Zwischen Amselfeld, Adria und Bosnatal
Balkan Juni 2010 - Teil 1

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Prolog

Im vergangenen Jahr hatte Michael Frick ja eine Fahrt im NOHAB-Sonderzug von Deutschland bis in den Kosovo organisiert. Die Fahrt war ein einzigartiges Erlebnis gewesen. Der Aufenthalt im Kosovo war jedoch extrem kurz gewesen und krankte zudem am Wetter, das nicht viele brauchbare Fotos von den interessanten Rundnasen mit ihren Zügen zuließ. Unter den fotobegeisterten Teilnehmern der Fahrt wuchs der Wunsch, mal eine speziell auf Fotografen ausgerichtete Tour in den Kosovo zu unternehmen. Damit das Programm nicht wieder am Wetter scheiterte, sollte die Aufenthaltszeit im Kosovo ein wenig großzügiger bemessen sein.

Bald gab Michael Frick bekannt, dass er solch eine Tour organisieren würde, da er eh unten sei, um eine Lok neu zu lackieren (die vierte und letzte!). Vom 29.5. bis 5.6.2010 sollte dann eine Tour mit kleinem Teilnehmerkreis in den Kosovo stattfinden. Ein spezieller Fotozug sollte nur am Sonntag auf der Weststrecke zum Einsatz kommen, da man dort per Auto nicht an die landschaftlich schönsten Motive rankommt. Ansonsten sollte auf Planzüge - Güter und Personen - Jagd gemacht werden.

Zusammen mit Nico hatte ich einen Germanwings-Flug Samstag ab Hamburg nach Pristinë gebucht. Schade war nur, dass der Flug einige Zeit später gestrichen wurde. Und jetzt machten wir einen blöden Fehler. Germanwings bot alternativ einen Flug ab Stuttgart an. Also haben wir diesen gebucht. Erst zu spät sahen wir, dass man zwar nicht mehr mit Germanwings, wohl aber noch mit Air Berlin wunderbar am Samstag von Hamburg nach Pristinë gekommen wäre. So ein Mist! So musste ich halt am Freitag schon zu Nico nach Frankfurt runterfahren, denn die Anreise nach Stuttgart am Samstag wäre eine arg knappe Sache geworden.

Nico wollte nur die eine Woche Kosovo mitmachen, ich hingegen hatte anschließend noch eine Woche Bosnien mit Oliver Heckmann geplant. Nachdem ich nun Griechenland und Kroatien gut kennengelernt habe, bin ich neugierig auf das, was noch so dazwischen kommt. Für den 5.6. hatte ich einen Flug mit Croatian von Pristinë nach Zagreb gebucht. Gern hätte ich die Verbindung auf dem Boden genutzt, aber da ich direkt in den Kosovo einfliegen wollte, konnte ich nicht über Serbien nach Bosnien gelangen. Beim Grenzübertritt Kosovo - Serbien gibt es ja keinen serbischen Einreisestempel. Somit wäre man illegal in Serbien und hätte spätestens bei der Ausreise massive Schwierigkeiten bekommen. Alternative wäre der Landweg über Mazedonien oder per Bus über Montenegro gewesen, aber auf diese Weise hätte man zwei Tage in den Sand gesetzt.

Am Mittwoch und Donnerstag vor der Tour dann erste Blicke in den Wetterbericht für die Zielregion. Der blanke Horror schlug einem entgegen. Von Sonntag bis Dienstag und später auch Mittwoch war nur Regen und keinerlei Sonne angesagt! Das konnte ja heiter werden. Ich spielte schon mit dem Gedanken, vielleicht gar nicht loszufahren. Da aber alles schon gebucht und bezahlt war, entschieden wir uns nach einem frustrierten Telefonat am Donnerstag Abend doch für das Losfahren. Am Freitagmorgen sah der Wetterbericht immerhin schon eine Nuance besser aus: Wetter-online blendete an einigen Tagen immerhin schon mal wieder eine kleine Sonne neben der großen schwarzen Wolke ein und wetter24.de wollte sogar immerhin etwas von einem sonnigen Montag wissen.

Und damit beginnt diese Geschichte.

Schon mal ein Bild. Aber alles der Reihe nach...

Freitag, 28.05.2010: Hamburg - Schwalbach

Glücklicherweise kam ich rechtzeitig von der Arbeit los, um noch kurz zuhause zu essen und mich frisch zu machen. Dazu hatte ich dann auch keine Minute zu viel... Dachte ich jedenfalls. Der ICE nach Frankfurt war allerdings mit +15 angekündigt. Das war aber noch gar nichts. Ein ICE aus Berlin sollte gar +170 haben (der Mann am Lautsprecher musste erstmal nachrechnen; eine simple Nennung der erwarteten Ist-Ankunftszeit wäre wohl für alle Beteiligten schlauer gewesen...). Unser ICE war jedenfalls durch eine improvisierte Kurzwende in Altona aus dem Zug, der dort 16.08 aus München angekommen war, verspätet. Und da waren 15 Minuten wirklich gute Arbeit, zumal der Zug durchaus einen gereinigten Eindruck machte.

ICE 671 Hamburg Hbf 16.24+17 > Frankfurt am Main Hbf 20.00+8

Trotz starkem Freitagsverkehr bekam ich noch einen guten Platz und konnte schon mal den Prolog des Reiseberichtes schreiben - jedenfalls, wenn ich kein Nickerchen gemacht habe. Zwar musste immer wieder jemand am Handy den ganzen Wagen mit irgendwelchen Banalitäten beglücken, aber das war zum Glück jeweils nur temporär. Die Leute merken es einfach nicht, wie laut sie in ihre Telefone brüllen.

S3 Frankfurt am Main Tiefbf 20.14 > Niederhöchstadt 20.30+6

Der Anschluss hatte ja noch wunderbar geklappt. In Kassel hatte ich noch nicht hundertprozentig damit gerechnet, aber wir kamen dann gut durch. In der S-Bahn saß ich gleich hinterm Fahrer. Da gab es für mich dann tatsächlich mal ein Novum auf deutschen Gleisen: Wir befuhren den Bahnübergang einer innerstädtischen Hauptstraße vor der Station Eschborn ohne jegliche technische Sicherung. Vor der Einfahrt hatte es natürlich einen Befehl gegeben. Aber da der BÜ über keinerlei HET verfügte, mussten wir also nach kurzem Stopp und Achtungspfiff so rüberfahren. Ein Fußgänger ließ sich nur durch gestikulierendes Winken des Tf bewegen, die Warnkreuze zu beachten und auf die Durchfahrt des Zuges zu warten.

In Niederhöchstadt holte mich Nico mit seinem BMW ab, den ich noch gar nicht kannte. Null auf Achtzig in gefühlten drei Sekunden, schick! Wir brachten das Gepäck in die Schwalbacher Wohnung, dann ging es noch zum Italiener nach Bad Soden. Wir waren nach Bad Soden ausgewichen, weil in Schwalbach gerade Stadtfest und die Stadt sicherlich voll war. In Bad Soden war aber auch gerade Stadtfest. Nur mit Glück gab es einen Parkplatz.

Zurück zuhause schauten wir noch paar Fotos, schauten nochmal hoffnungsvoll in den Wetterbericht und gingen dann auch bald schlafen.

Samstag, 29.05.2010: Schwalbach - Fushë Kosovë

Wenigstens mussten wir nicht vorm Aufstehen aufbrechen.

S4 Niederhöchstadt 8.14 > Frankfurt am Main Tiefbf 8.31

ICE 373 Frankfurt am Main Hbf 8.50 > Mannheim Hbf 9.28

Erstmal lecker gefrühstückt. Als der Kaffee auf war, mussten wir auch schon wieder aussteigen.

ICE 513 Mannheim Hbf 9.32 > Stuttgart Hbf 10.08

Auch diese Fahrt verging mit Lesen von Nicos Kosovo-Reiseführer wie im Fluge. Bei der Stuttgarter S-Bahn wurde gerade gebaut; die Rampe in den Tiefbahnhof war gesperrt. Offenbar befuhren nur die Flughafen-Linien den Innenstadttunnel und wendeten am Hbf. Wir hatten einen schön leeren Langzug.

S2 Stuttgart Tiefbf 10.15 > Stuttgart Flughafen / Messe 10.52

In der großen schönen Halle des Terminal 3 wies ein verschämter kleiner Wegweiser den Pfad zu unserem Terminal 4. Man merkte gleich: Das war das Randgruppenterminal. Über einen langen Gang und eine Treppe abwärts landeten wir in einer Halle mit Lagerhallen-Atmosphäre. Es wurde schnell deutlich, dass hier planmäßig nur die Kosovo-Flüge abgefertigt werden. Wir wickelten ohne große Störungen das Einchecken und die Kontrollen ab. Dann begaben wir uns aber aus unserem "verbotenen Keller" über eine Treppe, auf der uns lärmende Malle-Touristen entgegen kamen, hoch in die Zivilisation der anderen Terminals, wo es dann auch Gastronomie gab. Dort konnten wir auch noch gut die überschüssige Zeit überbrücken. Allerdings mussten wir damit rechnen, dass Aufrufe aus dem Randgruppenterminal hier nicht zwangsläufig aufliefen...

4U 2948 Stuttgart 12.40 > Pristinë 14.45

Der Flug war sehr angenehm. Am Flughafen trafen wir Klaus ("Nohab-Pappi") und Jürgen. Klaus, der extra Fenster gebucht hatte, musste sich seinen Platz hinter uns ein wenig erkämpfen. Durch vereinzelte Wolkenlücken konnten wir nach unten schauen, doch zwischen den Bahnhöfen von Plochingen und Bablac konnten wir nichts lokalisieren. Der Anflug auf Pristinë war sehr interessant. Rechts kam die Küste bereits in Sicht, da bogen wir ostwärts ab und flogen über schneebedeckte Berge auf Skopje zu. Als die Hauptstadt Mazedoniens in Sicht kam, drehten wir nordwärts ab und flogen im Sinkflug durch fette Wolken parallel zur Bahnlinie Skopje - Fushë Kosovë. Erst überm Amselfeld konnten wir unten paar Bahnstationen erkennen, an denen wir vor einem Jahr Fotohalte eingelegt hatten: Bablac, Fushlot, Lipjan mit dem Supermarkt am Bahnhof. Doch zur Landung waren wir noch viel zu hoch, und wir hatten ja auch noch gar nicht das ganze Land gesehen. So ging es mit Top-Ausblick auf den Knotenpunkt Fushë Kosovë und Pristinë weiter nordwärts. Vor Mitrovice drehten wir erst um und flogen mit Ausblick auf den Bahnhof Bardh direkt auf die Landebahn zu.

Der Grenzer (der sicher kein Kosovare war) schaute sich den Pass genau an. Wir fielen halt doch etwas in der Menge der vorrangig kosovarischen Fluggäste auf. Ich musste etwas länger auf meinen Koffer warten, aber irgendwann wurde alles gut. Auch der Flughafen von Pristinë hatte diese Tür, durch die man tritt und plötzlich die Meute erwartungsvoller Abholer vor sich hat. Der Unterschied zu anderen Flughäfen war jedoch, dass diese Meute im Freien warten musste, denn man trat vom Zoll geradewegs ins Freie. Deutsch wurde hier auch gesprochen, als Klaus über jemanden murrte, weil der in den Weg lief, wurde er in fließendem Deutsch als "Wichser" betituliert. Willkommen im Kosovo!

Michael Frick erwartete uns dann auch irgendwo und verfrachtete uns in ein Taxi. Der alte Peugeot war etwas hinüber. Der Motorsound war allerdings einer NOHAB-Tour angemessen... Auf der Einfallstraße kamen wir an einem Reisebus mit zerplatzten Reifen vorbei. Ganz genau wusste der Taxifahrer auch nicht, wo unser Hotel lag. Aber irgendwann fand er es doch. Er wollte 30 Euro für die Fahrt haben, damit hätte er für die nächsten zwei Tage ausgesorgt gehabt... Michael versuchte ihn etwas runterzuhandeln und irgendwann klopfte man sich auf die Schultern und der Fahrer zog mit nicht ganz so vielen Scheinen wie verlangt von dannen.

Auch die Zimmerverteilung war kosovarisch-chaotisch. Der erste Schlüssel war für ein bereits besetztes Zimmer, doch das merkte Michael rechtzeitig. Der zweite Schlüssel passte, und wir hatten sogar zwei getrennte Betten. Wir brachten kurz die Sachen aufs Zimmer, dann wartete unten schon eine Taxe zum Bahnhof. Dieses Taxi hatte sogar einen Taxameter, und mit drei Euro lag der Preis schon eher im Bereich des erträglichen. Das Wetter war ziemlich bewölkt, paar blaue Flächen gab es allerdings am Himmel.

Am Bahnhof trafen wir bereits die meisten anderen Gruppenteilnehmer. Auch Nil und Pascal waren schon da; sie waren 18 Stunden aus der Schweiz durchgefahren. Nach einer halben Stunde gab es für uns zu tun. Der Lokalzug TL 761 kam von Pristinë nach Pejë durch. Zuglok war die 007 vor drei Schlierenwagen. Und wir hatten ein Riesenglück: Der Zug kam sogar bei vollem Sonnenschein eingefahren. Nur zur Ausfahrt ging das Licht aus. Aber das war ja trotzdem schonmal ein netter Anfang.

Wider Erwarten ging gleich die erste Zugfahrt mit Sonne: Einfahrt aus Pristinë in den Bahnhof Fushë Kosovë, vorbei am historischen Empfangsgebäude.

Danach war allerdings erstmal nichts zu tun. Wir bildeten eine große Klönrunde mitten auf dem Bahnsteig - sehr zur Belustigung der einheimischen Bevölkerung. Irgendwann verpflanzten wir uns in das Stationscafé, wo es einen leckeren Kaffee und ein Glas Wasser gab.

Klönrunde auf dem Bahnsteig.

Spielerei mit Schwedenwagen.

Zusammen mit Nil und Pascal fuhren Nico und ich nun in deren Wagen dem nächsten Zug, dem IC aus Skopje, entgegen. Um nicht den Umweg der Hauptstraße durch die Innenstadt mitmachen zu müssen, hatte Michael uns eine Nebenstraße durch eine Serbensiedlung am Rand von Fushë Kosovë empfohlen. Die Straße war in schrecklichem Zustand und die Häuser links und rechts zeugten von extremer Armut. Überall wurden wir neugierig beäugt. Aber die Straße erfüllte ihren Zweck, und wir gelangten bald auf die Hauptstraße von Pristinë nach Skopje. Auf dieser überholte Nil gerade ein anderes Auto, als ein Polizeiposten am Straßenrand kam. Er winkte uns allerdings nicht raus, sondern zeigte nur durch eine Handbewegung, dass Langsamkeit geboten sei.

In Lipjan bogen wir wieder ab in den Ort hinein. Wir schauten als erstes, ob am Bahnhof etwas ginge, doch dort wuchsen schon die Schatten. Die Sonne hatte jetzt die ganze Zeit verstärkt geschienen, doch nun näherte sie sich einer Schmodderschicht. Es war ein Wettlauf, wer schneller zog: Die Sonne oder die abziehende Schicht. Wir schauten mal weiter zum Hp Fushlot mit dem zerfallenen Empfangsgebäude und probierten auch noch, in Richtung Bablak weiterzukommen. Doch letztendlich entschieden wir uns für den Hp. Die Sonne war leider vorübergehend in den Schmodder eingetaucht, doch während uns noch ein deutsch sprechender Spaziergänger nach dem Woher und Wohin (und vor allem Warum) gefragt hatte, zeigte sich die Sonne wieder mit zunehmender Intensität. Diesmal war es gut gewesen, dass der Zug 17 Minuten Verspätung hatte. Wir konnten ihn bei tollem Abendlicht aufnehmen. Zuglok des IC 892 war sogar die von Michael frisch lackierte 005. Wahnsinn! Mit dieser Ausbeute hatten wir angesichts des Wetters nie und nimmer rechnen können!

Der IC aus Skopje beschleunigt aus dem Hp Fushlot.

Wir fuhren daraufhin wieder nach Pristinë hinein. Dort hätten wir den Zug auch noch im Stadtbereich machen können, doch waren derartig viele Neubauten emporgezogen worden, dass die ganzen Häuser der Bahn zu dieser fortgeschrittenen Stunde das Licht nahmen. Somit beließen wir es dabei und fuhren zum Restaurant Garden, das uns ja noch vom letzten Jahr bekannt war, und wo man in einer Art Pavillon schön draußen sitzen konnte. Es gab viel zu erzählen und die Gruppe erwies sich als sehr netter "Haufen". Und nach dem Tag schmeckte die gemischte Grillplatte wunderbar! Zur Rückfahrt in die Hotels verteilten wir uns auf mehrere Autos, denn es waren nicht nur die Schweizer mit PKW angereist.

Abendessen im Restaurant Garden in offenen Pavillons.

Sonntag, 30.05.2010: Fushë Kosovë - Klinë - Fushë Kosovë

Das Hotel Igmas machte einen wirklich guten Eindruck. Das Zimmer war sauber, die Betten ok. Ich schlief ganz gut. Es mochte etwa drei Uhr gewesen sein, als ich durch ein extrem heftiges Reifenquietschen hinten an der Hauptstraße aufgewacht bin. Es folgte allerdings nicht - wie so häufig - das Geräusch eines Aufpralls oder Zusammenstoßes. Nein, es war paar Sekunden still, dann hallte plötzlich Maschinengewehrfeuer durch die Nacht. Au weia! Ich schaute erstmal, ob ich weit genug vom Fenster entfernt lag, was ich zum Glück bejahen konnte. Eine kleine nächtliche Polizeiaktion? Danach blieb alles ruhig.

Wir mussten heute um 5.30 aufstehen, denn um 6 war Frühstück angesagt und um 6.50 sollte ein Bus zum Bahnhof fahren, von wo aus heute der Sonderzug für uns starten sollte. Das Frühstücksbuffet war klein aber fein. Es gefiel mir, weil schon paar einheimische Leckereien dabei waren, z.B. Schafskäse und eingelegte Pepperoni. Was mich nach ersten Frühstücksgesprächen beruhigte: Ich war nicht der einzige, der die Schießerei gehört hatte.

Der Kleinbus machte einen ganz bequemen Eindruck und brachte uns schnell zum Bahnhof. Dort tat sich zunächst noch nichts, doch bald standen die Zugankünfte aus Hani i Elezit und Pejë an. Nachdem morgens etwas Sonnenschein geherrscht hatte, beherrschten jetzt große bis geschlossene Wolkenfelder das Bild am Himmel. Der Y1 als TLL 4100 kam mit etwas Licht, der TL 760 aus Pejë mit fast gar keiner Sonne.

Der Y1 von Hani fährt ein.

Danach tauchten allerdings wieder größere blaue Lücken am Himmel auf. Die Zuglok unseres Sonderzuges hatte sich mittlerweile auf Gleis 3 aufgebaut und ließ sich vom Rangiertrecker unseren Zug zustellen. Natürlich stand das Geraffel wieder mal im Schatten der Bahnsteigdächer. Tolle Wurst! Immerhin konnte Michael die Eisenbahner überzeugen, mal kurz ins Freie vorzuziehen, doch in dieser Zeit glänzte die Sonne natürlich durch Abwesenheit. Es hatte sich überhaupt wieder völlig zugezogen. Zur Abfahrt wurde der Zug dann wieder unters Dach gedrückt und wir mussten einsteigen.

Die Fahrt nach Klinë verlief nun gänzlich unter geschlossener Wolkendecke. Entsprechend unmotiviert war ich dann auch bei den Fotohalten, von denen es reichlich gab. Paar österreichische Fotografen, die nicht zu unserer Gruppe gehörten und die laut Michael auch nichts zum Sonderzug beigetragen hatten, wurden mit aus dem Fenster gehaltenen Beuteln und Warnwesten beglückt. Wenn Sonne geschienen hätte, hätte es uns allerdings auch nicht viel gebracht, denn der Sonderzug würde ja nunmal leider vormittags nach Westen und nachmittags nach Osten fahren. Angesichts des wahrscheinlich auch an diesem Tage von Osten nach Westen verlaufenden Weges der Sonne hätten wir höchstens in wenigen Streckenwindungen Licht auf der Front haben können.

Unser Sonderzug am Felsen "Alte Frau". Oben drauf weht die albanische Flagge.

Gegen 12 gelangten wir nach Klinë. Nach Lokumlauf war erstmal Mittagspause. Im Laden gegenüber des Bahnhofs gab es mal wieder diese rote Wurst, die wir ja letztes Jahr in Hani auch gekau(f)t hatten. Zwei große Würste, zwei Flaschen Getränke, Chips und ein Laib Brot kosteten zusammen 2,40 Euro. Die einheimische RC-Cola schmeckte ganz gut; da gibt es in Deutschland schlimmere Gebräue. Während wir so am kauen waren, zeigte sich draußen sogar mal wieder die Sonne. Aber das Licht kam vollkommen aus der falschen Richtung. Auch eine Scheineinfahrt mit den Güterwagen aus Richtung Prizren kam total aus dem Licht raus. Ich sparte mir das.

Die "Puppenstube", die wir schon letztes Jahr in Klinë fotografiert hatten, erwies sich als Café.

Leider waren die Personenwagen zur Rückfahrt nicht um die Güterwagen umgesetzt worden und damit nunmehr hinten. Das gefiel mir persönlich gar nicht, da es mir ja gerade auf die Schwedenwagen angekommen wäre. Die beiden Personenwagen in unserem Sonderzug waren nämlich anscheinend die letzten beiden in original schwedischer Lackierung. Und wegen diesen Wagen war ich unter anderem gerade hierher gekommen. Für mich war das ärgerlich, denn dass diese Wagen in den Folgetagen noch in Planzügen laufen würden, war eher unwahrscheinlich.

Aber bei den nun folgenden Fotohalten gab sich dann doch die Sonne zunehmend die Ehre. Und man kann ja zum Hochlicht sagen, was man will, aber die Rundnase bekommt bei solch hohem Sonnenstand auch gut Licht auf die Front, wenn die Sonne nicht von vorn kommt. So ging also bischen was im einsamen Tal zwischen Klinë und Drenas. Danach streckte ich mich allerdings im Schwedenwagen lang aus und habe gut eine Weile geschlafen. Das war auch sehr angenehm. Dass es bei weiteren Fotohalten dabei immer wieder vor und zurück ging, störte mich nicht.

Im einsamen Tal zwischen Klinë und Drenas.

Unser Zug erregte ungemein Aufmerksamkeit. Es war einfach unglaublich, wie viele Menschen selbst mitten in der Natur am Rumwieseln waren. Einmal kamen zwei Hirten auf zwei Rinder. Jeder führte seines am Band. Ob die beiden Hirten offiziell zu den 60% Arbeitslosen im Land gehören? Ich nehme es stark an. Sobald unser Zug hielt und wir Aufstellung nahmen, kamen die Leute aus allen Richtungen (woher auch immer) und schauten, was wir da so machen. Wenn man diese Mentalität so sieht und mit den "Nordstaaten" von Titos ehemaliger Republik vergleicht, in denen ich die Offenheit der Menschen mal als "mitteleuropäisch" bezeichnen würde, kann man schon nachvollziehen, dass solche eklatanten Mentalitätsunterschiede (vom Glauben will ich gar nicht sprechen) schwierig in einem einzigen Land zusammengehalten werden können.

Im großen und ganzen ging es unter den Fahrtteilnehmern sehr gesittet zu. War wirklich eine nette Gruppe.

In Bardh hatten wir langen Aufenthalt. So langsam erwachten bei mir die Lebensgeister wieder. Uns gelang sogar ein Sonnenbild vom ausfahrenden Gegenzug TL 761. Danach setzte unser Zug zur Ausfahrt nach Gleis 1 um.

Lange Reihen abgestellter Güterwagen in Bardh.

Unser Sonderzug setzt im Bf Bardh um.

Unsere Fahrt endete nicht in Fushë Kosovë, sondern wir fuhren bis Obiliq weiter. Dort hatten wir nach dem Umsetzen wenigstens die Schwedenwagen nochmal hinter der Lok. Das Licht schwächelte zwar etwas, aber bischen konnte man machen.

In Obiliq / Kastriot noch vor dem Umlaufen.

Nach Aufnahmen im Bahnhof ging es ein Stück auf Strecke und wir probierten mehrere Möglichkeiten aus, um den Zug vor der Kulisse des Kraftwerks aufzunehmen. Einmal zwischendurch, als ich leider ungünstig stand, und gegen Ende der Session kam dazu die Sonne nochmal kräftiger raus. Das war ein schöner Tagesabschluss. Der Werkschutz des Kraftwerks schaute auch noch vorbei, traute sich aber angesichts unserer Übermacht nicht recht was zu sagen.

Am Kraftwerk von Obiliq.

Rot blüht der Mohn...

Zurück in Fushë Kosovë gab es noch schnell Bilder von einer 661 im Dänenlack, bevor wir in unseren Kleinbus verfrachtet wurden, um wieder nordwärts zum Essen zu fahren (das fand noch nördlich von Obiliq statt). Die Straßen waren sehr übel, und zu allem Überfluss hatte man auch noch jede Menge von Hemmschwellen der übelsten Sorte, bei denen unser Bus jedes Mal aufsetzte, eingebaut. Diese konnten wir nur im Schritttempo nehmen. Die Fahrt zog sich sehr hin. Wir mussten das ganze Kraftwerksgelände umfahren.

Eine 661 in Dänen-Farbgebung im Bf Fushë Kosovë.

Das Gartenlokal in Novo Selo war dann aber eine volle Entschädigung. Man saß wunderbar im Freien an einer langen Tafel. Der Chef bediente uns persönlich und hielt nebenbei seine Heerschaar von Kellnern auf Trab. Bier (das einheimische Peja) wurde immer gleich wieder nachgeliefert, da brauchte man gar nichts zu sagen. Aus Pejë sollen übrigens nicht nur das gute Bier, sondern auch die schönsten Frauen aus dem Kosovo kommen. Das eine wie das andere wird der Wirkung des wunderbar reinen Wassers zugeschrieben, das Pejë direkt aus den Bergen erhält. Unser Essen bestand aus ofenwarmen Brot mit einer Art Tzatziki-Schafskäse-Mischung, einem großen Salatteller, sehr feinem Rindersteak mit Karotten, Kartoffeln und Pfeffersoße und als Dessert einem Eis. Der Grappa am Ende ging aufs Haus. Die Rechnung wurde, wie gestern auch schon, einfach wieder durch alle geteilt, wobei diverse kosovarische Eisenbahner eingeladen waren. Trotzdem entfielen auf den Einzelnen nur 15 Euro insgesamt.

Im Gartenlokal "Most" (oder "Stari Most"?).

Die Rückfahrt in der Dunkelheit war ganz schön mühsam. An einer Stelle verfuhren wir uns und landeten in irgendwelchen Hinterhöfen. Übel sind auf diesen unbeleuchteten Straßen ja auch immer die ganzen Fußgänger. Aber irgendwann hatten wir es dann doch geschafft. Gegen 22.15 trafen wir im Hotel Igmas ein. Die Dusche rief...

Montag, 31.05.2010: Fushë Kosovë - Obiliq - Fushë Kosovë

Die Nacht war kurz, aber ich habe tief in einem Rutsch durchgeschlafen. Das aufmerksame Hotelpersonal hatte, weil es gestern beim Frühstück etwas Platzprobleme gegeben hatte, die Tische zu zwei großen Tafeln umgruppiert und damit der Kapazität erheblich auf die Sprünge geholfen. Das Frühstück war wieder lecker. Um sieben waren wir vorm Hotel, aber der Bus leider noch nicht. Das war insofern ärgerlich, dass sich am Himmel ganz schön viele Aufrisse zeigten und man natürlich die Züge des Früh-Knotens haben wollte. Wir liefen mal zur Hauptstraße vor. Zum Glück tauchte der Bus bald auf. Unter Nichtbeachtung der U-Turn-Verbote gelangten wir just zur Ankunftsminute des Y1 aus Hani zum Bahnhof. Nico und ich hetzten schnell zum südlichen Bahnsteigende, wo wir den VT als TLL 4100 gerade noch erreichten. Der nachfolgende TL 760 von Pejë klappte dann wunderbar in gutem Licht.

Der IC nach Skopje fährt aus.

Zur Ausfahrt des IC 891 nach Skopje kletterte ich nun auch mal auf den Lichtmast, den schon einige von uns gestern beklettert hatten. Leider war der mazedonische Wagen beschmiert. Aber auch dieser Zug klappte mit Sonne. Nun war etwas Zeit, bis der Pejë-Zug wieder zurückfahren sollte. Wir kletterten mal auf den "berühmten" Rohbau an der Nordausfahrt, den man sonst bei Bildern vom Bahnsteig oft im Hintergrund hat. Der Balanceakt zum Treppenhaus war nicht ganz einfach. In einer Mulde vor dem ersten Treppenhaus schlief ein ganzes Rudel junger Hunde. Sehr appetitlich.

Von oben ergab sich für uns allerdings ein schöner Ausblick. Man bekam auch diese rot blühenden Mohnhügel in den Hintergrund. Erstmal tat sich jedoch noch nichts. Ein Wolkenfeld verdunkelte bald die ganze Gegend wieder. Doch plötzlich war es nicht mehr da und eine sonnige Gegend lag wieder vor uns. Bald trat der Weichenwärter vor seine Bude und hielt Ausschau nach dem Zug, der in der Ferne schon am tröten war. Das Licht hielt noch. Und dann kam der Zug um die Ecke. Und das Licht hielt immer noch. Das war schon klasse, auch wenn das Licht beim Mohn im Hintergrund nicht an war. TL 4201 ging gut, der Y1 auf dem Weg ins Wagen-Bw ging auch mit voller Sonne, und der kleine "Gartenstuhl", eine laute, aber schwache Neubaurangierlok, kam auch noch bei Sonne durchgefahren.

Ein Y1 als Personalpendel ins Wagen-Bw.

Der Gartenstuhl rangiert im Bahnhof. Im Hintergrund leuchtet der Mohn von den Hängen.

Nächster Programmpunkt war eine Fahrt nach Obiliq / Kastriot, wo ein Besuch im Bw der Werkbahn angesagt war. Wir hatten halt auch Dampf-Freaks dabei... Die Szenerie im Bw und Umgebung war Kosovo-live. Besonders ein Haus mit Wäscheleine vor der Kulisse der Kohlekraftwerkschlote hatte es uns angetan.

Ohne Worte.

Im Bw der Kohlenbahn.

Anschließend stellten wir uns zur Südeinfahrt Kastriot, um auf den Dampfzug aus dem Werk zu warten. Dort hatten insbesondere die holländischen Kollegen viel Spaß mit einigen Rindern. Eine Schafsherde kam auch noch durch. Nur der Zug kam nicht. Aber das hatte Nil ja letztes Jahr auch schon erlebt, dass der Dampfzug einen halben Tag später aus dem Werk kommt. Langsam gingen dann die Diskussionen los, was man nun machen sollte. Aber wir hatten gut im Gras sitzen und schon mal den Bericht des Tages anfangen können. Leider herrschte mittlerweile geschlossene Bewölkung vor.

Wie kann man sich die Wartezeit besser vertreiben als mit Lesen der Drehscheibe? Gruß in die Niederlande!

Kaum waren wir wieder in unseren Bus gestiegen, da hörten wir aus Richtung Werk einen Pfiff. Und noch einen Pfiff. Wir stiegen sofort alle wieder aus. Aber es tat sich natürlich nichts. Gerade überlegten wir wieder in den Bus zu steigen, da summte plötzlich ein Elektromotor im Gras, durch das das Gleis führte. Bei näherem Hinsehen konnte man eine Gleissperre erkennen, die soeben ferngestellt abgelegt worden war. Wir stellten uns wieder hin. Lange geschah nun wieder nichts. Gelegentlich war allerdings aus dem Werk ein wunderbarer Dampflokpfiff zu hören. Und irgendwann war es soweit: Der BÜ an der Einfahrt ging an und das Ls-Signal hinter uns auf Fahrt. Das war's aber erstmal schon wieder. Die Autos fingen natürlich jetzt an, um die Schranken rumzufahren. Schon komisch, in Deutschland steht das EBA massiv an den Schranken, um die Schließzeiten zu stoppen, und hier bleibt die Schranke einfach mal 10 Min geschlossen und erzieht zum Drumrumfahren. Na ja, letztendlich tauchte die kleine Dampflok dann aber doch noch mit ihren 21 beladenen Kohlewagen auf. Und zwar gar nicht mal langsam! Dabei muss der Zug schon die eine oder andere Tonne gewogen haben.

Der Dampfer kommt aus dem Werk.

Wir konnten anschließend auch noch paar Aufnahmen im Bahnhof machen, danach ging es nach Fushë Kosovë zurück.

Die Dampflok setzt im Bahnhof um.

Kaum zu glauben, wieviele Leute auf dem Führerstand sind...

Der Bahnübergang der Straße Obiliq - Fushë Kosovë über die Strecke nach Pristinë war wie so viele Bahnübergänge im Kosovo ohne Warnkreuz. In einer Richtung gab es immerhin ein BÜ-Ankündigungsschild, in der anderen Richtung war kein einziges Verkehrszeichen vor den Schienen. Während wir in Obiliq waren, hatte man offenbar eine weitere Kraftwerkseinheit eingeheizt. Neben der bisherigen grauen zog nun auch noch eine dicke schwarze Qualmwolke in einem Halbkreis gen Himmel und senkte sich ausgerechnet über Pristinë wieder dem Erdboden zu. Hoffentlich hatten heute nicht all zu viele Haushalte Waschtag...

Nil, Pascal, Nico, Clemens und ich gingen im Aviano 2 unweit des Bahnhofs ne Pizza essen. Danach stand die Lokparade im Bw an. Auf dem Weg dorthin ging es hinter einem deutschen KFOR-Auto her und irgendwie kamen wir auf denselben Gedanken: Eigentlich ist das momentan eine recht angenehme Mission hier. Einen schönen Urlaub haben wir denen aber jetzt nicht gewünscht... Wir waren sogar die ersten im Bw und bekamen noch eine private Führung von einem Lokführer. Die G1700 weilte auch gerade in der Halle.

Die G1700 unter der Dunstabzugshaube.

Anschließend gab es die Lokparade. Leider kam keine Sonne raus, aber einige Einstellungen ließen sich mit gewisser Helligkeit und dunklen Wolken im Hintergrund aufnehmen. Dann begann es sogar zu regnen.

Eigentlich war der Blick auf die Lokparade von Süden vorgesehen. Da aber im Süden eine schwarze Wolkenwand hing, während es im Norden relativ hell war, fand ich es beleuchtungstechnisch von Norden schöner. Lok 006 ist leider nicht mehr fahrfähig. Immerhin hat man für das Foto das Dach wieder zugemacht...

Wir entschieden, dass man nun nochmal auf den Nachmittagszug zur "Alten Frau", dem Felsen zwischen Bardh und Dritan, fahren könnte. Dort fanden wir sogar eine Verpflegungsmöglichkeit vor. Zwei junge Männer betrieben dort in einem Unterstand eine Art Café mit Energieversorgung aus einer 12V-Batterie. Überall hingen UÇK-Abzeichen und wehten albanische Flaggen. Die beiden wirkten äußerlich auch so, wie man sich den durchschnittlichen albanischen Partisanen vorstellt...

Ein Dampflok-Denkmal am Eingang zu den Kohlegruben bei Bardh. Für den Wachdienst schien es eine Gaudi zu sein, uns aufs Werksgelände zu geleiten.

Der UÇK-Imbiss.

Mit Nils Auto schauten wir nun noch ein Stück das Tal hoch. Der Personenzug fuhr leider im Schatten vorbei, obwohl sich erste Risse am Himmel zeigten. Da zwei Güterzüge in Drenas oben sein mussten, schauten wir nochmal weiter aufwärts und setzten uns kurz vor Drenas einfach mal ins Gras. Wenn die Sonne mal rauskam, erzeugte sie tolle Stimmungen in der Landschaft vor dem schwarzen Himmel. Die Strecke führt durch einen Tunnel nach Drenas, während die Straße hier über einen Bergrücken klettert. Und von der anderen Seite des Bergrückens hallten ständig Trööts und Motorsounds von den 661ern im Werksgelände von Ferronickel, dem größten Güterkunden der Bahn, durch die Bergwelt. Man sah aber nichts. Als die sonnigen Intervalle erstmal wieder verschwanden, setzten wir uns ins Auto und schauten mal über den Hügel.

Und da lag uns plötzlich dieser riesige Werkskomplex zu Füßen. Schmodderspeiende Schlote wuchsen gen Himmel und rund herum befanden sich Halden und ein riesiger Zaun. Ein Teil des Talkessels lag regelrecht in einer Art Nebel oder Dunst, durch den schemenhaft zwei 661er in der Ferne zu erkennen waren. Das Werktor des Anschlussgleises wurde vom Pförtner bedient. Bald rannte er hoch zum Tor und öffnete es. Bei einfahrenden Zügen musste er sich sogar auf einen Podest stellen, um von oben in die Wagen schauen zu können. Nicht, dass ungebetene Besucher einreisen...

Das Ferronickel-Werk in Drenas.

Ein sonniges Intervall war leider hier gerade unterbrochen, als der Zug langsam aus dem Werk kam. Die Sonne kam aber wieder hinter uns. Wir gaben einfach mal Handzeichen, dass er etwas langsamer fahren möge. Das tat er tatsächlich! Wie wir dann sahen, war das der Lokführer unseres Sonderzuges gestern, der sich freute, schon wieder fotografiert zu werden. Ganz langsam näherte er sich einem BÜ, zu dem wir noch vorliefen und wo dann tatsächlich die Sonne wieder gut präsent war. Bei der Hetzerei machten wir nur leider eine Rinder- und Ziegenherde am Straßenrand närrisch, was der Hirte nicht ganz so toll fand. Aber das hatten wir im Eifer des Gefechts nicht gesehen. Am Bahnhof konnten wir nun noch ein Bild von der Einfahrt aus dem Werk machen.

Eine dänische, äääh, kosovarische 661 zwischen Werk und Bahnhof. Der nette Lokführer freute sich über uns, der Hirte weniger.

Wie wir noch so dastanden, kam auch noch die zweite Lok mit einem kurzen Zug aus dem Werk hinterher. Eine Frage beim ersten Tf ergab, dass er gleich nach Bardh aufbrechen werde. Wir schnell über den Berg und an die Stelle von vorhin gefahren. Leider ging der Zug dort ohne Sonne. Nun wollten wir kurz schauen, was die andere Lok in Drenas macht, doch sie kam uns kurz hinterm Werk mit dem zweiten Teil des Kohlezuges, den wir heute Mittag hinter der Dampflok in Obiliq fotografiert hatten, entgegen. Somit erklärten wir den Tag für beendet und Nil fuhr uns zügig heimwärts Richtung Amselfeld. Hinter Bardh holten wir den Bus der Reisegruppe ein und gemeinsam beobachteten wir nochmal den Güterzug auf dem Anschlussgleis zum Flughafen und in die Mine Golesch.

Gemeinsam gingen wir nun im Aviano 2 zum Essen. Der Mixed Grill Teller spielte durchaus in der oberen Liga der bisher auf dem Balkan verspeisten Grillteller mit. Ich probierte dazu mal ein Glas kosovarischen Rotwein. Der war allerdings ganz schön dry. Als es langsam kühl wurde, liefen Nico und ich zu Fuß an der Hauptstraße entlang zum Hotel zurück. Da es keine Straßenlampen gab (mitten in der Stadt!), war das etwas abenteuerlich...

Fortsetzung

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