Shropshire, Cheshire & Cumbria
- und eine wunderschöne Bahnreise dorthin

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Im Kreise von sechs Kollegen und ausgestattet mit 1.Kl-Mitarbeiter-Spezialtickets stand im Januar eine dreitägige Tour mit der Bahn nach und durch England an. Streckenaufnahmen wird es in diesem Reisebericht übrigens nicht zu sehen geben. Das "Fahren und Genießen" stand im Vordergrund.

Montag, 10.01.2011: NZ ab Harburg

CNL 40479 Hamburg-Harburg 19.33 > Paris Est 9.23+60

Für die Fahrt nach Paris hatten wir "trickreich" gebucht. Wir wollten einerseits gern die 1.Kl-Schlafabteile mit Dusche/WC haben, andererseits aber vier zusammenhängende Abteile, damit wir im Laufe des Abends in den mittleren Abteilen noch etwas reden konnten, ohne einen direkten Abteilnachbarn zu stören. Nun haben die klassischen einstöckigen Schlafwagen die 1.Kl-Abteile aber immer im Wechsel mit 2.Kl-Abteilen, so dass wir uns für 2x 1.Kl und 2x 2.Kl entschieden.

Gezielte Buchungen waren jedoch weder im Internet noch im Reisezentrum möglich. Deshalb half uns Martin mit seiner Bahnagentur Schöneberg bei der Buchung. Er konnte unseren Sonderwunsch auch tatsächlich realisieren, so dass wir sicher sein konnten, dass wir unsere Abteile nebeneinander haben würden. Wir dachten jedenfalls, sicher sein zu können...

Eigentlich habe ich mir auch noch nichtmal ernsthaft Gedanken gemacht, als Matthias in Harburg aus dem Metronom aus Nordelbien stieg und meinte, dass dort oben im Norden an den Anzeigern stände, dass Wagen 106 nicht in unserem Zug sei. Das sei doch nicht unser Wagen, oder? Natürlich war das unser Wagen, ha-ha, guter Witz. Er hatte sogar eine Fotomontage von so einer Anzeige auf seinem Handy, echt gut vorbereitet *grins*.

In Harburg war der Zug angezeigt mit "CNL Zürich mit Kurswagen nach Saarbrücken". Aha, klasse! Immerhin die richtige Richtung... Korrekte Anzeigen zu basteln muss ganz schön schwierig sein. Aber das mit dem Wagen 106 stand zum Glück nicht dran, echt guter Joke, Matthias!

Dann kam der Zug. Lok. Liegewagen nach Paris. Dosto-Schlafwagen nach Zürich. Restaurant. Und noch paar andere Wagen, aber nichts mit Paris. Hmmm... Wir also erstmal in den Dosto rein und in den Pariser Liegewagen vorgelaufen. Ein Geisterzug, keine Menschenseele zu sehen! Gerade beschlossen wir, unser Gepäck zu deponieren und dann mal nach Personal zu suchen, da kam auch schon der Liegewagenschaffner angelaufen.

Und der war sehr nett und aufmerksam. Er hatte sich schon eine Strategie ausgedacht, wo er alle Schlafwagen-Gäste unterbringen würde. Glücklicherweise war der Zug sehr leer, so dass das alles kein Problem war. Er bot uns vier nebeneinenderliegende Liegewagenabteile an, in die wir uns verteilen konnten. Alternativ hätten wir in Hannover in einen Schlafwagen der Relation Berlin-Paris umsteigen können. Da man in einem Liegewagen ja abends auch noch viel besser beisammen sitzen kann, entschieden wir uns für die Liegewagen-Variante und erhielten einen entsprechenden Vermerk auf den Reservierungen.

Für den anderen Morgen versprach er uns ein schönes kostenloses Frühstück im Speisewagen, auf das wir uns schon freuten. Etwas später musste er uns leider mitteilen, dass er mit seinem Kollegen im Berliner Zugteil telefoniert und erfahren habe, dass der Speisewagen fehlt. Er wolle sich aber etwas ausdenken.

Rotenburg, Verden (wir zogen langsam über die hintersten Gleise an einem RE vorbei), Nienburg, Poggenhagen (hier ging es erstmal in die Ecke und der RE überholte nunmehr uns) und dann bald Hannover. Hier schauten wir uns natürlich das Rangiermanöver auf dem Bahnsteig an. Die vier Wagen aus Berlin wurden einfach vor unsere Wagen gestellt. Unser Liegewagen füllte sich leicht; es dürften fast alle Abteile belegt gewesen sein.

Hinter Hannover suchten wir den Speisewagen des Züricher Zugteils auf. In dem eigentlich sehr gemütlich eingerichteten und nur gedämpft beleuchteten Wagen war kein Gast zu sehen. Unser Liegewagenschaffner meinte nur zur Kollegin hinter der Theke: Die kommen aus meinem Wagen, jetzt wird's lustig! Und so war es dann auch. In guter Stimmung setzten wir uns zu fünft um einen Tisch und suchten aus, was die Speisekarte so hergab.

Warten auf das Mahl im CNL-Speisewagen.

Jürgen nahm sogar das Menü, ich begnügte mich mit einem Bauernfrühstück, Maren nahm einen üppig belegten Brotzeitteller. Das Essen war sogar wirklich gut, auch die beiden anderen waren zufrieden. Und das Bier dazu lecker. So ging es nun durch das Leinetal. In Alfeld mussten wir mal wieder an die Seite. Überholung durch einen Güterzug? Nein, der "Hans Albers" nach Wien zog an uns vorbei. Weiter ging es, immer wieder glitzerte die Wasserfläche des nach Schneeschmelze überfluteten Tals zu uns herein. Außer einem Herrn mit Laptop blieben wir die einzigen Gäste.

In Göttingen lief ich schnell vor, denn wir erwarteten hier Nico als letzten Teilnehmer unserer Gruppe, der uns aus Frankfurt bis hier entgegen gefahren war. Göttingen ist der letzte Zustiegshalt, bis dann in Saarbrücken der erste Ausstiegshalt folgt. Gemeinsam wurde nun noch manche Flasche Wein geköpft. Die Rechnung mit den nebeneinenderliegenden Abteilen ging auf, zwei Abteile weiter war wirklich nichts mehr von uns zu hören. Gegen 2 Uhr wuchs in uns aber die Erkenntnis, dass wir vom kommenden Tag mehr haben würden, wenn wir uns jetzt mal in die Kojen begeben.

Dienstag, 11.01.2011: NZ an Paris > Chester

So im Halbschlaf bekam ich mit, dass wir lange in Mannheim standen und dann irgendwann losfuhren. Um so erstaunter war ich, als ich nach einem abrupten Halt wieder Mannheim vorm Fenster sah. Wir waren also nur umgesetzt worden, denn hier teilen sich die Wege der Züge nach Zürich und Paris. Bis Saarbrücken habe ich durchgeschlafen, dann in Etappen bis Metz weiter. In Saarbrücken hatten wir schon +40, in Metz waren es +60. Viel mehr durften es für unseren gebuchten Eurostar nach London nicht sein. Immerhin hatten wir hier in Frankreich erstmals das Gefühl, dass der Zug richtig schnell fuhr.

Ab Metz hätte man theoretisch auch mit einem TGV nach Paris vorfahren können. Der sollte nur die halbe Fahrzeit benötigen. Aber wir waren guter Dinge, dass noch alles klappen würde. Um 8.30 hatte der Liegewagenschaffner uns zum ersten Abteil gebeten, wo er einen Tisch für uns aufgebaut hatte, auf dem die Frühstückskartons, die im Schlafwagenpreis enthalten sind, aufgebaut waren. Auch Brötchen und Kaffee wurden gereicht. Daneben stand noch ein Kuchen, den Maren gebacken hatte. Das sah alles sehr nett aus!

Der gedeckte Frühstückstisch im CNL-Liegewagen.

Nach dem Frühstück gab es noch ein Nickerchen im Abteil, bis der Zugchef in fließendem französisch, englisch und deutsch den Endbahnhof Paris Est ankündigte. Als Grund für die Verspätung gab er die Reparatur einer beschädigten Scheibe in Mannheim an. Wir verabschiedeten uns von unserem Liegewagenbetreuer, der es wirklich verstanden hat, die Fahrt trotz aller fahrzeugtechnischen Mängel für uns sehr angenehm zu machen.

Für den Fußweg zum Nordbahnhof war noch Zeit genug. Den Weg fand ich wieder mal sehr schön, weil man durch einige Straßenzüge kommt, die so sind, wie man sich halt Straßenzüge in Paris vorstellt, mit diesen netten Straßencafés. Im Gare du Nord konnten wir zügig einchecken und bald wurden die Pforten zum Bahnsteig geöffnet.

Eurostar 9023: Paris Nord 11.13 MEZ > London St Pancras 12.29 GT

Beim Betreten des Zuges mussten wir erstmal der Schaffeuse erklären, dass die Darstellung der Plätze auf der Reservierung "31, 33-35, 37, 38" von 6 und nicht von 5 Plätzen spricht, und dass sie der Angabe "6 Sitzplätze" durchaus vertrauen kann. Na ja, wahrscheinlich wäre eine englische Schreibweise günstiger gewesen.

Unsere 1.Kl-Plätze waren allerdings sehr schön. Wir saßen in einer Vierer- und einer Zweiersitzgruppe nebeneinander. Die Sitze waren bequem, wenn auch schon sehr abgenutzt. Die Züge haben ja nun auch schon wieder paar Jährchen auf dem Buckel. Der an Bord gereichte Imbiss war nicht so arg viel. Eigentlich wäre in unserem Tarif auch die warme Mahlzeit enthalten gewesen, aber es gab nur "kalt", also ein Brötchen, etwas Käse, einen Möhrensalat, ein Stück Kuchen, dazu Cola und Kaffee.

Im Eurostar ging das Mampfen weiter...

Über die durchfahrene Landschaft gibt es nicht viel zu erzählen. Die Gegend bis zum Tunnel ist meist ziemlich platt, der Himmel war trübe. Der Ärmelkanaltunnel wurde zum obligatorischen Nickerchen genutzt, bevor es in den Endspurt auf die englische Hauptstadt zuging. Irgendwann waren Themse und die ersten Hafenanlagen von London zu sehen, dann ging es in den langen Tunnel, der die Eurostar-Züge kurz vorm Bahnhof St Pancras wieder ausspuckt.

Natürlich gab es erstmal das obligatorische Ankunftsbild in der schönen Halle. Diesmal hatte der Tf freundlicherweise das Spitzenlicht angelassen, bis wir unser Foto gemacht hatten. Dann ging es zum Geldautomaten und weiter zum S-Bahn-Tunnel. Wir hatten jetzt bis zum nächsten Zug vier Stunden Zeit und wollten uns mal bischen was von London anschauen.

Unser Eurostar hat uns in der Halle von London St Pancras abgesetzt.

Matthias entdeckt die Ästhetik von Rolltreppen...

Mit einem Zug von First Capital Connect gelangten wir durch den Nordsüd-Tunnel und über die Themse nach Elephant & Castle. Leider war die Themsebrücke gerade Großbaustelle und ermöglichte gar keinen Ausblick auf die Stadt. In Elephant & Castle stiegen wir in die Tube um, wozu wir uns Tageskarten lösten. Der Umsteigeweg von den Thameslink-Zügen (das ist diese Nord-Süd-S-Bahn) bis zur Bakerloo-Line der Underground war schon sehenswert. Erst musste man durch ein Einkaufszentrum zum Eingang der Underground gehen.

Dort gab es nur Fahrstühle und um eine Kurve rum eine ganz schmale verschämte Wendeltreppe. Wir liefen diese Wendeltreppe hinab. Und liefen und liefen. Erst nach einigen Minuten kamen wir unten an. Für die Gegenrichtung gab es unten sogar ein Schild, das die Anzahl der Stufen bekannt gab und dass man sich das nur im Notfall antun solle. Wir waren längst nicht am Ziel, sondern erst am Anfang eines Labyrinths aus verwinkelten Gängen, gegen das die Hamburger Station Jungfernstieg ein Dorfbahnhof ist.

Die ausgezeichnete Wegweisung führte uns bald auf einen Bahnsteig der Northern Line. Diesen mussten wir ganz entlang gehen, bis uns die Wegweiser in ein anderes Gangsystem führte. Weitere Treppen liefen wir abwärts. Dann war endlich die hier beginnende Bakerloo Line erreicht. Auf beiden Seiten standen Züge bereit. Wir wählten den leeren, der erst in zwei Minuten fahren sollte. Der andere fuhr sogleich ab, und wir kurze Zeit später hinterher.

Die Durchsage an der Station Embankment wurde von Matthias festgehalten. Von irgendwelchen Gedanken an Brandschutz und Rettungswege muss man sich frei machen, wenn man mit der Tube unterwegs ist... Am Piccadilly Circus stiegen wir aus und gelangten über lange Rolltreppen in die Höhe, wo uns sofort die Hektik der Londoner Innenstadt erfasste. An diesem trüben Tag kamen die vielen Lichter sehr gut, und es war schon etwas besonderes, nach rund zwanzig Jahren mal wieder auf diesem Platz zu stehen.

Zu Fuß liefen wir nun die Regent Street hinunter und am Rande des St James Park an den Gebäuden der Horse Guards zu Big Ben und Parlament. Paar Fotos von den Dachzinnen und Türmen vor lichten Stellen in den Wolken waren sogar drin. Nach einem Blick von der Westminster Bridge auf die Houses of Parlament bzw den Westminster Palace suchten wir eine Bushaltestelle auf, denn ein Stück Doppeldecker fahren wollten wir auch noch.

Türme über London (1).

Türme über London (2).

Es tauchte eine Linie 211 auf. Oben war noch schön Platz, so dass wir einfach mal einstiegen. Das angezeigte Ziel "Hammersmith" konnte ich dann erst im Bus auf einem mitgebrachten Tube-Plan lokalisieren. Ganz verkehrt war es nicht, von dort würde man mit der Tube Richtung Marylebone, von wo unser Zug fahren sollte, gelangen. Leider war eine extrem laute und nervige französische Familie schneller als wir und belegte einen Teil der vorderen Plätze.

Der Bus kam im Feierabendverkehr nur sehr langsam voran. Über Victoria Stn und die Buckingham Palace Rd gelangten wir westwärts. Als nach gefühlten 20 Minuten erst die nächste Tube Station Sloane Square auftauchte, war mir doch etwas unwohl und ich gab das Zeichen zum Ausstieg. Ein nachträglicher Blick auf den Linienplan im Internet ergibt, dass erst nach 15 Stationen wieder eine U-Bahn gekommen wäre. Also war die Entscheidung vielleicht nicht ganz verkehrt.

Mit der Circle Line gelangten wir nach Paddington und von dort mit der Bakerloo nach Marylebone, einem der kleinsten Londoner Bahnhöfe. Hier starten die Züge der Chiltern Railway, einer 100%igen DB-Tochter. Ein DB-Keks war allerdings im gesamten Bahnhof und auch an den Zügen nicht zu sehen. Hier starten allerdings auch einige der letzten lokbespannten Personenzüge Englands, die Wendezüge der Wrexham & Shropshire. Diese Gesellschaft ist zu 50% DB und zu 50% in privater Hand und einer der wenigen TOCs (Train Operation Company; quasi EVU), die nicht im Francise-Auftrag fahren, sondern vollständig auf eigene Rechnung.

Übersichtskarte Dienstag-Nachmittag
Bald war an einem weit entfernten Stumpfgleis die Front einer Class 67 zu sehen, und wir liefen, obwohl das Abfahrtsgleis unseres Zuges noch nicht auf der Tafel angezeigt wurde, einfach mal hin. Bald kam allerdings der große Schwall der anderen Fahrgäste hinterher, so dass wir kaum noch eine Möglichkeit für ein Foto ohne Leute im Bild fanden. Die Lok trug noch das alte Farbkleid der EWS (English, Welsh and Scottish, heute DB Schenker), während die Wagen durchgängig modernisiert waren und das schmucke Outfit in "Two Tone Silver" trugen. Leider bedeutete dies auch, dass in unserem 1.Klasse-Wagen nicht mehr die gediegene Plüsch-Atmosphäre mit gedämpfter Beleuchtung herrschte, wie ich es von meiner ersten Mitfahrt kannte. Aber die neue Einrichtung machte auch einen sehr guten Eindruck, es war bloß büschen hell im Wagen. Nun war Abendessen angesagt. Von meiner ersten Mitfahrt hatte ich nämlich ein phantastisches zweigängiges Essen in Erinnerung, das wir am heutigen Abend (mal wieder) genießen wollten. Auch heute noch macht Wrexham & Shropshire mit einem "freshly cooked meal" Werbung, das den 1.Kl-Fahrgästen kredenzt wird. Wir hatten unsere GB-Personalnetzkarten wegen des Essens einfach mal für ungültig erklärt und im Internet für 55 GBP pro Person ganz normale Fahrkarten inkl Reservierung gekauft. Gegen diesen Frühbucher-Preis war nichts zu sagen für vier Stunden 1.Kl-Zugfahrt und reichhaltiges Essen.

Chiltern-Eisenbahnen im Londoner Bahnhof Marylebone.

Wrexham&Shropshire: London Marylebone 16.30 > Wrexham General 20.23

Der Kellner in unserem Wagen fing erst etwas lustlos und muffelig an, taute dann aber ziemlich schnell auf und meinte, nachdem er das DB-Zeichen auf Jürgens Uhr gesehen hatte, dass wir ja alle DB-Kollegen wären und dass wir die Flasche Wein zum Mitarbeiterpreis bekommen hätten, wenn er das vorher gewusst hätte. Er versorgte uns zum Schluss noch mit Infomaterial und Jürgen bekam von ihm offiziell die Speisekarte als Andenken überreicht.

Aber so weit sind wir ja noch gar nicht. Die Landschaft vor den Fenstern war leider dunkel, als wir London verließen. So konnten wir uns ganz auf das bevorstehende Essen konzentrieren. Als Vorspeise stand wieder wie letztes Mal diese vorzügliche Leberpastete oder eine Pilzsuppe auf dem Programm. Hauptgericht war "Würstchen von einem einheimischen Bauernhof mit Kartoffelbrei und Zwiebelsoße". Alternativen waren zwei Nudelgerichte. Ich nahm die Pastete, die wieder an reichlich Salat und Toastscheiben mit Butter gereicht wurde. Die war schon mal richtig gut.

Der 1.Kl-Wagen in der Wrexham & Shropshire Eisenbahn.

Auch wenn der Hauptgang "nur" aus Würstchen bestand, so waren diese doch in einer bisher nicht gekannten Form gewürzt und mitsamt Kartoffelpü und Zwiebelsoße richtig lecker. Als alles verputzt war gab es - wie vorher schon - Tee oder Kaffee. So hatte man gut zu tun, und als alles auf war, waren wir schon über den Birminghamer Güterring durch das dortige Ballungsgebiet durch und nahmen Kurs auf Wales.

Der Hauptgang ist serviert. Es gibt Würstchen mit Kartoffelpü oder Lasagne.

Pünktlich und gut gesättigt erreichten wir das walisische Wrexham, wo diese Linie endet. Da Wrexham etwas abgelegen liegt, hatte ich für uns ein Hotel in Chester gebucht, wo man mit einem Anschlusszug in 20 Min hingelangt. In Wrexham versuchten wir uns zunächst mal mit einer Nachtaufnahme unseres Zuges. Hinten an der Lok war schon Spitzenlicht eingeschaltet worden. Plötzlich stand der Lokführer neben seiner Lok und baute sich wie Bully the Bulldog neben seiner Lok auf, um uns argwöhnisch zu beobachten. Als bei Jürgen aus Versehen der Blitz losging, kam er auf uns zugeschossen. Es fehlte nur, dass er Wau-Wau machte. Dafür sagte er Jürgen mal ganz kräftig seine Meinung...

Unser Zug in Wrexham (noch ohne Bully the Bulldog).

Zu dieser späten Stunde war in Wrexham richtig was los. Zwar wenig Menschen, aber so einige Züge. Ein Nahverkehr kam von Norden an und sollte nach längerem Aufenthalt nach Shrewsbury weiterfahren (dem Fahrplan zufolge bis hier wohl Leerfahrt). Während dieses Aufenthaltes tauchte von Norden sogar ein Virgin-Fernzug auf, der lt Fahrlan nur aus Chester kommen sollte, der aber wohl ein Flügel eines London-Holyhead Zuges gewesen sein dürfte. Unser Wrexham&Shropshire war auf ein Stumpfgleis umgesetzt worden, und der Virgin-Zug folgte zur Nachtabstellung auf ein Gleis daneben. Dann ging es für uns in den Endspurt:

Arriva Trains Wales: Wrexham General 21.02 > Chester 21.21

Der Zug wendete interessanterweise auf einen Zug, der um 21.21 wieder zurückfahren sollte. Das klappte sogar fast pünktlich. Es dauerte bloß etwas, bis eine deutsche Reisegruppe raus war, die dachte, sie könne sich an der Endstation Zeit lassen...

Unser Bestwestern Westminster Hotel lag nur wenige Schritte vom Bahnhof entfernt. Es handelte sich um ein älteres Gebäude in einer Art Tudorstil. Das Innere machte einen gediegenen Eindruck. Allerdings wussten wir schon aus dem Internet, dass einiges in diesem Hause überholungsbedürftig sei. Nun ja, im Großen und Ganzen war es ok und vor allem sauber, so dass ich hier durchaus wieder absteigen würde. Dass die Erfindung von "Einhandmischern" im Sanitärbereich noch nicht bis in dieses Haus vorgedrungen ist, ist zwar schade, war aber auch kein ganz großes Problem...

Wir waren sehr müde, so dass es ohne großes Abendprogramm ins Bett ging. Immerhin sind wir heute von der Gegend um Frankfurt über Paris, London bis an die Nordwestecke von Wales gelangt (Chester liegt aber wieder in England). Und morgen würden wir auch noch volles Programm haben...

Mittwoch, 12.01.2011: Chester - Settle & Carlisle - Cumbrian Coast - Chester

Übersichtskarte Mittwoch
Die heutige Rundtour hatte ich mit Startzeit 7.12 ab Chester geplant. Aber bei der Lagebesprechung vorm Schlafengehen hatte ich irgendwie 7.40 im Hinterkopf. Vielleicht war nach dem anstrengenden gestrigen Tag auch nur der Wunsch Vater des Gedanken... Dieser Irrtum führte jedenfalls dazu, dass wir abends wirklich erst drei Stunden später wieder in Chester ankommen würden...

Arriva Trains Wales: Chester 7.40 > Manchester Piccadilly 8.50

Der Zug war ein dreiteiliger 175 aus Llandudno. Wir bekamen in Chester allerdings trotz Berufsverkehr noch guten Platz zusammen. Später mussten einige Fahrgäste stehen. Eigenartigerweise stiegen in Worrington Bank Quai mehr aus als ein; ich hatte von hier mit einem Ansturm auf Manchester gerechnet. Bei der Einfahrt nach Manchester wurde es langsam hell. Vor der Station Oxford St hielten wir länger im Bereich einiger interessanter, hoher Brückenkonstruktionen. Auf der höchsten und ehrwürdigsten Brücke fuhr kurioserweise nur die Straßenbahn.

Nur stückweise ging es vorwärts, doch wir kamen pünktlich an einem Bahnsteig außerhalb der Piccadilly-Halle an. Hier war nun die größte Herausforderung, einen Mülleimer zu finden. Es gab schlichtweg keinen. Künftig müssen wir zusehen, dass wir unseren Müll in den Zügen entsorgen. Wir hätten wahlweise nach 5 und nach 20 Minuten nach Leeds weiterfahren können. Als wir um 8.55 in der Halle sahen, dass der frühere Zug noch nichtmal am Bahnsteig stand (da stand irgendein dunkler Pacer am Bock), entschieden wir uns für diesen. Bald fuhr er als zweiter Zug aus Richtung Flughafen ein. Die erste Klasse kam gerade vor uns zum Stillstand.

First Transpennine Express: Man Pic 8.55+8 > Leeds 9.52+5

In der zweiten Klasse war der Zug ganz gut voll, aber wir hatten genug Platz. Nun wollten wir uns eigentlich über Marens Kuchen hermachen, den wir gestern gar nicht gegessen hatten. Dazu erhielten wir von der Minibar gratis Kaffee und weitere Gebäckstücke. Bahnreisen kann so herrlich sein... Während wir uns den wirklich leckeren Kuchen munden ließen, zog draußen die schöne Landschaft der Pennines an uns vorbei. Besonders witzig war dieser parallele Kanal, der über zig Schleusen mit uns parallel an Höhe gewann und auch parallel zu uns durch den Passtunnel führte.

Hinter Huddersfield war die Landschaft nicht mehr ganz so spektakulär und auch ziemlich zersiedelt. Bald war Leeds erreicht. Hier hatten wir nun eine Stunde Aufenthalt; der eigentlich geplante Zug Richtung Carlisle war vor 8 Minuten raus. Wir nutzten die Zeit für eine Runde durch die Stadt. An einem Stand wurden Sausage Rolls für 75p angeboten. Herrlich - da wurde ich auf einen Schlag mal mein ganzes Kleingeld los, das ich auch von der letzten Tour noch in der Brieftasche hatte. Für die folgende Fahrt verpflegten wir uns beim Tesco, wo es den "Meal Deal" gab: Für 2 GBP ein Sandwich, eine kleine Chipstüte und eine Flasche zu trinken. Rechtzeitig vor Zugsabfahrt fanden wir uns auf Gleis 5c ein, von wo es auf das schönste Streckenstück der Tour gehen sollte.

Northern: Leeds 10.49 > Carlisle 13.29

Als Fahrzeug stand ein 158 bereit - die bequemste Variante dieser Sprinter-Triebwagen. Wir konnten uns dann auch schön breit machen, denn der Zug war nur mäßig besetzt. Kaum hatte man die städtischen Gegenden verlassen, war sie da, die typische britische Landschaft mit Wiesen und Steinmäuerchen. Das anfangs noch weite Tal wich bald engerer Hügellandschaft. Bis Skipton ging es nun noch unter Fahrdraht. Dieser wurde offenbar von den Vorortzügen genutzt. Bereits hier gab es einige sehr nette Empfangsgebäude.

Die Strecke wurde immer schöner, die Besiedlung immer geringer. Der Abzweigbahnhof Hellifield, ein ansehnlicher Bahnhof mit Semaphor-Signalen und Signalbox, lag wunderschön am grünen Hang und ziemlich einsam. Dahinter näherte man sich dem kleinen Städtchen Settle. Eine englische Märchenstadt mit einem englischen Märchen-Bahnhofsgebäude. Daneben noch eine museal genutzte Signalbox. Zwei ältere Herren im Outdoor-Outfit stiegen mit einer Minibar zu. Wir sollten später mit ihnen noch ins Gespräch kommen. Sie sind von den örtlichen Eisenbahnfreunden und betreuen die Fahrgäste auf dieser schönen Linie.

Maren wagte einen Schnappschuss vom Bf Settle aus dem Zug raus. Nein - das da links ist keine Token-Übergabe...

Leider hatte der Zug jetzt auch die Wolken erreicht und plötzlich verschwanden wir im dichten Nebel. Hmmm, so hatte ich mir die Fahrt auf der Settle & Carlisle nicht vorgestellt. Man konnte nun gar nichts mehr sehen. All die von Fotos bekannten Bahnhofsnamen konnte man noch auf den Stationsschildern lesen: Ribblehead, Blea Moor, Garsdale, Kirkby Stephen. Leider hatten diese Orte heute eine gewisse Ähnlichkeit zueinander. So muss ich also konsterniert konstatieren, dass ich diese Strecke auch weiterhin nur von Frits' und Horsts Bildern oder von Neil Gibsons Internetseite kenne. Schade.

Erst vor Kirkby Stephen sackte das Gleis wieder unter die Nebelgrenze herab. Die Sicht war sogar jetzt so frei, dass man in der Ferne die schneebedeckten Berggipfel Cumbrias sehen konnte. Vor der Tour hatten wir besprochen, dass wir bei Chance auf Sonne in Kirkby Stephen aussteigen wollten, da mittags auch mit Güterzügen zu rechnen ist. Nun, Chance auf Sonne war eher nicht. Aber tatsächlich: Erst kam der Gegentriebwagen, dann folgten im Blockabstand sage und schreibe drei Güterzüge! Tja... Hier muss man wohl nochmal hin. Das EG in Appleby verleitete uns wirklich bald, mal einen Zug zu überschlagen, das sah alles sehr nett aus. So schnell wären wir aber sicher nicht rausgekommen.

Da wir ja durch die fehlende halbe Stunde heute Morgen auf einer "entschleunigten" Verbindung unterwegs waren, hatten wir auch in Carlisle 50 Minuten Zeit. Jürgen, Matthias, Kai und Maren verdufteten in Richtung Kathedrale, während Nico und ich noch abgestellte Loks ablichteten. Dann machten auch wir uns in die Stadt auf. Carlisle liegt kurz vor Schottland und ist schon entsprechend "nordisch" geprägt. Es gibt eine hübsche Fußgängerzone mit einem netten Stadtplatz. Wir stöberten mal in einer Buchhandlung nach Eisenbahnbüchern, aber deren Werke waren allesamt noch im Zeitalter des Dampfes stehengeblieben.

Ein First Transpennine Express Desiro in Carlisle.

Richtig interessant wurde es eigentlich erst wieder im Bahnhofskiosk, wo wir in einer kleinen Ecke diverse Bahnbücher fanden. Schade, dass ich für den Rückflug nur Handgepäck gebucht hatte... Mit South Chicken Wrap und Fanta bewaffnet zogen wir zum Triebwagen, der natürlich wieder auf einem Stumpfgleis vor den Toren der Bahnhofshalle stand. Unser Zug für die Cumbrian Coast Line bestand aus einem 153 (einteiliger Sprinter) und einem 156 (zweiteiliger Sprinter). Der letzte Wagen des 156 war verschlossen, was seinen Grund hatte, wie wir noch feststellen sollten. Da der mittlere Wagen besser besetzt war, stiegen wir in den vorderen 153 ein. Die Sitze hatten einen ganz üblen engen Abstand. Aber wir konnten uns wieder gut verteilen. Natürlich rechts, weil da die Küste zu erwarten war.

Northern: Carlisle 14.20 > Barrow in Furness 17.01

Die Fahrt war dann auch richtig nett. Erst ging es bis Maryport wieder durch die hübschen weiten und hügeligen Wiesen mit ihren Steinmäuerchen. Danach kam das Meer. Erst noch flache Küste und hässlicher dunkler Kiesstrand, dann hinter Workington und Harrington jedoch allerfeinste Steilküstenlandschaft. Ich notierte mir Motive ohne Ende. So ging es kilometerweit weiter. Bei St Blees, wo eine Landspitze abgeschnitten wurde, konnten wir die alte Klosteranlage beobachten. Im Bahnhof Übergabe des Token, denn hier war die Strecke nur eingleisig. Am Hp Nethertown ein kleiner Bahnsteig für ein einsames an der Steilküste klebendes Haus. Der Rest des Ortes mag oben auf der Hochfläche unseren Blicken verborgen geblieben sein.

Die Steilküste zur Linken wechselte sich auch immer mal mit Dünen ab, und immer wieder querte man auf längeren Brücken irgendwelche Wasserläufe. Kleinere barackenähnliche Hütten klebten unterhalb des Gleises an der Steilwand. Als wenn Menschen hier ans Ende der Zivilisation abgeschoben worden wären. Vielleicht die Opfer nuklearer Strahlung? Ok, ist wohl Blödsinn, auch wenn es in der Nachbarschaft nicht immer mit rechten Dingen zugegangen ist:

Bald tauchte nämlich, mitten in die Dünen eingebettet und schemenhaft im Dunst, eine unwirklich aussehende Mondstation mit vielen Kuppeln und Schloten vor uns auf: Sellafield. Bisher hatte ich mir ja unter diesem Namen immer eine Stadt vorgestellt, an deren Rand halt ein Atomkraftwerk steht. Doch Sellafield IST ein einziges Nukleardorf, das neben einem Atomkraftwerk auch noch zwei Wiederaufbereitungsanlagen, einen „MOX Plant“ zur Herstellung plutoniumhaltiger Brennelemente und einen „Vitrification Plant“ zur Verglasung hochradioaktiver Abfälle beherbergt. Wer sich englisches Glas kauft, sollte also lieber mal vorher mit dem Geigerzähler drübergehen…

Nach einem kurzen Halt zur Token-Übergabe an der Signalbox von Sellafield zog der Zug an den Bahnsteig vor, der schwarz von Menschen war. Feierabendzeit! Strahlende Gesichter stürmten unseren Zug... Rechts eine Lagune, links Dünen mit Stacheldraht. Kuppeln und Schlote erhoben sich hinterm Kamm der Sandhügel. Strandhafer, Drehkreuz, Eingangskontrolle. Unwirtlicher Platz zum Strandbesuch, eingebettet in eine wunderschöne Küstenlandschaft! Hinterm Pbf Werkloks am Rangieren, mehrere Güterzüge mit metallenen Behältern im Güterbahnhof.

Dann wieder Dünenlandschaft, die aber zusehends flacher wurde. Die Dunkelheit erfasste unseren Zug mehr und mehr. Der letzte Wagen war jetzt natürlich auch geöffnet worden. Unser "Langzug" passte nun nicht mehr an jeden Bahnsteig, deshalb wurden die Leute zum Teil zwecks Ausstieg zu einer bestimmten Tür beordert. Nur diese wurde freigegeben. - Viele Brücken über Lagunen, immer wieder eine Signalbox, dann war Nacht. Nun war endlich Zeit für ein kleines Nickerchen. Im Track Atlas hatte ich gesehen, dass der Zug kurz vor unserem Zielbahnhof auf eine eingleisige Verbindunsstrecke abzweigen muss. Vom Ruckeln dieser Weichen konnte man sich wecken lassen…

In Barrow in Furness erwartete uns eine interessante Stimmung. Die Abstellgruppe für die Triebwagen war hell erleuchtet und die Lichter beleuchteten die leicht neblige Szenerie. Vor diesem hellen Nebel hoben sich die Formsignale am Bahnsteigende sehr schön ab. Da konnten wir mal die Fotoapperate auspacken.

Signalstimmung in Barrow in Furness mit dem letzten Wagen unseres Zuges.

Unser First Transpennine Express, der aber gar nicht trans Penninen sondern nach Windermere an den großen Seen fahren sollte, wurde mit zehn Minuten Verspätung angezeigt. Das blöde Anzeigesystem berücksichtigte dabei aber nicht, dass bei der Wendezeit etwas herauszuholen war. So verließen wir den Bahnhof am Südwestzipfel der Halbinsel fast planmäßig und konnten uns in die bequeme 1.Kl des Desiro flätzen, was nach der engen Bestuhlung des 153 eine Wohltat war. Von Lancaster sollte der Zug bald nach Windermere weiterfahren, was Matthias mal wieder akustisch festgehalten hat.

First Transpennine Express: Barrow in Furness 17.21 > Lancaster 18.20

In Lancaster hatten wir die Westcoast-Mainline (WCML) wieder erreicht. Wir hatten nun folgende Alternativen: Mit dem Londoner Virgin-Schnellzug bis Worrington Bank Quai fahren und dort auf einen -1-Minuten-Nichtanschluss (immerhin bahnsteiggleich) hoffen oder mit dem Birminghamer Virgin-Schnellzug bis Crewe und von dort nach Chester rüber. Da der Londoner (am Zielschild ist nur vom Londoner Bahnhof „Euston“ die Rede) mit +10 angekündigt war, vergaßen wir die Worrington-Alternative schnell wieder. Bald wurde unser Zug angekündigt und Matthias war zur Stelle: Der Virgin Trains-Service to Birmingham.

Virgin: Lancaster 18.57+10 > Crewe 19.59+11

Da der Londoner nicht in Crewe hält, warteten wir auf den Birminghamer. Dieser war auch mit zehn Minuten Verspätung angekündigt und tauchte sogar in Form eines Dieseltriebwagens auf. Der einzige 1.Kl-Wagen war stark besetzt, doch in der 2.Kl fanden wir noch massig Platz. Ich konnte mit meinem Mini-PC den bis 28.2.11 kostenlosen WLAN im Zug nutzen, um schon mal nach indischen Restaurants in Chester zu forschen. Man will ja mal landestypisch essen gehen ;-)

In Crewe hatten wir zum Glück einen nicht all zu knappen Übergang. Für die Reisenden in Richtung Welsh Border Line, also nach Shrewsbury – Cardiff, sah die Sache schon knapper aus. In einer eindringlichen Durchsage wurde den Reisenden eingeschärft, dass der Anschluss erreicht wird, sie aber so schnell wie möglich umsteigen sollen. Ich glaube, so eine Anstiftung zur Hetze ist in Deutschland auch schon von irgendwelchen Unfallkassen verboten worden... Aber ich muss wirklich sagen: Von der Durchsagequalität und Wortgewandtheit war zumindest diese Zugbegleiterin vielen deutschen Kollegen weit voraus: Anschluss nach Shrewsbury und Cardiff.

Wir konnten über unsere reichliche Übergangszeit ganz froh sein. Unser Anschlusszug war von Gleis 9 angekündigt, doch zwischen den Gleisen 6 und 11 waren nur irgendwelche Mauern. Wir überlegten schon, dass man kräftig gegen die Mauer laufen müsste (so soll man ja in England zu gewissen Gleisen gelangen), da entdeckte jemand das draußen vor der Halle gelegene Stumpfgleis. Der 150 brachte uns pünktlich wieder nach Chester.

Arriva Trains Wales: Crewe 20.23 > Chester 20.46

Nachdem wir unser Gepäck ins Hotel gebracht und für morgen Frühstück bestellt hatten, konnten wir die City Road weiterlaufen, und nach nur wenigen Minuten kamen wir in eine Gegend mit vielen Restaurants, unter anderem zwei kleine Inder direkt nebeneinander. Am nächsten Tag entdeckten wir drei weitere in der Umgebung. Intuitiv entschieden wir uns für das „Gate of India“, was sich als hervorragende Wahl erwies. Die Speisekarte war gut verständlich und das Essen mitsamt Pompadons richtig hervorragend!

Zurück im Hotel „mussten“ wir noch die letzten beiden Weinbuddeln, die wir von zuhause mitgeführt hatten, verputzen. Morgen war ja leider schon unser Rückflugtermin.

Donnerstag, 13.01.2011: Chester – Hamburg

Nach den prall mit Programm gefüllten vergangenen Tagen wollten wir es heute mal deutlich ruhiger angehen lassen. Fixpunkt war der Abflug kurz nach 15 Uhr ab Liverpool. Zuerst gab es heute mal das Hotel-Frühstück (7-9.30). Für mich erstmalig in GB gab es das british breakfast vom Buffet. Spiegeleier, Würstchen, Baked Beans und all die anderen Leckereien waren wirklich hervorragend! Allein das Frühstück wäre ein Grund, nochmal dieses Hotel aufzusuchen. Nur mit dem Kaffee-Nachschenken kam der Kellner nicht so recht hinterher, aber da haben wir ihn freundlich angesprochen, ob wir uns selbst nehmen dürften, was natürlich kein Problem war.

Der Übernachtungspreis war zum Glück vorher per Karte abgebucht worden. Beim Checkout war nämlich die Computeranlage abgeschmiert (aha, deshalb hatte es seit gestern Abend kein WLAN gegeben!) und das Frühstück konnte ich gerade noch so in bar bezahlen.

Nun wollten wir mal Chester erkunden. Die Stadt ist rund 2000 Jahre alt und verfügt über einen schönen historischen Stadtkern. Jürgen und Matthias verschwanden wieder mal in der Kathedrale, Maren und Kai fanden die 5 GBP Eintritt dann doch etwas überhöht, und Nico und ich hatten uns eh für einen Spaziergang durchs Stadtbild entschieden.

Die Steam Mill und erste Wolkenaufrisse.

In der Eastgate St mit dem namensgebenden Stadttor.

Die Bridge St.

Dabei kam nun immer mal wieder und mit zunehmender Länge die Sonne raus. Als wir paar Sonnenaufnahmen im Kasten hatten, hielt uns nichts mehr in der Stadt. Nun wollten wir es doch nochmal mit Bahnaufnahmen probieren. Dazu hetzten wir zur Brücke über die westliche Bahnhofsausfahrt. Gerade waren wir dort angekommen, da kam unten auch schon bei Sonne ein Stromschienenzug von Merseyrail aus Liverpool um die Ecke, den wir gut verarzten konnten.

Mersey Rail, die Liverpooler Stromschienen-S-Bahn, erreicht Chester.

Und dann – wir mochten unseren Augen kaum trauen – näherte sich doch glatt ein Messzug mit der legendären Class 37 vorn und hinten (in dieser gelben Variante von Network Rail als Class 97 bezeichnet). Zwar kam das Gespann nicht gerade auf dem günstigsten Gleis, aber ich war jedenfalls ganz zufrieden über diesen Zufall. Die Wolken nahmen nun wieder zu und nach und nach trudelten alle wieder am Bahnhof ein. Wir wollten nicht mit Merseyrail über Liverpool Lime St, sondern mit „richtigen“ Zügen über Crewe fahren, weil man so den River Mersey auf einer hohen Brücke über- und nicht im Tunnel unterquerte.

Network Rail mit einem Vermessungszug, geführt von einer ex Class 37.

Arriva Trains Wales: Chester 11.55 > Crewe 12.18

Diesmal bestand der Pendeltriebwagen aus einem 158. Selbst diese Strecke, die keinerlei Zwischenhalte aufweist, führte durch herrliche britische Wiesenhügellandschaft. Einer dieser kleinen Mini-Kanäle führte hier auch zeitweise parallel.

London Midland Trains: Crewe 12.31 > Liverpool South Parkway 12.59

Dieser moderne ET brachte uns in rasanter Fahrt über den Mersey nach Liverpool South Parkway, dem modernen Bahnhof für den Flughafen. Wie schon vor einem Jahr nahmen wir nicht den Airport-Shuttlebus, sondern den Stadtbus Linie 86A. Das ist nämlich ein Doppelstöcker. Nur der Fahrer wirkte ziemlich genervt, aber das kratzte uns nicht weiter. So standen wir gegen 13.30 dicke rechtzeitig vor dem Terminal mit dem gelben U-Boot davor.

Ich brauchte mich erstmalig gar nicht mehr am Abfertigungsschalter anzustellen, weil ich online eingecheckt war und als Novum kein Gepäck dabei hatte. Letztes Mal in dieser Halle hatte ich zu viel Gepäck, was sich Ryan dann auch ordentlich vergolden ließ…

Auch im Flughafen gab es in einem Laden ein „Meal deal“, allerdings für 3,79 statt 2 GBP. Immerhin waren da Sushi mit in der Auswahl, und die erwiesen sich auch gar nicht als so unlecker. So verging die Wartezeit recht schnell und bald fingen zwei Damen von Ryan damit an, diese Handgepäck-Maßkästen aufzustellen. Wie letztes Mal schon zeichnete sich der Liverpooler Flughafen mal wieder durch extrem penible Kontrolle aus. Zum Glück waren wir darauf vorbereitet. Unser Gepäck bestand den Messtest bravourös.

FR 7625: Liverpool 15.15+15 GT > Bremen 17.55 MEZ

Der Flug war angenehm leer, wir sechs konnten uns auf vier Reihen verteilen. Leider steht diese Flugverbindung ja auf der roten Liste, schade drum… Bald konnte der Käptn uns mitteilen, dass wir trotz verspätetem Abflug in Bremen pünktlich landen würden. Die Chance auf den ME um 18.33 wuchs.

Tatsächlich übertrafen Ryan bzw die Bremer Flugplatzmitarbeiter sich mit der Schnelligkeit mal wieder selbst, und als wir durch die Passkontrolle durch waren, drehten auch schon die ersten Gepäckstücke auf dem Rollband ihre Runden. Nico war noch etwas weiter hinten, aber dank seines Kofferanhängers „I have crossed the arctic circle“ konnte ich seinen Koffer vor einer erneuten Durchfahrt durch den Schattenbahnhof bewahren und gemütlich ging es zur Straßenbahn. Matthias hatte für uns in weiser Vorraussicht bereits im Internet ein Niedersachsenticket geordert.

ME: Bremen Hbf 18.33 > Hamburg-Harburg 19.30

Die wirklich schöne Tour fand (leider nur noch mit den drei „Wilstorfern“) einen würdigen Abschluss beim Stamm-Griechen auf einem der Wilstorfer Hügel…

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