Bahnfoto-Fahrradtour durch Angeln

Copyright by Jan-Geert Lukner

Die auf dieser Tour entstandenen Fotos gibt es hier.

Die Angelnbahn wollte ich mir schon immer mal vorknöpfen. Davon abgehalten hat mich immer die 628.2/4-Monotonie. Zumindest auf dem Südabschnitt Kiel - Eckernförde verkehren seit Planwechsel jedoch neuerdings lokbespannte Wagenzüge. Hinzu kommt ein bescheidener Güterverkehr, nach dessen Verkehrszeiten ich meine Radtour aufgebaut hatte. Ebenfalls den Aufbau der Tour beeinflusst haben die Sperrzeiten bei Regionalbahn S-H für die kostenlose Fahrradbeförderung sowie die Tatsache, daß man die Levensauer Hochbrücke nur morgens gut fotografieren kann.

RE 35030 Hamburg Hbf 05.18 > Kiel 06.35

Morgenstund' hat ja bekanntlich Gold im Mund. Und der Sonnenaufgang hinter leichten Bodennebelfeldern nördlich von Elmshorn war eine erste Entschädigung für die Strapaze des frühen Aufstehens. Wir kamen pünktlich in Kiel an, so daß ich alle Chancen hatte, an der Kanalbrücke den lokbespannten Zwischenzug ca 07.25 Uhr zu erwischen. Das klappte auch gut, obwohl die Ampeln an der Eckernförder Straße in so ungünstigen Abständen standen, daß sie wegen grüner Welle für die Autos immer unmittelbar vor mir wieder auf rot gingen.

Bereits um 07.00 Uhr stand ich auf der Levensauer Hochbrücke 42 m über der Wasseroberfläche des Nord-Ostsee-Kanals. Wie ich so dastand und die Aussicht genoß, kam plötzlich der RE Flensburg - Kiel - Hamburg durch, der auch lokbespannt ist und sogar den längsten Zug der Strecke darstellt. Zu einem Foto hatte ich leider keine Chance mehr; ich hatte den Zug nicht auf der Rechnung, da ich mir die Fahrzeit vom Hbf zur Brücke viel länger vorgestellt hatte. Für RE 35307 aus Eckernförde habe ich dann auf dem Brückenkopf Stellung bezogen. Von hier ließ sich der Rundbogen der kombinierten Schiene-/Straßebrücke schon sehr gut erkennen. RE 35307 bestand aus 218 mit einem ex-DR-Wagen (AB) und einem Silberling-Steuerwagen.

Nun auf einem Wanderweg zum Brückenkopf der parallelen Schnellstraßenbrücke gegangen, unter dem eine Aussichts-/Arbeitsplattform einen günstigen Standpunkt bot. Dort CB 54870 geknipst. Glück gehabt, daß das Teil überhaupt verkehrte. Die Lok 2 der Häfen Kiel (MaK, womit soll Häfen Kiel auch sonst fahren?) hatte nur einen Panzer zur Ausbesserung in Friedrichsort am Haken. Vom Schnellstraßen-Nordbrückenkopf gab's dann noch einen 628, dann über die alte Brücke zum Schnellstraßen-Südbrückenkopf gegangen und von dort RE 35506 "gemacht". Er bestand aus einem DB-Halbpackwagen (BDm), einem ex-DR-Schnellzugwagen (ABom) und je einer 218 vorn und hinten ("Sandwich"). Leider verschluckte der an sich wunderschöne Rundbogen einen Teil der Garnitur. Von dieser Position wäre eindeutig der lange Früh-RE Flensburg - Hamburg nötig, da bei der langen Garnitur nur die Zugmitte verdeckt worden wäre. Dennoch war die Levensauer Hochbrücke ein eindrucksvolles Motiv für den Anfang. Die Sonne stand zum Glück hoch genug, daß der Schatten der Schnellstraßenbrücke nicht auf die alte Bahnbrücke fiel.

Mein Drahtesel trug mich nun weiter zum Bahnhof Neuwittenbek. Leider stand vor dem Empfangsgebäude mal wieder DER weiße Lieferwagen, den ich immer so gern im Bild habe. Hier die Rückkehr der Häfen-Lok (ohne Wagen), paar 628er und das Sandwich als RE 35509 fotografiert. Ein anderer Bahnfotograf tauchte auch noch auf, so dass das Warten durch einen Klönschnack verkürzt werden konnte.

Nach genannten Aufnahmen so parallel wie möglich zur Bahn nordwärts gefahren. Leider war zumindest im Bereich der von mir angesteuerten BÜs die Strecke recht zugewachsen, so daß ich auf 628-Fotos verzichtet habe und Sandwich RE 35509 nur per Ersatzmotiv abfertigen konnte. Da ich die Mittag-CB Flensburg - Kappeln fotografieren wollte, musste ich langsam an einen Zug nach Sörup denken.

RE 35374 Gettorf 10.57 > Sörup 11.38

Durch den VT 628.4 kam sogar eine Minibar durch. Becher Kaffee kostete 2,50 DM. Na ja, hart an der Grenze. Die Züge auf dieser Strecke machen einen gut bis stark besetzten Eindruck. Es sind offensichtlich sehr viele Urlauber unterwegs. Und ich war nicht der Einzige, der das kostenlose Fahrrad-Angebot nutzte. Nördlich von Gettorf machte die Strecke einen fotogeneren Eindruck. Sie war nicht mehr so zugewachsen; es waren weite Überblicke über die stark hügelige Landschaft möglich. Besonders nett fand ich dann den Abschnitt nördlich Süderbrarup und insbesondere den Bereich von Mohrkirch (Hp aufgelassen).

Eigentlich hatte ich ja die CB im Bahnhof Sörup mit Formsignalen und EG aufnehmen wollen. Doch ein Zug auf dem Durchfahrgleis war praktisch nicht umsetzbar, da gleich daneben ein hoher Zaun stand. Die VTs fahren alle über das Ausweichgleis (Hausbahnsteig), so daß ich die Flügelsignale vor dem hübschen Empfangsgebäude wenigstens mit VT aufnehmen konnte. Zur CB dann nach Mohrkirch gedüst, wo ich die V60 mit ihren sieben Schiebewandwagen gerade noch mit Häusern des Ortes "geschafft" habe. Ein netteres Motiv mit Bauernhof entdeckte ich erst danach. Na ja, die 628er sind ja auch hübsch. Einen in rot und einen in grün/weiß abgewartet, dann auf einsamen Feldwegen nach Wagersrott an der Angelner Kleinbahn geradelt.

Zwischen Wagersrott und Scheggerott fand ich einen Standpunkt, der hinter dem Zug einen Weitblick über die korngoldene Angelner Hügellandschaft ermöglichte. Fehlte nur noch der Zug... Der kam nach ca 30 Min des in-der-Sonne-dösens. Diesmal hatte die V60 drei Wagen am Haken.

Diese Durchfahrt hatte mir so gut gefallen, daß ich beschloß, der Bahn eine Weile den Rücken zu kehren und per Rad die Feldwege der Umgebung zu erkunden. Und ich muß sagen, nachdem ich in den letzten Jahren fast ausschließlich in Mecklenburg Rad gefahren bin, war es eine Wohltat, daß hier jeder noch so kleine Feldweg und alle Ortsdurchfahrten asphaltiert waren... Die Landschaft Angelns kann durchaus mit Mecklenburg mithalten (na ja, fast...). Der tiefblaue Himmel über goldenen Kornfeldern, die Hügelkuppen mit schönen Ausblicken und die netten Dörfer: So herrliche Landschaftsaufnahmen wie in der ZDF-Landarzt-Serie kommen nicht von irgendwoher. So radelte ich also zwischen Deekelsen-Stadt (Kappeln) und Deekelsen-Bahnhof (Süderbrarup) auf die Schlei zu. Zwischen Ekemis und Ketelsby war es soweit. Von einer Hügelkuppe aus lag das blaue Band der Schlei mit seinen weißen Segeln vor mir. Abschüssig ging es nach Lindaunis weiter, wo die Fahrt ein jähes Ende an der Bahnschranke hatte. Ein VT 628 nahm die ganze Breite der Schleibrücke ein. Da das Licht absolut ungünstig stand, verzichtete ich auf ein Foto; einige Touris sahen das anders und hielten feste drauf.

Leider wurde mir nun bewußt, daß ich den ab Rieseby angestrebten RE nicht erreichen würde. Ich hatte nun nämlich südlich Eckernförde noch paar Sandwich-Bilder machen wollen. So mußte ich versuchen, ohne Zuhilfenahme des Zuges rechtzeitig zum Sandwich 16.25 Uhr ab Gettorf an der Strecke südlich Eckernförde zu sein. So kam eine ätzende Hetzerei zustande. Vorbei ging es am dicht belagerten Stadtstrand von Eckernförde. Muß Spaß machen, sich in der sengenden Hitze an einem baumlosen Strand direkt neben der B76 grillen zu lassen... Ich kam bei dem dichten Verkehr kaum über die Straße rüber, um den Zug zu knipsen. Das eigentlich vorgesehene Motiv hatte ich nicht mehr rechtzeitig erreicht.

Für die Rückfahrt des Sandwich war ich dann allerdings an der Pferdeweide der Familie von und zu Altenhof (wohnhaft im nahegelegenen Schloß) zur Stelle. Ein einsames Blinklicht sichert hier einen Feldweg. Sandige Bodenwellen, hohe Pappeln und die in dieser Gegend obligatorischen Waldränder hinter Kornfeldern dienten als Kulisse für RE 35517 und einen 628. Auf dieser Nebenbahn brettern die Züge mit 120 km/h durch die Gegend. Da alle BÜs (wie der des besagten Feldweges) technisch gesichert sind, gibt es für diese Nebenbahn eine Ausnahmegenehmigung.

Auf Nebenstraßen durch einen Wechsel von Feldern und Wäldern gelangte ich dann nach Neudorf-Bornstein. Dort ein Motiv mit Tümpel bei einem Gehöft erkundet. Dadurch fühlte sich der örtliche Hund auf den Plan gerufen und kam in weiten Sätzen (ohne Schwanzwedeln) auf mich zu. Zum Glück habe ich eine sehr schwere Kamera, die man zur Not auch mal gegen Hundeschnauzen einsetzen kann (Reparaturrechnung zahlt ggf. natürlich der Hundebesitzer; ich befand mich schließlich auf öffentlichem Grund). Mein offensives Gebrüll reichte allerdings zum Glück, den Hund erstmal stutzen und Frauchen auf der Bildfläche erscheinen zu lassen. Obligatorische Frage: "Was machen Sie denn hier?" Doofe Frage, Züge fotografieren natürlich. Sieht man doch. (Hab ich so deutlich nicht gesagt...). Erstaunt war ich dann allerdings über ihre Reaktion: "Wieso, die kommen doch immer nur um die volle Stunde rum hier vorbei". Natürlich habe ich ihr von der Angebotserweiterung erzählt, worauf sie sich daran erinnerte, daß da ja tatsächlich neuerdings manchmal "so alte Züge mit zwei Loks und zwei Wagen" vorüberkommen. Diesen "alten Zug" nahm ich dann doch nicht bei ihrem Hof, sondern ein Stück weiter in Richtung Gettorf auf.

In Gettorf war ich dann fix und fertig, habe den örtlichen Supermarkt um paar Getränke ärmer gemacht und mich auf den Sitzplatz im Zug gefreut. Leider hatte ich die Kamera schon ziemlich tief unten verstaut, so daß ich den im besten Licht einfahrenden und mit meinem VT kreuzenden "Emma"-Triebwagen nicht fotografieren konnte. Was solls...

RE 35387 Gettorf 18.58 > Kiel Hbf 19.13

Der VT war brechend voll (an einem normalen MI-Abend!). Irgendwie freute es mich, daß die Bahn hier so stark frequentiert wird. Mit dem Lokführer eine Weile geklönt.

RE 35059 Kiel Hbf 19.25 > Hamburg Hbf 20.37

Die Folgen der Tour spürte ich noch Tage später in den Oberschenkeln... Allerdings war die Tour dank des Bombenwetters ein voller Erfolg. Und ich habe mir mal wieder selbst bewiesen, daß eine Fototour mit ÖPNV (und Fahrrad) eben doch möglich ist und viel mehr Spaß als eine Autotour macht.

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