Copyright by Jan-Geert Lukner
Zusammen mit drei Kollegen (und Spindnachbarn - Gruß nach Langenfelde!) ging es für mich nun schon das neunte Mal nach Graubünden, nach Bergün an der weltbekannten Albula-Bahn mit ihren vielen Kehrschleifen. Hatten die Urlaube bis vor einigen Jahren noch eher einen bahnlosen Charakter gehabt, so ist mittlerweile (auch durch die jeweilige Zusammensetzung der Gruppe, die immer wieder anders ist) doch das Haupt-Augenmerk auf Bahnfotos gerückt. Der Januar als Reisezeit ist noch mit den "bahnlosen" Ambitionen vorangehender Touren begründet. Haupt-Aktivität war allermeist das Rodeln auf der sechs Kilometer langen "Schlittelbahn" von Preda nach Bergün. Mit dem Zug der Rhätischen Bahn fährt man hoch und mit dem Schlitten wieder hinunter. Dazu ist der Januar ideal, weil noch keine Winterferien sind und die Rodelbahn immer schön leer ist. Die Foto-Aktivitäten sind angesichts kurzer Tage und langer Schatten jedoch eher eingeschränkt. Man muss schon sehr genau wissen, wann wo die Sonne hin gelangt.
Wenn das Thema "Rhätische Bahn" ins Gespräch kommt, ist meist nur von zwei Zügen die Rede: Vom Glacier- und vom Bernina-Express. Dabei hat die Rhätische Bahn noch wesentlich mehr zu bieten. Die Züge über die weltberühmten Strecken werden nicht nur von Touristen aus aller Welt genutzt, sondern dienen durchaus der einheimischen Bevölkerung als Alltagsverkehrsmittel. So gibt es auf (fast) allen RhB-Strecken mindestens einen Stundentakt, wie andernorts in der Schweiz auch. Ich persönlich finde aber etwas anderes am faszinierendsten: Den Güterverkehr. Mit riesigem Aufwand sorgt die RhB dafür, dass auch das nur auf schmaler Bahn-Spur erschlossene Graubünden nicht vom umweltfreundlichen Transportmittel Bahn abgehängt wird. So unwirtschaftlich dieser Güterverkehr mit oft sehr kurzen Zügen auch sein muss, so steht er doch für mich persönlich dafür, dass die RhB eben doch mehr ist, als nur eine überdimensionale Vergnügungseisenbahn...
Zuerst kam die lange Anreise:
Zwei Kollegen kamen vom Hauptbahnhof und hatten uns schon mal ein Abteil gesichert. Das wäre allerdings nicht unbedingt nötig gewesen, der Zug war zumindest ab Hamburg recht leer. Zu Dritt ging es erstmal auf ein "Boulevard-Frühstück" in den Speisewagen. Interessant ist ja immer, wie verschiedenartig bei diesem Frühstück aufgetischt wird. Diesmal gab es nur ein Aufback-Baguette, ein Croissant und zwei Scheiben Brot für jeden. Da konnte man den reichhaltigen Aufschnitt extra dick drauflegen. Erst als der gesamte Aufschnitt weg war, kam der Kellner mit der Frage, ob wir noch Brot haben möchten. Har har... Dennoch war das gepflegte Frühstück schon mal ein netter Start in den Urlaub.
Durch trübes Wetter ging es bis vor Frankfurt. Im Kinzigtal waren erste klitzekleine Auflockerungen zu sehen. In der Rheinebene konnten die vorwärts fahrenden Kollegen bald vermelden, dass voraus nur noch blauer Himmel zu sehen sei. Durch bestialische Theaterbeleuchtung "flogen" wir südlich von Karlsruhe zwischen schwarzen Wolken und der Wintersonne dahin. Die Landschaft machte angesichts des bisher viel zu warmen Winters geradezu einen frühlingshaften Eindruck. Wir sahen sogar Leute im T-Shirt draußen...
Nachdem wir an der EU-Außengrenze nicht kontrolliert worden sind, standen wir in Basel SBB. Die Brücke mit den Bahnsteigzugängen war in eine Schlemmermeile umgebaut worden. Das wirkte jedenfalls freundlicher als der bisherige Tunnel. Nach Chur standen nun zwei Züge bereit - faszinierend! Da fahren nun seit zwei Jahren zu jeder Stunde zwei Züge von Basel nach Chur - der eine ohne Halt bis Zürich, der andere ohne Halt ab Zürich bis Sargans. Und kurz waren beide Züge nicht. Diesmal bestanden beide sogar aus den Doppelstock-IC-Wagen. Bisher kannten wir das so, dass einer doppelstöckig und einer "klassisch" gebildet war. Sicherheitshalber entschieden wir uns für den ersten Zug, man weiß ja nie... Der letzte Wagen war ein einstöckiger Steuerwagen ohne Kontakt zum übrigen Zug, da bei den Doppelstockwagen die Übergänge im ersten Stock liegen.
Man hätte ja fast lieber an der Strecke gestanden. Im tief stehenden Licht konnten wir die lange Schlange unseres Zuges mit hellblauer Werbe-Lok2000 durch die schöne Landschaft brausen sehen. Und was für einen Eindruck macht doch die schweizer Infrastruktur, über die wir schnell dahin glitten. Immer wieder kamen neu aussehende kreuzungsfreie Ein- und Ausfädelungen, größere Bahnhöfe wurden ganz umfahren (z.B. Olten). Dann hinter Zürich die Fahrt am Zürich- und Walensee entlang. Immer wieder ein Erlebnis! Auch die eingleisigen Abschnitte am Walensee auf dieser dicht befahrenen Strecke (3 Pz je Stunde und Richtung plus ECs Ri Österreich plus Güterzüge) konnten unsere Pünktlichkeit nicht zu Fall bringen. In Landquart hatten wir das RhB-Land erreicht und nach pünktlicher Ankunft in Chur beobachteten wir die "Albula-Lok" der RhB (eine von den modernen Ge4/4III), die gerade den Glacier-Express, der im Winter nur aus einer Kurswagen-Gruppe besteht, vom Zug aus Disentis auf unseren Zug umsetzte. Der zweite Zug von Basel traf ebenfalls pünktlich in Chur ein, dann ging es auf schmaler Spur weiter:
Früher hatte dieser Zug in Reichenau-Tamins immer einen längeren Aufenthalt zum Kurswagen-Aufnehmen. Um diesen Aufenthalt und das Rangierpersonal zu sparen, müssen die Kurswagen nun die paar Kilometer zwischen Reichenau und Chur doppelt fahren. Hinter Reichenau sahen wir auf einer schattigen Wiese eine erste größere Restschnee-Fläche. Wir gingen davon aus, dass wir nach einem Abendessen noch die eine oder andere Schlitten-Abfahrt wagen konnten. Zwischen Alvaneu und Filisur war zum Teil in Schattenlagen noch durchgehend Schnee vorhanden. Nach Übertritt über die 1000m-Höhengrenze nahm der Schnee kontinuierlich zu. Dann bogen wir in den Talkessel von Bergün ein (Höhe 1348m). Hier war alles weiß! Nur die Südhänge waren braun, aber das kannten wir schon von anderen Jahren.
Uns schlug wieder dieser "Kuhduft" entgegen, der dieses Dorf so sympatisch macht. Während es in anderen Wintersportorten eher nach Sonnenchreme riecht, ist hier alles etwas ursprünglicher und bodenständiger.
Nach dem Einchecken in unsere Ferienwohnung ging es sogleich in unser Stamm-Restaurant aus den letzten Jahren, dem "Piz Ela" (benannt nach dem Berg, zu dessen Füßen Bergün liegt). Samstag ist hier der Tag mit dem stärksten Aufkommen, aber nach kurzer Wartezeit wurde für uns ein Tisch frei. Auf die Speisekarte mussten wir eigentlich gar nicht schauen, bei dem Hunger, den wir hatten, kam nur das große Skilehrer-Schnitzel in Frage! Mit vollem Bauch legten wir nun in der Wohnung die dicke Winterausrüstung an und liehen uns für die gesamte Woche Schlitten (60 SFR pro "Rennrodel").
Die Fahrt über diesen wohl imposantesten Teil der RhB mit seinen Kehrschleifen oberhalb des Dorfes Bergün, seinen drei 360°-Kehren und seinen vier Viadukten über die Albula ist immer wieder ein Erlebnis. Jetzt bei Dunkelheit beleuchteten die Flutlicher der Schlittelbahn die Szenerie in dem engen Tal beeindruckend. Wenn man als Rodler hier einige Male bei Dunkelheit hoch gefahren ist und für knapp 10 Minuten Schlittenfahrt 16 Minuten im Zug sitzt, wird die Bahnfahrt allerdings bald lästig, gerade wenn der Zug voll ist und man mit seinem Schlitten im Vorraum steht. Von Preda aus konnten wir im Schneckentempo die zwei Kilometer bis zum eigentlichen Start der Rodelbahn durch die dunkle Nacht unter einem Wahnsinns-Sternenzelt dahin gleiten. Dann ging es hinab. Weil das Gerodel nicht ganz ungefährlich ist und man besser die Bahn und ihre Tücken im Langsamgang kennen lernt, ließen wir es langsam angehen und fuhren erst zwei Stunden später zu einer weiteren Abfahrt aufwärts:
Nun ging es in 7:05 Minuten hinab. Danach fielen wir totmüde ins Bett...
Morgens war der Himmel so klar, wie er es gestern schon versprach. Im Laufe des Frühstücks wurden immer mehr Bergspitzen rund um den Piz Ela von der Sonne golden angestrahlt. Bevor die Sonne den Talkessel von Bergün erreichte, wollten wir allerdings schon die Kurve gekratzt haben. Die Kollegen wollten gern bis Tirano und zurück fahren. Das war nur noch Sonntag möglich, da ab Montag bis in den März hinein der Abschnitt Posciavo - Tirano im Schienenersatzverkehr bedient werden sollte (Bahnhofsumbau Tirano). Angesichts des Wetters und der Tatsache, dass wir bereits gestern lange genug im Zug saßen, entschied ich mich zu Streckenaufnahmen. Da heute Sonntag war, konnte Nil nach Graubünden kommen. Wir verabredeten uns um 11 Uhr in Sagliains.
Dieser Umlauf hatte schon in den letzten Jahren immer keine der neuen Ge4/4III vorgespannt, sondern eine von den schönen Sechsachsern Ge6/6II. In Bever wurde dieser schöne Zug, der reinrassig aus alten roten Wagen bestand und somit als "klassisch" bezeichnet werden könnte, erstmalig richtig knackig von der Sonne erfasst. Wir überlegten, ob man mal einen Zug früher nehmen und diesen Zug hier fotografieren sollte. Das gelang uns aber aufsteh-technisch dann doch irgendwie nicht...
Die Kollegen blieben in Samedan im Zug sitzen, um ab St. Moritz den Bernina-Express zu nehmen. Leider gab es gerade um diese Stunde keine direkte Fahrmöglichkeit auf der Bernina-Bahn. Der Stundentakt ist leider in Pontresina zuende...
Während der Wartezeit im Knotenbahnhof Samedan (Betonung auf der mittleren Silbe!) gab es genug zu sehen. Der Schlittelzug nach Bergün kam durch - es saß kein Mensch drin. Der Park pendelt dann tagsüber zwischen Bergün und Preda, damit die Rodler alle halbe Stunde aufwärts fahren können (wechselweise mit RE oder Schlittelzug). Der Taktverdichter im Engadin zwischen S-Chanf und St. Moritz war mittlerweile auch eingestellt worden, lediglich ein einzelnes Zugpaar S-Chanf - Celerina gibt es noch zur Verdichtung des Stundentaktes St. Moritz - Scuol-Tarasp. Dieser Skizug kam auch noch durch, auch gähnend leer. Es handelte sich um die gleiche Wendezug-Garnitur wie die Stammzüge im Engadin mit Lok am Ostende.
Dem Zug fehlte der 1.Kl-Wagen, was mich jetzt nicht wirklich störte. Platz war mehr als genug. Die Fahrt war mal wieder nett, besonders die Viadukte rund um Chinous-chel-Brail gefallen mir ja immer wieder gut. Schade nur, dass die Loks jetzt immer am falschen Ende für Fotos aus der Ideal-Position stehen. Im Bf Susch stehend konnte man ein Stück talabwärts an der Bergwand regen Verkehr beobachten. An der Umsteigestation Sagliains, die keinen offiziellen Ausgang besitzt, stand gerade der Zug aus Landquart, mit dem Nil gekommen war. Er kreuzte mit dem Engadin-Regionalzug, auf den wir in Susch warten mussten. Als dieser in Susch war, setzten wir uns in Bewegung und kreuzten in Sagliains mit dem Zug durch den großen, hier beginnenden Vereinatunnel nach Klosters und Landquart. Nil stieg zu und wir beschlossen, in Ardez auszusteigen. Hier hatte ich vor vier Jahren schon mal westlich des Ortes nette Stellen entdeckt, und der bekannte Ortsblick würde vielleicht trotz Umgehungsstraße auch noch drin sein...
Nachdem im Bereich Sagliains einige stationäre Wolken an den Bergen klebten, war die Lage in Ardez schon wieder günstiger. Dadurch, dass hier sowohl der Engadin-Regionalzug, als auch der RE Disentis - Chur - Landquart - Klosters - Scuol-Tarasp durchkommen, ergiben sich zwei Zugfahrten je Stunde und Richtung. Der RE hat zudem keinen Steuerwagen, so dass auch mal eine Lok am Westende zu erwarten war.
Es war wunderschön, es ging so einiges. Erst waren wir auf einer Spur in Richtung Westen entlang der Bahn gelaufen, dann bezogen wir Position für den hübschen Ortsblick, für den die Sonne tatsächlich vorm Verschwinden hinterm Bergrücken noch weit genug herum kam. Zu erzählen gab es genug, so dass die Wartezeit eigentlich viel zu schnell verging. Da half es auch nicht, dass ausgerechnet ein Westfahrer mit dem Ortsblick bei Wolke durchkam und wir eine weitere Stunde warten mussten.
Schade war nur, dass wir ausschließlich Ge4/4II vor die Linse bekamen. Die beiden nächsten RE-Züge aus Richtung Rheintal hatten dann beide meine Lieblingslok Ge6/6II vor, die wir dann nur im Endbahnhof umsetzen konnten.
In Scuol (sprich: Schquoll) lief die Ge6/6II zunächst um den am Hausbahnsteig angekommenen Zug um und drückte diesen dann, um für den Engadin-Wender Platz zu machen, aus dem Bahnsteig ein ganzes Stück in Richtung Landeck. Leider ist die Fortsetzung der Bahn nach Österreich nie über den Planungsstand hinaus gekommen, es handelte sich also nur um ein besonders langes Ausziehgleis.
Es gab noch einige Fotomöglichkeiten, auch mit dem Ausfahrenden RE Richtung Ladquart. Die Sonne kam noch wunderbar in das Tal, so dass wir beschlossen, erst eine Stunde später zurück zu fahren. Auch hier fand ich es faszinierend, dass dieser kleine Bahnhof über zwei Rangierloks verfügte. Offenbar gibt es hier auch einen Wagenmeister, denn der vormittags bei der einen Wendezug-Garnitur fehlende A-Wagen stand hier und wurde von der Zuglok während der Wende wieder aufgenommen und mit dem übrigen Zug vereinigt. Für uns gab es dann eine riesige Teigtasche mit Dönerfleisch und Salat auf dem Bahnhofsvorplatz. Zwar keine bündner Spezialität, aber nach den Stunden im Kalten sehr lecker!
In Sagliains stieg Nil nun wieder aus, um mit dem nachfolgenden RE nach Landquart zu fahren. Jetzt waren die Züge spürbar voller wegen Wochenend-Rückreise, doch hielt sich der Skitourismus aufgrund der milden Wetterlage doch arg in Grenzen. In meinem Engadin-Express war nach wie vor sehr wenig los. In Zernez beschreibt die Bahn eine langgestreckte Rundkehre aus dem Tal heraus. Hier kam selbst um 16.00 noch gleißendes Sonnenlicht hin!
Die anderen waren noch nicht zurück, daher erstmal hingelegt. Eine Stunde später fing ich meine Kollegen vor dem "Piz Ela" ab. Trotz der Teigtasche in Scuol nahm ich noch ne Portion Pizockel mit Gemüse. Das Resultat war, dass ich kaum noch meine Schuhe zubekam - so drückte der volle Magen, als wir zu einem abendlichen Schlittelplausch aufbrachen.
In 7:20 Minuten ging es hinab, die Schlittelbahn auf der alten Passstraße war schon recht vereist und entsprechend schnell. Danach totmüde ins Bett gefallen.
Nach dem schönen Wetter gestern wollten die Kollegen nun auch mal paar Streckenaufnahmen machen. Weil vormittags in Bever immer was geht, fuhren wir dorthin:
Letztgenannter Zug war der Schlittelzug auf dem Wege zum Einsatzgebiet Bergün - Preda. Der RE hält ja nicht in Bever, deshalb mussten wir die eine Station zurück fahren. Der Schlittelzug bestand dieses Jahr aus einer Ge4/4I, Packwagen, drei Fahrradwagen mit Sitzen entlang der Wand und einem urgemütlichen älteren Steuerwagen.
Von der schneebedeckten Wiese am Talausgang des wunderschönen, aber im Januar sehr schattigen Val Bever aus konnten wir nun einige Züge aufnehmen. Besonders imposant war der nachfolgende RE mit der Bernina-Express-Kurswagengruppe, der aus 14 (!) Personenwagen bestand.
Die Güterzüge kamen natürlich - obwohl wir die ungefähren Verkehrszeiten kannten - gerade beim Wechsel des Standpunktes und konnten nicht ganz so optimal umgesetzt werden. Der 12-Uhr-Gz Richtung Samedan hatte keinen Sechsachser vor, sondern eine Ge4/4II. Diesen und einige weitere Züge verarzteten wir am südwestlichen Ortsausgang u.a. mit Blick auf die lange Gerade nach Samedan.
Dank tiefblauem Himmel machte die Aktion ordentlich Spaß. Anschließend hatten wir noch ein Motiv in St Moritz offen, für das wir vor zwei Jahren vom Sonnenstand her zu spät gekommen waren.
Es handelte sich bei dem Motiv um das Tunnelportal eines kleinen Tunnels am Ende der Gleisanlagen des Bahnhofs. Lange dort gewartet, doch es kam kein erhoffter Güterzug, wohl aber dann pünktlich gegen 14.00 der RE aus Chur mit der momentan hübschesten Werbelok. Mit blau gehaltenem Landschaftsmotiv wird für die Bündner Kantonalbank geworben.
Zwischendurch kam ein Schneelaster bei uns angefahren und kippte seine Ladung eine steile Abbruchkante tief hinab in die Schlucht des Inns.
Nach Verlassen des Zuges an der kleinen Bedarfsstation ohne Bahnsteig liefen wir hinüber zu der Standseilbahn, die von hier auf den 2456m hohen Muottas Muragl führt. Unterwegs konnten wir auf der parallel zur Berninabahn, mit der wir angekommen waren, führenden Strecke Samedan - Pontresina einen Wendezug ablichten. Die Fotokurve von Punt Muragl ist immer wieder nett und kann in den verschiedensten Varianten genommen werden. Dann bei der Standseilbahn eingecheckt. Die hiesige Rodelbahn war mangels genügend Schnee gesperrt. Aber der Berg bietet nette Winterwanderwege mit Traum-Ausblick auf das obere Engadin mit dem Städte-Dreieck St. Moritz - Pontresina - Samedan. Während wir noch unten warteten, kam direkt vor der Haustür der Güterzug Samedan - Pontresina durch. Und das im besten Sonnenlicht! Das tat schon etwas weh, zumal der Sonnenstand jetzt ideal gewesen wäre, um den Zug mit der fotogenen Talstation der Stadseilbahn aufzunehmen. In den vergangenen Jahren war dieser Gz immer eine Stunde später gekommen, dann war die Sonne aber schon aus der Fotokurve verschwunden...
Von oben konnten wir bei einem kleinen Spaziergang den Verkehr unten im Tal auf allen drei Strecken überwachen. Wir sahen den Ski-Verstärker Celerina - S-Chanf, der zunächst leer von Samedan nach Celerina überführt wurde. Wir sahen den Güterzug von Pontresina zurückkehren. Die Lok stellte in Samedan ihre Wagen ab und kehrte Lz zurück nach Pontresina. Ab dort stand jetzt nämlich die Überführung der Bernina-Kurswagen nach Samedan auf dem Programm. Die Sonne näherte sich bald den Bergen hinter St. Moritz und verschwand dort in einer im Westen aufkommenden Schleier-Bewölkung.
Mit Verschwinden der Sonne wurde es plötzlich richtig kalt, zumal der hier oben wehende Wind auch nicht gerade Föncharakter hatte... Also bald mit der Standseilbahn wieder runter gefahren. Der Preis für hoch und runter betrug 23 CHF.
Natürlich ging es gleich ins "Piz Ela", wo wir rechtzeitig vor Beginn des Lotto-Spiels wieder mal gut und reichlich spachteln konnten. Vor vier Jahren waren wir mal etwas später dran gewesen und konnten beobachten, wie sich die einheimische Bevölkerung zum wöchentlichen "Lotto" traf. Es handelt sich dabei um ein Spiel, das bei uns in Deutschland eher unter "Bingo" bekannt ist. Es dauerte immer eine Weile, bis die ganzen "Meldungen" des Spiels durch das verschachtelte Restaurant bis nach vorn zum Spielleiter vordrangen. Als einmal jemand unberechtigt "Bingo" gerufen hatte, gab es totales Chaos... Die Schlittelbahn ist Montag Abend immer geschlossen, deshalb haben wir uns einen lauen Hüttenabend genehmigt. Unser Fernseher hatte 470 Programme (ernsthaft!). Auf Programm Nr 120 lief BahnTV!
Heute sollte mal gerodelt werden. Vormittags, wenn das Licht in den Bergüner Talkessel hineingelangt, wollten wir allerdings erstmal paar Züge "vor der Haustür" fotografieren. Zum 9.14-RE in die Hänge der Rundkehren oberhalb des Ortes gegangen, denn den Blick von oben muss man vom horizontalen Sonnenstand her so früh wie möglich machen. Leider wurde dieses Unterfangen vom vertikalen Sonnenstand nicht all zu stark unterstützt, denn erst eine Stunde später hatte sich die Sonne so hoch gearbeitet, dass wenigstens die unterste Ebene der Rundkehren beschienen wurde. Paar Bilder gingen immerhin noch mit passablem Seitenlicht, bevor die Sonne herumwanderte.
Dank RE, Schlittelzug und den mittäglichen Güterzügen bekamen wir immerhin einigen Zugverkehr geboten. Nach einem Bild aus der Ferienwohnung heraus machten wir uns startklar für die Schlittelbahn. Vor der Sonne suppten größere hohe Wolkenfelder herum, die die Lust auf weitere Fotos etwas nahmen.
Diese erste Schlitten-Abfahrt fand ganz gemütlich statt.
Diese zwei Abfahrten waren so zügig wie möglich. Die Schlittelbahn war stark vereist, doch der Schlitten ließ sich noch gut steuern. Beide Male mit 6:40 hinunter gerodelt, obwohl ich einmal dann doch wieder im Schnee gelandet bin und das andere Mal irgendwelche hilflosen Fälle mitten auf der Bahn standen und so taten, als ob sie allein auf dieser schönen Welt wären...
Zum Abendessen ging es heute wegen Ruhetag des "Piz Ela" in das Restaurant "Furschena". Das Restaurant liegt im mittelalterlichen Teil des Dorfes in einem urigen und verwinkelten Haus. Insbesondere das Salatbuffet war klasse. Danach wurden wieder die dicken Klamotten angelegt:
Die Rodelbahn war schon wieder anders als am Nachmittag. Deshalb doch lieber erstmal wieder etwas zaghafter gefahren. Allerdings war sie während der abendlichen Sperrung (16.45 - 18.15) wieder sehr gut aufbereitet worden.
Dieses Mal dauerte das Vergnügen leider nur 6:35 Minuten. Es ist einfach immer wieder herrlich, durch den Winterwald zu gleiten. In einem Moment durchquert man einen prächtig angeleuchteten Eisenbahn-Viadukt, im nächsten geht es durch dunklen Winterwald und bald schon sieht man weit voraus die Lichter des Dörfli vor sich leuchten, während man unter klarem Sternenhimmel durch die Schneelandschaft gleitet. In der Wohnung gab es noch etwas BahnTV, dann ins Bett gefallen.
Heute wollten die Kollegen mal wieder Strecken bereisen. Im Prinzip war das, auch aufgrund der nicht mehr so tollen Wettervorhersage, eine gute Idee. Gerade Arosa hätte mich auch mal wieder interessiert. Das "Problem" war nur: Die Wolken rissen immer mehr auf! Spätestens nach der Einreise ins Engadin war fast nur noch blauer Himmel zu sehen. Daher wuchs in mir die Idee, mich doch lieber nochmal um eine Ausfeilung des Fotoprogramms von Bever und Punt Muragl (der vorgestern beobachtete Nachmittagsgüterzug lag mir noch schwer im Magen) zu kümmern.
Während dieser Umlauf in den letzten Jahren und auch am vergangenen Sonntag immer Refugium der Ge6/6II gewesen war, wurde er in der Woche nun immer mit Ge4/4II bespannt. So ohne Werbelok und Speisewagen kam der Zug ganz in Rot daher - richtig nett! In Samedan kamen aus der modernen Halle des Bw weiter hinten, wo keine Gleise hinein führten, durch einen Kamin ziemliche Rauchwolken raus. Das sah aus, als ob dort gerade massive Aktenvernichtung betrieben werden würde.
Die Kollegen blieben sitzen, denn der nach Pontresina weiterfahrende Zug war bei Rückkehr die nächste Fahrgelegenheit für die beabsichtigte Rundfahrt nach Scuol, Klosters, Chur und Arosa. Ich stellte mich erstmal in die Fotokurve, denn der Vormittagsgüterzug konnte noch kommen und eine Stunde später stand der Bernina-Express an (alle anderen Züge kommen mit Steuerwagen-voraus). Nun, der Güterzug kam auch bald, aber leider aus der falschen Richtung. Er muss schon vor dem R 1921 nach Pontresina gefahren sein und kehrte nun zurück. Nach einer Stunde Wartezeit kam dann der Bernina-Express, ausgerechnet wieder wie vor zwei Jahren mit der weißen Holcim-Lok, die ich ja nicht so totschick finde.
Nun ja, meine große Hoffnung lag ja auf dem Nachmittagsmotiv mit angestrahlter Talstation der Standseilbahn. Bis dahin waren aber noch paar Stunden Zeit. In diesen Stunden standen in Bever Güterzüge an:
In Samedan stand schon der Güterzug Richtung Chur abfahrbereit. Glücklicherweise fährt unmittelbar im Blockabstand hinter meinem Regionalzug noch der Regioexpress nach Chur, so dass der Güterzug nicht unmittelbar folgen konnte. In Bever war ich gerade ausgestiegen und hatte die Straße vorm Bahnhof gequert, da bimmelte der Bahnübergang an der Einfahrt von Samedan schon für den RE. Für diesen kam ich auch nicht mehr bis ins Motiv, was schade war, da die Ge4/4II mit diesem Zug zurückkehrte. Zügig lief ich den Fußweg am Bach entlang in Richtung Val Bever und fand kurz vor der Bahn dann einen Standpunkt für den Güterzug. Keine Sekunde zu früh, denn der BÜ klang schon wieder schwach an mein Ohr! Hier standen bei meiner Ankunft auch noch zwei andere Eisenbahnfotografen. Der Güterzug kam dann hervorragend. Zwar war die Front nicht angestrahlt, doch die Seite leuchtete kräftig vor den dunklen Bergen im Hintergrund.
Wie ich mich nach Zugdurchfahrt wieder umdrehte, waren die beiden Hobbykollegen gar nicht mehr da! Ihnen hatte offenbar der RE hier gereicht, dann waren sie weitergelaufen und - wie ich durchs Gebüsch sah - vom Güterzug überrascht worden. Mein vollstes Mitgefühl hatten sie - zumindest bis die Rache erfolgte und sich einer von ihnen beim nun anstehenden RE von Chur mitten in meinen Bildausschnitt stellte. Da ich keine Lust hatte rumzubrüllen, nahm ich es in Kauf und ließ es geschehen. Es war sicher nicht böswillig, er sah mich im gleißenden Gegenlicht sicher nicht.
Nach dieser Aktion gab es noch mehrere Einstellungen entlang des Weges, wobei ich auch mit paar einzelnen Bäumen im Vordergrund experimentiert habe. Der Güterzug von Chur kam diesmal nicht mit Ge6/6II, sondern mit Ge4/4I. Dafür kam meine sechsachsige Lieblingsbaureihe mit dem nachfolgenden RE aus Chur. Das gefiel! Offenbar herrschte ein Mangel an den neuen Ge4/4III.
Als alles im Kasten war, ging ich langsam zum Bahnhof zurück, rechnete aber allzeit damit, dass der 13.00-Bergün-Güterzug auch noch kommen könne. Kam er aber nicht. So konnte ich wenigstens sicher sein, dass ich ihn bei Weiterfahrt ab Samedan noch in Punt Muragl bekommen würde. Wettertechnisch gab es gar keine Bedenken, denn die letzten Schlieren und Schleier hatten sich inzwischen ganz verabschiedet. In Bever fragte mich ein anderer Eisenbahnfotograf, ob ich denn vom Schweizer Eisenbahnverein sei. So viele Eisenbahnfreunde hier plötzlich - wenn das mal keinen bestimmten Grund hatte!?!
Beim Halt in Samedan konnte ich beobachten, dass im Bw Samedan ganz schön viele Akten zu verbrennen sein mussten, denn die vormittags beobachtete Rauchwolke aus der Bw-Halle hatte sich ganz schön verstärkt und kam mit ganz schönem Druck herausgeschossen. Irgendwie verdächtig... Viel Verspätung durfte der Güterzug in Punt Muragl nicht haben, denn die Schatten erster Baumspitzen standen schon ganz schön dicht an der Fotokurve. Hatte er auch nicht! Die Ge6/6II kam wunderprächtig, lediglich ein blöder LKW, der auf der Straße im Hintergrund fuhr und in den die Lok praktisch hineinfuhr, könnte das Bild verschandelt haben. Hmmmmm, großes Gegrübel ging los. Tja, bei Digitalfotografie hätte ich das Ergebnis sofort gesehen, aber da fehlt ja jegliche Spannung ;-) Im Nachhinein fand ich den LKW dann nicht ganz so schlimm...
Anschließend konnte ich neben paar Wendezügen noch den Güterzug bei der Rückfahrt nehmen, wobei leider zweiter und dritter Wagen leere Flachwagen waren. Danach baute ich mich wieder in der Position mit der Seilbahn-Endstation auf, diesmal allerdings (auch wegen der zunehmenden Schatten im Vordergrund) mit stärkerem Tele. Denn nun sollte die Ge6/6II sogleich zurückkehren, um die Bernina-Kurswagen in Pontresina abzuholen. Ich musste allerdings doch ganz schön warten. Die Schatten wuchsen und wuchsen. Dann hörte ich aus Richtung Haltepunkt einen Pfiff! Hmmm, der klang aber eher nach Dampfpfeife!?! Mein Grübeln wurde jäh unterbrochen, denn etwas Braunes mit gelber Front kam unter der Straßenbrücke hervorgefahren, gefolgt von einer Qualmwolke. Die Bernina-Dampf-Schneeschleuder höchstpersönlich rollte unter vollem Dampf im tief stehenden Licht an mir vorüber, gekuppelt mit einem älteren Triebwagen! Leider ließen die Schatten nur noch ein Bild im hintersten Mastfeld zu, aber ein brauchbares Bild ist schon rausgekommen.
Nun konnte ich mir auch ausmalen, was im Bw Samedan so viel Qualm ausgespien hat, offenbar schließt eine Schiebebühne im Innern auch die hinteren Hallenbereiche an das Gleisnetz an. Die erwartete Lok ging dann auch noch mit letzter Restsonne. Zum Zeitvertreib dann noch kurz mit der Berninabahn nach Pontresina gefahren:
Weder von der Schneeschleuder, noch von dem alten Triebwagen war in Pontresina etwas zu sehen. Das war insofern eigenartig, da der Triebwagen aufgrund des anderen Stromnetzes ja gar nicht weiterfahren konnte. Vielleicht war das Gespann sofort in der hiesigen Wagenhalle verschwunden. Auch in Pontresina waren viele Eisenbahnfreunde zugegen, die wie ich interessiert beim Umspannen der Bernina-Kurswagen zuschauten. Da ich keinen Zuschlag zahlen wollte, nahm ich dann aber doch lieber den nachfolgenden Wendezug:
Zurück in der Ferienwohnung konnte ich erstmal etwas die Füße hochlegen, bevor die anderen zurück kamen. Ihnen war zwischen Klosters und Landquart ein Sonderzug mit Krokodil entgegen gekommen, der von vielen Leuten aufs Korn genommen wurde. Es handelte sich offenbar um eine mehrtägige RhB-Bereisung einer Reisegruppe mit vielen historischen Fahrzeugen. In diesem Zusammenhang war wohl auch das Anheizen der Bernina-Dampf-Schneeschleuder zu sehen. Gemeinsam dann Essen gegangen und anschließend zu einem abendlichen Schlittelplausch aufgebrochen. Während wir am Bahnhof warteten, dachten wir, der Krieg wäre ausgebrochen. Ein Militär-Mannschaftswagen nach dem anderen rollte auf den großen leeren Parkplatz unterhalb der Bahnstation. Erste Kampfaufgabe war: Schlitten fassen! Der Verleih oberhalb des Parkplatzes wurde gestürmt und bald war der Bahnhof schwarz von oliven Gestalten. Würde ein Sonderzug für diese Hundertschaft vorfahren? Mitnichten! Alle quetschten sich in die drei 2.Kl-Wagen des planmäßigen RE hinein:
Wir hatten uns in den Vorraum eines 1.Kl-Wagens gestellt, der dann auch bald voller Olivgestalten mit ihren Feldschlößchen-Dosen und Glühwein-Bechern war. Wir konnten nur zusehen, dass wir vor der Hundertschaft an den Start gelangten. Das gelang uns dann immerhin auch. Besonders entspannend war das aber alles nicht. Auch sonst waren viele Spacken unterwegs, die dann auch unterwegs immer wieder auf der Bahn standen (was extrem gefährlich und verboten ist!). So wurde uns irgendwie die Laune auf eine weitere Abfahrt genommen...
Beim Blick auf den im Bahnhof Bergün aushängenden Lok-Umlaufplan fiel uns auf, dass das Krokodil 414 heute den planmäßigen Rheintal-Güterzug Landquart - Disentis und zurück bespannen sollte. Offenbar herrschte wirklich Lokmangel! Leider war nun endgültig das angekündigte schlechte Wetter eingetroffen, so dass es keinen Sinn gemacht hätte, dort für Fotos hinunter zu fahren. Wir hofften hingegen, auf dem Berninapass vielleicht der Schneeschleuder zu begegnen. Wir beschlossen, mal die 7 CHF zu berappen, um umstiegsfrei mit den Bernina-Express-Kurswagen in Richtung Ospizio zu gelangen. In dieser Richtung hätten wir auch gar nicht den Wendezug Samedan - Pontresina erreicht, da dieser zu dieser Stunde wegen der Kurswagen-Fuhre vor Takt verkehrt. Im Zug erzählte uns die Kollegin dann allerdings, dass man zwischen Samedan und Pontresina zuschlagsfrei mit den Kurswagen fahren dürfe, es wurde sogar in Punt Muragl gehalten. Wir blieben aber sitzen und zahlten brav den Zuschlag, und so kam ich erstmals ohne das zweimalige Umsteigen von der Albula- auf die Berninabahn:
Irgendwie fehlten uns in den Panoramawagen dann aber doch die zu öffnenden Fenster. In Ospizio stand dann tatsächlich die Dampf-Schneeschleuder zusammen mit einer der beiden Mehrkraftloks, deren Diesel vor sich hinbollerte. Man war gerade mit Wasserfassen beschäftigt. Die Reisegruppe verließ den Bahnhof allerdings bald mit einem aus zwei ETs bestehenden Sonderzug in Richtung Alp Grüm. Angeblich sollte die Schneeschleuder demnächst nochmal im Schleudergang auf Strecke gehen. Die wegzuschleudernden Schneemassen waren zwar nicht zu erahnen, aber wir rechneten damit, dass irgendwo schnell ein Schneehaufen auf dem Gleis angehäuft werden würde.
Erstmal tat sich jedoch genau gar nichts. Wir liefen eine Spur im Schnee an den See hinab und von dort "wild" auf der Schneedecke (nach gelegentlichem Einbruch der Schneedecke auch mal drunter) unterhalb der Bahn und des Lokschuppens wieder hoch bis auf Bahnhöhe. Die sich vor uns auftuende Schneeweite hatte bei diesem bewölkten Wetter etwas mystisches. Zwei Züge konnten wir hier immerhin mit einem Sonnenschimmer aufnehmen, u.a. den Sonder-Doppeltriebwagen der Reisegruppe, der zurück kehrte.
Als wir wieder zurück zum Bahnhof gewandert waren, fuhr die Schneeschleuder gerade rückwärts in Richtung Norden aus und der Sondertriebwagen mit paar Panoramawagen und Profil-Schneekratzgerät hinterher. Jetzt durchschauten wir den Plan: Bei der Rückkehr würde der Profilkratzer der vorderen Sperrfahrt Schnee an der Seite loskratzen und auf das Gleis werfen. Die Schneeschleuder würde dann alles wegschleudern. Sehr aufregend, besonders da beide Sperrfahrten aus unserem Blickbereich verschwanden.
Während sich die Leute in den Panoramawagen jetzt den Mors abfrieren duften, gingen wir in die Bahnhofswirtschaft und genossen eine schöne Tasse Kaffee. Da am Nachbartisch heftig geraucht wurde, zog es uns aber doch bald wieder an die Luft. Und bald schon tauchten die zwei Fuhren wieder an der Einfahrt auf. Schnell gab es noch ein Foto, dann kam auch schon unser Zug:
Wenn ich mich nicht irre, waren das die ersten Verspätungen des Urlaubes!
In Bergün herrschte nun absolutes Tauwetter. Die Straßen bestanden aus Eis mit einer zentimeterdicken Wasserschicht drauf. Wir verzichteten freiwillig auf den abendlichen Schlittelplausch, der wohl eher Schlittelplatsch geworden wäre. Statt dessen verfolgten wir im Fernsehen die Berichterstattung aus Deutschland, wo das Tief Kyrill gerade seine Runden drehte und einen Rekord-Sturm im Gepäck hatte. Die Deutsche Bahn stellte den gesamten Verkehr ein und der Berliner Hbf musste evakuiert werden, während wir hier kaum einen Luftzug im Tal hatten... Abends dann allein einen Spaziergang durch die Pampe in die Rundkehre gemacht. Leider kam gerade kein Zug.
Diesmal versprach der Umlaufplan wieder Krokodil Nr 414 im Rheintal nach Disentis. Aber wieder war kein Wetter. In Bergün tropfte und siffte es von den Hausdächern, die Straßen waren schon beinahe schneelos und die Schlittelbahn gesperrt. Das Thermometer war offenbar die ganze Nacht über nicht unter die O°-Marke gesunken.
Der Wetterbericht hatte heute für die Alpen-Südseite sonniges Wetter versprochen. Daher einfach nochmal in Richtung Bernina gefahren. Vielleicht würde ja in Alp Grüm schon die Sonne scheinen. Vielleicht sogar schon hinterm Albulatunnel?
Leider hingen in Spinas, am Südende des Albula-Passtunnels, die Wolken bald noch tiefer, als auf der Nordseite... Heute nutzten wir mal nicht die Kurswagen, sondern stiegen brav um.
Auf der Berninabahn stellten leider die beiden Triebwagen das einzige zuschlagfreie Sitzplatz-Kontingent. Dementsprechend voll wurden sie dann auch. Da erwies es sich als großer Vorteil, dass die schweizer Züge jetzt keine Raucher-Abteile mehr haben. Bei der Aufwärtsfahrt meinten wir bald, dass es vor uns, so rund um die Lagalp, heller sei. Tatsächlich war die Wolkendecke hier etwas dünner, so dass mehr Helligkeit durchkam. Von Sonne war aber noch nicht die Rede. Allerdings hatte der Wetterbericht hundertprozentig recht: Auf der Alpensüdseite war es sonnig! Leider ist die Alpensüdseite noch ein ganzes Stück von Alp Grüm entfernt. Irgendwo weit hinter der italienischen Grenze konnte man von Alp Grüm aus einen Schnitt im Himmel sehen. Ab diesem waren die Wolken schlagartig zuende und nur noch tiefblauer Himmel zu sehen!
Wir ließen uns jedoch erstmal im Bahnhofsbuffet nieder und aßen zu Mittag. Die Wirtin fand es lustig, dass einer von uns einen "Kakao" bestellte. Wenn schon nicht auf italienisch, das hier ja offiziell gesprochen wird, dann hätte er wohl wenigstens "Heißi Schoki" bestellen müssen... Wie wir so dasaßen und aßen, begann hier allerdings auch immer mehr die Wolkendecke aufzubröseln. Deshalb nach dem Essen dann doch mal einen Spaziergang durch die steife Brise zu einer oberhalb gelegenen Aussichtsplattform gemacht. Der Ausblick auf das Puschlav ist immer wieder schön...
Die Gleisanlagen des Bahnhofes waren gegenüber unserem letzten Besuch massiv umgebaut worden. Die berühmte Panoramakurve ist jetzt zweigleisig, wobei die Gleise zueinander nicht profilfrei liegen. Offenbar liegt die Einfahrweiche aber in der jetzigen Position unterhalb der Kurve geschützter als vorher oberhalb der Panoramakurve. Außerdem gab es viele neue Signale mit LEDs. Wie wir später in Pontresina sahen, war Alp Grüm jetzt auf ESTW-Technik umgestellt worden!
Dieser Pendelzug St. Moritz - Alp Grüm und zurück besteht nur aus zwei Triebwagen. Entsprechend voll wurde er im Laufe der Fahrt. Allerdings scheint kaum noch Skiverkehr per Bahn stattzufinden. Dafür fuhren die roten "Engadina"-Gelenkbusse auf der benachbarten Straße im Blockabstand bis zu den Seilbahnen von Diavolezza und Lagalp. In Pontresina warfen wir mal ein Blick in das Stellwerk. Im Fernsteuer-Stelltisch klafften schon einige Lücken. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, waren die Stationen Suravas, Alp Grüm und Cavaglia bereits auf ESTW umgestellt worden.
Weil wir noch arg früh dran waren, wollten wir uns hier mal umschauen und einen Zug überschlagen. Daraus wurden dann aber zwei Züge, weil nach der ersten Stunde vermehrt die Sonne durchkam. Und es wurde die Ankunft eines historischen Sonderzuges erwartet. Für diesen stellten wir uns auf dem hinteren Bahnsteig bereit, wo er dann auch mit ordentlich Sonne vor dunklen Wolken einlief.
Reisende waren nicht drin, lediglich der Packmeister lehnte gelassen über die Stange, die in seine offene Ladetür gesteckt war. All zu flink verschwand die Zuglok und auch der Wagenpark war bald zurecht rangiert und in der Halle mit dem großen Fassungsvermögen verschwunden.
Irgendwie läuft bei der RhB alles flink. Auch beim Güterzug Landquart - Pontresina, der in der ersten Stunde durchgekommen war, ließ die Schnelligkeit der Rangierarbeiten kaum einen Standortwechsel zu.
In Bergün gab es erstmal im Piz Ela ein Abschiedsessen. Dann unternahmen wir nochmal den Spaziergang in die Kehrschleifen und ließen den 21.17-Zug um uns herumfahren. Die aufgetauten Wege gefroren jetzt leicht und waren spiegelglatt! Ohne Haxenbruch schafften wir es aber ins Bett.
Auf dem Weg zum Bahnhof machte ich gerade einen Abstecher zum örtlichen Müllhäuschen, um unseren Müllbeutel abzulegen, da tauchte oben auf Ebene 3 ein Dampfzug auf. Getreu dem Motto "allzeit bereit" gelang noch ein Notschuss, als der Zug auf Ebene 1 angekommen war.
Als wir am Bahnhof angekommen waren, stand statt des Dampfzuges der nachfolgende Löschzug dort. Dieser verließ den Bahnhof nach Kreuzung mit dem RE nach Chur. --- Tja, dann hieß es Abschied nehmen. Es war jedoch eigentümlich: Die letzten Male kam man sich mit dem Gepäck samstags immer als Fremdkörper unter den Massen der Wochenend-Rodler vor. Heute herrschte Stille, der Bahnhof war ganz schön leer, denn die Schlittelbahn war heute ebenfalls noch geschlossen.
Tja, und dann waren wir auch schon wieder im Lande der stillgelegten und zugewucherten Bahnanlagen, wie einem in Weil ziemlich schonungslos bewusst wird. Die Fahrt war insgesamt angenehm, die Züge nicht zu voll. Und pünktlich waren wir auch sogar...
Eine nette Woche lag hinter uns. Und bezüglich der nächsten Tour nach Graubünden waren wir uns sicher, dass die nicht wieder im Januar stattfinden wird. Denn so schön das Schlitteln auch ist, so nervig war doch die verhältnismäßig hohe Zahl von Idioten auf der Rodelbahn, deren unberechenbares Verhalten dem Ganzen etwas den Spaß nahm. So richtigen Wintermärchen-Winter mit Neuschnee und Sonne (kann der Mensch Wünsche haben...) hatten wir hier auch lange nicht mehr. So hoffen wir für das nächste Mal auf einen Bilderbuch-Herbst. Die Lärchenfärbung habe ich bei meinem allerersten Graubünden-Besuch zufällig mitbekommen - und das soll nächstes Jahr gern eine Wiederholung erfahren.