Bahn-Reiseinfos Norwegen

Da die Blockstelle Lust auf Norwegen machen soll, kommen hier für alle, die Blut geleckt haben, einige allgemeine Reiseinformationen. Es handelt sich um eigene Erfahrungen aus 19 Norwegen-Touren in den elf Jahren 1990-2002. Für weitergehende Infos gibt es Reiseführer... Stand Frühjahr 2003.
Wer nicht alles lesen möchte, kann auch springen:

WARUM IN DEN KALTEN NORDEN?

Natürlich nicht zum faulenzen. Wen es in den Norden zieht, der möchte etwas erleben, ob es nun die unberührte Natur mit ihren starken Kontrasten zwischen Hochgebirge und Meer, die Einsamkeit, das nordische Licht oder einfach die körperliche Herausforderung einer Trekkingtour ist. Oder doch der Strandurlaub? An der Südküste mit ihren märchenhaften Schärengärten locken wunderschöne Strände. Schöne Strände locken ebenfalls auf den Lofoten: Herrliche Sandstrände zwischen schroffen Felsen; allein das Wetter schreckt hier meist dann doch vom Bad ab, auch wenn die Wassertemperatur im Sommer dank des Golfstroms noch erträglich sein kann. Es ist eben die Vielfalt, die Norwegen so reizvoll macht.

DIE WAHL DES VERKEHRSMITTELS

Da kommt es ganz auf die Prioritäten an, die man auf einer Norwegen-Reise setzt. Zum zügigen Abklappern der im Reiseführer aufgeführten Sehenswürdigkeiten ist die Flexibilität eines Autos natürlich nicht zu überbieten. Selbiges gilt auch, wenn man nicht ständig dem Reiseführer, sondern dem eigenen Entdeckerdrang folgt. So manch nettes Dorf oder einsam gelegener See kann auf Abstechern von der Hauptstraße entdeckt werden. Allerdings sollte man sich der Wahnsinns- Entfernungen bewusst sein, die in Norwegen mit langsamen 80 km/h auf Landstraßen bewältigt werden müssen. Die Strafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen sind drastisch (schon ab 5 km/h Überschreitung) und können sogar in "Sicherheitsverwahrung" ausarten. Als Verkehrsmittel zu Wanderungen ist der PKW insofern weniger geeignet, da man sicherlich in den wenigsten Fällen zum Ausgangspunkt der Tour (Parkplatz) zurück kehren möchte.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann man in Norwegen sehr weit gelangen. Durch die Kombination von Bahn und Bus lässt sich beinahe jedes Ziel erreichen. Dies um so mehr, da der Faktor "Zeit" bei einem Norwegen-Urlaub sowieso in den Hintergrund tritt. Angesichts der guten Abstimmung von Tages- auf Nachtzüge, von Bahn- auf Busfahrpläne oder auch einzelner Buslinien untereinander spielt es dann auch gar keine Rolle mehr, dass einzelne Buslinien nur ein- oder zweimal am Tag verkehren. Ausgehend von einer Übernachtung im Nachtzug kann man davon ausgehen, dass am nächsten Tag Anschlüsse an weiterführende Züge und Busse in kleinste Ecken des Landes bestehen. Lediglich das Aussteigen an besonders netten Stellen mit dem Hintergedanken, den nächsten Bus zur Weiterfahrt zu nutzen, sollte man doch lieber vermeiden... Dafür kann man sich die vorbeiziehende Landschaft nun wieder viel genauer aus dem Fenster von Bus und Bahn anschauen. Außerhalb der Saison kann es allerdings auch zu Einstellungen von touristisch wertvollen Linien kommen. Dies gilt natürlich auch für Schiffslinien und Fähren, die in Norwegen das Busnetz in nicht unerheblichem Umfang ergänzen.

Durchaus interessant können Touren per Fahrrad in Norwegen sein. Nicht ganz einfach ist es allerdings, brauchbare Routen zu finden. Denn von einem durchgehenden Nebenstraßen- und Fahrwegenetz ist meist nicht die Rede. Es gibt da halt die stark befahrenen Bundesstraßen "Riksveien" und Europastraßen, von denen Nebenstraßen abzweigen, die aber oft im Nirwana enden. So schön dieses Nirwana meist auch ist (diese Abstecher führen oftmals erst in das wirklich schöne Norwegen!), vorwärts bringt es den Radfahrer nicht. Manchmal gibt es parallel zu heutigen Straßen noch "alte Straßen", die sich mangels Autoverkehr gut zum radeln eignen. Einige Straßentunnel sind für Radfahrer verboten, da die Luft nicht so ganz gesund ist. Dass Norwegen über wenig ebenerdige Fahrradstrecken verfügt, braucht wohl nicht betont zu werden. Den Marktwert des Fahrradtourismus hat Norwegen mittlerweile auch erkannt. Empfohlene Routen wachsen aus dem Boden; eine interessante Tour ist z.B. die von Finse in 1222m Höhe an der Bergenbahn über den "Rallarveien" (alter Bahnarbeiter-Weg aus der Zeit des Streckenbaus) hinab nach Flåm am Aurlandsfjord.

UNTERWEGS MIT DER BAHN

Norwegen ist der Beleg dafür, dass die in Deutschland gern verbreitete These "Nur eine Staatsbahn kann funktionieren" hinfällig ist. Die norwegische NSB BA soll grundsätzlich in staatlicher Hand verbleiben, ist allerdings in mehrere Sparten aufgeteilt worden. In naher Zukunft werden wahrscheinlich auch Drittanbieter auf norwegens Schienen unterwegs sein dürfen.

In den vergangenen Jahren hatte die NSB große Probleme mit neu in Betrieb genommenen Fahrzeugen. Der Starzug "Signatur", eigentlich als Neigezug geplant, fährt nach anfänglichem Einsatz der Neigetechnik auch heute noch stocksteif durch die Kurven. Ursächlich sind einerseits einige durch die Neigetechnik verursachte Störungen / Unfälle, andererseits die norwegischen Medien, die monatelang von unzumutbaren Zuständen in den Neigezügen sprachen: Menschen sollten sich demnach vor Übelkeit auf dem Boden gewälzt haben usw...

Um den "Signatur" ist es nun wieder ruhiger geworden. Um so stärker hagelt es Proteste gegen die Triebwagen Bm93 (zweiteilige Neige-Talente). Mit diesen kleinen, engbestuhlten Triebwagen möchte die NSB den gesamten Tagesverkehr auf der Nordlandsbahn abwickeln. Der legendäre "Nordlandsbanens Dagtog", der lokbespannte Tageszug der Nordlandsbahn, ist seit 15. Dezember 2002 Geschichte. Immerhin sollen die Sitzabstände in den Talenten etwas erweitert worden sein. Doch aufgrund des Triebwageneinsatzes ist die Sitzplatzkapazität deutlich gesunken. So sind die Züge im Sommer häufig ausgebucht.

Ein weiteres Problem der NSB war in den vergangenen Jahren immer wieder Personalmangel. Insbesondere zur Urlaubszeit in den Sommermonaten mussten viele Züge (insbesondere im Lokalverkehr) ausfallen, weil keine Lokführer zur Verfügung standen. Als Ersatz fungiert in solchen Fällen die riesige NSB-Busflotte, mit der dann meist ein sehr professioneller Busnotverkehr eingerichtet wird. Aufgrund des Personalmangels waren die Zweigstrecken Nelaug - Arendal und Trondheim - Storlien eine zeitlang ohne Personenverkehr.

Trotz all dieser Probleme kann das Bahnreisen in Norwegen noch immer wärmstens empfohlen werden. Auch die neuen Züge bieten einem Komfort, der ganz oben in den europäischen Ranglisten mit rangiert. Und die Ausblicke, auf die man sich aus dem Zug heraus viel besser konzentrieren kann, lassen in Norwegen an keiner Bahnstrecke zu wünschen übrig. Gerade im Sommer kann man in den Zügen Gleichgesinnte kennen lernen. Die Fernzüge verfügen grundsätzlich über einen Cafevogn, in dem es auch warme Gerichte frisch aus der Mikrowelle gibt. Zur Überbrückung längerer Distanzen eignen sich bestens die Nachtzüge, die es in Norwegen auf jeder Hauptstrecke gibt. Auch nach Streichung verschiedener Nacht-Kurswagenverbindungen, mittels derer sogar die Zweigstrecken ihre Schlafwagen-Verbindung erhielten, ergeben sich mit Nachtzügen noch günstige Reisemöglichkeiten.

FAHRPLÄNE

Sie sind in Deutschland als Print-Version leider nur aufwendig über die Kursbuch-Versandstellen zu erhalten. Wie gut, dass es das Internet gibt. Denn sämtliche Fahrplantabellen Norwegens und Schwedens sind im WWW abrufbar; die Adressen stehen im Verzeichnis der empfohlenen Websites. Schwieriger wird es dann schon mit den Bussen. Gerade die kleineren Regionalgesellschaften (ein einheitliches Bussystem a la "Postbus" o.ä. gibt es nicht) haben noch keine Online-Präsenz. Bahnbusse verkehren nur als Zu-/Abbringer für Züge oder als "Nahverkehr" parallel zu Bahnstrecken, auf denen nicht an allen Stationen gehalten wird.

Als Print-Version gibt es eine Art Gesamtkursbuch, das allerdings nicht von der Bahn selbst herausgegeben wird. Das "Rutebok for Norge" ist eher als eine Art Verzeichnis aller Bewegungen öffentlicher Verkehrsmittel zu Lande, Luft und Wasser zu verstehen. Zusätzlich sind weitere wissenswerte Dinge enthalten, wie z.B. Unterkünfte u.v.m. Entsprechend umfangreich und teuer (um die 35 Euro) ist der Wälzer dann auch. Und die kleinsten Buslinien sind oftmals nur mit der Telefonnummer des Betreibers und dem Hinweis "Nicht gemeldet" vertreten.

Praktischer sind die vielen kleinen Faltblätter, die man natürlich immer nur vor Ort erhält. Sie sind i.d.R. kostenlos und passen in jede Jackentasche. Auch die NSB hält ein ganzes Sammelsurium an Faltfahrplänen vor, das man sich nach Ankunft in den größeren Bahnhöfen ruhig erstmal besorgen sollte (große Ständer meist neben den Schaltern). Auch Busfahrpläne liegen dort oftmals aus.

Bei aller Vorausplanung von Fahrten gilt eins: Den aus Deutschland bekannten 5-Min-Übergang sollte man sich bei seiner Planung schenken. Ausnahme sind Übergänge auf direkte Zu-/Abbringer, die dann auch entsprechend lange warten (z.B. Nelaug, Dombås). Aber in OsloS sollte man auf der Fahrt von Hamburg nach Bodø lieber etwas mehr Zeit einplanen.

FAHRKARTEN, ZUSCHLÄGE, RESERVIERUNGEN

Wer eine Skandinavien-Rundreise plant, hat die Auswahl zwischen mehreren Netzkarten. Besonders empfehlenswert ist neben den bekannten Angeboten Interrail und EuroDomino das Scanrail-Ticket, das auch für Jugendliche die preisgünstigste Alternative darstellen dürfte, weil es im Gegensatz zur skandinavischen Interrail-Zone auch in Dänemark gilt. Es macht sich bezahlt, wenn man nicht jeden Tag fahren will, da man sich die Tage innerhalb eines großzügigen Zeitraums frei aussuchen kann. Preise bis 25 Jahre / ab 26 (Stand 2003): Scanrail 5 Tage innerhalb 2 Monats-Zeitraum: 157 / 226 Euro, 10 Tage innerhalb 2 Monats-Zeitraum: 211 / 302 Euro, 21 Tage zusammenhängend: 427 / 572 DM, Interrail für 21 Tage (ohne Dänemark!) 244 / 350 Euro. Für die erste Klasse scheint das Ticket nicht mehr angeboten zu werden - eine "1.Klasse" im deutschen Sinne gibt es da oben sowieso nicht mehr, sondern mehrere Komfortstufen, für die einfach verschiedene Zuschläge zu entrichten sind.

Mit dem Erwerb einer der Netzkarten in der Heimat hat man sich jedoch noch nicht vom Zwang befreit, an irgendwelchen Schaltern anstehen zu müssen. In Norwegen benötigt man in Fernzügen grundsätzlich zum Fahrschein eine Platzreservierung. Über die Höhe der Reservierungsgebühr werden dann auch gleich die Zuschläge für höherwertige Züge abgegolten. Die Reservierungsgebühr liegt etwa auf dem Niveau eines deutschen IC-Zuschlages, im Signatur zahlt man ca 13 Euro. Eine Warnung für 1.Klasse-Kunden des Signatur! Hier beträgt die Reservierungsgebühr mal eben 40 Euro, dafür gibt es eine Mahlzeit kostenlos. Übrigens: Schlange-stehen ist meist dann doch nicht angesagt, da man in skandinavischen Reisezentren Nummern ziehen und sich dann irgendwo hinsetzten darf.

Außerordentlich günstig sind in Skandinavien Nachtfahrten im Liege- und Schlafwagen. Eine Fahrt im 3-Bett-Schlafwagen-Abteil kostet etwa 15 Euro Aufpreis. Wer das doppelte zahlt, bekommt eine Fahrt im neueren Wagen mit Zweibett-Abteilen und Frühstück am nächsten Morgen. Dieses Frühstück sollte man mal unbedingt genossen haben. Ob es nun im Cafevogn der Nordlandsbahn ist, wo man bei einem nett angerichteten kleinen Frühstück-Bufett die wunderschöne Fahrt über das Saltfjell genießen kann, oder in einem der größeren Bahnhöfe, wo in den Cafés der "Caroline"-Kette gnadenlos aufgetischt wird. Ein solches echt skandinavisches Frühstücks-Buffet sollte sich jeder wenigstens einmal antun. Begeistert war ich bisher besonders von den Buffets in Oslo S und Bergen, wo es das Buffet mangels Caroline-Café sogar im Grand-Hotel Terminus gibt :-))).

DAS STRECKENNETZ

Das norwegische Streckennetz ist sehr übersichtlich aufgebaut. Von Oslo aus führen die Sørlandsbahn nach Kristiansand und Stavanger, die Bergenbahn nach Bergen, die Dovrebahn nach Trondheim, außerdem zwei Strecken nach Schweden (Stockholm und Göteborg). Weitere Fernstrecken sind die Rørosbahn Hamar - Trondheim und die Nordlandsbahn Trondheim - Bodø. Der nördlichste Bahnhof Norwegens ist Narvik. Dorthin kann man nur über die Erzbahn von Schweden oder per Bus von Fauske an der Nordlandsbahn gelangen. Ergänzt werden die Fernstrecken durch die IC-Strecken im Osloer Raum (IC entspricht etwa unserem RE) nach Skien (Vestfoldbahn), Gjøvik (Gjøvikbahn) und kurze S-Bahn-Stichstrecken. Darüber hinaus gibt es in Norwegen nur noch wenige Zweigstrecken: Die Arendalbahn Nelaug - Arendal, die Bratsbergbahn Skien - Nordagutu - Notodden, die Flåmbahn Myrdal - Flåm, die Raumabahn Dombås - Andalsnes und die Meråkerbahn (Trondheim -) Hell - Storlien. Die Arendal- und Bratsbergbahn erfüllen lediglich Zubringerfunktion zu den Fernzügen der Sørlandsbahn, die Raumabahn hat ähnliche Funktion zur Dovrebahn. Die Flåmbahn stellte urprünglich die Verbindung zwischen der Bergenbahn und dem Sognefjord her, dient aber spätestens seit Anbindung Flåms an durchgehende Straßen aufgrund ihrer Rundkehren und aufwendigen Trassierung als Touristenattraktion. Die Züge von Trondheim ins schwedische Storlien erfüllen eine Zubringerfunktion an die dort beginnenden schwedischen Fernzüge nach Stockholm und Göteborg.

Wer zum ersten Mal Norwegen mit der Bahn kennen lernen will, der befährt sicherlich die Bergen- und die Flåmbahn. Der Anteil der Touristen ist im Sommer auf diesen Strecken bei weitem größer als auf anderen Strecken. Und dies kommt nicht von ungefähr: Immerhin liegt die mit 1222m ü NN höchste Station Norwegens, der Bahnhof Finse, an der Bergenbahn. Eine Fahrt über die dortige Hochfläche Hardangervidda braucht einen Vergleich zum Berninapass o.ä. nicht zu scheuen. Ferner eignet sich die Bergenbahn mitsamt der imposanten Flåmbahn wunderbar zu einem Einstieg einer Tour durch die Klischee-Fjordwelt rund um den Sognefjord.

Allerdings macht die Fahrt über die Hardangervidda nur einen geringen Teil der Tour von Oslo nach Bergen aus. Die Aussicht auf diesem Streckenteil ist zudem stark beeinträchtigt durch zahlreiche Lawinenüberbauungen und den langen Scheiteltunnel. Andere Strecken bieten vielleicht nicht gerade den kargen Landschaftscharakter von über 1000m Höhe, doch ermöglichen sie auf gesamter Länge wesentlich mehr Abwechslung. Während die Bergenbahn auf beiden Seiten des Passes durch relativ "normale", landwirtschaftlich genutzte Täler aufsteigt, gibt es auf anderen Strecken die Imposanz der norwegischen Natur in größerer Vielfalt: Auf der Sørlandsbahn wechseln ununterbrochen schroffe Felsen, wilde Flüsse sowie unzählige Seen, bei Egersund geht es sogar durch die märchenhaften Schärengärten, deren Charakter es wohl kein zweites Mal an einer Bahnstrecke in Europa geben dürfte. Die Nordlandsbahn führt entlang von vier Fjorden und quert dazwischen jeweils Gebirgszüge, die das Gleis z.T. auch bis über die Baumgrenze führen. Dazwischen gibt es jede Menge Wasserfälle, Stromschnellen oder auch einfach nur gebirgige Wildnis. Selbst die Dovrebahn kann neben der Gebirgsquerung des Dovrefjells und den entsprechenden Auf- und Abstiegen eine stundenlange Vorbeifahrt am Ufer des Mjøsa-Sees bieten. Man muss halt bloß auf der richtigen Seite sitzen... Auf der Erzbahn erlebt man hinter Narvik einen gigantischen Aufstieg hoch über dem Rombakksfjord an den Felsen klebend in die Kargheit des Hochgebirges. Es folgt auf schwedischer Seite der stundenlange Blick auf den See Torneträsk, bevor die Bahn vor Kiruna in den ewigen schwedischen Wäldern verschwindet.

Uninteressante Strecken gibt es in Norwegen also praktisch nicht. Wer etwas sehen möchte, der sollte nicht der Verlockung erliegen, mit günstigen Nachtzügen möglichst viele Strecken in möglichst kurzer Zeit zu bereisen.

DIE PREISE

Eigentlich hat es sich ja schon bis Deutschland herumgesprochen, dass Norwegen nicht billig ist. Dennoch möchte ich hier eindringlich vor dem Preisschock warnen: In vielen Dingen ist Norwegen glatt doppelt so teuer wie Deutschland. Dies gilt besonders für Lebensmittel. Der beste Indikator hierfür ist die weltweit gültige Währung "Mc Donald's-Hamburger", für den man leicht 3 Euro abdrücken kann... Auch der Besuch in einem "richtigen" Restaurant kann arg ins Geld gehen, so dass der "normale" Deutsche sich diesen Luxus garantiert nicht jeden Abend leisten kann.

Ein Euro ist rund 7,5 norwegische Kronen (NOK) wert. Die Bezahlung mit EC-Karte ist in Norwegen völlig unbekannt. Größere Beträge werden i.d.R. mit Kreditkarte bezahlt.

Doch es gibt auch Dinge, die preiswerter als in Deutschland sind: Kaffee im Zug, Schlafwagenplätze und Klamotten. Wer so richtig robuste Wetterkleidung sucht, sollte ruhig mal in Norwegen nach Passendem suchen. Ansonsten gilt für einen stressfreien Urlaub: Entweder norwegische Beträge gar nicht erst in Euro umrechnen, seine Kreditkarte einfach hinlegen und nicht weiter hinschauen oder man verkriecht sich völlig in der Wildnis, wo niemand von einem Geld sehen will. Inwieweit man ein Land kennenlernt, wenn man nur von den Lebensmitteln aus dem Kofferraum des eigenen PKW lebt, sei mal dahingestellt...

UNTERKUNFT

Es gibt ein ganz brauchbares Netz von Vandrerhjemen, die für Jugendherbergs-Mitglieder Ermäßigung geben. Dort kann man meistens zwischen diversen Kategorien wählen. Wer nur ein Bett braucht, zahlt um die 20 Euro pro Nacht, bekommt dafür allerdings eben auch nur ein Bett in einem Vier- oder Sechsbettraum. Für ein Doppelzimmer kann man etwa 60-80 Euro (für 2 Pers) veranschlagen; meist hat man noch die Wahl, ob mit Dusche/WC oder ohne. In den allermeisten Fällen bieten die Vandrerhjeme gemütliche Aufenthaltsräume und voll ausgestattete Selbstversorger-Küchen. Wenn sich die richtigen Leute zusammen finden, kann es abends zu netten Spaghetti-Schlachten kommen. Da die Vandrerhjeme oft in den Orten liegen, sind sie i.d.R. gut per Bahn zu erreichen und stellen die einzige preisgünstige Übernachtungs-Alternative für Bahnfahrer dar.

Auch sehr empfehlenswert, aber meist etwas weiter "draußen" gelegen und daher für Bahn-Reisende nicht immer erreichbar, sind Campinghütten. Preislich kann man die gesamte Bandbreite zwischen 20 Euro und ... erleben; der Preis hängt von der Lage und der Ausstattung ab. Gerade wenn man zu mehreren reist, können Hütten sehr interessant werden, da sich der Preis nicht nach der Anzahl der Personen richtet. Und als Autofahrer kann man sich irgendwelche wirklich nett gelegenen Hütten abseits von allem Trubel aussuchen. Große Vorplanung ist übrigens höchstens zu Spitzenzeiten nötig; ansonsten findet man immer mal einen geeignten Platz längs der Straße.

Wer Zelt, Iso-Matte und Schlafsack mitschleppen mag, kann fast überall übernachten. In Norwegen gilt trotz zunehmendem Tourismus noch immer das Jedermannsrecht, das wildes Campen überall erlaubt. Lediglich von Privatgrundstücken sollte man etwas Abstand halten bzw den Besitzer fragen. Bevor man sich einen Urlaub per Zelt antut, sollte man aber unbedingt das Kapitel über das Wetter lesen...

Jeder, der Norwegen schon bereist hat, kennt norwegische Hotels. Allerdings beschränkt sich diese Kenntnis meistens nur auf den Anblick von draußen... Für durchschnittlichen Standard, den man oft auch schon in Vandrerhjemen vorfindet, oft über 80 Euro pro Nacht zu zahlen, ist eben nicht jedermanns Sache.

VERPFLEGUNG

Das schönste in Skandinavien ist das Frühstück. Es ist meist im Übernachtungspreis enthalten und wird i.d.R. in Form eines Buffets dargereicht. Auch in Vandrerhjemen kann dieses Buffet üppige Ausmaße erreichen. Von den Frühstücksbuffets auf größeren Bahnhöfen habe ich ja schon geschwärmt... Tja, und das war es dann mit den "vorgesetzten" Mahlzeiten. Das Abendessen im Restaurant scheitert meist nicht nur am Geld, sondern schlichtweg einfach an der fehlenden Infrastruktur. Gerade in kleineren Orten gibt es halt (vielleicht außer der örtlichen Hamburger-Bude) keine Möglichkeiten zum abendlichen Essengehen. Grund hierfür ist, dass abendliches familiäres Beisammensein am heimischen Kamin in Skandinavien noch wesentlich größer geschrieben wird, als anderswo.

Ansonsten gibt es als Verpflegungsquelle nur noch Supermärkte. Hier findet man auch in kleinsten Orten alles, was das Herz begehrt. Ob es nun Brötchen mit frischem Lachs auf die rustikale Art, einfache im Supermarkt an der Fleischtheke zubereitete Hausmannskost oder die üblichen Fertigprodukte wie Pizza* oder Nudeln für die Selbstversorgerküche sein sollen, Hunger muss man nicht erleiden. *Vorher überzeugen, dass die Selbstversorgerküche einen Backofen hat!

WETTER / JAHRESZEITEN

Auch in Norwegen kann das Wetter so richtig schön sein. Und eigentlich lernt man erst dann das Land in seiner ganzen Pracht kennen. Doch leider muss man eben auch damit rechnen, dass es die ganze Zeit nur regnet. Gut dran ist, wer so flexibel sein kann, seine Tour etwas nach dem Wetter zu richten. Schön ist es überall in Norwegen, und warum nicht einfach in den Norden fahren, wenn es dort schön werden soll oder ein Bad in den Schärengärten nehmen, wenn Helios in Sørland weilt? Jedenfalls gehören wetterfeste Klamotten in das Gepäck eines jeden Skandinavien-Reisenden.

Statistiken über "schöne Monate" und "schlechte" Monate spare ich mir jetzt mal. Zwar mag es statistische Werte geben, doch habe ich bereits in Sommer, Herbst und Winter beide Seiten des Wetters kennen lernen können. Die größte Bewegungsfreiheit insbesondere in höheren Lagen hat man im Juli und August. Noch im Juni kann man mit dicken Schneefeldern zu kämpfen haben und bereits im September erreicht der erste Schnee die Hochgebirge. Wer die Mitternachtssonne erleben möchte, ist sowieso an die Monate Juni und Juli gebunden. Bis Juli entwickeln auch die Wasserfälle ihre volle Kraft, während sie bis Anfang September zu enttäuschenden Rinnsälen geschrumpft sein können. Dafür beginnt im September die Landschaft sich herbstlich zu verfärben - gerade im Gebirge ein wunderschöner Anblick, da sich auch die Gräser und Moose z.T. großflächig knallrot präsentieren. Leider stellt der Herbst die absolute Nebensaison dar. Bereits im August schließen viele Übernachtungsbetriebe und Schiffs- und Busrouten gerade in touristischen Gegenden werden stark ausgedünnt.

Vielleicht nicht für einen ersten Eindruck von Skandinavien geeignet, aber als Kontrast unbedingt zu empfehlen ist der skandinavische Winter. Auch wenn es der Golfstrom entlang der Küste selbst im Winter mal regnen lassen kann, so braucht man doch nur ein Stück in die Berge zu fahren, um in ein Wintermärchen einzutauchen. Bereits Ende Februar kann man mit sechs Stunden Tageslicht rechnen, doch die geschlossene Schneedecke lässt auch die Nacht nie ganz dunkel werden. Und wenn dann noch der Mond oder gar das Polarlicht den verschneiten Winterwald beleuchtet, dann möchte man, dass der Moment nie zuende geht. Vielleicht sind es sogar die Nächte, die den besonderen Reiz des Winters in Skandinavien ausmachen. Für Fotografen tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf; lediglich ein Stativ sollte man nicht vergessen.

DIE SPRACHE

Eine richtig einheitliche Landessprache hat es in Norwegen nie gegeben. Jedes Tal hatte seinen eigenen Dialekt, wobei die Unterschiede wesentlich krasser waren (z.T. noch sind) als in Deutschland. Mittlerweile hat man sich auf zwei offizielle Landessprachen geeinigt: Riksmål/Bokmål und Nynorsk. Während sich erstgenannte Sprache mehr am Dänischen orientiert und von der Mehrheit im Lande gesprochen wird, will Nynorsk die "alten" norwegischen Dialekte unter einen Hut bringen. Besonders im norwegischen Westen ("Fjordnorwegen") stößt man auch im offiziellen Bereich auf Nynorsk. Und wenn auf einer Briefmarke mal nicht "Norge" steht, sondern "Noreg", dann handelt es sich nicht um einen wertvollen Fehldruck, sondern um die Schreibweise in Nynorsk.

So bedeutet das Erlernen der norwegischen Sprache (in Deutschland wird im Wesentlichen Riksmål unterrichtet) noch lange nicht, dass man jeden Norweger versteht. Ob nun Stavanger oder Trondheim, die Dialekte sind teils so brutal, dass auch Norweger aus verschiedenen Landesteilen mal um Wiederholung des Gesagten bitten. So richtig verständliches Riksmål wird fast nur im Osloer Umkreis gesprochen. Als Tourist kommt man in aller Regel sehr gut mit englisch weiter. Die Norweger erwarten nicht, dass man ihre Sprache spricht und sind außerordentlich Fremdsprachen-begeistert. Allerdings sollten Deutsche nicht wie selbstverständlich erwarten, dass der Norweger ihre Wünsche in Deutsch entgegen nimmt (Leider schon erlebt...).

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