Großbritannien März 2010 (1)

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Prolog

Schon lange hatten mich Horst und Frits mal auf eine Tour auf die britische Insel mitnehmen wollen. Nachdem ich im November 2008 bei einem Kurzbesuch mal wieder "Blut geleckt" hatte, habe ich mich für die geplante Februartour, aus der dann aber letztendlich eine Märztour wurde, bei den beiden angemeldet. Zur Hinfahrt wollte ich aber wie 2008 wieder die Bahn nehmen - einfach weil's Spaß machte. Horst und Frits wollten mit Ryan nach Liverpool kommen, von wo wir drei auch eine Woche später gemeinsam zum Rückflug starten wollten.

Frits hatte für die Woche einen Wagen ab Liverpool gebucht. Ich selbst musste allerdings auch zum Flughafen kommen, um mich als Zweitfahrer registrieren zu lassen. Ansonsten würde bei dieser Fahrt mein Platz auf der Rückbank sein, denn Horst war bis an die Zähne bewaffnet. Bewaffnet mit Karten, GPS-Sender und Fahrplänen - und damit bestens als Beifahrer gerüstet. Da konnte ich mich mal etwas zurückhalten, was auch mal schön war. Für mich würde das also quasi eine "geführte" Tour werden, was mal was anderes für mich war...

Bestimmte Ziele hatten wir uns nicht fest vorgenommen. Wichtig war Sonne, und Ziele (=Fotomotive) würden wir im ganzen Land zur Genüge finden. Die Wetterkarte wird in den nächsten Tagen unser Wegweiser sein.

Freitag, 12.03.2010: Hamburg - Nachtzug ab Hannover

ICE 887 Hamburg-Harburg 20.12+12 > Hannover 21.20+14

Das blödeste daran, dass der Pariser Nachtzug keine Wagen aus Hamburg mehr hat, ist, dass schon am Anfang der Fahrt ein verpatzter Anschluss alles verderben kann. Zum Glück hatte ich in Hannover lange genug Aufenthalt. In Harburg war zwar mal wieder alles verspätet (ich konnte sogar noch den ICE eine Stunde früher bei der Ausfahrt beobachten), aber ich war dennoch guter Dinge. Die Verspätung meines Zuges hielt sich dann auch noch in Grenzen. Ich bekam ein eigenes Abteil und konnte schön im Halbdunkel sitzen. Die Aufenthaltszeit in Hannover war auf ein erträgliches Maß zusammengeschrumpft. Dennoch reichte die Zeit "dicke", um noch ein Buch und bischen Reiseproviant zu besorgen. Für den Nachtzug hatte ich Single gebucht - einer ungestörten Mahlzeit sollte also nichts im Wege stehen. Als ich an Gleis 4 hochkam, stand der Nachtzug Berlin - Paris schon da. Es war sogar ein russischer Kurswagen im Zugverband.

CNL 450 Hannover 22.16+2 > Paris Est 09.23+52

Das Abteil war schön geräumig. Rund um mich herum war es ruhig in den Abteilen. Ich hoffe, dass ich die Nachbarn mit meinen momentan sehr heftigen Hustenanfällen nicht so genervt habe. Auf dem Bett direkt vorm Fenster sitzend konnte ich nun im vollkommen dunklen Abteil auf die wenigen Lichter des Leinetals hinausschauen. Am markantesten beleuchtet war ein Puff kurz vor Alfeld, dessen weithin leuchtendes Firmenlogo zwei Menschen in eindeutiger Stellung zeigte. In Alfeld mussten wir auf das Ausweichgleis und irgendwas durchlassen. Es klang wie ein sehr kurzer ICE oder sowas, in etwa TK plus drei Wagen plus TK; leider konnte ich es nicht sehen.

Das Schlafwagenabteil von innen.

Trotz meines Hustenreizes konnte ich nach zwei Miniflaschen Wein, die es bei IhrPlatz im Bahnhof sogar gekühlt gegeben hatte, ganz gut schlafen. Klar, ich bin häufig wach gewesen, habe auch mal gehustet, aber dann konnte ich immer sofort weiterschlafen. Und das sogar, obwohl ständig irgendsoein Klapperquietschen durchs Abteil hallte.

Samstag, 13.03.2010: Nachtzug an Paris - Liverpool

Rund um 7 Uhr standen wir in Metz und ich bewegte mich langsam aus dem Bett. Bei der Abfahrt ließ ich mir das Frühstück geben. Ich weiß nicht, ob dieses Frühstück für das Image von DB Nachtzug unbedingt dienlich ist. Da gibt es eine Pappbox, in die lieblos ein abgepacktes Croissant, ein Päckchen Margarine, ein Päckchen Marmelade, ein Päckchen Leberwurst und ein O-Saft reingeschmissen wurden. Die Pappbox wird in einer Papiertüte überreicht, in der dann noch ein trockenes Brötchen landet. Zum Schmieren Plastebesteck, mit dem man das Brötchen kaum aufschneiden kann. Kein Teller. Dazu einen guten Becher Kaffee. Anstelle dieses primitiven Bastelsets wäre heutzutage wohl ein belegtes Baguette einfacher und auch zeitgemäßer...

Um 9.23 sollten wir in Paris ankommen. Ganz schön ländlich, dieses Paris, musste ich wieder und wieder denken. Zur Plan-Ankunftszeit suchte ich vor dem Fenster nach Urbanität und fand nur weite Wiesenlandschaft und gelegentlich ein Flüsslein, dass sich munter durch die Landschaft schlängelte. Eine Zeit lang fuhr man an einem niedlichen kleinen Kanal entlang, an dem eine Schleuse nach der anderen kam. Nur Paris kam nicht. Bei jedem größeren Ort dachte ich, dass jetzt die Urbanität beginnen müsste. Doch bald hatten die Häuser wieder weiten Wiesen Platz gemacht. Irgendwo stand auf einem Stumpfgleis ein Lokal-Wendezug. Aha, S-Bahn-Verkehr beginnt, Urbanität ist da! Von wegen. Hinter den Häusern kamen wieder die hügeligen Wiesen.

Zum Glück hatte ich ja reichlich Übergangszeit in Paris eingeplant. Aber so allmählich wurde ich dann doch nachdenklich. Nun, irgendwann war sie dann doch da, die Urbanität. Zwischen den Häusern war kein Platz mehr für Grün und es tauchten bald Güterbahnhof und Betriebswerke auf. Im Sonnenschein rollten wir nach Paris Gare de l'est ein. Leider stand unser Zug völlig ungünstig, so dass ich mir ein Bild sparte. Der Russenwagen war noch immer dabei. Außerdem ein DB-Zugteil aus München. Ich hielt mich am Ostbahnhof gar nicht weiter auf. Der Eurostar fährt ja vom Gare du Nord ab. Gleich am Bahnhof ging es eine ordentliche Freitreppe aufwärts, so dass man auf die ganzen Bahnsteigdächer blicken konnte.

Über den Dächern von Paris Ostbahnhof.

Der Fußweg zum Nordbahnhof war gut ausgeschildert. Reine Gehzeit etwa 5-8 Minuten (je nachdem, ob man die Ameln "deutsch" oder "französisch" nimmt, also ob man bei Rot stehen bleibt oder nicht). Schon kurios, diese zwei Bahnhöfe hier mitten im Häusermeer. Dank der Verspätung des Nachtzuges hatte ich ja nun einen relativ flüssigen Übergang ohne große Wartezeiten. Im Nordbahnhof ging es durch die Pass- und Zollabfertigung. Dann das blödsinnige Durchleuchten. Ich frage mich, ob das alles nur Show ist. Gegen mein Taschenmesser hatte man jedenfalls nichts einzuwenden. Nach kurzer Wartezeit wurden die Gates geöffnet und man konnte den Zug stürmen, was natürlich sehr zivilisiert ablief.

EST 9023 Paris Gare du Nord 11.13 MEZ > London St Pancras Int 12.29 GMT

Meine Platzkarte wies mich diesmal zu einem netten Platz mit guter Aussicht. Zwar rückwärts, aber was solls. Hinter mir eine heitere spanische Reisegruppe, vor mir eine Mutter mit Kleinkind. Aber das ist ja alles nicht so schlimm, wenn sich die Leute angemessen zu benehmen wissen. Und so wurde es eine sehr angenehme Fahrt. Unser Wagen war auch nur mäßig besetzt.

Und es wurde natürlich lecker aufgetischt. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich wohl drei Miniflaschen Wein (a 0,25l) bekommen können. Ich ließ es mal bei einer zum Hauptgang des Essens bewenden. Ach ja, das Essen: Wie im Flugzeug wurde am Platz serviert: Nudelsalat, Lachs mit Wildreis und Gemüse mit leckerer Lemongras-Soße. Als Nachtisch ein kleines Apfelküchlein. Hinterher kam man nochmal mit Kaffee und Tee durch. Da hat sich der 1.Kl-Aufpreis vielleicht nicht amortisiert, aber er hat der Reise zum Tüpfelchen auf dem i verholfen.

Das obligatorische Ankunftsfoto mit dem Eurostar in der Halle von St Pancras international.

In London angekommen steuerte ich geradewegs auf den Bahnhofsbuchhandel zu, wo ich vor 15 Monaten das Kursbuch gekauft hatte. Doch diesmal war die Laufzeit des Kursbuches halt schon etwas länger im Gange, und so hatte man also keine Kursbücher mehr da. Dumm gelaufen. Ich hatte gar nicht auf die Uhr geschaut. Der Zug 12.55 nach Sheffield, mit dem ich irgendwo eine Stunde hätte überschlagen können, war bereits weg. Dumm gelaufen! Und ich wollte immer noch Kursbücher haben, aber eine andere geeignete Buchhhandlung gab es nicht im Bahnhof. Wie gut, dass hier zwei Bahnhöfe nebeneinander liegen. Also schnell mal rüber zum Bf Kings Cross. Da gab es aber nur einen ziemlich überfüllten Großkiosk. Ich drängte mich einfach mal rein mit meinem Rollkoffer. Und siehe da, hinter einer der Kassiererinnen entdeckte ich ein runtergesetztes Kursbuch. Und hinter paar Zeitungen lugte ein weiteres hervor. Bald hatte auch die Kassiererin die Bücher gefunden und nachdem sie mit der Preisermäßigung klargekommen war, gehörten die beiden fetten Schinken mir.

Nun wieder rüber zu St Pancras. Dort hatte ich vorhin unter einer Rolltreppe versteckt zwei Geldautomaten entdeckt. Und ich brauchte Bargeld. Dummerweise hatte ich den Kurs gerade nicht so genau im Kopf. Und der Automat fragte mich tausendmal, ob ich denn diesen oder jenen Kurs akzeptieren würde. Na, hoffentlich bin ich jetzt nicht abgezogen worden... Dann besorgte ich mir noch paar Sandwichs und angeblich fast frisch gepressten Apfelsaft, dann konnte ich auch so langsam mal zu den Bahnsteigen gehen. Nun würde ich die Verbindung bekommen, mit der ich mit Umweg über Sheffield und die Pennines punktgenau zur Landung von Horst und Frits am John Lennon Airport zu Liverpool ankommen würde. Oben hatte ich ja einen HST ankommen sehen und war nun voller Hoffnung, dass das meiner werden würde. Wurde er aber nicht. Ich bekam einen der neueren Nachfolgetriebwagen, einen "Meridian".

Eastmidland Trains London St Pancras 13.55 > Sheffield 16.04

Der Zug war angenehm leer. Ich suchte mir einen schönen Platz auf der rechten Seite, um auf den anderen Gleisen auch nichts zu verpassen. Hinter Bedford gab es dann auch tatsächlich zwei EWS-Güterzüge zu bestaunen. Die Beschleunigung dieser neuen Triebwagen ist schon klasse. Mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit flogen wir durch die Landschaft. Für einen Dieselzug nicht schlecht! Nachdem es in London weitestgehend bewölkt gewesen war, rissen die Wolken im Norden immer weiter auf. Und bald war deutlich: Wenn ich eine Stunde früher gefahren wäre, hätte ich in Leicester oder anderswo wahrscheinlich eine Stunde mit wunderbarer Sonne verbringen können. Na ja, Shit happens, und damit hatte ich nicht rechnen können. Ich genoss einfach die Fahrt durch die herrliche Landschaft. In Sheffield hatte ich ja etwas Aufenthalt. Ich stellte mich mal ans Bahnsteigende, doch so richtig großartig gelang hier nichts mehr. Hier waren noch ganz schön viele von diesen "Pacern" unterwegs, ältere VTs mit zweiachsigen Wagen.

Ein Pacer rangiert in Sheffield.

Eastmidland Trains Sheffield 16.42 > Liverpool South Parkway 18.20

Das war ja klar. Nun wollte ich eine landschaftlich schöne Strecke bereisen, und da kommt so ein kleiner zweiteiliger Triebwagenfurz für einen Bahnsteig, der schwarz voll Menschen ist. Besonders gehandicapt war ich ja durch den großen Koffer. Die minimalistische Gepäckablage im Einstieg war schon voll und ansonsten ist in diesen Fahrzeugen für großes Gepäck einfach kein Platz. Da muss ich es schon als Glück bezeichnen, dass ich in der Rollstuhlecke gerade noch Platz für meinen Koffer und einen Klappsitz für mich fand. Über die Qualität der Streckensicht schweige ich mich mal lieber aus. Das war nervig! Aber auch dieser VT bretterte mit Affengeschwindigkeit durch die Hügellandschaft, die - soviel konnte ich sehen - wunderschön und sehr offen war. Auf den umgebenden hohen Bergen lag sogar noch Schnee. Das eine oder andere von Horst bekannte Motiv glaubte ich im Vorüberflitzen auch auszumachen. Besonders schön war die Gegend östl Edale mit weiter offener Landschaft mit Steinmauern und hohen Bergen ringsum.

In Stockport dachte ich, jetzt geht es aber wirklich los. Die Zugbetreuerin kramte aus einem Schrank ein Paar Überfahrbühnen heraus. Sollte sich jetzt auch noch ein Rollifahrer angemeldet haben? Dann könnte ich auch noch meinen Klappsitz aufgeben. Glücklicherweise war alles ganz harmlos: Sie schob über die Rampe nur ihren Trolleywagen, also die Minibar, auf den Bahnsteig. Mit dieser war sie nämlich, wenn sie gerade keine Karten zu kontrollieren hatte, durch den Zug geschoben. Ab Manchester wäre für das Teil eh kein Platz mehr gewesen. Wahre Menschenmassen standen auf dem Bahnsteig und wollten alle mal ne Runde mit unserem VT drehen. Als wir die Stadt verließen, standen die Leute auf dem Gang dicht an dicht. Zum Glück hatte ich es nicht mehr all zu weit. Es war an meinem Zielbahnhof gar nicht so einfach, durch die ganzen Leute durchzukommen.

Eigentlich hatte ich vom Bahnhof nun den Flughafenbus 501 ausgeguckt, doch eine Minute vorher fuhr der Linienbus 86 vor, der mit nur einem Zwischenhalt zum Flughafen wollte. Da es ein Doppelstöcker war, konnte ich nicht nein sagen. Wegen des Koffers bin ich allerdings unten geblieben. Freie Platzwahl hatte ich ja; ich war der einzige Fahrgast. Einen Fahrschein bekam ich für meine 1,70 übrigens nicht; ein Schelm, wer dabei böses denkt...

Frits und Horst trafen dann auch bald ein, und nach kurzem Anstehen bei Europcar und relativ langem Fußweg zum Parkplatz hatten wir unseren Vauxhall (=Opel) Zafira, der äußerlich schon mal einen guten, geräumigen und geländegeeigneten Eindruck machte. Erstmal zum Hotel (Holiday Inn Express Flughafen-Hotel) gefahren, schnell eingecheckt, dann auf die Suche nach Essbarem rumgefahren. In der Gegend um das Hotel war allerdings weit und breit nichts, daher machte wir noch den großen Sprung auf die andere Seite des River Mersey nach Runcorn, wo wir einen sehr guten Inder (denn ein solcher musste sein, wenn man schon in GB ist) fanden. Besonders das Brot, das wir noch dazu bestellten, war absolute Klasse. Vorweg Pompadons - das gefiel. Zurück im Hotel noch etwas Internet gewälzt. In der Lobby konnte ein Gerät kostenlos genutzt werden. Nachdem wir festgestellt hatten, dass das Wetter uns doch recht eindeutig in Richtung Südwesten zieht, schauten wir uns noch paar Bilder von einem einheimischen Fotografen an. Danach war zumindest ich aber auch ganz schön müde. Die beinahe 24stündige Fahrt hat ihre Spuren hinterlassen.

Sonntag, 14.03.2010: Liverpool - Newport

Die Nacht war zweigeteilt. Erst aufgrund der Müdigkeit gut geschlafen, dann aber ab ca 4 Uhr viel gehustet. Glücklicherweise gab es einen Teekocher auf dem Zimmer. Habe mir da von mitgebrachten Beuteln einen grünen Tee gemacht. Danach ging es etwas besser. Zu allem Überfluss bekam ich nachts auch noch kurz Nasenbluten. Also, momentan schwächel ich ganz schön. Hoffentlich wird das besser. Das Hotel an sich war allerdings wirklich klasse und gut eingerichtet. Auch das Frühstücksbuffet war ordentlich, wenn auch nur "continental" - aber kein Vergleich zu USA.

Nach dem Auschecken schauten wir erstmal kurz an einer Endstation der Liverpooler Stromschienen-S-Bahn vorbei, doch in dem Einschnitt war es noch sehr schattig. Die Züge fahren sonntags übrigens erst so ab 8 / 9 Uhr... Wir fuhren mal auf der gestern bereits kennen gelernten Schnellstraße Richtung Runcorn und dann in Richtung Chester. Unterwegs bei Weaver Junction paar schöne Formsignale und tolle Brückenbauwerke gesehen, doch die Brücken hatten alle diese hohen Brüstungen. Und Zugverkehr sollte auch erstmal nicht sein. Die Stromschienen-S-Bahn von Liverpool führt auf dieser Seite des Mersey ganz bis Chester runter. Leider war der Streckenverlauf hier sehr unfotogen im Einschnitt. So gelangten wir erkundenderweise bis Chester. Von der Straßenbrücke über den Bahnhof wollten wir mal die Einfahrt einer S-Bahn machen. Nachdem es morgens insgesamt ganz schön sonnig gewesen war, lag hier nun gerade ein Wolkenfeld über der Strecke.

Eine Stromschienenbahn der Merseyrail erreicht von Liverpool kommend den Bahnhof Chester.

Uns reichte es hier. Erstes "großes" Hauptziel war eh der lokbespannte Wrexham & Shropshire Zug irgendwo weiter südlich. Und so fuhren wir mal in die fragliche Richtung. Vor Wrexham passierten wir die Grenze zu Wales, die wir im Tagesverlauf aber noch einige Male queren sollten. Die Wolkenfelder hielten sich allerdings auch in diesem Land tapfer. Wir hatten ziemliche Mühe aus ihnen herauszukommen. Erst hinter Gobowen, also schon wieder in England, war mehr blauer Himmel. Dort kannten Horst und Frits einen schönen Ausblick von einer Feldwegbrücke, die wir aufsuchten. Der Ausblick über die weite Talniederung war tatsächlich toll. Schade war nur, dass die Wolkenfelder sich nun in eine Menge einzelner Wolken aufgeteilt hatten, die uns nun auch hier gut in Schach hielten.

Unser Auto und eine dieser typischen, von Hecken gesäumten Straßen. Das ist England!

Als erstes hatten wir einen südfahrenden 158. Eigentlich zogen die Wolken ja sehr schnell, doch ausgerechnet zu diesem Zug war ein höherer Schleier vor der Sonne, der gar nicht weichen wollte. So ging der in Alphatrains-Livery lackierte VT auch nur im Halblicht. Bis zum Wrexham&Shropshire-Zug war nun über eine Stunde Zeit. Horst und Frits wollten mal einen Supermarkt aufsuchen, während ich etwas rumgelaufen bin. Mir gefiel die Gegend hier sehr, verkörperte sie doch eben diese prächtige, für mich very britische, Landschaft. Es gab alle Zutaten dafür: Beeindruckende einzeln stehende Bäume, sanfte Hügel, endlose Reihen von Buchsbaumhecken und natürlich immer wieder diese ausgeschilderten Fußpfade, die mitten ins "Herz" dieser Landschaft hinein führten.

Weiter hinten hatte der VT das beste Licht. Deshalb gibt es hier eine Ausschnittsvergrößerung zu sehen.


Landschaft zwischen Gobowen und Shrewsbury.

Zu einem nordwärts fahrenden 158 stellte ich mich mal wieder auf der Brücke in Position. Und ich hatte Glück: Der Vorschuss wäre zwar nicht mit Sonne gegangen, aber die Wolken wichen gerade wieder, so dass der Nachschuss mit dem Hauptmotiv gelang. So hatte ich das Motiv wenigstens im Kasten. Danach nochmal etwas rumgelaufen. Bald sah ich die beiden anderen, die vom Supermarkt zurück und nun kräftig am futtern waren. Freundlicherweise haben sie mir auch was mitgebracht. Wir standen jetzt eigentlich fast durchgehend in der Sonne. So langsam näherte sich die Zeit für den lokbespannten Zug nach London. Die Wolke legte sich über das Motiv, als der Zug schon weit in der Ferne zu sehen war. Als der Zug dann im Motiv war, war der Hintergrund schon wieder schön sonnig. Aber eben nur der Hintergrund. Ich ersparte meiner Speicherkarte ein Foto. Schade, der Zug sah in seinem neuen silbernen Lack prächtig aus. Der Sonnenstand wäre ideal gewesen, aber es sollte nicht sein.

Nur der Nordfahrer ging mit Sonne: Ein 158 rollt in Richtung Wrexham und wird dabei bald nach Wales einreisen.

Nun machten wir einen größeren Schlag an Shrewsbury vorbei. Da wir ja ohnehin Richtung Severn / Bristol wollten, konnten wir parallel zur Bahnstrecke nach Newport weiterfahren. Die Formsignal- und Signalbox-Welt war hier noch in Ordnung. Zwischen Shrewsbury und Church Stretton gab es einen 175er im Halblicht, während das "richtige" Licht unmittelbar neben der Strecke in Lauerstellung lag.

Völlig unerwartet kam der Zug auf dem linken Gleis... Daran muss ich mich jetzt erstmal gewöhnen.


Und noch so eine Hecken gesäumte Straße.

In Craven Arms nahmen wir den Triebwagen zur "Heart of Wales Line", einer hier abzweigenden Nebenbahn diagonal durch Südwales, mit diversen Formsignalen auf. Am Stellwerk musste der Zug anhalten, um den Token, also den "Erlaubnisstab" in Empfang zu nehmen. Ehrlich gesagt wäre ein Zug in Richtung Hauptstrecke besser gekommen, weil der Zug auf die Nebenbahn frühzeitig auf das vordere Gleis abbiegen musste. Aber der Zug kam mit Sonne, die Signale leuchteten vor Schatten an den Berghängen im Hintergrund besonders gut, was wollen wir uns also beschweren?

Der Lokführer eines Zuges auf die Heart of Wales Line bekommt am Abzweigbahnhof Craven Arms vom Stellwerksmeister den Token, also den Erlaubnisstab, überreicht.

Weiter ging es südwärts auf einer furchtbar stark befahrenen Straße. An einem Betriebsbahnhof zwischen Leominster und Hereford warteten wir auf den nächsten Zug. Wir hatten einen schönen Blick von einer Straßenbrücke auf Formsignale und hübsche Signalbox (=Stellwerk). Achtung, jetzt kommt eine Wiederholung: Warten in der Sonne, zum Zug jedoch dicke Wolke. Oh Mann, und das bei wirklich 60% Sonnenschein! Es ging weiter nach Süden, durch Hereford hindurch. Dann schauten wir uns mal die Brücke einer Nebenstraße über die Bahn südlich von Hereford an. Mir gefiel der Ausblick. Da aber noch Zeit war, schauten wir erstmal weiter. Bald gelangten wir zum wirklich hübschen und gut von oben von einer Straße oder einem Hang aus fotografierbaren Betriebsbahnhof Pontrilas. Manko war hier nur, dass kaum noch Seitenlicht vorhanden war.

Horst und Frits gefiel es dennoch, mich zog es zu der zuvor entdeckten Feldwegbrücke zurück. Da bisher nur Frits (mit der meisten England-Erfahrung) gefahren war und ich mich auf dem Rücksitz häuslich eingerichtet hatte, bedeutete dies meine erste Autofahrt im Linksverkehr. Und das nun auch noch allein und unter Zeitdruck! Schon ungewohnt, aber wirklich blöd ist eigentlich nur der Ganghebel auf der linken Seite. Kein Wunder, dass in diesem Land so wenig Leute vorm Abzweigen den Blinker betätigen, wenn man die linke Hand ständig am Ganghebel hat... Nun musste es allerdings auch bisken schnell gehen, denn lange Zeit war nicht mehr zum Zug. Dann nahm ich auch noch die falsche Abzweigung, doch letztendlich war ich doch noch rechtzeitig genug zum VT da, der natürlich innerhalb einer besonders langsam ziehenden Wolke durchkam. Wirklich, die zog viel langsamer als andere Wolken an diesem Tage!

Die beiden anderen hatten mit dem Südfahrer auch kein Glück gehabt - was war nur los? Allerdings hatte bei ihnen immerhin noch ein Nachschuss auf einen Nordfahrer geklappt. Nun weitergezogen. In Abergavenny schauten wir uns den Bahnhof an, bevor wir dieser Strecke den Rücken kehrten. Uns lockte jetzt ein bekanntes Nachmittagsmotiv am Severn, also an der Strecke Gloucester - Newport. Abgesehen von einer merkwürdigen Ortsdurchfahrt in Monmouth (der Ort gefiel mir allerdings!) kamen wir zügig voran. Und relativ schnell fanden wir nördlich Lydney auch den Aussichtsplatz beim einsam und malerisch an den Hängen der Severn-Steilküste gelegenen Weiler Gatcombe. Ein wunderschöner Fahrweg, der sich erst durch die Hügel schlängelte und dann als Hohlweg in die Tiefe führte, brachte uns dorthin.

Der Ausblick auf den Severn, eine sundähnliche Flussmündung, und die Ruhe gefielen. Pech war nur, dass erstmal nichts kommen sollte. Und die Schatten wuchsen und wuchsen. Als dann endlich die 170er-Garnitur von CrossCountry auftauchte, waren die Schatten dem Gleis leider schon viel zu sehr auf die Pelle gerückt.

Leider schon von Schatten erfasst: Zwei XCountry 170 am Ufer des Severn nördlich Lydney.

Ernüchtert von der (Nicht-)Ausbeute des Tages fuhren wir nun nach Newport, das wir uns als Tagesziel auserkoren hatten. Klar war ja, dass es jetzt durch strahlenden Sonnenschein ging. Bei Magor, unweit der Severn Tunnel junction, warteten wir auf einer Brücke mal als letzte Aktion des Tages auf paar Streiflichtmöglichkeiten. Immerhin kam hier neben einem 158 auch ein unverhoffter HST angefahren, der so nicht im Fahrplan gestanden hatte.

Ein HST im Streiflicht bei Magor, zwischen Newport und dem Severn Tunnel.

Mit der Hotelsuche hielten wir uns gar nicht lange auf. Mitten in der Stadt und schräg gegenüber vom Bahnhof lag The Kings Hotel. Dort einfach mal nach den Preisvorstellungen gefragt. Die junge Dame an der Rezeption freute sich, ihre Deutschkenntnisse anwenden zu können und überließ uns ein EZ für 45 sowie ein DZ für 55 GBP. Das Hotel war mal wieder eines der Sorte "ehemals erstes Haus am Platze und heute, nun ja, man bemüht sich halt". Es war schon sehr gepflegt, aber die Zeit als Luxushotel hatte es offenbar hinter sich. Ich nahm wieder das Einzelzimmer, um ungestört meinem nächtlichen Husten und Nasenbluten und sonstigen Ausfällen frönen zu können.

Danach kontrollierten wir am Bahnhof den 19-Uhr-Knoten mit Zügen nach Manchester, Birmingham und London. Wie immer sonntagabends war gut was los. Anschließend gingen wir essen, wobei das indische Restaurant schon etwas spelunkig war. Wir waren die einzigen Gäste. Zwar waren alle nett und das Essen war gut, aber der Inder gestern hatte eine hohe Messlatte vorgelegt. Ich kam mit der Speisekarte gar nicht klar und ließ mir letztendlich von der Bedienung etwas empfehlen, was auch ganz gut war. Zurück im Hotel wurde Reisebericht geschrieben... Dabei trank ich viel Tee. Ob er hilft?

Montag, 15.03.2010: Newport - Teignmouth

Morgens bei wolkenlosem Himmel aufgewacht. Die zurückliegende Nacht war von keinerlei "Ausfällen" menschlicher Natur beeinträchtigt. Selbst der Husten hielt sich in Grenzen; ich wachte nur mal relativ kurz auf. Zum Frühstück gab es sogar was Landestypisches auf Bestellung. Aber der Sonnenschein lockte uns nun verstärkt raus. Für die ersten interessanten Ostfahrer suchten wir uns einen Punkt zwischen Newport und der Severn Tunnel Junction bei Undy, wo die Bahn mal ein Stück nach Norden kurvt. Hier war der südliche Teil des Einschnitts zwar noch etwas schattig, aber trotzdem konnten wir hier schon mal ganz gut einen HST, einen Güterzug mit 66 und den lokbespannten Personenzug nach Paignton auf den nördlichen Gleisen machen. Am Himmel hatte sich eine ziemliche Schmodderschicht breit gemacht, die das Licht aber zum Glück nur minimal trübte.

Von hinten kam prompt die neueste Lokkreation auf britischen Gleisen angerollt: Eine Freightliner Class 70.


Unser Hauptanliegen: Der lokbespannte Zug 2C67 Cardiff - Paignton mit EWS-67ern vorn und hinten.

Über die Autobahn ging es nun wieder zurück bis Newport, wo eine Besichtigungstour durch die Parkhäuser der Innenstadt auf dem Programm stand. Erstmal sollte es das alte gammelige auf der Ostseite des River Usk sein, wo auf den oberen Parkdecks auch schon Eisenbahnfotografen standen... Leider war hier anfangs der Schatten eines Hochhauses noch auf der Flussbrücke, doch je mehr der wich, desto besser gefiel mir der Ausblick. Nach dem gestrigen Tag besonders schön war der starke Verkehr. Wir bekamen Triebwagen aller hiesigen Anbieter vor die Linse. Drei Gesellschaften fahren hier: Arriva Wales, CrossCountry und First Great Western. Der lokbespannte Arriva-Zug von Holyhead kam leider nicht wie erwartet als Sandwich, so dass der Nachschuss ausfallen musste. Aber ansonsten konnten wir zufrieden sein.

Anreicherung der Farbvielfalt: Für First Great Western kam ein 150 in Farbgebung der Silverlink / London Overground zum Einsatz, hier auf der Usk-Brücke in Newport.


Hingegen hier zuhause: Ein dreiteiliger 175 von Arriva Trains Wales vom Parkhaus östlich des River Usk.

Die Schleierpampe verwandelte sich in normale Quell-Cumuli, was uns angesichts des vielen Verkehrs nicht weiter bedenklich stimmte. Und paar "richtige" Wolken machen sich im Bild immer noch besser als diese Schichtbewölkung. Wir fuhren jetzt wieder ostwärts und suchten einen Punkt auf, wo es mitten in der Pläne ein Überführungsbauwerk des ostgehenden Gütergleises ("Slowline") über die Pz-Gleise gab. Hier gelangen schnell in verschiedenen Einstellungen drei verschiedene Triebwagen, u.a. ein HST. Das genügte. Ein anderer Eisenbahnfreund wartete hier auch schon und erzählte uns irgendwas. Wir verstanden allerdings (fast) kein Wort...

Zwischen Newport und der Severn Tunnel Junction wird beim Ort Llandavenny die Slowline aus einem Yard über den "Bishton Flyover" in den Richtungsbetrieb beidseitig der Fastline überführt. Ein First Great Western HST kommt auf der Fastline angejagt.

Nun wieder in die Stadt rein gefahren. In Gaer Junction hinterm Pbf von Newport hatte man von einer Fußgängerbrücke Ausblick auf die Tunnelportale der Newport Tunnels (770Y Mainline, 748Y Slowline). Doch außer einem XCountry ganz am Anfang gelang uns hier garnichts, weil wir hier mitten in einem längs ziehenden Wolkenband standen. Nach einer Stunde brachen wir ab, denn das nächste Parkhaus wartete auf uns.

Die Südwestportale der Newport tunnels. Der neuere (links) ist mit dem Baujahr 1910 datiert. Ein CrossCountry 170 fährt aus dem Tunnel in die Gear Junction ein.

In einem Supermarkt paar Sandwichs besorgt und dann auf das neuere und viel höhere Parkhaus am Westufer des Usk gefahren. Ein Eisenbahnfreund vom anderen Parkhaus heute Morgen hatte uns gewarnt, dass der Parkplatzwächter einen dort bald verjagen würde, doch wir konnten unbehelligt in Ruhe speisen und den gigantischen Ausblick genießen. Na ja, "in Ruhe" speisen war übertrieben, denn es gab unten einfach so viel zu fotografieren. Nun kam zum Beispiel ein lokbespannter Zug mit Virgin-57ern aus Taunton an, der auch trotz Wolkenkrimi prima ging. Leider zogen die Wolken von Nordwesten nun immer dicker und fast geschlossen rein, so dass wir für die weiteren Programmpunkte skeptisch waren.

Mit Normaloptik gibt es den langen HST (Class 43 der First Great Western) auf der Usk Brücke zu Newport.


Und mit Tele-Wirkung (hier allerdings Ausschnitt aus einem Bild mit Normaloptik) folgt ein XCountry 170 auf der Usk Brücke.

Aber wir fuhren dann trotzdem mal wie geplant nochmal an das Motiv am Severn, wo wir gestern schon waren. Als wir den langen Hohlweg nach Gatcombe runtergefahren waren, mussten wir erstmal feststellen, dass sich Bahnarbeiter mit ihren PKWs im Motiv breit gemacht hatten. Aber wir konnten auf baldigen Feierabend hoffen. Paar orange Punkte bewegten sich nämlich in der Ferne auf dem Gleis in Richtung der Autos. Die Wolken zeigten hier immerhin wieder größere Aufrisse. Ansonsten waren Ausblick und Stille wieder mal phantastisch. Der Severn zeigte eine mächtige Strömung, die wohl weniger der Flussneigung als der Ebbe geschuldet war.

Der Feierabend der Eisenbahner ließ allerdings noch eine Weile auf sich warten. Nicht, dass die Eisenbahner in dieser Zeit groß produktiv gewesen wären. Sie setzten sich in ihre PKWs und warteten schlafender- und lesenderweise auf den Feierabend. Nun gut... Es zeigten sich immer mal Wolkenlücken, und vor dem 15.40 XCountry kam die Sonne sogar mal für längere Zeit raus. Aber genau in dem Moment, als der Zug auftauchte, verpieselte sich das Licht wieder leicht. Schade...

Schon wieder ein 170 von XCountry am Severn. Und wieder konnten wir nicht ganz zufrieden sein: Autos und das im letzten Moment schwächelnde Licht waren schade.

Wir beschlossen, trotzdem unser Programm weiter durchzuziehen. Und der nächste Programmpunkt war halt der lokbespannte Arriva-Zug auf der Welsh Border Line. Dazu entschieden wir uns, quer durch die Berge über Monmouth zu fahren.

Allerdings hatten wir nicht bedacht, dass unser avisiertes Motiv doch eher vor den Toren Newports lag. Und bei Monmouth hatten auch wir erkannt, dass wir das so nicht mehr schaffen würden. Daher kurzfristrig umdisponiert. Südöstlich Abergavenny kurvte die Strecke nochmal richtig, um den Arrivazug voll auszuleuchten. Allerdings wussten wir hier keine Motive. Immerhin sahen im fraglichen Gebiet die Wolken auch nicht ganz so dicht aus. Die Schnellstraße führte auf dem letzten Teilstück neben der Bahn entlang, und wir entdeckten eine Feldwegbrücke über die Bahn rüber. Dorthin kehrten wir von Abergavenny wieder zurück.

Ganz unproblematisch war das alles hier aber nicht, da die Bahn in einem leichten Einschnitt verlief, dessen Rand gerade auf das südliche Gleis, auf dem der fragliche Zug kommen sollte, Schatten warf. Nach einigem Hin und Her liefen wir zu einem alten Bahnwärterhaus an der alten Station von Penpergwm, das sich jetzt in Privatbesitz befand. Von dessen Grundstück ging ein Privat-BÜ über die Bahn, auf dessen anderer Bahnseite man einen schönen Blick in eine Kurve haben konnte. Eine Frau mit Hund wurde auf uns aufmerksam und wir erklärten ihr unser Anliegen. Sie hatte erst etwas Bedenken, weil das ja ein BÜ für private use und das alles überhaupt private property sei (die kam bestimmt aus den USA...). Aber dann erklärte sie, dass der Privat-BÜ ja eigentlich auch nicht von ihrem Grundstück, sondern von dem des Schäfers abginge. Und an den übergab sie uns einfach kurzerhand. Der sah das ganze zum Glück etwas pragmatischer und erlaubte uns sofort, rüberzugehen.

Während die Schafe und insbesondere die kleinen Lämmer ein Blökkonzert veranstalteten und immer wieder neugierig auf uns zukamen, um dann in einer Sandwolke wieder zu verschwinden, hofften wir darauf, dass der Zug nun in diesem bestialischen Abendlicht vor der nächsten Wolke käme. Hmmm, walisisches Lammfleisch hatte ich zuletzt ganz köstlich 2008 in einem Speisewagen der Wrexham & Shropshire genießen dürfen; ich bekam direkt Appetit!

Die neugierigen Lämmer von Penpergwm. Plötzlich waren sie da und schauten erstaunt...


Dann waren sie wieder weg.

Zwischenzeitlich musste der Schäfer mal mit seinem Wagen rüber und nahm über ein kleines gelbes Telefon Kontakt zum Fdl auf. Er konnte uns ankündigen, dass der Zug gleich käme. Noch war Licht! Bald tauchte der Zug tatsächlich in der Ferne auf. Und was soll ich sagen? Diesmal klappte es! Zwar war das jetzt nicht das Über-Motiv, aber Wolken- und Lichtstimmung trugen das Ihre dazu bei, dass es ein richtiges Wuaaaah-Bild (im positiven Sinne) wurde. Nach einem artigen Dankeschön an alle Beteiligten verließen wir diesen gastlichen Privat-BÜ wieder und fuhren nun stramm südwärts.

Der lokbespannte Starzug von Trenu Arriva Cymru (Arriva Trains Wales): Eine 57 zieht den durchgehend im Arriva-Farbschema gehaltenen Zug 1W91 Cardiff - Holyhead auf die nächste Station Abergavenny zu. Ganz rechts schaut der Kirchturm von Llanvair Cross zu.

Zwischen Newport und der Severn Tunnel Junction steuerten wir allerdings nochmal das Überwerfungsbauwerk bei Llandewenny an, um noch etwas mit Streiflicht zu versuchen. Aber mehr als ein 150 ging hier leider nicht mehr. Nachdem wir abgefahren waren, kam die Sonne nochmal wieder unter den Wolken hervor, so dass wir schnell nochmal wieder hinfuhren. Doch mittlerweile war das Gleis im Schatten einiger Bäume; das brachte nicht mehr ganz so viel. Also war endgültig Schluss, denn wir hatten heute ja auch noch einen größeren Sprung vor. Es ging über den Severn rüber und dann auf der Autobahn bis Exeter und weiter nach Teignmouth. In der Gegend vor Bristol hoben sich einge Industrieanlagen herrlich vor dem roten Abendhimmel ab.

Mittlerweile war es dunkel geworden, und der Ausblick von der Anhöhe auf den Zielort Teignmouth an der Südküste Devons war wunderschön. Wir fanden schnell Platz im Bay Hotel, einem sehr vornehm an der Promenade gelegenen Haus. Gegen den Preis von 38 Euro pro Person konnten wir allerdings nichts sagen. Schnell Zimmer bezogen und dann auf der Seawall zu einem italienischen Ristorante spaziert. Unterwegs konnten wir eine Gruppe Sportler beobachten, die an diesem kalten Abend noch ihren Verrenkungen nachging. Beim Italiener ließen wir es uns gut gehen, denn ein erfolgreicher Tag lag schließlich hinter uns. Als Verdauungsspaziergang liefen wir noch bis zum Ende der Seawall weiter, wo die Bahn an die Küste herankommt. Das war es dann aber wirklich...

Fortsetzung

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