Sunny Intervals under Dramatic Skies: Great Britain Sept 2011

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Freitag, 02.09.2011: Hamburg - Leicester

Erstmal war Arbeiten angesagt, dann ging es los. Die Vorfreude war groß; der letzte Urlaub lag ja nun auch schon wieder über zwei Monate zurück. Am Hbf traf ich mich mit Horst und Frits im dichten Gewühle des Südstegs, von wo aus wir mit der S1 in Richtung Flughafen starteten. Am Check in Schalter von easyjet war eine lange Schlange. Irgendwie schien es uns, dass easy die letzte Gesellschaft ist, die das Online-Einchecken nicht forciert und auch keine Automaten aufgestellt hat. Die Sicherheitskontrolle lief gut, so dass wir bei Marché noch ein leckeres Brötchen essen konnten.

EZY 1846 Hamburg 17.45 MESZ > Manchester 18.25 BST

Der Flieger war erstaunlich voll, der Flug dann aber unspektakulär. Wir sahen Stade und die Oste in der Sonne glitzern und auf der anderen Seite gab es Hull, die große Humber-Brücke und dann die violetten Heideflächen der Pennines. Willkommen in England! Die Landung war gut, die Dame neben mir hatte bei den schönen Ausblicken aus dem Fenster ihre Flugangst auch überwunden.

Ankunft in Manchester Airport. Der Himmel sollte uns einen Vorgeschmack auf die kommende Woche geben.

Als Auto bekamen wir einen Vauxhall Insignia, der von außen riesig wirkte, von innen aber nicht übertrieben viel Platz bot. Der Wagen hatte Ledersitze, auf denen man gut zu schwitzen anfangen konnte.

Natürlich hatten wir schon die Wetterberichte studiert. Und die sahen wirklich übelst aus. Ein Tief jagte das nächste. Es kam erstmal eigentlich nur eine Richtung in Frage: East Anglia, also die Ostküste bei Norwich. Das passte zufällig ganz gut, weil man hier momentan auch Chance auf einige lokbespannte Personenzüge haben konnte. So brachen wir auf der M6 erstmal südwärts auf. Bei Stoke-on-Trent verließen wir diese und rollten ostwärts auf der A50 gen Derby und zur M1, auf der es bis zum Etappenziel Leicester ging. Leicester liegt an der Midland Mainline, die noch nicht elektrifizierte der drei großen Nord-Süd-Routen. Hier in der Umgebung hätte man auch genügend Ziele gehabt. Wir trafen gegen 21 Uhr in der Gegend ein.

Horst fand auf der Karte ein Premier Inn, das wir ansteuerten. Die Anmeldung dauerte lange, weil der Rechner abgeschmiert war. Hinter uns hatte sich schon eine Schlange gebildet. Irgendwann kam ein Krawattenmensch aus den hinteren "Private"Räumen und stutzte über die vielen Wartenden. Er fragte, ob die Leute einchecken wollten und weckte damit Hoffnung, dass er die Rezeptionistin unterstützen würde. Dann ging ihm aber wohl noch rechtzeitig auf, dass er das nicht konnte / wollte. Er meinte dann nämlich "Dann müssen Sie noch etwas warten" und verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war. Die Wartenden schauten sich jedenfalls ob der für sie „völlig neuen“ Info verdutzt an.

Abendessen gab es gegenüber im Beefeater Grill, einer Lokalität in amerikanischem Flair. Erst mussten wir noch zwanzig Minuten an der Bar warten (natürlich bei einem ersten Pint), doch dann gab es lecker Essen. Nochmal zur Verdeutlichung: Das war kein Inder! ;-) Das Hotel selbst war dann völlig in Ordnung. Das Zimmer kostete 51 GBP und ließ keine Wünsche offen.

Samstag, 03.09.2011: Leicester - Great Yarmouth

Ein Stück hatten wir ja noch zu fahren. Wir verließen das Hotel um 7 Uhr. Und die nun folgende Fahrt zog sich tatsächlich noch ganz gut hin. Der Wetterbericht war dabei geblieben, dass es an der Ostküste noch am besten bleiben sollte. Wir waren gespannt, denn unsere weitere Fahrt quer durchs Land verlief unter geschlossener trüber Bewölkung. Über die M1 ging es noch ein kurzes Stück südwärts, dann quer auf einer vierspurigen Schnellstraße ostwärts. Erst hinter Cambridge zeigten sich erste helle Stellen voraus und ein Stück weiter fuhren wir erstmalig durch die Sonne.

Erster Zielpunkt sollte ein Leerzug für einen Bäderzug Great Yarmouth - London sein, der aus einer normalen National Express IC-Wendezuggarnitur der Hauptbahn mitsamt Ellok besteht und auf dem Dieselstück ab/an Norwich durch eine Class 47 befördert wird. Wir hatten uns ausgerechnet, dass der Zug so gegen 10 in Great Yarmouth ankommen müsse. Vor Norwich führte die Straße durch wunderschöne blühende Heidelandschaft, doch hinter Norwich ging es in die "Fiebersümpfe" hinaus. Schwer und dunstig hing die Luft über der weiten, immer wieder von stinkenden Brackwassern durchzogene Marsch.

Von der furchtbar stark befahrenen Schnellstraße konnte man schon die eine oder andere als Standpunkt geeignete Brücke ausmachen. Doch um es nicht zu einfach zu machen, führen zwei Strecken von Norwich nach Great Yarmouth. Und bei den durchfahrenden Zügen kann man nie ganz sicher sein, welche Strecke sie nehmen. Aber im Bereich der Einfahrt von Gr.Y. sollte es ein Motiv geben, wo die Züge jedenfalls langkämen. Und siehe da - es standen dort schon rund zehn Eisenbahnfreunde auf der Brücke der Ortsumgehung. Wir machten nun erstmal den Fehler, falsch abzubiegen, und mussten die Ringstraße ewig weit fahren, bis wir wenden konnten. Aber es klappte und als wir endlich vom Parkplatz ins Motiv gelaufen waren, war auch bald der Lr gaaaanz weit hinten auf der Südstrecke zu sehen. Das Licht schwankte auch noch etwas in der Stärke, aber letztendlich war es beim "Drag" ganz gut da. Ein Eisenbahnfreund gab uns noch den genauen Fahrplan der Bäderzüge, damit wir wissen konnten, welcher über welche Strecke fährt. Es gab auch noch paar Triebwagen. Zwar leider alles Nasentürer, aber immerhin in den verschiedensten Farbgebungen lackiert.

Blick von der Bahnhofsbrücke in Great Yarmouth. Der Nahverkehr wird hier von National Express bestritten, doch noch längst nicht alle VTs sind in deren aktuellem Farbkonzept lackiert. Dieser 156 trägt die alte "Centro"-livery.

Als wir genug hatten, sahen wir zu, dass wir endlich was zu essen bekommen. Denn gefrühstückt hatten wir ja nicht. Es gab paar Sandwichs aus einem Supermarkt, mit denen wir an unser nächstes Motiv zogen, das Horst und Frits von Fotos kannten: Die Drehbrücke von Reedham. Während wir hier genüsslich brunchten, ging je Richtung ein Zug, wobei der wichtigere Nordfahrer netterweise kein Nasentürer sondern ein 170er war. Nach Durchfahrt der beiden Züge wurde die Brücke sogleich für die Schifffahrt geöffnet. Das schien sogar die Grundstellung zu sein.

Reedham Swing Bridge, so heißt diese Betriebsstelle. Die Züge von / nach Lowestoft queren hier den River Yare.

Für uns ging es nun ziemlich hin und her. Es gab hier noch viele Bahnhöfe mit Semaphore Signals und Gates. Im Abzweigbahnhof Brundall, in dem so um die vier Züge je Stunde durchkommen, wurden die Gates noch einzeln von Hand geöffnet und geschlossen. Doch ließ sich das alles nicht wirklich gut mit Zug umsetzen. Letztendlich landeten wir aber am Bahnhof von Reedham, wo man von einer schmalen Straßenbrücke, auf der zum Glück kaum Verkehr war, auf den Bahnhof mit EG und einigen Formsignalen runterschauen konnte. Hier standen natürlich auch schon einige Eisenbahnfreunde, denn der nächste "Drag", also von der Diesellok gezogene E-Wendezug, sollte hier entlang über die Südstrecke kommen. Einer der Eisenbahnfreunde sprach sogar deutsch, ein anderer aus Princes Risborough erzählte einiges von den ex Wrexham & Shropshire Garnituren, die nun als "Mainline silver" zwischen London und Birmingham fahren. Auch hier gab es einigen DMU-Beifang, und der Drag ging dann immerhin auch bei brauchbarem Licht.

Hier ist er nun, der "Drag". Eine Class 47 schleppt die 90er mit ihrer IC-Wendezugkomposition und wird hier in Reedham von der zweigleisigen Lowestoft-Piste auf die eingleisige Südstrecke nach Great Yarmouth abzweigen. Soundliebhaber hängen aus den Türfenstern der klimatisierten Wagen. Ein Bäderzug für Eisenbahnfreunde!

Für den Gegenzug standen sie dann alle an einer Brücke an der Osteinfahrt. Wir fanden Motiv und Lichtstand wenig überzeugend. Vom Lichtstand wäre der Streckenabschnitt zwischen Great Yarmouth und Reedham gut gekommen, doch führt die Bahn dort mitten durch die Sümpfe - weitab jeglicher Straße. Dafür gibt es mitten in der Einsamkeit den Hp Berney Arms - vermutlich für Vogelkundler, von denen hier in der Gegend Massen rumliefen. Weil das mangels Zeit also ausschied, suchten wir nun zwischen Reedham und Cantley. Wobei sich das alles dann als genauso wenig überzeugend herausstellte. Ich machte mal einen „Kunst“-Versuch mit viel Weitwinkel und stinkenden Brackwassern.

Mitten in den "Fiebersümpfen": Der Drag kehrt zurück, die 47 sitzt nun vorm Steuerwagen. Übrigens werden momentan auch in der Woche drei Zugpaare als VT-Ersatz lokbespannt gefahren.

Danach übernahm ich mal das Steuer. Das war leider ein wenig später von Bedeutung, als wir am Westende von Cantley nach Motiven geschaut hatten und ich auf beengten Platzverhältnissen drehen musste. Dazu stieß ich rückwärts in eine steil aufwärts führende Einfahrt. Der vordere Teil unseres Riesenwagens schwenkte dabei allerdings so weit gegen ein auf der anderen Straßenseite parkendes Auto, dass es dies touchierte. Ergebnis waren einige Schrammen an beiden Fahrzeugen. Der andere Wagen war ein Firmenwagen. Ich lief mal die Auffahrt weiter hoch und fragte einen Mann im Garten, ob das sein Wagen wäre. Immerhin passte es und wir mussten nicht ewig nach dem Halter suchen.

Der Mann - ganz Engländer - reagierte erst etwas verzweifelt und aufgeregt, entschuldigte sich dann aber dafür. Natürlich versicherte ich ihm, dass ich an seiner Stelle auch aufgeregt wäre. Jedenfalls lief das dann ganz glatt, man notierte sich alles und ich versprach, mich um die Begleichung der Rechnung zu kümmern. Ich kann nur hoffen, dass ich das Geld von der Versicherung wiederbekomme. So ein Mist. Am Ende trennte man sich aber ganz freundlich und herzlich, und wir konnten weiterziehen. Wobei ich ehrlich sagen muss, dass mich das Vorkommnis im weiteren Tagesverlauf etwas runterzog.

Wir schauten weiter hin und her und fanden uns für den zweiten Drag aus London auf einer Straßenbrücke zwischen Acle und Great Yarmouth ein, denn der Zug sollte über die Nordstrecke fahren. Vorher konnten wir noch einen 170 mit Mühle und schön viel Weitwinkel verarzten, dann klappte auch der Drag wunderbar mit weitem Blick, nachdem gerade eine Wolke abgezogen war.

Blick von der Brücke östlich Acle. Diese Entwässerungsmühlen stehen hier alle paar Kilometer in der Gegend rum.

Dieser Zug würde nun Lr nach Norwich zurückfahren - und zwar über die südliche Strecke. Zwar war bis dahin noch viel Zeit, doch war uns der Zug wichtig, weil er schön ins Licht fahren würde. Und wir hatten noch kein so rechtes Motiv. Wir fuhren einiges zwischen Brundall und Cantley ab. Ich blieb letztendlich am Hp Buckenham hängen, der einfach schnuckelig am Rande der Sümpfe lag. Auf einer aushängenden Landkarte war der Hp sogar beschriftet mit "Sundays only". Zwar halten jetzt an allen Tagen vereinzelte Züge bei Bedarf, doch sonntags sind es immer noch die meisten.

Hier liefen viele Leute mit Ferngläsern und extrem großen Teleobjektiven rum. Während Horst und Frits sich den Drag-Lr in Brundall schnappen wollten, beschloss ich hier zu bleiben. Das wurde nun zum richtigen Wolkenkrimi, denn immer wieder schoben sich Wolkenfelder aller Art vor die Sonne. Einige Nasentürer kamen noch durch, doch leider kam das Licht noch zu seitlich, so dass der Gummiwulst der Nasentür einen blöden Schatten auf die Front warf. Als der Lr kam, war gerade wieder Wolke angesagt, doch die wich noch im letzten Moment, so dass wenigstens ein Halblichtbild ging.

Der Drag auf der Rückfahrt als Lr zur Abstellung nach Norwich passiert den Hp Buckenham, der völlig einsam in der Marsch unweit des River Yare liegt. Eine Station für Vogelkundler!

Als Frits und Horst wieder da waren, warteten wir noch einen VT ab, dann ging es nach Norwich. Hatten wir eigentlich umgehend nach einer Unterkunft suchen wollen, so trieben uns die im Westen raren Wolken noch zu einer abendlichen Erkundungstour an die Hauptstrecke. Dort fanden wir südlich Swainsthorpe eine ganz brauchbare Stelle, um die Abendstimmung mit zwei Wendezügen auszunutzen.

An der Hauptstrecke südlich Norwich: Ein IC rollt südlich Swainsthorpe in Richtung Hauptstadt.

Dann war allerdings Unterkunftssuche angesagt. Die gestaltete sich schwieriger als erwartet. Erstens war im Zuge einer die Innenstadt umgehenden Straße eine Brücke gesperrt, so dass sich aller Verkehr durch das Zentrum quälte. Zweitens - und das war viel gravierender - fanden wir in keinem einzigen Hotel noch Platz. Irgendein Happening muss wohl angesagt gewesen sein, alle Anfragen bei zig Hotels und B&Bs waren vergeblich. Irgendwann war uns gerade das Abklappern der kleinen B&Bs zu mühsam und es kam uns der Gedanke, dass in der Nachsaison ja im Badeort Great Yarmouth einiges frei sein müsste. Also los; dorthin war’s ja nicht so arg weit. Unterwegs noch bei paar Etablissements gefragt - alles abschlägig beschieden.

So ging es allerdings in Great Yarmouth weiter, doch etwa beim 10. Hotel, dem Waverly Hotel in einer schönen Seitenstraße, hatte man Erbarmen mit uns. Das Hotel schien von Indern neu bewirtschaftet zu und noch nicht so bekannt zu sein. An einigen Stellen wurde auch noch gewerkelt und gestrichen. A propos Inder - Wir hatten nur noch Hunger und fanden auch einen sehr schönen Inder auf dem "Strip", also an der Strandmeile, die sich durch viele Neonreklamen und -schriften auszeichnete. Ich machte nach dem Essen noch paar Fotos von der Farbenvielfalt, dann war ich aber auch reif fürs Bett.

Auf dem "Strip" von Great Yarmouth. Eine Urlaubskultur in bunten Farben.

Vergnügungspark auf der Pier und der Strand davor werden bunt illuminiert.

Sonntag, 04.09.2011: Great Yarmouth - Banbury

Zum Glück konnten wir es heute ruhiger angehen lassen. Sonntags ist auf der Schiene eh nicht viel los und die Wettervorhersage machte für die erste Tageshälfte jedenfalls keine Hoffnungen. So fanden wir uns um 8 Uhr erstmal zum Frühstück ein, das ganz ordentlich war. Jedenfalls wenn man nicht seine Toasts zweimal durch den Toaster jagt und dann am Tisch die ganze Kohle abkratzen muss *kicher*. Der Wetterbericht hatte für heute den Durchzug eines Regengebietes von West nach Ost angekündigt. Wir wollten diesen Regen in Gegenrichtung unterfahren und hofften auf der Rückseite auf einen angekündigten blauen Streifen, der vor dem nächsten Niederschlagsgebiet aus Richtung Westen kommen sollte.

Als wir das Haus verließen, bemerkten wir doch einen erstaunlich großen Blauanteil am Himmel. Offenbar hatte das Regenband die Ostküste noch nicht erreicht. In Reedham hatten wir gestern noch eine Stelle für morgens entdeckt. Und der Blick auf die Drehbrücke wäre früher am Tage auch hübscher gewesen. So probierten wir, ob wir dort nochmal was werden würden. Auf der östlichen Bahnhofsbrücke legten wir eine Punktlandung für den Nasentürer nach Gr Y. hin. Dieser entpuppte sich dann zwar als Nasentürer nach Lowestoft (die Südverbindung nach Gr Y. und die Bahn nach Lowestoft trennen sich hier), aber er kam an dem Motiv mit Signalen und Telegraphenmasten sehr schön. Zu einem nachfolgenden 170er als Lt war leider das Licht weg. Ein großes Wolkenfeld, dessen Ende nicht zu sehen war, zog nun vor die Sonne. Das Motiv mit der Drehbrücke konnten wir knicken.

Ein morgendlicher 156 nach Lowestoft fährt aus Reedham aus und passiert die Einfahrsignale aus Richtung Lowestoft (links) und Great Yarmouth (rechts; steht ausnahmsweise rechts vom Gleis).

Wir beschlossen, nun den großen Sprung zu beginnen. Der endete aber erstmal in der Ferry Road von Reedham, wo die Straße am River Yare "völlig überraschend" an einer Fähre endete. Der kleine Kettenprahm kam aber gerade an und wir konnten zusammen mit einem anderen Auto drauf. Die Fähre samt Fährhaus war eine ausgesprochen schnuckelige und romantische Angelegenheit, eingebettet in die Schilfufer des Flusses inmitten der weiten Marschlandschaft. Über kleine Straßen durch hübsche Dörfchen ging es weiter in Richtung Norwich. Dahinter fuhren wir infohalber mal in Wymondham an den Bahnhof. Gestern erzählte ein Mit-Fotograf, dass dieser Streckenabschnitt Norwich – Ely bald auf ESTW umgestellt werden soll. Noch war’s aber ein richtig typischer britischer Landbahnhof mit kleinem Kaffee, Signalbox und Formsignalen. Als wir uns auf dem Bahnsteig umschauten, ertönte die berühmte Durchsage "Don't leave your luggage unattended". Diese Durchsage wirkte an diesem kleinen Statiönchen etwas fehl am Platze.

Die örtliche Museumsbahn ließ ihre Züge nicht am "Staatsbahnhof" abfahren, sondern vor den Toren der Stadt am Abbey-Hp. Dort schauten wir auch noch kurz vorbei, denn der 11.15-Service nach Dereham stand bereit. Ein Class 101 Heritage DMU, eine echte Landplage in den sechziger und siebziger Jahren, so wie es bei uns der Schienenbus war. Der Startpunkt war niedlich neben den Parkanlagen der Abbey, getrennt durch eine hübsche Steinbogenbrücke über einen Bach, angelegt. Gates sperrten die Gleise ab, Blumen schmückten den Bahnsteigbereich. Nach Abfahrt des Schienenbusses zog der "Örtliche" seine Warnweste über und fing mit der Gießkanne in der Hand an, die Blumen zu gießen.

Der 101 steht abfahrbereit am Bahnsteig, während die weitere Strecke in den "Staatsbahnhof" durch die Gates im Vordergrund versperrt ist.

Für uns ging es weiter westwärts. Erst hinter Ely wollten wir uns mal wieder verschiedene Stellen an der Bahn anschauen. Von einer Mitfahrt hatte ich in Erinnerung, dass der Zug zwischen dem Old- und dem New Bedford River eine breite Wasserfläche durchfahren hätte. Wir schauten am östlichen Ufer mal über den Deich, doch eine breite Wasserfläche war nicht zu sehen. Dafür viel weite und flache Wildnis. Die ganze Gegend hier liegt übrigens ein Stück unterm Meeresspiegel. Anschließend schauten wir noch die Block- oder Überleitstelle Manea an. Bis hier hatte uns das Regenband noch nicht erreicht. Doch dann ging es los. Die weitere Fahrt war von heftigen Regenfällen geprägt.

Über Peterborough gelangten wir nach Wellingborough. Wir hatten ja gehofft, vielleicht schon an der Midland Mainline etwas machen zu können, doch war es hier noch vollkommen bewölkt. Aber in der Ferne zeichnete sich schon ein deutlich hellerer Himmel ab, so dass man für westlichere Ziele Hoffnung haben konnte. Der Regen hatte nachgelassen. Ein Motiv auf unser aller To do Liste gab es für abends an der Chiltern Line bei King's Sutton. Ich warf noch scherzhaft ein, dass wir dort bestimmt einen Lr bekämen, mit dem die ganzen lokbespannten Silberzüge für ihren morgen beginnenden Einsatz als „Mainline Silver“ zu den Startbahnhöfen Birmingham und Banbury überführt werden. Frits' Einwand, dass die falsch herum kämen, wischte ich mit der Mutmaßung, dass das ganze von einer Lok gezogen wird, vom Tisch...

Die Chiltern Piste erreichten wir bei Aynho, wo sich die Strecken nach Oxford und London aufsplitten. Doch hier war die blaue Fläche noch nicht ganz präsent. Lediglich westwärts sah es richtig blau aus. Westwärts war die Strecke von Oxford Richtung Hereford zu suchen. Auf der Karte sah es dort auch landschaftlich ganz nett aus. Also da hin! Durch die teils parkähnliche Hügelllandschaft des nördlichen Oxfordshire gelangten wir in den Ort Charlbury, einer Perle unter den englischen Städtchen. Hier hätte glatt Miss Marple gedreht worden sein können. Aus fotografischer Sicht nicht ganz so erfreulich war jedoch die Bahnstrecke, die jüngst einer Modernisierung unterzogen und teilweise wieder zweigleisig ausgebaut worden ist. Der Bahnhof von Charlbury hatte zwar sein hübsches EG behalten, doch war das ganze Umfeld runderneuert worden. Erstmal gab es westlich des Bahnhofs einen Triebwagen mit vollkommen zugewachsener Steinbogenbrücke im Hintergrund (die - obwohl ungenutzt - netterweise den Streckenausbau überstanden hat).

First Great Western setzt im Mitteldistanz-Vorortverkehr Londons Turbo-Triebwagen der Reihe 166 ein. Ein solcher passiert die vollkommen überwucherte Feldwegbrücke westlich Charlbury.

Den Gegenzug gab es als Nachschuss im Bahnhof. Es kam sogar ein HST, dessen 1.Kl-Wagen über den Bahnsteig hinaus vorzogen. Auch das wäre in Deutschland undenkbar: Ein Bahnhof bekommt einen neuen Bahnsteig, der dennoch in der Länge nicht für alle hier haltenden Züge ausreicht. Haltetafeln mit Zusatz "HST" wiesen dem Lokführer aber ganz klar den Halteplatz an, so dass hinten auch noch der Mann mit Fahrrad in die letzte Tür des Zuges hineinkam.

Der HST hielt nur mit den 2.Kl-Wagen am Bahnsteig von Charlbury. Im Zuge eines Streckenausbaus ist er Bahnhof komplett runderneuert worden, hat aber seine kurzen Bahnsteige behalten.

Nach diesem Abstecher ging es zurück an die Chiltern Strecke mit Blick auf King's Sutton. Ich hätte ja am liebsten in den zahlreichen durchfahrenen Dörfern immer wieder Bilder von den Bauten im klaren Abendlicht gemacht. Aber wir wollten ja an die Strecke. Und hier erlebten wir etwas, was eigentlich gar nicht wahr sein kann, wo ich fast von den beiden Gefährten verlangt hätte, mich zu zwicken... Wir hatten etwas abseits des Standpunktes gerade das Auto verlassen, da tauchte hinten ein Zug auf. Aber das war nicht irgendein Zug, sondern genau der Zug, von dem ich vorhin im Flachs gesprochen hatte: Der Silberzug (ex Wrexham&Shropshire), wobei vor der eigentlichen Garnitur noch eine Lok und ein Wagen extra hingen. Leider versäumte ich vor lauter Perplexität, wenigstens ein Belegbild zu machen. Wahrscheinlich glaubt mir das jetzt kein Mensch... Der Ärger über diesen verpassten lokbespannten Zug währte allerdings nur kurz.

Der Blick von der Brücke ist wirklich ein Hauptmotiv, das allerdings etwas getrübt war, weil am Rand der Strecke Schwellen abgelegt waren, was nicht ganz so toll aussah. Aber immerhin bekamen wir hier paar DB Chiltern und paar DB Cross Country Züge vor die Linse. Zwar wurde das Licht immer wieder durch paar Schleier getrübt, aber wir können uns nicht beklagen, denn Chancen hatten wir trotzdem noch genug.

Turbos gibt es nicht nur bei First. Hier kommt ein DB-Turbo der Chiltern Railway (100%ige DB-Tochter) vor der Kulisse von King's Sutton nordwärts gerollt. Er ist vierteilig und trägt die Baureihenbezeichnung 168. Im Gegensatz zur DB-Güterverkehrssparte auf der Insel (ex EWS) trägt noch kein einziger DB-Personenzug den roten Keks. Eigentlich schade...

Die Turbos gibt es auch zweiteilig. Nur wenige Male am Tag wird ein Zugteil der Vorortzüge Paddington - Oxford weiter bis Banbury an der Chiltern Railway verlängert. Am heutigen Sonntag startete dieser Mini-165 allerdings in Oxford und hatte nur eine kurze Strecke zu fahren.

Wir suchten dann noch kurz die Abzweigstelle für die beiden Strecken bei Aynho, doch fanden wir sie nicht. Egal, das Licht ging nun durch Wolken von Westen eh langsam zur Neige. Also auf nach Banbury, um eine Unterkunft zu suchen. Das lief auch völlig unkompliziert, und so bekamen wir auf Anhieb im örtlichen Best Western schöne Zimmer. Der Inder zum Abendessen war auch nicht weit weg. Es war ein sehr farbenfroher Inder. Innen war er blau und rot beleuchtet. Eigentlich mag ich sowas ja nicht, aber das war alles ganz gekonnt arrangiert. Faszinierend waren auch die Biere, die vor dem leuchtenden blauen Hintergrund der Bar wie Mineralwassergläser aussahen, weil der blaue Hintergrund dem Bier alle Farbe nahm. Horst schaute sich sein Bier jedenfalls ganz genau an, als es serviert wurde. Das Essen war ausgezeichnet. Hinterher gab es sogar 10 GBP Gutscheine je Person. Wir ließen den Abend im Hotel in der Lobby vorm Rechner ausklingen. Mit der Ausbeute des Tages können wir ganz und gar nicht unzufrieden sein.

Montag, 05.09.2011: Banbury - rund Reading - Banbury

Morgens lachte zunächst der blaue Himmel über Banbury, so dass ich mich aus dem Hotel zu einigen Hinterhofbildern animiert sah. Bald schwand jedoch das Licht und wir konnten wie verabredet um 7.30 zum Frühstück gehen. Diesmal war die Toastzeit etwas länger; da reichte allen Beteiligten einmal toasten. Das full english breakfast war auch wieder lecker.

Blick aus dem Hotel "The Banbury House" auf die umliegenden Giebel im zarten Morgenlicht.

Die Vorhersage sprach für heute von extrem wechselhaftem Wetter. Mal Regen, mal Sonne und viele Wolken dazwischen. Eine klare Richtung war nicht erkennbar. Hauptsache eine Strecke mit viel Verkehr, damit mal was mit Sonne ausgehen kann. Wir beschlossen, in der Gegend von Reading anzufangen. Auf der Autobahn ging es runter bis zum Nordrand der Chilterns, durch die wir nun einmal durch mussten. Hinter einem Pritschenwagen, der ein Paar Baustellenampeln geladen hatte, mühten wir uns durch pittoreske Städtchen wie Watlington und Henley-on-Thames hindurch. So hübsch diese Örtchen auch sind, so übel sind einfach diese engen Ortsdurchfahrten. Oft gab es lange einspurige Abschnitte, weil Teile der Hauptstraße auch noch einseitig zugeparkt waren. Vor Henley war ein langer Stau, allerdings freundlicherweise in der Gegenrichtung :-)

Immerhin waren wir so dicht hinter dem Ampel-LKW, dass wir noch rechtzeitig vorbeikamen, als der anhielt, um seine Ampeln irgendwo mitten im Wald aufzubauen. Das erste Motiv, das wir östlich Reading ansteuerten, war der arg tiefe Einschnitt Sonning Cutting, der jedoch völlig zugeschattet war. Somit probierten wir es bei Twyford, wo man wunderschön auf einer Feldwegbrücke stehen konnte. Zwar zeigten sich nur vereinzelte Wolkenlöcher, aber hier rollte es ja schon ein wenig. Immerhin klappte mit vollem Licht ein Turbo, während die Güterzüge leider alle bei Schatten abgingen.

Die Feldwegbrücke Southbury Lane östlich von Twyford stn eröffnet schöne Bilder in beide Richtungen auf das Faszinosum einer viergleisigen Dieselpiste. Soetwas dürfte wohl europaweit einzigartig sein, kommt auf der Insel aber mehrfach vor. Ein Vorort-Turbo der Reihe 166 spielt auf der Slowline S-Bahn. Etwa alle Viertelstunde rollt einer dieser Züge zwischen Reading und Paddington - oft mit Verlängerungen von westlicher gelegenen Orten wie Oxford usw.

Ein HST, der zwischen Reading und Paddington ohne Halt verkehrt, kommt auf der Fastline durchgebraust. Die vierspurige Dieselpiste ist übrigens "bedroht": Die Great Western Mainline soll von Paddington bis Cardiff unter Strippe kommen. Vorbereitungsarbeiten laufen schon.

Ok, nachdem ich das geschrieben hatte, blieben wir noch eine Weile. Und die Wolken rissen am späten Vormittag deutlich stärker auf. Ein anderer Eisenbahnfan, gleichzeitig Tf für die Turbo-Nahverkehrszüge, traf auch auf der Brücke ein und wusste zu berichten, dass eine 47 von Reading, eine 50 und der Royal Scotsman Park aus der Stadt kommen müssten. So blieben wir einfach mal stehen. Es gingen dann auch noch paar Güterzüge mit Sonne, aber nun war die Zeit des genau rechtwinklig stehenden Lichtes, so dass die Front immer schattig blieb, was dann doch etwas schade war. Ein GBRf Zug hatte Aushub von der Baustelle des Olympiaviertels auf Schüttgutwagen hinten dran.

Blick von der Brücke Southbury Lane bei Twyford in östliche Richtung: Eine GBRf 66 schafft Aushubmaterial von der Olympiabaustelle aus der Stadt raus.

Die Royal Scotsman Wagen wurden von einer Freightliner 66 überführt, die 50 kam irgendwann Lz an. Und die 47 stadteinwärts kam irgendwie gar nicht. Aber es rollte insgesamt gesehen ganz schön. Sowas ist dann wirklich das beste, was man bei solch einem Wetter machen kann. Der Tf erzählte noch, dass eine Elektrifizierung dieser Strecke von London bis ins walisische Cardiff wohl schon vorbereitend in Arbeit ist. Damit wäre GB um eine wesentliche viergleisige Dieselpiste ärmer!

Die angekündigte Museumslok der Class 50 kommt auch noch durch.

Als mal wieder ein größeres Wolkenfeld vor die Sonne zog, beschlossen wir aber mal einen Ortswechsel. Über volle schmale Straßen und hoffnungslos verstopfte Innenstädte gelangten wir über Sonning und Caversham nach Cholsey, wo wieder ein größeres blaues Loch am Himmel stand. Mit Sonne gingen hier allerdings nur HST, Voyager und Turbo, dann zog es auch hier erstmal zu. Der Blick von der Brücke war aber in beide Richtungen klasse. Südwärts konnte man in Richtung Bahnbrücke über die Themse schauen.

Verfolgungsjagd: Ein DB (ex Arriva) Cross Country Voyager hat gerade den River Thames gequert und rast auf Cholsey zu. Ob er bis Didcot, wo sich deren Wege trennen, von dem First HST eingeholt wird, der gerade die Themsebrücke "betritt"?

Markantestes Bauwerk bei Cholsey ist die hohe Backstein-Feldwegbrücke unmittelbar südlich des Haltepunktes. Ein Turbo beschleunigt lautstark, aber nicht besonders rasant, Richtung Reading und Paddington.

Die größeren Wolken nutzten wir, um mal beim Supermarkt vorbeizuschauen und uns mit Wraps, Milch und Saft einzudecken. Das verputzten wir nun wieder genüsslich am Motiv, wobei die wolkenfreie Zone im Nordwesten irgendwie nicht recht näher kam. Das war schade, da jetzt auch Güterzüge vorbei kamen. Irgendwann gaben wir es auf, denn im Norden schien sich das Blau kontinuierlich zu halten. Durch Cholsey fuhren wir nach South Moreton an die vom März bekannte Brücke mit der hohen Brüstung. Dummerweise herrschte auch hier wieder genau seitlicher Lichtstand. Ich lief den Public Footpath wieder hinein, kletterte über den Zaun und stellte mich an der Bahnböschung auf. Die Wolken lieferten eine tolle Kulisse. Aber sie zogen nun natürlich auch hier wieder massiv vor die Sonne. Immerhin gelangen dennoch einige Bilder, u.a. von einem Baustoffzug.

Ein Class 220 Voyager auf Höhe der Ortschaft South Moreton. Wir befinden uns noch immer an der Great Western Mainline.

Ein First Great Western Turbo in Großaufnahme vor schönen Wolken.

Als die Wolken auch hier die Oberhand gewonnen hatten, zogen wir erstmal nach Didcot, wo wir am Bahnhof im "Prince of Wales" einen Tee tranken. Der war nicht so die Offenbarung, so dass wir auf die Bahnsteige umsiedelten, wo doch glatt noch rund sechs andere Bahnverrückte rumliefen und Fotos machten. Im Yard rangierte eine 66 einen Güterzug zusammen. Der Yard befand sich in einem Zustand, wie ich ihn sonst nur aus Griechenland kenne. Die Schienen waren mehr eckig verbunden (sowas habe ich früher bei der Modellbahn gemacht, wenn ich nicht genug Kurven hatte...) und an einer Stelle neigte sich die Fuhre immer ganz bedrohlich zur Seite. Da muss wohl ein ziemliches Schlammloch statt des Schotters gewesen sein. Vor der Kulisse des bedrohlich wirkenden örtlichen Kraftwerkes habe ich in der nun sehr trüben Stimmung noch paar Fotos gemacht. Eine Dampflok kam auch noch durch und hielt am Bahnsteig vor dem Asig. Der Lokführer fühlte sich aber offenbar etwas in der Ehre gekränkt, als Frits, der sich die Lok gerade anschaute, ihn drauf aufmerksam machte, dass das Signal jetzt grün sei...

DB Schenker ist in Didcot heftig am rangieren. Beide Loks tragen allerdings noch das alte EWS-Farbkleid. Im Hintergrund "droht" finster das Kohlekraftwerk, das auch für Güteraufkommen sorgt.

Wir beschlossen, nochmal in Banbury zu übernachten. Mit Sonne war offenbar jetzt nicht mehr zu rechnen, so dass wir uns auf den Weg nordwärts machten. Nördlich von Oxford zog es uns allerdings nochmal auf schmalere Straßen, um zu schauen, ob sich die Bahn hier irgendwo am Oxford Canal fotografieren ließe, zu dem sie nun die ganze Zeit parallel führte. Eine Möglichkeit entdeckten wir am Hp Heyford von der Bahnsteigbrücke aus. Heyford war auch wieder einer dieser Märchenorte mit niedlichen kleinen Steinhäusern. Direkt neben der Station befand sich eine kleine Werft für die schmalen Kanalboote. Am recht sparsam bedienten Haltepunkt befand sich ein Schaukasten der "Friends of Heyford station". Unter den Themenpunkten der nächsten Sitzung war u.a. die Installation eines Verkehrsspiegels an der Straßenausfahrt vom Hp-Parkplatz und die Neugestaltung der Blumenkästen auf dem Bahnsteig. Ist das nicht einfach nur schön?

Zurück in Banbury konnten wir dieselben Zimmer wie gestern beziehen. Danach reservierten wir kurz beim Inder einen Tisch und liefen erstmal zum Bahnhof weiter. Dort brausten einige Güterzüge durch den Bahnhof - einer sogar mit drei 66ern. Wir besorgten uns den ab gestern gültigen Fahrplan mit den neuen Silberzügen "Mainline Silver". Die Durchfahrt eines solchen Zuges stand kurz bevor. Ich wollte mir den mal mit dem Fotoapperat in der Hand von der Bahnhofsbrücke anschauen. Der Zug ließ sich allerdings viel Zeit. Dummerweise hatte es nun zu regnen angefangen. Trotz Schutz durch einige Bäume hatte ich bald keine Lust mehr und die Kamera gerade eingepackt, da kam der Silvertrain durch. Steuerwagen voraus und ca sechs Wagen lang. Die Besetzung war hier - vor dem ersten Planhalt hinter London Marylebone - alles andere als toll. Aber das ist am ersten Verkehrstag eines neuen Zuges vielleicht normal.

Ein DB Cross Country Voyager steht im Bahnhof von Banbury.

Wir konnten uns nach einem Spaziergang durch das sympatische Städtchen mit seinen vielen Fußgängerbereichen beim Inder stärken. Das Essen war wieder sehr gut. Einziger Fehler war dann die Bestellung von Nachtisch. Der Amarenabecher bestand nur aus einer gewaltigen Menge übelsten Einfacheiskrems mit paar Kirschspuren. Nach paar Löffeln habe ich das Zeug stehen gelassen. Immerhin konnten wir für das Essen den 10 GBP-Gutschein von gestern einlösen. Zurück im Hotel klappte weder der WLAN-Zugang (gestern auch schon nicht) noch eine gepflegte Session am Hotelrechner, bei dem irgendwie der Kontakt zur Tastatur verloren gegangen war... Das Wetter wies uns allerdings ein Stück nordwärts, was uns durchaus recht war.

Dienstag, 06.09.2011: Banbury - Perth

Übernachtung und Frühstück waren auch diesmal hervorragend. Draußen regnete es, so dass wir ganz in Ruhe nordwärts fahren konnten. Erst die M4, dann die A46 und später die M1 führten uns zunächst bis Doncaster. Dort legten wir am Bahnhof einen Kaffeestopp ein. Mein Cappucchino aus dem Plastikbecher war allerdings ziemlich eklig, dafür allerdings riesig. Draußen tobte derweil der Zugverkehr. Auf der Eastcoast Mainline verkehrte ein Schnellzug nach dem anderen.

Als wir die Stadt wieder nordwärts in Richtung M1 verließen, war im Norden ein erster blauer Streifen am Himmel auszumachen. Wir beschlossen, einfach dort was zu machen, wo möglichst viel Blau am Himmel steht. Mit jedem Richtungswechsel der Autobahn sah das Wolkenbild wieder anders aus und es war furchtbar schwer vorherzusagen, für welche Gegend und welche Motive der blaue Himmel überhaupt zuständig war. Zumal es gewaltig lange dauerte, bis wir überhaupt die ersten Sonnenstrahlen sahen. Vor York ging schon mal nichts und dahinter wird das Bahnnetz schlagartig dünner. Eigentlich war nun nur noch die Eastcoast Mainline in Reichweite, doch das riesige Blau lag etwas weiter westlich.

Wir steuerten dennoch paar Stellen an, die wir gern mit bestimmten Zügen machen wollten - auch auf die Gefahr hin, dass dort wieder Wolken wären. Im Ballungsraum Middlesbrough hatten wir eine Idee für einen südfahrenden Grand Central HST. Wir steuerten eine Straßenbrücke in Billingham an, die wir schon von vor einem Jahr kannten. Hier herrschte ein Wechsel aus ca 70% Wolken und 30% Sonne. Der bekannte Blick auf eine Signalbox mit Gates war nun etwas entstellt, weil die Gates gerade durch Schranken ersetzt wurden und paar Baucontainer im Bild rumstanden. Angesichts der Wolken dachte ich mir noch so, dass das ja ein unverschämtes Glück sein müsste, wenn hier und im nächsten beabsichtigten Motiv bei Seaham alles mit Sonne gehen würde. Seaham war mir wichtiger, deshalb konnte meinetwegen hier der HST im Schatten gehen, wenn der Gegenzug in Seaham wenigstens klappen würde. Nun, der erste Teil des Wunsches ging schon mal klar. Die Sonne kam erst während der Durchfahrt des schmucken schwarzen Grand Central HST wieder durch. Nur zwei Pacer klappten als Nachschuss.

Ein Pacer rollt auf den Bahnhof Billingham zu. Der Bahnübergang ist noch mit Gates gesichert, doch die neuen Schranken sind schon montiert.

Ein Güterzug aus Hartlepool kam dann auch nicht im von uns vorgemerkten Zeitfenster, und so machten wir uns lieber mal auf nach Seaham. Dort war das Blau am Himmel sogar deutlich in der Überzahl. Als der eben noch in Billingham nachgeschossene Pacer hier schon mal mit voller Sonne vor der herrlichen Kulisse der Durham Coast ging, meinte Frits zutreffend "Auch ein Pacer kann glücklich machen!". Dem war nichts hinzuzufügen. Bis zum Schwatten war noch paar Minuten Zeit, so dass ich mich mal mit Tele bewaffnet für einen Güterzug von Norden aufbaute, der aber auch schon durch sein konnte. War er aber nicht. Er kam prima im Licht, nur das Motiv war hier für Südfahrer nicht ganz so toll wie ca 1-2 km weiter südlich an der Küste. Aber das hätte sich mit dem Schwatten gebissen.

Ein GBRf Kohlezug aus Tyne Dock, einem Hafen bei Newcastle, kämpft sich sichtlich von Seaham die Steigung hoch.

Rechtzeitig zum HST kamen wieder vermehrt Wolken. Als der schwarze Zug dann um die Ecke bog, lag die Strecke im Schatten, doch die Sonne war am kommen und hatte bald wieder die Strecke voll unter Kontrolle. So sollte es sein! Das wohl bisher schönste Foto der Tour war im Kasten! Wir waren einhellig der Meinung, dass uns dieses Motiv wichtiger als Billingham gewesen war.

Teil 2 des in Billingham gehegten Wunsches ging auch in Erfüllung: Der schmuck-schwarze Grand Central HST klappt bei Seaham prima im Licht an der Durham Coast. Er wird die Strecke nicht ganz bis Newcastle befahren, sondern in Sunderland, wo der Vorortverkehr Newcastles beginnt, enden. Nach Newcastle direkt reist man schließlich stündlich und viel schneller auf der Eastcoast Mainline.

Was nun tun? An der Küste sah es insgesamt am besten aus. Für Mittwoch und Donnerstag war eh für Südschottland das beste Wetter britannienweit angekündigt. Warum also nicht den großen Sprung zu den gigantischen Küstenmotiven nördlich Berwick-upon-Tweed wagen?

Gesagt, getan. Es war ein ganzes Stück, und fast ständig ging es entlang der Küste im Sonnenschein. Hier, nördlich Newcastle, hätte es sicher auch schon Motive gegeben, aber man wollte ja bestimmte Küstenabschnitte haben. Nach langer Fahrt auf teils zwei-, teils vierspuriger A1 trafen wir kurz nach Querung der schottischen Grenze um 16.20 in Burnmouth ein. In gigantischem Sturm standen wir vor großartiger Kulisse im Sonnenschein. Auf der Nordsee kräuselten sich die Wellen. Was aber nicht kam, war ein Zug. Dafür tauchten bald völlig neue, hohe Wolkenfelder auf. Nach einigen Minuten war der Himmel im Westen vollkommen zugewölkt. Was war das denn jetzt? Ganze Zeit Sonne und kaum im Motiv angekommen ist alles vorbei?

Es sollte vorerst der letzte Sonnenschuss werden und klappte schon nicht mehr am gewünschten Auslösepunkt: Ein East Coast IC mit Class 91 befindet sich genau auf der englisch-schottischen Grenze. Der Zug ist noch durchgehend in der alten Farbgebung gehalten. East Coast Main Line Company Ltd ist übrigens eine staatliche Gesellschaft, die den Verkehr übernehmen musste, als der eigentliche Franchisenehmer National Express sich weigerte, den East Coast Zügen nötige Geldspritzen zukommen zu lassen, und den Franchiseauftrag somit verlor.

Missgelaunt kreuzten wir ein wenig auf der Suche nach einem Aussichtspunkt für die Royal Border Bridge durch Berwick. Schrecksekunde beim Einparken: Plötzlich rollte das Auto weg. Trotz nicht wirkender Feststellbremse schafften wir das Auto in letzter Sekunde festzuhalten. Die Karre war sowieso ein Thema für sich.

Ich war ja noch nie Opel-Freund, aber was Opel / Vauxhall in dieser Krücke alles an Elektronik zusammengeschustert hatte, war schon doll. Wenn der Fahrer den Motor abgestellt hat und die Tür öffnet, fängt plötzlich der Fahrersitz an, nach hinten zu fahren, quetscht im hinteren Fußraum alles zusammen, was da evtl an Einkäufen steht und lässt sich nach dem Wiedereinstieg nur gaaaaanz laaaangsam wieder in die gewünschte Fahrerposition zurückbewegen. Oder der Kofferraumdeckel. Warum muss ein Kofferraumdeckel einen elektrischen Antrieb haben? Maaaan braaaauchte seeeeehr viiiiel Geeeeduuuuld, bis daaaas Diiingen ooooffen ooooder geeeeschloooosseeeen waaar. Und wenn man dachte, ha, einfach Knöpfchen drücken und den Deckel sich schließen lassen und sich währenddessen schon mal reinsetzen? Klar, konnte man machen. Aber wenn der Deckel dann entschied, dass da ein Sandkorn zu viel in der Schließung war, ööööffnete eeer siiich eeeeeinfach wiiiieder gaaanz laaangsam und man durfte wieder aussteigen. Mag sein, dass sich das alles abschalten ließ, aber es gab nichtmal eine Beschreibung des Autos. Und bei einem Mietwagen hat man ja auch keine Lust, erstmal stundenlang die Anleitung zu studieren.

Doch das nur am Rande.

Einige blaue Lücken waren hinter den Regenwolken wieder auszumachen. Deshalb ging es doch nochmal wieder nach Burnmouth hoch. Lange mussten wir warten. Der Ausblick auf die See mit Regenbogen war toll, die Sonne wurde stärker und stärker. Aber wir mussten lange warten, bis es unten rollte. Es kam nur ein geschobener IC-Wendezug, ansonsten Dieselzüge: HSTs und Voyager. Aber das störte uns eigentlich gar nicht. Als wir uns nochmal umgestellt hatten, um den Regenbogen mit reinzubekommen, kam natürlich ewig nichts, bis der Regenbogen weg war und das Licht auch schon wieder zu schwächeln anfing.

Ein East Coast Wendezug mit Lok in der neuen grauvioletten Farbgebung passiert die bei Burnmouth steil zur Nordsee hin abfallende Küste.

Ein DB Cross Country Super Voyager geht hier auch noch.

Unser Mietmobil mit Regenbogen. Für die massiven Kratzer auf dieser Seite waren wir übrigens nicht verantwortlich ;-)

Blick in Burnmouth Richtung Süden: Ein East Coast HST braust als IC vorüber.

Na gut, wir hatten immerhin auch hier bischen was bekommen, und das war schön so. Über Edinburgh und die Tay Bridge (aufgrund gigantischer Lichtstimmungen gar nicht bemerkt, dass die Brücke im Zuge einer Schnellstraße plötzlich durch eine rote Ampel gesperrt wurde, vor mir fuhren auch alle weiter und ich noch mit) ging es zügig nach Perth. Dort bahnte sich das an, was wir schon von Norwich kannten. Alle Hotels waren ausgebucht. Das teilte man uns in mehreren Hotels gleich auf den ganzen Ort bezogen mit. Yes, nothing special, but a very busy week. Letztendlich bekamen wir noch was in einer B&B-Pension, wobei ich das Zimmer des abwesenden Sohnes bekam. Erst glaubte ich, dass das Sohnemannzimmer nach Rauch stinken würde, aber das war wohl doch eher die neben mir stehende Wirtin. Sauber und gepflegt war allerdings alles. Und das war die Hauptsache. Das Abendessen gab es mal nicht beim Inder, sondern beim - Thailänder! Der Kellner war aber ein Original Schotte.

Mittwoch, 07.09.2011: Perth - kurz vor Aberdeen - Aberdour

Morgens bestätigte sich die Wettervorhersage zumindest dahingehend, dass wir bis Donnerstag die letzte Ecke Großbritanniens erwischt hätten, die wenigstens noch eine Chance auf Sonne bieten würde. Die Vorhersage für gesamt Britannien sah absolut übel aus. Mit der Dusche kam ich nicht klar, offenbar hätte man draußen vorm Badezimmer mit einer Schnur einen Ziehschalter betätigen müssen. Darauf wäre ich nun wirklich nicht gekommen.

Das Frühstück war klasse und die Wirtin kümmerte sich nett um uns. Nach dem Frühstück tat sich allerdings ein anderes Problem solch einer kleinen Pension auf. Gerade wollten wir alle hintereinander zur Nachbereitung des Frühstücks schreiten, da blockierte leider ein anderer Pensionsgast das kombinierte Bad / WC, indem er duschte. Das verzögerte natürlich unsere Abfahrt ein wenig.

Aber dann ging es los. Vom März her hatten wir noch paar Motive bei Gleneagles offen. Obwohl die Wolken fett den Himmel dominierten, wollten wir einfach mal probieren was geht. Ggf wäre morgen ja auch noch ein Tag. In Gleneagles zogen wir erstmal in einem Regenschauer Position auf der Brücke am westlichen Einschnittrand mit Blick zur Petershead Farm. Es prasselte auf uns nieder. Horst und Frits, die ein Stück den Hang hochgekraxelt waren, kamen schnell wieder ins Auto. Mein favorisierter Standpunkt lag zum Glück direkt am Auto an der Straße. Da ging im März nur ein Nachschuss, außerdem stand jetzt das Licht noch etwas besser. Und das Licht stand wirklich, als der Zug kam. Er ging wunderbar im goldnen Morgenlicht. Wer hätte das gedacht bei den vielen Wolken.

Bekannt vom letzten Reisebericht, aber diesmal mit schönerem Licht und als Vorschuss: Ein First Scotrail 170 auf der Strecke Glasgow - Perth kurz vor Gleneagles mit der Petershead Farm.

Nun stand ein zweites "Muss-Motiv" auf der Liste: Der Blick auf Formsignale und Signalbox von Blackford. Dumm war hier nur, dass man direkt an der Schnellstraße stehen musste. Immerhin war fürs Auto Stück weiter ein Parkplatz. Tja, hier tasteten wir uns seeeehr seeeehr gemächlich an einen Erfolg ran. Erst kamen drei Nachschusskandidaten. Der erste nur mit Spotlight, der zweite vollwertig, so dass man das Motiv immerhin schon mit Nachschuss hatte. In Erwartung des ersten Nordostfahrers mussten wir auch den einzigen HST der Strecke aus Inverness als Nachschuss verarzten, wobei der auch noch hinten das Rollo weit runtergezogen hatte. Eigentlich wurden die blauen Flächen am Himmel über uns auch zusehends größer. Dann kam endlich der "Vorschuss". Als der Triebwagen hinten um die Kurve kam, wurde der Ort mit seiner hübschen Kirche langsam von einer Wolke verdunkelt. Und die Wolke zog zielgerichtet auf den Auslösepunkt zu. Suuuuper! Wenigstens gab es in dieser Stunde auch noch einen Bummelzug. An den Straßenlärm hatte man sich etwas gewöhnt, also konnten wir die halbe Stunde auch noch warten. Und der klappte dann auch mit vollem Licht.

Blackford signalisiert dem aus einem 170 und einem 158 gebildeten "All Stations" Zug freie Fahrt. Im Bf Blackford gibt es keine Station, wohl aber Stück weiter in Gleneagles. Dass sich ein 3rd und ein 2nd Generation VT miteinander kombinieren lassen, finde ich ja praktisch. Der 158 ist nämlich aus der Nasentürer-Generation.

Dass wir diese zwei Wunschmotive angesichts der Wetterprognose geschafft haben, hätte ich nicht zu hoffen gewagt. Somit konnten wir an diesen Streckenabschnitt erstmal einen Haken machen. Weil der blaue Himmel hier aber noch so tapfer durchhielt, nahmen wir als Dreingabe noch zwei weitere Triebwagen mit. Fahrzeugmäßig bekamen wir kaum Abwechslung geboten, aber besser 170er als irgendwelche Nasentürer.

Schon bischen wilder hier am Rande der Highlands...

Ein Stück höher von unserem Standpunkt begannen die schönen und blühenden Heideflächen.

Blick in den Bahnhof Perth, der allerdings auch gerade einem Umbau frönt.

Als wir damit durch waren, machten wir uns auf den Weg ostwärts. In Perth gab es noch einen VT von der Bahnhofsbrücke (der Bahnhof sieht wirklich schmuck aus!), dann zogen wir über Dundee und Montrose nach New Mill. Dieses abgelegene Dörfchen ist ja so richtig schnuckelig. Man erreicht es nur über eine einspurige Straße und es besteht aus wenigen Häusern und - einer Blockstelle!!! Die Blockstelle heißt Carmont – nach einem in der Nähe liegenden Hof. Aus verschiedenen Winkeln konnte man nun auf die Außenkurve und das Dorf hinunterschauen. Wie gemacht für Fotos. Dumm nur, dass wir uns bei der Ankunft im besten Sonnenschein angesichts gezogener Signale in beiden Richtungen nicht über den Parkplatz einig wurden und den Südfahrer letztendlich zu weit in der Kurve mit zu spitzem Licht machen mussten. Doppelt ärgerlich war das, weil dies die letzten Fahrten waren, die mit vollem Licht gingen.

Carmont station - ein herrliches Fleckchen Erde abseits aller Hektik. Der letzte Zug des Tages mit vollem Licht kommt durch, schade.

Der DRS-Containerzug nach Aberdeen strahlt trotz Minimalsonne recht ordentlich. Die Gesellschaft DRS beschäftigt sich in erster Linie mit Nukleartransporten und hat ihren Sitz in Sellafield.

Nicht nur ein großes Gewölk zog auf, es folgten auch wieder mal diese unvermeidlichen hohen Nervwolken, die insgesamt dem Licht jegliche Kraft nehmen. So gingen weder HST noch Güterzug mit vernünftiger Ausleuchtung und bestenfalls ein VT nochmal mit Blende auf. Dass am Ende ein VT bei Horst und Frits mit brauchbarer Sonne durchkam und bei mir nicht, trug auch nicht gerade zur Steigerung meiner Laune bei.

Einer der halbstündig verkehrenden 170er geht immerhin noch im Halblicht mit gleichmäßig ausgeleuchtetem Talkessel von New Mill.

Ich hätte hier gern länger gewartet, denn die Sonne arbeitete sich gerade wieder vermehrt hervor. Aber es stand noch ein anderes Motiv weiter nördlich auf der Liste. Für den Muchalls Mill Viaduct südlich der Ortschaft Muchalls standen wir mal wieder direkt an einer Schnellstraße, juchuu! Immerhin brauchten wir nicht lange auf den HST zu warten, und der kam sogar mit ganz annehmbarem Licht!

Der Blick auf die Nordsee ist ja immer wieder schön und entschädigt für so einiges. Immerhin ist es einer der drei täglichen HSTs je Richtung, der auf dem Muchalls Mill Viaduct, unserem nördlichsten Fotopunkt der Tour, ganz nett leuchtet.

Auch von der anderen Seite konnte man gut auf den Viadukt schauen. Dort bauten wir uns auch noch an der Straße auf. Aber es hatte vollkommen zugewölkt. Nur aufgrund einiger kleiner Risse in der Wolkendecke blieben wir nochmal. Es könnte ja sein, dass da noch der Mega-Sunspot durchkommt. Kam er aber nicht. Und der erwartete Güterzug aus Aberdeen kam auch nicht. Gegen 19 Uhr brachen wir ab.

Oh, tschuldigung Jungs! IHR seid natürlich das nördlichste Fotomotiv der Tour.

Also stand nur noch das gepflegte Beenden des Tages auf dem Programm. Wir wollten uns ein Hotel im nahen Montrose suchen und dann lecker essen gehen. Es sollte jedoch ganz anders kommen. Wie wir erfuhren, fand in Aberdeen gerade die "Oil Week" statt. Dies habe, so erfuhren wir, Auswirkungen auf die Unterkünfte in der gesamten Umgebung. Als es in Montrose nicht klappte, probierten wir noch mehrere Unterkünfte in Arbroath und Carnoustie, leider alles mit demselben Erfolg. Doch der Einzugsbereich der Ölwoche war noch größer. Selbst in Dundee, wo wir auf der Hinfahrt viele Hotels der großen Ketten gesehen hatten, war keine Chance. Die Damen vom Premier Inn haben ganz wunderbar für uns herumtelefoniert, aber ohne Erfolg. Paar B&Bs am Wegesrand angefahren, doch dort hing meistens schon das "no vacancies" im Fenster.

Schnell wurde klar, dass wir auch in Dundee nichts werden würden. Wie die Lage in Perth aussah, wussten wir ja. Deshalb beschlossen wir, stramm über den Tay Richtung Firth of Forth und die Region Edinburgh zuzufahren. Horst hatte es immer mal im Internet probiert, aber außer einem 469 GBP-Sonderangebot im Golfhotel von St. Andrews war da nichts. Während auf einem benachbarten Feld festlich beleuchtete Mähdrescher ihre abendlichen Runden in der ansonsten stillen Nacht drehten, saßen wir auf einem Parkplatz und versuchten telefonisch was.

Horst versuchte auch auf der weiteren Fahrt, etwas zu bekommen. Im Internet stieß er dann auf ein Hotel am Forth-Ufer. Die Buchung klappte aber auch irgendwie nicht (Wunder der Technik...), telefonisch brach die Verbindung zusammen, aber irgendwann war dann doch alles klargezogen. Gegen 22.30 fuhren wir vorm The Woodside Hotel in Aberdour (Fife) vor. Der Rezeptionist wusste nun wieder gar nichts von der Reservierung, hatte aber genügend frei, und so wurde alles gut. Höchstens abgesehen davon, dass wir morgen wieder früh los mussten, um die gefahrenen 83km wieder zurückzuötteln. In der Hotelbar gabs ein Bier, das war's dann aber auch an kulinarischen Genüssen an diesem Abend.

Donnerstag, 08.09.2011: Aberdour - kurz vor Aberdeen - Stirling

Wir mussten heute aufgrund der langen Wieder-Anfahrt früh los. 6.30 war als Startzeit abgemacht. Mit Frühstück hatten wir gar nicht gerechnet, aber die Leute vom Hotel waren wirklich nett und meinten, ein Continental Breakfast könne man auch ab 6 für uns bereithalten. Allerdings waren wir dann auch nicht die einzigen, die das nutzten. Am Nachbartisch saßen vier Herren, deren Gespräch auch nach Oil Week klang. Und bis Aberdeen hatten die es ja noch etwas weiter.

Wir rechneten mit einer stockenden Anreise, da ja spätestens ab Dundee der Ölrun auf Aberdeen zusätzlich zur Rushhour eintreten musste. Um so erstaunter waren wir, dass das alles völlig unproblematisch war. Die Fahrt ging im Regen los, doch bald hatten wir die ganze Zeit in Zielrichtung einen hellen Schein und damit die Wolkengrenze vor uns. Auf BBC hatte es morgens ausdrücklich geheißen, dass britannienweit einzig in Aberdeenshire mit gutem Wetter zu rechnen sei. Dummerweise rückte die Wolkengrenze nicht näher. Wir kamen allerdings gut durch und waren um 8.15 in Inverkeilor, wo wir allerdings immer noch unter Wolken standen, während nördlich von uns alles blau war. Aber da wollten wir ja nicht hin! Ich entschied mich zunächst für den Blick auf die örtliche Signalbox, während die beiden anderen einen Viaduktblick machen wollten. Leider kam der erwartete nordfahrende Güterzug sehr bald und deshalb noch mitten im Wolkenfeld, in dem nur ein kleiner Riss für ein Minimallicht sorgte.

Ein DB-Keks pro GB-Tour muss sein. Bei künftigen Touren dürfte das ja dann immer mehr werden. So tauchte der "Thursday only" Schenker-Zug 6A31 mit einer von einer Handvoll in den DB-Farbtopf gefallenen 66ern leicht vor Plan an der Signalbox von Inverkeilor auf, wurde aber noch ein Opfer der nur laaaansam abziehenden Bewölkung.

Doch die Wolkendecke zog südwärts ab. Und bald stand ich in gleißendem Sonnenlicht. Ein 170 von vorn und der XC-Super Voyager von hinten klappten mit vollem Licht. Der Voyager hatte den längsten Zuglauf Großbritanniens: Aberdeen - Penzance. Der Gegenzug kommt nur von Plymouth. Bald kamen die beiden anderen und wir tauschten quasi unsere Motive. Ich nahm noch ein 170-Paar mit dem Viadukt auf.

Der DB Cross Country Service Aberdeen - Penzance brettert durch Inverkeilor. Er hat eine interessante Strecke einmal diagonal über die Insel vor sich.

Blick über die Kornfelder auf die Lunan Bridge bei Iverkeilor.

Inverkeilor hat auch eine Kirche aus dem 17. Jahrhundert: The Parish Church of St Macconoc.

Gerade waren wir auf dem Wege nach Norden, da fiel uns ein, dass noch ein HST runterkommen müsse. Also nochmal zurück nach Inverkeilor und etwas in Richtung Viadukt durch die Stoppelfelder gelaufen. Das war alles wunderschön. Aber eine winzig kleine Wolkenfluse schaffte es genau zielgerichtet, auf der Strecke zu sein, als der HST dieselbe befuhr. So ein Mist.

In der Ferne rollt der HST noch sonnenbeschienen durch die Kornfelder.

Also nun endgültig nordwärts. Vor Montrose wagten wir allerdings noch einen Abzweig nach Boddin Point, diesem herrlich abgelegenen Fleckchen Erde an der Steilküste unweit des Dunninald Castle. Ein 170 und ein unverhoffter nordfahrender Güterzug kamen gleichzeitig und schafften etwas Verwirrung. Das darauffolgende 170-Paar konnten wir dann aber vernünftig umsetzen, wobei wir beim Nordfahrer ein Auto auf dem Feld stehen hatten. Blöd! Aber der Südfahrer kam gut mit Meer im Hintergrund.

Boddin Point: Wie schon im März gefiel mir dieses abgelegene Fleckchen Erde ausgezeichnet.

Zu unserer Überraschung tauchte am heutigen Donnerstag der gestern vermisste Monday & Wednesday only Freightliner 6A65 plötzlich von hinten auf.

Und die Nordsee ist hier (fast) rundherum: Ein 170 keucht von Montrose die Steigung hoch, um gleich wieder nach Inverkeilor hinabzurollen.

Nun bei einer Tanke in Montrose Sandwichs besorgt und wieder zu dieser herrlichen "Blockstelle" Carmont gefahren. Dort konnte man es eine ganze Weile aushalten. Die würden wir auch brauchen, denn die Wolken hatten am Himmel schon wieder die "Führung" übernommen. Wir erwarteten neben den 170ern auch einen HST und den Güterzug mit der Schenkerlok zurück. Wir konnten nur hoffen, dass es heute hier besser klappte als gestern. Außer uns warteten hier in der Einsamkeit auch einige einheimische Eisenbahnfreunde in der Gegend rum. Erst als sich einer neben uns stellte, erfuhren wir, dass gleich ein Oil-Week-Sonderzug mit drei Class 37ern (eine vorn, zwei im Leerlauf hinten) um die Ecke kommen würde. Kam er dann auch, leider in einer Zeit großer Dunkelheit. Ich habe auf ein Bild von dem schönen Zug verzichtet und lieber die Vorbeifahrt und den Sound genießen wollen. Das ging allerdings auch in die Grütze, weil ausgerechnet in dem Moment ein Trecker lautstark an uns vorbeifahren musste. Dass ich nicht abgedrückt habe, stieß bei den beiden anderen auf ein gewisses Unverständnis, aber warum soll ich Bilder machen, über die ich mich hinterher ärgere? Ich kann halt nur mit Sonne im Rücken ;-) Die Garnitur sollte während der Oil Week übrigens jeden Tag unterwegs gewesen sein...

Frits hat den Zug für Euch festgehalten...

Ok, es muss auch richtige Ätztage geben, und dieser entwickelte sich mit großen Schritten zu einem solchen. Dass auch der HST und der nachfolgende Güterzug mit der Schenkerlok ohne Sonne abgingen, war ja fast klar. Aber dass nichtmal so ein popeliger 170 mit vernünftig ausgeleuchtetem Motiv durchkam, war schon dämlich. Einer bekam zwar selbst Sonne, aber das Dorf war dunkel. Allerdings war der Auslösepunkt auch selten in der Sonne, obwohl in der Gegend immerhin noch ca 30% Sonne herrschte. Die Laufbahn der Wolken führte geradewegs über den Talkessel von New Mill / Carmont. Rings herum waren dagegen bestimmte Hänge ständig im Licht.

Auch so wollte man es eigentlich nicht haben: Zug in Sonne und Dorf dunkel. Aber das war das höchste der Gefühle für diesen Nachmittag...

Als auch noch der nordgehende Güterzug ohne Sonne durchgekommen war, wollten Horst und Frits gern nochmal nach Muchalls hoch. Da der Aufenthalt dort etwas länger dauern sollte, ich aber gern die Sache in Carmont noch etwas aussitzen wollte, fuhren wir zusammen hoch und ich allein dann wieder zurück. Als ich mich auf der Rückfahrt dem Talkessel von Bk Carmont näherte, lag die gesamte Landschaft dort in voller Sonne! Eine große wolkenlose Fläche --- war gerade durchgezogen. Denn kaum war ich ausgestiegen, wich das Blau einer endlos aussehenden Masse von Wolken. Ich könnte jetzt paar Kraftausdrücke bringen... Nun stand jedenfalls fest: Dies ist ein Ätztag! Wenn man das gewusst hätte, hätte man schön unten in der Fife-Region zwischen Forth und Tay bleiben können...

Immerhin ging noch ein Tierfoto...

Blick in Montrose von der Bahnsteigbrücke auf das Montrose Bassin im Gegenlicht.

Ich fuhr zurück zu den beiden anderen, wobei das Abbiegen auf der vierspurigen Schnellstraße schon echt Hardcore war. Auch bei denen war es plötzlich vollkommen zugezogen. Mit Halt in Montrose, wo wir Gegenlichtiges mit einer interessanten Wolkenstimmung versuchten, ging es über Dundee und Perth nach Stirling. Schon das zweite befragte Hotel war bereit uns aufzunehmen, allerdings für einen saftigen Preis. Es war das Stirling Highland Hotel, das in einem trutzburgmäßigen Riesenbau untergebracht war. Von der Straße ging es im Gebäude eine lange Treppe hoch bis zu einer Gangkreuzung, wo vier Treppen aufeinander trafen. Von dort weiter hoch, bis man endlich an der Rezeption stand. Und die war --- ebenerdig mit einem Parkplatz vor der Tür im "Burghof". Das Gebäude war nämlich an den Hang gebaut worden. Es handelte sich, wie wir später erfuhren, um eine ehemalige Schule. Bei der Rezeption hing noch die Ahnengalerie der ehemaligen Rektoren.

Beim Inder waren außer uns nur zwei Frauen anwesend, die sich deutsch unterhielten. Nach guter und leckerer Stärkung beschlossen wir den Tag bei einem Verdauungsspaziergang auf die Bahnhofsbrücke. Der Bahnhof ist nicht klein und besitzt auch noch Formsignale - außer an den Durchgangsgleisen. Zurück im Hotel im Angesichte eines LAN-Kabels auf dem Schreibtisch auf eine Internet-Session gefreut, doch war dat Dingen von SwissCom, und bei denen möchte ich mich weder registrieren noch teuer bezahlen (gilt für all die anderen "Vereine" dieser Art natürlich auch). So blieben wir also auch hier offline…

Freitag, 09.09.2011: Stirling - York

Es regnete mal wieder am Morgen. Dennoch mussten einfach mal Aufnahmen mit dem Semaphorenparadies an der Südausfahrt des Bahnhofs sein, die uns aber auch gut durchnässt haben.

Jetzt gibt es mal Regenbilder :-) Ein 170 in carmin&cream rollt von Alloa in den Bahnhof Stirling ein. Diese Farbgebung gibt es leider nur im Vorortverkehr um Glasgow und Edinburgh; für Über-Land-Fahrten fehlt die erste Klasse.

Die Semaphores an der Südausfahrt von Stirling sind selbst für Insel-Verhältnisse etwas besonderes: Dem 170 nach Alloa wird an einem Zwischensignal Fahrt, Fahrt erwarten signalisiert. Das Drillingssignal rechts am Bahnsteigende ist für drei verschiedene Ausfahrgleise zuständig und nicht wie sonst üblich für drei verschiedene Fahrstraßen von einem Gleis.

Der Wetterbericht meinte, dass man östlich der Penninen am ehesten Chance auf "sunny intervals" habe. In Schottland sollte hingegen erstmal der große Regen kommen. Also über Glasgow südwärts gestartet. Der Weg über die A1 und Newcastle wäre vielleicht etwas dichter gewesen, aber die A1 war vielfach nur zweispurig bei ziemlich starkem Verkehrsaufkommen. In Penrith ging es von der Autobahn runter und quer durchs Gebirge nach York. Die Landschaft war hinter Appleby richtig klasse, aber der Verkehr war so chaotisch auf der teils zwei-, teils vierspurigen Straße, dass ich kaum einen Blick für die Landschaft hatte. In einer Raststätte bei York deckten wir uns mit Sandwichs ein, denn mittlerweile war es nach 13 Uhr. Außerdem war es plötzlich sehr warm geworden. Man konnte sich im T-Shirt draußen aufhalten.

Den ersten Fotopunkt, die Milford Junction, erreichten wir kurz nach 14 Uhr. Zwei andere Fotografen saßen hier auch schon in ihren Autos, die Blicke starr auf die Strecke gerichtet. Milford Jn ist wohl ein zentraler Punkt im Bereich der Kohleversorgung für drei Kraftwerke. Mehrere Strecken kamen hier zusammen und trennten sich wieder. Wir packten erstmal unseren Proviant aus. Die Wolken waren dünn und ließen durchaus etwas Licht durch, aber "schön" war was anderes. Nun, das Problem löste sich in anderer Form. Außer einem unverhofften Pacer aus der falschen Richtung (es gibt hier nur zwei Pz-Paare!), mit dem wir aber nicht gerechnet hatten, kam gar nichts durch.

Nun wechselten wir nach einer Tankstellensuche in Selby an eine Brücke über die Eastcoast Mainline bei Burn. Blauer Himmel war im Anmarsch. Wir hatten jetzt etwas Hoffnung. Und tatsächlich - nachdem ich einige "Kunst"bilder mit allen drei im Umkreis liegenden Kraftwerken (von Westen: Ferrybridge, Eggborough, Drax) gemacht hatte, kam die Sonne hervor. Immerhin gingen paar Züge mit Sonne.

Zugfolge wie an der Nordlandsbahn. Mit dieser Behauptung konnte ich jedenfalls die beiden anderen "beglücken", als mal über zehn Minuten lang nichts kam und Horst zur Zeitung griff... Das Kraftwerk Ferrybridge sorgt für Kulisse.

Wenn wir schon nicht an die Midland Mainline kommen, müssen die Züge der Midland Mainline halt zu uns kommen: Ein East Midlands HST taucht völlig überraschend aus Richtung Norden auf.

Kohle-Nachschub für die Kraftwerke: Den Abzweig zum Kraftwerk Drax, das aus dem Hintergrund gierig auf die Ladung schielt, hat der Freightliner Zug allerdings schon hinter sich gelassen.

Dann wurde mit Riesen-Umweg (paar Bäche versperrten den Weg für eine direkte Straße) die Colton Junction südlich von York aufgesucht. Hier teilen sich die zweigleisige Eastcoast Mainline und eine viergleisige Dieselpiste Richtung Midlands. In einem leider nur sehr kurzen Sonnenabschnitt konnte man paar Züge mit Sonne mitnehmen, wobei wir nicht alle möglichen Perspektiven mitbekommen haben, bevor wieder größere Bewölkung aufzog.

Auf der Slowline der hier kurzzeitig viergleisigen Dieselpiste kommt ein Northern-158 angebrummelt.

Ein DB Voyager Doppel der Class 220 brettert auf der Fastline über die Weichen von Colton South Junction.

Auf der E-Piste war nicht ganz so viel los, und ein Zug mit Ellok die große Ausnahme. Lediglich die East Coast ICs mit Class 91 fuhren elektrisch. Wieder mal zeigt sich die Lok neu lackiert, die Wagen jedoch nicht.

An der Straße war zwischen den Strecken ein Panoramaparkplatz, auf dem sich im Laufe der Zeit bis zu acht Autos ansammelten, in denen Leute sitzen blieben und starr die Strecke langschauten. Es wurde einer der wenigen Züge Britanniens ohne gelbe Kontrastfläche erwartet - ein Dampfzug.

Der Dampfzug wird unter Beschuss genommen. Es handelt sich um den planmäßig verkehrenden "The Scarborough Flyer", der freitags von Scarborough nach Crewe fährt.

Viel faszinierender als den Dampfzug fand ich die Wolkengrenze, die irgendwann dann doch wieder auf die Sonne zurückte. Es sah so aus, als ob wir die letzte Stunde des Tages hier draußen fetzigen Sonnenschein bekommen würden. Und so war es dann auch, wobei die Sonne erst fetzig war, dann aber schnell matter wurde. Wider erwarten sprangen die anderen "Enthusiasts" nicht nach Durchfahrt des Dampfzuges in ihre Autos, sondern genossen ebenfalls in andächtiger Stille die herrlichen abendlichen Sonnenstrahlen an diesem schön in weiter Feldmark gelegenen Bahn-Panoramapunkt. Natürlich wussten sie auch, dass sich nun auf der Eastcoast Mainline noch ein Leckerli nähern würde: Ein mit Class 60 bespannter Ölzug. Und der kam dann tatsächlich im vollen Theaterlicht durchgefahren!

Es gibt kaum noch Güterzüge, die nicht mit Class 66 bespannt werden. Und so war dieser planmäßig mit Class 60 bespannte DB Schenker Zug schon eine Besonderheit und wurde bei dem Theaterlicht gern mitgenommen.

Zum 19.15 ab York fahrenden Grand Central Zug (das sind die mit der schmucken schwarz-orangen Lackierung) waren die Schatten schon so lang, dass nur noch ein entferntes Mastfeld in der Sonne lag. Ich telte einfach mal rein. Es kam statt des erwarteten HST ein Adelante.

Ein Grand Central Adelante im allerletzten Büchsenlicht.

Danach ging die Sonne auch direkt unter. Wir fuhren nach York. Schon am Ortseingang fielen uns die Hinweisschilder für die "York Fair" auf. Oh nein! Wir probierten in der Stadt zwei Hotels aus, doch es gab nichts. Unweit der Junction gab es allerdings an der Schnellstraße zwei Ketten-Hotels. Wir beschlossen diese zu probieren und fuhren wieder dorthin zurück. Bei Premier Inn bekamen wir auch tatsächlich drei Einzelzimmer. Danach fuhren wir nochmal in die Stadt, schauten am Bahnhof rum und drehten eine Runde durch die wunderschöne Altstadt, in der Massen von wie Schaufensterpuppen aufgetakelte junge Mädels unterwegs waren. Jungs natürlich auch. Essen gab es vorher beim Italiener. Und wie wir hinaustraten, sahen wir, dass das Restaurant direkt neben den Büros von Grand Central lag. Erst gegen Mitternacht waren wir wieder im Hotel. Bis jetzt kein Tag ohne Sonnenfotos!

York, eine wunderschöne Stadt. Blick von der illuminierten Stadtmauer auf das Münster St Peter.

Samstag, 10.09.2011: York - Stockport

Nachdem es gestern doch etwas später geworden war, schliefen wir heute mal etwas länger. Zwar sollte mit einzelnen Auflockerungen am Nachmittag zu rechnen sein, aber wir wollten einfach mal "was anderes" machen: Eine Fahrt auf der North Yorkshire Moors Railway (NYMR). Aber erstmal gab es Frühstück.

Eigentlich hatten wir gern den Dieselzug um 10 Uhr haben wollen, aber wegen eines Mähdreschers weit vor uns auf der Landstraße konnten wir den Dieselzug nur noch bei der Ausfahrt von Pickering beobachten. Aber ganz so schlimm war das nicht, schließlich wird hier täglich im Stundentakt gefahren. Diese Bahn hat mittlerweile 140 Mitarbeiter und über 400 Freiwillige. An beiden Endpunkten gibt es Hallen für die Fahrzeugwartung, Stellwerke und Züge sind mit Personal zu besetzen. Der näher an der Zivilisation, sprich am Fuße der Höhenzüge der North Yorkshire Moors, gelegene Endpunkt Pickering ist leider nicht mit der "richtigen" Bahn zu erreichen. Droben in Grosmont stößt die Museumsbahn auf die Nebenbahn nach Whitby, die allerdings nur wenige Male am Tage bedient wird. Einzelne Museumsbahnzüge fahren auch auf der Network Rail Strecke bis Whitby an die Küste weiter.

Wir nahmen den nächsten Zug:

NYMR Pickering 11.00 > Grosmont 12.05

Langsam ging es aus Pickering raus, vorbei an endlosen Schlangen von Fahrzeugen, die noch auf ihre Aufarbeitung warteten, und die auf dem ehemaligen zweiten Streckengleis standen. Pickering hatte sogar Lichtsignale, doch dann folgte bald eine Signalbox, hinter der es zügiger und mit lauten Auspuffschlägen in ein Waldtal hinein ging. Hier gab es Massen von Rebhühnern, die zwischen dem reichlich vorhandenen Farnkraut umherkrochen. Weiter oben über den Bäumen zeigten sich zunehmend die weiten kahlen Heideflächen, die jetzt zur Heideblüte natürlich besonders gut kamen. Leider fehlte der Sonnenschein. Später gelangte die Strecke sogar so weit empor, dass das Gleis ein Stück vor dem Summit durch diese Heidelandschaft führte. Wunderschön, von den umliegenden Höhen ergeben sich tolle Blicke auf die Bahn - das hatte ich schon auf Fotos gesehen.

Blick aus dem Zug auf den in Goathland kreuzenden Gegenzug. Der Stundentakt erfordert Kreuzungen auf beiden Unterwegsbahnhöfen.

In Grosmont kam sogar abschnittsweise die Sonne durch. Eine Diesellok der Reihe 25 (D7628) setzte sich von der anderen Seite gegen unseren Zugpark und konnte gut ausgeleuchtet fotografiert werden. Der Bahnhof war eine Show: Stellwerke, Semaphor-Signale und handgekurbelte Gates. Eine Stunde früher hätte man gut von einem Aussichtspunkt eine Ausfahrt aufnehmen können, doch nun wurde das Licht schon ganz schön spitz. Wir wollten uns ohnehin die Rückfahrt mit der Diesellok geben.

Unsere Zuglok von der Hinfahrt fährt in den Schattenbahnhof. Es geht wirklich hinter mir in einen Tunnel rein. Das Bw kommt allerdings erst hinter dem Tunnel, ist so vom Bahnhof aus allerdings nicht zu sehen.

Die Class 25 hat sich vor unseren Wagenpark von der Hinfahrt gesetzt.

NYMR Grosmont 12.30 > Pickering 13.40+13

Der Dieseltrecker blieb leider nur bis Hogsmeade, äääh, Goathland vor dem Zug. Hagrid wartete allerdings heute nicht auf dem Bahnsteig, um die Zuginsassen nach Hogwarts zu bringen. Die Bahnsteigszenen aus Hogsmeade in „Harry Potter“ sind nämlich hier gedreht worden. Dafür kam der Schaffner durch und meinte, dass die beiden hier kreuzenden Züge die Loks tauschen müssten, was natürlich nicht ganz schnell ging. Da nur zwei Gleise vorhanden waren, musste der eine Zug so lange draußen bleiben. Die weitere Fahrt durch die nunmehr sonnenbeschienenen Heideflächen war natürlich wunderbar.

Erwartungsvoll wird der Gegenzug in Goathland alias Hogsmeade von einer regelrechten Menschenmenge erwartet. Und das Stellwerkspersonal dieser Museumsbahn trägt Warnweste :-)

In Pickering bieten die Häuser der Stadt eine wunderbare Kulisse für den Museumsbahnbetrieb. Einfach nur wunderschön!

Die Sonne zeigte sich immer wieder. Zurück am Auto fuhren wir zunächst an die Piste nach Scarborough ran, wo es im tiefen Tal die hübsch gelegene Blockstelle Kirkham Abbey gab (aber eher für abends). Von der Blockstelle sahen wir einen möglichen Fotohang, auf den von weiter oben an der Straße ein Footpath über einen Hof und dessen Pferdekoppel führte. Wie gesagt - zeitlich war's noch nichts für die Blockstelle, aber man konnte schön auf ein Herrenhaus mitsamt Park und die Ruine einer Priory schauen. Das Herrenhaus ging auch als Hintergrund für Querschüsse auf die Bahn. Das sollte es jetzt sein. Wir warteten einen Zug in jeder Richtung ab, aber das Licht hatte sich rechtzeitig sehr dünn gemacht.

Über diese Pferdeweide führt der Footpath mitten an den Fotohang. So ists schön, denn ansonsten ists mit dem freien Rumlaufen in der Landschaft alles etwas restriktiver als in anderen Ländern.

Blick auf Bk Kirkham Abbey in "Ruhestellung". Die Gates verschließen die Gleise. Hundertprozentig entspricht diese Betriebsstelle allerdings nicht einer deutschen Blockstelle, denn es gibt eine Weichenverbindung.

North Cothelstone Hall? Nein, auch auf dieser Tour haben wir nicht den Landsitz von Lord und Lady Hesketh-Fortescue gefunden. Aber "The Hall" in Kirkham hätte gut Pate stehen können, oder? Die Fahrgäste im Siemens Desiro UK des Operators First Transpennine Express (Class 185) wird es weniger interessieren...

Nun sollte es nochmal Altbewährtes sein: Uns hatte es gestern an der Colton Junction so gut gefallen, dass wir nach Proviantaufnahme dort einfach nochmal hinfuhren. Auch jetzt standen dort schon wieder vier Autos, in denen die Insassen in die Ferne starrten... Wir stellten uns daneben und starrten mit. Eine große Wolke wurde allerdings erstmal zur Nahrungsaufnahme genutzt.

Zweimal dachten wir später, dass jetzt mal ein längerer sonniger Abschnitt käme, doch von großen blauen Flächen erreichten uns bestenfalls die Reste. Die sorgten zwar für eine gigantische Theaterbeleuchtung ähnlich wie gestern, doch ging sich das leider nicht so mit Zügen aus. Gegen 18.30 war mal wieder ein Blau schneller als erhofft zusammengebrochen und wir machten uns auf den Weg in Richtung Westen, da wir morgen am späten Vormittag am Flughafen sein mussten.

Finstere Wolken ausnahmsweise mal nur im Hintergrund: Ein 158 nähert sich Colton Junction.

Über die Autobahn kamen wir zügig durch. Erst führte der Weg durch den Großraum Leeds und Huddersfield, dann über den Penninen-Hauptkamm rüber in den Ballungsraum von Manchester. Die Penninenüberfahrt war dank des Licht- und Wolkenspiels faszinierend. Überhaupt finde ich es kurios, dass man bei den Penninenquerungen in dieser Gegend mal "eben kurz" aus dem Gewusel des einen Ballungsraumes auftaucht, über eine wunderschöne kahle Heideanhöhe fährt, und dann schon wieder in den nächsten Ballungsraum eintaucht.

Eindrucksvolle Stimmung auf der Autobahn bei der Penninenquerung.

Wir suchten in Stockport nach Unterkunft. Das erste Premier Inn war zwar ausgebucht, doch man verwies uns auf das zweite, das dann auch noch genug Platz hatte. Der Anmeldevorgang war diesmal besonders langwierig mit Passnummer usw. Am heutigen letzten Abend mussten wir ja unbedingt nochmal zum Inder gehen. Wir wollten mit dem Auto in die Innenstadt fahren, merkten aber nach einer Straßenecke, dass die Innenstadt schon anfing. Also Auto abgestellt und zu Fuß durch die Gassen gelaufen. An diesem Samstag Abend waren die Gassen aber ziemlich tot. Nur paar von den üblichen spärlich bekleideten Mädels rannten rum und paar komische/betrunkene Typen hingen hier und dort rum. Offenbar fährt man für Nightlife doch eher nach Manchester rüber. Allerdings scheint Stockport auch nicht gerade von Reichtum geprägt zu sein. Ursprünglich hat man hier wohl der Hutmacherei gefrönt. Wir fanden jedenfalls einen Inder und konnten dort den letzten Abend nochmal genießen.

Sonntag, 11.09.2011: Stockport – Hamburg

Zum ersten Mal auf der Reise wachten wir bei vollkommen wolkenlosem Himmel auf. Das war ja klar, denn heute war Abreise angesagt! Zwei Stunden konnten wir aber noch erübrigen. Und so zogen wir ohne Frühstück los in Richtung südliche Penninenquerung nach New Mills. Natürlich nicht zu verwechseln mit „New Mill“ in Schottland mit der Blockstelle Carmont. Ich wäre ja gern noch in das Penninen-Hochtal bei Edale gefahren, um wenigstens ein einziges Streckenmotiv mit blühender Heide mitzubringen, aber erstens hätten wir das zeitlich nicht geschafft und zweitens zeigten sich an den Penninen-Hängen schon wieder sehr viele Wolken.

Mit denen hatten wir auch bei dem wunderschönen Motiv mit Blick auf die New Mills South Junction zu kämpfen. Ein Sprinter von der rechten Strecke aus Richtung Manchester ging schon mal im Schatten ab. Die Anzahl der sonnigen Momente nahm rapide ab. Wir hatten schon fast keine Hoffnung mehr, dass der nachfolgende Transpennine-Express noch mit Sonne klappen würde. Eine Frau, die gerade mit dem Auto bei uns über die Brücke gefahren war, kam zu Fuß wieder zurückgelaufen und fragte, ob denn ein Dampfzug käme! Unglaublich, die Engländer und ihre Beziehung zur Eisenbahn.

Auf der gegenüberliegenden Talseite konnte schon mal ein 150 aus Richtung Buxton "mitgenommen" werden.

Schatten auf den Gleisen. Das Signal wurde gezogen. Der Hügelrücken auf der anderen Talseite wurde wieder mal hell. Die Helligkeit rückt in unsere Richtung. Noch kommt der Zug nicht. Das konnte was werden. Strecke und Signalbox werden hell, Zug kommt um die Ecke, Auslösepunkt bleibt hell, Zug ist da, Dauerfeuer! Auch wenn die schöne Ortskulisse nicht vollständig beschienen war, waren wir durch dieses Abschiedsfoto doch angesichts der Umstände mehr als beglückt.

In einem Lichtspot rollt der First Transpennine Express 170 an der Signalbox von New Mills South Junction vorüber.

Am Flughafen hatten wir bewusst etwas mehr Zeit eingeplant, weil wir Herrn Europcar ja noch die Schramme auf dem Kotflügel beichten mussten. Nun ja, der wollte uns dann auch noch gleich die Verantwortung für ein Loch in der Außenspiegel-Rückabdeckung mit unterjubeln, doch waren wir mit den 250 Euro, die er letztendlich sehen wollte, ganz zufrieden. Das waren jedenfalls weniger als die Reparaturkosten für die Schramme, was sicherlich damit zu erklären ist, dass die Schramme vmtl von Europcar gar nicht beseitigt wird (auf der anderen Seite war ja bei Übernahme schon eine noch viel heftigere Delle mit langem Kratzer gewesen). Nun bin ich nur noch gespannt auf die Rechnung von dem Halter des touchierten Wagens… Vorm Abflug war gerade noch Zeit für ein eklig-abgestandenes British Breakfast, dann mussten wir zum Flieger.

EZY 1845 Manchester 11.45 > Hamburg 12.50

Der Flug war zu 100% besetzt, aber dennoch ganz angenehm. Von England war nicht mehr viel zu sehen, doch die Nordsee war wolkenfrei und auch auf „kontinentaler“ Seite konnte man schön auf die west- und ostfriesischen Inseln, Jade- und Wesermündung, Cuxhaven, Itzehoe, Lägerdorf, Brokstedt, Lentföhrden, Bad Segeberg und Bargteheide hinunterschauen.

Wir waren alle drei mit den Ergebnissen der Tour zufrieden. Die großräumige Wetterlage war ja alles andere als gut gewesen, doch dank unserer flexiblen Handhabung mit dem Grundsatz, sich die Richtung vom Wetter zeigen zu lassen, weil überall was geht, hatten wir jeden Tag die Chance auf einige Sonnenbilder. Und diese nichtmal an erstbesten „Möglichkeiten“, sondern vielfach doch an handfesten Wunschmotiven. Was wollten wir mehr?

Ein ganz großes Dankeschön geht an die beiden Kollegen: Frits, der immer das geeignete Motiv für die jeweilige Situation und den jeweiligen Lichtstand wusste, und Horst, der als perfekter Beifahrer grundsätzlich den kürzesten Weg dazu parat hatte. Ohne Euer Hintergrundwissen hätte man sicher viel Zeit mit Motivsuche verdaddelt.

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