Skandinavien März 2008 (1)

Copyright by Jan-Geert Lukner

Nach längerer Zeit stand mal wieder eine Winterreise nach Skandinavien auf dem Programm. Nicolai Werner und ich hatten uns dafür die erste Märzwoche Urlaub genommen. Abgesehen davon, dass wir mal wieder richtigen Winter erleben wollten und uns dazu die große Runde durch Norwegen hoch und durch Schweden runter am zielführendsten erschien, hatten wir keine genauen Planungen. Natürlich würden wir gern schöne Eisenbahn-Winteraufnahmen mit nach hause bringen, woher genau auch immer. Als geeignete An- und Abreisemöglichkeit fanden wir bald einen Lufthansa-Gabelflug Hamburg* - Oslo Gardermo, Stockholm Arlanda - Hamburg* für insgesamt 101 Euro. (*Nico entsprechend ab/an Frankfurt, war bisken teurer)

Freitag, 29. Februar 2008: Hamburg

Den Medien zufolge sollte morgen, am Tage unserer Abreise, ein großer Orkan über das Land fegen. Es gab Unwetterwarnungen ohne Ende. Und wir wollten fliegen... Wir waren uns einig, dass schlimmstenfalls halt Flüge gestrichen werden und wir nicht loskommen. Von einem Flugzeugunglück durch Sturm hat man jedenfalls bewusst in Deutschland eigentlich noch nie etwas gehört. Aufgrund der Wettervorhersagen für das Zielgebiet (die aber typisch skandinavisch "alles" sagten, nur keine konkrete Richtung bestimmten), fahrplantechnischer Gegebenheiten und Lust auf den mit Di8-Doppel bespannten Güterzug auf der Raumabahn hatten wir beschlossen, für die ersten paar Tage bis Di-Abend einen Mietwagen zu nehmen und eine Unterkunft im Bereich Dombås zu suchen.

Samstag, 01. März 2008: Hamburg - Dombås

Nicos Flug aus Frankfurt sollte zu einer zivilen Zeit abgehen und erst mittags in Gardermo ankommen. Mein Vogel sollte jedoch schon "vorm Aufstehen" abgehen. Um 3.30 Uhr aufgestanden, im Rechner auf der Flughafenseite nach Flugeinstellungen geschaut (ich ertappte mich dabei, auf eine Einstellung meines Fluges zu hoffen, dann hätte ich nämlich wieder ins Bett kriechen können...) und mangels entsprechender Hinweise bald aufgebrochen. Wegen des Unwetters mit Starkregen hatte ich mir gleich die Regenhose übergezogen, doch die hätte ich nichtmal gebraucht. Überhaupt war schon die Nacht über und auch jetzt noch nichts von großem Sturm zu spüren. Das ließ ja hoffen.

Um 4.21 ging es mit der S-Bahn ab Harburg. Vom Hbf aus leistete ich mir den teuren Flughafenbus von Jasper, mit dem wir an diesem frühen Morgen mangels anderem Verkehr mit -5 in Fuhlsbüttel ankamen. Auch an der großen Anzeigetafel im Flughafen gab es keine Hinweise auf irgendwelche Wetterunbilden. In Ruhe am Automaten eingecheckt, dann auf ein Frühstück in die Cafeteria auf der Balustrade oberhalb der Abflughalle gesetzt. Ich finde es immer nett, von hier bei einem leckeren Frühstück auf das Treiben unten zu schauen. Dann ohne ein einziges Piepen durch die Sicherheitsschleuse gegangen. Auf der anderen Seite angekommen, las ich es dann: "6.35 Oslo gestrichen". Hmmm, grummel...

Also am Gate mal gefragt, was denn Sache ist. Sache war nicht der noch nicht vorhandene Sturm, sondern schlichtweg der Umstand, dass der Vogel noch in der Werkstatt stände und dort wohl auch nicht so schnell rauskäme. Suuuper! So ganz schlimm war es allerdings auch wieder nicht, denn ich wurde nun über Frankfurt gebucht und würde von dort aus mit Nico zusammen fliegen können. Auf sein überraschtes Gesicht freute ich mich schon...

LH-Flug XY Hamburg-Fuhlsbüttel 06.50+60 > Frankfurt 08.00+110

Als wir dann so alle angeschnallt im Flugzeug saßen, meinte der Käpt'n, dass wir leider auf dieser Position noch 15 Minuten warten müssten. Wegen Sturm gäbe es halt nicht so viele Slots. Bisken Augen geschlossen, dabei plötzlich gewundert, weshalb das Flugzeug so schaukelt. Draußen wurde es gerade nicht heller, sondern wieder dunkler. Ein heftiger Regen prasselte hernieder und Sturmböen fingen an, das Flugzeug durchzurütteln. Und der Kapitän hatte neue interessante Botschaften: Man müsse hier nun wohl noch weitere 50 Minuten warten. Der Frankfurter Flughafen sei momentan für ca 1 Stunde ganz geschlossen worden. Erste Passagiere packten ihre Sachen und stiegen wieder aus. Dafür wurden sogleich neue Passagiere reingelassen. Die 7.30-Maschine nach Frankfurt sollte wohl ausfallen.

Neben mir saß ein Ehepaar auf dem Wege nach Buenos Aires und Montevideo zu einer Kreuzfahrt. So langsam begannen wir auf die Uhr zu schauen. Irgendwann verkündete der Kapitän dann, dass es dank seiner intensiven Bemühungen (aha!) möglich sei, nun bald einen Startplatz zu bekommen. Der Flugbetrieb sei in Frankfurt wieder aufgenommen worden. Der Flug brachte uns dann bald bis weit über die Wolken und Wetterunbilden, hier war alles gut. Obwohl die Stewardessen nicht jedem Passagier das Erreichen der Anschlussflüge zusagen konnten, herrschte eine gute Stimmung. Auch ich hatte keine Lust zu meckern, obwohl ich ja allen Grund gehabt hätte: Wäre mein Oslo-Flieger nicht ausgefallen, hätte ich von dem ganzen Sturm-Drama gar nichts mitbekommen. Die Vorhaltung von Reserven gibt es wohl bei der Lufthansa genauso wenig wie in einem gewissen anderen großen Verkehrsunternehmen...

Wir mussten dann leider noch eine Dreiviertelstunde in der Gegend von Fulda kreisen. Das war insofern unangenehm, da der Kreisverkehr schon beträchtlich unter der Strecken-Flughöhe angesiedelt war und dort unten die Luftmassen schon sehr unruhig waren. Genial sah östlich von uns das abziehende Unwetter mit seinen gewaltigen Wolkenformationen aus. Unten taten sich hingegen Löcher auf, ich konnte die großen Betonviadukte der Schnellfahrstrecke unter uns erkennen. Auch die Landung in Frankfurt fand bei Sonne statt, war allerdings die wohl übelste Landung, die ich bisher erlebt habe. Wir wurden extrem hin- und hergeworfen und alle Fluggäste waren sichtlich erleichtert, als wir alle Räder auf dem Boden hatten und uns auf der Landebahn tatsächlich auch in der dafür vorgesehenen Längsrichtung bewegten. Einige Tage später sollte ja in Hamburg gezeigt werden, dass es mit gewissen Komfortabstrichen auch anders geht.

Durch einen langen Tunnel mit Rollteppichen und bunter Licht-Illumination nun das Terminal gewechselt. Im Abflug-Terminal traf ich dann auch bald Nico, doch die Überraschung war wegen einiger vorausgegangener SMS dann doch nicht mehr da. Unser Flug nach Oslo stand interessanterweise mit nur 30 Minuten Verspätung dran. Als die Zeit dann fast um war, kam allerdings die Durchsage, dass die Maschine zwar schon bereit stände, man aber noch auf die Crew warten würde. Und die säße zur Zeit in München fest. So wurden es doch 100 Minuten Verspätung, bis man eine Ersatzcrew zusammengetrommelt hatte und wir einen Slot zum Start bekamen.

LH YZ Frankfurt 10.35+100 > Oslo Gardermo 12.30+95

Der Flug verlief ausgesprochen ruhig und angenehm. Bis auf die Spitze Jütlands war allerdings unter uns nichts zu sehen. Offenbar habe ich wettertechnisch heute Vormittag nicht viel in Norwegen verpasst. Als wir durch die Wolken nach unten durchbrachen, begann der Urlaub. Mir kam die Liedzeile "Ich bin wieder hier" in den Sinn. Vielleicht darf ich gar Norwegen schon als "mein Revier" bezeichnen? Auf den Feldern lag sogar noch eine fast geschlossene Schneedecke und nahegelegene Höhenzüge sahen nach Neuschnee aus. So richtig angekommen fühlte ich mich dann im Flughafen, als der typisch-norwegische Pølser-Geruch an meine Nase drang. Pølser (Würstchen) werden in Norwegen an jedem Kiosk und an jeder Tankstelle verkauft. Daher ist der Geruch bald wohlvertraut.

Ich bin wieder hier...

Erstmalig war es gut gewesen, bei der Autobuchung den Flug angegeben zu haben. Das Auto war zu 8.30 Uhr bestellt gewesen, jetzt war es kurz vor 15 Uhr. So wurden wir bei Europcar auch gleich nach Namensnennung begrüßt mit "Ah, Ihr seid der eingestellte Flug!?!". Wir erhielten einen Ford Fusion+ mit Winterreifen, der war genau richtig für uns. Um 15.15 befanden wir uns auf der E6 gen Norden. Die Straße war völlig frei von Schnee und gut zu fahren. Der wenige Verkehr machte zügiges Durchkommen möglich, die Wohnwagengespanne des Sommers fehlten für ein autentisches E6-Feeling, auf das wir aber sehr gut verzichten konnten. Trotz der Verspätung wollten wir an unserem Tagesziel Dombås festhalten. Wir hofften, dort beim Faksfallen-Camping unterzukommen. Zwar sind die meisten Plätze im Winter dicht, doch da die Faksfall-Hütten zu einem Bauernhof gehören, rechneten wir uns eine Chance aus.

Da wir nur sehr allmählich an Höhe gewannen, nahm der Schnee auch nur sehr unmerklich zu. Die Straße blieb allerdings bis Dombås vollkommen frei von Schnee. Als wir dann nach vier Stunden Fahrt am Faksfallen-Camping kurz vor Dombås ankamen, waren wir gut erledigt. Uns empfing eine ordentliche Kälte, die man von Norddeutschland kaum noch kennt. Auf unser Klingeln öffnete "er". Sonst wird der Platz von seiner sehr netten Frau betreut. Und offenbar störten wir etwas, denn erst hatte er keine Lust, uns eine Hütte zu geben. Die wären kalt. Als wir sagten, dass wir uns eh gleich noch in das Nachtleben von Dombås stürzen wollen, das im wesentlichen aus einem großen Imbiß-Restaurant besteht, und danach die Heizung sicher die Hütte aufgeheizt hätte, kramte er dann aber doch einen Schlüssel raus. Und siehe da: Die Heizung im Flur lief auf voller Kraft und sorgte beim Reinkommen für wohlige Wärme. Die anderen Heizungen schalteten wir auch ein, dann ging es noch in den Supermarkt. Das heutige Abendessen sollte allerdings im örtlichen Imbiß stattfinden.

Unsere Hütte von innen.

Sonntag, 02. März 2008: Dombås - Hjerkinn - Dombås

Die Hütte war wieder mal richtig klasse. So eine wohlig-warme, nach Holz duftende Hütte muss man einfach mal im Winter erlebt haben. Für 500 NOK pro Nacht hatten wir einen Riesen-Wohnraum, zwei Schlafräume, voll ausgestattete Küchenzeile und Dusche/WC. Erstmal hatten wir bis Dienstag gebucht. Das Auto hatten wir allerdings für vier Tage gebucht. Und da wir es erst um 15 Uhr abgeholt hatten, konnten wir es ja sogar bis Mittwoch 15 Uhr nutzen. Das wäre insofern gut, als am Dienstag unter anderem auch zwei private Güterzüge durch Dombås kämen, die wir dann auch noch mitbekommen würden. Ursprünglicher Gedanke war gewesen, Dienstag ab Gardermo mit dem Nachtzug nordwärts zu fahren, aber Mittwoch 15 Uhr ab Gardermo könnte man sogar noch den Nachtzug Trondheim - Bodø erreichen. Mal schauen...

Während des Frühstücks sahen wir am Himmel einige blaue Stellen. Wir waren guter Dinge, denn Dombås hat oft drei unterschiedliche Wetterlagen: Die in Richtung Romsdalen (also Gutbrandsdal aufwärts entlang der Raumabahn), Gutbrandsdal abwärts (also entlang der Dovrebahn südwärts) und auf dem Dovrefjell - dort, wo die Dovrebahn nordwärts führt. Irgendwo würde vielleicht etwas gehen.

Schöner Morgen auf dem Faksfallen Camping.

Als wir durch Dombås City rollten, sah es oben auf dem Fjell am besten aus. Einzelne weiße Bergspitzen wurden phantastisch golden von der Morgensonne vor dunklen Wolken beleuchtet. Demnächst stand ein Güterzug von Trondheim an. Es ist immer wieder ein erhebendes Gefühl, die E6 von Dombås hoch zu fahren und dann die Baumgrenze zu erreichen und zu passieren und plötzlich die große Weite der Hochfläche mit seinem Hochmoor Fokstumyra vor sich zu haben. Erst recht, wenn sich die weiße Schneeweite hier zeigt. An einer Stelle, noch deutlich vor den Fokstua-Höfen, stellten wir das Auto einfach an den Straßenrand. Im Prinzip war hier auch ein Rastplatz, aber dieser war im Winter nicht geräumt. Da wir aber hier oben eine sonntagmorgendliche Totenstille vorfanden und wir die einzigen Verkehrsteilnehmer weit und breit waren, wagten wir es einfach mal ohne Parkbucht.

Die Ruhe war absolut ungewöhnlich. Man hörte wirklich nichts! Keine Vögel, keine Autos, kein Wasser - einfach nichts! Leider hörten wir auch keinen Zug. Dafür brach die größere blaue Fläche, die eben noch über dem Fjell geherrscht hatte, immer mehr in sich zusammen. Als der Gz etwa 1/2 Stunde überfällig war, verließen wir den Punkt. Ohne Sonne gäbe diese weitläufige Landschaft nicht ganz so viel her. Für den "Roten", also den Regiontog von Trondheim mit El18 und B7-Wagen wollten wir uns lieber etwas spitzer hinstellen. Wir fuhren dafür nach Hjerkinn, wo man von der Brücke der Schießplatz-Zufahrt etwas machen konnte. Auf der Fahrt dorthin hatten wir einen Fuchs auf einem Felsen liegen sehen - so in der Position wie im Logo eines großen Outdoor-Klamottenherstellers. Als wir zurück fuhren, wurde er leider aufmerksam. Zusammen mit einem zweiten Fuch floh der Fjellreven durchs Gelände.

Ein Fjellreven ergreift die Flucht.

Ab Fokstua war die E6 dann auch immer wieder mit Eisflächen bedeckt. Besonders herrlich schlittern konnte man aber auf der Zufahrtsstraße zum besagten Skyttefelt des norwegischen Militärs. Der Rote kam dort auch ganz nett, der Berggipfel der Kolla (1651m) im Hintergrund war im Grau des Himmels kaum auszumachen. Dennoch konnte man bemerken, dass zwischen den tief hängenden Wolken auch immer wieder sattes Licht hervor brach. So gelang uns für den Gegenzug, einem Bm73, auch beinahe ein Sonnenbild von einem Parkplatz aus.

Viel Licht auch ohne Sonne...

Irgendwie hatte ich den langen gestrigen Tag noch in den Knochen. Ich war jetzt am frühen Nachmittag hundemüde. Daher mal langsam gen Dombås zurück gefahren. Nico wollte gern am Nysætervegen anhalten, um hier mal seine mitgebrachten Schneeschuhe zu testen. Der Weg selbst, der von der E6 durch das Hochmoor und unter der Bahn durch zu einer traumhaft gelegenen Almsiedlung oberhalb des Moores führt und der im Sommer gegen Maut befahren werden darf, war nun zu einer Langlauf-Loipe umfunktioniert. Und der Parkplatz davor, mitten hier im einsamen Gebirge, zu einem kostenpflichtigen Parkplatz.

Natürlich stehen hier keine Parkuhren, aber aus einem Kasten nimmt man einen Umschlag, steckt das gewünschte Geld rein, beschriftet ihn mit Name und Autonummer und wirft ihn in einen anderen Kasten. Simpel, aber zweckdienlich... Wir sahen allerdings dann doch vom Nysætervegen ab, denn Terrain zum Schneeschuhtest würden wir auch anderswo zur Genüge finden. Kurz am Bahnhof Dombås vorbeigeschaut, wo wie gestern Abend schon eine El14 angebügelt, aber stille vor sich hinstand. Dann in der Hütte erstmal ins Bett gefallen, während Nico mit seinen Schneeschuhen die schöne Umgebung des Hüttenplatzes erwanderte. Der Himmel war Grau in Grau und es rieselte etwas Schnee.

Als ich rechtzeitig für den nordwärts fahrenden TÅGAB-Papierzug nach Ranheim aufstand, schlummerte Nico in seinem Kämmerlein den Schlaf des Gerechten. Angesichts der Wetterlage habe ich ihn nicht geweckt. Und bald wurde mir die Entscheidung abgenommen, denn der Zug rollte plötzlich mit einer Stunde Verfrühung hoch oberhalb unserer Hütte am Hang entlang. Mit der interessanten Silhouette von Rc plus Di3 hätte man irgendwo im Schnee vielleicht doch etwas anfangen können. Na ja, Pech gehabt. Auch ein weiterer Güterzug von CargoNet (hervorgegangen aus der NSB-Gütersparte) hätte eine interessante Silhouette geboten, da auch dieser hinter der Zuglok eine Diesellok mitführte, El14 plus Di8 also.

Irgendwann weckte ich Nico dann aber doch mal und zusammen fuhren wir durch Dombås nochmal hoch auf's Fjell. Das ist ja immer wieder schön. Und siehe da: Dort oben zeigte sich nun ein immer größerer blauer Streifen im Westen. Die Sonne war nun untergegangen, aber wäre hier vielleicht sogar was mit den Güterzügen gegangen? Leider kann man von der Hütte aus schlecht das Wetter auf dem Fjell einschätzen, sonst wäre man vielleicht doch aufgebrochen. Einen Bm73 erledigten wir hier noch, dann ging es für paar Nachtaufnahmen zum Bahnhof. Hier stand der Talent nach Åndalsnes bereit - mit voller Beleuchtung. Bald fuhr dann auch der Rote nach Trondheim ein.

Nächtliches Treffen in Dombås.

Als beide Züge raus waren, wurde freundlicherweise sogleich der nächste Talent nach Åndalsnes bereitgestellt, was für eine dichte Zugfolge! Auch an diesem taten wir uns fotografisch gütlich, bis wir meinten, dass wir uns ein schönes Abendessen in der Hütte, bestehend aus Kjöttbullar (so heißen die jedenfalls auf schwedisch) mit Reis, Preißelbeeren und brun sås (braune Soße). Leider hatten wir aus Versehen Hühnchen-Fleischklöße gegriffen, aber die schmeckten auch. Wir aßen alles auf. Das sollte Auswirkungen auf das Wettergeschehen haben... Abends waren nach der langen Dämmerung (letzte helle Streifen verschwanden erst gegen 21 Uhr!) viele Sterne zu sehen.

Montag, 03. März 2008: Dombås rund um den Kirchturm

Wir wachten im Schneetreiben auf! So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Allerdings war dennoch klar, dass wir uns heute um den Gz von Åndalsnes kümmern wollten. Ich hatte auf irgendeinem Foto eine Stelle gesehen, wo man den Zug spitz mit Scheinwerferlicht machen können müsste. Dazu eine Schneewolke, das geht auch mal ohne Sonne. Während des Frühstücks hörte es allerdings auf zu schneien. Und jetzt, wo die tiefen Wolken sich auflösten, konnte man schon viele blaue Stellen über dem Talkessel von Dombås erkennen.

So fuhren wir also in Richtung oberes Gutbrandsdal. Schnell wurden wir jedoch gewahr, dass dort hinten im Tal die Wolken so richtig fett saßen. Daher beschlossen wir, uns dort, wo die Raumabahn in den Talkessel von Dombås einbiegt, stehen zu bleiben und einfach mal zu warten. Wir fuhren am östlichen Ende von Kjøremsgrende einen Feldweg hoch Richtung Bahn. Die starke, verschneite Steigung ging dann aber gar nicht. In der Zufahrt zu einem verlassen wirkenden Haus stellten wir das Auto an die Seite. Das war auch gut so, denn im Laufe der Wartezeit musste auf dem Feldweg tatsächlich ein Bauer mit seinem Trecker zum Holz holen durch.

Eine genaue Wetterobservation ergab, dass die Wolkengrenze ziemlich längs an der Sonne vorüberzog, die Wolken aber tendenziell laaangsam verschwanden. Noch standen wir in so einem Modderbereich, in dem Schleier das Licht mal ganz ausknipsten, dann aber wieder mit guter Intensität freigaben. Es wurde also spannend. Vor dem Güterzug kam noch ein Talent durch. Zu diesem kam auch schon die Sonne hervor, wenn auch nur mit schwacher Intensität. Wir blieben stehen. Die Sonne beglückte uns immer mehr, wir hatten einen schönen Punkt abseits der Straße, wir waren warm angezogen. Was sind da schon 55 Min Wartezeit? Ab 9.03 hatte der Talent den Blockabschnitt frei gemacht, der Gz könnte theoretisch ab Bjorli folgen und bei uns ca 9.30 auftauchen. Die Sonne kam immer besser heraus. Auch für das Seitenlicht wäre jede Minute, die der Gz später käme, ideal.

Schneewolke mit Scheinwerferlicht: Regiontog bei Kjøremsgrende.

Um 9.55 war es dann soweit. Ein Tröt in der Ferne kündigte den Güterzug an. Aus dem Wald näherte sich uns eine große weiße Schneewolke mit Scheinwerferlicht. Die Sonne zeigte sich mit fast voller Intensität, mehr konnten wir so nicht erwarten. Mit der Belichtung waren wir uns gar nicht sicher. Ich machte lieber mal eine Reihenbelichtung. Das war auch gut so, denn das Morgenlicht war halt doch nicht so intensiv wie später am Tage. Der Zug nebelte uns erstmal gewaltig ein. Immerhin waren die ersten paar Wagen mit Containern besetzt, danach kam ne größere Lücke, die angesichts der Schneewolke aber keine Rolle mehr spielte.

Nun stand der Rote auf der Hauptstrecke auf dem Zettel. Das Fjell war mittlerweile fast wolkenfrei. Aber eben nur fast. An den Bergen im Südosten hielt sich halt auch noch so eine Schleierpampe, die leider die Durchfahrt des Roten bei Fokstua doch mächtig verdunkelte. Das war sehr schade, da gerade der rote Zug hier im weiten Schnee mit vollem Seitenlicht sehr nett gekommen wäre. Auf der E6 war nun doch beträchtlich mehr los als am Sonntagmorgen. Deshalb mussten wir den Wagen auf dem einzigen weit und breit freigeräumten Rastplatz abstellen und ein ganzes Stück an der E6 zu Fuß gehen.

Die Pampe am Himmel hielt sich in diesem Bereich. Deshalb (und weil gerade nichts anstand) erstmal nach Dombås zum einkaufen gefahren und die Einkäufe in die Hütte gebracht. Nun sollte allerdings bald der Bm73 anstehen. Und das Wetter zeigte sich von der allerbesten Seite, die Wolken hatten sich immer mehr aufgelöst. Uns interessierte die offene Stelle, wo gerade der Rote nicht so gut geklappt hatte, immer noch. Wir hofften darauf, dass der blausilberne Bm73 hier dank des guten Seitenlichtes bzw leichten Streiflichtes auch gut leuchten würde.

Wir mussten uns nun doch etwas beeilen, denn als wir am Parkplatz ankamen, sollte der Zug Dombås schon verlassen haben. Und wir mussten noch 500m auf der Straße zurücklegen. Klappte aber. Dann schnell die Bande von festem Schnee an der Seite der Straße erklommen und die Kameras bereitgelegt. Ich äußerte noch die Hoffnung, dass ja auch gern mal der einzige rote Bm73 kommen dürfte, der 73 107, der nach dem Bergenbahn-Lawinenunglück grundsaniert und im neuen NSB-"Tomatsuppedesign" lackiert / beklebt worden war. Einzelne Wolken zogen über die Hochfläche, wir konnten nur hoffen. Zu hören war der Zug sicher nicht vorher, denn die E6 war nun gar nicht mehr leise.

Dann tauchten die Lichter des Zuges auf der Hochfläche auf. Der Blick durch mein Teleobjektiv ließ mich stutzen, die Front des Bm73 sah ungewohnt aus. Diese "Augenbinde" um das Frontfenster, und dann sah ich rot! Unglaublich! Das, was da auf uns zu kam, war doch tatsächlich der 73 107. So bekamen wir doch noch ein Bild von einem roten Zug auf dem Fjell! Wir mussten uns jetzt nur darauf konzentrieren, dass Auslösemomente und die vielen kleinen einzelnen Büsche entlang der Bahn einigermaßen harmonierten. Vier verschiedene Perspektiven gab es von dieser Durchfahrt. Das Licht war voll, die Welt wunderbar!

Der erste Bm73 im "Tomatsuppedesign" unweit Fokstua.

Zurück am Parkplatz feierten wir das Ereignis dann auch erstmal mit Mohnhörnchen und Tubenkäse der Geschmacksrichtungen Schinken und Salami. Dieser Tubenkäse ist einfach praktisch und lecker! Wie wir also noch so am feiern waren, nahmen wir plötzlich eine Bewegung auf der Bahnstrecke wahr. Eine El16 in der neuen, hellen CargoNet-Farbgebung zog eine lange Reihe leerer Containertragwagen durch das verschneite Hochmoor! Bildblätter muss man natürlich lesen können. Neben dem Samstagszug in dieser Trasse stand noch eine Zugnummer. Und diese Zugnummer sollte Mo-Fr fahren. Schön, dass wir das jetzt also auch wussten!

Ohne groß miteinander drüber zu sprechen, ließen wir uns von dem Zug nicht weiter aus der Ruhe bringen. So interessant die neufarbene El16 auch war, so ätzend sind diese leeren Containerwagenzüge. Hier auf der Hochfläche hätte das nicht viel gebracht. Statt dessen fuhren wir nach dem Essen zum Bahnhof, wo die beiden Di8 neben der immer noch angebügelten El14 standen. Erst vom Bahnsteig aus einen Trecker mit Schneeschleuder im Gegenlicht in der Südeinfahrt fotografiert, dann von der Fahrdienstleiterin die Erlaubnis erhalten, mit Warnwesten in die Gleise zu gehen, um die stehenden Loks zu fotografieren. Züge lagen erstmal nicht an.

Warten auf den nächsten Einsatz: Di8 und El14 in Dombås, dem Modell-Bf mit den zwei Tunnelportalen.

Das nächste waren der Talent von Lillehammer nach Åndalsnes und ein folgender Güterzug nach Trondheim. Da der Güterzug ja auch gut vor Plan kommen könnte, bezogen wir einfach schon eine Stunde früher den Standpunkt für diese beiden Züge. Es handelte sich um einen kleinen Sporntunnel südlich von Dombås, der als Motiv für Südfahrer ganz bekannt ist, von dessen Rand aus man aber auch Nordfahrern auflauern kann. Das hochkraxeln war etwas mühsam, wobei man im Schnee besser "Treppen" bauen konnte, als dort, wo der Schnee weggetaut war. Da oben mussten wir uns allerdings eine ganze Weile gedulden, denn beide Züge kamen exakt "i rute".

Den Talent gab es mit 90mm ohne den Bauernhof an der Tunneleinfahrt, den Güterzug dann mit 50er und Bauernhof. Und was hatten wir für ein Glück: Der Güterzug hatte ebenfalls eine neulackierte El16 vorgespannt! So hatte man diese Farbgebung auch mal im Kasten. Nun unfallfrei wieder runtergekraxelt und für einen südfahrenden Bm73 auf dem Fjell vorbeigeschaut. Kurz vor Fokstua überholten wir dabei den eben noch fotografierten Güterzug, der ja einen langen Umweg mit Rundkehre nehmen muss, um an Höhe zu gewinnen. Trotz Vereisung mal etwas zügiger gefahren, doch ich als Fahrer habe jedenfalls am Vålåsjøn kein Bild mehr hinbekommen.

Für den aus einem Bm73 bestehenden Regiontog wählten wir die einzige Stelle, wo man per Auto auf dem Fjell auf die Westseite der Bahn gelangen kann: Das Hjerkinn skytefelt. Die Militärhallen lagen wie ausgestorben da, die Verwaltung befindet sich ein Stück abseits. Dumm war nur eine fitzelige Wolke, die hier genau vor der Sonne herumwaberte und trotz ständiger Bewegung in ihrer Struktur nicht von der Sonne verschwand. Daher überlegte ich mal ein Experiment: Ein Bild von der Brücke mit dem Zug im schattigen Einschnitt vor dem hell erleuchteten weißen Bergkegel der Kolla. Nico hingegen schnallte die Schneeschuhe über und versuchte etwas von der Westseite. Tatsächlich war die Sonne zum Zug wieder da, aber so ganz übel fand ich meine Ansicht dann auch nicht.

Ein Bm73-Doppel an der höchsten Stelle der Dovrebahn. Dahinter die Kolla (1651m).

Nun fuhren wir nochmal zum Vålåsjøn, denn der Blick über den verschneiten See auf die Bahn kam im abendlichen Streiflich sehr nett. Und es sollte noch ein nordwärts fahrender Güterzug kommen. Der klappte dann auch sehr nett im Streiflicht, ätzend war bloß, dass der Zug nur wenige Container geladen hatte. Das scheint in Norwegen ein typisches Wochenend- und Montagsproblem zu sein. Nach einigen Stimmungsaufnahmen von der E6, zu denen aber gerade die Sonne verschwand, ging es zurück nach Dombås.

E6-Fotografie: Nachschuss auf einen LKW beim Hageseter, das Sonnenlicht verabschiedet sich gerade.

Dort warteten wir am Bahnhof auf den aus Trondheim zurückkehrenden roten Bm73, den wir im Dämmerungslicht zur blauen Stunde verewigten. Der Aufenthalt dauerte etwas länger, weil der anbringende Tf verschwunden war und niemand auf das Abfahrtssignal des Fdl reagierte. Erst nach fünf bis zehn Minuten tauchte der neue Lokführer auf... Die Bilder klappten sogar noch ohne Stativ. Dann schauten wir mal nach den Öffnungszeiten der örtlichen Bibliothek. Zufällig war sie gerade montags bis 19 Uhr geöffnet, so dass wir direkt mal ins Internet schauen konnten.

Es ist ja immer selten, dass mal in Skandinavien eine klare Wettertendenz angezeigt wird. Diesmal zeigten einige Wetterberichte zwar auch für den Süden Sonnensymbole in der zweiten Wochenhälfte, alle jedoch einhellig für Narvik und Umgebung für Freitag! Schwedische Wetterberichte bestätigten dies mit dem Sonnensymbol für Abisko und Riksgränsen zum Ende der Woche. Das bestärkte uns, doch mal da oben rum zu fahren, nachdem wir schon überlegt hatten, dass es rund um Dombås ja auch noch genügend zu tun gäbe. Also zum Bahnhof gefahren und den Roten am Mittwoch-Nachmittag ab Gardermo nach Trondheim und dann den Schlafwagen Trondheim - Fauske zu buchen. Das klappte auch alles. Zu zweit kann man sich den Schlafwagen in Norwegen ja noch leisten (grundsätzlich kostet ein Abteil ca 100 Euro Aufpreis, nutzbar ist es allein oder zu zweit).

Beim Verlängern und Bezahlen der Hütte erzählte die Wirtin (diesmal war sie selbst wieder da und nett wie immer) von dem Flugzeug-Beinaheunglück in Hamburg, wobei ich zunächst verstanden hatte, dass das mit einem aus Hamburg kommenden Flugzeug in Oslo passiert wäre. Zum Abendessen wollten wir es nochmal mit "richtigen" Fleischklößen probieren. Preißelbeeren waren ja noch genug da. Diesmal wurde es doch recht viel... Abends ein begeisternder Sternenhimmel über uns!

Dienstag, 04. März 2008: Dombås - Lesjaverk - Kvam - Dombås

Von der Klarheit des Abends war nichts mehr übrig geblieben. Es schneite ganz ordentlich. Doch wie gestern klarte es im Laufe des Frühstücks gewaltig auf. Wir wollten uns nochmal um den Güterzug von Åndalsnes kümmern und fuhren in Richtung Bjorli. Das obere Gutbrandsdalen vor uns sah aus der Ferne relativ wolkenfrei aus. Doch es gab tief hängende Schneewolken, die immer mal ganz überraschend vor einem auftauchten und die ein Stück weiter wieder vorbei waren oder sich im Nu' auflösten.

Als es für den Talent Zeit wurde, hielten wir einfach mal an einem Bahnübergang an. Das Gleis war im Schnee kaum zu erkennen. Die Sonne versuchte tapfer, sich durch die Nebelschwaden durchzukämpfen. Leider schaffte sie es in voller Güte erst, als der Talent uns in eine weiße Schneewolke eingehüllt hatte. Wir fuhren nun weiter. Bereits nach einem Kilometer sahen wir links eine Brücke über die Bahn führen. Wir fuhren zur Erkundung mal rein, nervten dabei ein Räumfahrzeug (auf dieser besseren Häuserzufahrt!), das für uns ausweichen musste, stellten aber fest, dass hier durchaus etwas gehen könnte.

Zeit hatten wir noch, und so schauten wir mal weiter bis Lesjaverk. Der Standpunkt, den ich im Hinterkopf gehabt hatte, kam allerdings nicht und alles andere gefiel uns nicht ganz so gut. So zur Brücke zurück gefahren, wo der Räumdienst jetzt fertig war, und auf den Güterzug gewartet. Der Güterzug kam wieder in einer riesigen Schneewolke. Das war auch gut so, denn er kutschierte nur einen einzelnen Container irgendwo in Zugmitte durch die Gegend. Sehr sparsam!

Schneewolke mit Scheinwerferlicht: Containerzug mit einer Kiste auf der Raumabahn.

Erst überlegten wir, dass wir ja hier an der Strecke, an der wir noch soooo viele offene Motive hätten, bleiben könnten. Neben den Talenten müsste auch noch der CargoNet-Autozug durchkommen. Diese Autozüge sind relativ neu. Während früher immer einzelne Autowagen an die Containerzüge gehängt wurden, ist das Aufkommen jetzt so gestiegen, dass ein ganzes Netz von Autozügen ab Verladehafen Drammen gefahren wird, das im wesentlichen von der privaten Ofotbane AS (OBAS) betrieben wird. Nur die Züge nach Stavanger und Åndalsnes werden von CargoNet durchgeführt. Eine Übersicht über die 1-3x wöchentlich fahrenden Züge gab es im Lokreport 03/08.

Angesichts dunklerer Wolken auch in höherer Lage im Westen gaben wir den Gedanken des Hierbleibens jedoch auf, zumal die Wolken auf uns zu zogen. In der Wettervorhersage für heute hatte es geheißen, dass es eh nur Gutbrandsdal-abwärts gut aussähe. So also mal in die Richtung gefahren. In Dombås herrschte etwa 50% Sonne neben größeren Wolkenfeldern. Durch einen Einkauf leider einen Güterzug mit dunkler El16 verpasst, für den wir aber ohnehin hier oben kein passendes Motiv gehabt hätten.

Nein, dies ist keine Eisenbahnfotografie, auch wenn ein von uns verpasster Güterzug den Schnee hinterm Gaul aufwirbelt...

Ein bei mir dauerhaft offenes Motiv sind einige wunderschöne Gutbrandsdal-Höfe südlich von Otta. Irgendwann hatte ich mal festgestellt, dass man diese vormittags von der E6 aus über den Fluss rüber aufnehmen könnte. Dorthin steuerten wir nun für den Roten. Da unten sah es lichttechnisch auch ganz ansprechend aus. Ein Bm73 der Gegenrichtung ging nördlich Sjoa, wobei das erhoffte Streiflicht leider nicht besonders gut reflektierte. Als der Rote kommen sollte, legte sich erstmal ein Wolkenschatten auf das Motiv. Eine kleine Mini-Furzwolke. Der Hang oberhalb der Bahn bekam schon wieder Licht. Langsam wanderte das Licht an der Steilwand abwärts. Dann kam der Zug. Die Wolkengrenze war fast bis zum Talgrund gekommen. Der Zug war im Motiv. Dunkel. Das Motiv wurde hell. Der Zug war weg. Schöner Bauernhof, wir sehen uns wieder...

Die Wolken wurden immer größer. Im Süden sollte es ja schön sein, deshalb einfach mal weiter gefahren. Dumm nur, dass jetzt wieder die große Zugpause kam. Bei einem Bahnübergang mit Zweirichtungsblick an den Straßenrand gestellt und den Tubenkäse ausgepackt. Zum Standpunkt musste man allerdings einen vereisten Weg abwärts glitschen (fahren wäre in dieser Richtung wohl auch gegangen, zurück dann aber nur mit Nachschub...). Wenn Sonne war, wurde ich im Auto nervös und schlitterte hinab, während Nico weitermampfte. Wenn ich unten im eisigen Wind stand, ging das Licht wieder weg. Nachdem das paarmal so gegangen war und auch der Autozug aus Åndalsnes nicht erschien, fuhren wir mal weiter bis Kvam. Hinter Kvam schöne Fotokurve, Sonne kam auch immerhin noch so in Dreiviertelstärke für längere Zeit durch. Aber kein Zug.

Mittagsmahl im Auto: Wichtig ist der Tubenkäse (links). Die Frikadelle versteckt sich hinterm Senf.

Weiter voraus sah es auch nicht besser aus, daher wieder zurück gefahren. Hinter Kvam entdeckte ich eine Brücke zu einer Wiese, die gut als Standpunkt dienen konnte. Nach längerer Wartezeit fing es unter der Brücke an zu brummen: Gz mit neufarbener El16 südwärts, Talent und zwei Güterzüge mit El14 nordwärts. Die Sonne kam bestenfalls diffus hinter den Schneewolken hervor. Vor dem eisigen Wind fand ich Schutz in der Brücke, wo die Schutzbleche vor der Fahrleitung nicht horizontal, sondern aufrecht bis Mannshöhe angebracht waren - zum Glück nur über dem Gleis. Nico hielt derweil ein Schläfchen im Auto.

Südfahrer mit El16 im neuen hellen Design von der Feldwegbrücke aus.

Durch nunmehr stark zunehmenden Schneefall ging es auf der E6 wieder nordwärts. Schade, dass das Wetter abgestürzt war, denn nun standen neben einigen CargoNet-Gz und Personenzügen auch noch zwei Privatzüge an. Als erstes kam der TÅGAB-Papierzug von Ranheim mit seiner Rc und NOHAB zurück. Diesen verarzteten wir einfach mal im Schneegestöber zwischen Brennhaug und Dovre. Besser Schneegestöber und weiße Landschaft als Grau in Grau! Dann weiter zum Bahnhof Dombås gefahren.

Dort gab es im Schneegestöber zusammen mit einem Eisenbahnfan aus Schleswig einen Bm73, den auf die Ausfahrt wartenden Gz nach Åndalsnes mit den Di8ern und zwei andere CargoNet-Gz. Dann hörte der Schneefall schlagartig auf und es kam sogar - nein, keine Sonne! - aber eine ordentliche Helligkeit aus westlicher Richtung unter unsere Wolke. So ging der OBAS-Autozug aus Trondheim ohne weiße Flocken im Bild. Er wurde heute von einer geliehenen schwarzen SJ-Rc gezogen. Auch wenn ich mich mit dieser Un-Farbgebung gar nicht anfreunden kann, so wirkte diese schwarze Lok hier in Dombås doch angenehm kurios!

OBAS-Autozug rollt durch den Bahnhof Dombås.

In der Hütte war dann zum Abendessen Resteverwertung angesagt. Es gab ein Tikka Masala. Diese Soße aus dem Hause des Onkels mit dem Automarkennamen gibt es leider nur in Norwegen. Da wir nicht mehr so viel Reis hatten, gab es hinterher noch Rømmegrøt als Nachtisch. Wir parkten den Wagen vor der Hütte so, dass wir vorwärts raus kamen, falls wir eingeschneit werden sollten. Denn morgen war Abschied vom Faksfallen angesagt!

Mittwoch, 05. März 2008: Dombås - Gardermoen - NZ ab Trondheim

In der Nacht hatte es kräftig geweht und auch geschneit. Entsprechend hoch waren einige Schneeverwehungen. Doch der Weg zu unserer Hütte wurde um 7 Uhr von einem Trecker freigeschaufelt. Und für die vereiste Frontscheibe gab es eine Frontscheibenheizung :-) So stand einem pünktlichen Aufbruch nach Reinigung der Hütte nichts mehr im Wege. Um 8.30 waren wir "on the road". Die E6 war jetzt auch hier unten von einer festgefahrenen Schneedecke bedeckt. Dennoch konnte man zügig fahren. Nur in den Kurven ging es "gefühlvoller" zu. Größtes Gefahrenpotential ging von Leuten aus, die aufgrund der Wetterlage meinten, dass sie mit 40 durch die Gegend juckeln müssten und die man auf der glatten Fahrbahn überholen musste.

Trotzdem gelangten wir gut das Gutbrandsdalen abwärts. Ab Lillehammer war die Straße dann auch wieder vollkommen schnee- und eisfrei. Wir hatten ordentlich Reserve eingeplant, so dass wir uns bei Moelv erstmal auf paar heiße "vaffler med syltetøy" in einen Kro setzen konnten. Auf Höhe von Hamar stellten wir fest, dass wir noch immer viel zu früh dran wären. Außerdem stellte Nico fest, dass er gern das Buch "Banedata" hätte, das es im hiesigen Eisenbahnmuseum zu kaufen gibt, wenn das Museum denn mal auf hat. Wir also durch die ganze Stadt zum Museum gefahren und - es hatte auf! Im Eingangsbereich wieselten viele Menschen rum, offenbar waren Norwegens Eisenbahnfreunde gerade alle gleichzeitig zu Besuch. Nun ja. So hatte Nico also sein Buch, ich hatte einen glücklichen Reisebegleiter und gemeinsam ging es in die Endetappe zum Flughafen.

Es war ein völlig neues Gefühl, zur Auto-Rückgabe zum Flughafen zu fahren, ohne dass der Urlaub zuende ist. Im Gegenteil, wir konnten uns auf eine abwechslungsreiche zweite Urlaubshälfte freuen. Nach der Abgabe des Autos, mit der wir voll und ganz in der Viertagesfrist der Verleihdauer geblieben waren, genehmigten wir uns ein Nachmittagsessen bei Peppes Pizza in der Flughafenhalle, bevor wir dann zum Bahnsteig des Flughafenbahnhofs hinabstiegen. Unten trafen alle 10 Minuten die Flughafenzüge "Gardermo-Ekspress" ein. Und wahre Menschenmassen ergossen sich aus jedem Zug. In einem Land, in dem ein Großteil des Binnenverkehrs nur vernünftig per Flugzeug abgewickelt werden kann, kommen solchen Flughafenzügen natürlich eine enorme Bedeutung zu. Wir warteten hingegen auf den "Roten", dessen El18 bald mit den B7-Wagen um die Ecke kam:

Regiontog 45 Oslo Lufthavn Gardermo 14.45 > Trondheim 21.00

Es kam mal wieder, wie es kommen musste. Das Reservierungssystem hatte erneut geschafft, uns zielgerichtet in eine Vierergruppe zu buchen. Ich habe mich schon an anderer Stelle darüber ausgelassen, dass ich lieber in der "Reihe" sitze, dass ich aber in Skandinavien dauernd in Vierer gebucht werde. Überhaupt ist diese quasi-Reservierungspflicht zum kotzen. Meist wird man in einen vollen Wagen gefercht, während einem im Nachbarwagen die leeren Sitzreihen entgegen lachen. Setzt man sich aber einfach in solch eine leere Reihe um, so steht am nächsten Halt garantiert jemand vor einem, der genau diesen Platz leider reserviert hat. Und bei jedem Umzug muss man dem Schaff erklären, warum man nicht mit seinen vier Buchstaben auf dem gebuchten Platz sitzen bleibt.

Uns gegenüber saß ein älterer Herr. Das war angesichts luxoriöser Sitzabstände zwar nicht weiter schlimm, aber die Abgeschiedenheit der Reihenbestuhlung, wo man auch mal beim Essen krümeln kann, ohne dass einem jemand auf die Finger schaut, finde ich einfach netter. Auf der anderen Seite des Ganges im Nachbar-Vierer dann der Horror schlechthin: Ein Kleinkind hopste auf den Sitzen rum und quiekte dabei in allen Tonlagen. Dagegen konnten auch die Apokalypiker aus dem MP3-Player nichts ausrichten. Glücklicherweise zog die Frau mit ihrem Blag bald in den Lekevogn (Spielwagen) um. Der Schaffner bejahte unsere Frage, ob wir uns auf die frei gewordenen Plätze setzen könnten. So hatten wir wenigstens kein Gegenüber. Das Gegenüber stieg erst an der nächsten Station ein...

Ich zog einfach um, auch in dem Bewusstsein, dass ich wahrscheinlich an fast jeder Station den Platz wechseln müsste. So hatte ich aber bis Dombås einen wunderbaren Platz und bald war der Frust vergessen. Hinter Lillehammer kreuzten wir mit dem Mittwochs-Autozug aus Åndalsnes, der auch hier unten noch mit Di8 fuhr. Teilweise fuhren wir durch dichtes Schneegestöber, aber unserer Fahrt tat dies keinen Abbruch. Und etwa zehn Stunden, nachdem wir heute in Dombås aufgebrochen waren, sah man tief unter dem Zug die verschneiten Hütten des Faksfallen-Camping liegen. Fast waren die schönen Tage in der Hütte schon nicht mehr wahr. In Dombås siedelte ich um in unseren Wagen, wo auch eine Zweiersitzreihe frei geworden war, die ich bis Trondheim behalten konnte. Nördlich vom Gebirge lag in Meeresnähe schon deutlich mehr Schnee als südlich des Dovrefjells.

Roocherpause in Oppdal.

Die B7-Wagen machten übrigens einen furchtbar heruntergekommenen Eindruck: Entlang der ganzen hellen Wagendecke zeigten sich zahlreiche Schmutzspuren, die Schaumstoff-Armlehnen waren alle angeknibbelt, die Abteiltüren liefen z.T. nicht mehr in ihren Schienen und es quietschte auch ohne Kleinkind aus allen Ecken. Zudem war der Zug extrem schlecht gekuppelt. Diese ganzen Begleitumstände solch einer Bahnfahrt sind unheimlich schade. Denn eigentlich ist doch nichts schöner, als aus dem an sich sehr bequemen Wagen mit langen Abständen zwischen den Fensterstreben und entsprechend guter Sicht in die atemberaubende norwegische Landschaft zu schauen, in der es auch auf den weniger spektakulären Abschnitten so viel zu entdecken gibt. In Støren stand die JBV-MZ mit einem vorgeschnallten Schneepflug. Leider konnten wir kein Bild machen, der Zug hielt zu kurz.

In Trondheim gingen wir erstmal in das Stasjonscafé. Dort gab es einen leckeren Hamburger mit Pommes. Hightech: Bei der Bestellung erhielten wir ein Plastikteil. Als das dann zu piepen anfing, mussten wir vorn das Essen abholen... Dann checkten wir in den Nachtzug ein. Die Zeiten, wo dazu in der Bahnhofshalle die Check-in-Häuschen aufgestellt wurden, sind vorbei. Statt dessen geht man jetzt in den Cafévogn des Nachtzuges und lässt sich dort die Nøkkelkårt (Schlüsselkarte) für das Schlafwagenabteil geben.

Wenn das kleine Ufo anfängt zu piepsen, muss man sich seinen Hamburger vorn abholen.

Unser Di4-geführter Nachtzug bestand aus zwei Sitzwagen, einem Liegesitz-, einem Café- und zwei renovierten Schlafwagen. Wir schlossen unser Gepäck in unser Abteil ein und machten uns mit Stativ bewaffnet ans fotografische Werk. Diese Zeit ist sehr interessant: Der Tageszug mit Di4 aus Bodø kommt an, ein Bm73 aus Oslo kommt an, die Nachtzüge nach Oslo und Bodø stehen am Bahnsteig bereit und der Lokalverkehr der Trønderbahn mit Bm92 rollt auch immer wieder durch den Bahnhof.

Trondheim: Links ist der Dagtog aus Bodø angekommen, rechts steht der Nachtzug nach Oslo bereit.

So gab es also einiges zu fotografieren. Auch einen Güterzug mit DB-Schenker-Container wollte ich gerade aufnehmen, da setzte er sich in Bewegung. Wobei das Bild dennoch ganz interessant geworden ist. Im Schlafwagenabteil gab es anschließend noch zwei Lettøl für uns, die Nico unter Einsatz seines ganzen Charmes den zwei Café-Verkäuferinnen zum Außer Haus-Verkauf abluchsen konnte...

Regiontog 475 Trondheim 23.35 > Fauske 08.25+58

Die neuen Schlafwagen laufen ja herrlich ruhig und sind überhaupt nett aufgemacht. Besonders ideenreich finde ich die Sitzgelegenheiten im Gang mit ausklappbaren Tischchen dazwischen. Klappsitze auf dem Gang sind natürlich nichts neues, aber so gemütlich gestaltet gibt es das anderswo eher nicht. Wir schliefen jedenfalls tief und fest. Im Laufe der Nacht muss irgendetwas Berichtenswertes passiert sein, wir wissen aber bis heute nicht, was...

Der Gang des Schlafwagens mit seinen gemütlichen Klappsitzen.

Fortsetzung

Zurück zum Archiv . Zurück zum Eingang