fahren...

Der Holzleerzug im Walde.

Der Nachtzug nach Göteborg.

Über eine sehr miese Asphaltstraße gelangten wir nach Älvsbyn, wo wir westlich des Ortes gleich ein wunderbar freies Streckenstück entdeckten. Die Unterkunftssuche gestaltete sich nun sehr mühsam. Im Endeffekt und nach einigem Hin und Her und Nichtfinden eines ausgeschilderten Vandrerhjems landeten wir auf dem Campingplatz von Älvsbyn in einer spartanischen Hütte. Die Hütten sahen von außen ganz nett aus, aber von innen hatte das was von Baracke - natürlich ohne fließend Wasser.

Da wir auch noch gar nicht genügend Geld hatten, mussten wir zwischendurch nochmal in die Stadt fahren und den Geldautomaten konsultieren. Nachdem wir endlich alles geklärt hatten und am Geldautomaten auch noch das nötige Geld flüssig gemacht hatten, schauten wir uns kurz die Piteälv-Brücke an, die uns nicht gefiel, und stellten wir uns nochmal raus an die Strecke. Der Nachtzug musste ja bald kommen (wir hatten bei Vorbeifahrt am Bahnhof viele Leute stehen sehen), doch erstmal kam Petterson mit Railpool-185 aus dem Licht. Für den NZ fanden wir auch nichts wirklich geeignetes, da gerade an der besten Stelle ein besonders pompöser Wildschutzzaun aufgestellt war. So blieb es nur beim Anschauen.

Aus der falschen Richtung taucht Cargolink mit Peterson mit deutscher Railpool-Lok auf. So weit in den Norden verirren sich in Deutschland beheimatete Loks ja sonst eher nicht...

Freitag, 03.06.2011: Älvsbyn - Boden - Älvsbyn

Wir schliefen viel zu lange, obwohl draußen der perfekte blaue Himmel herrschte. Nach einem kurzen Frühstück putzte ich im Waschraum Zähne, während in einer der Klokabinen so ein alter Zausel hörbar alles gab. Ich liiiiebe Campingplätze... In einer halben Stunde gelangten wir nach Boden, wo wir uns nach einer Runde durch die Stadt an der Trångforsbron niederließen. Die Garnisonsanlagen der Stadt sind wirklich sehenswert, ein Gebäude schmucker und imposanter als das andere. Drum herum gepflegte Parkanlagen, in denen zur Zierde (oder nicht?) die eine oder andere Kanone oder der eine oder andere Panzer steht. An der Brücke wurden wir nun wieder auf eine lange Geduldsprobe gestellt. Erstmal kam ARE 4019 in die falsche Richtung, von dem ich nach einem Brückensprint aber noch ein Foto hinbekam.

Der südfahrende ARE quert am Ortsrand von Boden den Luleälven über die Trångforsbron.

In unsere Richtung tat sich allerdings nichts. Eigentlich hätte um 10.19 der SJ-Nachtzug 92 ankommen müssten. Tat er aber nicht. Immerhin kam eine Zeit später, als kaum noch Licht auf der Front war, eine TGOJ-T43 mit paar Schiebewandwagen angeöttelt. Vermutlich der stark verspätete 43646. Weiter warten. Nico lief mal in eine Kurve vor, weil da mehr Frontlicht zu erwarten war. Ich blieb an unserem Punkt zwischen dem Luleälven und den Garnisonsanlagen stehen bzw sitzen, denn heute war T-Shirt-Wetter und man konnte im Gras sitzen. Statt des Zuges kamen nun ganz massiv die Wolken. Dann wurde aber doch noch alles gut und der NZ 92 kam endlich - so mit rund 90 Min Verspätung - in Sonne durch. Allerdings hatte er natürlich auch wieder eine schwarze Lok vor, was ich ziemlich blöde fand.

Der Norrland-Nachtzug auf der Trångforsbron. Da er ein vom Staat bestellter Zug ist, sollte er eigentlich durchgehend aus den grau/roten SSRT-Fahrzeugen bestehen. SSRT ist der staatliche Fahrzeugpool. Aber die SJ als EVU setzte ständig ihre eigenen schwarzen Loks und zum Teil sogar "alt"blaue Schlafwagen ein.

Nun bezog ich noch Posten unweit von Nico, der den NZ auch in Sonne bekommen hatte. Zusammen warteten wir auf einen Güterzug aus Richtung Süden, der längst überfällig war. Als das Licht aber genau seitlich stand, brachen wir ab. Wir suchten erstmal entlang der Ortschaft Heden nach Motiven und übersahen dabei vollkommen, dass ein Stahlzug von Norden kommen müsste. Diesen sahen wir nur aus dem Auto, als wir nach Boden reinfuhren.

In Boden nun etwas hin- und hergedödelt. Am Bahnhof vorbeigeschaut, wo allerdings das Licht gerade spitz stand. Dann beschlossen, wieder Richtung Älvsbyn zurückzukehren. Bei den Garnisonsgebäuden waren wir schon drauf und dran, eines der prächtigen Gebäude mit zwei hübsch platzierten Kanonen davor zu fotografieren, da entdeckten wir gerade noch rechtzeitig, dass der Garten praktisch gespickt war mit kleinen Fotoverbotsschildern. Als wir weiterfahren wollten, wurden wir der recht starken Bewölkung gewahr, die von Richtung Südwesten auf uns zurollte. Das sprach nun ganz massiv gegen eine Rückkehr nach Älvsbyn, was etwas schade war, denn Motive hätten wir dort durchaus noch gehabt. Nun waren wir mal für Lex Wilderness verantwortlich: Als wir auf einer Ladestraße wendeten, wo sich sonst sicher niemand so schnell hinverirrte, "störten" wir jemanden, der mit seinem Auto zum pinkeln angehalten hatte...

Statt dessen fuhren wir nordwestwärts an die Erzbahn ran. Nach einger Zeit steuerten wir den Ausweichbahnhof Ljuså an und ich schaute mal nach, was das Bildblatt so an Versprechungen bereithielt. Tatsächlich sollte nach 20 Min ein südfahrender Erzzug kommen, den wir einfach mal abwarteten, obwohl die Wolken uns nun schon erreicht hatten. Paar Lücken waren aber noch. Völlig unbemerkt schlich sich nun von hinten eine IORE mit einem relativ kurzen Erzzug in die Ausweiche. Aha! Da kommt also auch was in die richtige Richtung. Zum Glück war der Nordfahrer so kurz, dass er unser "Motiv" schon wieder freifuhr. Tja, und dann kam der Erzzug 9957 tatsächlich in Form gleißender Scheinwerfer um die Ecke gebogen und ich dachte noch, hmmm, dieses Scheinwerferbild kennst Du doch noch? Tatsächlich hatten wir das große Glück, eine der letzten Dm3 im Einsatz erleben zu dürfen. Unser Glück war allerdings nicht völlig komplett, denn die Sonne tat sich furchtbar schwer und kämpfte sich im letzten Moment nur in Form eines kleinen Halblichtspots hervor.

Die Geschwindigkeit des Zuges war allerdings eine eindeutige Aufforderung an uns: Verfolge mich! Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. In der Ortslage Buddbyn glaubten wir, den Zug sicher überholt zu haben und fanden auch einen passablen Ausblick (von Motiv will ich mal nicht gerade sprechen) an einem Bahnübergang, der auch sogleich zu bimmeln anfing. Licht war an, Zug kam, das passte! So kam ich tatsächlich noch zu einer Digitalaufnahme einer Dm3 - meine Kamera hat's gefreut. Allerdings muss ich ehrlich sagen, dass man diese Loks zu Dia-Zeiten ja durchaus schon in ansprechenderer Umgebung gemacht hat...

Dass meine Digitalkamera das noch erleben durfte: Eine gute alte Dm3 im Erzzugverkehr! Hier auf Höhe der Ortschaft Buddbyn.

Nochmal hinterher, denn voraus Richtung Luleå war der Himmel noch am offensten. Durch Boden ging es im Schleichtempo, dahinter auf der Rennpiste hatten wir trotzdem bald den Zug eingeholt. Gerade hatten wir die Lok erreicht, da kam die Überraschungstafel: Der weitere Verlauf der Schnellstraße ist gesperrt, bitte Umleitung nehmen. Und dort ging es dann im Kriechtempo über allerübelste Fahrtdämpfer. Als wir die Umleitung hinter uns hatten, war bis Luleå noch immer Zeit genug für eine Zugüberholung. Wir beschlossen, den Erzzug einfach im Bahnhof Luleå zu erwarten, was dann auch sehr gut klappte. Zur Belohnung gab es anschließend einen phantastischen Burger mit Pommes und Cola in der Bruzzelbude am Bahnhof. Das brauchten wir jetzt aber auch. Der Imbiss sei hiermit allerwärmst empfohlen!

Und der Erzzug nochmal bei der Einfahrt in den Bahnhof Luleå. Daneben Rc-Loks in Green Cargo-, SSRT-und SJ-Farben.

Nun wollten wir doch mal die potentiellen Motive südwestlich Älvsbyn auskundschaften. Ich war ja noch immer der Meinung, dass da mitten im Wald ein Seedamm drauf warten müsse, fotografiert zu werden. Zunächst ging es am Ausweichbahnhof Korsträsk auf eine Nebenstraße, von der wir bald an einer Haltebucht einen obergenialen Ausblick auf die Strecke in beide Richtungen hatten. Die Strecke führte hier am See Korsträsk entlang. Ok, Licht war schon rum, da müssen wir morgen wieder hin. Also weiter. Bald fanden wir einen Abzweig, der mit Järneträsk ausgeschildert war. Dort fuhren wir mal rein - in der Hoffnung, dass der Bom am Weganfang von niemandem geschlossen wird.

Nach einiger Zeit erreichten wir die Bahnstrecke am Ausweichbf Järneträsk, neben dem der Weg nun entlang führte. Dabei ging es mal innerhalb des Wildschutzzaunes und mal außerhalb entlang. Nico musste immer aussteigen und die Tore öffnen und schließen, die mit Kette und Karabiner - aber ohne Schloss - gesichert waren. Wir dachten schon, dass wir bald dort rauskommen müssten, wo wir gestern von der anderen Seite her gewendet hatten. Doch statt dessen lag er plötzlich vor uns: Der "verborgene" Seedamm! Es gab ihn also doch! Und was für ein herrlich langer Damm das war! Und fast frei von Bewuchs. Nun musste nur noch die Standortfrage geklärt werden. Von Nordwesten hatte man einen guten Ausblick auf den Damm, doch die Sonne kam halt noch direkt gegenläufig. Am Südwestufer entdeckten wir Hügel mit Windbruch-Flächen. Von dort konnte was gehen. Der Weg querte den Seearm auf einer offensichtlichen Alttrasse der Bahn.

Nun begann die Kraxelei den Windbruch hoch. Der ließ sich allerdings wider Erwarten ganz gut begehen. Jetzt zeigte sich bloß das Problem, dass man selbst von den höchsten Erhebungen des Windbruchs nicht so hoch kam, dass man den ganzen Damm frei von den am Ufer stehenden Bäumen hätte. Nur in das hintere Teilstück konnte man von hier oben reintelen. Leider waren die Wolken ein ziemliches Problem. Der Nachtzug ging bei Wolke. Wir warteten mal weiter. Ich schrieb Reisebericht, Nico schaute sich die Bilder des Tages schön. Als gerade mal wieder Sonne auf den Damm schien, war Nico zum Glück aufmerksam: Still und leise schlich sich ein kurzer Zweiwagenzug auf den Damm. Wir schafften beide gerade noch in letzter Seekunde und ohne Zusammenstoß den Sprung auf den Stein, der als Fotostandpunkt auserkoren war, konnten scharfstellen und abdrücken. Das war haarscharf. Aber wer rechnet hier im Wald auch schon mit Zugverkehr? ;-)

Der "verborgene" Seedamm in den ausgedehnten Wäldern zwischen Korsträsk und Storsund. Eine Bucht des Sees Stor-Teugen wird gerade von dem kurzen Frachtenzug aus Piteå gequert.

Suuuper! Somit hatte man das Motiv schonmal und der mühselige Weg hierher hatte sich gelohnt. Wobei wir bei Betrachtung des Fotos sahen, dass Lex Wilderness wieder in Kraft getreten war: Wir hatten ein Auto im Bild, das auf einer zugewucherten Fahrspur hinter der Bahn (Abzweig von unserem Waldweg) ankam. Man ist auch in der tiefsten Wildnis nie allein... Der weitere Verlauf kann nicht gerade als sonniger Abend bezeichnet werden. Die Wolken hielten sich starrsinnig. Aber bis 20 Uhr sollten laut Programmheft noch drei Züge kommen. Wer's glaubt... Na ja, die kamen dann doch tatsächlich noch. Aber der Damm hatte was mit der Kirche von Arjeplog gemeinsam: Er rückte so gut wie nie in die Sonne. Die Wolken dachten sich dabei immer wieder was neues aus: Mal waren es Fönwolken, dann wieder "ehrliche" Cumuli, dann wieder Schleier. Aber immer vor der Sonne.

Irgendwann hatten wir keine Lust mehr. Zwar hätte das Motiv mehr als diesen Popelzug verdient gehabt, aber dann eben nicht. Durch die ganzen Gatter ging es zurück in die Zivilisation, wobei der Bom am Ausgang des Fahrwegs nach wie vor offen vor sich hinrostete. Wir warteten nochmal an einem Panoramaweg oberhalb der Bahn, doch nichts kam und auch hier hielten sich wieder einige Wolken sehr hartnäckig. Rechtzeitig vor 21 Uhr mussten wir in den Supermarkt. Dort lief aus den Lautsprechern irgendwelche Trance-Musik. Offenbar feierte das sehr junge Personal den baldigen Feierabend. Zum Abendessen nahm ich mir einen Salat mit (wieviele EHEC-Fälle gab es bisher in Schweden?).

Dann suchten wir zunächst nochmal den Panoramafeldweg auf, wo wir auch dinierten. Hier war aber irgendwie Dauerwolke. Wir waren schon auf dem Heimweg, als uns auffiel, dass die Sonne wirklich gleich in den wolkenfreien Streifen zwischen Wolkendecke und Horizont eintauchen müsste und dasss bald der zweite Nachtzug fällig wäre. Also wieder raus an die Stelle mit dem Wildschutzzaun, die wir gestern als am längsten in der Sonne liegend charakterisiert haben. Wir mussten uns lange gedulden, der Nachtzug 93 hatte 20 Min Verspätung. Aber das Licht kam mit voller Kraft unter den Wolken hervor. Das sah schon alles sehr lecker aus. Als dann der nahe BÜ endlich bimmelte und der Zug um die Ecke kam, war die Freude groß. Und es war schon beachtlich, wie eine schwarze Lok doch bei diesem bestialischen Licht leuchten kann.

Der Nachtzug Narvik - Stockholm um 21.59 Uhr am Abend. Für diese Aufnahme nutzte ich drei Felder des Wildschutzzaunes: Durch eines steckte ich die Kamera, durch eines den rechten Arm und durch eines würgte ich den Kopf so weit es gin :-) Nico war unter durch gekrabbelt.

Letzte Aufnahme also um 21.59 Uhr! Danach war Zeit heimzufahren.

Samstag, 04.06.2011: Älvsbyn - Jörn - Älvsbyn

Für heute war nicht so tolles Wetter angesagt. Aber wir hatten gestern ja noch diese Seeblick-Motive entdeckt. Da wir uns mit der Hütte mittlerweile gut arrangiert hatten, verlängerten wir einfach mal bis Montag Morgen. Zwar klappte das alles mit der Buchung nicht so recht auf elektronischem Wege, aber irgendwann hatte ich eine manuell geschriebene Quittung in der Hand.

Da noch einige blaue Flächen am Himmel standen, beschlossen wir, den Seeblick schon mal aufzusuchen. Vielleicht ginge ja was. Doch leider kamen dort weder ein Holzzug noch der Nachtzug (heute immerhin nur ca +40) mit Sonne. Aber wir konnten ja nun auf den Sonntag hoffen.

Unverhofft ging immerhin noch ein Güterzug im Halblicht in der langen Geraden bei Korsträsk. Wir hatten zum Glück das "Fahrt erwarten" zeigende Vorsignal gesehen.

Somit starteten wir unser eigentlich geplantes Schlechtwetterprogramm. Wir wollten uns gern mal die Brücke über den Skellefteälven anschauen, die ich als beeindruckend lang in Erinnerung hatte. Gut, bis nach Jörn ists kein Katzensprung, aber wir hatten ja Zeit. Bis Storsund ging es auf der von vorgestern bekannten übel beschädigten Straße, doch ab dort war die Straße absolut gut in Schuss. Der Verkehr ging gegen Null und man konnte gut fahren. Irgendwann fiel uns westlich eine regelrechte tief schwarze Wolkenwand auf. Da mussten wir ein Foto machen. Als wir wieder im Auto saßen, begann es auch schon heftig zu schütten und zu stürmen. Das war richtige Weltuntergangsstimmung! Die dünnen Baumstämme bogen sich im Sturm wie Grashalme.

Eine schwarze Wolkenwand nähert sich den Wäldern zwischen Koler und Långträsk. Davor unser Mietwagen.

Jetzt merkten wir auch noch, dass wir falsch gefahren waren und drehten um. Doch auf der Straße, die eben noch gut war, mussten wir jetzt um zwei umgestürzte Bäume herumkurven! Die weitere - richtige - Straße nach Långträsk war nun breit freigeschneist und kein Problem. Aber hinter dem Ort hielt gerade ein älterer Herr vor uns vor einem umgestürzten Baum an. Er hatte auch schon die Säge in der Hand - sowas gehört hier in den Wäldern wahrscheinlich in jedes Auto. Wir halfen kurz bei der Beseitigung des abgesägten Stammes und fuhren weiter.

Gegen 13 Uhr erreichten wir Jörn - nunmehr wieder im Sonnenschein! Nach einem Supermarktbesuch und einem Streiflichtbild von einem Trailer-Gz suchten wir ein nettes Plätzchen an einem Forstweg-BÜ mit Wildgatter auf einer Anhöhe südlich des Bahnhofs auf. Der BÜ war aber gar nicht so einfach zu erreichen. Nico musste eine Baumspitze mit seiner kleinen Handsäge beseitigen und um zwei weitere Bäume konnte ich gerade so herumkurven. Die Ausblicke waren in beiden Richtungen ganz nett. Im Laufe der Zeit, die wir dort standen (unterbrochen von einem kurzen Zwischenabstecher nach Kusfors, weil ich unbedingt die Skellefteälv-Brücke sehen wollte), lernten wir drei Waldbauern oder Forstarbeiter kennen, die hier auf der Kuppe die vielfältigen Waldschäden mit bestürzter Mine zur Kenntnis nahmen und wieder abdampften.

In Jörn war wieder bestes Wetter: Ein Trailerzug rollt nordwärts, während die örtliche Übergabe beladen wird.

Auf der Anhöhe Granheden, die wir uns als Standpunkt ausgeschaut hatten, kam der Wind so richtig hin. Wir suchten uns lieber einen Standpunkt, wo wir nicht in der Reichweite eines Baumes lagen.

Immer weder verursachten einzelne heftige Böen, dass die Bäume stürzten wie Streichhölzer.

Immerhin gelangen uns zwei Bilder von Südfahrern, u.a. Stahlpendel 9107 mit Re-Doppel. Der andere Zug war eine Übergabe, die wir schon im Bahnhof hatten stehen sehen.

Der Stahlpendel rollt aus dem Bahnhof Jörn auf die Anhöhe Granheden zu.

Danach ging es wieder nach Kusfors an den großen Fluss, wo wir einfach mal am alten Bahnhof Kusfors, der noch aus der Zeit einer ganz anderen Streckenführung herrührte, auf Züge auf der Brücke warteten. Rund um den alten Bahnhof waren paar Eisenbahnutensilien aufgestellt, u.a. auch ein altes Stellwerk und eine Dampflok. Der Zugverkehr hatte leider jetzt gerade eine größere Pause. Das Wetter klarte allerdings mehr und mehr auf.

Eine der zahllosen Varianten unseres Brückenmotives.

Der Zugverkehr hatte genau genommen eine ganz große Pause. Nein, der Zugverkehr war eine einzige Pause. Ich glaube, so lange wie an diesem Nachmittag habe ich noch nie irgendwo vergeblich auf einen Zug gewartet. Um 16 Uhr waren wir angekommen und abgesehen von dem Nachtzug 91 und einem Holzzug ebenfalls aus der falschen Richtung kam in fünf Stunden genau gar nichts. Es war nett dort, keine Frage. Das verlassene Café im ex-EG, die Dampflok davor, das kleine Stellwerk, dahinter der breite Strom - das war schon alles sehr hübsch. Und immerhin hatte man seine Ruhe dort. Bis auf den Sturm, der ziemlich laut und eisig blies und den Aufenthalt eben doch nicht gar so angenehm machte.

Zwei schwarze Loks am Skellefteälven bei Kusfors.

Spielerei: Mit der Dampflok ins Grüne...

Aber dass kein einziger Nordfahrer kam, war schon extrem enttäuschend. Im Daglig Grafen für heute waren im fraglichen Zeitraum mindestens vier Züge verzeichnet gewesen. Wir vermuteten mal, dass irgendwo weiter südlich vielleicht doch der eine oder andere Sturmschaden beseitigt werden musste und es eine Streckensperrung gab. Ist es nicht einfach nur typisch? Da hat man den ersten wirklich klaren, wolkenfreien Abend der Tour und es dreht sich seit 15.30 kein Rad mehr in die richtige Richtung? Dämlicher kann es wirklich nicht mehr kommen. Oder doch? Wir hatten immerhin noch eine Woche Urlaub vor uns...

Uns hielt in Kusfors nur die Tatsache, dass wir anderswo halt auch nichts zu fotografieren gehabt hätten. Und ob wir nun den Abend in der Hütte abhängen oder hier am schönen Flussufer - das war letztendlich auch egal. Aber gegen 21 Uhr, als die Brücke noch immer in vollem Licht dalag, mussten wir wirklich langsam mal überlegen, wann wir in der Hütte ankommen wollen. Ok, wir entschieden zu bleiben. Bis das erste Brückensegment beschattet wird und das Motiv wirklich nicht mehr vollwertig war. So traten wir die lange Rückfahrt durch die Wälder also erst gegen 21.45 Uhr an. Es ist ja lange hell...

Immerhin tauchte noch ein Autozug aus der falschen Richtung auf, für den wir auch nicht schnell genug bereit waren, weil wir uns gerade im Auto aufgewärmt hatten.

Die Rückfahrt war dann auch eine ständige Fahrt in den Sonnenuntergang. Wie lange das dauerte, bis die Leuchtkugel dann wirklich hinterm Horizont verschwunden war! Aber es war schon schön, diese herrlich leeren Waldstraßen mit angemessener Geschwindigkeit zu befahren. Die Orte rückten dadurch doch ein wenig dichter zusammen...

Wenn ich mal wieder im Stau irgendwo zwischen Köhlbrandbrücke und Hohe Schaar stehe, denke ich immer gern an diese leeren Straßen zurück...

Ich schreibe jetzt lieber nicht, wann wir in Älvsbyn ankamen. Wohl aber kann ich sagen, dass fast alle Sturmschäden beseitigt waren, dass einmal drei Rens mitten auf der Straße standen und erst zur Seite trotteten, als wir vor ihnen angehalten hatten und dass zwischen Jörn und Storsund auf ca 80km kein einziges Auto entgegen kam. Gegen 24 Uhr fielen wir ins Bett.

Sonntag, 05.06.2011: Älvsbyn - Korsträsk - Älvsbyn

Heute war uns Sonne pur versprochen worden. Na, mal schauen, ob dann auch Zugverkehr ist. Morgens jedenfalls wachten wir unter kompromisslos blauem Himmel auf. Um 8.30 zogen wir an den See Korsträsk zu unserem Zweirichtungsblick. Als wir gerade den BÜ am Bahnhof Korsträsk befahren wollten, war dieser geschlossen. Ein Re-Päärchen mit Stahlleerzug kam durch. Leider bekam ich auf die Schnelle kein gescheites Bild mehr hin, weil die Kamera falsch eingestellt war.

In der Verkleinerung sieht man die Unschärfe kaum: Stahlpendel im Bahnhof Korsträsk.

Der Zweirichtungsblick war noch ordentlich eingeschattet, so dass wir erstmal ein Stück weiter gefahren sind, wo man einen netten Blick in eine Gerade hatte. Tja, hier wäre das Re-Doppel sehr gut gekommen. Aber wir hofften, dass der Nachtzug zumindest einigermaßen planmäßig käme. Immer wieder klang es nach Zugverkehr aus den Wäldern und immer wieder hörte man einen Motor, der wohl von einem Bauern kam, der am Sonntag sein abgelegenes Feld auf irgendeiner Waldlichtung beackerte.

Doch wir mussten immerhin nicht so lange warten, bis das Licht zu weit rum war. Der Nachtzug 92 kam relativ pünktlich. Natürlich mit schwarzer Lok, was wir schon ziemlich dämlich fanden. Die rotgrauen Loks sind offensichtlich alle nur zwischen Luleå und Narvik unterwegs.

Der Nachtzug aus Göteborg hat lässt die großen Wälder kurzzeitig hinter sich und reist in den Dunstkreis von Älvsbyn ein.

Nun war es Zeit für den Zweirichtungsblick. Der schönere Blick für Südfahrer war allerdings noch eingeschattet. Dummerweise hielt ich es auch nicht für nötig, mal ein Stück zurück zu gehen, um mehr sonnigen Abschnitt reinzubekommen, so dass ich den Stahlpendel, der jetzt südwärts durchkam, nicht brauchbar umsetzen konnte. Für eine Einfachtraktion hätte ich Platz gehabt, für eine Doppeltraktion jedoch nicht - und die kam natürlich. Der Stahlzugfahrplan muss durch die (vermutliche) gestrige Streckensperrung arg durcheinander gekommen sein, denn beide heute gesehenen Züge standen weit und breit nicht im Daglig Grafen. Tja, da würden wir uns heute wohl auf einige Fahrplanabweichungen einstellen müssen... Immerhin sehr schön klappte danach aber der nordfahrende Schenker-Zug 68122.

Den Containern nach handelt es sich wohl um den neuen Schenkerzug von Oslo nach Narvik - hier am Ufer des Korsträsk.

An unserer Haltebucht stand ein einsamer Briefkasten. Allerdings handelte es sich nicht um eine Briefkastenfirma *haha!*, sondern um ein Behältnis, in dem ein Heft und ein Stift enthalten waren. Vielleicht irgendeine Schnitzeljagd? Zwischendurch kam ein Typ mit Warnweste einer Versicherung zu Fuß an, trug sich in das Heft ein und kehrte in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Außerdem kamen nun langsam wieder die Wolken, die doch heute eigentlich nicht kommen sollten...

Zwei Stunden später. Ein weiterer Eintrag im Buch. Ein Ehepaar mit Hund. Auch sie kehrten hier um. Die Wolken halten sich zurück. Aber die Sonne dreht. Und keine Bewegung auf der Schiene. Der ARE, der noch hätte kommen müssen, könnte die Wendung einer der Züge sein, die gestern während unseres Aufenthaltes am Skellefteälven nicht gekommen sind. Ganz prima! Der nächste Zug soll ein Stahlpendel sein, der wahrscheinlich die Rückleistung von dem heute Morgen gesehenen stark verspäteten Zug ist... Das Licht wurde spitzer und spitzer. Planzeit des Stahlpendels nahte, war da und ging vorüber. Ruhe auf dem Gleis. Eine Gartensauna fuhr vorüber. Muss ne Retoure gewesen sein - wir hatten das Teil hier vorgestern schon in die andere Richtung fahren sehen.

Die Gartensauna ist auf dem Rückweg (zum Hersteller?).

Endlich - als das Licht schon viel zu spitz stand, kam endlich der ARE 4019 durch, der nun mit rund 3 Stunden Verspätung aufwarten konnte. Na ja, so hat man den Blick mal, aber "vollwertig" ist was anderes. Was ganz anderes...

Endlich kommt der ARE mit drei Stunden Verspätung. Ich habe die Seite des Zuges mal "auf die Schnelle" elektronisch deutlich aufgehellt.

Wir gaben dem inzwischen ja auch schon längst überfälligen Stahlpendel noch paar Minuten, wechselten dann aber zur Straßenbrücke in Korsträsk, von der man einen schönen Blick auf eine lange Gerade hat. Wir hofften, dass der Stahlpendel auftauchen würde, bevor auch hier das Licht spitz stände. Eigentlich hätten wir auch gern mal was zu essen besorgt, aber das musste halt warten.

Es kamen nun einige Züge in der Gegenrichtung, die auch im Bildblatt standen, mit denen wir aber genau gar nichts anfangen konnten. Doch als ich mal wieder einen Spaziergang von unserem geparkten Auto zur Straßenbrücke wagte, sah ich in der Ferne ein grünes Asig in der richtigen Richtung. Die Freude war groß, denn so hundertprozentig hatten wir nicht damit gerechnet, dass der Stahlpendel rechtzeitig käme. Und tatsächlich tauchte bald in der Ferne das Re-Päärchen mit einem langen Brammenzug auf. Der kam richtig nett. Endlich mal wieder eine Sache, die 100%ig geklappt hat!

Der Norra Stålpendel mit Re-Doppel vor Brammen auf der langen Geraden zwischen Älvsbyn und Korsträsk (bzw schon Ortsrand Korsträsk).

Nun gab es kein Halten mehr. Auf nach Älvsbyn zum Heart to Heart Grill, wo wir uns ein Hamburger Menu (Nico) und ein Hühnchen Wok Gericht mit Cashewnüssen (ich) zum mitnehmen besorgten. Das nahmen wir mit nach Storsund, wo wir uns auf den einsamen Waldweg verzogen und an der "Fußgängertür" unsere Mahlzeit abhielten. Die "Fußgängertür" war ein Fußgängerüberweg mit entsprechender Tür im Wildschutzzaun. Diesmal trat nichtmal Lex Wilderness in Kraft - wir waren völlig ungestört.

Lecker Essen an der Fußgängertür.

Dann folgten wir dem Bahnparallelweg nochmal weiter nordwärts als am Donnerstag, umkurvten das große Loch im Weg, vor dem wir Donnerstag umgedreht waren, und erreichten einen netten Landschaftsüberblick, wo wir uns erstmal festsetzten. Hier gab es den 91 und einen nachfolgenden Güterzug - wieder mal ein leerer Holzzug. Leider ließ ich den 91 etwas weit vorfahren, so dass er haarscharf an einen Zaunpfosten ranfuhr. Diese Abgeschiedenheit hier - einfach genial. Man sah unten die Wasserfläche des Stor-Teugen und gelegentlich hörte man mal ein Boot über die Wasserfläche flitzen. Ansonsten nur Ruhe. Selbst der Wind war einigermaßen ruhig, dafür wimmelte es allerdings schon ganz schön von Mücken.

Der Nachtzug nach Göteborg mal wieder in den weiten Wäldern. An zwei Stellen leuchtet der Stor-Teuger blau rechts hinter den Bäumen hervor. Einen Zaunpflock habe ich elektronisch etwas gekürzt.

Fast zurück auf dem Hauptweg warteten wir nun noch einen versprochenen Autozug an der "Fußgängertür" ab, doch die Schatten wuchsen und wuchsen. Das Vorsignal von Storsund blinkte müde sein "Halt erwarten" vor sich hin und wir entschieden, eine Stelle unten am See in Storsund auszuprobieren. Eigentlich hatten wir schon festgestellt "da geht nichts" aber dort dürfte das Licht deutlich länger hinkommen als im Wald und vielleicht geht da ja doch was... Nun trug es sich allerdings zu, dass wir kaum aus dem Auto raus waren, als der Zug schon kam. Ich konnte nur noch hochreißen und nicht mehr scharf stellen, aber unter den Umständen bin ich mit dem recht dynamisch kommenden Ergebnis nicht unzufrieden.

Der Autozug in der Einfahrt nach Storsund.

Zügig ging es nun nach Älvsbyn zurück, wo wir noch Tanke und Supermarkt frequentierten. In der Hütte gab es einen kleinen Imbiss aus Weintrauben, Würstchen, Chilinøtter und Cider, bevor Nico sich nochmal für den zweiten Nachtzug aufraffte, während ich faul in der Hütte blieb. Es schlonzte kräftig rum und irgendwann reicht es dann auch. Nico hoffte halt drauf, dass ein Nachtzug mal keine schwarze Lok vorhätte. Er hatte Pech - der Zug hatte sogar zwei schwarze Loks vor...

Montag, 06.06.2011: Älvsbyn - Elvmøthei

Wir hatten es ja letzte Woche schon angedacht, und nun waren wir sicher: Es sollte auch in der zweiten Urlaubswoche nochmal an die Nordlandsbahn gehen. Noch offene Motive, die klassischen Zuggarnituren im Design der frühen neunziger Jahre und die Hoffnung auf Auflockerungen wie letzten Donnerstag waren ausschlaggebend. Zudem war heute Morgen für Donnerstag bis Samstag sogar richtig schönes Wetter für Nordland prognostiziert.

Nach dem Fegen der Hütte, währenddessen wir den Eindruck gewannen, dass die letzten drei Vornutzer der Hütte es mit dem Reinigen nicht so genau genommen hatten, fuhren wir an die lange Gerade westlich des Ortes. Der einzige im Daglig Grafen für den Vormittag verzeichnete Zug war der NZ aus Göteborg, und den wollten wir uns heute auch nochmal geben. Die Kurve wirkte dynamisch. Von mir fernmündlich gelenkt beschnitt Nico erstmal die am Schotterbett wachsenden Birken und Kiefern, während die Leute in den vorbeifahrenden Autos (wir waren direkt an der Hauptstraße) komisch schauten. Ich wartete schon drauf, dass uns jemand die Polizei auf den Hals hetzt. Der NZ 92 hatte heute immerhin "nur" 30 Min Verspätung. Das klappte alles ausgezeichnet und wir "setzten" uns auf die Straße nach Arvidsjaur.

Der NZ aus Göteborg in der langen Geraden hinter Korsträsk hat bald Älvsbyn erreicht.

Unterwegs kam uns der Gedanke, dass man quasi "auf dem Wege" den Südfahrer der Inlandsbahn mitnehmen könnte. Die Inlandsbahn hatte heute nämlich ihren ersten Betriebstag. Gern wären wir im Wald rechts in eine Nebenstraße nach Moskosel abgezweigt, weil dort in der Nähe die interessante Brücke mit Gleis auf der Straße ist. Doch ein Blick in den Fahrplan verhieß uns, doch besser nur ein Stück nördlich von Arvidsjaur zu schauen. Das war letztendlich Glück, denn was ich auf dem Fahrplan nicht gesehen hatte: Der Südfahrer von Gällivare hat natürlich als ersten Verkehrstag erst den morgigen Tag, wenn er heute das erste Mal hochfährt. Das entdeckten wir zum Glück rechtzeitig am Bf Arvidsjaur. Schade, die Sonne schien und von den Y1 im schmucken Inlandsbana-Design hätte ich gern mal ein vernünftiges Sonnenbild hinbekommen. Also weiter. Die Straße war angenehm und zügig zu befahren. Unterwegs immer wieder Rentiere. Die Kirche von Arjeplog stand diesmal in der Sonne da, so dass hier ein Bild ging.

Heute klappte es auch mit der Kirche von Arjeplog.

Dann weiter. Die Fahrt war kurzweilig und gegen 14 Uhr brausten wir mit guten 90 km/h über die EU-Außengrenze nach Norwegen. Die Zollstelle, auf deren Höhe man nur 30 fahren darf, kommt erst später in Junkerdalen (wo das Hotel zum Verkauf steht). Das Wetter war im Gebirge nun deutlich wolkiger geworden, doch auch in Richtung Saltfjell waren noch blaue Streifen zu erkennen. Der Wetterbericht hatte für heute im Tagesverlauf schlechteres Wetter angekündigt. Aber vielleicht würde ja noch der nordfahrende Dagtog gehen, nachdem wir den südfahrenden gerade verpasst haben.

Wir bauten uns einfach mal an der S-Kurve nördlich der Semska-Häuser auf, obwohl die letzten blauen Wolkenlöcher am verschwinden waren. Es war gar nicht so einfach, durch das Gelände zu gehen, da der Schnee nun auch in diesem Bereich massiv am tauen war und viel Feuchtigkeit im Erdreich und obendrauf hinterließ. Man versank mit den Schuhen oft bis über den Knöchel. Ich war froh, diesmal Gummistiefel mitgenommen zu haben. Gummistiefel werden in Skandinavien übrigens nicht belächelt ;-) Der Dt 471 ging immerhin mit Sonnenhauch und kam als roter Farbtupfer in der schwarzweißen Landschaft nicht schlecht (quasi ein natürlicher Colorkey).

Vielleicht kein Sonnenbild, aber trotzdem ganz nett: Der Dagtog unterhalb Semska auf dem Saltfjell.

Nach dem Foto rief ich in Elvmøthei an und machte die Hütte klar. Danach fuhren wir allerdings erstmal runter nach Røkland. Bei einem Kaffee in der Cafeteria konnten wir bisken im www stöbern. Der Einkauf im benachbarten Supermarkt war dann leider etwas dadurch beeinflusst, dass die Auswahl hier nicht ganz so groß war. Um 18.15 trafen wir in der Hütte ein, deren Schlüssel die Bäuerin wie verabredet draußen an ihrer Haustür hingehängt hatte. Der Hunger war groß, denn außer paar Polarbrød mit Tubenkäse hatte es auf der Fahrt nicht viel gegeben. Wir machten uns Chili con carne mit Hackfleisch, roten Bohnen, baked beans in Soße und Tomatenstampfe. Für die nötige Würze sorgte ein Hackfleischwürzpülverchen, denn Knorrfix für Chili con carne oder Vergleichbares war leider nicht verfügbar gewesen.

Wir bekamen dieselbe Hütte wie letzte Woche: Nr 4 in Elvmøthei.

Nach dem Essen gaben wir uns einen kleinen Spaziergang zum Eingang des Virvassdalen. Die Flüsse führten sehr viel Wasser, die Schneeschmelze war in vollem Gange. Reißend stürzten die Wildflüsse unter den Brücken beim Hof hindurch. Danach hatten wir der Bäuerin eingentlich das Geld vorbeibringen wollen, aber sie war wohl selbst um 21 Uhr noch mit ihren Schafen beschäftigt.

Dienstag, 07.06.2011: Elvmøthei - Rognan - Elvmøthei

Wie angekündigt regnete es heute aus Kübeln. Das Frühstück kam erst um 10.30 auf den Tisch. Danach Entspannung und Lesestunde - mein Buch "Bobby Z" von Don Winslow ging in die Endphase. Als es durch und Nico auch startklar war, fuhren wir hoch aufs Saltfjell zum Polarkreiscenter, wo wir zu Mittag aßen. Etwas frech fand ich es, dass am Eingang zur Cafeteria das Reinskarv für 150 NOK angepriesen wurde, drinnen dann aber tatsächlich 179 NOK kostete. Ich sprach die Bedienung zwar drauf an und sie kam extra noch mit raus, um sich die Tafel draußen anzuschauen, doch Ihre Erklärung verstand ich dann leider nicht wirklich. Jetzt und sofort galt das offenbar jedenfalls nicht. Aber die Tafel draußen wurde auch nicht entfernt. An der Kasse hatte sie zudem einen Jungen zur Einweisung, wobei mich etwas stutzig machte, dass sie ihm erklären musste, welches die 1- und welches die 5 NOK Münzen wären.

Blick von einer der Brücken auf der Campingplatz-Zufahrt. Die Wildwasser tosten nur so unter durch, hatten aber noch längst nicht den Höchststand erreicht. Zwei Tage später war der Steinwall rechts unter Wasser verschwunden...

Das Reinskarv war aber lecker. Gestärkt ging es dann mal runter nach Rognan zum Geld holen und Einkaufen. Verkehr war wenig, die Fahrt angenehm. Die Wildflüsse hatten beeindruckende Ausmaße angenommen. Ich finde es ja ohnehin schon immer eindrucksvoll, wie sich die breiten Wasser bei Lønsdal in unzähligen Wasserfällen und Stromschnellen in die Tiefe stürzen. Aber mit dem vielen Schmelzwasser kam das Naturschauspiel doppelt so eindrucksvoll.

Auf dem Rückweg machten wir noch an der Raststelle in Røkland halt, wo wir auch auf der den neuen Bahnsteigen zugewandten Seite WLAN-Empfang hatten. Während der nordgehende Dagtog, der sehr gut besetzt war, kurz zwei Reisende aufnahm, schauten wir mal, was es im www so an Neuigkeiten gab. Der Wetterbericht hielt an den sonnigen Tagen Do und Fr fest. Das war für uns die Hauptsache.

Zurück in Elvmøthei (="FlussTreffHöhe") besuchten wir erstmal die Bäuerin, die für die fünf Nächte bis Samstag nur 2000 NOK haben wollte und die nach wie vor schwer mit den Lämmern beschäftigt war. Sie meinte "Ihr habt mich gerade geweckt, ich war im Sessel eingeschlafen!". Natürlich nicht vorwurfsvoll, sondern augenzwinkernd. Trotzdem erzählte sie uns, wo sie ihre Schafe zum Weiden hochtreiben würde, dass immer wieder Schafe von Wölfen und Bären gerissen werden und dass sie gar keine Lust auf all die Touristen im Sommer hätte. Das dann vielleicht auch eher augenzwinkernd; schließlich dürfte sie insbesondere an den Wohnmobil-Stellplätzen nicht wenig verdienen.

Zum Abendessen gab es original schwedische Kjöttbullar, die auch deutlich besser schmeckten als die Kjøttkaker neulich. Dazu die restlichen Preisselbeeren. Später am Abend unternahmen wir noch einen Fußweg zu den Lämmern, von denen sich eines mit Luftsprüngen seines Lebens freute, und zur ersten Flussbrücke, unter der das Wildwasser schon deutlich über die Ufer getreten war.

Mittwoch, 08.06.2011: Elvmøthei - Skonseng - Elvmøthei

Der heutige Tag sollte ja auch nochmal schlechter werden. Wir hatten einen Motiverkundungstag angedacht, da wir uns gestern mal genauere Karten gekauft hatten und der eine oder andere zu erkundende Weg noch entdeckt wurde. Ab 8 war Frühstück angesagt, danach ging es erkundenderweise zum Bf Dunderland, ein Stück Richtung Grønfjelldalen und nach Skuggheia zwischen Skonseng und Mo. Das war dann auch die interessanteste Entdeckung, da wir hier tatsächlich auf ein schönes Motiv mit Fluss im Hintergrund stießen. Noch eine Entdeckung machten wir: Die Wolkendecke lockerte sich mehr und mehr auf. Da konnten wir hier glatt mal warten, denn der Mittagsgüterzug nach Norden stand an, und gleich danach auch der Südfahrer.

Nun, der nach Norden ging mit Wolke. Die Sonne kam eine Minute danach voll raus. Der nach Süden ging auch mit Wolke (zumindest am geplanten Auslösepunkt). Die Sonne kam eine Minute danach voll raus. Nun zur Kuhweide beim ex-Bf Grønfjelldalen gefahren. Der nordgehende Dagtog stand an. Nico kam ins Schwitzen, als er im prallsten Sonnenschein eine Plane aus dem Bildausschnitt entfernen musste. Der Bauer kam vorbei und auf Nicos Erklärung, dass wir Züge fotografieren, meinte er, das würden hier viele tun. Dann kam die Wolke. Und der Zug. Die Sonne kam eine Minute danach voll raus.

Mit so "einigermaßen Licht" konnte man den südfahrenden Güterzug immerhin noch ein Stück vorm geplanten Auslösepunkt verwerten (Ausschnitt).

Gut, nun der Dagtog südwärts. Wir hatten einen Blick über den Fluss vor Mo im Sinn. Zumindest an einer Stelle sollte genügend Seitenlicht vorhanden gewesen sein. Nun, wir suchten uns eine andere Stelle, weil die gut ausgeleuchtete anscheinend wegen Bäumen an der Straße nicht umsetzbar war. Dass das ein Irrtum war, entdeckten wir erst hinterher. Das wurde für morgen vorgemerkt, denn morgen soll ja gutes Wetter sein... Ans Ufer kam man nicht runter, weil der Fluss völlig über die Ufer getreten war. Ok, aber wir standen ja an einer anderen Stelle. Der Rt 472 hatte volles Licht, aber eben nicht auf der Seite, wie wir erhofft hatten. (=>Tonne). (Nachtrag: Dank EBV doch nicht Tonne).

Der Dagtog am Ranaelven ein kleines Stück vor Mo.

Nun blieb erstmal nur der Erzverkehr, der ja Mittwochnachmittag wieder laufen soll (Mi-Vormittag ist bei den Erzzügen Betriebsruhe). Wir nahmen uns aus dem Coop in Storforsheia (=GroßerWasserfallAnhöhe) paar Würstchen mit und wollten mampfend in Ørtfjell auf die Rückkehr des Erzzuges aus dem Berg warten. Erstmal war es nicht einfach dorthin abzubiegen, da genau vor der Abzweigung einspurige Verkehrsführung mit Posten und Ledebil anstand. Ich lief mal zum Posten (kurz hinter dem die Abzweigung kam) vor, ob wir nicht einfach kurz an den Wartenden vorbei zur Abzweigung fahren dürften. Das verneinte er erst, kam dann aber doch an und erklärte mir irgendwas, was aber insgesamt als Zustimmung zur Fahrt gewertet werden konnte. Ich also vorbei, in den Weg abgebogen, der ein Stück an der Hauptstraße wieder zurück führte. Da rief mir der Posten irgendwas zu. Offenbar dachte er, ich wolle drehen, und hielt es nicht für möglich, dass ich diesen Weg zur Hängebrücke rüber zum Bahnhof tatsächlich fahren wollte. Als wir weiterfuhren, schaute er uns mit offenem Mund hinterher...

Oben mit Blick auf den Viadukt, über den das Gleis direkt aus dem Bergwerk kommt, lecker gespeist, wobei es uns etwas stutzig machte, dass der Fdl plötzlich an uns vorbeigefahren kam - und zwar von seinem Posten weg. Posten Ørtfjell unbesetzt - das heißt "kein Erzverkehr". Wir warteten trotzdem weiter, aber es kam tatsächlich nichts. Hatte ich gesagt, dass es jetzt zu 90% sonnig war? Sonne und Zug - das geht nun wirklich nicht. Wir hatten heute einen ziemlich sonnigen Nachmittag, aber noch kein einziges gescheites Bild hinbekommen (1x Eigenverschulden). Warum sollte also hier was gehen? Doch dann kam der Fdl zurückgefahren. Sollte alles gut werden?

Wir hielten den Mann einfach mal an und fragten was geht. Nein, Erzzüge fahren heute leider nicht, weil gerade heute ein Betreiberwechsel stattfindet. Ja, morgen würden wieder welche fahren, dann aber nicht mehr mit ME26, sondern mit GM-Loks (wir vermuteten, die ex-CargoNet CD66, die jetzt irgendwo in Schweden ansässig sind, haben sich so also wieder auf der Nordlandbahn eingeschlichen, wo man gerade froh war, dass die finster lackierten Kisten weg waren). Na super, toll gelaufen!

Er lud uns allerdings auf einen Kaffee auf Norwegens "luxuriösesten Fdl-Arbeitsplatz" ein. In der Tat war es dort richtig gemütlich. Ledersofa, Computer, Fernseher, alles vorhanden. Der größte Luxus ist aber: Die hier Beschäftigten verdienen 90.000 Euro im Jahr! Das hängt damit zusammen, dass das Bergwerk möglichst ausgedehnte Besetzungszeiten haben möchte, Jernbaneverket aber sagt, dass für diesen entlegenen Posten keine Leute zu bekommen sind. Also gibt die Mine einen Zuschuss, so dass zu den rund 60.000 Euro, die ein Fdl z.B. in Mo verdient, noch 30 Riesen dazukommen. Arbeitszeit: 6x 12 Stunden in Folge (Dienstwohnung in Dunderland wird gestellt, Notunterkunft auch im Stellwerk vor Ort), danach 7 Tage frei. Ööhmmm, wo muss ich unterschreiben? Da könnte ich mir für die 7 freien Tage ja sogar den Flug nach Hamburg ab Mo leisten...

Der Posten Ørtfjell. Die "Baracke" im Vordergrund beherbergt den Arbeitsplatz, ein Wohnzimmer und eine Notunterkunft und ist wesentlich gemütlicher eingerichtet, als das Aussehen von außen vermuten lässt. Der Neubau dahinter ist der Stellrechner des Merkur-Signalsystems, von dem auch ein zur Seite gedrehtes Signal zu sehen ist. Das aktuelle Ausfahrtsignal ist allerdings die rote Flagge, mit der der Fdl Halt gebietet.

Weiterhin erfuhren wir, dass die neuen Signalanlagen Typ "Merkur" von ABB für die Fernsteuerung des Abschnittes Mosjøen - Bodø gar nicht in Betrieb gehen werden. Die Aufsichtsbehörde Jernbanetilsynet soll da wohl ein abschließendes Wort gesprochen haben. Das ist natürlich ganz schön bitter, da erst die Fernsteuerung die volle Kapazität der Nordlandsbahn herstellen würde. Im jetzigen Zustand muss ein Bahnhof zum Kreuzen besetzt sein. Aber viele kleine Bahnhöfe besetzt man nur, wenn dort eine Kreuzung stattfindet. Kreuzungen zu verlegen, ist gar nicht so einfach. Außerdem würde nur mit der neuen Signaltechnik der neue Bahnhof Røkland als Ausweichstelle in Betrieb gehen können.

Der Fdl warnte ausdrücklich vor den Erzzügen, die ins Bergwerk hinein fahren. Die Züge werden über die Brücke in den Berg geschoben, haben aber keine Spitzenbesetzung. Darüber haben wir uns letztes Jahr schon gewundert.

Nun zu den Talenten aufs Fjell hoch. Der Nordfahrer ging natürlich wieder bei einer der allerletzten Wolken am Himmel. Und die Sonne? Die Sonne kam eine Minute danach voll raus. Dann für den Gegenzug aufgebaut. Der kam und kam nicht. Handy-Internet sagte +1 ab Bodø. Hmmmm, letzte Meldung hätte doch von Rognan oder so sein müssen... Ich wollte mich schon fast so stellen, dass ich auch den "Buss for Tog" auf der E6 aufnehmen könnte, denn Sonne schien - weshalb sollte der Zug nicht Ausfall haben? Nun, mit +25 kam Rt 474 dann endlich angebummelt. Da taten's wohl nicht mehr alle Motoren.

Über das überflutete Saltfjell brummelt mühsam das Fjellei, dessen Motorengeräusch nicht so gesund klang.

Nächster Programmpunkt war ein wunderschöner Abendspaziergang von der E6 zu den Stødi-Häusern und weiter auf der alten Straße zu einem netten Felsen-Motiv für den Spätgüterzug. Unser Erscheinen passte einem Fuchs überhaupt nicht. Der saß die ganze Zeit auf einem Felsen oberhalb von uns und bellte uns heiser und traurig an. Der Ehepartner-Fuchs hatte übrigens still und leise das Weite gesucht. Und rund herum gab es jede Menge Mäuse.

Der Fuchs wachte die ganze Zeit über uns.

Die Luft war phantastisch und roch würzig nach Kräutern. Hier hätte man es gut noch länger aushalten können. Schön an der Stelle bei den Stødi-Häusern ist, dass dort das Licht immer noch ewig lange hinkommt, weil dort die Berge im Westen eine tiefe Scharte bilden, durch die die Sonne noch lange durchkommen kann. Gz 5792 tauchte dann voll beladen und im schönen Spätabendlicht gegen 21.35 auf. Wenigstens hatte das jetzt prima geklappt!

Der Abendgüterzug auf dem Fjell.

Zurück in der Hütte gab es nur noch etwas Rømmegrøt und für Nico die restlichen Kjöttbullar von gestern. Von Süden her nahm die Bewölkung nun wieder zu. Was hatte das denn nun zu bedeuten? Morgen Ausfall mit sonnig?

Donnerstag, 09.06.2011: Elvmøthei - Dunderlandsdalen - Elvmøthei

Diesmal stellten wir den Wecker für 5.30 in dem Bewusstsein, dass wir das heute mal ernst nehmen müssten. Als der Wecker losging, fiel tatsächlich der Blick auf einen blauen, wolkenlosen Himmel. Um 5.40 saßen wir im Auto. Die E6 hatten wir zu dieser frühen Stunde ganz allein für uns. Auch auf den Baustellen rund um Ørtfjell wurde noch nicht gearbeitet; die Baustellenampel war zusammengeklappt worden, die menschliche Baustellenampel ein Stück weiter noch nicht im Dienst. Talabwärts hingen noch paar Federwolken über dem Tal. Fast habe ich es ja vorausgesehen: Der erste Abschnitt des Tals, der von den Wolken "bedient" wurde, sprich, der im Schatten lag, war der Abschnitt, den wir als Motiv auserkoren hatten: Das Flussufer bei Nevermoen mit Telegraphenleitung an der Bahn.

Und der Zug sollte nun auch bald kommen. Die Wolke zog zwar zusehends, bildete sich aber immer wieder um, so dass es mächtig spannend wurde. Mal stand man in Sonne, mal nicht. Der Zug war nun überfällig. Hörte man in der Ferne das tiefe Wummern der Di4 schon? Genau ließ sich das nicht sagen, denn die E6 war nun zum Leben erwacht, und zwar zu sehr regem Leben. Dann endlich bog Nt 475 um die Ecke und wir hatten das Motiv in Sonne hinbekommen. Da waren wir sehr erleichtert, da altrote Wagen und Telegraphenmasten sicherlich bald nicht mehr hier angetroffen werden können und dies das wichtigste Motiv auf meiner persönlichen "To do"-Liste war.

Die Nerven hatten blank gelegen, doch es wurde alles gut. Der Nachtzug rollte bei Sonne am Hochwasser des Ranaelven entlang.

Nun erstmal in der Hütte gefrühstückt. Um 8.15 ging es erneut los. Für den Rt 473 steuerten wir nochmal den ex-Hp Hjartåsen an. Dort klappte der Talent dann auch sehr hübsch. Nun gings weiter talabwärts in der Hoffnung, den ausfahrenden 9 Uhr Erzzug noch in Ørtfjell zu bekommen. Die menschliche Ampel mit der roten Kelle hielt uns allerdings zu lange auf, so dass wir nicht rechtzeitig hinkamen. Die Federwolken bildeten sich an diesem lt Vorhersage "wolkenlosen Tag" übrigens gerade zu richtigen Wolkenfeldern aus. Als wir in Skonseng auf der Brücke vorbeischauten, kam so eine riesige Wolke an und beschloss, erstmal alles im Schatten zu halten.

Ein Talent passiert den ex Hp Hjartåsen.

Da fuhren wir mit Lebensmittelstopp in Storforshei gleich zu unserem nächsten Programmpunkt, dem Flussblick bei Grønfjelldalen. Hier sollte es Erzzug 5955 sein. Wir mussten uns lange gedulden. Das mögliche Fahrplanfenster kam, die Planzeit kam, die Planzeit war vorüber. Nichts tat sich. Wir rechneten schon damit, dass das neue EVU wohl bei der Einführung Startschwierigkeiten hat und die Züge mal wieder ausfallen. Gerade hatten wir beschlossen, noch den CargoNet-Gz hier abzuwarten, da tauchte der Erzzug doch noch auf. Ich hatte mir ja als worst case eine unfarbene, finstere ex-CargoNet CD66 vorgestellt. So glaubte ich, höchstens positiv überrascht werden zu können. Doch es ging schlimmer: Der finsteren CD66 waren nämlich sämtliche früher noch in frischem Gelb vorhandenen Beklebungen abgenommen worden. Nun war die Lok noch finsterer als früher und damit dunkler als die ohnehin schon finstren Erzwagen.

Tja, vorgestern wäre es noch eine freundlich leuchtende ME26 gewesen... Erz-Leerzug am Ufer des Ranaelven unweit Grønfjelldalen.

Wir warteten nochmal weiter auf den CargoNet-Gz. Nun fühlte sich allerdings auch für uns ein größeres Wolkenfeld zuständig. Das konnte spannend werden... Na ja, eigentlich war es gar nicht spannend. Es wurde natürlich nichts mit Sonne. Der nächste Programmpunkt waren jetzt zwei abwärts fahrende Güterzüge: Erzzug und CargoNet. Diese wollten wir bei Skonseng von der Brücke aus aufnehmen, denn dort blühten die Löwenzahn momentan wunderschön. Doch als wir so talabwärts fuhren, erkannten wir schnell das Elend. An diesem laut Wetterbericht wolkenlosen Tag hatte es im unteren Ende des Dunderlandsdalen am Himmel zu 90% zu gemacht. Übrigens war es mittlerweile drückend heiß geworden, südeuropäisches Wetter in Norwegen!

Das taten wir uns nun nicht an. Bergauf sah es ja völlig wolkenlos aus und die beiden Dagtog würden wir zeitlich auch noch gut auf dem Fjell bekommen. Also nix wie hin da. Und tatsächlich sah es bei Erreichen der Hochfläche wirklich nach Gewinn in allen Belangen aus: Am Himmel hingen bestenfalls paar kleine Flusen und wir hatten noch dicke Zeit genug ins Motiv zu laufen. Ich zog mir dafür wie gestern Abend schon die Gummistiefel über, denn der Boden war jetzt nach dem Schnee wirklich überall extremst aufgeweicht. Selbst auf den Wegen konnte man knöcheltief versinken.

Jedenfalls waren wir glücklich über unsere Entscheidung. Im Gebirge wehte ein frischer Wind und machte die Hitze erträglich. Die würzige Luft war wunderbar, Birken zeigten erste zarte Knospen. Und das Foto vom Dagtog musste ja jetzt einfach mal klappen, endlich mal stressfreies Arbeiten, und das noch in dieser grandiosen Landschaft. Ja, genau. So erreichten wir also den Fotopunkt, eine Kurve nördlich Semska, mit der wir schon länger mal geliebäugelt hatten. Eine Wolkenfluse schaute kurz vorbei, zog dann aber ab, alles bestens. Tja, ein wunderbares sonniges Panorama stand nun bereit - ideal für den Fünfwagenzug. Es konnte einfach nichts schiefgehen. Na ja, vielleicht bis auf die klitzekleine Tatsache, dass wir uns irgendwann zu fragen begannen, wo denn der Zug bleibt.

Nach einer Viertelstunde schaute ich mal nach. Tja, +54 in Fauske. Das sind Werte! Schade eigentlich, das wär' Ihr Preis gewesen. Denn nicht allein die Verspätung war das Problem, sondern dass an diesem wolkenlosen Tag nun auch auf dem Saltfjell ein größeres Wolkenfeld direktemang vor die Sonne zog. Außerdem würde es spannend werden, weil auch noch paar andere Züge anstehen sollten. Würde man die Dagtogs wie geplant in Dunderland kreuzen lassen oder für eine Kreuzung mal Bolna besetzen? Oder mussten wir sogar erst mit dem Nordfahrer rechnen?

Das Wolkenfeld löste sich allerdings genauso schnell wieder auf, wie es gekommen war. Das nahmen wir mit Erleichterung zur Kenntnis. Dem Lichtstand tat die Verspätung sogar gut, denn es kam besser von der Seite. Jetzt musste einfach alles gut werden. Wirklich alles? Hatten wir auch an JEDE mögliche Eventualität gedacht? Reichte der uns eigene pessimistische Realismus wirklich aus, um ALLE Störfaktoren auszuschließen? Nein! Natürlich nicht! Wäre ja noch schöner gewesen. Der Dagtog kam mit ca 70 Min Verspätung wirklich bei vollem Sonnenschein angeschnauft. Doch statt der Di4 mit ihren fünf Wagen rutschte bloß so ein elender kleiner Fjellfurz übers Gleis. Das kann doch schon wieder alles nicht wahr sein. Und wenn der Fjellpups hin fährt, wird er auch sicher von Dunderland, wo er auf den nordgehenden Dagtog trifft, wieder als Dagtog-Ersatz zurückkehren. Denn der lokbespannte Nordfahrer dürfte sich ab Dunderland sicher wieder auf den Weg nach Süden machen; der Talent war immerhin selbst hier schon gerammelt voll. So trat es dann auch ein. Wir wollten nach hause. Da hat man hier die allerbesten Panoramaausblicke, Fotomotive für lange Züge, da fährt die NSB hier Fjellfürze als Ersatz. Gerade um die alten roten Personenzüge war es uns hier gegangen. Die waren der Grund gewesen, hier tagelang auf Sonne zu warten. Und nun hat man zum "Roten" mal Sonne, da kommt so ein... Aaaaaahhhggrrrrrr!

Der Fjellpups kullert durch unser Dagtog-Motiv bei Semska.

Der donnerstägliche Autozug, der nun eingentlich schon die ganze Zeit in Lønsdal hätte mit den Füßen scharren müssen, kam dann natürlich auch nicht. Ich fasse zusammen: Bei bestem Sonnenschein kam statt zweier Dagtogs und eines Güterzuges nur ein Fjellei hin und zurückgekullert. Erfolgreicher Tag heute!

Wir fuhren zum Bahnhof Lønsdal, wo wir mal fragen wollten, was Sache ist. Dort hatte ein ganz junger Fdl Dienst. Und die mir schon aus Bolna von vor 13 Jahren (!) bekannte Fahrdienstleiterin mit den langen schwarzen Haaren, die offenbar Nachtschicht und oben in der Dienstwohnung ausgeschlafen hatte, war zum Kaffeetrinken auf dem Bahnsteig. Da hatte man einen Tisch aufgebaut. Sah sehr gemütlich aus. Wir erklärten, was wir wollten und dass wir mit dem Gebotenen nicht zufrieden seien (Scherz!) und ernteten von beiden nur Hohn und Spott (eher kein Scherz). Der Junge konnte gar nicht verstehen, wie man überhaupt Züge fotografieren kann. Der Autozug habe Ausfall, erfuhren wir, und der Dagtog konnte nicht aus Bodø weg, weil es zwischen Fauske und Oteråga einen Schienenbruch gegeben habe. Sie telefonierte aber extra rum und bestätigte, dass alles wieder iO wäre und die abendlichen Züge kommen sollten. Als die beiden erfuhren, dass wir gestern schon ähnliches Glück mit den Erzzügen hatten, ernteten wir schallendes Gelächter.

Wir erzählten, dass wir jetzt erstmal nach Røkland einkaufen fahren wollten, und sie drückte uns Geld in die Hand und bat uns, ihr Tabak mitzubringen. Das konnten wir natürlich nicht abschlagen, nachdem sie für uns rumtelefoniert hatte. Das Gelächter konnten wir denen nicht übel nehmen, wir fühlten uns all zu sehr wie begossene Pudel und zu Recht ausgelacht...

Unterwegs fotografierten wir allerdings erstmal die gigantischen Wassermassen, die sich hier unterhalb von Lønsdal in die Tiefe wälzten. Eine Hängebrücke hing in den Fluten und ruckte die Brücke immer wieder zur Seite. Wir trauten uns natürlich nicht, uns dem reißenden Strom auszusetzen.

Gewaltige Wassermassen wälzen sich den Nordabstieg des Saltfjells runter. Wo sonst Inseln sind, rauscht jetzt das Wasser durch die Birken.

Die Hängebrücke bei Lønsdal. Man wurde bei etwaaiger Querung nicht nur nass, sondern man musste auch damit rechnen, durch eine Welle zur Seite geschubst zu werden.

Der Supermarkt in Røkland war diesmal viel besser sortiert. Wir bekamen alle Zutaten für ein gepflegtes Indian Korma. Nachdem wir den Tabak abgeliefert hatten, nahmen wir - obwohl wir eigentlich keine Lust mehr auf Talente hatten - noch Rt 479 mit Wasserfall und Rt 474 mit Spiegelung auf dem Fjell auf. Der ganze Talboden stand regelrecht unter Wasser. Dann gab es erstmal in der Hütte das Essen (Teil1). Die zweite Portion sparten wir uns für den Feierabend auf, denn der war ja nu' noch nicht. Für Gz 5792 ging es natürlich erneut aufs Fjell hoch.

Das planmäßige Fjellei und ein Teil der Stromschnellen oberhalb von Lønsdal.

Wir bestiegen einen Hügel westlich der E6, um von oben auf die Wasserlandschaft hinabblicken zu können. Die Erde des Hügels war ein einziger tiefer Schlamm. Vollgesogen mit Wasser wie ein Schwamm. Ansonsten passte alles prima, nur der Zug kam nicht. Statt dessen kam Lex Wilderness: Ein Bahnarbeiter lief in leuchtenden Warnklamotten zum Gleis und auf dem Gleis direkt in unser Motiv. Offenbar musste er sich mal den mittlerweile bestimmt aufgeweichten Damm näher anschauen. Und er schien eindeutig mit dem Zug zu rechnen, denn er stellte sich offenbar bereit, um dessen Durchfahrt zu dokumentieren. Und tatsächlich kam die bestialisch leuchtende Kette des Zuges dann auch wirklich bald. Wir waren um ein sagenhaftes Motiv reicher. Sind dies die Momente, die für all den anderen Frust entschädigen? Ich könnte es mir vorstellen, ja! Da konnte nichtmal der gelb gekleidete "Marsmensch" im Motiv die Freude verderben...

Der Spätgüterzug durchquert das überflutete Saltfjell. Der aufgeweichte Damm hält.

Da der Zug eh stark verspätet gewesen und der Himmel im Westen recht klar war, wollten wir es nun auch noch mit dem Nachtzug wissen. Würden wir für den eine sonnenbeschienene Stelle auf dem Fjell finden? Wir warteten einfach mal die Zeit auf einem Parkplatz ab und fuhren dann "Streife" über die Hochfläche. Diese Fahrt ergab jedoch, dass sich die Sonne gerade von der letzten beschienenen Fläche bei Stødi verabschiedete. Wir sagten "tschüß" und fuhren heim in die Hütte. Um die Zufahrt zum Hüttenplatz begannen wir uns allmählich Sorgen zu machen. Die führte nämlich über zwei Flussbrücken über tosende Wildwasser, die mittlerweile stark über die Ufer getreten waren. Die Gischt flog schon über die Fahrbahn und weit war das Wasser nicht mehr von der tiefsten Stelle des Weges entfernt. Es gab nun noch die zweite Portion Indian Korma und dann war daddeldu.

Freitag, 10.06.2011: Elvmøthei - Skonseng II - Elvmøthei

Der Tag begann unter blauem Himmel und mit dem Nachtzug Nt 475, den wir uns am Fjelleingang und nochmal ein Stück weiter gönnten. Danach Frühstück in der Hütte und Fahrt runter nach Ørtfjell.

Der Nachtzug erreicht von Süden kommend bei Bolna die Hochfläche des Saltfjells.

Wir wollten mal schauen, ob man auch vormittags was mit Zügen aus dem Bergwerk machen kann. Der Zug stand allerdings schon im Bahnhof. Der Tf war offenbar beim Fdl drin und trank einen Kaffee. Da der Zug ungünstig stand, suchten wir uns lieber etwas unten bei Skonseng, wo der Löwenzahn so schön blühte. Dort nahmen wir Erzzug 5954 auf.

Na, wer findet die Lok? Erzzug in Skonseng.

Im Gegensatz zu gestern stand auch um 10.00 Uhr noch keine einzige Wolke am Himmel. Das war doch wirklich mal ein Angebot! Nach einem Flaschentausch im örtlichen Joker, wo die Leerflaschen zwar persönlich von der Kassiererin angenommen wurden, wo man aber beim Bezahlen sein Münzgeld in einen Schlitz werfen musste und das Wechselgeld aus einer Schale nahm. Die Kassiererin grinste mich an nach dem Motto "Tja, Wunder der Technik!". Nun suchten wir den vorgestern entdeckten Flussblick bei Skuggheia auf, wo wir uns gemütlich mit dem Auto auf einem Forstweg ins Motiv stellen konnten. Erst gab es den abwärts fahrenden Rt 470, dann kam auch bald schon wieder der Erzzug 5955 vor Plan angefahren.

Der Regionalzug nach Mosjøen als Nachschuss bei Skuggheia.

Das sollte hier reichen. Wir schauten beide nochmal in entgegengesetzter Richtung entlang des Gleises, was noch so an Möglichkeiten in der Nähe war. Ich war mir schon sicher, das ultimative Wasserfallmotiv entdeckt zu haben, da schob sich doch im letzten Moment eine Baumgruppe zwischen Bahn und Fall. Nico fand auch nichts weltbewegendes. Nun ging es nach Grønfjelldal, wo wir einfach von der Straßenbrücke den nordfahrenden Gz machen wollten. Doch der kam und kam nicht.

Statt dessen tauchte von oben unverhofft schon der Erzzug auf, der erst nach X Gz in Ørtfjell hätte abfahren dürfen. Da stimmte also wieder was nicht. Hmmm, X in Skonseng? Nach der fraglichen Zeit passierte nichts. Und wir hatten ein blödes Gefühl: Von oben sollte nach X in Dunderland der südfahrende Gz entgegen kommen. Für diesen (und schon für den eben verpassten Erzzug) hatten wir allerdings ein "Muss-Motiv" in Skonseng. Nach einigem Hin und Her war klar: Das Skonseng-Motiv war wichtiger, schnell hin, bevor auch noch der Gz von oben uns überrascht. Zum Glück konnte man durchgehend zügig fahren. Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden von uns nur noch in Preisstufen benannt - ich sag' aber nicht, welche Preisstufe diese Fahrt hatte ;-) .

Der südfahrende Erzzug rollt als erstes durch Grønfjelldalen.

Tja, und diesmal hatten wir wirklich mal richtig entschieden. Wir hatten uns gerade auf der Brücke in Skonseng in Position begeben, da kündigte ein Tröt in der Ferne den südfahrenden Güterzug 5790 an. Wir konnten ihn an unserem Wunschmotiv umsetzen.

Einige der letzten Telegraphenmasten an der Strecke: Blick von der Brücke Skonseng.

Und wir hatten Gewissheit, dass der Nordfahrer noch nicht durch ist. Daher fragten wir am Bahnhof Skonseng nun die örtliche Fahrdienstleiterin, wo der Zug wohl sein möge. Sie gab Auskunft, dass er in Mo stehe und wohl in 20 Minuten durch Skonseng käme. Prima! Da konnten wir in Ruhe für den Gz und den dann bald folgenden Dagtog nach Grønfjelldal zurück. An der Brücke war das Licht zu seitlich, doch wir fanden sowohl für Gz 5793 als auch nach einer Baum-Amputation für Dt 471 nette Varianten hinterm Bauernhof, auf dessen Weide zum Glück noch keine Rinder weideten.

Unser erstes Dagtog-Bild mit voller Ausleuchtung entstand am letzten Tag kurz vor dem ex-Bf Grønfjelldalen.

Wir wussten nun nicht genau, ob der verspätete Gz den Dagtog südwärts ebenfalls um 70 Minuten vergeigt oder ob die NSB so flexibel sei, den Bf Bolna für eine Kreuzung zu besetzen. Dann hätte der Dagtog fast keine Verspätung. Die Beiden vom Bf Lønsdal gestern hatten gemeint, wenn's rechtzeitig bekannt wäre, könnte die Anfrage kommen, "mal eben" einen Bahnhof zu besetzen. Das hinge aber immer vom "Goodwill" des Fdl ab. Und ob er ein Auto zur Verfügung hat.

Als wir in Skonseng ankamen und schon daran dachten, die Fdlin erneut zu nerven, wurde die Frage dadurch beantwortet, dass der nordgehende Erzzug planmäßig ins Ausweichgleis ging und stehen blieb. Tatsächlich musste Bolna besetzt worden sein, denn Dt 472 mit der beachtlichen Länge von sechs Wagen (fast wie in alten Zeiten!) tauchte fast pünktlich auf und ließ sich von der Straßenbrücke schön umsetzen.

Der Gegen-Dagtog nochmal bei den letzten Telegraphenmasten von Skonseng.

Nun folgten wir dem Erzzug 5957 mal aufwärts und nahmen ihn auf dem großen Viadukt seitlich bei der Einfahrt ins Werk auf. Der Zug kam allerdings völlig finster.

In rasanter Fahrt drückt die finstere Class 66 ihre Erzwagen ohne Spitzenbesetzung in den Berg.

Zum Vergleich des Wasserstandes kommt hier noch ein Bild vom August 2010.

Die Ausfahrt nach Beladung als Gz 5958 gab es spitzer am Viadukt und nochmal im engen Talabschnitt zwischen Skonseng und Mo. Hier warteten wir auch noch den Talent als Rt 479 aufwärts ab. Es ging jetzt stramm auf 18 Uhr zu und wir hatten bestenfalls ganz weit in der Ferne mal Wolken gesehen. So einen Tag wünscht man sich einfach zum fotografieren - das war weitestgehend stressfreies Arbeiten. Oder wenn die Zugfolge stresste, dann kam wenigstens kein Wolkenstress dazu.

Der Erzzug am Ufer des Ranaelven kurz vor Mo i Rana.

Mit Einkauf in Storforshei und Brillenabholung am Ørtfjell-Bahnhof (wo ich sie ins Gras gelegt und vergessen hatte) ging es zurück zur Hütte. Der Platz hatte sich jetzt zu Pfingsten etwas gefüllt. Erstmalig hatten wir nicht den Eindruck, die einzigen Bewohner des Platzes zu sein. Um 19.50 stand das Tikka Masala auf dem Tisch. Um 20.30 brachen wir für den 21-Uhr-Güterzug wie gewohnt nochmal auf das Fjell auf. Dort gab es mal wieder die schöne Abendstimmung zu genießen, doch statt des Gz kam ein Skl, der sich die Rohrdurchlässe genau anschaute. Als um 22.15 vom Gz noch nichts in Sicht war, kehrten wir zur Hütte zurück. Schade, aber die Schatten auf dem Gleis wuchsen und wuchsen.

Samstag, 11.06.2011: Elvmøthei - Dombås

Erstmal gab es vor dem Frühstück den Nachtzug 475 auf dem Fjell. Wir wählten diesmal ein Motiv mit den Polarkreispyramiden. Um 9 Uhr hatten wir gefrühstückt und die Bude ausgefegt. Beim Bauernhaus war offenbar noch niemand auf, deshalb gab es Abschied ohne Verabschiedung. Der Wasserstand in den Wildbächen war nun wieder etwas zurück gegangen. Es war sonnig; der Abschied fiel schwer. Aber samstags hätte man vor den nachmittäglichen Dagtogs nur noch einen nordfahrenden Gz gehabt. Somit hätte die "Gewaltvariante", heute noch fotografieren und in der Nacht südwärts zum Flughafen fahren, nichts gebracht.

Das Abschiedsbild vom Nattog bei Querung des Polarkreises. Leider stehen die Säulen so weit vom Gleis entfernt, dass man nur bei sehr seitlicher Perspektive oder weitem Abstand beide drauf hat.

Zügig ging es nach Mo und durch den Korgfjelltunnel. Dann planten wir einen Abstecher nach Elsfjord, denn der nordfahrende Gz sollte dort kurz nach 11 durchkommen. Der Ort Elsfjord liegt malerisch und einsam am Fjordufer und dürfte einer der hübschgelegensten Orte Norwegens sein. Nun, der Gz kam nicht, und all zu lange wollten wir angesichts der noch bevorstehenden Distanz auch nicht warten.

Elsfjord ist einfach nett.

Betörende Spiegelung irgendwo vor Mosjøen.

Die weitere Fahrt war laaaang. Hinter Grong gab es eine kleine Rast im Rasthof "Heia", was in diesem Falle nicht "Schlaf", sondern "Anhöhe" heißt. Ansonsten fuhren wir durchgehend. Ab hier nahmen die Langsamen auf der Straße mächtig zu und es ging nicht mehr so rasant voran. Selbst Preisstufe 1 war schon schwierig... Auch zwischen Steinkjer und Großraum Trondheim gab es einige nette Stellen für Fotos; bischen was konnte ich notieren, einiges müsste man auch mal erforschen (z.B. Skatval - Langstein). Bei Majavatn hatte es paar vereinzelte Wolken gegeben, doch hinter Trondheim ging es in richtig schwarze Wände hinein. Es blitzte und donnerte.

Zu allem Überfluss wurde nun auch noch angekündigt, dass die E6 im Gutbrandsdalen gesperrt sei. Man möge bitte ab Ulsberg den Rv3 nehmen. Kein Kommentar wann, wo und warum. Hmmm, wir wollten ja nun in Dombås übernachten. Kurz beratschlagt, und das Ergebnis war, erstmal nach Dombås zu fahren und dort zu klären, was denn überhaupt Sache ist. Im Drivadalen konnten wir uns aber schon einen möglichen Sperrgrund denken: Hier war die E6 an vielen Stellen unterspült. Diverse Spuren zeigten, dass auch vom Dovrefjell in den letzten Tagen ungeheure Wassermassen runtergekommen sein müssen. Man kam aber einspurig an den Stellen vorbei.

Wir erreichten Dombås gegen 20 Uhr. Im Trolltun Vandrerhjem gab es dasselbe Zimmer wie vor genau zwei Wochen. Die Dame am Empfang erkannte mich sogar wieder. Sie erzählte, dass die E6 noch nördlich Nord-Sel unbefahrbar sei und dass ausgerechnet dort keine Umfahrung möglich sei. Wir sollten uns besser morgen früh nochmal erkundigen, aber wahrscheinlich würden wir über Hjerkinn - Folldal und den Rv3 ausweichen müssen. Ok, wir stellten uns auf eine frühe Abreise ein; den Flieger um 14 Uhr wollten wir jedenfalls nicht verpassen.

Im Sentrumsgrillen gab es nun noch einen Hamburger. Das Lokal war doch noch an alter Stelle. Der Pizzaofen war aber schon aus. Am Pfingstsamstag scheint alles kürzer geöffnet zu haben, auch die Supermärkte hatten schon dicht. Per WLAN erfuhren wir, dass die E6 bei Nord-Sel und bei Kvam gesperrt sei und heute nicht mehr hergestellt würde. Nun ja, Wecker stand auf 6 Uhr, als wir ins Bett gingen.

Sonntag, 12.06.2011 (Pfingsten): Dombås - Hamburg

In der Nacht hatte es heftige Regenfälle gegeben, die auf unser Dach prasselten. Bischen Sorgen machte man sich ja doch um die Fahrt zum Flughafen. In der Zeitung hatte ja schon gestanden, dass Norwegens Nord- und Südhälften voneinender getrennt seien. Als wir gegen 6.20 ohne Frühstück das Vandrerhjem verließen, konnten wir uns am Hauptgebäude des Trolltun Hotels in ein WLAN einloggen und suchten auf der Vegvesen-Seite nach dem aktuellen Straßenzustand. Es hatte Veränderungen gegeben. Die Sperrung bei Sel war in eine einspurige Verkehrsführung "med manuell regulering" umgewandelt worden und für die Sperrung bei Øyer war eine unproblematische Umleitung angegeben. Also konnten wir in Richtung E6 starten und dachten schon, dass wir ja nun viel Zeit hätten, um irgendwo zu frühstücken. Irgendwas ganz tief in uns drin sagte uns aber, dass wir lieber erstmal zusehen sollten, vorwärts zu kommen. Und das erwies sich als weise Voraussicht. Abgesehen davon hatte an diesem Pfingstsonntag absolut kein einziger Kro geöffnet; selbst nach 8 Uhr nicht.

So kamen wir also auf menschenleerer Straße gut voran und ich fing schon an "Nädeli" zu fahren, also sozusagen Preisstufe 0, weil wir ja noch sooo viel Zeit hatten. Die Vorbeifahrt an der Schlammlawine nördlich Sel war völlig unproblematisch, ein gelangweilter Posten signalisierte schon von weitem "Durchfahrt frei". Aber auch an anderer Stelle hatten übergelaufene Bäche aus Seitentälern ihren ganzen Modder auf der Straße abgeladen oder der Fluss im Tal selbst hatte an der Straße "geknabbert". Bei Otta stand der Gehweg unter Wasser, die Straße war aber befahrbar. Das Gutbrandsdalen war ein einziger See.

Richtig interessant wurde es plötzlich in Hundorp. Gerade hatte ich noch ein finnisches Päärchen in einem roten Punto überholt, das penetrant nädeli fuhr. Wo am Ende des Ortes die Straße zur anderen Flussseite abzweigt, war ein oranges Band über die Straße gespannt und ein Schild verriet lapidar "E6 stengt". Ok, alles kein Problem. Müssen wir wohl hier auf die andere Flussseite abzweigen. Gesagt getan. Doch unten am Bahnhof gab es auch diese orangen Seile quer über die Fahrbahn. Und zur Bekräftigung am Anfang der Brücke über den Fluss auch nochmal. Die Brücke selbst führte zwar noch übers Wasser, das Ende führte aber geradewegs in das Nass hinein. Gegen dieses Argument konnten wir im Prinzip nichts sagen, aber wat nu?

Paar einheimische Schaulustige gaben uns den Tipp: Zurück in den Ort und an der Tankstelle rechts auf die obere Straße fahren. Das haben wir auch gemacht, während die Finnen auch gerade um die Ecke kamen und abrupt durch das Seil ausgebremst wurden. Wir nahmen also schlau die schmale Straße oberhalb des Ortes entlang. Und kamen genau vor dem orangen Absperrseil wieder raus. Suuuper Empfehlung! Nur zur Erinnerung: Wir mussten spätestens um 13 Uhr am Flughafen sein!

Da auf unserer Karte oberhalb der E6 keine durchgehende Straße verzeichnet war, kehrten wir lieber wieder bis Harpefoss zurück, um unser Glück auf der anderen Flussseite zu versuchen. Diesen Weg hatten auch die zwei Finnen eingeschlagen, die durch unseren sinnfreien Schlenker durch Hundorp-Oberstadt nun wieder vor uns waren. Wir kamen trockenen Reifens über den Bach und hatten auf der sich schlängelnden Nebenstraße den roten Punto bald wieder vor uns. Das war insofern problematisch, da die Straße wegen einiger verstreuter Bauernhöfe durchgehend 60er-Zone war und fürs gepflegte Vorwärtskommen die eine oder andere Preisstufe erforderlich war.

Irgendwann konnten wir aber vorbeiflutschen (lieber mal gehupt, weil der Punto immer so weit nach links zog). Vorbei an einer Abzweigung gelangte die Straße bald wieder von den Wiesenhängen runter in Flussnähe. Es wurde schnell deutlich, dass wir direkt auf die gesperrte Brücke von Hundorp zufuhren, die wir ja schon von der anderen Seite her kannten. Die gesehene Abzweigung wäre wohl unser gewesen. Also gedreht und gehofft, dass wir vor den Finnen auf die abzweigende Straße gelangen. Die Sorge war aber unbegründet, weil die beiden ebenfalls stramm Richtung Brücke fuhren.

Die Nebenstraße war zum Glück mit "Ringebu" (dieser Ortsname heißt wörtlich übersetzt "Telefonhäuschen") ausgeschildert, das ja wieder auf der E6-Seite des Flusses liegt. Ansonsten hätte ich nicht geglaubt, dass uns diese Piste Richtung Flughafen bringt. Bald ging die Straße in eine einspurige Gruspiste über, die allerdings sehr gut befahrbar war. Sie wand sich am Hang entlang und ich kam mir vor wie auf einem sauerländischen Forstweg irgendwo in den Höhen des Rothaargebirges. Immerhin kam nur ein einziges Auto entgegen und wir hatten nie jemanden vor uns. Die Brücke in Ringebu zurück auf das Nordostufer des Lågan war befahrbar - es handelte sich um die alte Eisenbahnbrücke. Eine Frau fragte ich kurz, ob die E6 ab hier südwärts befahrbar sei und sie meinte "ja, aber nur bis Fåvang". Aha, nun ja. Dort würde man aber zur Not wieder über den Fluss rüberkommen.

Auf der E6 ging es nun südwärts, wobei man immer mal auf die linke Spur ausweichen musste, weil die rechte unter Wasser stand. Der Schock dann gleich am Ortseingang Fåvang: Die Umgehungsstraße führte geradewegs ins Wasser hinein! Man konnte gerade noch langsam durch das Wasser nach links in den Ort abzweigen. Der hier befindliche Veikro "Achtkanten", in dem wir schon häufig und gern gegessen haben, stand mitten im Wasser. Die Wirtsleute werden Pfingsten 2011 sicher in unangenehmer Erinnerung behalten...

Nicht das örtliche Freibad, sondern der Veikro "Achtkanten".

Unser Amphibienfahrzeug...

Einen Einheimischen, der nur mal zum Gucken vorbeikam, fragte ich, ob man denn durch den Ort irgendwie "sørover" weiterkäme. Das bejahte dieser und beschrieb uns, wo wir im Ort nach links abzweigen müssen. Freundlicherweise gab es hier sogar einen leuchtend roten Umleitungspfeil, der in die richtige Straße wies. Bald fuhr man am Hang hoch über dem Tal durch die Bauernschaft und hatte einen richtig guten Überblick über die Überschwemmungen. Ein ganzes Holzwerk stand unter Wasser, die Stämme trieben im Fluss. Wir hielten auch hier mal an, um paar Fotos zu machen. Das war insofern ein Fehler, da plötzlich ein roter Punto mit höllischen 60 km/h an uns vorüber schoss. Dumm gelaufen. Aber an der nächsten Abzweigung standen die Finnen dann und waren noch bei der Meinungsfindung, wohin denn ein leuchtend roter Pfeil weisen würde, wenn hier denn einer wäre, als wir ankamen und einfach mal Richtung "E6" weiterfuhren, was sich später auch als richtig erwies.

Fåvang - Eine Stadt im Wasser.

Unten führte die Einmündung auf die E6 zwar geradewegs wieder in die Fluten, aber wenn man sich ganz links hielt, konnte man am Wasser vorbeifahren. Die Finnen uns hinterher, wobei wir sie bald auf der dann wieder zügig befahrbaren Piste im Rückspiegel aus den Augen verloren und auch nicht wieder sehen sollten. Wenn ich hier nur immer von den Finnen und uns schreibe, so gab es wirklich kaum andere Straßenverkehrsteilnehmer an diesem frühen Pfingstsonntag Morgen. Es wäre nicht auszudenken gewesen, wie verstopft die Umleitungsstrecken an einem normalen Werktag gewesen wären.

In Tretten war dann wieder ein oranges Seil über die Straße gespannt, aber das wussten wir ja schon aus dem Internet. Wir wurden durch das Gausdal geschickt, wofür es aber erstmal im Schlingelschlangel über einen Bergrücken ging. Gut, dass weit und breit keine LKWs am Start waren. In Lillehammer waren wir wieder auf der E6, die ab hier unproblematisch war. In Moelv nahmen wir uns die Zeit, an einer Tankstelle hervorragenden Kaffee und Muffins als Frühstück zu ziehen. Meine Fresse, was für eine Aktion auf dem Weg zum Flughafen!

Die weitere Fahrt verlief ereignislos. Witzig war dann ab Minnesundbru die Autobahnbaustellen-Besichtigung. Zwar waren wir hinter der Brücke erstmal dem ganzen Tross auf die ausgeschilderte Umleitung gefolgt, die wir ja vom Hinweg her auch kannten. Oben am Kreisel stellten wir allerdings fest, dass hinter uns alle auf die provisorische Fahrbahn durch die Autobahnbaustelle fuhren. Wir hinterher. Den Tross, der vor uns gewesen war, und wo wahrscheinlich einfach einer dem anderen nachgefahren war, sahen wir später noch einmal von der Autobahn sich über die Landstraße quälen. Unsere Trasse hingegen kurvte zwar immer mal von einer Richtungsfahrbahn auf die andere hin und her - je nach Baufortschritt. Mal musste man auch eine Abfahrt raus, um einen Kreisel und gleich wieder rauf. Aber immerhin ging es immer weiter.

Gegen 11.30 hatten wir - viel früher als erwartet - das Autobahndreieck am Flughafen erreicht. Da wir die Unwetter verlassen hatten und hier eitel Sonnenschein herrschte, suchten wir kurzerhand noch paar altbekannte Motive an der Bahn auf. Es gingen noch zwei Flytogs und zwei S-Bahnen. Gegen 13 Uhr hatten wir das Auto vollgetankt abgegeben und eingecheckt.

Ungewohnt, so ein schneller Zug, nach zwei Wochen Nordlandsbahn...

Die "neue" S-Bahn Bm72 bei Langeland.

Die "alte" S-Bahn Bm69 in Asper.

Umstieg ins Flugzeug...

SK 4755 Oslo 14.20 > Frankfurt 16.25

Dass die Verpflegung bei SAS wie im Billigflieger abläuft, sprich, dass man alles kaufen muss, finde ich schon blöde. Da muss man künftig genau schauen, ob man bei Lufthansa tatsächlich einen Lufthansa-Flug bucht oder wie jetzt ein LH-Kontingent in einem SAS-Flug. Ansonsten wars angenehm und leer. Das erste, was ich bewusst in Deutschland von oben zuordnen konnte, war der Autobahnviaduktviadukt von Hörschel bei Eisenach. Dann konnte man prima Fulda und die Kinzigtalbahn erkennen. Das Warten auf das Gepäck dauerte dann ziemlich lange. Immerhin kam mein Koffer als erster raus.

Wegen Sperrung der Kinzigtalbahn gab es nun keine "normale" Verbindung nach Hamburg. Ich hätte den IC über die Main-Weser-Bahn um 16.50 ab Hbf oder den direkten Hamburg-ICE um 17.03 ab Ffm West (umgeleitet ebenfalls über Main-Weser-Bahn) bekommen müssen, was aber aussichtslos war. Allerdings konnte ich mit nur um wenige Minuten späterer Ankunft in Hamburg-Harburg auch 17.09 ab Flughafen über Köln fahren. Sehr ungewöhnlich - und mal was anderes.

ICE 516 Frankfurt Flughafen 17.09 > Köln Hbf 18.05

IC 2022 Köln Hbf 18.10 > Hamburg-Harburg 22.00

Die Fahrt war sehr angenehm. Im IC 2022 hatte ich ein eigenes Abteil und konnte diesen Tag des Reiseberichtes fertig schreiben.

Epilog

Wer den Reisebericht aufmerksam verfolgt hat, wird zwangsläufig über die Stellen gestolpert sein, an denen wir mit dem Ablauf des Programms nicht so ganz zufrieden waren. Gerade die mehrfachen Betriebsstörungen an (den seltenen) schönen Tagen oder Stunden vermochten wirklich als Klatsche empfunden zu werden. Aber im Großen und Ganzen gab es auch einige sehr positive Dinge. Wir haben ein sehr schönes Auto gehabt, das sparsam im Verbrauch war und alle Bequemlichkeiten bot, die wir uns vorstellen konnten - außer Automatik ;-) Die Hütte in Elvmøthei war ebenfalls wunderbar. Man merkt es eben doch, wenn die Platzbetreiber sich die Hütten mal genauer anschauen und eine Reinigung durchführen. Dieses "sich verlassen" auf Reinigung durch den Vormieter ist halt heute nicht mehr zeitgemäß.

Außerdem haben wir das ganze - und das ist vielleicht das wichtigste - unfall- und pannenfrei über die Bühne gebracht. Das ist bei 6371 gefahrenen Kilometern nicht ganz unerheblich. Und nicht zuletzt hat diese Tour trotz aller Wetterwidrigkeiten eine ganze Reihe Bilder entstehen lassen, auf die ich im Nachhinein gar nicht verzichten möchte. Und wir haben ungewöhnlich viel Spannendes erlebt. Aber - ganz ehrlich - der nächste Skandinavienurlaub darf gern E6-frei sein ;-)

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