Besuch bei den blauen Schienenbussen

Copyright by Jan-Geert Lukner

Was macht man, wenn Besuch aus dem Süden zwecks gemeinsamer Foto-Aktionen da ist und draußen die fetten Sturzbäche vom Himmel regnen? Man kann nach Sylt fahren und sich dort vollregnen lassen. Das hatten wir allerdings gestern gemacht, so dass uns für den heutigen Tag eher eine interessante Bahnfahrt vorschwebte. Und was könnte da interessanter sein als eine Tour ins Reich der blauen Schienenbusse mit Besuch zweier von PEG-VTs (796 und 798) bedienter Strecken?

Samstag, 8. September 2001: Hamburg - Rathenow - Karow (Meckl) - Hamburg

Bin Uelzen ersparten wir (Michael Müller und meine Wenigkeit) uns das SWT-Getümmel noch, doch dann ging es "in vollen Zügen" los:

IR 2479 Hamburg Hbf 08.28 > Uelzen 09.16

RB 37059 Uelzen 09.26 > Stendal 10.51

In Uelzen tobten gerade die Vorbereitungen zum Bahntag. Auch eine Dampflok war anwesend. Doch wir stiegen lieber in den bereitstehenden ET 425 nach Magdeburg. Da nur noch spärlich Platz war, setzten wir uns zu einem buchlesenden Mädel und einer Bierdose - mehr war nämlich von meinem Nebenmann zu dem Zeitpunkt nicht zu sehen.

Zu spät merkte ich dann auch, was ich für einen Herrn neben mir sitzen hatte. Ein Flair von kaltem Tabakrauch garniert mit einem Schuss Bier umwehte ihn, als er dann Platz nahm. Auf Höhe Brunau-Packebusch erzählte er am Handy jemandem davon, wie er sich für seinen Weg von Hamburg nach Spremberg die sechs Bierdosen eingeteilt habe. Mit dem Zug war er auch nicht zufrieden, da es kein Raucherabteil gab. Aber er meinte, dass er es bis Stendal aushalten werde, nachdem er in Salzwedel ja 12 Minuten Zeit hatte eine "durchzuziehen".

Ein anderer Typ wollte nach Belzig und ließ sich von der "Kundenbetreuerin im Nahverkehr" die weitere Verbindung ab Stendal raussuchen. Er sollte noch eine Weile unterwegs sein, denn sie vertrat die Ansicht, dass er IRE-Züge mit SWT nicht benutzen könne... Irgendwo vor Hohenwulsch konnte ich einfach nicht mehr sitzen. Diese engen und harten Sitze mögen für den S-Bahn-Verkehr geeignet sein, aber dass die für den Überlandverkehr bestimmten 425er nicht mit bequemeren Sitzen ausgestattet sind, ist ein eindeutiger Rückschritt gegenüber den modernisierten Silberlingen. Lediglich die Laufruhe der neuen ETs ist wunderbar. Jedenfalls gab ich mir einen kleinen Spaziergang durch den Zug und schaute durch das 1.Klasse-Abteil dem Tf etwas über die Schulter. Die vier Sitzgruppen jenes Abteils waren von der KIN, zwei Wachleuten und einem Fahrgast (?) in Beschlag genommen. Der ältere Wachmann schien nicht sehr kampferprobt zu sein. Den Kampf gegen die Müdigkeit verlor er jedenfalls wiederholt...

Es zeigten sich große Auflockerungen, hinter denen sich die dicken giftigen Regenwolken stapelten. So gelangen uns in Stendal sogar paar Sonnenaufnahmen im Bahnhofsbereich, u.a. von Alma.

Dicke Wolken ziehen auf, während "Alma" zur Fahrt nach Tangermünde bereit steht.

RB 37373 Stendal 11.08 > Tangermünde 11.25

Da wollte ich nun endlich mal die angeblich wunderschöne Stadt Tangermünde besichtigen, doch blieb es leider beim Wollen. Es war nämlich Altstadtfest. Aus diesem Grunde war die gesamte Innenstadt hermetisch abgeriegelt worden, was dank der alten Stadtmauer nicht all zu schwierig war. Eintritt in die Innenstadt sollte 8 DM kosten. Das war uns für eine Dreiviertelstunde dann doch zu viel. Damit hat Tangermünde bei mir ganz klar "verschissen". Wie kann man nur eine ganze Innenstadt abriegeln und dafür Eintritt verlangen???

RB 37376 Tangermünde 12.30 > Stendal 12.47

Wir hatten den Dosto-Schienenbus "Alma" ganz für uns allein. Es war ein nettes Gefühl, oben vorn raus zu schauen. Allerdings brauchten wir kein Arzt-Diplom, um festzustellen, dass Alma Wasser hat. In einigen Fenstern schwabbte zwischen den zwei Scheiben auf bis zu 1/4-Fensterhöhe Regenwasser hin und her.

RB 36969 Stendal 13.03 > Rathenow 13.28

Der 218-geführte 3-Wagen-Wendezug war zum Glück nicht so stark besetzt. Immer wieder kurios ist die Fahrt auf dieser eingleisigen Diesel-Piste parallel zur Schnellfahrstrecke. Zwei andere Fuzzis im Abteil warteten offenbar mit schussbereiter Kamera darauf, einen ICE aus unserem Zug heraus fotografieren zu können. Sie wurden enttäuscht: Es kam kein einziger.

RB 39189 Rathenow 13.31 > Neustadt (Dosse) 14.27-3

Der PEG-796 war überraschend gut besetzt. Es waren immer 5-10 Leute an Bord, wobei es sogar regen Zwischenortsverkehr gab. Der Lokführer war recht munter und hatte für jeden Fahrgast einen Spruch parat, wobei seine Sprache daran erinnerte, dass Berlin nicht mehr fern ist. An fast jeder Station sprang er auf, um an der hinteren Tür bei einem Fahrrad oder Kinderwagen mit anzupacken. Das machte einen außerordentlich guten Eindruck!

In Rhinow hatten wir paar Minuten Aufenthalt. Das wunderschöne Empfangsgebäude und der davor haltende Schienenbus wurden gerade prima von der Sonne vor dunklen Wolken angestrahlt. Da musste natürlich schnell ein Bild gemacht werden. Auch sonst hielt die Strecke offenbar das eine oder andere Motiv bereit. Vielleicht gibt es im Spätsommer ja nochmal ein schönes Wochenende...

In Rhinow besteht die Möglichkeit, den Schienenbus während des Aufenthaltes zu fotografieren.

Weniger angetan waren wir vom Zustand der Strecke selbst. Zwar konnten kontinuierlich 50 km/h gefahren werden, doch gab es trotz dreier besetzter Bahnhöfe nur noch in Rathenow Nord eine Kreuzungsmöglichkeit, da die Ausweichgleise - soweit noch vorhanden - durch Sh2-Scheiben gesperrt waren. Der Zweistundentakt kann nur mit knappen Wendezeiten gehalten werden. Ein Polster für den Fall von Fahrzeitverlängerungen gibt es nicht...

PEE 81710 Neustadt (Dosse) 14.28 > Kyritz 14.43

In strömendem Regen liefen wir in Neustadt vom Kleinbahnhof zum "Hauptbahnhof". Ein Wendezug fuhr im Moment unserer Ankunft gerade in Richtung Berlin aus. Der RE nach Berlin sollte laut Fahrplan aber erst fünf Minuten später fahren. Merkwürdig... In Kyritz riss die Wolkendecke wieder auf, so dass wir von dem günstig stehenden PEG-798 einige Aufnahmen machen konnten, u.a. mit dem "Männer"-Klo...

Vorbei am "Männerklo"-Häuschen fährt der VT aus dem Bahnhof Kyritz nach Neustadt aus.

PER 81260 Kyritz 15.44 > Meyenburg 16.51

Leider waren lediglich zwischen Pritzwalk und Meyenburg außer uns noch drei andere Fahrgäste im Schienenbus. Die Strecke führt aber auch durch abgelegene Gegenden... Allerdings wünschten wir uns in den sonnigen Momenten der Fahrt mit der Kamera an die Strecke, denn die Landschaft ist wunderschön. Hinzu kommt, dass die Bahnhöfe nicht nur prächtige EGs besitzen, sondern allesamt noch für Kreuzungen nutzbar sind. Im einsamen Bf Wutike wartete schon der Gegenzug auf uns.

Der Tf erzählte, dass die Strecken wahrscheinlich bald neu ausgeschrieben werden würden, da der derzeitige Vertrag 2002 auslaufe. Die Zugfahrt endete dann im Städtchen Meyenburg, dem letzten Vorposten auf brandenburgischem Territorium. Die mecklenburgischen Besteller hielten es für angebrachter, die Beförderungsfälle dem Reisedienst Parchim mit seinen silbernen Gummieisenbahnen zu überlassen. Doch nicht nur das...

Bus Meyenburg 17.03 > Karow 17.59

Im Fahrplan der PEG stand als Abfahrtzeit "17.07". Aber wir waren rechtzeitig zur (Halte-)Stelle. So fuhr der Bus dann los und tuckerte mit 60-70 km/h durch das wunderschöne Hügelland. Und tuckerte und tuckerte. Nach einer Viertelstunde waren wir dann wieder in Meyenburg. Alles bisherige war nur eine Umleitung für die gesperrte Hauptstraße gewesen! Doch nun waren der Busfahrer und wir zwei 8,40-DM-abgedrückt-habenden Fahrgäste auf dem geraden Weg nordwärts. Jedenfalls bis zum Abzweig der Straße nach Wendisch Priborn...

Da tuckerte unser Parchimer Reisedienst nämlich ins Dorf Wendisch Priborn, dort am Bahn-Hp vorbei bis zu einer Abzweigung. Hier rangierte der Bus rückwärts in die Seitenstraße, tuckerte dann vorwärts zum Hp zurück und stellte sich dort erstmal hin. Nach vollen sieben Minuten war die Hoffnung auf potenzielle Kundschaft vollständig verloschen und wir tuckerten zur Bundesstraße zurück. Eine ähnliche Ehrenrunde durch den ganzen Ort zum Bahnhof gab es dann auch in Plau nochmal, wobei diese Runde immerhin zwei weitere Beförderungsfälle mit sich brachte.

Dieser SEV, der keiner ist (Schienenfahrausweise werden offenbar nicht anerkannt), spottet jeder Beschreibung. An der Landkreisgrenze in Krakow muss man den Bus wechseln und anstelle zügig entlang der Bundesstraße zu fahren, werden Umwege zu irgendwelchen abseits gelegenen Bahnstationen gemacht. So ist es kein Wunder, wenn die Fahrzeit sich ggü dem schon bummeligen Zug nochmal um 25 Minuten verlängert hat...

In Karow nach besorgtem Blick festgestellt, dass der Bahnhof noch ganz ist, obwohl hier nichtmal mehr Kreuzungen stattfinden. Allerdings machte es schon etwas wehmütig, dass zur vollen geraden Stunde der Bahnhof gähnend leer war. Noch ein Jahr zuvor wäre jetzt der "Knoten" mit Zusammentreffen von vier Zügen gewesen.

RB 33470 Karow 18.05 > 19.37+16

Etwas überrascht war ich schon, als hier ein 628.2 (und nicht 628.4) auftauchte. Es handelte sich sogar um einen alten Bekannten, den vor 14 Jahren in Süderbrarup auf den Namen "Schleswig-Holstein" getauften 628 201, der nach Umweg durch den Süden nun also wieder im Norden aufgetaucht war. Die 14 Jahre sah man dem VT auch an. Aus dem Wagenübergang quiiiekte es bei jedem Schienenstoß (ist Öl denn sooo teuer?) und mein Sitz hätte auch mal eine Aufpolsterung nötig gehabt.

In Ludwigslust warteten wir auf den verspäteten RE von Berlin und in Hagenow musste der RE nach Hamburg dann auf uns warten. Immerhin sagte die KIN im 33470 in Ludwigslust durch, dass Reisende nach Schwerin hier noch den RE erreichen und somit nicht den Umweg über Hagenow (wäre wohl planmäßig schneller) absolvieren müssten.

RE 33018 Hagenow Land 19.49+6 > Hmb-Bergedorf 20.38+2

Obwohl wir uns auf der neu geschaffenen SWT-Einflugschneise Hamburg - Berlin befanden, war der aus einer 110 und einem "falschrummen" Dosto-Wendezug bestehende RE 33018 nicht all zu voll. Eine interessante Tour ging zuende.

Zurück zum Archiv . Zurück zum Eingang