Das kleine Großefelsenland

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Die Idee kam eigentlich von den Schweizern, die ja letztes Jahr schon an den längsten Tagen des Jahres in Montenegro gewesen waren. Das sollte dieses Jahr wiederholt werden, und Christian und ich wollten uns da anschließen. Doch aufgrund ziemlich unglücklicher terminlicher Zwänge blieben letztendlich nur Christian und ich übrig, was natürlich sehr schade war. Zwischenzeitlich hatten sich auch noch zwei Kollegen aus Hamburg bei uns einklinken wollen, doch aus Gründen, auf die ich gleich noch eingehe, wurde auch daraus nichts.

Weshalb will man ausgerechnet an den längsten Tagen, wenn das Hochlicht am längsten und am übelsten ist, nach Montenegro fahren? Der Grund ist simpel: Die unbestritten aufregendste Bahnstrecke ist die von Podgorica ins Gebirge hoch. Auf der ist nur wenig Zugverkehr. Und die interessantesten Züge sind die Nachtzüge, die (früh)morgens reinkommen und abends wieder aufwärts in die Berge verschwinden. Da ist fotografieren in Tagesrandlage angesagt. Mittags kann man dann ja irgendwo, vielleicht sogar am Meer, Päuschen machen. So das Konzept.

Aber 2014 ist irgendwie ein komisches Jahr. Hatten schon beim Großbritannienurlaub Überflutungen zu Beeinträchtigungen unserer Planungen geführt, so ging das nun schon wieder los. In Serbien hatten im Mai sintflutartige Regenfälle zu massiven Streckenunterbrechungen geführt. Davon war 'natürlich' auch die Strecke Belgrad - Bar betroffen. Nun ja, wir wollten ja erst Ende Juni los. Insofern waren wir noch guter Hoffnung. In der Folgezeit trafen auch nach und nach die Meldungen ein, dass Strecken wieder hergestellt seien. Nur Belgrad - Bar tauchte dabei nicht auf. Im Gegenteil, als Wiedereröffnung wurde der 1. Juli angegeben. Also mitten in unserer Urlaubswoche! Was so eine Terminnennung auf dem Balkan bedeutet, weiß man ja...

Das unterbrochene Stück konnte man allerdings über eine Dieselstrecke umfahren. Zunächst wurde das Tageszugpaar dort entlang geführt. Die Nachtzüge fielen komplett aus. Das brachte uns so für den montenegrinischen Gebirgsabschnitt nicht so viel, denn der lichttechnisch interessante Südfahrer würde durch die deutlich längere Fahrzeit gewiss erst nach Sonnenuntergang auftauchen. Wir waren am hadern. Letztendlich entschieden wir uns abzuwarten und uns kurzfristig zu entscheiden, auch wenn Flug und Leihwagen schon gebucht waren. So brachte uns das nichts, jedenfalls nicht fürs Gebirge, auf das es uns am meisten ankam. Nur wenn der 1.7. gehalten würde, wollten wir das angehen. Sonst würde es halt nach Italien oder Schottland gehen, um nur zwei Ersatzziele zu nennen, über die wir uns unterhalten haben. Das war den anderen beiden Hamburgern dann jedoch zu vaage, so dass sie lieber in Richtung Ungarn geplant haben und in Tschechien gelandet sind.

Doch einige Wochen später wurde der Ersatzfahrplan wieder umgeschmissen. Nun fiel der Tageszug aus und ein Nachtzug sollte über den Umleitungsweg fahren. Und der hatte nun wieder sehr interessante Fahrzeiten! Morgens zwar früh, aber nicht vorm aufstehen, und abends ideal in der 18-19 Uhr Lage. Vielleicht sollte man also doch fahren? Vielleicht wäre diese Lage des Nachtzuges sogar ideal? Als in der Woche vorm Urlaub auch noch schönes Wetter für die Folgewoche versprochen wurde, stand der Entschluss fest: Wir fliegen! Daran konnte auch die Bekanntgabe nichts ändern, dass der normale Verkehr nicht vorm 15. Juli aufgenommen würde...

Sonntag, 29.06.2014

So ließ ich mich dann also im strömenden Regen von einem Taxi den Wilstorfer Hügel hinab zum Bahnhof fahren. Die Taxifahrerin erklärte mir, weshalb 2014 die Wetterberichte in letzter Zeit immer viel positiver als die Realität waren: Im vergangenen Jahr habe sich die deutsche Touristikbranche über zu schlechte Wetterprognosen beschwert. Da seien die Hotels leer geblieben. - Hmm, ob sich die Hotels in Montenegro auch beschwert haben? Wir werden es sehen.

ICE 983: Hamburg-Harburg 7.01 - Hannover 8.19

ICE 573: Hannover 8.41 - Frankfurt FF 11.25

Abgesehen davon, dass sich im zweiten ICE meine Lehne nicht zurückstellen ließ und die zweite Klasse im ICE2 einen deutlich komfortableren Eindruck machte als die im ICE1 (beim Zweier sind sogar wieder Fußstützen eingebaut), war die Fahrt in relativ leeren Zügen recht angenehm. Der Regen endete irgendwo hinter Hannover, aber die weitere Fahrt ging durch extreme Trübnis. Die Vorfreude auf die Sonne des südlichen Balkans stieg... Beim Warten auf Christian im FFF gelang sogar ein Sonnenfoto, wo auch immer das Hell herkam...

Ein ICE kommt von der Neubaustrecke angefegt.

Wir hatten viel Zeit. Abflug sollte um 14.50 sein. Zunächst fuhren wir mit dem gut gefüllten Skytrain zum Terminal 2. Dort war die kuriose Situation, dass keine Sicherheitskontrolle kam. Die gab es erst unmittelbar am Gate. Somit mussten wir also vorm Sicherheitscheck essen gehen. Das taten wir gut und teuer in Form zweier saftiger Burger mit Pommes. Als wir damit durch waren, so gegen 14 Uhr, begann auch schon die Boarding Zeit, wie gesagt mit dem vorangehenden Sicherheitscheck. Wobei wir etwas verunsichert waren, wo überhaupt das eigentliche Boarding stattfand. Irgendwann hatten wir es aber, und als wir nach einer Busreise an unserer nagelneu wirkenden und riechenden Embraer 190 von Montenegro Airlines angekommen waren, konnten wir auf dem Nachbargleis die DB Air One beim Ablegen beobachten.

Die DB Air One mal aus der Nähe.

YM 161: Frankfurt 14.50+20 - Podgorica 16.40+20

Der Flug war angenehm. Unter uns sahen wir allerdings nur weiße Schicht. Selten war mal der Durchblick zum Boden möglich. Dass wir die Alpen hinter uns gelassen hatten, konnten wir irgendwann nur vermuten; nicht ein Gipfel war durch die Wolken auszumachen. Wir flogen und flogen und flogen. Endlich war die geschlossene Bewölkung zuende. Die Ankunftszeit näherte sich mit großen Schritten und war erreicht. Ein großer Fluss war auszumachen. Kein Zweifel, das war die Neretva. Ganz klar waren Metković und Čaplinja zu erkennen. Weiter waren wir also noch gar nicht. Doch einige Minuten später begann der Sinkflug.

Der Blick auf die Bucht von Kotor zeigt wunderbar das Profil unseres Ziellandes. Ein Vergleich mit Norwegen braucht Montenegro nicht zu scheuen. Für Montenegro hätte der Planetenarchitekt Slartibartfaß im Film "Per Anhalter durch die Galaxis" vermutlich den zweiten Preis bekommen...

Der Landeanflug war ein Erlebnis. Die Küstenlinie muss links unter uns gewesen sein; wir sahen aber an Backbord sitzend nichts vom Meer. Etwa über Sutomore drehten wir ab und zwischen zwei Gipfeln der Rumija Bergkette hindurch rüber zum Skadarsko jezero. So nah bin ich mit einem Flugzeug den Bergen wohl noch nie gekommen. Der Ausblick auf den größten Binnensee des Balkans, der so dicht und doch durch hohe Berge abgeschottet am Meer liegt, und die darauffolgenden Zuckerhutberge am Nordostufer war phantastisch. Nach der Landung klatschten sogar einige...

Nochmal die Bucht von Kotor, diesmal Kotor selbst, mit der Haltestelle für Kreuzfahrschiffe. Erwähnte ich schon, dass mich das alles an Norwegen erinnerte?

Die Autoabholung war zwar etwas bürokratisch, weil der Vertrag handschriftlich ausgefertigt wurde, aber ansonsten unkompliziert. Wir erhielten exakt den bestellten Dacia Duster. Der Wagen hatte 40.000 runter und machte einen brauchbaren Eindruck. Die Reifen sahen gut aus, und ein Reserverad war vorhanden. Kratzer und Dellen ebenfalls, so dass genügend Kreuze auf den Mängelzettel kamen. Das hatte alles nun genau rechtzeitig geklappt, um ein Stück das Gebirge hoch den Schnellzug machen zu können. Viel Zeit war nicht, so dass wir einfach mit dem Motiv anfingen, mit dem auch Yannick und ich vor zwei Jahren begonnen hatten. Diesmal allerdings mit passend langem Zug. Es war enorm, wie laut eine Ellok arbeiten kann. Laut heulend schleppte sie die Wagenkette den Hang bei Bioče hinauf.

Der D 12432 "Lovćen" arbeitet sich die Steigung bei Bioče hoch.

Besonders schön war hier aber die absolute Stille, jedenfalls, wenn nicht gerade eine heulende Ellok zu hören war. Nur die Glocke einer Kuh machte sich bemerkbar. Sonst war nichts zu hören. Wo gibt es sowas schon? Die Kuh machte bald Feierabend, kletterte ihren Hang runter, schlenderte mitten auf der Straße am Weingarten des Bauernhofes vorbei, hielt noch'n Pläuschchen mit den im Garten arbeitenden Bauern und verschwand bald aus unserem Sichtfeld. Wir schauten nochmal Stück weiter. Einen tollen Ausblick mit Mala Rijeka Viadukt im Vordergrund fanden wir noch, außerdem einen Blick von weiter oben in den Bf Bioče. Nach diesen Erkenntnissen wollten wir mal die Schotterpiste zum Bf Bratanožići ausprobieren. Wegen solcher Wege hatten wir schließlich SUV gebucht. Doch der Weg wurde so mies, dass wir doch lieber nicht das Risiko eines Platten für eine bloße Erkundungsfahrt eingehen wollten. Wir fuhren wieder runter nach Podgorica. Irgendwie war das Licht aber noch zu schön, so dass wir einfach mal auf gut Glück an der Strecke nach Nikšić Kundschaft fuhren. Und nachdem wir auch den Fahrplan hervorgekramt hatten, wussten wir, dass da sogar in Kürze noch ein Zug ins Licht fahren sollte. Wir blieben am Hp Pričelje hängen, wo die Strecke schön ins Licht drehte. Das Licht schwand und schwand. Zur Planzeit tat sich schon mal nichts. Wir waren gerade am beratschlagen, ob wir keine Lust mehr hätten, da schaltete sich der BÜ ein. Es kam ein neuer, unbeschmierter Triebwagen.

Friedhöfe gibt es in Montenegro besonders viele. Den von Pričelje passiert gerade der Zug nach Nikšić.

Von diesen "Civity" Triebzügen des spanischen Herstellers CAF hat Montenegro drei Einheiten erhalten, die seit 2013 auf dieser Strecke von Podgorica nach Nikšić eingesetzt werden. Genannte Strecke durch das Zeta Tal (bzw hoch oberhalb dessen) war 1948 in 760mm Spur eröffnet worden, ist aber seit 1965 normalspurig in Betrieb. Der Personenverkehr war 1992 stillgelegt worden. Nach einer kompletten Sanierung und Elektrifizierung der Bahn fand Ende 2012 die feierliche Wiedereröffnung des Personenverkehrs statt. Wir sollten uns im Laufe des Urlaubs noch ausführlicher mit dieser Linie befassen und konnten feststellen, dass die Züge sehr gut angenommen wurden. Das dürfte allerdings in erster Linie am "Promo"-Ticket liegen, mit dem die Gesamtstrecke für nur einen Euro zurückgelegt werden kann. Leider ist Montenegro dann aber doch noch zu sehr Balkan, als dass hier ein Taktverkehr eingeführt worden wäre. Momentan gibt es sieben Fahrtenpaare, von denen eines mittags beschleunigt durchgeführt wird und nur an den Bahnhöfen Spuž, Danilovgrad und Ostrog hält.

Der Civity steht im Hp Pričelje.

Nach diesem würdigen Abschluss des Anreisetages stand nur noch die Fahrt ins Hotel an. Dort fühlte sich der alte Kellner des Restaurants sogar berufen, uns die Koffer hochzuschleppen, während wir vergleichsweisen Jungspunde hinterherliefen. Was für ein Empfang! Das eiskalte Nikšićko und das Karadjordjeva Snicla waren bald darauf eine Wohltat!

Das Abendessen. Gefüllte Schnitzel und Schweinesteaks gibt es im "Evropa" in zahlreichen Varianten. Das Karadjordjeva Snicla ist mit Rahmsoße gefüllt. Beim Anschneiden herrscht akute Spritzgefahr! :-)

Montag, 30.06.2014

Der Vorhersage zufolge erwarteten wir heute einen eher wolkenreichen Tag. So waren wir auch gar nicht sicher, ob sich der frühmorgendliche Ritt in die Berge lohnen würde oder ob nicht das vom Hotel dargebotene Frühstück eine ernsthafte Alternative wäre. Der Blick aus dem Fenster fiel nun auf so einige Wolkenfelder, die insbesondere in Richtung Gebirge zunahmen. Also kein Gewaltstart ohne Frühstück! Punkt 7 waren wir unten beim Frühstück. Das kleine Buffet war mal wieder sehr lecker, wenn auch ohne Melonenstückchen. Dafür konnte man sich einen interessanten 'Vorspeisenteller' zusammenstellen. Zumindest hätte der beim heimatlichen Griechen so geheißen, wenn ich auch nicht bezweifle, dass die Zutaten original montenegrinisch waren.

Nach dieser guten Stärkung schlenderten wir zunächst zum Bahnhof rüber, wo die Triebwagen nach Bar und Nikšić bereitstanden. Leider hatte der an sich fotogene Zug nach Nikšić auf Gleis 1 nen blöden Mastschatten im Gesicht. Daher wollten wir uns den mal bei der Abfahrt vorknöpfen. An sich ein gutes Konzept, wenn da nicht die geschlossene Bewölkung gewesen wäre, die da aus Richtung See heranzog, und die auch angedachte Fotoambitionen Richtung Vranjina usw ad acta legen ließ. Schade.

Ein sehr typisches Bild, das wohl jeder Bahnfotograf von der Montenegro-Reise mitbringt, ist das von der im Bahnhof Podgorica abgestellten Rangierlok.

Also sollte es heute mal ein Tag der Kundschaft werden. Per Zug oder Auto? Wir überlegten, dass wir uns der Nikšićer Piste erstmal per Auto zuwenden wollten. Es gibt da größtenteils Möglichkeiten, relativ parallel zur Bahn fahren zu können. Das sollte sich dann auch als gute Entscheidung erweisen. Aber eins nach dem anderen. Wir begannen mit der Erkundung in Spuž. Dort könnte man morgens den Bahnhof schön vor einem Felskegel fotografieren. Im weiteren Verlauf führte die Bahn nicht unnett durch die Weingärten, war aber aufgrund des weiten Tals recht unspektakulär. Wir strafften die Sache etwas und machten hinter Danilovgrad weiter. Die Strecke begann hinterm Bahnhof sogleich an Höhe zu gewinnen, die parallele Nebenstraße hielt sich erstmal unten. An einer Stelle zweigte eine Asphaltpiste ab, die in Serpentinen steil hoch zur Strecke führte.

Dort oben ging es allerdings ziemlich unfotogen über ein Tunnelportal hinüber. Ein Zug sollte bald kommen und hier schien noch(!) die Sonne. Auf gut Glück fuhren wir mal den Weg weiter, der ab hier nur noch aus Schotter bestand und über den immer wieder riesige Spinnennetze gespannt waren, in denen wahre Riesen-Monsterspinnen auf Opfer warteten, bevorzugt allerdings wohl auf Menschen ohne Auto.... Die mit Auto sorgten nämlich dafür, dass die Spinnen erstmal andere Sorgen hatten. Der Weg endete an einem Friedhof. Das ist dann die Belohnung. Wer an den Spinnen vorbei kommt, erreicht den Friedhof. Die, die von den Spinnen erwischt werden, auch, aber anders. Wir hatten unterwegs noch zwei Stellen aufgesucht, von denen man aber bewuchstechnisch gerade so eben nichts machen konnte. Dabei war der Blick ganz interessant, denn die Strecke war im Hintergrund auf mehreren Ebenen zu sehen. Erst als der Zug schon hinten in der mittleren Ebene zu sehen war, entdeckten wir am oberen Ende eines bewuchs- und spinnenarmen Bergabschnitts (die vorhandenen Spinnen waren aber nicht die menschenfressenden Monster) eine Stelle, von der aus ein Blick gerade so möglich war. Eine Punktlandung.

Irgendwo in den Kehren zwischen Hp Slap und Danilovgrad. Im Hintergrund sind mehrere Ebenen der Strecke und deren Kehren zu erkennen.

Das Auto hatten wir unten auf dem Schotterweg stehen lassen. Angesichts der Spinnennetze rechneten wir nicht wirklich mit anderen (noch lebenden) Verkehrsteilnehmern. Weiter gings. Nicht nur mit dem Zeitpunkt, sondern auch mit dem Licht hatten wir Glück gehabt. Bald zog es sich völlig zu. Wir erkundeten weiter. Von der Straße aus ging es den nächsten Asphaltweg hinan. Einsamkeit pur, mal ein einzelnes Gehöft, Weinbauern in der Wildnis. Es ging nun in die Bahn-Rundkehre. Über uns Gleis, unter uns Gleis. Am Scheitelpunkt der Kehre der BÜ. Die Motivklingel blieb aus.

Bald erreichten wir die oberhalb der Bahn verlaufende Straße. Und die erwies sich als Panoramastraße im doppelten Sinne. Erstens handelte es sich wirklich um eine Route mit touristischer Infrastruktur. Es kamen sogar Reisebusse entgegen. Die Straße schmiegt sich an steile Felswände, in die auch irgendwelche Kirchen und Klöster eingelassen sind. Vermutlich ist das der Hauptanziehungsfaktor für die Reisebusse. Mich persönlich machten ja mehr einige lauschige Konobas an, die an der Straße lagen, aber für die war es noch viel zu früh. Die Straße brachte aber auch viele tolle Panoramen auf die Bahnstrecke. Ein besonders toller Mittagsblick mit Felswand und Tunnel ergab sich auf halbem Wege zwischen Panoramastr und Hp Šobajići. Ein nettes Morgenmotiv gab es von der Hauptstraße selbst auf die nördliche Einfahrt von Ostrog. Das waren aber nur zwei Beispiele von vielen für Fotografen, die keinen Wert auf eine lesbare Loknummer legen...

Nach Kundschaft entlang der Hauptstraße ging es nochmal ein Stück zurück und über die Nebenstraßen unterhalb der Bahn. Motivtechnisch war man dort aber meist zu tief. Lediglich ein Hp mit Felsen dahinter kam gut. Auf den einspurigen Asphaltstraßen war nun doch ein wenig Verkehr, der einige Ausweichmanöver erforderlich machte. Immerhin gab es immer ein dankendes oder grüßendes Handzeichen aus dem Gegenauto. An einer Stelle stand ein Wagen vor uns, der gerade von seinem Fahrer aus einer Plastikflasche betankt wurde... Irgendwann gelangten wir wieder auf die Hauptstraße.

Auch die Querung der Röhren eines Wasserkraftwerkes, durch die der ansonsten hier wohl unterirdische Flusslauf der Zeta geleitet wird, bot sich als Motiv an. Wir verließen hier die Hauptstraße und fuhren bahnparallel auf einem Asphaltweg weiter, der uns in eine wunderschöne Felsenlandschaft rund um die verlassenen Häuser von Stubica führte. Ein richtig geniales Must Have war der Haltepunkt der Ortschaft, der für das letzte bewohnte Gehöft mit der Bahn zusammen wiedereröffnet worden war. Das wollten wir eines Tages mit Sonne haben. Uns interessierte außerdem die 'Ortskulisse' von Stubica, die eindeutig vom Friedhof beherrscht wurde. Dazu liefen wir durch den nächsten Tunnel und, da sich der nächste Zug unaufhaltsam näherte, machten ein Foto. Dabei machten wir uns gnadenlos den alten Trick erfahrener Eisenbahnfotografen zunutze, dass man bei bedecktem Himmel jedes Motiv zu jeder Tageszeit umsetzen kann...

Felsausblick auf die Ortskulisse von Stubica, die wieder mal von der Friedhofskapelle dominiert wird.

Die Felsenkletterei erinnerte schon wieder massiv an den zurückliegenden Norwegen Aufenthalt. Den Gegenzug gab es von der Straße dann auch noch. Wir kehrten zur Hauptstraße zurück und rollten durch den Passtunnel rüber nach Nikšić. Vom Portal des parallelen Bahnpasstunnels bimmelte schon wieder laut die Motivklingel herüber. Und beim Blick zum Tunnelportal ebenfalls. In Nikšić besorgten wir uns Proviant aus dem Supermarkt und speisten im Regen auf dem Bahnhofsvorplatz stehend. Dabei erwuchs die Idee, nun die Ortskunde auf der Gebirgsstrecke fortzusetzen. Und zwar zur Schonung unserer Reifen mit dem Zug. Einmal Podgorica - Bijelo Polje und zurück.

Über die Hauptstraße, die teils wie eine Schnellstraße trassiert war, ging es nach Podgorica zurück. Dort stellten wir das Auto vors Hotel und besorgten uns die Fahrkarten. Zum Glück lief das alles zügig ab; so viel Zeit war nämlich gar nicht mehr. So bestiegen wir dann mit Menschenmassen zusammen den Zug, der immerhin vier Wagen hatte.

PT 6102: Podgorica 15.50 - Bijelo Polje 18.12+5

Erst freuten wir uns ja fast über ein eigenes, wenn auch recht heruntergekommenes Abteil, so dass wir gut auf beiden Seiten hätten rausschauen können. Doch dann winkte ein Typ im Nachbarabteil seine auf dem Bahnsteig nahenden Freunde heran. Und die waren so zahlreich, dass bis zu fünf (!) von denen bei uns mit einquartiert wurden. Und auf dem Gang saßen auch noch welche und palaverten mit. Herrlich, wir waren mal wieder im Zentrum des Geschehens! Und da im Gang natürlich gequarzt wurde, zog auch noch beißender Zigarrettengestank herein. Egal, unsere Fensterplätze lagen auf der Aussichtsseite, und wir konnten topp die schwindelerregenden Ausblicke genießen. Das war die Aktion jedenfalls wert.

Na ja, und der Ausblick abteileinwärts war auch gar nicht so verkehrt. Da sah man nämlich lauter montenegrinische Studentinnen :-) Nachdem wir ziemlich offensichtlich gelegentliches Gesprächs- und Gekicherthema von denen waren, rätselten sie irgendwann, in welcher Sprache wir wohl sprechen. Als mal ein fragendes 'njemaćki' fiel, konnte ich es mir nicht verkneifen, ein 'njemaćki, da!' in den Raum zu stellen. Nun war es interessant zu beobachten, wie die jungen Damen darüber nachgrübelten, was wir wohl noch alles verstanden hatten... Im folgenden Gespräch konnten wir sie aber beruhigen, wobei sie uns versicherten, dass sie nur nette Sachen gesagt hätten *g*. Wir erfuhren, dass sie in Bijelo Polje leben und in Podgorica studieren. Christian als angehender Jurist hakte natürlich sogleich nach, weshalb man denn am Montag schon wieder nach hause führe. Semesterferien, aha! Dass wir uns freiwillig Montenegro anschauen, konnten sie gar nicht verstehen. Woher wir das Land denn überhaupt kennen würden? Die eine war angehende Ingeneurin. Sie wollte lieber heute als morgen auswandern. Ich hätte sie vielleicht für die DB anwerben sollen...

In Bijelo Polje stiegen die meisten am stadtnahen Hp Grad aus, der aber nur für zwei Wagen reichte. Entsprechend zog sich der Aufenthalt in die Länge. Nachdem wir bisher überall mit Minus abgefahren waren, machten wir nun leichte Verspätung.

Stark frequentiert: Der Hp Grad in Bijelo Polje. Der eigentliche Bahnhof liegt ein ganzes Stück außerhalb.

Beim Umlaufen konnten wir sogar Sonnenbilder machen. Von Westen her klarte es vollkommen auf!

Vor dem Lokumlauf.

Nach dem Lokumlauf.

PT 6105: Bijelo Polje 18.35 - Podgorica 21.03

Rechtzeitig liefen wir zum Zug zurück. Die einzige Rückfahrmöglichkeit wollten wir definitiv nicht verpassen. Groß war die Freude: Im letzten Wagen bekamen wir ein wunderbares Abteil für uns. Überhaupt war der Wagen noch komplett leer. Ja, warum war der Wagen eigentlich komplett leer? Die Wagen davor waren doch schon wieder gut besetzt? Ein Blick in den Wagenübergang verschaffte Klarheit. Über hochgeklappte Übergangstritte würde ich mich auf dem Balkan ja nicht zwangsläufig wundern. Wenn dadurch aber der Blick auf einen Kupplungshaken fällt, der nicht eingehängt ist, so ist das dann doch recht eindeutig. Schnell Sachen gegriffen und nach vorn gelaufen. Im ersten Wagen bekamen wir immerhin zwei gute Gangplätze und konnten so auf der anderen Seite hinausschauen.

Dieser Zug bekam allerdings nicht mehr sooo viele Sonnenstrahlen ab. Richtig herrlich wurde allerdings die extrem hohe Slijepač Most kurz hinter Bijelo Polje angeleuchtet. Das dürfte aber auch nur an den längsten Tagen gehen. Oben am Hang gab es Wiesen als potentiellen Standpunkt. Aber keine Ahnung, wie man dort hinkommt... Auch der Viadukt unmittelbar vorm Bf Kolašin bekam noch gut Licht ab. Der in Kolašin kreuzende Schnellzug war sehr stark besetzt. In einigen Wagen wurde im Gang gestanden, in anderen wäre aber noch Platz gewesen. Heute hatte der Zug eine ŽPCG Lok vor. Ein Bahnhof vorher bekamen wir unseren ersten montenegrinischen Gz zu sehen: Zwei 461 und ein E-Wagen. Fast Grenzlast, würde ich sagen... Den Wagen hatten wir vorhin in Kolašin gesehen. Da wurde er an der Ladestraße mit Altgleisen beladen.

Unser Abteil war spätestens hinter Kolašin wieder mit sechs Leuten belegt. Ein älterer Herr ließ seinen Sohn (?) auf englisch Hinweise übersetzen, dass wir auch ja alle Sehenswürdigkeiten mitbekommen. Nur damit, dass der Mala Rijeka Viadukt 220m hoch sei, übertrieb er dann doch um leichte 22m...

Wir waren nach den fünf Stunden Zugfahrt aber dann doch froh, wieder unten zu sein und ließen uns auch sogleich das Abendessen schmecken. Ich nahm heute Njeguski stek, dazu wieder lecker Šopska Salat. Ansonsten waren wir so müde, dass wir nichtmal mehr das Achtelfinale der WM Deutschland - Algerien gesehen haben...

Dienstag, 01.07.2014

Wie gern schreibe ich diesen Satz: Morgens fiel der Blick aus dem Fenster auf wolkenlosen Himmel. Zeit für den Nachtzug! Um 7 saßen wir im Auto, konnten einen ankommenden Fiat Zug beobachten und fuhren ins Gebirge. Die Schotterpiste zum Bf Bratanožići war nach anfänglicher Grobsteinigkeit dann auch gar nicht so schlecht zu fahren und führte gewunden durch wunderbare Berglandschaft. Am Ziel selbst wieder Lex Wilderness: Ein ganzer Trupp Eisenbahner wuselte im Bahnhof der Einsamkeit herum. Offenbar große Weicheninspektion. Wegen deren Präsenz mochten wir auch nicht unbedingt eine Baumspitze beseitigen, was zumindest für eine Motivvariante nötig gewesen wäre. Und es war total unberechenbar, wo die gerade rumwuseln würden, wenn der Zug käme. Und statt der Stille des Gebirges gab es lauthals geführte Diskussionen. Immerhin klappte der Zug dann optimal. Wobei sich ein Trupp Bahnarbeiter, von denen kein einziger eine Warnweste trug, vielleicht auch gut im Bild gemacht hätte...

Der Nachtzug 12433 hat in Bratanožići auf Kreuzung mit einem TVT warten müssen und rollt nun in den Endspurt Richtung Talsohle, Podgorica und Bar.

Nur wenige 100m weiter schlängelt sich der Zug durch die Kurven und wurde von Christian aufs Korn genommen. Seine Aufnahme ist eine Zusammensetzung aus drei Hochkantbildern.

Ok, den Bf Bratanožići gab es schon häufiger auf DSO zu sehen. Aber aufgrund der hohen Felsen östlich des Gleises dürfte für den Nachtzug kaum anderswo Sonne zu erwarten sein. Vom Zug aus hatten wir gestern allerdings noch eine andere Stelle gesehen, wo östlich der Gleise eine Lücke zwischen den Felsen war und das Gelände softer anstieg. Auf dem Google Luftbild war sogar ein Weg zu sehen, der grob in die Richtung führte. Das wollten wir uns als nächstes für den südfahrenden Bummelzug anschauen. Gefühlt viel schneller als auf dem Hinweg waren wir wieder an der Straße. Die ging es nun steil aufwärts bis zum Dorf Pelev Brijeg, wo wir erst auf einen Asphaltweg abzweigten, der die Häuser des Dorfes verband, und dann auf einen Feldweg, der etwa die Konsistenz der Bahnhofstraße Bratanožići hatte. Also im Gefälle paar üble Steine, ansonsten aber gute Naturspuren. Der Unterschied war allerdings, dass dieser Weg hier mit zunehmender Strecke immer weniger befahren war. Gut, dass ich mir das Luftbild auf dem Phone abgespeichert hatte, sonst hätte einen die eine oder andere Gabelung vor eine Frage gestellt. Auf den letzten Kilometern ging es wirklich durch die grüne Hölle, es wuchs von unten, oben und von der Seite. Ein Hohlweg, den die Natur zurückeroberte.

Mit dem Auto ins Grüne... Es handelt sich um die "Bahnhofstraße" Pelev Brijeg.

Als es gar nicht mehr weiter ging und ansatzweise sowas wie eine Wendemöglichkeit zu erahnen war (ein Abzweig zweier von der Natur zurückeroberter Wege...), vermuteten wir uns dann auch unweit der Bahn. Wir stiegen auf die nahen Anhöhen, wobei spitze und scharfe Steine unterm Gras sowie die netten Spinnennetze eine gewisse Vorsicht ratsam erscheinen ließen. Die Belohnung war dann allerdings tatsächlich ein wunderbarer Ausblick auf ein freies Stück der Bahn und auf ein geniales Bergpanorama. Ein TVT ging umgehend, allerdings noch nicht mit der gewünschten Brennweite.

Da taucht der TVT wieder auf.

Mit der ging der Regionalzug. Die Quellwolken, die schon in Lauerstellung warteten, ließen uns in Ruhe. Dafür war die Zuggarnitur so ziemlich das Letzte. Die ŽPCG lässt ihre Wagen offenbar genauso zukleistern wie die serbische Eisenbahn. Wobei die meist schon älteren Graffiti auf den keimigen und verranzten Serbenwagen ja gar nicht mehr so auffallen.

Der Bummelzug rollt talabwärts und wird in Kürze den stillgelegten Hp Pelev Brijeg passieren, für den offenbar der Weg zuständig war, der uns hierher ins Nirgendwo geführt hatte. Mit diesem Bild waren wir dem Gebirgsabschnitt dann auch schon am weitesten zuleibe gerückt. Angesichts der morgens meist im Schatten liegenden Strecke und dem Fehlen zuverlässiger nachmittäglicher Züge gewannen wir mehr und mehr die Ansicht, dass unser Hauptziel, die "heftigsten" Gebirgsabschnitte hoch über der Moračaschlucht darzustellen, aktuell gar nicht umgesetzt werden konnte.

Nach dem Zug waren wir schon ein Stück in Richtung Auto gelaufen, da überlegten wir, dass man eigentlich auch noch etwas ausharren könnte. Vielleicht würde sich ja mal ein Güterzug die Ehre geben. Großartig anderes hatten wir jetzt eh nicht auf dem Zettel. Und tatsächlich gab es noch Bewegung auf der Schiene. Ein Autozug kam leer hochgefahren (kann das schon der Beladene von vorhin in Podgorica gewesen sein?), blieb aber mangels Nachschublok von mir unfotografiert. Und der TVT kam wieder hoch. Ob das wohl ein schlechtes Zeichen war? Tatsächlich tat sich nichts, außer dass es heißer und hochlichtiger wurde. Wir suchten uns einen Zug auf der Nikšićer Strecke heraus, zu dem wir bei zwei Stunden Fahrzeit rechtzeitig aufbrechen wollten. So machten wir uns um 13 Uhr auf den Weg zurück zum Auto, das wir problemlos wiederfanden. Auch dieser zugewucherte Fahrweg schien uns zurück kürzer als hin. Aber wir waren durchaus froh, als man wieder Asphalt unter den Rädern hatte. Wir kamen zügig durch Podgorica und standen rechtzeitig um 14.50 zwischen Ostrog und Nikšić am Motiv mit der Wasserleitung bereit.

Der Nahverkehrszug nach Nikšić hat gerade die Wasserleitungen des Kraftwerkes passiert. Der weiße Klecks hoch oberhalb der Leitung in den Felsen ist übrigens das berühmte Felsenkloster von Ostrog.

Die Rückfahrt nahmen wir ebenfalls an der Zeta, die diesmal allerdings nicht in Rohren, sondern in einer Betonwanne dargereicht wurde und dabei von der Bahn gequert wurde. Dabei hatte man einen schönen Blick auf Nikšić und die dahinter liegenden Berge, an denen stationär die Quellwolken klebten.

Am oberen Ende der Zetaschlucht geht es durch einen Passtunnel, dann ist die Ebene von Nikšić erreicht. Der Civity ist dort gerade gestartet, quert die kanalisierte Zeta und rollt gleich in den Passtunnel ein. Das interessante ist, dass auch der Fluss die Bergkette unterquert. Ein Stück östlich von hier "versickert" er im Karst, um auf der anderen Seite tief unten in der Schlucht wieder rauszukommen. Ein Teil des Wassers wird allerdings durch die gesehenen Rohre zur Energiegewinnung abgezweigt.

Da bis zum nächsten Zug viel Zeit war, blieben wir einstweilen stehen. Diese Stelle wäre nämlich prädestiniert gewesen für einen Güterzug. Vielleicht käme ja einer... Kam natürlich keiner. Irgendwie war es faszinierend, mal wieder in einem Land tätig zu sein, in dem man keinerlei Infos über Güterzüge hatte...

Da jetzt ein Must Have bevorstand, wollten wir auch mal lieber rechtzeitig dorthin wechseln. Man weiß ja nie, welche Tücken ein Weg so bereithält... Wir nahmen nicht den Scheiteltunnel, sondern die alte Passstraße. Dazu ging es erstmal am Nordhang des Gebirgszuges parallel zur kanalisierten Zeta ostwärts, bis von links her die alte Landstraße über eine lange Steinbogenbrücke heran kam. Diese wendete sich nun langsam in die Höhe. Durch wunderschöne Felsenwelt kam man bald auf der Südseite der Bergkette oberhalb der Bahn wieder raus. Plötzlich stand ein qualmendes Auto vor uns. Hierzulande hält man natürlich an. Der junge Mann bat uns um etwas Voda. Wir gaben ihm Mineralwasser, doch der Kühler zischte bloß bedrohlich und spieh das Wasser dampfend unten auf den Asphalt aus. Mehr konnten wir leider nicht tun, und mehr erwartete er offenbar auch nicht. Sein nach 'Faleminderit' klingender Dank verriet, dass er wohl aus einem Land weiter südöstlich kam. Oder dass er zur albanischen Minderheit in Montenegro gehörte. Wir fuhren indes ein kleines Stück weiter und bogen dann auf die Bahnhofstraße von Stubica ab. Die hatte etwa dieselbe Qualität wie die von Bratanožići heute Morgen. Gegenüber des Hp setzten wir uns auf den Aussichtsfelsen und genossen die Stille, den Wind, das Grillenzirpen (also doch keine Stille), die Tierstimmen in der Ferne, also das 'sein'.

Brav hält der Zug im Haltepunkt Stubica an. Ob dort schon jemals jemand ein- oder ausgestiegen ist? Vielleicht ein Eisenbahnfotograf, denn die Felslandschaft hier oben bietet reichlich Motive. Die meisten Häuser des Ortes sind Ruinen, nur eines ist noch bewohnt. Und die Friedhofskapelle wirkte noch intakt!

Kaum war der Triebwagen abgefahren, wurde es schlagartig dunkel. Von Südwesten hatten sich nun doch kompaktere Wolkengebilde vor die Sonne geschoben. Was hatten wir für ein Glück! Damit sanken allerdings die Chancen auf weitere Sonnenbilder hier oben nicht unbeträchtlich. Wir beschlossen, die letzten Züge bei Podgorica aufzunehmen, wo der Himmel noch vollkommen klar war. Jetzt im besten Licht herrschte natürlich ringsum große Zugpause. Wir hatten noch so viel Zeit, dass wir uns erstmal sogar quer durch die Stadt zum Bahnhof gequält haben. Dort stand gerade der Bummel aus Bar zur Rückfahrt nach Bar. Eine lokbespannte Einheit. Die Wagen sahen noch übler aus als die heute Vormittag gesehenen... Meine Kamera lockte das alles nicht aus der Tasche. Und das will bei dem herrlichen Abendlicht schon was heißen. Wir bauten uns nun am Westende der Stadt auf, direkt dort, wo die Zeta in die Morača mündet. Hier hatte man guten Blick auf die Brücke der Nikšićer Strecke über die Morača.

Der Zug aus Nikšić reist nach Podgorica ein und quert die Morača. Unmittelbar uns zu Füßen ergießt sich das Wasser aus der Zeta in die Morača, die sich bald durch Sümpfe bis zum Skadarsko jezero schlängeln wird.

Dieselbe Brücke sollte es danach nochmal spitzer sein. Dafür fuhren wir zu einem BÜ am Brückenkopf. Zwischendurch liebäugelten wir sogar mit dem Blick von einem Berg mit Denkmal oben drauf. Doch der Asphaltweg hoch war mit einer Schranke verschlossen. Das würde man sich mit mehr Zeit auf den Zug nochmal genauer anschauen.

Eine Lichtstreifung zum Schluss: Der Zug nach Nikšić vor dem Trijebac, auf dem das Denkmal der im 2.WK Gefallenen thront.

Wir hatten kein Frühstück und wir hatten auch mittags nur paar Knabbereien. So hatten wir jetzt jedenfalls genügend Hunger. Für mich gab es die große Grillplatte und wie immer den Šopskasalat. Dazu nach dem warmen Tag ein schön kaltes Nikšićko. Wunderbar! Außerdem verlängerten wir das Hotel einfach für die restliche Zeit. Der Wetterbericht verwendete für die verbleibenden Tage nur noch dieses Symbol:


Und Podgorica ist einfach als Ausgangspunkt für Touren in alle Richtungen unschlagbar. Die Rezeptionistin meinte nur scherzhaft, ob uns Podgorica so gut gefällt. Hihi, der war gut. Wobei das schon sehr sehenswert ist, wie in dieser kleinen Stadt Botschaften, große Hotels usw aus dem Boden sprießen...

Mittwoch, 02.07.2014

Heute wollten wir den Nachtzug unweit der 'Hütte des Imkers' nehmen, eine Lokalität ein kleines Stück die 'Bahnhofstraße' von Bratanožići rein. Das ermöglichte uns sogar ein Hotelfrühstück. Außerdem hatten wir in der ŽS App entdeckt, dass der NZ bis Prijepolje jedenfalls +52 gehabt hat. Diesmal gab es auf dem Frühstücksbuffet sogar wieder die herrlich leckeren Melonenstücke! Mmmmmh!

Die Bahnhofstraße Bratanožići mit dem Haus des Imkers.

Oben im Gebirge war es mal wieder herrlich. So ohne palavernden Bautrupp in der Nähe hörte man nur die Insekten, ansonsten herrschte Ruhe. Über einem der wolkenlose blaue Himmel, was will man mehr? Warm war es, aber im Schatten sitzend ließ es sich aushalten. Überhaupt tat die Wärme einfach nur gut nach dem eigenartigen mitteleuropäischen Frühsommer. Und um den wonnigen Morgen perfekt zu machen, tauchte mit der prognostizierten Verspätung auch noch eine fast graffitifreie Nachtzuggarnitur auf!

Etwa mit der prognostizierten Verspätung taucht der Nachtzug bei uns auf.

Unsere weiteren Programmpunkte würden am Skadarsko jezero (Skutarisee) liegen. So konnte man mal dem Nachtzug hinterher fahren. Bei der Einfahrt nach Podgorica fuhren wir genau parallel zu ihm. Diese Seite des Zuges war nun übelst beschmiert. Christian als Beifahrer konnte am Schluchtausgang sogar schnell ein Foto machen. Wir hofften, den Zug während des Aufenthaltes im Hauptstadtbahnhof überholen zu können und fuhren zur Flughafenbrücke vor. Das war dann allerdings auch eine Punktlandung; der Zug war in der Ferne schon zu sehen, während wir die Rampe zur Brücke hochhasteten. Man kann dort allerdings auch ganz schön weit schauen...

Der Nachtzug von der anderen Seite; Blick von der Brücke am Hp Aerodrom.

Nun stand das nächste 'Must Have' auf dem Zettel: Vranjina. Zur selben Zeit wie gestern war heute Morgen ein Autologistikzug voller Fiats aus Kragujevac südwärts gefahren. Den leeren Gegenzug hatten wir gestern nach 11 im Gebirge gesehen. Wir hofften, den am bekannten Ortsblick Vranjina nehmen zu können. Als wir dort aus dem Auto stiegen, wurden wir gleich auf englisch angesprochen, ob wir ne Bootstour auf dem Skadarsko jezero machen wollten...

Natürlich erinnerte ich mich nicht ganz genau, von wo der Aufstieg zum Friedhof beginnt, doch fanden wir von genau unterhalb der Kapelle eine andere Treppe als vor zwei Jahren, die den Friedhof auf dessen anderer Seite erreichte. Der Ausblick war wieder mal wunderbar, obwohl der Wasserstand des Sees schon wieder außerordentlich niedrig war. Schön, das mal alles ohne dunstige Waschküche wie vor zwei Jahren zu erleben. Der Güterzug kam allerdings nicht. Dafür gab es einen ET aus Nikšić (=sauber) und nach Kreuzung in Virpazar den Siffbummel nach Podgorica. Die Riga ETs scheinen aus dem planmäßigen Verkehr raus zu sein (Nachtrag: Diese These sollte sich in den nächsten Tagen als "Ente" erweisen).

Die Pendelzuggarnitur, die nur zwischen Podgorica und Bar hin und her fährt, taucht auf. Nachdem wir vorgestern in diesem Umlauf einen Civity gesehen hatten, ists nun ein lokbespannter Zug. Beides dürfte nicht planmäßig gewesen sein...

Die Bemalung des Siffbummels hatte sich für hiesige Verhältnisse sogar noch in Grenzen gehalten. Wir warteten einfach mal weiter, vielleicht würde der Gütermann ja noch kommen. Zwischenzeitlich gab es aber erstmal den Müllwagen drunten in dem kleinen Fischerdörfli zu beobachten. Und einen Streckenläufer, der das Gleis entlang spaziert kam. Aber kein Güterzug. Als Zeitziel setzten wir uns das Personenzugpaar, das um 12 in Virpazar kreuzen sollte.

Ergänzt wird die Pendelzuggarnitur durch die lokbespannte Garnitur aus dem Bijelo Polje Umlauf und einen Civity, der zweimal am Tag auch nach Nikšić durchgebunden ist.

Blöd war nun aber, dass der Südfahrer einfach nicht kommen wollte. Und wir hatten für den eigentlich eine ganz nette Perspektive gefunden, wobei man da vom Zug nur Lok und Anfang des ersten Wagens sehen würde. Ideal wegen der Graffiti :-) . Also wartete man wieder viiiel länger als geplant. Tollerweise war das Motiv auch noch eines mit null Vorwarnzeit. Man musste praktisch ständig in der prallen Sonne mit der Kamera im Anschlag warten. Und eine Bergecke weiter wartete ein herrliches Restaurant am See auf uns, so ein Jammer! Nach einer Dreiviertelstunde wurde es mir zu blöd. Ich setzte mich in den Schatten. Um 13.10 sollte der nächste Zug kommen, dann macht man halt den. Tja, und dann kam alles anders. Beide Züge kamen im Blockabstand. Der erste mit zwei Loks (da hatte eine wohl schlapp gemacht) und der zweite als ET. Passte beides nicht in unseren Ausschnitt.

Immerhin klappte das Motiv noch mit einer perfekt passenden Baumschine...

Sei es drum, die Hochlichtglocke hatte schon längst wieder aufgehört zu bimmeln, so nach dem Motto 'Die hoffnungslosen Fälle hören eh nicht auf mich'. Wir fuhren ins benachbarte Restaurant. Die Tische mit Ausblicken auf den See waren einfach nur wieder traumhaft. Und die eiskalte Cola erst recht. Nur das Essen... Ich dachte, nimmste mal ein einheimisches Fischgericht, wenn man hier schon am See sitzt. Das Gericht, das ich mit Karpfen nach Podgorica Art übersetzt hätte, klang einheimisch. Und ich lass' mich ja gern überraschen. Innerreien konnten es nicht sein, und sonst ess' ich ja alles. Tja, aber auf das, was dann kam, war ich seelisch dann doch nicht so vorbereitet...

Krap na podgorički način. Karpfen nach Podgorica Art. Hinterher habe ich recherchiert, dass das wirklich DIE authentische einheimische Spezialität sei und man das unbedingt gegessen haben müsse. Allerdings sahen die Abbildungen dieser Spezialität im Internet wesentlich appetitlicher aus, weil man dort den hellen Fisch, hellen Reis und nur vereinzelt dazwischen dunkle Trockenpflaumen sah. Nehmen wir also an, dass dies Karpfen nach Podgorica Art nach Restaurant Jezero Art gewesen ist.

Ok ok, das Aussehen muss ja nichts heißen. Lapskaus sieht ja auch schlimm aus (na ja, aber nicht so schlimm wie dies) und schmeckt lecker. Ich also mal tapfer angefangen. Dabei fiel mir auch ein, dass ich neben Innereien auch nicht gern Trockenobst esse. Und Trockenpflaumen waren ein wesentlicher Bestandteil dieses kalt servierten Gerichtes. Auf einer größeren Menge öligen Fisches waren Trockenpflaumen und Gemüse aufgetürmt, die so öldurchsetzt waren, dass sie diesen liebenswert aussehenden Mus bildeten. Der Fisch hatte auch noch ordentlich Gräten, die man unter dem Mus erstmal finden musste. Ich kann jetzt gar nicht sagen, dass es nicht lecker gewesen wäre. Eigentlich liebe ich ja in Öl eingelegtes oder gekochtes Gemüse. Aber möglicherweise war das alles eine kleine Spur zu mächtig? Ich habe die Hälfte zurückgehen lassen müssen... Zwischendurch war dann auch der Autoleerzug durchgekommen. Mit verschiedenen Getränkestopps landeten wir daraufhin an einer Müllhalde südlich Podgorica, wo wir einer S-Bahn auflauerten. Nein, die Müllhalde war Zufall, kein Zusammenhang mit dem Essen. Während wir warteten, sahen wir in der Ferne den Güterzug aus Albanien / Tuzi reinkommen.

Der Triebwagen aus Nikšić verlässt Podgorica in Richtung Bar. Am Bildrand blühen die Stockrosen.

Den ins Gebirge fahrenden Bummel wollten wir jetzt nördlich Podgorica machen. Auf der Durchreise durch die Hauptstadt sahen wir den Autoleerzug noch im Bahnhof stehen. Der sollte wohl nach dem Bummel rausgehen. Sehr schön! Wir fanden einen hübschen Ausblick am Schluchtanfang bei Podgorica. Dort mussten wir nicht mehr lange warten. Zur Planzeit des Bummels kam --- der Autoleerzug!

Der Autologistikzug fährt leer nach Kragujevac in die Heimat des Yugo zurück und wurde unmittelbar nördlich von Podgorica abgepasst.

Wir erwischten den dann sogar nochmal bei Potkrs. Dort warteten wir auch auf den Bummelzug. Das war nun wieder etwas langwieriger... Mit rund einer Stunde Verspätung tauchte er dann auf.

Der Bummelzug folgt mit einstündiger Verspätung und durcheilt soeben den aufgelassenen Hp Potkrs.

Nun war auch nur noch eine gute Stunde Zeit bis zum Nachtzug. Wir bauten uns einfach mal auf dem Aussichtspunkt auf, von dem wir ihn mit Tele das erste Mal aufnehmen wollten. Der Ausblick auf den Bf Bioče am anderen Talhang war schon klasse. Während wir so das 'sein' genossen, rauschte es auf einmal merkwürdig. Das war aber kein Auto! Da kam ein Güterzug von oben, ein richtiger Güterzug! Das war genau der Zug, der viele Nachmittagsmotive ermöglichen würde! Wir dachten natürlich sogleich an den Schluchtabschnitt vor Podgorica. Oder könnte die Schlucht bereits verschattet sein? Wir konnten es ausprobieren. Bis der Gz die Kehre über den Mala Rijeka Viadukt ausgefahten hat, waren wir über alle Berge. Oder in diesem Fall von allen Bergen runter. Auch an einer Polizeikontrolle unten in Bioče kamen wir ungeschoren vorbei. Der gewünschte Schluchtabschnitt war nun tatsächlich noch im Licht. Die Betonung lag allerdings auf 'noch'. Zusehends schatteten die idealen Mastabschnitte ein. Gerade hatte ich das Tele draufgeschnallt, um in ein sichereres Mastfeld weiter hinten halten zu können, da gab es wieder Balkan live. Warum sind die hier nicht in der Lage, einen Güterzug reell durchzuführen? Es tauchte auf...

Ein Mannschaftstriebwagen! Jaaa, der war sicher wichtiger! Aber immerhin hatte man das Schluchtmotiv. Und das Fahrzeug sah immerhin nach etwas mehr als einer Baumaschine aus. In Polen wäre das als Nahverkehrsfahrzeug durchgegangen ;-b. Jedenfalls erinnerte mich das Teil an so komische Schienenbusse mit riesigem Schaltknüppel, die ich Anfang der Neunziger mal zwischen Hajnowka und der weißrussischen Grenze erleben durfte.

Klasse! Der Güterzug war ein Bonus, ein Geschenk für das Schluchtmotiv gewesen, doch hiermit wurde das Geschenk von der ŽICG wieder einkassiert. Nun war zudem fraglich, ob der Güterzug überhaupt noch vor dem Nachtzug von Bioče, wo er natürlich drinstand, weiterkäme. Bei planmäßiger Lage des NZ jedenfalls nicht. Und damit wäre unser angedachtes Nachtzugmotiv durch den Güterzug verstellt. Grrrrmpf! Wir fuhren die Schlucht hoch, bis wir den Bf Bioče einsehen konnten, gerade noch vor der Polizeikontrolle. Der Polentriebwagen fuhr ein. Was machte nun der Güterzug? Er fuhr. Er fuhr tatsächlich an! Wir wieder zurück in die Schlucht. Die war natürlich jetzt total verschattet. Aber es gab da ja noch unmittelbar hinter der Schlucht diesen genialen Abschnitt mit der Galerie am Fluss, wo wir eben den Autozug aus der anderen Richtung fotografiert hatten. Tausendmal waren wir mit dem Auto dort entlang gefahren und hatten den Abschnitt fast als 'Must Have' eingestuft. Also dorthin, der passende Zug war jetzt im Anmarsch! Doch offenbar betrachteten wir den Abschnitt erstmals mit offenen Augen. Jedenfalls war plötzlich die Oberleitung auf Straßenhöhe und für den freien Schuss völlig im Wege... Ich kraxelte schnell die Felsen oberhalb der Straße hoch. So ging was, allerdings ohne Fluss...

Der Abwärtsfahrer - wenn schon nicht in der Schlucht, dann eben hinter der Schlucht. Immerhin gab es keinen LKW-Schaden.

Nun rechneten wir aber bald mit dem Nachtzug. Für den ging es sogleich wieder hoch zum Bioče-Blick und dann nochmal schnell zum Mala Rijeka Viadukt, über dem der Zug am anderen Talhang zu sehen war.

Der Nachtzug "Lovćen" nähert sich dem Bf Bioče.

Das hatte gut geklappt. Hinter einem lahmarschigen Golf 2 bummelten wir wieder hinab zur Hauptstraße. An der Polizeikontrolle sollte er anhalten, um einen nach links rausgewunkenen LKW der Gegenrichtung durchzulassen, doch er fuhr einfach weiter. Bekam wohl nicht mehr alles mit, der Herr. Ich blieb dann lieber mal stehen. Als der LKW durch war, stolzierte der Polizist allerdings weiterhin stolz wie König Oskar auf meiner Fahrbahn an der Kette des mittlerweile aufgestauten Gegenverkehrs entlang. Ich musste fast durch den Graben fahren, um ihn nicht umzufahren...

Hier ist der Nachtzug auch zu sehen. Wer findet ihn? All zu winzig nimmt er sich hinter der höchsten Eisenbahnbrücke Europas (ehemals: der Welt) aus. So werden vielleicht die Dimensionen klar. 198 m über dem Bachbett führt der Mala Rijeka Viadukt durch die Lüfte.

Über eine einspurige Nebenstraße gelangten wir an Podgorica vorbei zu dem gestern entdeckten Berg an der Nikšićer Strecke. Heute war zwar die Schranke auf, aber wir liefen lieber hoch. Der Weg zog sich doch mehr als erwartet in die Länge. Oben, zu Füßen eines riesigen Partisanendenkmals, dröhnte uns plötzlich Musik entgegen. Da waren einige junge Leute und bereiteten ein Freiluftcafe für den 'großen Abendansturm' vor. Bei stimmungsvoller Musik lag uns Podgorica zu Füßen. Der zu erwartende Zug wurde zur Nebensache...

Oben auf dem Trijebac erwartete uns eine wunderbare Abendstimmung.

Ein Freiluftcafé ludt hoch über der Stadt zum Verweilen ein.

Blick auf einen Zug nach Nikšić.

Das Monument für die Gefallenen des 2. Weltkrieges. Es standen alle Namen, sortiert nach Dienstgraden, dran. Da waren sogar 15, 16, 17-jährige dabei... Den Armiereisen nach, die oben aus der Säule ragen, muss oben irgendwann noch was befestigt gewesen sein, vielleicht ein leuchtender Stern?

Der Zuckerhutberg am Bf Spuž im Gegenlicht. Mit dem Bahnhof sollten wir uns noch mehrfach beschäftigen...

Und blick auf die Weinanbauebene im unteren Zetatal.

Nach dieser Bergbesteigung gab es unten noch schnell Supermarkt, dann im Hotel das Karadjordjeva Snicla. Ach nein, vorher hatten wir bei der Einfahrt auf den Bahnhofsvorplatz noch das Aha-Erlebnis, dass wir durch den Bahnsteigdurchgang hindurch ein stillgelegt geglaubtes Fahrzeug sahen: Da stand eine Riga-ET-Einheit, die wohl gerade aus Bar angekommen war. Die mussten wir uns natürlich noch anschauen. Der Zug war beidseitig graffitifrei! Den wollte man irgendwann auch mal haben! So, dann gab es aber wirklich das Abendessen. Dazu zwei Kannen des eisig-goldenen Labsal aus Nikšić...

Donnerstag, 03.07.2014

Bevor wir starten, können wir im Bf Podgorica noch diesen "Dienstzug", zu welchem Zweck auch immer, fotografieren.

Heute starteten wir mal wieder ohne Frühstück. Auf der Nikšićer Piste hatte es uns der Bahnhof Spuž (sprich: Spusch; das könnte auch der Name eines Waschmittels sein...) angetan. Den musste man morgens fotografieren. Dumm nur, dass der einzige fotografierbare Zug hier Kreuzung bekam. Und Kreuzungen laufen ja nicht immer nach fotografischen Belangen ab. Wir hatten schon gesehen, dass der Gegenzug als erstes einfahren würde. Und so war es auch. Er stellte sich natürlich genau so hin, dass er das EG verdeckte. Mit etwas mehr Abstand konnten wir nun zwar die Kreuzung ganz gut umsetzen, aber das schnuckelig zwischen den Bäumen gelegene EG sah man bestenfalls hinter den Bäumen hervorblinken.

Kreuzung in Spuž, dem Bahnhof zu Füßen eines Zuckerhutfelsens. Weiter hinten war wohl auch schon ein Fotograf tätig, der den Berg da hinten nicht ganz draufbekam. Da hat er ihn oben etwas eingekürzt. Kannte wohl noch kein Photoshop ;-)

Zu allem Überfluss hatten wir auch die Zeit etwas verdödelt. Wir waren gerade noch am beratschlagen, was wir nach Ausfahrt des Nikšićer mit dem Ostfahrer machen könnten, da fuhren beide schon gleichzeitig mit -1 und -2 ab. Sehr schade... Nächste Aktion war die Ausfahrkurve Bf Ostrog von oben. Auf dem Weg dorthin wollten wir allerdings ein Motiv bei Šobajići nochmal austesten, bei dem wir vorgestern von unterschiedlichen Perspektiven gesprochen hatten. Christian hatte gedacht, dort morgens in die Außenkurve zu lichten, während ich an einen Mittagsblick über die Kurve rüber auf eine Galerie mit Tunnel gedacht hatte. Als wir dort angekommen waren, fanden wir eigentlich beide Varianten ganz nett. Da für Ostrog noch etwas Zeit war, beschlossen wir einfach scherzhaft, hier auf 'den' Güterzug zu warten, der 'bestimmt' gleich käme. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt...

Wie wir so da standen, hörten wir aus den Felsen hoch über uns ziemlichen Motorenlärm. Da musste wohl ein Steinbruch oder dergleichen sein. Die hatten da offenbar Laster, die auch ganz markigen Sound machen konnten. Fast wie eine GM Lok. Also wirklich ganz schön wie eine GM-Lok! Warum war der Sound eigentlich so gleichmäßig? LKWs müssen doch mal schalten! Und irgendwie wurde der Sound auch immer lauter! Bald war's eindeutig: Da näherte sich eine Diesellok schwer arbeitend aus Richtung Danilovgrad durch die Kehrschleifen aufwärts! Die Felsen warfen bloß den Schall zurück. Wir konnten immerhin einen seitlichen Nachschuss anfertigen.

Ein unverhoffter Güterzug tauchte auf - leider nur aus der falschen Richtung...

Bei dem Tempo konnte der Zug eigentlich nicht weiter als Ostrog kommen. Wohlweislich hatte man diesen 'wichtigen' Bahnhof ja mit drei Gleisen ausgestattet, so dass der Güterzug nicht bei der Triebwagenkreuzung störte. Wir fuhren also zum Blick auf Ostrog und warteten dort die Kreuzung ab. Den einen Personenzug nahm ich mit 35mm und Himmel, den anderen mit 50mm ohne Himmel. Winzig klein waren die Züge auf beiden Bildern...

Das Bild für den Überblick: Unten links ist klein der Bf Ostrog zu erkennen, in dem ein Triebwagen und (nicht erkennbar) der Gz drinstehen. Von Nikšić nähert sich der Gegenzug. Aus dieser Perspektive sieht es aus, als wenn der Bahnhof in der Ebene läge, aber vom Bf zum Talgrund geht es bald noch das doppelte runter wie von uns zum Bahnhof! Im Hintergrund fällt der Blick zum oberen Ende des Zetatals mit dem Wasserkraftwerk.

Danach hatten wir Zeit genug, für den Güterzug eine Stelle zu suchen. Das war aber letztendlich nicht einfach, weil dieser eher aus dem Licht heraus kam. Erstmals fuhren wir jetzt auf der Panoramastraße durch den Ort Ostrog selbst mit seinen Klöstern. Das ist ja ein riesiger Rummelplatz für Touristen. Ein Souvenirstand reiht sich an den nächsten. Die Ortsdurchfahrt war sehr eng. Hinterm Ort führte die Straße teils einspurig direkt an der Felswand entlang. Es gab auch einzelne Tunnel. Hier möchte ich keinem Reisebus begegnen!

Ein Gehöft in den Felsen.

Unser Güterzugmotiv fanden wir in der Ortslage Dabovići. Anfangs sah das alles etwas kompromissbehaftet aus, aber der Zug kam dann doch sehr nett dort, nachdem wir den passenden Buschdurchblick gefunden hatten.

Der Güterzug fährt weiter in Richtung Nikšić.

Für den nach X in Nikšić startenden Triebwagen suchten wir uns eine 'simple' aber nette Stelle in den Felsen bei Stubica. Mal was für Freunde der lesbaren Nummern, wenn die Nummer denn vorn draufgestanden hätte...

Ein Civity in den Felsen von Stubica.

Nun war erstmal längere Pause. Wir stellten uns mitsamt des Autos einfach ins nächste Motiv und hielten Siesta. Das Hochlicht setzte ein, doch paar Must Haves gab es halt, die nur mittags umsetzbar waren. Nach nem kleinen Nickerchen gab es das mittägliche Eilzugpaar hinwärts bei Bare Šumanovića und auf der Rückfahrt bei Šobajići.

Dieses Hochlichtmotiv musste einfach sein: Der Zug erreicht gleich den Hp Šobajići.

Danach war endlich Mittagspause. Hier an der Tourimagistrale lagen einige nett aussehende Restaurants. Eines davon, das Koliba, am oberen Ende der Zetaschlucht nahmen wir. Es gab zart gekochtes Lammfleisch mit Käse überträufelt, dazu Kartoffeln. Sehr sehr lecker! Wobei man dort schon sehr genau wusste, wie man mit Touristen umgeht. Die Speisekarte wies für montenegrinische Verhältnisse normale Preise auf. Lediglich beim gekochten Lamm mit Kartoffeln für 8 Euro gab es eine zweite Variante für 12 Euro, deren Unterschied aber aus der englischen Übersetzung nicht so ganz klar wurde. Aber ein zweistelliger Preis fällt auf einer montenegrinischen Speisekarte halt doch auf... "Zufällig" war das dann das Gericht, das offenbar allen Gästen, egal was sie bestellten, als Empfehlung des Hauses und als besondere lokale Spezialität ans Herz gelegt wurde. Wenn man sich an den Nachbartischen umschaute, so war diese Empfehlung auch durchaus erfolgreich... Ich wollte ja eh sowas essen, allerdings hatte ich die 8 Euro Variante bestellt, ließ mich dann aber doch vom sehr freundlichen Kellner beschnacken. Und Christian konnte auch nicht anders, nachdem die von ihm bestellten Ćevapčići mit "die können sie überall essen" kommentiert wurden :-) Der Unterschied gegenüber der 8 Euro Variante war offenbar nur der drübergetreufelte Käse. Aber was soll's. Wir hatten Urlaub, man saß dort wunderbar und geschmeckt hat es auch. Da finde ich sowas eher amüsant...

Im Koliba gab es Lammfleisch und Aussicht.

Mittlerweile wölkte es am Himmel doch ganz ordentlich rum. Wir ließen uns aber nicht beirren und steuerten den nächsten Programmpunkt an. Die 'Ortskulisse' Stubica sollte es nun auch nochmal mit Sonne sein. Als wir auf den Felsen geklettert waren, bot sich ein Wechselspiel aus Sonne und paar kleineren Schatten. Der Zug wurde aber voll ausgeleuchtet.

Die Ortskulisse Stubica nochmal mit Sonne.

Nun bauten wir uns für die Rückfahrt an einer Stelle zwischen zwei Tunneln auf. Wir hatten noch gar nicht lang dort gesessen, da hörten wir es von oben rollen. Ausgerechnet hier am kleinsten Bildausschnitt kam nun der Güterzug wieder. Doch der Gz entpuppte sich als Lz. Und die passte nun wieder hervorragend!

Die 661 vom Güterzug kehrt Lz zurück.

Mit Getränkestopp fuhren wir für den folgenden Triebwagen zur Wasserleitung, die wir jetzt mal von oben aufnehmen wollten. Doch dort erlitten wir den ersten Wolkenschaden der Tour. Somit konnten wir direkt den Standpunkt für den 17.14-Zug aufsuchen. Für den hatten wir den Blick von den Felsen am Scheiteltunnel angedacht - mit wunderbarem Gebirgspanorama. Zwar war es dort aufgrund der benachbarten Hauptstraße sehr laut, aber man konnte auf den Felsen schön im Schatten sitzen bzw sogar liegen. Die Kräuter dufteten herrlich und es waren verschiedene Vogelstimmen zu hören. Wesentlich trug aber auch zur Entspannung bei, dass sich die Wolken wieder mehr und mehr auflösten. All zu schnell verging die Zeit und wieder mal hielt der 17 Uhr 14 Zug für ein Hauptmotiv her, als er leicht vor Plan um die Kurve kam.

Der Triebwagen hat den Scheiteltunnel kurz vor Nikšić erreicht.

Nun war hier erstmal wieder Sendepause. Als Abendprogramm wollten wir uns jetzt einfach mal um den Damm durch den Skadarsko jezero kümmern. Gemütlich ging es also via Potgorica dorthin. Als wir Podgorica verließen, konnte Christian verkünden, dass wir leichten Vorsprung gegenüber dem Bummelzug nach Bar hätten, dessen Rückkehr wir gestern als Riga-ET gesehen hatten. Da der komplett sauber gewesen war, wollten wir den schon sehr gerne haben. Letztendlich landeten wir am Bahnhof Zeta, der die ideale Kombination aus Wolkenfreiheit, Sonnenstand und Motiv bot. Dabei standen wir auf dem Ausweichgleis. Der Fdl grüßte freundlich, als er auf den Bahnsteig trat. Und dann kam tatsächlich der Riga Zug angefahren.

Die Riga-S-Bahn fährt in den Bf Zeta ein. Dieser Ausweichbahnhof liegt mitten in den Sümpfen am Rande des Skadarsko jezero ohne jegliche Besiedlung weit und breit. Die Landschaft nennt sich Zeta, so wie im Mittelalter ein ganzes Land, das räumlich in etwa dem heutigen Montenegro entsprach.

Wie gesagt, Hauptziel heute Abend war der Seedamm und der Blick vom alten Lesendro Fort aus dem 19. Jahrhundert. Es ist schon rustikal, wie der Wegweiser zum Castro geradewegs ohne BÜ über das Gleis führt und einen dort eine gemähte Spur in die Ruine hineinführt, in der nun gar nichts irgendwie abgesichert ist. Aber gerade das macht ja so viel Spaß. Man muss eben vorsichtig sein. Schade war nun, dass der zuerst erwartete ET nach Nikšić voll in die Wolke reinfuhr. Das ging ja mal gar nicht. Aber das Sitzen am Ende der Burg war schon traumhaft. Von der Straße bekam man da hinten nicht viel mit. Dafür hörte man hunderte von Vogelstimmen, nur selten unterbrochen vom Getucker eines Kahns im Angesicht der untergehenden Sonne. Um Punkt 19.47 verabschiedete sich die Sonne hinter den Bergen im Westen. Schade, wir hatten ein wenig drauf gehofft, dass die zurückkehrende Riga-S-Bahn um 20.10 hier noch mit Sonne gegangen wäre...

Auch ohne Zug: Die Abendstimmung über dem Skadarsko jezero (Skutarisee) war wunderbar!

Um 20.45 trafen wir wieder vor Hotel Evropa ein. Mit Untermalung der lautstark rangierenden 644 gab es die Grillplatte und lecker Bierchen dazu.

Freitag, 04.07.2014

Das heutige Konzept sah vor, dass wir noch einige offene Vormittagsstellen an der Nikšićbahn umsetzen, danach aber 'über Land', also abseits der Bahn, zum Nachmittagsprogramm bei Bar fahren wollten. Christian startete bereits um 6 zur Flussbrücke, um den Frühzug hoch ins Gebirge aufzunehmen. Um 6.40 starteten wir dann gemeinsam, um nochmal die Kreuzung in Spuž (ich liebe diesen Namen...) auf fotografisch solidere Beine zu stellen. Die Beine waren letztendlich so solide, dass wir die Ansicht mit dem EG komplett haben bleiben lassen und statt dessen die Motivvariante mit dem kompletten Felsen gewählt haben. Heute blieb der Ostfahrer aber nach Ausfahrt des Westfahrers so lange stehen, dass man das EG auch hätte umsetzen können. Sei es drum, der Felsen in kompletter Ansicht gefiel uns auch.

Unser zweiter Anlauf in Spuž, diesmal mit komplettem Felsenberg.

Danach ging es an das 'Must Have' in Stubica mit dem kleinen Tunnel. Ausgestattet mit Brot von gestern und dieser leckeren rotgelblichen Salami - beides aus dem Minimarkt bei unserem gestrigen Mittagsrestaurant Koliba - konnten wir dort oben nett in der Abgeschiedenheit warten. Anfangs hatte noch ein Vegetationbekämpfungsteam von ŽICG hinterm Tunnel mit Motorsensen Lärm gemacht, doch dann war offenbar auch bei denen erstmal Frühstück angesagt. So war das Sein wieder mal sehr angenehm. Dieser Kräuterduft...

Wieder mal halten die Felsenberge in Stubica für ein schönes Motiv her.

Den Gegenzug nahmen wir von weiter oberhalb auf der alten Passstraße. Ein Baustofflager am anderen Talhang gab etwas Punktabzug, aber der ET passte sich sehr gut in den Abschnitt ein.

Blick von der alten Passstraße zur Bahn.

Nun stand vor der angedachten Autofahrt noch die Rückkehr des Zuges an. Erst hatten wir am Passtunnel herumgesucht, doch gerade noch rechtzeitig fiel uns ein, dass man noch ein Bild vom Endbahnhof gebrauchen könnte. Doch dort stand der Civity leider total unfotografierbar vorm Überweg. So gab es nur eine Seitenansicht in dem gepflegten Bahnhof.

Blick über den Bahnsteig des Bf Nikšić.

Dann begann die Autofahrt, die uns zunächst über die Berge bis fast zur bosnischen Grenze und dann hinab an die Bucht von Kotor führte. Auf dem ersten Stück konnten wir immer wieder die Trasse und Bahnhofsbauten der einstigen Schmalspurbahn ausmachen, über die Nikšić seine erste Bahnanbindung hatte. Besonders eindrucksvoll war allerdings der Abstieg durch die Felsen an die Meeresbucht. Die Felslandschaft beim Blick zurück war genau so schön, wie voraus der Blick aufs Meer.

Blick in die Felsenberge.

Entlang der Bucht von Kotor entstand nun eine ganze Reihe an Bildern. Alles voll hochlichtig, aber es sind ja nur Touribilder ;-)

Erster Blick auf die Bucht von Kotor.

Dieser kleine Sund ist die einzige Verbindung der Bucht zum Meer.

Die Ortschaft Dražin vrt an der Bucht von Kotor.

Orahovac.

Blick von Dobrota (Außenbezirk von Kotor) auf die draußen liegende "Ventura".

Die Straßen im Gebirge waren wunderbar leer gewesen, doch rund um Kotor und später hinter Tivat auf der Küstenstraße wurde der Verkehr richtig heftig. In Kotor regelten Polizisten an allen Zebrastreifen den Verkehr, sonst wäre dieser wohl zusammengebrochen. Und: Nein, wir haben uns nicht bei der Hitze von den Massen durch Kotor schieben lassen, auch wenn die Stadt wirklich einen tollen Eindruck machte. An der Küste ging es dann weiter mit den Landschaftsfotos.

Bei Prijevor (Budva), der Strand des Jaz Resort.

Blick auf die offene Adria.

Der lahme LKW eines Propangaslieferanten nervte irgendwo im Laufe der Gesamttour immer wieder, weil er grundsätzlich dann vor einem auftauchte, wenn man ewig nicht überholen konnte. Und wenn man an ihm vorbei war, überholte er uns beim nächsten Fotohalt wieder. Der ging uns mal so richtig auf den Senkel. Es wurde noch nerviger. Als ich die Chance ergriffen hatte und in einem eigentlich gut einsehbaren Überholverbot an ihm vorbeizog, griente mir an der folgenden Haltebucht eine rote Kelle entgegen. Na sauber. Vermutlich grinsend zog der Gasheini wieder an uns vorbei. Und ich suchte schon mal meine Papiere zusammen. 80€ sagte der Polizist. Aber viel gravierender: Ich müsse das Geld bei einem Postamt einzahlen und könne mit der Quittung meine Papiere auf der Polizeiwache wieder auslösen. Wo? Er nannte einen Stadtnamen nicht unbedingt in der Nähe. Wann? Ja, weiß man's denn... Irgendwann halt mal. Er war sehr freundlich und ich war es auch. Ich erklärte ihm, dass wir nur auf Rundtour wären und dass das ziemlich einschneidend wäre, in der besagten Stadt auf die Papiere zu warten. Ja, das sah er ein. Früher sei das ja alles einfacher gewesen (*hüstel*...). Heute ginge das aber nicht mehr (noch mehr *hüstel*). Aber wir wären ja Touristen. Und das sei ja alles für uns wirklich einschneidend. - Schließlich einigten wir uns darauf, dass wir uns nie begegnet sind. Cool! Deshalb sag' ich aber auch nicht, in welcher Gemeinde sich das abgespielt hat. Uns gegenseitig fröhlich zuwinkend verabschiedeten wir uns von dem netten Beamten. --- Im nächsten Ort wollte der Gasheini nach einer Belieferung gerade vor mir in den Verkehr einscheren. Wir kamen gerade rechtzeitig, um das zu verhindern :-)

Zwischen Sutomore und Bar verbrachten wir die restliche Zeit bis Hochlicht Ende (zumindest nach unserer Definition bzw fahrplantechnischen Notwendigkeiten) in einem wunderschönen lauschigen Pinienhein direkt am Meer. Unter den Bäumen war es regelrecht 'kühl' (na ja, verhältnismäßig natürlich nur). Ratac hieß die Halbinsel. Die Grillen zirpten dort so laut, dass man von der Küstenstraße nichts mehr mitbekam. Und man saß auf einem Teppich von alten Nadeln. Den 15-Uhr Zug wollten wir uns allerdings mal oben am Tunnel von Šušanj nehmen. Ein Klassiker. Da war jeder schon. Und mir haben die Bilder immer gefallen. Also wir nun auch.

Der Regio von Bar nach Bijelo Polje hat den Haltepunkt Šušanj verlassen und wird die restlichen Häuser des Ortes gleich in einem Tunnel unterfahren.

Der Zug präsentierte sich uns in erfreulicher Sauberkeit. Das war doch mal was nettes. Wir warteten unter den verwunderten Blicken der Anrainer dieses herrlichen Wohngebietes, in dessen Gärten es in allen Farben blühte, einfach nochmal auf 'den' Güterzug. Doch der kam nicht. Rechtzeitig zum nächsten Riga-Express ging es nun zum Bf Sutomore. Irgendwie hatten wir gedacht, man könne dort zu diesem unsäglichen Viadukt rüberfotografieren. Ich finde den mit seinen Werbetafeln ja ziemlich hässlich, aber wenn's alle machen... Wir wurden allerdings von einem freien Ausblick auf den Viadukt "verschont". Statt dessen erblickten wir drüben auf der anderen Seite der Bucht eine Baumlücke am Hang, durch die man die Strecke beobachten konnte.

Der Pendelverkehr ist nun wieder fest in Riga-Hand. Oberhalb der Adria strebt der Zug Bar entgegen - beobachtet vom Bf Sutomore aus.

Doch nun zum Hauptprogramm des Abends. Der Blick von der Festung auf den Damm durch den Skadarsko jezero sollte es jetzt mal ausgiebiger sein. Nicht erst der letzte Zug, sondern der Nachtzug und alle Bummel- und (wichtig!) Güterzüge drumherum sollten es jetzt mal ausgiebig sein. So bezogen wir unseren herrlich ungestörten Fotopunkt am Ende des Lesendro Forts und genossen die für montenegrinische Verhältnisse hohe Zugfrequenz.

Die Riga-S-Bahn kehrt nach Podgorica zurück.

Ein Civity mit Fischermans house...

Der Nachtzug ist zum Wochenende auf beachtliche 13 Wagen verlängert worden und quert den Skutarisee auf einem langen Damm.

Riga-Zug und Zuckerhutberg von Vranjina.

Und noch der abendliche Civity nach Nikšić mit der Festung im Vordergrund und Spiegelung.

Als alle bei Tageslicht verkehrenden Züge durch waren (natürlich ohne Güterzüge), ging es ins Hotel zurück. Die Rezeptionsdame wollte wissen, was wir denn heute alles erlebt hätten. Zum Glück konnten wir die Rundtour beschreiben und mussten nicht erklären "Wir sind dreimal das Zetatal hoch und runtergefahren und das gefiel uns so gut, dass wir das morgen auch wieder machen wollen". Hihi, anhand unserer ständigen Blicke beim Essen auf alles, was sich im Bahnhof bewegte, hatte die Hotelbesatzung eh schon gemerkt, dass wir irgendwie bahnmäßig ne Klatsche hatten... Es tat dann aber mal ganz gut, schon um 20 Uhr statt erst gegen 21 Uhr Essen gehen zu können. Ich nahm heute Popeci, die drei kleineren gefüllten Schnitzelröllchen.

Samstag, 05.07.2014

Gestern Abend hatten wir auf DSO relativ versteckt als Antwort zu einem anderen Beitrag entdeckt, dass der Autovoz ab gestern (in Montenegro also ab heute) wieder fahren soll. Tatsächlich war er im ŽS-System enthalten, offenbar pünktlich an die ŽPCG übergeben. Der Lovćen, also der eigentliche Nachtzug, lag hingegen mit +70 im Rennen. Nachdem es heute Morgen ganz schön dunstig war, sparten wir uns ein noch offenes Motiv an der Nikšićbahn und gingen erstmal gepflegt frühstücken. Heute gab es mal kein Buffet. Doch die Dame an der Theke kümmerte sich sogleich rührend um uns. Danach fuhren wir zur Straßenbrücke am Flughafen raus, wo man für den vermutlich interessanten Zug schön seitlich stehen konnte. Wir mussten auch tatsächlich nicht mehr lange warten. Zur geschätzten Planzeit rollte ein sehr dunkles Etwas heran. Die Kürze gab uns Rätsel auf. Erst beim Näherkommen offenbarte sich die Zugbildung: Eine serbische 461 und vier Autowagen. Kein Personenwagen dabei. Die Insassen der neun Autos dürften wohl mit dem Lovćen nachkommen.

Der Auto voz mal anders: B 1345 führt nur noch Autotransportwagen und keine Personenwagen.

Die Zugfolge war enorm. Es folgten ein Skl und der Nahverkehrszug nach Bar in Form der Riga-S-Bahn. Die nahmen wir noch mit.

Skl im Haltepunkt Aerodrom.

Die Riga-S-Bahn nähert sich dem Hp Aerodrom.

Dann ging es ins Gebirge hoch. Für den Nachtzug wollten wir nochmal die Möglichkeiten checken. Na ja, Schlucht ging schon, aber ohne Frontlicht. Ganz oben, oberhalb ex Hp Potkrs sah es sogar richtig klasse aus, aber das Licht stand schon arg spitz. Nach kurzer Beratschlagung kamen wir überein, dass wir es riskieren wollten, nochmal was neues zu testen, und zwar einen Schotterweg, der von der 'Bahnhofstraße Bratanožići' abzweigt. Dieser führte bahnabgewandt um einen Hügel herum. Am Ende lag ein völlig abgeschiedenes Settlement mitten im Nirgendwo. Und es lebte sogar, man hörte gelegentliche Hammerschläge. Irgendwann wurde man natürlich auf uns aufmerksam. Ein alter Mann kam vom Hof zögernd auf uns zu. Als wir rübergrüßten, traute er sich heran, stellte sich zu uns und erzählte dieses und jenes. Dabei biss er immer mal von einer Kartoffel ab, die er in der Hand hielt. Paar Brocken deutsch konnte er auch, er war mal in Stuttgart. Kommunismus sei nicht so sein Ding. Der Hitler hingegen, der wäre ein guter Mann gewesen. Insgesamt war die Unterhaltung aber mal wieder vom gegenseitigen Nichtverstehen bei allen Beteiligten geprägt. Ach ja, er hätte uns natürlich gern als Gäste in seinem Haus gesehen, einen 'Lütten' hätte er wohl auch da gehabt. Die Ablehnung mit der Geste des Autosteuerns wurde allerdings von ihm akzeptiert. Und die Erklärung, dass gleich ein Zug käme, den wir aufnehmen wollten, wohl auch. Irgendwann verabschiedete er sich per Handschlag und lief zurück auf sein Gehöft.

Der Nachtzug "Lovćen" zieht oberhalb des einsamen Anwesens vorüber.

Nächster Programmpunkt war nochmal Vranjina. Wir wollten gern den Riga Zug auf dem Damm haben. Das wurde zeitlich nun etwas knapp, aber wir kamen derartig gut durch Podgorica durch, dass das alles kein Problem war.

Nochmal der Blick vom Friedhof in Vranjina. Diesmal kommt der Riga-Triebwagen vorüber.

Nun war schon wieder Hochlicht. Auch heute hatten wir nochmal bischen Autofahren angedacht. Wir wollten mal auf einen Berg. Und zwar auf einen, auf den man per Auto bis auf den Gipfel kommt. Jaaa, jaaa, uuunsportlich, ich weiß! Jedenfalls interessierte uns der Lovćen Nationalpark. Und eine Straße führt dort bis auf den 1657 m hohen Jezerski Gipfel. Von Vranjina ging es ein Stück die alte Passstraße hinan, die über die Rumija Bergkette rüber ans Meer führt. Noch weit vor der Passhöhe bogen wir allerdings ab auf eine 'gelbe Straße', die sich als asphaltierter Fahrweg entpuppte. Diese unübersichtliche Piste brachte uns in gemächlichem Tempo durch eine herrliche und abwechslungsreiche Bergwelt immer höher. Erst gab es sogar Wald, später überwogen immer mehr die Felsen. Sogar das eine oder andere Dorf lag in dieser Abgeschiedenheit.

Unterwegs in der Einsamkeit lag der Weiler Tomići.

Irgendwann trafen wir auf die Hauptstraße Budvar - Cetinje. Letztgenanntes Städtchen zu Füßen des Lovćen war dann auch unsere Destination auf der topp ausgebauten Landstraße. Völlig kurios kamen links und rechts der Straße mitten in der Pampa zahlreiche große Auto Gebrauchthändler. Das Gebirge der Autoschieber! Von Cetinje führte nun die Straße steil aufwärts in den Nationalpark. Es war wunderschön dort, besonders nachdem man in kahlere Höhen vorgedrungen war.

Oben im Lovćen-Nationalpark. Blick auf den Štirovnik Gipfel, mit 1748m der höchste des Lovćen. Scheint aber Sperrgebiet zu sein.

Wir steuerten die Jezerski Spitze (1657m) an. Der Gipfel selbst hatte dann etwas von James Bond Festung. Auf einem kreisrunden Parkplatz angekommen (wobei wir wegen Überfüllung weiter unten an der Straße stehen mussten) führte eine breite Treppe in einen steil ansteigenden Tunnel hinein. Durch den wurden nun in kühlem Ambiente die letzten Höhenmeter bis zum Gipfel zurückgelegt. Und dort oben waren gerade ägyptische Wochen. Mutete jedenfalls so an. Da gab es einen Schrein, in dem die Gebeine des edlen Petar II. Petrović Njegoš, einem Dichter aus einer bedeutenden Dynastie des 19.JH, der als einer der Begründer des "modernen" Montenegros gilt, aufgebart waren, bewacht von zwei steinernen Figuren. Schon krass, sowas auf einem hohen Berggipfel! Aber die gesamte Anlage machte einen topp gepflegten Eindruck. Und wir waren erstaunt, dass niemand Geld von uns sehen wollte, weder bei der Einfahrt in den Nationalpark noch als Eintritt auf den Gipfel. Nur für das Mausoleum hätte man löhnen müssen, aber da wir nicht so irre viel Zeit eingeplant hatten, beließen wir es lieber bei Rundumblicken, Fotos und einfach dem Genuss der gegenüber unten merklich frischeren Luft und dem Duft der Kräuter.

Diese Treppe ging es zum Gipfel hoch.

Eine Treppe im Tunnel!

Wenn einen der Tunnel oben ausspuckt, ergibt sich dieser Blick auf das Mausoleum.

Blick vom Jezerski zum Štirovnik Gipfel. Rechts ist so eben die Bucht von Kotor zu sehen, links liegt hingegen die Adria im Dunst.

Der Blick abwärts. Ganz hinten der Skadarsko jezero. Sogar die Zuckerhutberge von Vranjina sind im Dunst auszumachen.

Runterwärts waren wir irgendwie viel schneller. Von den zwei Stunden geplanter Fahrzeit ab Gipfel nach Podgorica benötigten wir nur gut die Hälfte. Mit Teigtaschen bewaffnet bauten wir uns an der Bahn aus dem Gebirge am Schluchtausgang auf. Dort stand die Sonne jetzt perfekt. Doch nichts kam. Als es Zeit wurde für den Bummel ins Gebirge hoch, fuhren wir ein Stück die Schlucht hinein und kraxelten am gegenüberliegenden Hang einen aufgelassenen Steinbruch hoch.

Der Bummelzug ins Gebirge hat wieder die saubere Garnitur und begibt sich nun in die Steigung.

Als wir danach unsere Schuhe von Kletten und Kräutern befreit hatten, bauten wir uns an einem schattigen Parkplatz mit Blick bis Bioče auf, um rechtzeitig vor einem etwaigen Zug wieder zum Schluchtausgang zurückkehren zu können. Doch nichts kam. Jedenfalls nicht in der gewünschten Richtung. Aufwärts tauchte nun aber wieder der leere Fiat Autologistikzug auf. Dem fuhren wir nochmal bis Potkrs voraus, doch so ideal war das da alles nicht unbedingt.

Dann wieder runter, denn wir erwarteten jetzt den Autozug der anderen Art, nämlich den Autovoz, auf seinem Weg ins Gebirge. Den wollten wir am nördlichen Ortsrand von Podgorica vor Erreichen der Schlucht fotografieren und anschließend südlich von Podgorica den einen oder anderen Zug im Bereich eines interessanten, lichten Pinienhains aufnehmen. Doch das war zu viel Konzept für eine kleine Bahn. Vor allem setzte es zu viel Pünktlichkeit voraus. Das ging nun wirklich nicht. Der Autovoz ließ uns sehr lange warten. Fast glaubte ich schon nicht mehr an ihn.

Der Auto voz ist nun sogar noch kürzer, als er sich auf den Rückweg nach Beograd macht.

Nachdem er mit einer Dreiviertelstunde Verspätung und fröhlich mit Horn und Hand grüßender Lokbesatzung vorübergeöttelt war, hatte sich der nächste Programmpunkt gerade so seit ca zehn Minuten erledigt. Uns blieb nichts anderes übrig, als hier auch noch auf den Nachtzug zu warten. Immerhin setzte uns hier der Schatten der nahen Felswand ein zeitliches Limit. So konnte man hoffen, dass wir am Pinienhain wenigstens noch den Civity nach Nikšić kurz vor Sonnenuntergang bekommen würden. Dieses Limit nahm der Zug sogar ernst. Der Vordergrund war schon am zuschatten, als er mit rund viertelstündiger Verspätung aufkreuzte.

Der "Lovćen" hat heute sogar 14 Wagen!

Nun ging es noch wie geplant in den Pinienhain. Das ist eine eigenartige wilde Fläche am unmittelbaren südlichen Ortsrand von Podgorica, die mit hohem Gras bewachsen ist und auf der einzelne Pinien verstreut herumstehen. Garniert wird das je nach Blickrichtung von näheren oder entfernteren Gebirgszügen. Man muss einfach durch das hohe Gras stromern und schauen, wie man sich die reichlich zur Verfügung stehenden Elemente 'Pinien' und 'Gebirge' am besten zusammenrückt. Von größerer Ferne sieht das klasse aus, wenn man mehrere Pinien als Vordergrund für einen längeren Zug nimmt. Doch aus genannten Gründen hatten wir ja nur noch einen kurzen Triebwagen, weshalb wir uns für einen Teleschuss dichter an der Strecke entschieden. Die Sonne wurde allerdings schwächer und schwächer... Tja, und da hatten wir nun unser Motiv zurechtgerückt, und es passierte nichts. Die Schatten wuchsen und gediehen, wir kurbelten im Angesicht des schwindenden Lichtes ununterbrochen unsere Blenden weiter auf, doch der Zug kam nicht. Ob man wohl an der Küste massive Probleme hatte, die Badeurlauber alle in dem kleinen Zug unterzubringen? Die heute Morgen beobachtete Elektritschka hatte jedenfalls Massen an die Strände befördert.

Mangels Zug wird nun mal unserem Mietwagen, einem Dacia Duster, gehuldigt, der zwar in der Ausstattung das simpelste vom simplen war (ab 50km/h konnte man schon in den 6. Gang schalten!), der uns aber hochbeinig und topp gefedert über einige üble Pisten befördert hat - worauf es uns schließlich am meisten ankam.

Bald tauchte die Sonne in die Wolken ein, die an den Bergen klebten. Der Zug kam dann noch. Mit rund einer Dreiviertelstunde Verspätung. Es war kein Civity, sondern ein lokbespannter Vierwagenzug von der übelst beschmierten Sorte. Und er war brechend voll! Offenbar bricht man aber die durchgebundenen Züge Bar - Nikšić, wenn mit starkem Strandverkehr zu rechnen ist. So hat man wenigstens etwas größere Kapazitäten.

Der Zug war brechend voll mit rückkehrenden Strandurlaubern!

Im Hotel beglichen wir schon mal die Rechnung, da wir nicht wussten, wann wir morgen los mussten. Zum Abschlussessen gab es nochmal Karadjordjeva Snicla. Das ist schließlich etwas, was man anderswo nicht so bekommt. Und als Langzeitkunden bekamen wir sogar ein Bier aufs Haus.

Sonntag, 06.07.2014

Auch wenn heute Abreise angesagt war, so hatten wir bis dahin noch ein volles Konzept. Zunächst mal wollten wir uns die Bummelzuggarnitur ins Gebirge anschauen. War der Wagenpark, den wir die letzten Tage auf der Westseite sauber erlebt hatten, auch im Osten sauber? Hätte man mit dem was im Gebirge machen sollen? Vorm Auschecken schauten wir deshalb mal rüber an den Bahnhof. Leider stand schon zwei Gleise weiter der Fiatzug, der heute mal früher dran war und Schatten spendete. Beide Züge fuhren gleichzeitig an. Der Fiatzug seeehr langsam, der Bummelzug hielt indes nochmal schnell an, da noch jemand angerannt kam. So tauchte wenigstens die Lok aus dem Schatten hervor.

Der Morgenbummel nach Bijelo Polje verlässt Podgorica. Die Schatten des benachbarten Autozuges verbergen schön das Geschmier auf den Wagen :-)

Bei der Aktion waren wir argwöhnisch von einem Polizisten beobachtet worden. Das ist auch nur verständlich, da wir direkt neben dem Zug mit den Neuwagen standen. Das sind schließlich Werte, auch wenn es nur Fiats sind ;-b Als er aber merkte, dass wir nur am fotografieren sind, interessierte er sich nicht mehr für uns. Dieses freizügige Rumlaufen in Gleisanlagen wird mir bald wieder fehlen...

Nun luden wir unsere Koffer ins Auto, stellten das nochmal vorm Hotel in Position und machten ein Foto von unserer Bleibe. Ein Fazit vom Reisebericht 2012 war gewesen, dass das Hotel Evropa der größte Lichtblick des Montenegro Aufenthaltes gewesen sei, da wir damals viel Pech mit dem Wetter hatten. Das Hotel hat diesmal kein Stück die Erwartungen enttäuscht. Neben dem guten Essen ist insbesondere die Ruhe hervorzuheben. Man ist da direkt am Bahnhof der Hauptstadt, aber es nerven weder penetranter Verkehrslärm, Motorradgeknatter noch bellende Hunde.

Ein Bild vom Hotel muss natürlich auch noch sein: Hotel Evropa in Podgorica. Unten lag der lauschige Freiluftbereich des Restaurants.

Starten wollten wir mit einem unspektakulären, aber netten Motiv bei Danilovgrad. Dort kam der Zug im Morgenlicht auch sehr hübsch.

Dieses Motiv auf dem Flachlandabschnitt der Nikšić Bahn hatten wir mehrfach vom Auto entdeckt: Der Zug hat gerade Danilovgrad verlassen.

Womit wir nicht gerechnet hatten: Bald hatten wir den Zug schon wieder eingeholt. Und da war doch noch dieses Motiv mit dem EG von Spuž offen. Schnell dorthin gefahren. Und tatsächlich fuhr der Zug nach Nikšić so rechzeitig raus, dass wir den Ostfahrer prima mit EG aufnehmen konnten. Die Staubwolke im Hintergrund hatte sich auch weitestgehend gelegt. Die hatte nämlich - ääh, nun ja - von uns selbst gestammt, da war ein Stück Schotterweg neben der Bahn.

Unerwartet konnten wir Spuž ein drittes Mal umsetzen, nun in der Variante mit dem hübsch zwischen Zypressen eingebetteten EG.

Obwohl das Asig rot war, fuhr der Zug bald an, legte dann vorm Signal aber eine Vollbremsung hin. Als wir abfuhren, stapfte der Tf erstmal zum Fernsprecher. Anscheinend gibt es keinen Funk? Und die Bahnhöfe scheinen ferngesteuert zu sein. Örtliches Personal hatten wir nicht gesehen. Für uns ging es jetzt über eine kleine Straße an Podgorica vorbei in Richtung Moračaschlucht. Für den Autovoz waren wir leider sehr knapp dran. Wir wussten nicht, ob der gerade eben durch war. An einer Tanke besorgten wir uns Kaffee und 7days Croissantes. Dann ging es mal wieder die herrliche Panoramastraße hoch in die Motive bei Klopot. An dem gestern entdeckten Ausblick oberhalb des ex Hp Potkrs stellten wir uns einfach an den Rand und warteten auf das, was da kommen mochte. Zumindest der Nachtzug war ja noch zu erwarten. Und kann es einen schöneren Frühstücksort geben als solch einen Panoramapunkt inmitten der kräuterduftenden Natur?

Nur das mit der Stille klappte nicht so hundertprozentig, weil an diesem Sonntagmorgen auf der kleinen Straße ungewöhnlich viel Verkehr war. Offenbar haben auch Montenegriner ihre Wochenendhütten in den Bergen, an denen sie sonntags herumwerkeln. Und wenn man sich an solch einem stillen Ort aufhält, merkt man erst, wie laut das Fahrgeräusch von Autos ist. Und das hörte man bei jedem einzelnen Auto sehr lange, weil unter uns einige Serpentinen lagen. Wesentlich ruhiger war hingegen die Bahnstrecke. Das war uns nun auch wieder nicht recht. Wir sind aber auch anspruchsvoll. Das Sonnenlicht kam spitzer und spitzer. Eigentlich gab es bald keine Seitenausleuchtung mehr. Aber wir konnten eh nichts anderes mehr tun, als bis zum gesetzten Ultimo um 9.40 zu warten. Gerade wollte ich vorm Abbruch vom Motiv ein 'Trockenbild' machen, da tauchte um punkt 9.40 der Nachtzug hinten am Hang auf. Na ja, dass er keine Seitenausleuchtung mehr hatte, war angesichts des Zustandes der Wagen vielleicht gar nicht so verkehrt...

B 12433 durchfährt den ex Hp Potkrs.

So hatten wir das Motiv jedenfalls erfreulicherweise noch bekommen und konnten entspannt mit Tankstopp zum Flughafen fahren. Die Autoabgabe klappte reibungslos, und bald schon saßen wir im Flieger.

YM 160: Podgorica 11.40 - Frankfurt 13.50

Das war ein richtig schöner Flug! Man konnte unten fast ununterbrochen die Landschaft sehen. Absolut irre war dann eine letzte Streckenaufnahme, die wir aus dem startenden Flieger hinaus machen konnten. Genau während des Starts zog unten der Bummel aus Bijelo Polje vorüber.

Eine letzte Streckenaufnahme ergibt sich aus dem startenden Flugzeug: Der Regio aus Bijelo Polje rollt durch den gestern Abend besuchten Pinienhain, der im Süden auch noch mit Zypressen aufwartet. Im Hintergrund das Aluminiumwerk von Podgorica, das auch Bahnanschluss hat.

Der weitere Startverlauf folgte genau der Nikšićer Bahnstrecke bzw dem Zetatal. Im Gegensatz zum Fluss bekamen wir die Bahn aber nie zu sehen, da wir sie wirklich genau unter uns hatten. Hinter Nikšić erkannten wir die Straße, auf der wir vorgestern weiter in die Berge gefahren waren. Deutlich war außerdem die alte, parallele Schmalspurbahntrasse auszumachen.

Ein letztes Mal geht es das Zetatal entlang.

Die Seen oberhalb Nikšić. Neben der Hauptstraße ist auch die Trasse der alten Schmalspurbahn auszumachen.

Die Bordverpflegung lässt bei Montenegro Airlines auch keine Wünsche offen.

Danach ging es über viel wilde, einsame Landschaft. Jetzt verbargen auch oft Wolken den Blick auf die Erde. Erst als wir unter uns eine Grenze zwischen Bergland und Ebene passierten und da eine größere Stadt lag, war der Blick wieder freier. All zu viele Orte dieser Größe gibt es in dieser Gegend ja nicht. Sarajevo, Zenica und Doboj waren es definitiv nicht. Mein Tipp fiel auf Banja Luka, was wir anhand der Bahnanlagen und der Straßenbrücken darüber anhand OSM auch bestätigt fanden. Stück weiter folgten Sisak und Zagreb.

Blick auf die Save und Zagreb.

Weiter ging es über Zabok, Maribor und über die Alpen rüber übers Salzburger Land mit seinen Seen. Die Landebahnen im Erdinger Moos sah man in der Ferne liegen, dann rüber zur Donau.

Alpengipfel.

Der Attersee kommt in Sicht.

Ingolstadt, Gunzenhausen, Ansbach waren erkennbar, nach einem Schläfchen gab es noch Hanau, bevor wir im Tiefflug auf der Straßen- und Bahnseite der Flughafen Terminalgebäude hinabsanken. Stück weiter begann auch hier eine Landebahn. Nach einer großen Flughafenbesichtigung mit unserer Fokker 100 und einem Bus kam zügig das Gepäck. Mit der Skyline ging es rüber nach T1, und genau richtig zum Hamburger ICE waren wir am Fernbahnhof, wo die Verabschiedung stattfand.

ICE 576: FFF 14.42+5 - Hannover 17.17

ICE 586: Hannover 17.36+6 - Hamburg Harburg 18.50+10

Mit einer sehr angenehmen Zugfahrt ging die Reise zuende.

Fazit

"Irgendwann muss man sich dem Land nochmal widmen, aber vielleicht erst, wenn sich das Fahrplanangebot auf der Bergstrecke etwas gemausert hat und/oder wenn die Graffitisituation besser geworden ist." Dies ist ein Satz aus meinem Reisefazit der 2012er Tour. Weder das Angebot auf der Bergstrecke hat sich gemausert, noch ist die Graffitisituation besser geworden. Also eigentlich "schön blöd", dass man jetzt die Tour gemacht hat - noch dazu, wo nur 1/3 des Fernverkehrs überhaupt fuhr???

Nein, wir sind beide froh, dass wir die Tour gemacht haben. Neben dem hohen Entspannungs- und Urlaubswert sind uns auch einige Aufnahmen gelungen, die wir nicht missen möchten. Sehr positiv hat sich natürlich die Nikšićer Piste auf unsere fotografischen Ergebnisse ausgewirkt. Landschaftlich sehr attraktiv war die Piste zudem Garant für Züge ohne Graffiti. Und die dort eingesetzten spanischen CAF Civity Triebwagen waren Neubaufahrzeuge, mit denen wir uns optisch gut anfreunden konnten - trotz der schwarzen Front. Vielleicht war es sogar gut, diese Züge so ausführlich umgesetzt zu haben - wer weiß, wie die in paar Jahren aussehen (ich will's aber nicht beschreien...).

Montenegro selbst habe ich durchaus zu schätzen gelernt. Nahezu unbemerkt blieb die Wortkargheit der Leute, die ich auf der 2012er Tour punktuell festgestellt hatte. Im Gegenteil: Man kam immer wieder nett ins Gespräch. Insofern werde ich dort sicher gern nochmal hinfahren. "Aber vielleicht erst, wenn sich das Fahrplanangebot auf der Bergstrecke etwas gemausert hat und/oder wenn die Graffitisituation besser geworden ist." Ja, da war es wieder, das Fazit aus 2012. Das wäre schon schön, wenn man einfach mal mit dem Zug nach Lutovo, mitten in der Steilwand gelegen, fahren könnte und während des Aufenthaltes dort auch paar Züge in der richtigen Richtung zu fotografieren bekäme. Und man kann sich schon die Frage stellen, ob man wirklich an den längsten Tagen nach Montenegro muss, wenn man mit den Nachtzügen zumindest im Gebirgsabschnitt eh nicht so recht was anfangen kann. Na ja, aber das kann man dann ja noch überlegen...

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